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Bedarfsgerechte Aktuierung von CVT- Getrieben für Hybridanwendungen Peter Musch a , Ianislav Krastev b , Werner Klement a , Michael Bargende c a Fakultät Fahrzeugtechnik Hochschule Esslingen Kanalstrasse 33 73728 Esslingen b Engineering System Transmission Gasoline Systems Robert Bosch GmbH Schwieberdingen Postfach 300240 70442 Stuttgart c Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen Universität Stuttgart Pfaffenwaldring 12 70569 Stuttgart Email: [email protected] Email: [email protected] Email: [email protected] Email: [email protected] Abstract: Da in heutigen wie auch in zukünftigen Getrieben Start- Stopp Coasting Stand der Technik ist und sich der Schwerpunkt in Zukunft immer mehr in Richtung hybridisierter Antriebsstränge verschiebt, liegen die Herausforderungen der Getriebehersteller darin, eine bedarfsgerechte Aktuierung ihrer Getriebe zu realisieren. Hybridkonzepte erfordern deshalb eine vom Verbrennungsmotor unabhängige, bedarfsgerechte Getriebeölversorgung, was eine besondere Herausforderung für Continuously Variable Transmission (CVT-Getriebe) darstellt. Hierbei müssen die hohen Anforderungen an Funktionalität und Komfort ebenso erfüllt sein wie die Wirtschaftlichkeit, einhergehend mit Effizienz- und Wirkungsgradsteigerungen von CVT-Getrieben. Um den Wirkungsgrad eines konventionellen CVT-Getriebes steigern zu können, müssen zunächst die größten Verbraucher im Bereich der Aktuierung detektiert werden. Dazu gehören im hydraulisch aktuierten CVT-Getriebe sowohl die mechanisch angetriebene Hydraulikpumpe als auch die hydraulische Aktuierung der Kegelradscheibenpaare. Aufgrund

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Bedarfsgerechte Aktuierung von CVT-Getrieben für Hybridanwendungen

Peter Musch a, Ianislav Krastev b, Werner Klement a, Michael

Bargende c

a Fakultät Fahrzeugtechnik

Hochschule Esslingen Kanalstrasse 33 73728 Esslingen

b Engineering System Transmission

Gasoline Systems Robert Bosch GmbH Schwieberdingen

Postfach 300240 70442 Stuttgart

c Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen

Universität Stuttgart Pfaffenwaldring 12

70569 Stuttgart

Email: [email protected] Email: [email protected]

Email: [email protected] Email: [email protected]

Abstract: Da in heutigen wie auch in zukünftigen Getrieben Start-Stopp Coasting Stand der Technik ist und sich der Schwerpunkt in Zukunft immer mehr in Richtung hybridisierter Antriebsstränge verschiebt, liegen die Herausforderungen der Getriebehersteller darin, eine bedarfsgerechte Aktuierung ihrer Getriebe zu realisieren. Hybridkonzepte erfordern deshalb eine vom Verbrennungsmotor unabhängige, bedarfsgerechte Getriebeölversorgung, was eine besondere Herausforderung für Continuously Variable Transmission (CVT-Getriebe) darstellt. Hierbei müssen die hohen Anforderungen an Funktionalität und Komfort ebenso erfüllt sein wie die Wirtschaftlichkeit, einhergehend mit Effizienz- und Wirkungsgradsteigerungen von CVT-Getrieben. Um den Wirkungsgrad eines konventionellen CVT-Getriebes steigern zu können, müssen zunächst die größten Verbraucher im Bereich der Aktuierung detektiert werden. Dazu gehören im hydraulisch aktuierten CVT-Getriebe sowohl die mechanisch angetriebene Hydraulikpumpe als auch die hydraulische Aktuierung der Kegelradscheibenpaare. Aufgrund

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der festen Übersetzung der mechanischen Pumpe mit der Drehzahl des Verbrennungsmotors ist die Wahl der Pumpengröße immer ein Kompromiss zwischen möglichst geringen Aktuierungsverlusten und maximaler Leistungsfähigkeit in bestimmten Betriebspunkten. Hierbei ist die Diskrepanz zwischen bereitgestellter Leistung durch die Hydraulikpumpe und dem theoretischen Leistungsbedarf der Kegelradscheiben besonders groß. Das gilt nicht nur für Beschleunigungs- oder Verzögerungsphasen, sondern auch bei Konstantfahrten im Fahrzyklus. Daher liegt der Fokus der bedarfsgerechten Aktuierung auf einer Reduzierung der Verluste und der Steigerung des Getriebewirkungsgrads. Wie lässt sich nun ein CVT-Getriebe bedarfsgerecht aktuieren und was sind die Herausforderungen bei der Lösung dieser Aufgabe? Die Herausforderung, ein CVT-Getriebe bedarfsgerecht zu aktuieren, liegt in einer permanenten Nachregelung des Übersetzungsverhältnisses im Normalbetrieb, verursacht durch die kontinuierliche Änderung des Fahrzustandes. Gründe für Fahrzustandsänderungen sind beispielsweise Umwelteinflüsse wie Steigungen, Gefälle, aber auch Fahrereingaben wie Verzögerungen oder Beschleunigungen. Die zwei vorgestellten Konzepte versuchen den Zielkonflikt zwischen nahezu permanenter und bedarfsgerechter Aktuierung zu entschärfen und das vorhandene Potential zur Wirkungsgradverbesserung zu nutzen. Mögliche Betriebsstrategien der Konzepte werden vorgestellt und anhand erster Berechnungsergebnisse erfolgt die Potentialabschätzung des jeweiligen Konzepts bzw. der jeweiligen Betriebsstrategie gegenüber dem Referenz CVT.

1 Einführung in das Actuation on Demand (AoD)-Projekt

Das AoD-Projekt wurde ins Leben gerufen, um CVT-Getriebe in Hinblick auf ihren Wirkungsgrad sowohl gegenüber alternativen Getriebekonzepten konkurrenzfähiger zu machen, als auch für die Verwendung in hybridisierten Antriebsträngen auszulegen. Der Wirkungsgrad von CVT-Getrieben ist im Allgemeinen geringer als bei konventionellen Getrieben mit Zahnradradübersetzung. Mit der Kombination aus Verbrennungsmotor und CVT-Getriebe ist allerdings ein niedrigerer Kraftstoffverbrauch zu erreichen als bei einer Kombination des Verbrennungsmotors mit einem klassischen Getriebe. Vor allem im mittleren bis niedrigen Geschwindigkeitsbereich mit Stop-and-go-Anteilen kann das CVT-Getriebe punkten und an der Linie des optimalen Kraftstoffverbrauchs betrieben werden. Mitverantwortlich für den niedrigen Wirkungsgrad ist das hydraulische Aktuierungssystem. Dazu zählen die Hydraulikpumpe, der Variator und der DNR-Satz (Drive, Neutral, Reverse), um nur einige der Komponenten zu nennen. Die teilweise hohen

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und unterschiedlichen Anforderungen hinsichtlich Druck- und Volumenstrombedarf der hydraulischen Komponenten zur Aktuierung des CVT-Getriebes führen zu einer überdimensionierten Hydraulikpumpe. Die Überdimensionierung ist bedingt durch die Auslegung der Hydraulikpumpe, bereits bei Leerlaufdrehzahl den Bedarf an hydraulischer Energie zu decken. Oberhalb der Leerlaufdrehzahl führt eine solche Auslegung zu einem Überangebot an hydraulischer Energie, die ungenutzt bleibt. Der Energieüberschuss in Betriebspunkten abseits der Leerlaufdrehzahl beeinflusst den Wirkungsgrad negativ. [1], [2] Die Verwendung von CVT-Getrieben für Hybridanwendungen bietet durch die Flexibilität bei der Übersetzungswahl Vorteile im Bereich der Lastpunktverschiebung. Das Bild 1.1 zeigt wie die Übersetzungsanpassung des CVT-Getriebes durch Downspeeding den Betriebspunkt entlang der

konstanten Leistungshyperbel 𝑃 = 𝑘𝑜𝑛𝑠𝑡. zu geringem Kraftstoffverbrauch verschiebt. Anhand von (Gl. 1.1) lassen sich die Vorgänge mit den Variablen

für Leistung 𝑃, Drehmoment 𝑀 und der Drehzahl 𝑛 nachvollziehen.

𝑃 = 𝑀 ∙ 2 ∙ 𝜋 ∙ 𝑛 (Gl. 1.1)

Außerdem kann die Betriebspunktverschiebung durch Auflasten mittels der E-Maschine erfolgen. Hierfür wird die E-Maschine als Generator betrieben und belastet den Verbrennungsmotor mit einem zusätzlichen Drehmoment. Aufgrund dessen verschiebt sich der Betriebspunkt bei konstanter Drehzahl

𝑛 = 𝑘𝑜𝑛𝑠𝑡. vertikal zu einer höheren Leistungshyperbel, in Richtung geringeren Kraftstoffverbrauchs. Das CVT-Getriebe zusammen mit der E-Maschine ermöglicht somit eine weitgehend freie Wahl des Motorbetriebspunktes. [8]

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Bild 1.1: Lastpunktanhebung durch CVT und E-Maschine [8]

Betriebsstrategien für Hybridfahrzeuge stellen je nach Hybridkonzept neue Anforderungen an CVT-Getriebe. So müssen die Funktionen des CVT-Getriebes beim Wechsel zwischen elektrischem und verbrennungsmotorischem Fahrbetrieb aber auch unter Start-Stopp-Coasting-Bedingungen jederzeit gewährleistet sein. Um das sicherzustellen, bedarf es neuer Konzepte, die das Getriebe unabhängiger von der mechanischen Hydraulikpumpe und somit auch von den Betriebszuständen des Verbrennungs- oder Elektromotors (Hybridanwendung) machen. Ziel des Projekts ist es, eine bedarfsgerechtere Aktuierung der Kegelradscheiben zu ermöglichen sowie den Überschuss an hydraulischer Energie, bereitgestellt durch die Hydraulikpumpe, zu reduzieren. Zwangsläufig stellt sich hier die Frage: wie kann ein normalerweise permanent aktuiertes CVT-Getriebe bedarfsgerecht aktuiert werden? Nachfolgend werden zwei Konzepte vorgestellt die diesen Zielkonflikt aufgreifen. Dabei werden sowohl die Funktionsweise und Betriebsstrategien, als auch erste Berechnungsergebnisse beider Konzepte vorgestellt. Zusätzlich wird bewertet, wie die neuen Konzepte die Verwendung des CVT-

Downspeeding durch CVT-Getriebe

𝑃 = 𝑀 ∙ 2 ∙ 𝜋 ∙ 𝑛

𝑃 = 𝑘𝑜𝑛𝑠𝑡.

Auflasten durch E-Maschine

𝑃 = 𝑀 ∙ 2 ∙ 𝜋 ∙ 𝑛

𝑛 = 𝑘𝑜𝑛𝑠𝑡.

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Getriebes für Hybridfahrzeuge ermöglichen. Als Referenzgetriebe wird das CVT8LT (Low Torque Variante) von Jatco verwendet. 2 Größte Verlustquellen im CVT-Getriebe

Nachfolgend werden die Hauptkomponenten eines stufenlosen Getriebes kurz vorgestellt und die größten Verlustquellen identifiziert. Dabei liegt der Fokus auf den für die hydraulische Aktuierung verantwortlichen Komponenten.

2.1 CVT-Getriebekomponenten Zunächst gibt Bild 2.1 beispielhaft einen Überblick der Baugruppen eines stufenlosen Getriebes. Als Anfahrelement ist ein Drehmomentwandler zu erkennen. Wahlweise kann an Stelle des Drehmomentwandlers auch eine Trocken- oder Nasskupplung verbaut werden. Bei Hybridfahrzeugen sitzt an Stelle des Drehmomentwandlers die E-Maschine. Als nächste Komponente auf der Eingangswelle folgt das Herzstück eines jeden Getriebes, die Hydraulikpumpe. Sie versorgt die elektrohydraulische Steuereinheit mit ihren Ventilen und Aktuatoren mit hydraulischer Energie. Zu letzteren zählen beispielsweise die Kupplungen und Bremsen des Planetengetriebes (DNR) ebenso wie der Primär- und Sekundärkegelradscheibensatz zur Aktuierung des Triebmittels. Gängige Triebmittel für CVT-Getriebe sind das Schubgliederband oder die Laschenkette. Kegelradscheibenpaare und Triebmittel zusammen, werden als Variator bezeichnet. Der Variator wandelt Drehmoment und Drehzahl von Primär- zu Sekundärscheibensatz, indem er das Triebmittel auf unterschiedliche Radien hebt. Den Zusammenhang der Übersetzung 𝑖 zwischen Primärradius 𝑟𝑝 und Sekundärradius 𝑟𝑠 bzw.

Antriebsdrehzahl 𝑛𝑎𝑛 und Abtriebsdrehzahl 𝑛𝑎𝑏 oder Antriebsdrehmomenten 𝑇𝑎𝑛 und Abtriebsdrehmoment 𝑇𝑎𝑏 gibt (Gl. 2.1) wieder.

𝑖 =

𝑟𝑠

𝑟𝑝=

𝑛𝑎𝑛

𝑛𝑎𝑏=

𝑇𝑎𝑏

𝑇𝑎𝑛 (Gl. 2.1)

Des Weiteren versorgt die Hydraulikpumpe Nebenaggregate zur Kühlung und Schmierung sowie den Drehmomentwandler mit der notwendigen hydraulischen Energie. Vervollständigt wird das CVT-Getriebe mit der Baugruppe Endabtrieb, die sich aus Endübersetzung und Differential zusammensetzt. Zur Verwendung des CVT-Getriebes in Hybridfahrzeugen ist eine elektrische Ölpumpe (ELOP) erforderlich, da es Betriebszustände gibt, in denen die mechanische Pumpe die Versorgung nicht übernehmen kann. [2], [3]

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Bild 2.1: Komponenten eines CVT-Getriebes [5], [11]

2.2 Triebstrangverluste des CVT-Getriebes über den NEFZ Fahrzyklus

Im Allgemeinen verursacht der Verbrennungsmotor mit 66,3% die größten Verluste im Antriebsstrang, wie in Bild 2.2 über den neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) zu erkennen ist. Rund die Hälfte der 66,3% dissipiert je als Wärme in den Abgasstrang und den Kühlkreislauf. Die Leerlaufverluste belaufen sich auf rund 10% und etwa 8% der eingesetzten Energie dissipieren im CVT-Getriebe. Die restlichen 16% können zur Fortbewegung genutzt werden. [6],[7]

Pumpe

Endübersetzung

und Differential

Elektrohydraulisches

Modul (Hydraulikventile,

Sensoren, Aktoren)

Planetengetriebe

(DNR)

Schubgliederband

Primärscheibensatz

Sekundärscheibensatz

Variator

Drehmomentwandler

oder

E-Motor

ELOP

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Bild 2.2: Antriebsstrangverluste über den NEFZ-Fahrzyklus [6]

2.3 Komponentenverluste im CVT-Getriebe Die 8 % Getriebeverluste aus Bild 2.2 schlüsseln sich für die Baugruppen eines CVT-Getriebes folgendermaßen auf: Wie Bild 2.3 veranschaulicht, zählen zu den größten Verlustquellen im Stufenlosgetriebe die Hydraulikpumpe 42 % und der Variator 29 %. Mit etwas Abstand folgen Endabtrieb 15 %, Drehmomentwandler 8 % und DNR-Einheit 6 %. Die genannten Werte sind als Anschauungsbeispiel zu verstehen und können je nach verwendetem Getriebe variieren.

Zum Rad15,9 % Treibstoff 100 %

Getriebe 8 % Verbrennungsmotor

66,3 % Leerlauf 9,8 %

NEFZ

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Bild 2.3: Aufteilung der Verluste eines CVT-Getriebe über den NEFZ [1]

Hydraulikpumpe und Variator sorgen zusammen für die nötige Klemmkraft (Bild 2.3), die sich für ein Eingangsdrehmoment 𝑇𝑝 , den Winkel der

Kegelradscheiben 𝜆 , den Sicherheitsfaktor 𝑆𝑓 , den Laufradius 𝑟𝑝 des

Schubgliederbands und den Reibungsfaktor 𝜇 hier für den Primärscheibensatz in (Gl. 2.2) berechnen.

𝐹𝑘,𝑝𝑟𝑖𝑚 =

𝑇𝑝 ∙ cos(𝜆) ∙ 𝑆𝑓

2 ∙ 𝑟𝑝 ∙ 𝜇 (Gl. 2.2)

Für die Entstehung der Verluste sind mechanische und hydraulische Mechanismen verantwortlich. Die neuen Konzepte in Kapitel 3 zielen hauptsächlich auf eine Verringerung der hydraulischen Verluste ab. Aufgrund dessen folgt eine genauere Betrachtung von Hydraulikpumpe und Variator, mit dem Schwerpunkt auf den hydraulischen Verlusten. [1]

2.3.1 Hydraulikpumpe Die Hydraulikpumpe ist an die Motordrehzahl gekoppelt und sitzt entweder direkt auf der Getriebeeingangswelle (Bild 2.1) oder ist mittels eines Kettenantriebs damit verbunden. Üblicherweise werden mechanisch angetriebene Pumpen mit konstantem Verdrängungsvolumen verbaut. Somit

ist bei festgelegtem Verdrängungsvolumen 𝑉𝑡ℎ und der Annahme eines konstanten volumetrischen Wirkungsgrads 𝜂𝑣𝑜𝑙 der geförderte Pumpenvolumenstrom 𝑄𝑝𝑢𝑚𝑝𝑒 allein von der Pumpendrehzahl 𝑛𝑝𝑢𝑚𝑝𝑒

abhängig. Die Pumpendrehzahl ist wiederum durch die Kopplung mit dem

Klemmkraft

Pumpe/Aktuierung (42 %)

Variator (29 %)

Drehmomentwandler (8 %)

DNR-Einheit (6 %)

Endabtrieb (15 %)

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Verbrennungsmotor von der Drehzahl des Verbrennungsmotors abhängig. Die Auslegung der Pumpe erfolgt für den kritischen Betriebsfall. Das bedeutet es wird bereits bei niedriger Pumpendrehzahl 𝑛𝑝𝑢𝑚𝑝𝑒 ein hoher

Pumpenvolumenstrom 𝑄𝑝𝑢𝑚𝑝𝑒 gefordert. Ein guter volumetrischer

Wirkungsgrad 𝜂𝑣𝑜𝑙 hilft die Pumpengröße klein zu halten. Der Zusammenhang wird in (Gl. 2.3) verdeutlicht.

𝑉𝑡ℎ = (

𝑄𝑝𝑢𝑚𝑝𝑒

𝑛𝑝𝑢𝑚𝑝𝑒 ∙ 𝜂𝑣𝑜𝑙)

𝑘𝑟𝑖𝑡𝑖𝑠𝑐ℎ

(Gl. 2.3)

Für die Drehmomentverluste der Hydraulikpumpe gelten die folgenden Zusammenhänge aus (Gl. 2.4): Die Drehmomentverluste 𝑇𝑝𝑢𝑚𝑝𝑒 sind

abhängig von der Druckdifferenz Δ𝑝𝑝𝑢𝑚𝑝𝑒 , dem Verdrängungsvolumen 𝑉𝑡ℎ

und dem hydromechanischen Wirkungsgrad 𝜂ℎ𝑚.

𝑇𝑝𝑢𝑚𝑝𝑒 =

Δ𝑝𝑝𝑢𝑚𝑝𝑒 ∙ 𝑉𝑡ℎ

2 ∙ 𝜋 ∙ 𝜂ℎ𝑚 (Gl. 2.4)

Durch die Auslegung der Hydraulikpumpe, bereits bei Leerlaufdrehzahl die kritischen Betriebssituationen zu erfüllen, kommt es zu einer entsprechend großen Dimensionierung. Verantwortlich dafür sind unter anderem die großen Verstellwege und -geschwindigkeiten der Kegelradscheiben sowie die Aktuierung der Kupplung der DNR-Einheit, die in den kritischen Betriebssituationen hohe Anforderungen bzgl. Volumenstrom und Druck an die Hydraulikpumpe stellen. Kritische Betriebssituationen (Ausführlich siehe Kap. 3.2.2):

Notbremsung bis zum Stillstand

Kick-down

Kupplungsaktuierung bei Start/Stopp

Change-of-Mind

Imitation Stufengetriebe (Stufenmodus) Im Normalbetrieb dagegen führt eine solche Auslegung zu erhöhten Verlusten, da bei höheren Motordrehzahlen mehr hydraulische Energie durch die Hydraulikpumpe zur Verfügung steht als zur Aktuierung benötigt wird (siehe Bild 2.4). Hierbei wird der mit Druck beaufschlagte Volumenstrom ungenutzt zurück in den Ölsumpf geleitet.

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Bild 2.4: Verluste einer konventionellen Hydraulikpumpe für CVT Anwendungen mit konstantem Verdrängungsvolumen [1]

Ebenso bringt die Verwendung von nur einer großen Pumpe Nachteile mit sich. So wird der Volumenstrom zunächst auf das höchste Druckniveau gebracht, was dem Variatordruck entspricht. Alle anderen Verbraucher, wie Drehmomentwander, Kupplung, Kühlung und Schmierung, arbeiten hingegen auf einem geringeren Druckniveau. Das bedeutet, die Pumpe liefert nicht nur einen Volumenstromüberschuss, sondern für die meisten Verbraucher auch einen Drucküberschuss. [6] Eine um einen Kubikzentimeter kleinere Pumpe erzielt nach [6] in etwa eine Kraftstoffeinsparung von 0,5 %. Eine aktuelle Berechnung für das CVT8LT ergibt für den NEFZ 0,34 % und für den WLTC 0,32 % Kraftstoffeinsparung. Im Bereich der Pumpe liegt somit viel Potential zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs, das heute teilweise schon durch neue Pumpenkonzepte gewonnen werden kann. Als Beispiel sei hier die schaltbare Pumpe aus [1] genannt. Eine ähnliche Pumpe wird bereits im CVT8LT als Standardpumpe verwendet (siehe Bild 2.5). Bei der Flügelzellenpumpe des CVT8LT handelt es sich um eine volumenstromgeregelte Pumpe. Wird zu viel Volumenstrom gefördert, wird der überschüssige Anteil mittels des Ventils im Hydraulikschaltbild wieder zurück an die Saugseite der Pumpe geleitet. Dadurch kann der Druckunterschied zwischen Saug- und Druckseite reduziert werden. Infolgedessen verkleinert sich die blau schraffierte Fläche in Bild 2.4. [1], [2], [6]

Pumpenvolumenstrom

Ungenutzter Volumenstromüberschuss

Notwendiger Volumenstrom

Vo

lum

en

str

om

[L

/min

]

Motordrehzahl [1/min]

2000 4000 6000

20

40

60

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Bild 2.5: Volumenstromgeregelte Flügelzellenpumpe des CVT8LT und Hydraulikschaltbild [11]

2.3.2 Variator Der Variator ist neben der Hydraulikpumpe der zweitgrößte Verbraucher im Hydraulikkreislauf. Zusammen bilden Hydraulikpumpe, Variator und die elektrohydraulische Steuereinheit das zur kontinuierlichen Verstellung der Kegelradscheiben nötige Aktuierungssystem des CVT-Getriebes. Die Verluste im Variator sind mechanischen und hydraulischen Ursprungs. Einen detaillierten Einblick in die mechanischen Verlustmechanismen des Variators gibt [6]. Nachfolgend liegt der Fokus auf den hydraulischen Verlusten. Aufgrund der Eigenschaft des CVT-Getriebes, die Übersetzung kontinuierlich zu verstellen, erfolgt eine permanente Aktuierung durch die Hydraulikpumpe. Der Variator wird demzufolge auch bei Konstantfahrten oder im Schnellgang auf der Autobahn immer durch die Pumpe mit hydraulischer Hilfsenergie versorgt. Das führt zwangsläufig zu einem höheren Hilfsenergiebedarf als das beispielsweise bei einem automatisierten Handschaltgetriebe (AMT) der Fall ist. Die bedarfsgerechte Aktuierung eins AMT-Getriebes benötigt beispielsweise nur während des jeweiligen Schaltvorganges Energie. Ist der Gang eingelegt, ist keine weitere Hilfsenergie notwendig. Ziel ist es, eine bedarfsgerechtere Aktuierung des Variators zu realisieren. Sinkt der Energiebedarf des Variators, können infolgedessen die Energieverluste der Hydraulikpumpe reduziert werden. Weitere hydraulische Verluste entstehen durch Leckagevolumenströme an den Kegelradscheibenpaaren des Variators. Das Bild 2.6 veranschaulicht die Stellen, an denen Leckage auftritt. Bei der Versorgung des Scheibensatzes mit Hydrauliköl entstehen an den Drehdichtungen des Hoch

Hydraulikschaltbild

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und Niederdruckölkanals Leckagen. Auf dem weiteren Weg des Hydrauliköls in die Kolbenkammer befindet sich die nächste Leckagestelle zwischen der Welle und der axial verschiebbaren Kegelradscheibe. Hier sind Kugellinearführungen zur Übertragung des Drehmoments der beweglichen Kegelradscheibe in der Welle vorhanden. Zuletzt bleibt noch die Leckage an der Dichtung des Hydraulikkolbens zu erwähnen. Hier tritt Fluid aus der Kolbenkammer über die Dichtung in die Kompensationskammer aus. Alle Leckagevolumenströme an den Scheibensätzen sind von Druck und Drehzahl abhängig. Bei höherem Hydraulikdruck und einer höheren Drehzahl des Scheibensatzes erfolgt ein Anstieg der Leckagevolumenströme. Näherungsweise können die Leckagevolumenströme mit der Formel für Ringspalte (Gl. 2.5) berechnet

werden. Der Leckagevolumenstrom 𝑄𝐿 ist abhängig von der Druckdifferenz ∆𝑝, dem mittleren Durchmesser 𝑑𝑚, der Höhe ℎ, der dynamischen Viskosität

𝜂 sowie der Länge 𝐿 des Ringspaltes. [10]

𝑄𝐿 =

Δp ∙ 𝑑𝑚 ∙ 𝜋 ∙ ℎ3

12 ∙ η ∙ L (Gl. 2.5)

Leckagevolumenströme erhöhen den Gesamtvolumenstrombedarf, der von der Hydraulikpumpe bereitgestellt werden muss. Bei einer Reduzierung der Leckageverluste entsteht folglich Potenzial zur Verringerung der Pumpenenergie durch Verkleinerung der Pumpengröße.

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Bild 2.6: Leckagestellen am Sekundärkegelradscheibenpaar [9]

3 Neue Konzepte zur bedarfsgerechten CVT Aktuierung Zwei Konzepte zur Optimierung des Energiebedarfs werden im folgenden Kapitel vorgestellt und auf ihr Potential, ein CVT-Getriebe bedarfsgerecht zu aktuieren, untersucht. Besonders im Fokus steht dabei die Reduzierung der Pumpengröße bzw. Pumpenverluste als größtem Verbraucher im stufenlosen Getriebe mit der Absicht, den Getriebewirkungsgrad zu steigern. Beide Konzepte unterstützen die Realisierung eines CVT-Getriebes für Hybridanwendungen.

3.1 Leckage optimiertes Konzept mit integrierter Haltefunktion Das Leckage optimierte Konzept möchte zwei Effekte erzielen. Zum einen die Realisierung einer Haltefunktion und zum anderen eine Reduktion der Leckagevolumenströme des Variators. Mit der Absicht durch temporäres Abtrennen des Variatorhydraulikstrangs den Aufwand der Pumpe zur verringern und so Energie einzusparen.

Leckage an der Dichtung des Hydraulikkolbens

Leckage zwischen Welle und beweglicher Kegelradscheibe

Leckage an der Drehdichtung des Hochdruck Öl-Kanals

Leckage an der Drehdichtung des Niederdruck Öl-Kanals

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3.1.1 Aufbau und Funktion Die Haltefunktion ermöglicht es, den Druck in der Kolbenkammer einzuschließen und dadurch ein gewünschtes Übersetzungsverhältnis für eine bestimmte Zeit zu halten. Während die Haltefunktion aktiv ist, kann der Pumpenvolumenstrom reduziert oder ganz vom Variatorstrang getrennt werden. Dabei wird der überschüssige Volumenstromanteil mittels eines Bypass wieder zurück an die Saugseite der Pumpe geleitet. Außerdem wird der Druck nach der Pumpe durch ein Regelventil abgesenkt, dadurch reduziert sich der Arbeitsaufwand und somit der Energiebedarf der Pumpe. Was letztendlich zu einer Kraftstoffeinsparung bei aktiver Haltefunktion führt. Der Aufbau des Leckage optimierten Konzepts mit Haltefunktion wird in Bild 3.1 dargelegt. Zur Aktuierung der verschiebbaren Kegelradscheibe gelangt der Aktuierungsdruck (grün) über die Drehdichtungen (lila) in die Welle. Von dort geht es am Rückschlagventil vorbei in die Adapterplatte und schließlich über den Kolben in die Druckkammer der Kegelradscheibe. Ein Drucksensor (gelb) sorgt für die permanente Überwachung des eingeschlossenen Drucks. Sollten sich Änderungen im zu übertragenden Drehmoment durch Straßeneinflüsse ergeben, werden diese direkt durch den Drucksensor erfasst und ggf. die Haltefunktion deaktiviert. Der Druckaufbau erfolgt durch den Aktuierungsdruck (grün). Sobald der gewünschte Druck erreicht ist, schließt das Rückschlagventil. Eine Druckreduzierung wird durch das steuerbare Rückschlagventil mittels einer Erhöhung des Steuerdrucks (blau) erreicht. Unter dynamischen Betriebsbedingungen muss der Steuerdruck das Rückschlagventil permanent geöffnet halten. Hierzu gibt es Überlegungen, je nach Zeitanteil von Haltefunktion oder dynamischen Betriebsbedingungen, die Funktion des Rückschlagventils zu invertieren. Das bedeutet die Funktion des Rückschlagventils im Ruhezustand ohne Aktuierung „immer geschlossen“ würde zu einem im Ruhezustand „immer geöffneten“ Ventil wechseln. Dadurch wäre der Steuerdruck jetzt für das Schließen des Ventils zuständig. Eine Herausforderung des Konzepts ist die Gewährleistung der Dichtheit von Rückschlagventil und Kolben. Eine geringe Dichtheit führt zur Reduzierung der Haltedauer und somit zu einer Reduzierung der Energieeinsparung. Gegenüber dem konventionellen System sind zusätzliche Drehdichtungen für Drucksensor und Steuerdruckkanal notwendig, die zusätzliche Druck- und Drehzahlabhängige Schleppverluste verursachen.

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Bild 3.1: Prinzipieller Aufbau des Leckage optimierten Konzepts mit Haltefunktion

In den folgenden Fahrzuständen kann die Haltefunktion verwendet werden:

Fahrten mit konstanter Geschwindigkeit (High/Low speed cruising)

Segeln (Coasting)

Start-Stopp Konstantfahrten können beispielsweise Autobahnfahrten mit konstanter Geschwindigkeit und geringen Drehmomentänderungen sein. Änderungen im Drehmoment können hierbei von Motor- oder Straßeneinflüssen herrühren. Durch die Haltefunktion ist es möglich, Segeln bei ausgeschaltetem Motor zu verwirklichen, denn die Hydraulikpumpe wird nicht benötigt, um das entsprechende Übersetzungsverhältnis beizubehalten. Ebenso ist die Umsetzung einer schnellen Start-Stopp-Funktion realisierbar. Die Scheibensätze behalten während der Stopp-Phase ihre mit Druck beaufschlagte Füllung. Ein konventioneller Variator hingegen entleert sich in der Stopp-Phase aufgrund der Leckagestellen. Beim darauffolgenden Start muss zunächst der Variator wieder befüllt werden, was zu einem verlangsamten Anfahrvorgang führt.

3.1.2 Verschiedene Strategien Grundsätzlich bestehen drei verschieden Möglichkeiten, das Konzept im Variator umzusetzen. Nachfolgend sind diese Aufgeführt:

Verwendung nur am Primärscheibensatz

Verwendung nur am Sekundärscheibensatz

Verwendung an Primär- und Sekundärscheibensatz gleichzeitig

Rückschlagventil Drucksensor

Kolben

Adapterplatte

Aktuierungsdruck

Steuerdruck

Stationäre Dicht.

Axialdichtung

Drehdichtung Drucksensor

Drehdichtungen Aktuierungsdruck

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Verschiedene Faktoren sind bei der Auswahl der Umsetzung zu berücksichtigen. Zum einen die Kosten und der Nutzen der jeweiligen Variante und zum anderen die noch unbeantwortete Frage, inwieweit das neue Konzept letztendlich leckagefrei umgesetzt werden kann. Denn je geringer die Leckage ist, desto länger kann die Haltefunktion aktiv sein. Hinzu kommt, die Anwendungsdauer der Haltefunktion hängt sowohl von Drehmomentänderungen durch den Verbrennungsmotor bzw. durch die vom Fahrer vorgegebene Gaspedalstellung, als auch von der Straße kommenden Drehmomenteinflüssen ab. Denn schon bei kleinen Drehmomentänderungen durch Umwelteinflüsse möchte das Schubgliederband seine Laufradien ändern. Hierbei spielen unter anderem die Steifigkeit des Hydrauliköls ebenso eine Rolle wie die Steifigkeit der Kegelscheiben selbst. Fahrereingaben können rechtzeitig durch die Pedalstellung erkannt und berücksichtigt werden. Anders sieht es bei Umwelteinflüssen wie beispielsweise Steigungen, Gefällen und Schlaglöchern aus. Hier kann nur mittels des durch den Drucksensor gemessenen Kammerdrucks auf Änderungen reagiert werden. Fällt die Haltedauer aufgrund von Umwelteinflüssen oder zu hohen Leckagen geringer aus als erwartet, ist es ein möglicher Lösungsansatz, nur einen Scheibensatz mit der Haltefunktion zu versehen. Somit kann die Klemmkraft aktiv über den Scheibensatz ohne Haltefunktion geregelt werden. Im Falle einer nur einseitigen Integrierung ist es aufgrund des sekundärseitig höheren Druckniveaus sinnvoll, das System am Sekundärscheibensatz zu verwenden. Ebenso ist die Haltedauer in ihrer Länge durch entsprechende Softwareanpassungen zur Steuerung und Regelung positiv oder negativ zu beeinflussen. Einerseits vorstellbar ist hier etwa ein Eco-Mode-Betrieb der die Fahrereingaben dämpft und beispielsweise eine Gaspedalstellungsänderung von +/-2 % erlaubt, bevor die Haltefunktion deaktiviert wird. Andererseits könnte die Haltefunktion bei der Wahl des Sport-Mode-Betriebs gänzlich deaktiviert bleiben. Eine solche Applikation könnte z. B. über die Sport-/Eco-Taste für den Fahrer zu- oder abschaltbar sein. Um die entsprechende Sicherheit gegen ein Durchrutschen des Schubgliederbands zu gewährleisten, ist wie im Referenzgetriebe CVT8LT die benötigte Klemmkraft mit einem Sicherheitsfaktor von 1,3 beaufschlagt. Ein Rutschen des Schubgliederbands muss in jedem Fall vermieden werden. Andernfalls sind irreversible Schäden an Kegelradscheiben und Schubgliederband die Folge. Auch für Drehmomentänderungen, die von der Straße herrühren, ist es denkbar, einen Bereich festzulegen, in dem sich der Sicherheitsfaktor bewegen darf, bevor die Haltefunktion deaktiviert wird. Die dargelegten Überlegungen und Strategien müssen jedoch noch durch detailliertere Simulationen und weiterführende Prüfstandstests untersucht werden. Erste Berechnungsergebnisse finden sich in Kap. 4.1.

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3.1.3 Konstruktionsentwurf Der Konstruktionsentwurf basiert auf dem von Bosch vermessenen CVT8LT. Anhand von Bild 3.2 werden die Komponenten des Basisgetriebes und deren Funktion erklärt. In der Welle mit dem Festrad des Sekundärscheibensatzes befinden sich je ein Hoch- und ein Niederöldruckkanal. Der Hochdruckölkanal (magenta) dient zur Aktuierung der Wegscheibe und bringt die geforderte Klemmkraft auf oder verstellt das Übersetzungsverhältnis. Der Niederdruckölkanal (grün) zusammen mit dem Kompensationsschild erlaubt die Kompensation der durch Fliehkrafteinflüsse herrührenden Druckerhöhung im Hydrauliköl. Fliehkrafteinflüsse entstehen durch die rotierende Welle. Eine Kompensierung der Fliehkrafteinflüsse findet nur bei niedrigem Druck zur Reduktion der Klemmkraft statt. Das Kompensationsschild wird nur am Sekundärscheibensatz verwendet, da hier der Fliehkrafteinfluss infolge höherer Drehzahlen größer ist. Die höchsten Drehzahlen liegen am Primärscheibensatz bei ca. 9000 U/min und am Sekundärscheibensatz bei 11000 U/min. Infolge der Drehmomentüberhöhung durch den Drehmomentwandler beim Anfahren beträgt der maximale Aktuierungsdruck im Hochdruckölkanal 65 bar. Im Niederdruckölkanal liegt der höchste Druck bei moderaten 8 bar. Der maximale Hub der Wegscheibe beträgt etwa 20 mm. Eine Folge aus großem Hub gepaart mit großer Kolbenfläche sind hohe Volumenströme, die bei dynamischer Verstellung über 30 L/min erreichen können. Die Wegscheibe ist über Kugellinearführungen axial geführt und überträgt gleichzeitig durch selbige ihr Drehmoment. Im Kolbenraum befindet sich eine Feder, die zu jeder Zeit für eine Vorspannung des Schubgliederbands zwischen Primär- und Sekundärscheibensatz sorgt. Somit ist auch bei ausgeschaltetem Verbrennungsmotor, mit inaktiver Hydraulikversorgung, eine Vorspannkraft von etwa 860 N gegeben. Die Vorspannung ist notwendig, damit das Schubgliederband in seiner Funktionsfähigen Form bestehen bleibt und sich keine einzelner Elemente herauslösen. Zugleich wird eine falsche Lage beim Motorstart verhindert. Des Weiteren unterstützt die Federkraft zu einem Teil bei der Rückstellung in die Anfahrübersetzung und hilft somit bei der Realisierung einer „Limp-Home-Funktion“. Der Kolben (lila) ist zum einen durch eine Presspassung und zum anderen mittels einer Schraubenmutter und dem Kugellagerinnenring mit der Welle verbunden und führt keine Axialbewegung aus. Mutter und Kugellagerring sind nicht abgebildet. Allein die Wegscheibe, mit Kolbenraum und Kompensationsschild, kann sich axial um den Kolben bewegen. Beide Druckkammern sind durch eine Dichtung voneinander getrennt.

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Bild 3.2: CVT8LT Schnitt durch original Konstruktion Sekundärscheibensatz [9]

Bei der Erstellung des neuen Designs waren die nachfolgenden Randbedingungen zu berücksichtigen. Fast alle Randbedingen beziehen sich auf das Basisgetriebe CVT8LT:

Ölleitungsquerschnitt müssen erhalten bleiben

Wegscheibenhub ist identisch

Kolbendurchmesser sind zu übernehmen

Kegelradscheiben bleiben zur Gewährleistung der Festigkeit unverändert

Überwachung des Drucks im Kolbenraum mittels Drucksensor

Verwendung eines hydraulisch schaltbaren Rückschlagventils, zur Umsetzung der Haltefunktion

Leckageoptimierung am Scheibensatz für eine wirkungsvolle Haltefunktion

Das Ergebnis der Neukonstruktion ist in Bild 3.3 zu sehen. Die Einbindung des Drucksensors über die Hülse, die Hoch- und Niederdruckölkanal voneinander trennt, ermöglicht die Unterbringung des Drucksensors

Hochdruckkanal zur Aktuierung

Niederdruckkanal zur Fliehkraft-kompensation

Feder

Kompensationsschild und

Fliehölkompensationskammer

Kolben

Festrad mit Welle

Kugellinearführ-

ungen der

Wegscheibe

Wegscheibe

Dichtung

Verschiebung

Lagerung

Lagerung

Kolbenraum

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außerhalb der Welle. Dadurch ist keine elektrische Verbindung zwischen stehendem Gehäuse und rotierender Welle nötig. Trotzdem kann der Druck bei geschlossenem Rückschlagventil im Inneren des Systems überwacht werden. Nachteil der Lösung mit Hülse ist eine zusätzliche Drehdichtung, die Schleppverluste verursacht und Leckage begünstigt. Denkbar ist auch ein Kabelloser Drucksensor der direkt in der Welle mit einer Lebensdauerbatterie versehen ist oder dessen Batterie mittels Induktion geladen wird. Auf der rechten Seite in Bild 3.3 wurde der Dummy des schaltbaren Rückschlagventils in die Welle integriert. Zur Umsetzung des Leckage optimierten Konzepts sind zusätzliche Dichtungen, statische und rotatorische, zu adaptieren. Der Außendurchmesser am Rückschlagventil beträgt 16 mm. Die hydraulischen Durchmesser des Ventils wurden berücksichtigt, sodass hier keine Engstellen entstehen. Nach ersten Recherchen zum Rückschlagventil wurde ein Leckageverhalten des Ventilsitzes von 0,05 cm³/min definiert. Dem Rückschlagventil wird der Volumenstrom radial mit Aktuierungsdruck und axial mit Steuerdruck beaufschlagt zugeführt. Der zusätzliche Ölkanal für den Steuerdruck wird im Getriebegehäuse vorgesehen und ist mit einer Drehdichtung auszuführen. In der Mitte von Bild 3.3 ist der neue Kolben zusammen mit dem modifizierten Kompensationsschild zu sehen. Eins der wichtigsten Merkmale ist die Verlegung des Ölzufuhrkanals in den Kolben selbst. Dadurch wird die Verwendung einer statischen Dichtung zwischen Welle und Kolben möglich. Die statische Dichtung in Verbindung mit einer Axialdichtung an Außen- und Innendurchmesser des Kolbens sowie einem dichten Rückschlagventil gestatten die Realisierung einer möglichst leckagefreien Druckkammer. Ein leckagefreies System wirkt sich positiv auf die Haltefunktionsdauer und Pumpenenergie aus und ist somit im Idealfall das Ziel, das es zu erreichen gilt. Beim Originalsystem erfolgt die Ölzufuhr radial durch Welle und Wegscheibe, was aufgrund der Kugellinearführungen in dem Bereich zu Leckage führt (vgl. Kap. 2.3.2 Bild 2.6). Die Integration einer leckagefreien Dichtung ist somit im Bereich der Kugellinearführungen nicht möglich. Wegen des neuen Designs fehlt die Schmierung zwischen Welle und Wegscheibe, jedoch wird das Schubgliederband per Ölstrahl gekühlt und geschmiert, sodass trotzdem eine ausreichende Schmierung und Kühlung erwartet wird. Anhand von Prüfstandsversuchen soll die aufgezeigte Problematik untersucht werden. Durch die neue Axialdichtung am Innendurchmesser, zwischen Kolben und Wegscheibe, reduziert sich die projizierte Druckfläche gegenüber dem Basissystem. Ein Ausgleich kann entweder über eine Druckanhebung von 10 bar oder die Vergrößerung des Kolbenradius um 4,5 mm erfolgen. Der Energieeffizientere Weg ist noch zu bestimmen, allerdings führt eine Druckanhebung zu höherer Pumpenarbeit und größeren Leckagen. Ein vergrößerter Radius erhöht hingegen das Trägheitsmoment des Kolbens. Der vorhandene Bauraum der

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Vorspannfeder fällt beim neuen Entwurf geringer aus. Hier muss auf eine alternative Feder mit angepasster Federkennlinie zurückgegriffen werden.

Bild 3.3: Entwurf des Leckage optimierten Sekundärkegelradscheibenpaar mit integrierter Haltefunktion [9]

Das neue Kolbendesign wird in Bild 3.4 genauer erläutert. Damit das Gewicht des neuen Kolbens und der Adapterplatte nicht zu groß wird und gleichzeitig die Einhaltung der hydraulischen Querschnitte gegeben bleibt, wurde der Kolben mit vier kleinen anstatt nur zwei großen Ölleitungen durchzogen. Als Material für das neue Kolbendesign wird 42CrMo4 verwendet. Eine zweiteilige Ausführung wurde aufgrund der Hinterschneidung am Innendurchmesser des neuen Kolbens zur einfacheren Herstellung des Prototyps gewählt. Die Hinterschneidung am Innendurchmesser des Kolbens dient der Dichtungsaufnahme. Für eine spätere Serienfertigung ist eine einteilige Ausführung denkbar, insofern es die Fertigungsverfahren zulassen. Adapterplatte und Kolben sind durch eine Schraubenverbindung miteinander verbunden. Die Abdichtung der Ölkanäle an der Schnittstelle Kolben/Adapterplatte erfolgt über O-Ring-Dichtungen. An derselben Schnittstelle sorgt die umlaufende Ringnut für die Zentrierung beider Bauteile. Die gelben Kugeln werden KOENIG-EXPANDER® genannt und verschließen die beim Fertigungsprozess der Ölkanäle entstandenen

Steuerdruck

Aktuierungs-druck

Dummy Rückschlagventil

Statische Dichtungen

Hülse Drucksensor

Drucksensor-kanal

Statische Dichtungen

Niederdruckölkanal (Kompensations-kammer) Durchführung

Festrad mit Welle

Wegscheibe

CVT Gehäuse

CVT Gehäuse

Kolbenraum

Dreh-dichtungen

Dreh-dichtungen

Axial-dichtungen

Neues Kolbendesign & Kompensationsschild

Kugelpressung

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Bohrungsöffnung in der Adapterplatte leckagefrei bis zu einem Druck von 450 bar.

Bild 3.4: Entwurf des Leckage optimierten Kolbens mit Adapterplatte am Sekundärscheibensatz [9]

In Tabelle 3.1 erfolgt die Gegenüberstellung von neuem und altem Kolbendesign. Masse, Volumen und Trägheitsmoment des neuen Kolbens steigen moderat an. Bei der Integrierung der Ölkanäle im Kolben wurde viel Wert auf eine Gewichtsoptimierung gelegt. [9], [11].

Tabelle 3.1: Originalkolben im Vergleich mit dem neu Kolbenentwurf [9]

Original Kolben Neuer Kolben Differenz

Masse [kg] 1,065 1,32 + 0,255

Volumen [cm³] 1361 1686 + 325

Trägheitsmoment [kg*m²] 0,002562 0,002782 + 0,00220

Adapterplatte

Ölkanäle KOENIG-EXPANDER®

Kolben

Ringnut

Dicht-stellen

Zentriernut

O-Ringe Hinterschnitt

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3.2 Integriertes Druckspeicherkonzept Durch Integration eines Druckspeichers in das Referenzgetriebe CVT8LT ist die Größe der mechanischen Hydraulikpumpe reduzierbar. Bedarfsspitzen bestehend aus Druck- und Volumenstromanforderungen des CVT-Getriebes werden dann durch den Speicher als zusätzliche Energiequelle abgedeckt. Im Verlauf des Kapitels erfolgt die Erläuterung der verschiedenen Strategien und Hydraulikschemata des Konzepts. Zunächst wird jedoch die Verwendung von Druckspeichern kurz angesprochen. Anschließend folgt die Beschreibung der dynamischen Betriebssituationen des CVT-Getriebes.

3.2.1 Verwendungsmöglichkeiten von Druckspeichern Das Verwendungsgebiet von Druckspeichern ist vielseitig, ein Überblick gibt die Folgenende Aufzählung. Druckspeicher können verwendet werden,

als Energiespeicher zur Unterstützung des Pumpenvolumenstroms

zur Pulsationsdämpfung und Schockabsorbierung

zum Leckageausgleich bzw. Leckölkompensation

als Not- und Sicherheitsfunktion

zur Trennung von Medien Der Druckspeicher wird für das Konzept als Energiespeicher zur Unterstützung der mechanischen Pumpe genutzt und sorgt dafür, dass die Pumpe anstatt auf den maximalen nur für den mittleren Volumenstrombedarf ausgelegt werden muss. In [12] wird die Verwendung abseits von Anwendungen im Automobil beschrieben. [12], [13]

3.2.2 Beschreibung der dynamischen Betriebssituationen Die kritischen bzw. dynamischen Betriebssituationen wurden in Kap. 2.3.1 bereits kurz angesprochen und werden an dieser Stelle noch mal etwas ausführlicher erläutert. Kritische Betriebssituationen:

Notbremsung bis zum Stillstand

Kick-down

Kupplungsaktuierung bei Start/Stopp

Imitation eines Stufengetriebes (Stufenmodus)

Change-of-Mind

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Notbremsung bis zum Stillstand: Die Notbremsung bis zum Stillstand entspricht einer Fahrsituation, bei der sich das Fahrzeug bereits mit einer bestimmten Geschwindigkeit bewegt und sich gleichzeitig die Getriebeübersetzung schon im höchsten Gang (OD) befindet. Erfolgt nun eine Verzögerung bis zum Stillstand, muss der Variator des CVT-Getriebes seinen vollen Hub in möglichst kurzer Zeit zurücklegen, um das Getriebe in die Anfahrübersetzung (LOW) zu bringen (siehe Bild 3.5). Dadurch ist ein erneutes Anfahren zeitnah möglich. Der

Volumenstrombedarf für die Notbremsung 𝑄𝑁𝑜𝑡 berechnet sich nach (Gl. 3.1) aus Kolbenfläche am Sekundärscheibensatz 𝐴𝑆 = 1,23 dm², Kolbenhub ℎ =0,2 dm und der Annahme der Schaltvorgang findet innerhalb 𝑡𝑁𝑜𝑡 = 2 s statt.

Q = V ∙

60

𝑡= 𝐴 ∙ ℎ ∙

60

𝑡 (Gl. 3.1)

Somit beträgt der Volumenstrombedarf 𝑄𝑁𝑜𝑡 = 7,38 l/min. Bei einer Verstellung allein durch den Druckspeicher beträgt die theoretische

Volumenentnahme 𝑉𝑁𝑜𝑡 = 0,246 l. Kick-down: Für den Kick-down gilt prinzipiell dasselbe wie für die Notbremsung, nur dass hier im Verlauf des Schaltvorgangs die Motordrehzahl steigt und das Fahrzeug nach der Rückschaltung in die Anfahrübersetzung beschleunigt wird. Das Bild 3.5 hilft beim Verständnis. Der Volumenstrom beträgt hier

nach (Gl. 3.1) wegen der geringeren Zeit 𝑡𝐾𝐷 = 1 s für den Schaltvorgang 𝑄𝐾𝐷 = 14,76 l/min allerdings kann die mechanische Pumpe aufgrund der höheren Drehzahl mehr Volumenstrom bereitstellen als bei der Notbremsung. Wird der Schaltvorgang jedoch aus dem Speicher bedient, ist

das Speicherentnahmevolumen mit 𝑉𝐾𝐷 = 0,246 l, gleich der Notbremsung. Der Kick-down aus dem Stillstand ist dagegen unkritisch, da hier zwar ein hoher Druck – wegen der Drehmomentüberhöhung des Drehmomentwandlers – benötigt wird aber kein großer Volumenstrom. Das liegt daran, dass die Kegelradscheiben bereits in der Anfahrübersetzung stehen. Kupplungsaktuierung bei Start/Stopp: Unter Kupplungsaktuierung wird das Betätigen der Kupplungen und Bremsen des Planetenradwendesatzes, auch DNR-Einheit genannt, verstanden. Die Kupplungen und Bremsen werden zum Schalten zwischen Vorwärts- und Rückwärtsgang sowie der Neutralstellung verwendet. Im Start-/Stopp-Betrieb wird in der Stopp-Phase auf neutral geschaltet, damit der Verbrennungsmotor in der darauffolgenden Start-Phase wieder gestartet werden kann. Nach dem Motorstart wird der Vorwärtsgang eingelegt. Dazu muss die Kupplung in kurzer Zeit mit Hydrauliköl gefüllt und mit Druck

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beaufschlagt werden. Mit (Gl. 3.1) der Kupplungsfläche 𝐴𝐾𝑢𝑏 = 0,97 dm², einem Kupplungshub ℎ𝐾𝑢𝑏 = 0.055 dm und der Aktuierungszeit 𝑡𝐾𝑢𝑏 = 0,1 s

ergibt sich ein Kupplungsvolumenstrombedarf 𝑄𝐾𝑢𝑏 = 32,01 l/min. Das

Speicherentnahmevolumen beträgt hier nur 𝑉𝐾𝐷 = 0,05335 l und ist somit aus Sicht des Speichers gering. Imitation eines Stufengetriebes: Als Stufenmodus wird die Imitierung eines konventionellen Zahnradgetriebes mit einer bestimmten Anzahl an Gängen verstanden. Das CVT-Getriebe hält beispielsweise während einer Beschleunigungsphase für eine bestimmte Zeit ein festes Übersetzungsverhältnis konstant. Wird die Schaltung in das nächste Übersetzungsverhältnis getätigt, erfolgt das durch eine kurze und schnelle Hubänderung der Variatorscheiben. Infolge des geringen Hubs bei bis zu sieben möglichen Gängen ist der Volumenstrombedarf bzw. die Speichervolumenentnahme als unkritisch zu betrachten.

Bild 3.5: Dynamische Betriebssituationen [4] (links) und charakteristische Variatorstellungen (rechts) [11]

Change-of-Mind: Der Change-of-Mind (CoM) bedeutet für das Übersetzungsverhältnis eine Verstellung aus dem OD nach LOW, direkt gefolgt von einer Rückverstellung von LOW nach OD (siehe Bild 3.6). Aus Fahrersicht entspricht das einem abgebrochenen Überholmanöver, bei dem zunächst ein Kick-down erfolgt, der aber nach Änderung des Übersetzungsverhältnisses in LOW abgebrochen wird. Mit Rücknahme des Gaspedals erfolgt die Verstellung zurück in das OD-Übersetzungsverhältnis.

Der Volumenstrom für den Kick-down beträgt 𝑄𝐾𝐷 = 14,76 l/min und für die Rückstellung 𝑄𝑅ü = 21,96 l/min für die Annahme der Schaltzeit 𝑡𝐾𝐷 = 𝑡𝑅ü =1 s je Schaltung. Zur Berechnung des Rückstellungsvolumenstroms mit (Gl. 3.1) wird die Kolbenfläche für den Primärscheibensatz 𝐴𝑃 = 1,83 dm² benötigt und derselbe Hub von ℎ = 0,2 dm verwendet. Um den CoM ohne

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zwischenzeitliches Aufladen mittels des Druckspeichers zu erfüllen, muss

der Speicher ein Volumen von 𝑉𝐶𝑜𝑀 = 0,612 l bereithalten.

Bild 3.6: Änderung des Übersetzungsverhältnisses beim Change-of-Mind Schaltvorgang

Aus der Analyse der verschiedenen dynamischen Betriebssituationen geht damit der CoM als kritischste Betriebssituation für das Speicherkonzept hervor. Allerdings handelt es sich um eine sehr theoretische Betrachtung bei der z. B. Leckagevolumenströme und eine mögliche Unterstützung des Speichers durch die mechanische oder elektrische Pumpe unterschlagen wurden. Genauere Analysen auf Basis von Messdaten sind noch zu generieren. Dennoch erfolgen die ersten Berechnungen auf Basis eines modellierten CoM-Events in Kap. 4.2.

3.2.3 Aufbau und Funktion Strategie 1 und 1.1 Für die Strategien 1 und 1.1 sieht das vorläufige Hydraulikschema wie in Bild 3.7 aus. Als zusätzliche Komponenten werden ein Hydraulikdruckspeicher, ein Steuerschieber, ein On/Off Ventil, ein Rückschlagventil und eine elektrische Ölpumpe (ELOP) verbaut. Der Druckspeicher dient der Speicherung von hydraulischer Energie. On/Off- und Rückschlagventil zusammen ermöglichen eine leckagefreie Speicherung, auch bei ausgeschaltem Verbrennungsmotor. Mit dem Steuerschieber kann eine definierte Abgabe von hydraulischer Energie aus dem Druckspeicher erfolgen. Die ELOP ist für das Laden des Druckspeichers verantwortlich.

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Bild 3.7: Prinzipieller Aufbau des integrierten Druckspeicherkonzepts für Strategie 1 und Strategie 1.1 [9]

Strategie 1: Druckspeicher Stand-by für Bedarfsspitzen aus dynamischen Betriebssituationen Der Druckspeicher wird nach dem Start des Verbrennungsmotors durch die ELOP geladen. Ist der Druckspeicher bereits von einer vergangenen Fahrt vollgeladen, entfällt das Aufladen. Der Bedarf an hydraulischer Energie wird über die Fahrzyklen NEFZ und WLTP komplett von der verkleinerten mechanischen Pumpe gedeckt. Die Größe der mechanischen Pumpe ist an den Bedarf der Fahrzyklen angepasst. Der vollgeladene Druckspeicher ist auf Stand-by für den Fall, dass eine Bedarfsspitze auftritt, die ELOP ist

inaktiv. Tritt wie in Bild 3.8 (grüne Kurve) zum Zeitpunkt 𝑡𝑘𝑟𝑖𝑡. eine Bedarfsspitze infolge einer dynamischen Betriebssituation (Kick-down, CoM, etc.) auf, wird diese durch die im Druckspeicher vorgehaltene Energie und der durch die mechanischen Pumpe bereitgestellten Energie gedeckt. Nur der zusätzliche Teil, den die mechanische Pumpe nicht liefern kann, kommt aus dem Druckspeicher. Im Anschluss an das Event oder bei Erreichen von

𝑝𝑚𝑖𝑛 lädt die ELOP den Speicher wieder auf. Unter Betriebsbedingungen, in denen die mechanische Pumpe einen großen Überschuss produziert, kann der Speicher auch mittels der mechanischen Pumpe geladen werden.

Rückschlagventil

ELOP

Druckspeicher

Variator

Planetenradwende-satz & Kupplung

Mechanische Pumpe

DESC-Steuerventile

Ölsumpf Druckkontrollventil

On/Off Ventil

Steuerschieber

Zusätzliche Komponenten

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Strategie 1.1: Druckspeicher Stand-by für Bedarfsspitzen aus dyn. Betriebssituationen und Bedarfsspitzen aus dem Grundbedarf über die Fahrzyklen Strategie 1.1 ist eine Variante von Strategie 1 mit dem Unterschied, dass die mechanische Pumpe weiter verkleinert wird. Der Speicher muss nun zusätzlich die Bedarfsspitzen des Grundbedarfs über NEFZ oder WLTP decken. Die schwarze Kurve in Bild 3.8 visualisiert Strategie 1.1. Weiterhin muss der Speicher genügend Reserve für eine dynamische Betriebssituation vorhalten. Um das zu ermöglichen, wird der Speicherdruck von 𝑝𝑚𝑎𝑥,𝑆1 auf

𝑝𝑚𝑎𝑥,𝑆1.1 angehoben.

Bild 3.8: Speicherdruck für Strategie 1 und 1.1

Für beide Strategien 1 und 1.1 ist denkbar, die ELOP bei der Bewältigung der Bedarfsspitzen mit einzubeziehen. Das bedeutet dann, Bedarfsspitzen werden zusammen durch die ELOP, den Speicher und die mechanische Pumpe abgedeckt.

3.2.4 Aufbau und Funktion Strategien 2 Für Strategie 2 wird ein Hydraulikschema mit getrennten Kreisläufen verwendet. In Bild 3.9 ist zu erkennen, die mechanische Pumpe ist für die Versorgung von Kühlung, Schmierung und die Nebenaggregate verantwortlich. Die ELOP zusammen mit dem Speicher hingegen aktuiert die Kegelradscheibensätze.

Druck

Zeit

Strategie 1

Strategie 1.1

pmax, S1.1

Reserve für krit. Betriebs-zustände

krit. Betriebs-zustände

pmin

Bedarfsspitzen des Grundbedarfs

pmax, S1 = pmin, S1.1

tkrit.

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Bild 3.9: Prinzipieller Aufbau des integrierten Druckspeicherkonzepts für Strategie 2 [9]

Die Betriebsstrategie für das Hydraulikschema ist in Bild 3.10 dargestellt. Dabei wird der Speicher, sofern er nicht schon vollgeladen ist, zunächst aufgeladen. Hat der Speicher seinen max. Druck 𝑝𝑚𝑎𝑥, 𝑆2 erreicht, schaltet

die ELOP ab und die Aktuierung der Kegelradscheibensätze erfolgt lediglich aus dem Speicher. Erreicht der Speicherdruck 𝑝𝑚𝑖𝑛 𝑆2, schaltet die ELOP ein, bis wieder der max. Druck 𝑝𝑚𝑎𝑥, 𝑆2 erreicht ist. Für kritische

Betriebszustände ist wie in Strategie 1 eine Reserve vorzuhalten. Tritt ein kritischer Betriebszustand ein, darf der Speicherdruck auf 𝑝𝑚𝑖𝑛, 𝑘𝑟𝑖𝑡. fallen.

Wie bei Strategie 1 ist ebenfalls denkbar, dass ELOP und Speicher zusammen kritische Betriebszustände bewältigen. Die mechanische Pumpe ist in Verdrängungsvolumen und Druckbereich auf ihre Aufgaben zur Kühlung, Schmierung und dem Betrieb der Nebenaggregate optimiert.

Rückschlagventil

ELOP

Druckspeicher

Variator

Mechanische Pumpe

Ölsumpf

On/Off Ventil

Steuerschieber

Zusätzliche Komponenten

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Bild 3.10: Speicherdruck für Strategie 2

4 Berechnung

Zur Berechnung des Potentials beider Konzepte wurde zunächst der Bedarf an Volumenstrom und Druck der einzelnen Hydraulikkomponenten des CVT8LT Getriebes ermittelt. Dazu wurde ein Matlab-Modell nach dem Hydraulikplan des CVT8LT aufgebaut. Aus Messdaten, die mittels Sensoren an verschiedenen Stellen des Getriebes generiert wurden, und den bekannten geometrischen Größen der Hydraulikkomponenten konnte dann mit Hilfe des Matlab-Modells über den NEFZ- und WLTP-Fahrzyklus der Bedarf errechnet werden. Der errechnete Referenzbedarf berücksichtigt die regelbare mechanische Hydraulikpumpe mit einer Größe von 12,55 cm3/U sowie Start-/Stopp-Phasen in denen der Bedarf null ist. Die Messdaten wurden auf dem Rollenprüfstand mit dem Fahrzeug Nissan Altima erzeugt.

4.1 Leckage optimiertes Konzept mit integrierter Haltefunktion Die Berechnung des Potentials des Leckage optimierten Konzepts, die Pumpenergie zu reduzieren, erfolgt mit dem eben angesprochenen Matlab-Modell. Über die Fahrzyklen (NEFZ/WLTP) wird die Haltefunktion in allen Variatorzuständen mit einer Übersetzungsänderung di/dt ≈ 0 angewendet. Das heißt bei sehr kleinem di/dt = 0,0001 wird das Übersetzungsverhältnis einen Zeitschritt vor dem aktuellen Übersetzungsverhältnis ausgewählt und die Haltefunktion aktiviert. Ändert sich der Gradient des Übersetzungsverhältnisses hin zu größeren Werten (di/dt > 0,0001), wird die Haltefunktion wieder deaktiviert.

Druck

Zeit

pmax, S2

Reserve für krit. Betriebs-zustände

krit. Betriebs-zustand

pmin, krit

Grundbedarf NEFZ / WLTP

pmin, S2

tkrit.

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Dabei entsteht das Einsparungspotential durch Druckabsenken bei aktiver Haltefunktion. Der Systemdruck ist der höchste Druck im Getriebe und kann durch ein Regelventil eingestellt werden. Mittels des Regelventils ist der Druck absenkbar. Die Anwendung des Konzepts auf Primär- und Sekundärscheibensatz erlaubt das Druckabsenken auf das niedrige Druckniveau des Drehmomentwandlers. Wird das Konzept nur am Sekundärscheibensatz eingesetzt, kann lediglich auf das Druckniveau des weiter aktiven Primärscheibensatzes abgesenkt werden, der je nach Fahrzustand höher liegen kann als der Druck des Drehmomentwandlers. Die Ergebnisse in Bild 4.1 zeigen den Unterschied zwischen der Anwendung des Konzepts nur am Sekundärscheibensatz oder an beiden Scheibensätzen. Des Weiteren zeigt Bild 4.1 für den WLTP, aufgrund seiner größeren dynamischen Fahranforderung, ein geringeres Potential zur Einsparung von hydraulischer Pumpenenergie. Im NEFZ dagegen liegen mehr Abschnitte mit konstanten Fahrbedingungen vor, was das Energieeinsparpotential erhöht. Daher zeichnen sich für den NEFZ die besseren Resultate ab. Mit dem Konzept an beiden Scheibensätzen ist eine Einsparung an Pumpenenergie über den NEFZ von 28 % und über den WLTP von 21 % zu erreichen. Übertragen auf den Kraftstoffverbrauch des Antriebsstrangs bedeutet das in etwa eine Kraftstoffeinsparung von 1 % über den NEFZ und von 0,64 % über den WLTP.

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Bild 4.1: Berechnungsergebnisse Leckage optimiertes Konzept mit integrierter Haltefunktion

4.2 Integriertes Druckspeicherkonzept Zur Berechnung des integrierten Druckspeichkonzepts wurde ein zusätzliches Modell in AMESim aufgebaut. Mit Hilfe des AMESim-Modells und dem modellierten Bedarf des CoM, der als kritischste Betriebssituation bestimmt wurde, wurde das Druckspeicherkonzept für die einzelnen Strategien ausgelegt. Der modellierte Bedarf des CoM wurde aus Daten für einen Kick-down bei 40 km/h erzeugt. Anschließend erfolgte die Berechnung für das Energieeinsparpotential im AMESim-Modell über die Fahrzyklen (NEFZ/WLTP). Hierfür wurde der errechnete Bedarf des CVT8LT aus dem Matlab-Modell verwendet. Nicht berücksichtigt wurden in der Berechnung die Leckage der zusätzlichen Ventile, On-/Off-Ventil und Steuerschieber (siehe Bild 3.7 und Bild 3.9). Die Vernachlässigung hat einen Einfluss auf Strategie 1.1 und 2. Da hier die zusätzlichen Ventile über den Fahrzyklus aktiv sind, tritt normalerweise Leckage auf. Bei Strategie 1 wird nur zu Anfang der Speicher geladen, danach ist das System auf Stand-by und somit leckagefrei. Demnach öffnen die Ventile für Strategie 1 kein einziges

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Mal, da dynamische Betriebssituationen wie der CoM, über die Fahrzyklen nicht auftreten. In Bild 4.2 sind die Resultate der Berechnung dargestellt, die sich auf das Referenzgetriebe beziehen. Für Strategie 1 lässt sich die mechanische Hydraulikpumpe von 12,55 cm³/U auf 10,55 cm³/U verkleinern und damit die Pumpenenergie für beide Fahrzyklen um 12 % reduzieren. Die ELOP fällt mit 0,5 cm³/U Verdrängungsvolumen und einer Leistung von 380 W klein aus. Eine Optimierung der Speichergröße auf 0,3 l und der ELOP-Größe auf 0,31cm³/U ist für Strategie 1 möglich, allerdings nur im Hinblick auf Reduzierung von Kosten, Gewicht oder Bauraum sinnvoll. Denn die Speichergröße spielt für Strategie 1, infolge der Inaktivität des Systems über die Fahrzyklen, eine untergeordnet Rolle. Der Unterschied zwischen einem 0,3 l oder 0,5 l großem Speicher mit einer 0,31 cm³/U ELOP (240 W) beträgt gerade mal 0,3 kJ. Alle Kennzahlen zu den verschiedenen Strategien sind in Tabelle 4.1 zu finden.

Tabelle 4.1: Kennzahlen für Strategie 1, 1.1 und 2:

Strategien: S 1 S1.1 S2

Mech. Pumpengröße [cm³/U] 10,55 9,9 9,7

Speichervolumen [l] 0,5 0,5 0,5

Speicherdruck pmin/pmin, s/pmax, s [bar] 36/46 36/45,5/55 36/45,5/55

ELOP Verdräng. vol. [cm³/U] 0,5 0,5 2,7

ELOP max. Leistung [kW] 0,380 0,430 2,2

ELOP Wirkungsgrad [-] 0,5 0,5 0,5

Das beste Berechnungsergebnis kann mit Strategie 1.1 und einer 9,9 cm³/U kleinen, mechanischen Hydraulikpumpe erzielt werden. Über den NEFZ ergibt sich damit eine Verringerung der Pumpenenergie um 17 % und über den WLTP um 16 %. Eine noch kleinere mechanische Hydraulikpumpe würde zu einer höheren ELOP Betriebszeit führen, die aufgrund des geringen Wirkungsgrads die Energiebilanz wieder verschlechtert. Strategie 2 mit der kleinsten mechanischen Hydraulikpumpe von nur 9,7 cm³/U und separaten Hydraulikkreisläufen weist einen höheren Energiebedarf als das Referenzsystem auf. Das Ergebnis ist der großen ELOP (2,2 kW) sowie einer hohen Betriebszeit mit geringem Wirkungsgrad geschuldet. Für Strategie 2 erfolgte eine weitere Rechnung mit leckagefreien Scheibensätzen, womit der Energiebedarf das Referenzgetriebe beim NEFZ knapp unterboten und beim WLTP knapp überboten wird. Die Rechnung mit leckagefreien Scheibensätzen vermittelt einen ersten Eindruck, was bei Kombination der beiden vorgestellten Konzepte noch zu erwarten ist.

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Im Allgemeinen fallen die Ergebnisse für Strategie 1.1 und 2 für den NEFZ etwas besser aus, da hier weniger dynamische Fahrzustände auftreten als beim WLTP. Folglich hat die ELOP weniger Betriebszeit, was sich wegen des niedrigen Wirkungsgrads positiv auf die Energiebilanz auswirkt.

Bild 4.2: Berechnungsergebnisse integriertes Druckspeicherkonzept

Bei Untersuchungen zur Druckspeichergröße hat sich herausgestellt, dass ein größerer Speicher mit niedrigerem Druck eine bessere Energiebilanz aufweist als ein kleiner Speicher mit einem hohen Druck. Aus Simulationen für das Referenzgetriebe CVT8LT konnte ermittelt werden, dass ein 1 cm³/U geringeres Verdrängungsvolumen der mechanischen Pumpe zu einer Kraftstoffeinsparung über die Fahrzyklen NEFZ von 0,34 % und WLPT von 0,32 % führt.

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5 Zusammenfassung und Ausblick

Der hier vorgestellte Entwurf eines Leckage optimierten Konzepts mit integrierter Haltefunktion stellt eine gute Ausgangsbasis für weitere Untersuchungen dar. Die Änderungen am Sekundärscheibensatz sollten einen Leckage optimierten Betrieb unterstützen, der das Halten von Druck und Volumen innerhalb des durch das Rückschlagventil abgeschlossenen Druckraums ermöglicht. Durch die Absenkung des Drucks, der für Primär- und Sekundärscheibensatz die höchsten Systemdrücke aufweist, ist bei aktiver Haltefunktion die Pumpenenergie reduzierbar. Mit (Gl. 2.4) lässt sich der Vorgang nachvollziehen. Die besten Berechnungsergebnisse zur Pumpenenergiereduzierung ergeben sich bei Verwendung des Leckage optimierten Konzepts für Primär- und Sekundärscheibensatz und betragen für NEFZ 28 % und WLTP 21 %. Weiteres Potential kann das Konzept bereits über eine regelbare Pumpe wie im CVT8LT entfalten. Ist die Haltefunktion aktiv, wird zusätzlich zur Druckabsenkung der Volumenstromüberschuss mittels des Bypass wieder zurück an die Saugseite der Pumpe geleitet und damit die Pumpenenergie ebenfalls verringert. Pumpen mit variablem Verdrängungsvolumen oder vollvariable elektrische Hydraulikpumpen (ELOP) können das Energieeinsparpotential durch Anpassung des Volumenstroms bei aktiver Haltefunktion weiter steigern. Eine Indikation des Energieeinsparungspotentials regelbarer oder vollvariabler elektrischer Pumpen gibt [1]. Eine schnelle Start/Stopp-Funktion sowie die Möglichkeit, Coasting-Betrieb durch die Haltefunktion zu realisieren, zählen zu den Vorteilen des neuen Konzepts, da sich hier während Stopp-Phasen oder des Coasting-Betriebs der Kolbenraum nicht entleert und seine Druckbeaufschlagung behält. Eine hohe Dichtheit des Systems legt daher den Grundstein zur erfolgreichen Umsetzung. Weitere Schlüsselstellen liegen sowohl in der Unterbringung des Drucksensors und der Entwicklung eines passenden schaltbaren Rückschlagventils, als auch in der Verwendung geeigneter Dichtungstechnologien. Durch seine Eigenschaften ist das Konzept hervorragend geeignet, um CVT-Getriebe für Hybridanwendungen nutzbar zu machen. Ein bereits umgesetztes Konzept mit Haltefunktion ist das EMAPCT (Electro Mechanical Power Actuated) Konzept das an der TU Eindhoven entwickelt wurde [14]. Allerdings unterscheidet sich das EMPACT-Konzept gänzlich in der Art und Weise der Variatoraktuierung. Die Aktuierung finde beim EMPACT-Konzept ohne hydraulische Hilfsenergie über je einen Elektromotor an Primär- und Sekundärscheibensatz statt. Da der Bedarf an hydraulischer Energie über die Fahrzyklen NEFZ und WLTP geringer ist als das, was die Hydraulikpumpe aufgrund ihrer Auslegung auf dynamische Betriebssituationen liefert, erlaubt das Konzept des integrierten Druckspeichers für Strategie 1 eine Arbeitsaufteilung. Die mechanische Pumpe deckt weiterhin den Grundbedarf, der Speicher übernimmt bei dynamischen Betriebsbedingen mit kurzfristigen hohen

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Volumenstromanforderungen. Bei Strategie 1.1 übernimmt der Druckspeicher zusätzlich die Bedarfsspitzen des Grundbedarfs. Dadurch ist die mechanische Pumpe, wie in der Literatur bereits bekannt [12], nicht nach dem Spitzenbedarf auszulegen und kann kleiner dimensioniert werden. Das führt zu einer Reduzierung der Pumpenenergie für Strategie 1 von 12 % (NEFZ und WLTP) und für Strategie 1.1 von 17 % (NEFZ) und 16 % (WLTP). Mit Strategie 1.1 kann demnach das beste Ergebnis erreicht werden. Strategie 2 ist angelehnt an der im DQ200 von VW verwendeten Strategie zur Aktuierung des gesamten Getriebes mittels eines Druckspeichers [15]. Im DQ200 zeigt Strategie 2 ein großes Potential zur Reduzierung der Aktuierungsenergie. Jedoch handelt es sich beim DQ200 um ein Doppelkupplungsgetriebe, dessen Energiebedarf zur Aktuierung im Allgemeinen auf einem geringeren Niveau liegt. Daher kann mit Strategie 2 kein Energievorteil erreicht werden. Die Ergebnisse liegen beim NEFZ um 19 % und beim WLTP um 24 % über dem Energiebedarf des Referenzgetriebes. Bei der Betrachtung leckagefreier Kegelscheibensätze liegen die Ergebnisse im Bereich des Referenzgetriebes. Kombinationen des Druckspeicherkonzepts mit verschiedenen schaltbaren, verstellbaren und vollvariablen Pumpen sind möglich und erhöhen das Energieeinsparpotential des Konzepts. Einen Überblick gibt [1], der besonders auf das hohe Potential der Verlustreduzierung durch Elektrifizierung der Pumpe (ELOP) hinweist, die eine Anpassung der zugeführten Pumpenenergie an den Energiebedarf des CVT-Getriebes erlauben. Durch den integrierten Druckspeicher in Verbindung mit der ELOP wird ein CVT-Getriebe hybridfähig. So kann beispielsweise durch den Druckspeicher eine schnelle Start-/Stopp-Funktion realisiert werden, da die hydraulische Energie aus dem Speicher quasi sofort zur Verfügung steht. Je nach Größe der ELOP ist auch Coasting möglich. Die Berechnungsergebnisse der zwei vorgestellten Konzepte zeigen viel Potential, die Pumpenenergie zu reduzieren. Am erfolgversprechendsten sind die Ergebnisse für Strategie 1.1 und mit geringem Abstand Strategie 1. Strategie 2 zeigt dagegen kein Verbesserungspotential und liegt über dem Energiebedarf des Ausgangsystems. Des Weiteren ist eine Kombination beider Konzepte (Druckspeicherkonzept und Leckage optimiertes Konzept mit Haltefunktion) denkbar, um Synergien zu nutzen und das Potential zur Pumpenenergiereduzierung weiter zu steigern. Für Strategie 1 sollten negative Wechselwirkungen einer Kombination gering sein und somit das volle Potential beider Konzepte zum Tragen kommen.

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Für Strategie 1.1 wird erwartet, dass die negativen wechselseitigen Beeinflussungen unter den Konzepten etwas größer ausfallen, da es hier Betriebsbedingungen gibt, in denen beide Konzepte gleichzeitig aktiv sind. Somit ist die maximale Pumpenenergiereduzierung bei Kombination der Konzepte wahrscheinlich nur theoretisch zu erreichen. Allerdings können sich die Konzepte auch positiv beeinflussen. Durch die Leckagefreiheit der Scheibensätze, die auch während der Fahrzyklen und bei deaktivierter Haltefunktion gegeben ist, reduziert sich der benötigten Volumenstrombedarf. Das eröffnet die Möglichkeit, eine noch kleinere mechanische Pumpe zu realisieren. Jedoch müssen genauere Zusammenhänge und die Kombination beider Konzepte in detaillierteren Simulationen und später auch in realen Prüfstands- und Fahrzeugversuchen untersucht werden, um fundierte Aussagen machen zu können. Zur Realisierung der Konzepte sind nachfolgende Arbeitsschritte vorgesehen. Untersuchungen zur Integration des Leckage optimierten Konzept in den Primärschiebensatz sind notwendig. Hier sind die Bauraumverhältnisse anders als am Sekundärscheibensatz. Zusätzliche Komponenten wie Rückschlagventile, Drucksensoren, Druckspeicher und Dichtungen müssen ausgewählt, ausgelegt, gefertigt und beschafft werden. Zur Evaluierung der Simulationsergebnisse des Druckspeicherkonzepts sind Messdaten für den CoM zu generieren. Hierzu sind Fahrzeugmessungen auf dem Rollenprüfstand mit dem Nissan Altima notwendig. Untersuchungen hinsichtlich verschiedener Pumpenkombinationen für das Druckspeicherkonzept sind denkbar. Weitere Arbeitspakete bestehen im Aufbau eines detaillierten hydraulischen Simulationsmodells für das CVT8LT Getriebe. Das neue Simulationsmodell dient als Ausgangsbasis zum Aufbau von Simulationsmodellen der vorgestellten Konzepte, bei denen auch physikalische und geometrische Eigenschaften der einzelnen Komponenten berücksichtigt werden. Im konzeptspezifischen Simulationsmodell für das Druckspeicherkonzept müssen Verbesserungen im Bereich des ELOP-Submodells vorgenommen werden. Es sollen sowohl der Wirkungsgrad als auch das Trägheitsmoment der ELOP bei dynamischen Betriebsbedingungen hinreichend genau abgebildet werden. Mittels der Simulationsmodelle sind ebenso die effizientesten Hydraulikschemata für die Konzepte zu bestimmt. Anschließend ist die Entwicklung von Prototypen für die jeweiligen Konzepte vorgesehen, mit deren Hilfe die Simulationsergebnisse durch Komponententests, Prüfstands- und Fahrzeugmessungen abgeglichen werden. Im Falle positiver Resultate aus Simulation und Versuch ist eine Kombination beider Konzepte angedacht.

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6 Literaturverzeichnis

[1] Van der Sluis, F.: Key technologies of the pushbelt CVT. Tilburg,Bosch Transmission Technology B.V., Bosch Group, JSAE Paper 20134096, 2012.

[2] Kirchner, E.: Leistungsübertragung in Fahrzeugegetrieben: Grundlagen

der Auslegung, Entwicklung und Vailierung von Fahrzeuggetrieben und deren Komponenten. Berlin, Heidelberg, New York: Springer, 2007. ISBN: 3-540-35288-0

[3] Crolla, D.; Forster, D. E.; Kobayashi, T.; Vaughan, N.: Encyclopedia of

automotive engineering, Wiley, West Sussex, 2015, ISBN: 978-0-470-97402-5 part 3

[4] Van der Sluis, F.: A new pump for CVT applications. Tilburg, Van Doorne’s

Transmissie, Bosch Group, SAE Paper 2003-01-3207, 2003. [5] Pelders, R.; Van Vuuren, S.; Van Seeters, L.: High Torque CVT P930,

design and test results. Tilburg, Van Doorne’s Transmissie B.V., Bosch Group, IMECHE, 1997.

[6] Van der Sluis, F.: Fuel consumption potential of pushbelt CVT.

Tilburg,Bosch Transmission Technology B.V., Bosch Group, FISITA Paper F2006P218, 2006.

[7] Basshuysen, R.; Schäfer, F.(Hrsg.): Handbuch Verbrennungsmotoren, 5.

Auflage. Wiesbaden: Vieweg & Teubner, 2010, ISBN: 978-3-8348-0699-4 [8] Kleimaier, A.: Optimale Betriebsführung von Hybridfahrzeugen. München,

Universität, Dissertation, 2003.

[9] Saretzki, M.: Forschung und Entwicklung an Konzepten zur bedarfsgerechten Aktuierung eines CVT-Getriebes. Stuttgart, Universität, Diplomarbeit, 2015.

[10] Schweizer-fn: Leckölvolumenstrom konzentirscher Ringspalt. URL:

http://www.schweizer-fn.de/hydraulik/hydraulik.php, Zugriff 24.09.2015 um 17.20 Uhr

[11] Robert Bosch GmbH

[12] Ludwig Meister: Hydraulikspeicher Anwendungen. URL:

http://www.ludwigmeister.de/produkte/fluidtechnik/hydraulik/speicher, Zugriff 01.10.2015 um 10.15 Uhr

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[13] Hydac: Hydraulikspeicher Anwendungen. URL: http://www.hydac.com/de-de/produkte/hydrospeicher/show/Download/index.html, Zugriff 01.10.2015 um 10.30 Uhr

[14] Klaassen, T. W. L. G.: The Empact CVT. Dynamics and Control of an Electromechanically Actuated CVT. Eindhoven, University, Dissertation, 2007. ISBN: 978-90-386-0939-3

[15] Rudolph, F.: Das innovative 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe für die

Kompaktklasse von Volkswagen. Volkswagen, Wien: 28. Internationales Wiener Motorensymposium, 2007