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o Menschen eng zusammenleben, muss jederRücksicht nehmen. Schon Wilhelm Tell wusste: „Eskann der Frömmste nicht in Frieden bleiben, wennes dem bösen Nachbarn nicht gefällt!“ Ein gedeih-liches Miteinander, wie man es sich als Nachbarwünscht, setzt voraus, dass beide Seiten ihre Rechteund Pflichten kennen. Zahlreiche Anfragen zeigenuns aber immer wieder, dass gerade auf dem Gebietdes Nachbarrechts häufig Unklarheiten und Zweifelherrschen. Die vorliegende Informationsschrift solldeshalb dem interessierten Leser erste Anhaltspunk-te in diesem Bereich geben. Wir hoffen, dass sie denBetroffenen hilft, bei Streitfragen zu einer einver-nehmlichen Lösung zu kommen, die allen Teilengerecht wird.

Bei ernsteren Meinungsverschiedenheiten kanndiese Broschüre kundigen Rechtsrat selbstverständ-lich nicht ersetzen. Das Nachbarrecht ist vor allemwegen der Verquickung privatrechtlicher und öffent-lich-rechtlicher Vorschriften oft unübersichtlich.Nicht selten spielen auch die jeweiligen örtlichenVerhältnisse eine wichtige Rolle. Im Streitfall ist des-halb der Rat eines Fachmannes nicht entbehrlich.

Wir hoffen, dass die Informationsschrift zu einemguten nachbarlichen Einvernehmen beitragen unddamit die Freude am eigenen Grundstück mehrenkann.

München, im Mai 2012

Dr. Beate Merk, MdLBayerische Staatsministerin der Justiz und für Verbraucherschutz

Dr. Beate Merk

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Rechtsquellen und Rechtsberatung

Die vorliegende Informationsschrift befasst sich imWesentlichen mit den privatrechtlichen Regeln fürdie Rechtsbeziehungen zwischen Grundstücksnach-barn. Im Vordergrund stehen hierbei Rechtsfragen,die an der Grenze zwischen bebauten Gartengrund-stücken auftreten. Für gewerblich oder landwirt-schaftlich genutzte Grundstücke, Straßengrundstü-cke u. a. ergeben sich häufig andere Probleme, aufdie nur am Rande hingewiesen werden kann.

Die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften findensich zum Teil im Bürgerlichen Gesetzbuch (dort vorallem in den §§ 903 bis 924 sowie in § 1004), fürBayern außerdem im Ausführungsgesetz zum Bür-gerlichen Gesetzbuch und anderen Gesetzen (dortvor allem in den Artikeln 43 bis 54). Diese privat-rechtlichen Regelungen werden aber oft durchöffentlich-rechtliche Bestimmungen überlagert. Zunennen sind vor allem das öffentliche Baurecht(Baugesetzbuch, Bayerische Bauordnung) und dasöffentliche Immissionsschutzrecht (Bundes-lmmissi-onsschutzgesetz, Bayerisches Immissionsschutzge-setz) sowie die auf der Grundlage dieser Gesetzeergangenen Verordnungen und Satzungen. Für dieFeststellung und Abmarkung der Grundstücksgrenzesind das Abmarkungsgesetz und das Vermessungs-und Katastergesetz einschlägig. Auf diese öffent-lich-rechtlichen Vorschriften kann jeweils nur amRande hingewiesen werden, obwohl sie im Einzel-fall ganz erhebliche Bedeutung haben können.

Die Aufzählung zeigt, dass die entscheidenden Fra-gen zu einem großen Teil landes- oder ortsrechtlichgeregelt sind. Die Ausführungen in dieser Broschüre

können daher nicht ohne weiteres auf die rechtlicheSituation in anderen Ländern der BundesrepublikDeutschland übertragen werden.

Die Informationsschrift enthält auch keine näherenAngaben zu den rechtlichen Beziehungen zwischenMietern oder Wohnungseigentümern. Hier geltenbesondere Regeln. Für die im täglichen Umgangbesonders wichtigen Fragen, wie etwa Lärm- oderGeruchsbelästigungen findet man in diesen Fällenoft nähere Bestimmungen in der jeweiligen Gemein-schafts- oder Hausordnung.

Schon diese wenigen Bemerkungen zeigen, dass dieBeantwortung nachbarrechtlicher Fragen recht kom-pliziert sein kann. In bedeutsameren Zweifelsfällenwird es sich deshalb empfehlen, fachkundigen Ratbei einem Rechtsanwalt oder der zuständigenBehörde einzuholen. Auch die jeweiligen Interes-senverbände, z. B. die Vereine für Haus- und Grund-besitz, können oft Rat und Hilfe gewähren.

Schlichten statt Richten

Streitigkeiten zwischen Nachbarn sollten einver-nehmlich beigelegt werden, um das nachbarschaft-liche Verhältnis für die Zukunft nicht über Gebührzu belasten. Nach dem Bayerischen Schlichtungs-gesetz können deshalb bestimmte Nachbarstreitig-keiten, insbesondere um private Immissionen undden Grenzabstand von Pflanzen, seit dem 1. Sep-tember 2000 nicht mehr direkt im streitigen Verfah-ren vor Gericht ausgetragen werden. Vielmehr mussvor Klageerhebung zunächst ein außergerichtlicherEinigungsversuch vor einem neutralen Schlichterunternommen werden. Als Streitschlichter fungierenz. B. Notare und Rechtsanwälte, die die Zulassungals Schlichter bei der Anwaltskammer beantragenkönnen. Damit macht Bayern den ersten Schritt hinzu einer neuen Streitkultur.

Wo das Rechtgeschrieben steht

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Der verrückteGrenzstein

Die Feststellung des Grenzverlaufs

Nicht selten, z. B. wenn ein Zaun errichtet oder eineGarage an die Grenze gebaut werden soll, fragensich die Nachbarn, wo genau die Grenze verläuft.Der Grenzverlauf wird durch das Vermessungsamtfestgestellt und im Liegenschaftskataster nachgewie-sen. In der Natur wird er abgemarkt, d. h. durchGrenzzeichen (meist Grenzsteine) kenntlich ge-macht. Zwischen zwei Grenzzeichen liegt in derRegel eine geradlinige Grenzstrecke. Der Grund-stückseigentümer oder derjenige, dem die Nutzung

des Grundstücks überlassen ist (z. B. der Mieter),muss die zur Abmarkung notwendigen Maßnahmen(z. B. das Betreten des Grundstücks) dulden. Er mussauch dafür sorgen, dass die Grenzzeichen erhaltenund erkennbar bleiben. Jeder Nachbar kann vomanderen verlangen, dass er bei der Abmarkung oderWiederherstellung von Grenzzeichen mitwirkt. WerGrenzzeichen vorsätzlich wegnimmt, verrückt (d. h.an eine andere Stelle setzt) oder beschädigt, machtsich strafbar oder begeht zumindest eine Ordnungs-widrigkeit.

Ist der Grenzverlauf unklar (z. B. weil die Grenzenoch nicht abgemarkt ist oder Grenzzeichen zerstörtsind), sollte man sich beim zuständigenVermessungs-amt beraten lassen. Weitere Informationen hierzusind im Internet unter www.vermessung.bayern.dezu finden.

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Rund um den Zaun

Zur Rechtslage bei Grenzeinrichtungen

Innerhalb von Ortschaften ist es üblich, das eigeneGrundstück durch einen Zaun, eine Hecke, eineMauer oder eine ähnliche Anlage vom Nachbar-grundstück abzugrenzen. Für derartige Grenzein-richtungen gelten, sofern die Nachbarn nichts ande-res vereinbart haben, die folgenden Regeln:

Grundsätzlich ist kein Grundstückseigentümer ver-pflichtet, die Einrichtung eines Zaunes auf der Gren-ze, d. h. unter teilweiser Inanspruchnahme seinesGrundstücks, zu dulden (eine Duldungspflicht kannsich aber aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften er-geben, vgl. S. 9). Es empfiehlt sich deshalb immer,die Errichtung eines Zaunes mit dem Nachbarn ab-zusprechen und dabei auch die Frage der Kosten zuregeln.

Stimmt der Nachbar der Errichtung zu (eine solcheZustimmung kann unter Umständen auch darin lie-gen, dass er den errichteten Zaun über längere Zeithinweg nicht beanstandet), so wird nach dem Gesetzvermutet, dass die Nachbarn künftig zur gemein-schaftlichen Benutzung der Anlage berechtigt sind.Sie haben dann die Unterhaltungskosten (z. B. dieAufwendungen für einen neuen Anstrich oder fürdas Auswechseln beschädigter Zaunlatten) zu glei-chen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarnam Fortbestand der Einfriedung Interesse hat, darfsie ohne seine Zustimmung nicht beseitigt odergeändert werden.

Errichtet dagegen ein Grundstückeigentümer denZaun nur auf dem eigenen Grundstück (an derGrenze), so muss der Nachbar dies grundsätzlich

hinnehmen (auch insoweit sind aber die öffent-lich-rechtlichen Bestimmungen zu beachten, vgl.unten). Der Eigentümer muss dann allein für dieInstandhaltung aufkommen. Er kann den Zaun auchjederzeit wieder entfernen, ohne dass der Nachbarwidersprechen könnte.

Diese Grundsätze gelten auch für andere Einfrie-dungen, wie z. B. Hecken oder Mauern. Bei derAnpflanzung einer Hecke auf dem eigenen Grund-stück ist allerdings der gebotene Grenzabstand ein-zuhalten (vgl. S. 14).

Bei der Anlage und Ausgestaltung von Einfriedungenist auch das öffentliche Baurecht zu beachten. Inmanchen Fällen sind sie sogar genehmigungspflich-tig. Nicht selten enthält auch der Bebauungsplanoder eine andere gemeindliche Satzung nähere Vor-schriften über Einfriedungen. In Zweifelsfällen emp-fiehlt es sich deshalb, bei der örtlichen Gemeinde-verwaltung nachzufragen.

Ist die Mauer eines Gebäudes an die Grenze gebaut(so genannte Grenzwand, z. B. die Giebelmauereines Hauses oder die Seitenwand einer Garage), so

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trifft die Unterhaltungspflicht für die Grenzwandmangels anderer Vereinbarung den Eigentümer desGrundstücks, auf dem das Gebäude steht. Beson-dere Vorschriften gelten für Mauern eines Gebäu-des, die auf die Grenze gebaut sind (sog. Kommun-mauern). Die recht komplizierte Rechtslage in die-sem Bereich (z. B. bei der Errichtung, beim Anbau,bei der Lastentragung) kann hier nicht im Einzelnendargestellt werden. In Zweifelsfällen empfiehlt essich, kundigen Rechtsrat einzuholen.

Soll eine nachträgliche Wärmedämmung von außenan einem Gebäude angebracht werden, das an derGrundstücksgrenze liegt, muss der Nachbar diesenÜberbau im Interesse des für die Allgemeinheitwichtigen Klimaschutzes unter bestimmten Voraus-setzungen dulden: Der Überbau darf die Benutzungdes Nachbargrundstücks nicht oder nur geringfügigbeeinträchtigen und eine zulässige beabsichtigteNutzung des Grundstücks nicht behindern, er darföffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widerspre-chen und eine vergleichbare Wärmedämmung darfmit vertretbarem Aufwand nicht auf andere Weisezu erreichen sein.

Die Abwehr von Immissionen

Der knatternde Rasenmäher, das überlaute Koffer-radio, die rauschende Gartenparty oder der Duft derRäucherfische, kurz so genannte Immissionen, sindnicht selten Anlass einer nachbarlichen Auseinander-setzung. Nach den privatrechtlichen Bestimmungenmuss der Eigentümer eines Grundstücks solche Ein-wirkungen dulden, wenn sie die Benutzung seinesAnwesens nicht oder nur unwesentlich beeinträchti-gen. Eine Beeinträchtigung ist in der Regel unwe-sentlich, wenn Grenz- oder Richtwerte, die in Geset-zen, Verordnungen oder einschlägigen Verwaltungs-vorschriften festgelegt sind, nicht überschritten wer-den. Bestehen solche Grenz- oder Richtwerte nicht,kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an.

Auch wesentliche Beeinträchtigungen muss derEigentümer hinnehmen, wenn sie ortsüblich sindund mit wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmennicht verhindert werden können. Unter Umständenbesteht dann aber ein Ausgleichsanspruch.

Maßgebend sind also immer die konkreten Umstän-de des Einzelfalles. Allgemeine Richtlinien lassensich kaum aufstellen. Was in einer ruhigen Villen-gegend unzulässig ist, kann in einem mit Gewerbe-betrieben durchsetzten Gebiet durchaus gestattetsein. In einem Bauerndorf ist der Misthaufen sicher-lich ortsüblich, in einer städtischen Wohngegendhingegen fehl am Platz. Neben der Intensität derBeeinträchtigung spielen auch die Häufigkeit undder Zeitpunkt der Störungen eine Rolle.

Unzulässig sind Störungen jedenfalls immer dann,wenn sie durch zumutbare Maßnahmen vermiedenoder in erträglicheren Grenzen gehalten werden

Wenn’s beim Nachbarnstinkt und kracht

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können. So kann man etwa bei Radio- und Fernseh-geräten grundsätzlich die Einhaltung der Zimmer-lautstärke verlangen. Unzulässig ist es auch, Kraft-fahrzeugmotoren über längere Zeit hinweg ohneNotwendigkeit laufen zu lassen.

Ein wichtiger Beurteilungsmaßstab für die Unzuläs-sigkeit einer Beeinträchtigung sind die einschlägigenöffentlich-rechtlichen Vorschriften. So gelten z.B.für die Benutzung von Rasenmähern, Laubsammlernund Laubbläsern, Freischneidern und Grastrimmernbesondere, auf der Grundlage des Bundes-lmmis-sionsschutzgesetzes erlassene Bestimmungen. Gar-tenabfälle dürfen nur kompostiert werden, soferneine erhebliche Geruchsbelästigung der Bewohnerangrenzender Wohngrundstücke ausgeschlossen ist.Die Verbrennung solcher Abfälle ist nur in Ausnah-

mefällen zulässig. Ferner können die Gemeinden fürihr Gebiet zum Schutz vor unnötigen Störungen Ver-ordnungen über die zeitliche Beschränkung ruhe-störender Haus- und Gartenarbeit, über die Benut-zung von Musikinstrumenten und Tonwiedergabe-geräten (wie Kofferradios) sowie über das Haltenvon Haustieren erlassen. Nach der Hausarbeits- undMusiklärmverordnung der Landeshauptstadt Mün-chen etwa dürfen ruhestörende Haus- und Garten-arbeiten nur an Montagen mit Samstagen zwischen8.00 und 12.00 Uhr sowie zwischen 15.00 und18.00 Uhr ausgeführt werden, wobei für den Betriebbestimmter lautstarker Geräte noch weitergehendezeitliche Beschränkungen gelten. Es ist deshalb zuempfehlen, sich bei Immissionen in Zweifelsfällenzunächst bei der Gemeinde über die örtliche Rechts-lage genauer zu informieren.

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Bäume inNachbars Garten

Von Grenzabstand, Überhang und Samenflug

Gerade bei den heutigen, meist kleinen Garten-grundstücken kann ein hoher Baum oder Strauchviele Unannehmlichkeiten bereiten. Trotzdem sollteman nicht stets auf einer buchstabengetreuen Be-achtung der gesetzlichen Vorschriften bestehen.Nicht selten kann das, z. B. bei schmalen Reihen-hausgrundstücken, eine sinnvolle Gestaltung desHausgartens verhindern. Ein Gespräch mit demNachbarn über die Bepflanzung an der Gartengren-ze wird meist eher zu einer für beide Teile befriedi-genden Lösung führen als das Beharren auf einemRechtsstandpunkt. Bäume und Sträucher sind janicht in erster Linie „Störenfriede“, sondern ein be-sonders wichtiger und prägender Teil unserer natür-lichen Umwelt. Sie zu pflegen und zu erhalten, soll-te unser aller Anliegen sein!

Grenzabstände von Pflanzen

Zunächst einige Grundregeln:

• Abstandsvorschriften gibt es nur für Bäume, Sträu-cher und Hecken (außerdem Weinstöcke und Hop-fenstöcke). Andere Pflanzen (z. B. Sonnenblumen),insbesondere Stauden (z.B. Rittersporn), brauchengrundsätzlich keinen Grenzabstand einzuhalten.

• Der erforderliche Grenzabstand richtet sich nachder Höhe des Gewächses:

Ist es bis zu 2 Meter hoch, so beträgt der notwendigeAbstand mindestens 50 Zentimeter von der Grenze.Ist es höher als 2 Meter, so muss es auch mindestens2 Meter von der Grenze entfernt gehalten werden.

• Der Abstand ist die kürzeste Verbindung zurGrenze.Er wird gemessen: bei Bäumen von der Mitte desStammes; bei Sträuchern und Hecken von der Mittedes am nächsten an der Grenze stehenden Triebes.

Maßgebend ist immer die Stelle, an der der Stammoder Trieb aus dem Boden tritt. Verzweigungen überder Erde bleiben ebenso unberücksichtigt wie eineeventuelle Neigung des Stammes oder Triebes zurGrenze hin.

In einigen Fällen gelten Sonderregelungen (z. B. anGrenzen zu einem landwirtschaftlich genutztenGrundstück oder zu einem Waldgrundstück oder fürAnpflanzungen aus der Zeit vor 1900). Auf Ge-wächse, die sich hinter einer Mauer oder einer sons-tigen dichten Einfriedung befinden und diese nichtoder nicht erheblich überragen, sind die oben er-wähnten Grenzabstandsregeln nicht anzuwenden;das gilt auch für Bepflanzungen, die Schutzcharak-ter haben (z. B. zum Schutz von Abhängen oder Bö-schungen). Anpflanzungen im Umfeld öffentlicherStraßen dürfen nicht angelegt werden, soweit sie dieSicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs (z.B. durchSichtbehinderung) beeinträchtigen können.

Der Nachbar kann grundsätzlich die Herstellungeines vorschriftsmäßigen Abstands verlangen. Erkann z. B. darauf bestehen, dass ein Strauch entferntwird, der näher als 50 cm an der Grundstücksgren-ze steht, oder dass ein über 2 Meter hoher Baum,der weniger als 2 Meter von der Grenze entfernt ist,auf 2 Meter zurückgeschnitten (nach einer anderenMeinung auch ganz entfernt) wird.

Der Nachbar muss aber den Anspruch nicht geltendmachen, z. B. wenn ihn der Baum oder die Heckenicht stören. Aber Achtung! Die Ansprüche unterlie-gen der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt fünfJahre und beginnt mit dem Schluss des Kalenderjah-res, in dem der Anspruch entstanden ist und derEigentümer des Grundstücks von den den Anspruch

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begründenden Umständen Kenntnis erlangt oderohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. NachAblauf der Verjährungsfrist kann die Herstellungeines dem Gesetz entsprechenden Zustandes nichtmehr durchgesetzt werden. Die Verjährungsfrist giltim Grundsatz nur für die gerade von ihr betroffenePflanze. Geht ein Baum ein und wird er durch einenanderen ersetzt, so beginnt für diesen die Verjäh-rungsfrist neu zu laufen.

Beispiel:

Ein Gartenbesitzer pflanzt 2000 einen Meter vonder Grenze entfernt eine einen Meter hohe serbi-sche Fichte. Im Laufe des Jahres 2003 überschreitetder Baum deutlich die Höhe von 2 Metern. 2007 ister 4 Meter hoch und beeinträchtigt inzwischen denEinfall des Sonnenlichts auf die Terrasse des Nach-barn. Der Nachbar verlangt deshalb die Beseitigungder Fichte, zumindest aber ihren Rückschnitt aufeine Höhe von 2 Metern. Der Gartenbesitzer kannsich nicht auf Verjährung berufen. Die Fünfjahres-frist begann erst am 31. Dezember 2003, 24 Uhr, zulaufen und ist im Jahre 2007 noch nicht abgelaufen.

Der Verjährungsbeginn wurde zum 1. Januar 2003gesetzlich neu geregelt. Aufgrund der Übergangs-vorschriften können sich im Einzelfall jedochAbweichungen ergeben. Gegebenenfalls sollten Siesich rechtlich beraten lassen.

In Zweifelsfällen empfiehlt sich ein frühzeitiges Ge-spräch mit dem Gartenbesitzer darüber, ob dieserdie Pflanze ungehindert wachsen lassen möchteoder ob er zusichert, dass er die maximale Höhevon zwei Metern einhalten wird, z. B. durch recht-zeitiges Zuschneiden oder Fällen eines Baumes.

Wichtig: Über die Grenzabstandsregeln (und dieRegeln zum Überhang, vgl. S. 18) hinaus gibt es,von seltenen Ausnahmefällen abgesehen, keineMöglichkeit, die Entziehung von Licht und Luftdurch Bäume des Nachbargrundstücks abzuwehren.

Auch öffentlich-rechtliche Vorschriften (z.B. Bebau-ungspläne) können nähere Regelungen über dieBepflanzung eines Grundstücks treffen. Ist ein Baumdurch eine gemeindliche Baumschutzverordnunggeschützt, so treten nach herrschender Meinung dieVorschriften über den Grenzabstand zurück (Bei-spiel: Baumschutzverordnung der LandeshauptstadtMünchen). Der Nachbar kann eine Beseitigung desBaumes bzw. einen Rückschnitt in der Krone oderim Wurzelbereich nur noch gemäß den Bestimmun-gen der jeweiligen Verordnung verlangen. Regel-mäßig ist zur Fällung oder Veränderung des Baumeseine Ausnahmegenehmigung erforderlich.

Grenzbäume

Steht ein Baum (oder Strauch) auf der Grenze, sostehen die Früchte des Baumes und auch das Holzden Nachbarn zu gleichen Teilen zu. Jeder Nachbarkann die Beseitigung des Baumes verlangen (Aus-

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nahme: der Baum dient als Grenzzeichen, obenS. 6). Die Kosten dafür hat der Beseitigende allein zutragen, wenn der andere Nachbar auf sein Recht andem Baum (vor allem auf einen Anteil am Holz) ver-zichtet. Sonst fallen die Kosten den Nachbarn zugleichen Teilen zur Last.

Überhang von Zweigen, eindringende Wurzeln

Wurzeln eines Baumes oder Strauches, die vomNachbargrundstück her eingedrungen sind, kannder Eigentümer oder, wenn er vom Eigentümer hierzuermächtigt worden ist, auch der Mieter oder Pächteran der Grenze abschneiden und entfernen. Voraus-setzung ist allerdings, dass die Wurzeln die Benut-zung des Grundstücks tatsächlich beeinträchtigen,z. B. dem Boden die für das angepflanzte Gemüsenotwendige Feuchtigkeit entziehen oder Anlagen,wie Plattenwege und Abflussrohre, beschädigen.

Zweige (nicht ganze Bäume!), die über die Grund-stücksgrenze ragen, darf man an der Grenze ab-schneiden. Auch hier verlangt das Gesetz allerdingseine Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung durchden Überhang, z. B. dadurch, dass ohne die Beseiti-gung die im eigenen Garten geplante Schaukel für dieKinder nicht aufgestellt werden kann. Dagegen genügtes nicht, wenn lediglich einige Blätter des Baumes aufden eigenen Rasen fallen. Darüber hinaus muss manin diesem Fall dem Nachbarn eine angemessene Fristsetzen, um ihmGelegenheit zu geben, die störendenZweige zu entfernen. Erst wenn diese Frist verstri-chen ist, darf man selbst zur Säge oder Gartenscheregreifen. Bei der Fristsetzung muss z. B. die Wachs-tums- und Obsterntezeit berücksichtigt werden.

Beschränkungen durch öffentlich-rechtliche Vor-schriften (vgl. S. 17) sind auch hier zu beachten.

Bei Wurzeln wie auch Zweigen kann der beein-trächtigte Eigentümer nach der in Juristenkreisenherrschenden Ansicht vom Nachbarn verlangen,dass dieser die Störenfriede selbst beseitigt. Einen

solchen Beseitigungsanspruch hat man auch, wennganze Bäume über die Grenze ragen, z.B. weil sieschief gewachsen sind.

Die Frucht am überhängenden Zweig gehört nochdem Nachbarn, auf dessen Grundstück der Baumsteht. Man darf also den Apfel nicht pflücken, der amZweig hängt, vielmehr darf der Nachbar mit demApfelpflücker über den Zaun langen und sich seinesüßen Früchte vom Zweig holen. Abgefallene Früch-te hingegen („Fallobst“) gehören grundsätzlich dem,auf dessen Grundstück sie fallen. Der Nachbar darfsie also nicht vom fremden Grundstück aufsammeln.

Laubfall, Samenflug

Fallen von den Bäumen im Nachbargrundstück Sa-men (etwa Kiefernzapfen), Laub oder Nadeln herü-ber oder weht sie der Wind über die Grenze, sokann das gelegentlich sehr stören, die Beseitigungkann sehr aufwendig sein. Doch selbst unter Juristenist noch nicht zweifelsfrei geklärt, welche Rechteman, abgesehen vom Abschneiden der überhängen-den Zweige (S. 18), in diesen Fällen geltend machenkann. Von der Rechtsprechung werden die erwähn-ten Beeinträchtigungen als Immissionen angesehen(vgl. dazu S. 11). Entscheidend sind deshalb die je-weiligen Umstände, insbesondere das Ausmaß derBeeinträchtigung sowie der Charakter des Grund-stücks und seiner Umgebung. In der Regel wird manden Laubfall etc. dulden müssen. Meist wird erschon keine wesentliche Beeinträchtigung der Nut-zung des eigenen Grundstücks darstellen. Aber auchwenn eine solche Beeinträchtigung vorliegen sollte,wird die Nutzung des Grundstücks durch das Be-pflanzen mit Bäumen regelmäßig ortsüblich unddeshalb vom Nachbarn zu dulden sein. Ein Aus-gleich in Geld für die Beeinträchtigungen wird nurin seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen.

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Betreten verboten! dings genügt es nicht, wenn der Zugang zur öffent-lichen Straße durch die Benutzung des Nachbar-grundstücks lediglich erleichtert würde (z. B weil dieZufahrt wesentlich kürzer wird). In welchem Um-fang das Nachbargrundstück in Anspruch genom-men werden darf (z. B. ob man mit dem Auto fahrendarf), hängt von den konkreten Umständen ab. Derbeeinträchtigte Nachbar kann eine angemesseneGeldrente als Entschädigung verlangen.

• In bestimmten Fällen, z. B. zur Durchführung vonErhaltungsarbeiten an Grenzeinrichtungen (S. 8)oder einer Grenzwand (S. 10) oder zur Anbringungeiner nachträglichen Wärmedämmung durch Über-bau (S. 10), kann es schwierig oder sogar unmöglichsein, die erforderlichen Arbeiten vom bebautenGrundstück aus durchzuführen. Der Nachbar mussdie Inanspruchnahme seines Grundstücks zurDurchführung von Bauarbeiten an einer baulichenAnlage unter bestimmten Voraussetzungen dulden(sog. Hammerschlags- und Leiterrecht): Das Vor-haben darf öffentlich-rechtlichen Vorschriften nichtwidersprechen, anders nicht oder nur mit unverhält-nismäßig hohen Kosten durchgeführt werden kön-nen und die mit der Duldung verbundenen Beein-trächtigungen dürfen nicht außer Verhältnis zu demerstrebten Vorteil stehen. Das Recht ist so schonendwie möglich auszuüben. Es darf nicht zur Unzeitgeltend gemacht werden. Art und Dauer der Arbei-ten sind mindestens einen Monat vor deren Beginnanzuzeigen. Ist die Ausübung des Hammerschlags-und Leiterrechts zur Abwendung einer gegenwärti-gen erheblichen Gefahr erforderlich, entfällt die Ver-pflichtung zur Anzeige.

• Beim sog.Notstand, d.h. wenn eine gegenwärtigeGefahr nur durch Betreten des Nachbargrundstücksabgewendet werden kann (z.B. wenn ein umsturz-bedrohter Baum nahe der Grenze nur unter Inan-spruchnahme des Nachbargrundstücks sachgerechtgefällt werden kann) muss der Nachbar die Inan-spruchnahme seines Grundstücks im Rahmen desihm Zumutbaren dulden. Voraussetzung ist aller-

Von Notwegen und Betretungsrechten

Niemand darf gegen den Willen des Berechtigtenein umfriedetes Grundstück betreten. Sonst kann ersich wegen Hausfriedensbruchs strafbar machen.Diese Regel gilt jedoch nicht ohne Ausnahme.Selbst wenn der Eigentümer die Benutzung desGrundstücks nicht gestattet hat, muss er in manchenFällen das Betreten seines Grundstücks dulden. Hiereinige bedeutsamere Fälle:

• Fehlt einem Grundstück die für seine ordnungs-mäßige Nutzung notwendige Verbindung zu einer

öffentlichen Straße oder einem öffentlichen Weg, sokann der Grundstückseigentümer im Regelfall vonden Nachbarn verlangen, dass sie die Benutzungihrer Grundstücke zur Herstellung der erforder-lichen Verbindung dulden (Notwegerecht). Aller-

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dings, dass der drohende Schaden unverhältnismä-ßig größer ist als der Schaden, der dem Nachbarndurch das Betreten entsteht.

• Fällt ein Gegenstand (z. B. ein Ball) auf das Nach-bargrundstück, so muss es der Nachbar im Regelfallgestatten, dass man danach sucht und den Gegen-stand wieder an sich nimmt. Schäden, die dabei ent-stehen können (z. B. zertretene Blumen), muss manallerdings nach Möglichkeit vermeiden, ggf. ersetzen.

Wichtig: Auch in diesen Fällen darf man nicht ein-fach das Nachbargrundstück betreten, sondern mussdie Angelegenheit vorher, ggf. mit Hilfe des Gerichts,mit dem Nachbarn abklären. Auch wenn ein Ballüber den Zaun in das Nachbargrundstück gefallenist, muss man zunächst den Nachbarn um Erlaubniszum Betreten des Grundstücks bitten. Ein Selbsthilfe-recht gegen den Willen des Nachbarn besteht nachherrschender Meinung nur beim Notstand.

Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium der Justizund für Verbraucherschutz

– Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit –Prielmayerstraße 7, 80335 München

Stand: Mai 2012

Grafik: Marion und Rudolf Schwarzbeck, GautingCartoon: Erik Liebermann, Steingaden

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Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druck-schrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme derStaatsregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werdenkönnte.

Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrereigenen Mitglieder zu verwenden.

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