Beate Leßmann: Individuelle Lernwege im Schreiben und Rechtschreiben - Leseprobe Teil II A:...

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40 Wenn Kinder Texte verfassen, greifen sie intuitiv auf inhaltliche, strukturelle und sprachliche Muster zurück, die ihnen durch Erzäh- lungen, Filme, Hörspiele, Bücher usw. vertraut sind. Sie bringen mit ihren Texten ihr implizit vorhandenes Textwissen in den Unterricht ein. Das Können der Kinder bildet so die Basis für die Reflexions- gespräche. In den gemeinsamen Gesprächen wird eine Sprache für das Implizite gesucht und erprobt. Durch die Versprachlichung werden Muster erkannt, auf die der Schreiber später zunehmend bewusster zurückgreifen wird. Im Unterricht kann beobachtet wer- den, wie Adressat und Textabsicht bzw. -wirkung zunehmend beim Schreiben bedacht werden. Äußerungen wie „Ich will die anderen auch mal zum Gruseln bringen“ oder „Ich will den anderen erklä- ren, wie die Operation bei meinem Hund verlief“ offenbaren innere Entwicklungen. Es entsteht eine „Vision“ des zu schreibenden Tex- tes, an der sich die „Re-Vision“ (vgl. Pyramidenmodell, s. 4.2 h) des Textes beim Schreiben und später im Rahmen der Überarbei- tung immer stärker orientiert. Die Autorenrunde gleicht damit einem Motor, der immer wieder zum Erproben neuer Textmuster anregt. „Ich will auch mal aus einer un- gewöhnlichen Perspektive einen Text schreiben“. Ein Mädchen hat in einem Text eine Christbaumkugel erzählen lassen, wie es dieser nach Weihnachten ergangen ist. In der Autorenrunde wird die Per- spektive thematisiert. Im Anschluss an dieses Gespräch schreibt jemand einen Text aus der Perspektive einer Katze und ein anderer aus der Perspektive eines Babys, das gerade zur Welt kommt. c) Textsorten – Textmuster Das Entdecken von Schreibgeheimnissen bzw. Schreibstrategien innerhalb der Autorenrunden wird ergänzt um die Frage nach dem Textmuster oder der Textsorte. Ohne bestimmte Textsorten im Un- terricht zu initiieren, gelangen durch das individuelle Schreiben un- terschiedliche Textmuster in die gemeinsamen Autorenrunden. Der Begriff „Textmuster“ wird hier auf einer allgemeinen Ebene verstanden als Kategorie für die „Generierung und zum Verstehen/ Verarbeiten konkreter Textexemplare“ 30 . Eine Spezifizierung erfolgt durch Begriffe wie „erzählende“, „berichtende“, „informierende“, „lyrische“ Textmuster u.a. Der Begriff „Textsorte“ wird dagegen im engeren Sinn als Form für „Textklassen“ verwendet, die „sich aus der Merkmalhaftigkeit der Textexemplare“ ergeben 31 . „Textsorten“ existieren real nicht, „real existent ist vielmehr nur das Wissen der Sprachteilnehmer über mögliche Zuordnungen von Einzelexemplaren zu bestimmten Klassen“ 32 . Diese Zuordnungen werden gemeinsam mit den Kin- dern vorgenommen. „Klassifizierte“ Texte werden als „Textsorten“ notiert und im Klassenraum ausgehängt (s. Foto S. 41). 30 Heinemann, Margot/Heinemann, Wolfgang, Grundlagen der Textlinguistik. Interaktion, Text, Dis- kurs. Tübingen 2002, S. 140. 31 Ebd. 32 Ebd. Implizites explizieren Autorenrunde als Motor Fahrplan 2 für Autorenrunden Vorderseite – Rückseite

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Beispielseiten zu folgenden Themen: Autorenrunde, Textsorten, Roter Faden Textüberarbeitung in Schreibkonferenzen, Werkzeuge der Textüberarbeitung Übersicht: Welche Textsorten müssen geschrieben werden? Fachcurriculum: Schreiben in Klassen 3 bis 6 Sachtexte schreiben Übersicht: Leistungsüberprüfung Schreiben in Klassen 3 bis 6

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Wenn Kinder Texte verfassen, greifen sie intuitiv auf inhaltliche, strukturelle und sprachliche Muster zurück, die ihnen durch Erzäh-lungen, Filme, Hörspiele, Bücher usw. vertraut sind. Sie bringen mit ihren Texten ihr implizit vorhandenes Textwissen in den Unterricht ein. Das Können der Kinder bildet so die Basis für die Reflexions-gespräche. In den gemeinsamen Gesprächen wird eine Sprache für das Implizite gesucht und erprobt. Durch die Versprachlichung werden Muster erkannt, auf die der Schreiber später zunehmend bewusster zurückgreifen wird. Im Unterricht kann beobachtet wer-den, wie Adressat und Textabsicht bzw. -wirkung zunehmend beim Schreiben bedacht werden. Äußerungen wie „Ich will die anderen auch mal zum Gruseln bringen“ oder „Ich will den anderen erklä-ren, wie die Operation bei meinem Hund verlief“ offenbaren innere Entwicklungen. Es entsteht eine „Vision“ des zu schreibenden Tex-tes, an der sich die „Re-Vision“ (vgl. Pyramidenmodell, s. 4.2 h) des Textes beim Schreiben und später im Rahmen der Überarbei-tung immer stärker orientiert.

Die Autorenrunde gleicht damit einem Motor, der immer wieder zum Erproben neuer Textmuster anregt. „Ich will auch mal aus einer un-gewöhnlichen Perspektive einen Text schreiben“. Ein Mädchen hat in einem Text eine Christbaumkugel erzählen lassen, wie es dieser nach Weihnachten ergangen ist. In der Autorenrunde wird die Per-spektive thematisiert. Im Anschluss an dieses Gespräch schreibt jemand einen Text aus der Perspektive einer Katze und ein anderer aus der Perspektive eines Babys, das gerade zur Welt kommt.

c) Textsorten – TextmusterDas Entdecken von Schreibgeheimnissen bzw. Schreibstrategien innerhalb der Autorenrunden wird ergänzt um die Frage nach dem Textmuster oder der Textsorte. Ohne bestimmte Textsorten im Un-terricht zu initiieren, gelangen durch das individuelle Schreiben un-terschiedliche Textmuster in die gemeinsamen Autorenrunden.

Der Begriff „Textmuster“ wird hier auf einer allgemeinen Ebene verstanden als Kategorie für die „Generierung und zum Verstehen/Verarbeiten konkreter Textexemplare“30. Eine Spezifizierung erfolgt durch Begriffe wie „erzählende“, „berichtende“, „informierende“, „lyrische“ Textmuster u.a.

Der Begriff „Textsorte“ wird dagegen im engeren Sinn als Form für „Textklassen“ verwendet, die „sich aus der Merkmalhaftigkeit der Textexemplare“ ergeben31. „Textsorten“ existieren real nicht, „real existent ist vielmehr nur das Wissen der Sprachteilnehmer über mögliche Zuordnungen von Einzelexemplaren zu bestimmten Klassen“32. Diese Zuordnungen werden gemeinsam mit den Kin-dern vorgenommen. „Klassifizierte“ Texte werden als „Textsorten“ notiert und im Klassenraum ausgehängt (s. Foto S. 41).

30 Heinemann, Margot/Heinemann, Wolfgang, Grundlagen der Textlinguistik. Interaktion, Text, Dis-kurs. Tübingen 2002, S. 140.

31 Ebd.32 Ebd.

Implizites explizieren

Autorenrunde als Motor

Fahrplan 2 für Autorenrunden Vorderseite – Rückseite

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Das Wissen um Textsorten und deren Spezifika entlastet den Schreiber und gibt ihm Orientierung (vgl. Buchteil I: 3. 3.2.b: Textsorten – eine entlastende Entdeckung). Ossner bezeich-net Textsorten als „gesellschaftlich bewährte Formen …, die dem Schreiber beim Verfassen eine gewisse Richtung“ geben33. Becker-Mrotzek/Böttcher verwenden den Begriff „Textart“, „um zu verdeutlichen, dass es bei der Kategorisierung von Texten weniger um einfache Zuordnungen als vielmehr um Rekonstruktionen einer immanenten, funktionalen Zusammengehörigkeit geht“34. In die-sem Verständnis wird hier nun von „Textsorten“ gesprochen. Der Begriff „Textsorte“ hilft den Kindern, Texte nach Inhalt und Struktur zu systematisieren.

Wenn in der Autorenrunde danach gefragt wird, um welche Art von Text es sich hier handelt, dann gelangt man zu „Textsorten“ wie Geschichten, Erlebnissen, Träumen, Wünschen, Liedern oder Songs, Beschreibungen, Rätseln, Eindrücken und… und… und… Hier liegt wiederum ein großes Potential für die Entwicklung von Schreibkompetenz. Von Anfang an werden die Kinder an viele ver-schiedene Textmuster bzw. -sorten herangeführt. Sie erproben die-se selber („Hennis hat einen Krimi geschrieben, das mache ich jetzt auch.“) und lernen dabei, dass unterschiedliche Textsorten unter-schiedliche Wirkungen erzeugen und diese durch jeweils andere „Macharten“ charakterisiert sind. Ihr Blick wird nicht auf einzelne ausgewählte Textsorten begrenzt, sondern für viele verschiedene Textfunktionen geöffnet. Aus dem gemeinsamen Nachdenken über Texte kann von Zeit zu Zeit die intensive Auseinandersetzung mit einer Textsorte im Sinne eines Exkurses resultieren (s. 5.3).

Sowohl die aus den eigenen Texten entlehnten Schreibgeheimnis-se als auch die dort beobachteten Textsorten werden notiert und im Klassenraum ausgehängt. Die Schreibgeheimnisse werden später den Textsorten zugeordnet. In höheren Klassen empfiehlt es sich, diese nach ihren Funktionen (Erzählen, Informieren, Dokumentie-ren etc.) bzw. Textmustern zu ordnen (s. 5.2). So wird deutlich, dass den verschiedenen Textsorten bzw. Funktionen unterschiedli-che Schreibgeheimnisse zugrunde liegen.

In den Autorenrunden wird auch deutlich, dass sich viele Texte nicht eindeutig zuordnen lassen. Kombinationen von verschiede-nen Textsorten gehören zum literarischen Alltag.

Der kompetente Schreiber entscheidet schließlich selber, ob er sein Wissen um Textsorten als „Baupläne“ nutzen möchte oder ob er ein ganz anderes Textmuster entwerfen möchte. Textsorten stel-len eine Hilfe dar, der kompetente Schreiber entscheidet selber, ob er ihr folgt oder die „Norm überwindet“35. Ausführliche Hinwei-se und Anregungen zu ausgewählten Textsorten unterschiedlicher Textmuster in Kapitel 5.4.

33 Ossner, Jakob, Sprachdidaktik Deutsch, Paderborn 20062, S. 108.34 Becker-Mrotzek/Böttcher, Schreibkompetenz entwickeln und beurteilen, Berlin 2006, S. 17.

Der Begriff „Textarten“ findet sich auch bei Schneuwly: Schneuwly, Bernard, Textarten – Lernge-genstände des Aufsatzunterrichts. In: Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie 51, S. 116 - 132.

35 Fix, Martin, Texte schreiben. Schreibprozess im Deutschunterricht, Paderborn 2006, S. 106.

Welche Sorte von Text wurde geschrieben?

Beispiele für Textsorten– Wünsche– Geschichte– Träume– Gedanken– Märchen– Erinnerung– Liste– Song– Einsichten, Erkenntnisse– Pläne, Vorhaben– Krimi, Kriminalfall– Bericht– Gedankenkarte– Nacherzählung– Beschreibung– Comic– Gedicht– Brief– Beschwerde– …

Textsorten, 3. Schuljahr

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Weitere Anregungen für die Überprüfung und Dokumentation indi-vidueller Leistungsentwicklungen finden sich in Kapitel 4.2 i) und in Kapitel 5.4, und zwar jeweils am Ende der Abschnitte zu den verschiedenen Textmustern (a bis h).In Kapitel 6 erhalten Sie Anregungen, die unterschiedlichen Vor-schläge für die Leistungsüberprüfung langfristig zu verteilen – im Sinne schulinterner Vereinbarungen für eine längeren Zeitraum für die Klasse, die Stufe oder die Schule.

4.2 Vom roten Faden zum Textgewebe – „Gewebemodell“ und „Text-Hand“ als Reflexions-, Überarbeitungs- und Planungshilfe

a) Der „rote Faden“ als besonderes Schreibgeheimnis„In deinem Text passt alles so gut zusammen!“ „Es stimmt – von vorne bis hinten!“ Wenn in der Autorenrunde Aussagen dieser Art kommen, sind sie ein willkommener Anlass, den „roten Faden“39 zu thematisieren. Eine solche Bemerkung führte zur Einführung des „roten Fadens“ in der nächsten Autorenrunde.

Ich lege einen dickeren roten Wollfaden in die Kreismitte und greife die Aussage, alles passe so gut zusammen, auf. Wir überlegen gemeinsam, was es heißt, wenn man sagt, dass sich ein roter Fa-den durch einen Text zieht. Dabei stellen wir fest, dass gute Texte wie der Faden einen Anfang und ein Ende haben, und zwar nicht im

39 Der „rote Faden“ ist als Methode aus der Literaturdidaktik bekannt und wird hier auf die Schreib-didaktik übertragen.

vgl. Klank, A., Der Rote Faden, in: Die GRUNDSCHULZEITSCHRIFT 155 (2002). vgl. Käckmeister, Anne/Schäfer, Joachim, Den roten Faden finden, in Praxis Deutsch 197

(2006), S. 16 - 19. Besonders gewinnbringend ist die Verwendung des „roten Fadens“ in beiden Bereichen (vgl.

Schreiben im Kontext von Literatur, s. 8.)

Beispiel für eine Leistungsüberprüfung: Wie in der Autorenrunde…, Test 1B

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Sinn von Einleitung und Schlussteil, sondern wirklich von bewuss-ter Setzung eines Anfangs und eines Endes. Ein Text kann ja auch mitten im Geschehen „anfangen“. Wir lesen ein oder zwei Texte aus Tagebüchern, und jemand läuft den roten Faden dabei ab. Die Kinder suchen aus ihren Tagebüchern erste und letzte Sätze heraus und lesen sie vor. Die Sprache der Anfänge und Enden ist jeweils eine besondere. In den meisten Fällen weiß man sofort, ob es sich um einen Anfang oder ein Ende handelt. Außerdem wird die Überschrift thematisiert, die ja dem Textanfang noch vorangestellt ist. Überschriften werden in einem eigenen verkürzenden Sprach-modus formuliert – so die gemeinsame Erkenntnis.

Beispiele für Textanfänge

Hallo, ich bin Finchen. Ich bin das vergesslichste Mädchen aus der Klasse.

„Peeeeng“ – ein lauter Knall weckte Tim auf.

Es war einmal eine Fee, die hieß Glitzerflügel.

Wir Menschen sind ganz verschieden.

Früher, als es noch Ritter gab, war das A noch hinten im ABC.

Beispiele für Textenden

Hoffentlich geht das nicht so weiter, sonst kriege ich jedes Mal Ärger.

Es dauerte lange, bis Tim wieder in den Schlaf fand.

Endlich ist wieder alles gut in Glitzerglimmerland.

Aber ich mag uns Menschen trotzdem.

Deswegen ist das A jetzt vorne.

Schließlich wird der „rote Faden“ als besonders wichtiges Schreib-geheimnis notiert. Jedes Kind erhält einen roten Wollfaden als Lesezeichen für sein Tagebuch. Für die nächsten Autorenrunden nehmen wir uns vor, in besonderer Weise auf den roten Faden in einem Text zu achten – auf den Textanfang, das Textende, den Zu-sammenhang und die Überschrift.

Die Kinder erhalten die Hausaufgabe, aus ihrem liebsten Buch den ersten und den letzten Satz auf zwei unterschiedliche farbige Papierstreifen aufzuschreiben. Die Ergebnisse sind gewinnbrin-gend. Das Wissen um das bewusste Formulieren des ersten und des letzten Satzes sowie der Überschrift wächst. Und die Beispie-le der großen Autoren laden zum Nachahmen ein. Alle Textan-fänge und Textenden werden auf einem Plakat im Klassenraum festgehalten.

In der Auseinandersetzung wird die Aufmerksamkeit auf die grö-ßeren Strukturen, die Makrostrukturen in Texten gelenkt. Zugleich wird deutlich, dass Textanfänge und Textenden durchaus textsor-tenspezifisch sind. Ein Sachtext über Delfine fängt anders an als ein Märchen.

Textanfänge

Textenden

Der tollkühne Ritter Erster Satz (rot) – letzter Satz (gelb)

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Vier der Operationen werden hier als Werkzeuge aufgegriffen:– Streichen– Ergänzen– Ersetzen– Umstellen

Diese Operationen können auf verschiedenen Textebenen durchge-führt werden – auf der Wort, der Satz- und der Textebene.

Wer diese Operationen im Kopf hat, kann sie von Anfang an in die Ge-spräche der Autorenrunde einbringen. „Du hast in deinem Text immer ‚Und dann‘ geschrieben. Das hört sich nicht gut an.“ – In vielen Klassen dient eine Sammlung von Satzanfängen nun als „Heilmittel“. Anstelle von „Und dann“ soll der Schüler einen anderen Satzanfang wählen. Diese Form des Unterrichts wird hier kritisch als Auswuchs eines traditionellen Verständnisses von Schreibkompetenz im Sinne von „Schuldeutsch“ betrachtet. Satzanfänge lassen sich nicht belie-big austauschen. Dieser Weg führt nicht selten zu sprachlich wi-dersprüchlichen Lösungen. Wenn man fragt, warum der Schreiber diese Lösung gewählt hat, dann kann es folgende Gründe haben: Dem Duktus des konzeptionell mündlichen Sprachhandelns folgend, schreibt er wie er spricht. Vielleicht ist er auch nicht sicher, wo er den Satz beenden kann und schreibt ihn so einfach immer weiter. Anstatt nun Satzanfänge zu thematisieren, kann die linguistische Probe des Streichens nahegelegt werden. „Vielleicht kannst du ,Und dann‘ an einigen Stellen einfach streichen und einen Punkt setzen.“

… und dann kam Timo nach Hause und dann nahm er den Brief aus seiner Tasche…

Gemeinsam probieren wir es aus und stellen dabei fest, dass es zwar möglich ist, aber dann noch zwei Wörter umgestellt werden müssen.

… Timo kam nach Hause. Er nahm den Brief aus seiner Tasche…

Die Sätze werden dann kürzer. Einige sagen, es klinge spannen-der. – Dass so kleine Veränderungen auch zu einer Veränderung der Textwirkung führen, ist Grundlage eines neuen Diskurses.

Anstelle von Satzanfängen werden hier einfach zwei der Werkzeuge genutzt: Streichen und Umstellen. Die Schreiber erlernen so Tech-niken, die sie auf weitere Situationen übertragen können. Wurden hier einzelne Wörter gestrichen und umgestellt, so sind es später ganze Satz- oder Textteile.

Aus einer Langzeitstudie zur Textsortenkompetenz55 ist bekannt, dass Formulierungen wie „und dann“ eine gewisse Phase der Schreibentwicklung, nämlich die Phase der „Verkettenden Texte“56 markieren. In dieser Phase verknüpfen die Kinder „ihre Texte an der sprachlichen Oberfläche mit entsprechenden Bindewörtern“57 55 Augst, Gerhard et al., Text-Sorten-Kompetenz. Eine echte Longitudinalstudie zur Entwicklung

der Textkompetenz im Grundschulalter. Frankfurt/M. 2007.56 Baurmann, Jürgen/Pohl, Thorsten, Schreiben – Texte verfassen. In: Bremerich-Voss, Albert/

Granzer, Dietlinde/Behrens, Ulrike/Köller, Olaf (Hg.): Bildungsstandards für die Grundschule: Deutsch konkret. Berlin 2009, S. 82

57 Ebd.

Streichen

Umstellen

Schild „Schreibkonferenz“

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(wie „und dann“). Innerhalb der weiteren Entwicklung wird diese Schreibstrategie durch den Gebrauch differenzierterer sprachlicher Formulierungen abgelöst. Ein zusätzlicher Hinweis darauf, das all-gemeine Üben von unterschiedlichen Satzanfängen aufzugeben. An anderer Stelle kann es durchaus sinnvoll sein, Wörter zu sam-meln, die z.B. innerhalb einer Erzählung eine inhaltliche Wende einleiten (auf einmal, plötzlich usw.), das Anlegen einer allgemei-nen Sammlung von – scheinbar beliebig austauschbaren – Satzan-fängen, ist sprachlicher Unfug.

Das Wissen des Lehrers um die genannten vier linguistischen Pro-ben oder Werkzeuge wird die Reflexion von Texten in vielen Auto-renrunden vertiefen. Das Anwenden dieser Operationen trägt lang-fristig zur Ausbildung der Überarbeitungskompetenzen bei.

Im Zusammenhang mit der Arbeit in den Schreibkonferenzen werden die Werkzeuge als solche benannt und ihre Handhabung trainiert:

Einen dankbaren Einstieg bietet die gemeinsame Betrachtung einer Entwurfsseite eines bekannten Autors oder einer bekannten Autorin, auf der noch zu sehen ist, an welchen Stellen und wie der Text verän-dert wurde (vgl. Einführung der Schreibkonferenz, s 4.2 d). Die Kinder stellen dabei nicht nur fest, dass auch die großen Autoren ihre Texte noch erheblich verändern, sondern auch, wie sie diese verändern: Ein-zelne Wörter oder Sätze oder auch ganze Textteile werden durchge-strichen, teilweise durch andere ersetzt, verschoben oder Teile ganz neu geschrieben. Es wird gestrichen, ersetzt, ergänzt oder umgestellt.

Für jede der vier Operationen lege ich entweder das dazu passende Werkzeug (s. Abb.) oder eine entsprechende Karte in die Kreismit-te. „Mit dem Hammer schlägt man etwas ein – man schlägt Wörter, Sätze oder Texte ein.“ Der Hammer steht für das Ergänzen. „Mit der Zange entfernt man etwas.“, sie steht für das Streichen. Zange und Hammer zusammen bilden folglich das Streichen und Ergänzen, also das Ersetzen ab. „Und mit der Schubkarre bringt man etwas an einen anderen Platz.“

Der vorliegende überarbeitete Text bestätigt, dass die großen Au-toren mit diesen Werkzeugen arbeiten. Art und Weise, wie sie ihre Operationen kennzeichnen, werden untersucht. Ihre Markierungen können übernommen werden, oder es werden eigene gefunden. Er-gänzungen sollen mit einem Sternchen oder durch kleine Zahlen gekennzeichnet werden. Die vier Bilder (s. Abb.) werden aufge-hängt, sie erinnern an die vier wesentlichen linguistischen Opera-tionen. Auch an anderen Stellen erinnern sie an die Operationen, etwa auf der Text-Hand-Karte (vgl. Text-Hand in Schreibkonferen-zen, s. 4.2 d) oder auf dem Schild, das die Schreibkonferenzgruppe in ihre Mitte stellt.

Der beste Ort für die Anwendung der Textwerkzeuge ist die Schreib-konferenz. Die Anwendung kann natürlich auch innerhalb einer kleinen Übungsschleife trainiert werden. Dazu eignen sich neben den eigenen Texten auch Texte von jüngeren Kindern, weil sie kür-zer und in ihrer Struktur oft noch nicht so komplex sind.

Einführung der Werkzeuge zur Textüberarbeitung

Werkzeuge der Textüberarbeitung

Werkzeuge anwenden

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Wird in jedem Halbjahr eine Textsorte verbindlich thematisiert, so sollten sich in den gewählten Textsorten die verschiedenen Sprach-funktionen wiederfinden.

Die Übersichten verstehen sich ausdrücklich als Beispiele. Die an-geführten Textsorten können in allen Jahrgangsstufen eingesetzt werden (vgl. Hinweise in Kapitel 5.4).

Beispiel: Klassen 3 und 4

Zeit Textsorte Textmuster bzw. Sprachfunktion (vgl. Bildungsstandards)

Sprachfunktion(nach Bühler)

authentischer Schreibkontext

3/1 EinladungVgl. 5.4 e

Auffordern Appell Einladung zu einer Schulveranstaltung

3/2 Sachtext (z.B. Informationsplakat) mit Aufruf vgl. 5.4 a/e

Informieren und Appellieren

Darstellen undAppellieren

Themen des Sachunterrichts (z.B. Klimawandel, Umweltschutz)

4/1 Gedicht (z.B. Generatives Schreiben)vgl. 5.4 h

Lyrische Textmuster, ästhetische Funktion

Ausdruck Ausstellung oder Lyrikabend oder Lyrik-CD der Klasse

4/2 Personenbeschreibungvgl. 5.4 b

Beschreiben Darstellen Erinnerungsbuch

Beispiel: Klassen 5 und 6

Zeit Textsorte Textmuster bzw. Sprachfunktion (vgl. Bildungsstandards)

Sprachfunktion(nach Bühler)

authentischer Schreibkontext

5/1 Bewerbung Informieren, Bitten

Darstellen,Appell

Bewerbung um einen Platz in einer AG, in der Projektwoche o.ä.

5/2 ProtokollVgl. 5.4 c

Dokumentieren Darstellen Klassenratssitzungen

6/1 Buchkritik mit Leseempfehlungvgl. 5.4 d

Argumentieren/ Appellieren

Darstellen,Ausdruck, Appell

Vorstellen von Büchern für die Lesezeit

6/2 Gedichtevgl. 5.4 h

Lyrische Textmuster, ästhetische Funktion

Ausdruck Lyrikabend oder Lyrik-CD der Klasse

Hinweis zur Übersicht:Es mag verwundern, dass erzählende Textmuster hier nicht aufge-führt werden. Geschichten, ausgedachte und erlebte, gelangen auf-grund des Schreibens eigener Texte (s.o.) regelmäßig in den unter-richtlichen Diskurs. Sie werden in den Autorenrunden kontinuierlich bedacht, in Schreibkonferenzen überarbeitet und in Autorenlesungen der Klasse präsentiert. Erzählende Textmuster finden sich in den o.g. Beispielen für Überprüfungsmöglichkeiten im eher reflexiven Kom-petenzbereich des Schreibens (s. 5.1, vgl. a. 4.2 i) Test Märchen). Erzählende Texte sind komplex (vgl. Merkmale erzählender Texte in

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Lesestrategien zur Orientierung im Text und zum Markieren von wichtigen Informationen werden benötigt. Auch hier wäre es wün-schenswert, wenn diese Fähigkeiten bereits trainiert worden wären. Falls nicht, ist der Exkurs ein guter Anlass, in dem die Bedeutung dieser Kompetenzen für die Kinder nachvollziehbar ist.

Beispiel: Wissenskarte „Tiere“Die gemeinsame Erarbeitung der Wissenskarte erfolgt im Rahmen einer größeren Einheit zum Thema „Tiere“. Jedes Kind erstellt ein Themenheft zu einem Tier seiner Wahl und hält einen Vortrag81 über sein Tier vor der Klasse. Gemeinsam mit den Kindern wird über-legt, was sie über Tiere gern erfahren möchten: Feinde, Nahrung, Geburt usw. Die Interessen der Kinder aufgreifend erstelle ich eine Wissenskarte an der Tafel. Diese Karte bildet nun die verbindliche Struktur für ihre Arbeit an dem gewählten Tier. Die Wissenskarte ist zugleich Grundlage des mündlichen Vortrags.

Wissenskarte Tiere – Struktur für die Erstellung eines Themenheftes, eines Vortrags oder eines Sachtextes

Ein zweites Beispiel wird innerhalb des folgenden Abschnitts vor-gestellt (Wissenskarte zum Thema „Schlaf“).81 Alternative Verwendungszusammenhänge: Schreiben von Lexikonartikeln für ein gemeinsames

Klassentierlexikon oder ein Tierlexikon im Internet (www.kinder-tierlexikon)

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  Struktur eines Exkurses zum Verfassen eines informierenden Textes: Sachtexte

Der Aufbau der Unterrichtseinheit lehnt sich an die in 5.3 a) skiz-zierte Struktur an.

  Einstieg: Textbeispiele aufgreifen – authentische Schreibkontexte schaffen

Bereits geschriebene informierende Texte (aus den Tagebüchern) heraussuchen, vorstellen und ordnen (Listen, Tabellen, Sachtexte), über die unterschiedlichen Funktionen nachdenken, insbesonde-re die Bedeutung der Vorarbeit (Wissen zusammentragen und in Stichworten festhalten) herausstellen.Sprachverwendungssituation für das Schreiben infor-mierender Texte aufgreifen oder schaffen, z.B. in Au-torenrunden vorgestellte Sachtexte als Ausgangspunkt aufgreifen, Texte zu dem aktuellen Sachunterrichtsthe-ma zu einer Ausstellung für die Parallelklassen schrei-ben.Das Ziel des Exkurses klären: Sachtexte gut und si-cher planen, schreiben und überarbeiten können; dabei überlegen, weshalb es sinnvoll ist, Sachtexte verfassen zu können.Anhand bereits geschriebener und vorgetragener Sachtexte erste Merkmale für „gute Sachtexte“ sam-meln; dazu die bestehende Sammlung von Schreibge-heimnissen (4.1 b) hinzuziehen; dieser Moment eignet sich, um die Schreibgeheimnisse zu informativen Texten auf einem eigenen Plakat zusammenzustellen, das im Laufe des Exkurses ergänzt wird.Sofern die Text-Hand bekannt ist, diese für das Her-ausarbeiten von Textqualitäten nutzen, dabei v.a. den pragmatischen Blick (für wen Sachtexte schreiben, mit welchem Ziel) thematisieren.

  Erprobendes Schreiben eines Sachtextes zu einem frei gewähl-ten Thema – Sammeln von Merkmalen

Wenn im Rahmen des individuellen Schreibens von Texten bereits viele Sachtexte verfasst wurden, kann auf das erprobende Schrei-ben eines weiteren Textes verzichtet werden.Anhand der vorliegenden Sachtexte werden weitere wesentliche Merkmale dieser Textsorte erarbeitet und auf dem Plakat ergänzt.Das Lesen und Begutachten von „Profi-Sachtexten“ aus Kinder-sachlexika u.a. führt evtl. zu weiteren Merkmalen.Bei der Auswertung der Texte wird deutlich, dass insbesondere für das Verfassen von Sachtexten eine gründliche Vorarbeit notwendig ist. Das Markieren von Texten und das Erstellen von Wissenskar-ten bzw. Mind Maps wird als wesentliches Handwerkszeug hier am Thema „Schlaf“ zusätzlich trainiert:

Plakat Sachtext (3. Schuljahr)Wie eine solche Zusammenstellung später in einer textsortenübergreifenden Systematisie-rung zu informierenden Texten aufgehen kann, ist in der Abbildung auf S. 102 zu sehen.

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6. Wege der Förderung und Überprüfung von Schreib-kompetenz in schulinternen Vereinbarungen verankern

Für „schulinterne Vereinbarungen“ halten die unterschiedlichen Bundesländer verschiedene Begriffe bereit. Was in Nordrhein-Westfalen als „Arbeitspläne“ bezeichnet wird, ist in Schleswig-Holstein das „Schulinterne Fachcurriculum“. Unabhängig da-von, welche Begrifflichkeit festgelegt wurde, geht es doch im-mer darum, Unterricht innerhalb der Schule weiterzuentwickeln und Eckpunkte für einen längeren Zeitraum der Erprobung und der Evaluation festzulegen. Unter Aufnahme der Bildungsstan-dards und der Lehrpläne werden jene Kompetenzen festgehal-ten, die durch den Unterricht entwickelt werden sollen. Es werden Schlüsselsituationen zusammengetragen, durch die jene Kom-petenzen ausbildet und erweitert werden. Angaben über pas-sende Leistungskontrollen können Teil der Vereinbarungen sein. Maßgaben für das Finden solcher Vereinbarungen reichen von ei-ner begrenzten Auswahl zentraler Arbeitsweisen (wie hier) über das genaue Zuordnen einzelner Kompetenzen zu ausführlich be-schriebenen Unterrichtseinheiten bis hin zur detaillierten Aufli-stung unterschiedlicher Kompetenzstufen und deren Beförderung. Die folgenden Stichworte und Beispiele verstehen sich als ein Plä-doyer für gemeinsame Vereinbarungen im Hinblick auf kompetenz-fördernde Arbeitsweisen, die Offenheit für Individualität auf Seiten der Lehrerin und der Kinder gewährt. Beispiele zur Verteilung von Überprüfungsmaßnahmen für jeweils zwei Schuljahre ergänzen die Ausführungen.

Die folgenden Formulierungen für gemeinsame Vereinbarungen beziehen sich auf den Bereich der Schreibkompetenzentwicklung, und zwar im Sinne des hier vorgestellten Konzepts.

6.1 Individuell bedeutsames Schreiben als Basis von Förderung und Überprüfung

Es folgen zunächst Anregungen für Kompetenzen, die sich auf-grund des individuell bedeutsamen Schreibens von eigenen Texten und im Zusammenhang des Bedenkens und Überarbeitens eigener Texte (vgl. 4.2) entwickeln. Die genannten Stichworte sind schul-jahresunabhängig.

– Verlässliche Schreibzeiten als kontinuierlicher Bestandteil des Unterrichts

– Schreiben von eigenen, individuell bedeutsamen Texten in ei-nem Tage- oder Schreibbuch

– Vorstellen von Texten in Autorenrunden und ggfs. der Schreib-beratung (Hilfsmittel: Fahrpläne für Autorenrunden)

– Nachdenken über die Wirkung und die Machart von Texten: Beschreiben von Wirkungen von Texten unterschiedlicher Art Formulieren von Schreibgeheimnissen als Ursache der Textwir-kung

Systematisieren der Texte nach Textsorten bzw. Sprachfunktionen

„Arbeitspläne“, „Fachcurriculum“

Kompetenzförderung auf der Basis der eigenen Texte

Stichworte für schulinterne Vereinbarungen

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Nachdenken über den Adressatenbezug der Texte Beschreiben von Textabsichten (Ziel, Funktion) und Textwirkun-

gen („Schreibgeheimnisse“) Bedenken von Wortwahl und Satzbau in Texten in ihrer Wirkung

und Adressatenorientierung (Hilfsmittel: „Text-Hand“)– Erkennen, dass Texte verschiedene Funktionen haben und ihre

Machart von der Funktion bzw. dem Ziel und dem Adressaten abhängt

– Überarbeiten von Texten in Schreibkonferenzen Nutzen der linguistischen Operationen (hier: „Werkzeuge der

Textüberarbeitung“) Durchführung von Textüberarbeitungen, auch am PC– Text zu Präsentationstexten ausgestalten Abschrift und Gestaltung der überarbeiteten Texte (auch am

PC) gemäß Verwendungszusammenhang– Vortragen von Texten in der Autorenlesung Benennen von Veränderungen in den Texten Erkennen von Schreib- und Veränderungsstrategien– Veröffentlichen der Texte gemäß Verwendungszweck– Texte zielorientiert für einen Adressaten planen Die Planung im Schreibprozess verfolgen

Sämtliche Kompetenzen, die hier gefördert werden – Reflexion, Überarbeitung, Präsentation von Texten – können durch Leistungs-kontrollen überprüft werden. Eine bewertete Arbeit pro Halbjahr sollte aus diesem Bereich kommen und in den schulinternen Ver-einbarungen verankert werden. Anregungen und Beispiele finden sich in Kapitel 4.

Beispiele für Klassen 3 und 4

Leistungskontrollen, die sich auf die Reflexion, Überarbeitung und Präsentation von Texten beziehen

Zeit Inhaltlicher Schwerpunkt Aufgaben3/1 Die Machart von Texten an

Textbeispielen erkennen und benennen z.B. Test 1A (s. 4.1 e), vgl. Abb. S. 45

– verschiedene Textsorten erkennen und benennen – Textanfang/-ende erkennen, benennen– Textwirkung beschreiben– Ursachen der Textwirkung (Schreibgeheimnisse) nennen

3/2 Die Machart von Texten beschreiben/Kompetenzen der Autorenrunde und der Schreibberatung z.B. Test 1B (s. 4.1. e)vgl. Abb. S. 46

– Positives an einem Text beschreiben– Textwirkung beschreiben– Ursachen der Textwirkung (Schreibgeheimnisse) nennen– Tipps für die Überarbeitung geben

4/1 Werkzeuge der Textüberarbeitung kennen und nutzenz.B. Test 2A (s. 4.2 i)vgl. Abb. S. 87

– Werkzeuge der Textüberarbeitung benennen– an einem überarbeiteten Text nachvollziehen, mit welchen

Werkzeugen der Text überarbeitet wurde– Vorschläge der Überarbeitung zu einem Text benennen und

begründen4/2 Präsentationstext begutachten;

selber einen adressaten- und funktionsgerechten Präsentationstext erstellen z.B. Test 2B (s. 4.2. i)vgl. Abb. S. 87

– einen vorgegebenen Präsentationstext begutachten: Gelungenes und Verbesserungswürdiges beschreiben, dabei Adressaten und ggfs. Funktion berücksichtigen

– einen überschaubaren Text für einen bestimmten Adressaten (z.B. Text für Erstklässler: Druckschrift, gut lesbar, Absätze, ggfs. Illustration) und ggfs. gemäß der Funktion gestalten

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Beispiele für Klassen 5 und 6

Zeit Inhaltlicher Schwerpunkt Aufgaben5/1 Vergleich: Informierende und

erzählende Textmuster– Sachtext und Erzählung vergleichen in Bezug auf Machart und

Wirkung der Texte (z.B. mit der Text-Hand: roter Faden/1.Satz/letzter Satz; Adressat, Wirkung, Textmuster, Wörter, Sätze

– Jeweils den ersten Satz für einen informierenden und einen erzählenden Text formulieren – oder:

– Für verschiedene erste und letzte Sätze bestimmen, ob es sich um einen informierenden oder erzählenden Text handelt

5/2 Einen Text mit der Text-Hand reflektieren und Überarbeitungsvorschläge vorstellen und begründenz.B. Test 1C (s. 4.2 i) z.B. Test 4A Märchen 4A (s. 4.2 i), vgl. Abb. auf S. 90 z.B. Test 4B Geschichten (s. 4.4 e), vgl. Abb. auf S. 161auch: Test 3 (s. 4.2 i), vgl. Abb. S. 88, 175

– aus einer Auswahl von zwei Texten sich für einen entscheiden, diesen mit der Text-Hand reflektieren:

– Adressaten benennen– Textabsicht ergründen, Wirkung benennen, Ursachen finden– Textmuster beschreiben– Wortwahl und Satzbau in Hinblick auf Adressaten und Textabsicht

bedenken– den roten Faden (Kohärenz) beschreiben– Überarbeitungsvorschläge unterbreiten und begründen

6/1 Einen Textplan mit Hilfe der Text-Hand erstellen, umsetzen und den Text mit der Textplanung vergleichenVgl. Text-Hand-Planungsbogen (s. 4.2 h und 5.4 a (für informative Texte)

– für einen selbst bestimmten Adressaten und ein/e selbst gewählte/s Funktion/Ziel mit Hilfe der Text-Hand einen adressaten- und funktionsgerechten Text in Stichworten planen (ggfs. verschiedene Vorschläge für Adressat und Funktion/Ziel anbieten)

– den Text schreiben– den geschriebenen Text mit der Planung vergleichen und

begutachten

6/2 Die Machart eines Textes (hier auch die bekannter Autoren) mit der Text-Hand analysieren, interpretieren und bewertens. Test 3 (s. 4.2. i), Test 1E vgl. Abb. S. 89 s. Test 4A Märchen (s. 4.2. i)

Vgl, 5/2 plus:– Stimmigkeit von Inhalt und sprachlichem Ausdruck beschreiben

und bewerten– ggfs. Erkennen/Bewerten eines persönlichen Stils des Autors/der

Autorin– ggfs. Informationen über den Autor, die Entstehungszeit etc.

aufgreifen

Die Zuordnung zu einzelnen Jahrgangsstufen ist nicht bindend. Fast alle Beispiele sind in den unterschiedlichen Schuljahren (ab Klasse 4) einsetzbar.

Eine weniger testhafte und stärker dokumentierende Art der Leis- tungsentwicklung liegt in der Selbstauswertung eigener Texte durch die Schüler und Schülerinnen. Einmal im Halbjahr wählen sie aus ihren eigenen Texten den ihrer Meinung nach besten Text aus. Da aus diesen Texten ein gemeinsames Buch entsteht, werden sie in Schreibkonferenzen überarbeitet und dann für die Veröffentlichung abgeschrieben. Den fertig gestalteten Präsentationstext erhalten die Schüler/-innen nun noch einmal für eine schülergeleitete Eva-luation. Sie sollen u.a. begründen, warum sie diesen Text für be-sonders gut halten.

Wer in jedem Halbjahr ein gemeinsames Buch „Beste Texte“ er-stellt, hat nicht nur einen sinnvollen authentischen Kontext für das Schreiben und Überarbeiten von Texten initiiert, sondern zugleich die Entwicklung der Schreibkompetenz dokumentiert. Die zusätzliche

Auswertung der eigenen „Besten Texte“ –

auch langfristig

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Selbstauswer-tung durch die Schüler gibt darüber hinaus einen differen-zierten Ein-blick in die re-flexiven Fähig-keiten und do-kumentiert die En tw ick lung derselben. Die folgenden Ab-bildungen zeigen, welche Steigerungsmöglichkeiten innerhalb von 1,5 Schuljahren (hier: Mitte des 3. Schuljahres bis zum Ende des 4. Schuljahres) möglich sind.

6.2 Textsortenspezifisches Schreiben in authentischen Kontexten als Basis für Förderung und Überprüfung

Schulinterne Vereinbarungen beziehen sich auch auf jene Kom-petenzen und unterrichtliche Schlüsselsituationen, die sich zu-sätzlich aus anderen – gesuchten oder initiierten – authentischen Schreibkontexten entwickeln. Hierzu zählt die intensive Beschäf-tigung mit einzelnen Textsorten. Die folgenden Stichworte sollten schuljahresspezifisch konkretisiert werden (z.B. Benennung der für die Schule bzw. auf der Stufe vereinbarten Textsorten).

– Auseinandersetzung mit ausgewählten Textsorten bzw. Text-mustern, die sich aus authentischen Schreibkontexten ergeben (eine pro Halbjahr)

Reflexion erster Texterprobungen Herausfinden von Merkmalen der Textsorte Überarbeitung unter Aufnahme der gesammelten Merkmale Planung eines Textes der gewählten Textsorte unter Aufnahme

der Textmerkmale– Beachtung von Adressat, Ziel/Wirkung, Textmuster, Semantik

und Syntax (Hilfe: Text-Hand)– Vertiefung textsortenspezifischer Sprachmuster (s. Übersich-

ten 4.4 a bis h)

Um die Kompetenzen der Kinder möglichst breit zu fördern, sollte bei der Auswahl von authentischen Schreibkontexten darauf ge-achtet werden, dass unterschiedliche Textsorten initiiert und unter-schiedliche Sprachfunktionen bearbeitet werden.

Die Orientierung an dem bereits erwähnten Organonmodell (vgl. 5.1) von Karl Bühler kann helfen, einen breiten Kompetenzerwerb zu ermöglichen. Nutzen Sie die folgende Übersicht als Planungs-hilfe für den langfristig angelegten Kompetenzaufbau:

Stichworte für schulinterne Vereinbarungen

Auswertung des eigenen „Besten Textes“ in der Mitte von Klasse 3 (oben) und am Ende von Klasse 4 (links)