Beck Individualisierung sozialer Ungleichheit · • Kritik Gliederung. Individualisierung sozialer...
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Dominik Feldmann • Lena Frank • Katharina Gesell • Robert Reiche
Universität Augsburg 10.12.2007
Seminar: Theorien sozialer Ungleichheit
Beck:
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Individualisierung sozialer Ungleichheit
• 4 Phasen der Individualisierung
• Individualisierungsthese
• 3 Dimensionen: Individualisierung
Entzauberung
Reintegration
• Bezug zu Karl Marx und Max Weber
• Kritik
Gliederung
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Ulrich Beck
• *1944
• 1979 Habilitation in München
• Seit 1992 Professor und Direktor am
Soziologischen Institut der LMU
• Ehrendoktor zahlreicher europäischer Unis
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Hauptarbeitsgebiet
Analyse der Krisendynamik der gegenwärtigen
Gesellschaftsentwicklung
•„Was ist Globalisierung?“ (1997)
•„Riskante Freiheiten –
Gesellschaftliche Individualisierungs-
prozesse in der Moderne“ (1994)
•„Kinder der Freiheit“ (1997)
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Prägung eingängiger Begriffe
„Schlagwortcharakter“
• Risikogesellschaft
• Fahrstuhleffekt
• Individualisierung
• Pluralisierung
Individualisierung sozialer Ungleichheit
[4 Phasen] Individualisierungsthese Marx-Weber Kritik
• Unterschiedliche Individualisierungsschübe
• Zunahme der Bedeutung von Individualität
• Erweiterung gesellschaftlicher
Handlungsmöglichkeiten
• Vorraussetzung: kulturelle Erfindung des
Individuums
4 Phasen der Individualisierung nach Junge
Individualisierung sozialer Ungleichheit
frühes Christentum
Fundament der Entwicklung
• Idee der Sündhaftigkeit des Menschen
• Taufe und Namensgebung
1. Phase
[4 Phasen] Individualisierungsthese Marx-Weber Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Reformation
• Idee der Eigenverantwortlichkeit
• Beginn der sozialen Bedeutsamkeit des
Individuums und der Individualität
• Wichtig für Entstehung moderner Gesellschaften
2. Phase
[4 Phasen] Individualisierungsthese Marx-Weber Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
3. Phase
Industrialisierung
„frühbürgerliche Individualisierung“
• Idee des autonomen Staatsbürgers
• Soziologische Fragen nach Auswirkungen
gesellschaftlicher Prozesse auf das Individuum
• Zentrum: Subjekt als Resultat
gesellschaftlicher Prozesse und Kräfte
[4 Phasen] Individualisierungsthese Marx-Weber Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Wohlstandssteigerung nach II.WK
• Wachsender Möglichkeitsspielraum des Individuums
• Abnahme der Prägekraft
gesellschaftlicher Verhältnisse
• Freie Wahl von Lebensformen
4. Phase
[4 Phasen] Individualisierungsthese Marx-Weber Kritik
Dominik Feldmann • Lena Frank • Katharina Gesell • Robert Reiche
Universität Augsburg 10.12.2007
Seminar: Theorien sozialer Ungleichheit
Beck´s These
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Becks These
• seit den 60er Jahren neuer Individualisierungsschub in
westlichen Gesellschaften
• soziale Klasse nicht mehr determinierend für Handeln
und Lebensführung des Einzelnen
� Mensch wird zum Gestalter seiner eigenen
Biographie
4 Phasen [Individualisierungsthese] Marx-Weber Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Becks These
„Fahrstuhleffekt“ = Verbesserung der Lebensbedingungen
bei gleich bleibenden Ungleichheitsrelationen
• untere Schichten können sich individuell Entfalten
• gesellschaftliche Großgruppen sind nur noch
statistische Zusammenfassungen
� objektive Bedingungen und subjektive Lebensweise
klaffen auseinander
4 Phasen [Individualisierungsthese] Marx-Weber Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Ursachen für Individualisierungsschub
• Bildungsexpansion
• räumliche und soziale Mobilität
• wohlfahrtsstaatliche Absicherung
• Konkurrenz
• mehr Freizeit
4 Phasen [Individualisierungsthese] Marx-Weber Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Freisetzung
Entzauberung
Reintegration
4 Phasen [Individualisierungsthese] Marx-Weber Kritik
• aus traditionellen
Bindungen
• keine sozial vorgegebene
Biographie
�der Einzelne wird zum
Gestalter seines eigenen
Lebens
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Freisetzung
Entzauberung
Reintegration
4 Phasen [Individualisierungsthese] Marx-Weber Kritik
• Verschwinden von
Sicherheiten durch
Wegfall der vor gegebenen
Handlungsorientierung
� Unsicherheiten/Risiken
werden den Individuen
zugeschrieben
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Freisetzung
Entzauberung
Reintegration
4 Phasen [Individualisierungsthese] Marx-Weber Kritik
Freiheit des Individuums ist
nicht unendlich
• Neue Art der Einbindung,
nicht mehr durch Klassen
vermittelt
• Beschränkter
Entscheidungsraum
• Selbstbeteiligung an
Integration nötig
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Fazit: Freisetzung führt zu Mobilität, jedoch auch zu
Unsicherheiten und Risiken, die dem Individuum
zugeschrieben werden. Nach der Freisetzung wird eine
Reintegration forciert, die die gewonnenen Freiheiten
wieder einschränkt.
� Ambivalenter Charakter der Individualisierung
Individualisierung als Vergesellschaftungsprozess
� Herauslösung aus Bindungen, gleichzeitig aber größere
Abhängigkeit von Sicherungsinstitutionen
� Individualisierung wirkt gegen ihren eigenen Prozess
4 Phasen [Individualisierungsthese] Marx-Weber Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Erscheinungsformen
• Individualisierung = Auflösung spätständischer
Klassenkulturen
�Ausbildung einer individualisierten Grundstruktur
sozialer Ungleichheit
�Entstehung eines Gefüges einer immer feinkörnigeren
privatisierten Lebenswelt
4 Phasen [Individualisierungsthese] Marx-Weber Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Erscheinungsformen
• Kleinfamilien werden zu individualisierten
Untereinheiten, verschärfen ihre externen Grenzbeziehungen
�„Insularexistenz“
• Bildung von Koalitionen nötig, die aber je nach Situation
geschlossen und wieder aufgelöst wird = Zweckbündnisse
�Klassen quer zur Klasse entstehen
4 Phasen [Individualisierungsthese] Marx-Weber Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Entstehung neuer Formationen
• Neuentfaltung kollektiver Identitäten
• Emanzipation der Klassen aus regionalen und partikularen
Beschränkungen
� neue soziale Formationen jenseits der
Klassengesellschaft
• Entstehung nichtständischer Klassensolidaritäten
• Ständig neue Individualisierungsschübe
� keine Sicherung von Strukturen
4 Phasen [Individualisierungsthese] Marx-Weber Kritik
Dominik Feldmann • Lena Frank • Katharina Gesell • Robert Reiche
Universität Augsburg 10.12.2007
Seminar: Theorien sozialer Ungleichheit
Auseinandersetzung mit Marx und Weber
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Karl Marx
Beck sieht Marx als entscheidenden
Individualisierungstheoretiker
Marx:
• Erster Freisetzungsprozess beim Übergang vom Feudalismus
zum Kapitalismus
• weiterer Freisetzungsprozess im Kapitalismus
4 Phasen Individualisierungsthese [Marx-Weber] Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
• Freisetzung endet in der „Kollektiverfahrung der
Verelendung“
• Massenhafter Freisetzungsprozess führt zur
Solidarisierung
• Entstehung der Klassen, Auffangen der
Individualisierung
Beck:
durch den Wohlfahrtsstaat wird die Verelendung
überwunden
� Ermöglichung des Individualisierungsprozesses
Karl Marx
4 Phasen Individualisierungsthese [Marx-Weber] Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Max Weber
• leugnet Individualisierungstendenzen
� können „ständische Traditionen“ der „sozialen
Klassenlagen“ nicht durchbrechen
• Diese These gilt für Beck bis zu den 50ern Jahren,
aber nicht mehr für die Entwicklung bis heute
�Entstehung eines „vielgesichtigen Möglichkeitsraumes“
4 Phasen Individualisierungsthese [Marx-Weber] Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Max Weber
• kontinuierliche Wegschmelzung „traditionaler
Binnendifferenzierung“ und „sozial-moralischer
Milieus“
• „soziale Klassen werden durch die Entwicklungen
umgestaltet, aufgelöst und verlieren ihre Praktische
Bedeutung für die Menschen“
4 Phasen Individualisierungsthese [Marx-Weber] Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
4 Phasen Individualisierungsthese [Marx-Weber] Kritik
Fazit I
• aktuelle Entwicklungen stehen weder in der Tradition
von Marx noch von Weber
• „Durchschlagskraft des Individualisierungsprozesses
[ist] umgekehrt proportional“ zu Marx/Weber
�Je höher der allgemeine Lebensstandard und
nachhaltiger die Loslösung aus traditionellen
Bindungen desto größer ist die Wirksamkeit der
Individualisierungstendenzen
“
Individualisierung sozialer Ungleichheit
4 Phasen Individualisierungsthese [Marx-Weber] Kritik
Fazit II
• Prozesse der Vereinheitlichung und „Klassenformierung“
nehmen ab
� Realität von Klassen verblasst
�„Voraussetzungen, das Hierarchiemodell sozialer
Ungleichheit lebensweltlich zu
interpretieren“ schwinden
Dominik Feldmann • Lena Frank • Katharina Gesell • Robert Reiche
Universität Augsburg 10.12.2007
Seminar: Theorien sozialer Ungleichheit
Kritik
Individualisierung sozialer Ungleichheit
4 Phasen Individualisierungsthese Marx-Weber [Kritik]
Kritik an Beck
vs.
„Jeder kann Leben selbst gestalten“
Individualisierung sozialer Ungleichheit
4 Phasen Individualisierungsthese Marx-Weber [Kritik]
Kritik
1. Individualisierungstheorie bedeutet
eine Auflösung aller Klassenbegriffe
3 Gegenargumente von Beck:
Individualisierung sozialer Ungleichheit
1. Demonstrative Argumentation
…als Hinweis auf
„nie gekannten Motor der Individualisierung“
Konkurriert mit Prinzipien der
Klassenmäßigen Vergesellschaftung
Frage: Wie wirkt sich der Bedeutungsverlust
von Ungleichheit auf die Klassenstruktur aus?
4 Phasen Individualisierungsthese Marx-Weber [Kritik]
Individualisierung sozialer Ungleichheit
2. Rechtfertigung von Individualisierung
…durch Anspruch auf „ein eigenes Stück Leben“
•Entwicklung eigener Sozialbeziehungen
und Perspektiven
•Erweiterung von individuellen Verfügungs-
und Gestaltungschancen der Privatsphäre
4 Phasen Individualisierungsthese Marx-Weber [Kritik]
3. Abgrenzung von frühbürgerlicher Individualisierung
stattdessen: Arbeitsmarkt-Individualisierung der BRD
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Kritik
2. Individualisierung als Ursache
von Pluralisierung?
Huinik und Wagner: Individualisierung ist keine
Vorraussetzung für Pluralität
Homogenität von Lebensformen
…in stratifikatorisch differenzierten
Gesellschaften überschätzt
…nach Reintegrationsmechanismen unterschätzt
4 Phasen Individualisierungsthese Marx-Weber [Kritik]
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Individualisierung � freie Lebensgestaltung
3. schichtunabhängige Individualisierung?
„Jeder kann Leben selbst gestalten“
unterschiedliche Lebenslagen
� völlig unterschiedliche Gestaltungsoptionen
Kritik
vs.
4 Phasen Individualisierungsthese Marx-Weber [Kritik]
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Geißler
4. Keine Auflösung von Klassenstrukturen
1. Ungleichheitsforschung wird zu Vielfaltsforschung
2. ungleiche Verteilung der Ressourcen werden übersehen
3. Blick für vertikale Ungleichheiten wird getrübt
Kritik
4 Phasen Individualisierungsthese Marx-Weber [Kritik]
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Geißler
Empirische Beweise
1. Schichtspezifische Bildungschancen
2. Schichtspezifische politische Teilnahmechancen
3. Schichtspezifischer Filter bei Strafverfolgung
Kritik
4 Phasen Individualisierungsthese Marx-Weber [Kritik]
Individualisierung sozialer Ungleichheit
Kritik
Weiterhin Begrenzung des
Möglichkeitsspielraums
durch Ungleichheitsverteilung
Individualisierungsthese bietet kein eigenes Modell
für Erfassung der Ungleichheitsstruktur
4 Phasen Individualisierungsthese Marx-Weber [Kritik]
Dominik Feldmann • Lena Frank • Katharina Gesell • Robert Reiche
Universität Augsburg 10.12.2007
Seminar: Theorien sozialer Ungleichheit
Beck:
Individualisierung sozialer Ungleichheit