Beiträge zur Stöchiometrie der physikalischen Eigenschaften chemischer Verbindungen

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des Alhohols. 19 Weitere Nachrichten iiber die oben erwahnten Aldehyde und ihre Verbindungen, sowie iiber andere in dieser Ab- handlung beruhrte Fragen , mufs ich einer spateren Mikthei- lung aufbewahren. Beitrage zur Stochiometrie der physikalischen Eigen- schafien chemischer Verbindungen ; von Herrnann Kopp. (Im Anschlufs an Bd. XCVI, S. 1, 153 u. 303 dieser Annalen.) - VI. Ueber die specifischen Volume der stickstoff haltigen Verbindung en. S 51. - In den fruheren Abschnitten dieser Beitrage wurden zahlreiche Beweise fur die Existenz einzelner Regel- mafsigkeiten in den spec. Volumen fliissiger Verbindungen zusammengestellt ; namentlich dafs , wenn man die spec. Volume stets fur die Siedepunkte der betreffenden Flussig- keiten vergleicht , 1) der Zusammensetzungsdifferenz x C2H, die Differenz der spec. Volume x . 22 entspricht, 2) isome- ren Fliissigkeiten dasselbe spec. Volum zukommt , 3) aqui- valente Mengen Sauerstoff und Wasserstoff sich ohne erheb- liche Aenderung des spec. Volums ersetzen konnen, 4) aqui- valente Mengen KohIenstoff und Wasserstoff sich ohne wesentliche Aenderung des spec. Volums ersetzen konnen. Ich habe hervorgehoben, dafs dime Regelmafsigkeiten nur durch Vergleichung der spec. Volume solcher Fliissigkeiten, welche demselben Typus angehoren, nachgewiesen sind, und dafs auch nur fur solche Fliissigkeiten das Statthaben dieser Regelmafsigkeiten zu erwarten ist. Denn es ergab sich, dafs einzelnen Elementen, je nach der Stelle, an welcher sie in chemischen Verbindungen stehend anzunehmen sind, ver- 2*

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des Alhohols. 19

Weitere Nachrichten iiber die oben erwahnten Aldehyde und ihre Verbindungen, sowie iiber andere in dieser Ab- handlung beruhrte Fragen , mufs ich einer spateren Mikthei- lung aufbewahren.

Beitrage zur Stochiometrie der physikalischen Eigen- schafien chemischer Verbindungen ;

von Herrnann Kopp. (Im Anschlufs an Bd. XCVI, S. 1 , 153 u. 303 dieser Annalen.) -

VI. Ueber die specifischen Volume der stickstoff haltigen Verbindung en.

S 51. - In den fruheren Abschnitten dieser Beitrage wurden zahlreiche Beweise fur die Existenz einzelner Regel- mafsigkeiten in den spec. Volumen fliissiger Verbindungen zusammengestellt ; namentlich dafs , wenn man die spec. Volume stets fur die Siedepunkte der betreffenden Flussig- keiten vergleicht , 1 ) der Zusammensetzungsdifferenz x C2H, die Differenz der spec. Volume x . 22 entspricht, 2) isome- ren Fliissigkeiten dasselbe spec. Volum zukommt , 3) aqui- valente Mengen Sauerstoff und Wasserstoff sich ohne erheb- liche Aenderung des spec. Volums ersetzen konnen, 4 ) aqui- valente Mengen KohIenstoff und Wasserstoff sich ohne wesentliche Aenderung des spec. Volums ersetzen konnen. Ich habe hervorgehoben, dafs dime Regelmafsigkeiten nur durch Vergleichung der spec. Volume solcher Fliissigkeiten, welche demselben Typus angehoren, nachgewiesen sind, und dafs auch nur fur solche Fliissigkeiten das Statthaben dieser Regelmafsigkeiten zu erwarten ist. Denn es ergab sich, dafs einzelnen Elementen, j e nach der Stelle, an welcher sie in chemischen Verbindungen stehend anzunehmen sind, ver-

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schiedene spec. Volume beizulegen seien. Es wurde gezeigt, dak die spec. Volume, wie sie sich fur die genauer unter- suchten Verbindungen fur die Siedepunkte derselben nach den Beobachtungen des Siedepunkts, des spec. Gewichts und der Ausdehnung ergeben , sich sehr geniigend ausdrucken lassen diirch die Annahmen, es sei in fliissigen Verbindungen bei den Siedepunkten derselben :

K o p p , wur Stochiometrie der physiknlischen

das spec. Volum des Kohlenstoffs C = 5,5, das spec. Volum des Wasserstoffs B = 5,5, das spec. Volum des in einem Radical enthaltenen Sauerstoffs 0 = 6,1, das spec. Volum des auberhalb e m s Radicals (an der Stelle, wo

H in1 Wasser HO,) stehenden Sauerstoffs 0 = 3,9,

M dns spec. Volum des aurserhalb eines Radicals (an der Stelle, wo

irn Schwefelwasserstoff ,S,) steheuden Schwefels S = 1 l,3.

Irh hatte noch fur mehrere andere Elemente die spcc. Volume zu bestimmen gesucht, welche ihnen in flussigen Ver- bindungen bei den Siedepunkten derselben beizulegen sind ; ich fuhre die in dieser Beziehung erhaltenen Resultate hier nicht nochmals an , weil sie fur das Folgende weniger in Betrachtung kommen. Unter den schon fruher erlangten Resultaten ist fur die hier mitzutheilende Untersuchung nur noch das von Wichtigkeit, dars sich fiir das Brorn ergab, ihm sei in seinen Verbindungen bei den Siedepunkten der- selben dasselbe spec. Volum beizulegen , welches ihm auch im freien Zustand bei seinem Siedepunkt zukommt.

S 52. - lch konnte bei meiner fruheren Untersuchung der spec. Volume flussiger Verbindungen auf die stickstoff- halligen Korper nicht specieller eingehen, weil es an Bestim- munyen der Ausdehnung fur sie fehlte, und ihre spec. Volume fur die Siedepunkte del'shalb nicht mit Sicherheit sich ableiten l ie ten . In der That war nur fur Eine stickstoffhaltige flus- sige Verbindung, das Schwefelcyanrnetliyl , die Ausdehnung durch P i e r r e (Ann. chim. phys. [3] XXXIII, 203) bestirnmt.

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Eigenschaften chernischer Verbindungen. 21

Ich konnte (diese Annalen XCVI, 316 u. 330) nur im All- gemeinen angeben, was eine vorlaufige Betrachtung des uber die Stickstoffverbindungen vorliegenden Materials andeutete. Ich habe seitdem die Ausdehnung mehrerer Stickstoffverbin- dungen untersucht (diese AnnaIen XCVIII, 367) , und wenn auch die Zahl der auf ihre Ausdehnung direct untersuchten hierhergehorigen Flussigkeiten immer noch eine nur kleine ist, so lassen sich doch, wie es mir scheint, ziemlich sichere Schlulsfolgerungen aus den hiernach bestirninten spec. Vo- lumen der Flussigkeiten ziehen, - Schlufsfolgerungen, welehe der Betrachtung der spec. Volume vielleicht ein erhohtes Interesse zuzuwenden fahig sind.

Ich stelie irn Folgenden die stickstoffhaltigen fl ussigen Verbindungen zusammen, deren Ausdehnung durch die Warme untersucht wurde.

" -rn sz5 m u q

KOPP 10000 10107 10215 10324 10434 10546 10660 10777 10897 11021 11148 11280 11418 11561 11708 11862

- - - - - - -

.o % r=e "C. 4s

K ~ P P

0 10000 10 I! 10083

70 10619 80 10716 90 10815

10915 11018

100 1

oc.

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170 180 190 200 210 220

KOPP

10000 10084 10168 10253 10340 10428 10518 10609 10701 10796 10892 10990 1 1090 11192 11 297 Z 1404 i t 5 l 2 11623 11736 11 553 11972 12093

-

12218

- -I='

hh E L

E G 0 .z z, n o ? 9 2 6 Je K ~ P P

I0000 10093 10186 10279 10373 10467 10562 10659 10757 10857 10961 11067 11177 1 1259 11406 1 1528 11652 11783 11919 12061 12209

h a

~ -

- L

Pierre - 10000

10200 10305 10416 10531 10653 10781 10909 11042

11318 11462 I1 609 11 760

10098

ti178

- - - - - - - -

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22 K o p p , Bur Stochimctrae der phgsikalischen

Nach den hier angegebenen Ausdehnungsbestimmungen sind im Folgenden die Berechnungen gefuhrt. In vielen Fallen ist das spec. Volum einer Substanz fur den Siedepunkt derselben nach den Bestimmungen der Ausdehnung berechnet, wie sie fur eine andere analoge Substanz sich ergaben. Analoge Verbindungen namlich , welche in ihrer Zusammen- setzung nicht viel von einander verschieden sind, zeigen bei Erkaltung um gleich viel Grade unter ihren Siedepunkten ziem- lich nahe dieselbe Zusammenaiehung ; wenn auch nicht in aller Strenge gleiche Contraction fur Abkublung um gleich viel Grade unter die Siedepunkte statt hat, ist doch in sol- chen Ffillen die Abweichung von dieser Voraussetzung uner- heblich gegen die Unsicherheit in der Kenntnifs des spec. Gewichts und den Eiriflub , welcher ails dieser Unsicherheit fur eine genaue Feststellung des spec. Volums bei dem Siedepunkt hervorgeht. Wenn also fur eine Substanz A die Ausdehnung bis zum Siedepunkt bekannt ist, fur eine analoge Substanz B das spec. Gewicht fur do unter ihrem Siedepunkt bestimmt wurde, so ist im Folgenden vorausgesetxt, B dehne sich innerhalb d Graden unter seinem Siedepunkt in dem- selben Verhaltnifs aus, wie A. Die etwaige Ungenauigkeit in dieser Voraussetzung ist von um so geringerem Einflufs, je kleiner d , d. h. j e naher bei dem Siedepuukt das spec. Gewicht von B bestimmt ist.

Si 53. - Ammoniak und davon sich ableitende Verbin- dungen. - Von solchen Verbindungen ist nu; das Anilin auf seine Ausdehnung untersucht, aber fur viele andere Iafst sich mit grolser Sicherheit ein mindestens sehr annahernd richtiger Schlufs auf ihre spec. Volume bei den Siedepunkten ziehen.

Arnmoniak NH,. Atomgew. 17; Siedep. - 340. B u n s e n fand den Siedepunkt bei - 33*,7. Aus F a r a d a y’s Angabe,

daQ die Spannkraft des gesattigten Arnmonialrdarnpfs bei - 17O,5 = 2,5

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Eigenschccften chemiseher Verbindungen. 23

Atmospharen sei, berechnet sich nach Da l ton ' s Gesetz der Siedepnnkt des Ammoniahs zu - 36O, wenn fur die Rechnung die Aenderung der Spannlcraft des Wasserdampfs su Grunde gelegt wird.

Das spec. Gewicht des condensirten Ammoniaks , fur Temperaturen fiber dem Siedepunkt, ist yon F a r a d a y wiederholt bestimmt worden :

Spec. Gew. Spec. Vol. Faraday (1823) : 0,76 bei 100 22,4 bei 44O uber dem Siedep.

(1845) : 0,731 n 15,5 23,3 50 ,, ,, Bei allen folgenden Flussigkeiten sind fur die VOluNr-

veranderungen die fur das Anilin erhaltenen Resultate in der im S 52 angegebenen Weise zu Grund gelegt worden.

Siedep. Spec. Gew. Spec. Vol. Anilin C,,H,N. Atomgew. 93; Siedep. 184O.

Hofmann 182O Kopp Zinin 200 ungefahr Hofm.1,020 9) 26 n 1,0326 s s 106,s s s

Fritzsche228 Fritzsche1,028 9 ?

184,8bei737,2mm Kopp 1,0251 bei 13O,7=1,0361 bei Oo 10G,4 bei 154O

Bethylanilin CI6Hi,N.

Diathylanilin C20Hi,N.

Aethylamin C,H,N. Atomgew. 45 ; Siedep. 18O,7.

Amylamira CioH,,N. Atomgew. 87 ; Siedep. 949

Atomgew. 121 ; Siedep. 204O. Hofmann 204O Hofmann 0,954 bei ISo 126,s hei 18O u. 1546 bei 204O.

Atomgew. 149 ; Siedep. 213O,5. Hofmann 213O,5 Hofinann 0,936 bei 1 8 O 159,2 bei ISo u. 190,5 bei 213075.

Wurtz 18077 Wurtz 0,6964 bei So 64,G bei 8 O u. G5,3 bei 18O,7.

Brazier Wurts *' Gossleth!go Wurtz0,7503bei ISo 116,O bei 18O u. 125,0bei94O.

Caprylamin C,,H,,N. Atomgew. i29; Siedep. 1700.

~ ~ ~ ~ ~ r s

geben.

Squire 0,786 bei 1 5 0 ? 164,1 hei 150 u. 190,O bei 170O.

Fur S q u i r e's Bestimmung des spec. Cewiohts ist die Temperatur nicht snge-

S 54. - Dars die spec. Volume auch der Verbindungen, fur welche die Ausdehnung nicht direct bestimmt ist, fur die Siedepunkte sehr annahernd richtig ermittelt sind, geht daraus hervor, dals die hier gefundenen Werthe mit den in S 51 angegebenen Rcgelmafsigkeiten, welche wohl als feststehende betrachtet werden konnen, sehr geniigend in Einklang stehen.

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24 KO p p 2;2cr Slochiometrie dcr physilialischcn

Fur die Zusammensetzungsdifferenz x C,H2 zeigt sich 1;. B. eine nahezu x . 22 betragende Differenz der aus den Beobachtuugen fir die Siedepunkte abgeleiteten spec. Volume bei den Verbindungen : Ammonialr*) H, N 22,4-23,3 Anilin C,,H, N 106,4-106,8 Aethylamin C, H, N 64,6 Aethylanilin C,,H,,N 150,6 Amylamin C,,H,,N 125,O Diathylanilin C,,H,,N 190,5 Ca prylarnin C, ,, H, N 190,O.

a) Das spec. Volum des Ammoniaks i s t fir 44 bis 500 tiber dem Siedepunkt er- mittelt.

Dafs auch bei den vom Ammoniak sich ableitenden Basen aquivalente Mengen Kohlenstoff und Wasserstoff sich ohne Aenderung des spec. Volums vertreten konnen , zeigen fol- gende Verbindungen :

Caprylarnin C,,H,,N 190,O Digthylanilin C,,H,,N 190,5.

In dem Ammoniak und den davon sich ableitenden Ba- sen ist Stickstoff als der eine nahere Bestandtheil enthalten, neben Wasserstoff oder kohlerrstoff - und wasserstoff haltigen organischen Radicalen als den andern naheren Bestandtheilen. Dab , wie es fur zahlreiche andere Reihen von Verbindungen friiher gefunden wurde, auch hier das spec. Volum von C = 5,5 und das von H gleichfalls = 5,5 zu setzen sei, geht daraus hervor, dafs auch bei den Basen, wie eben gezeigt wurde sich aquivalente Mengen Kohlenstoff und Wasserstoff ohne Volumanderung vertreten konnen, also das spec. Volum von C = dem von H ist, und dafs dem Mehrgehalt einer Verbindung an x C z H z auch hier ein Grofsersein des spec. Volums urn x . 22 entspricht. Aus dem spec. Volum des Anilins C,,H,N (derjenigen Base, fiir welche das spec. Volum fur den Siedepunkt sich auf Grund directer Bestimmung der Ausdehnung feststellen liefs] = 106,8 folgt, wenn man die spec. Volume von 12 C + '7 H = 12 . 5,5 + 7 . 5,5 = 104,5 abzieht, das spec. Volum des Stickstoffs N = 2,3. Nach dieser Annahme, dab das spec. Volum von N in den fliissi-

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Eiyenschaften chemiseher Verbindungen. 25

gen Basen bei den Siedepunkten demelben = 2,3 sei , und den fruheren fur das spec. Volum yon C und von H = 5,5 berechnen sich folgende spec. Volume solcher Yerbin- dungen :

Suhstanz ~~~

Ammonialc

Aeth ylamin

Butylamin

Amylamin

Caprylamin

Anilin

Toluidin

Aeth ylanilin

Diathylanilin

Formel

H I

C,,H, N = H } N

Cl6H,,N = C , H, N H \ C,,H,

c, H,

ipec. Vol, bei d. Siedep. heobachtet

22,4-23,3 *)

65,3

125,O

190,o

106,4-106,8

150,6

190,5

berechnet

18,s

62,s

106,s

128,s

194,8

tO6,8

128,s

150,s

194,s

*) Fiir 44 bis 500 iiber dem Siedepnnkt.

Die Uebereinstimmung zwischen den berechneten und den aus den Beobachtungen abgeleiteten Zahlen fiir die spec, Volume ist eine sehr genugende. In der vorstehenden Zu- sammenstellung fitiden sich aufser dew Ammoniak die Amid-, Imid- und Nitrylbasen reprasentirt. Die berechneten spec. Volume fur Butylamin und fur Toluidin (welche ich hier spa- terer Vergleichungen wegen aufgenornmen habe) sind un-

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26 K o p p , mr Stochionaetrie der physikalischen

zweifelhaft denjenigen, wie sie aus Beobachtungen (die noch fehlen) sich ableiten wurden, sehr nahe kommende.

9 55. - Cyanverbindungen, - Fur folgende hierher- gehorige Fliissigkeiten lafst sich aus vorliegenden Beobach- tungen ein Schlufs auf das spec, Volum bei dem Siedepunkt ziehen.

Cyan C2N. Atomgew. 26; Siedep. etwa - 22O. Nacb Bunsen liegt der Siedepunlrt des Cyans bei - 20°, und bei - 25O verdichtet sich das Cyan unter gewohnlichem Luftdruclc zu einer

Flussigkeit. Aus P a r a d a y’s Angabe, d a t die Spannlrraft des gesattigten Cyandampfs bei - 1 8 O = 1,25 Atmospharen sei, bcrechnet sich nach Dalton’s Gesetz der Siedepunlrt des Cyans zu - 24O, wenn fur die Rechnung die Aenderung der Spannhraft des Wasserdampfs zu Grunde gelegt wird.

derbolt :

Faraday (1823) : 0,900 bei

Das spec. Gewicht des

Spec. Gew.

(1845) : 0,866 n

condensirten Cyans bestimmte F a r a d a y wie-

Spec. Vol. 1501 28,9 bei etwa 37O iiber dem Siedep. 17 30,O n 9 39 n n ~f

F a r a d a y ’ s friihere Angabe gilt fiir mittlere Temperator, ohne nahere Bestim- mung derselben.

Siedep. Spec. Gew. Spec. Vol.

Blausuure C,HN. Atomgew. 27 ; Siedep. 27O. Gay-Lussac 26O,5 Trautwein 27,5-29 Gay-Lussac\0,6969 D 18

0,7058 bei 7O 38,2 b e i i r also 39,1 bei270 38,7 1)

Trautwein 0,705-0,710 bei Go Cooper 0,706 bei 2”,8.

Die Aenderung des spec. Volums ist fur 7 bis 270 der Aenderung der Tempara- tur proportional gesetzt.

Cyanmethyl C,H,N. Atomgew. 41 ; Siedep. 7 4 O .

71-720 Kopp 0,8191 bei 160 =0,8347 beiOo 49,1 beiOo u. 54,3 bei 74O. Dumas 77

Cyanathyl C,H,N. Atolagew. 55 ; Siedep. 88O. Pelouze 82O 69,9 bei 15O u. 77,2 bei So.

Fur die Berechnung des spec. Volums bei dem Siedepunkt ist die Ausdehnung

0,787 bei 150 Frankland u. Holbe 88 0,7889 ?, 12,6 G9,7 n 12,6,, 77,2 9 n

des Cyanmethyls zu Grunde gelegt.

Cyaripheriyl ClsE15N. Atomgew. 103 ; Siedep. 191O. Hopp 190°,6bei733”’” 1,0084 b. 16O,8=1,0230 b.0” 100,7b.0°u.121,6b.1910 Fehling 191 9, ? 1,0073 I> 15 9 1,02079, s 100,9 n n D 121,9n 1)

Limpricbt u. Uslar 192.

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Eigenschaftcn chetnischer Verbindungen. 27

Siedep. Spec. Gew. Spec. Vol.

Schwefelcyanmethyl C,HsNS2. Atomgew. 73 ; Siedep. 133O. 1,115 bei 16°=1,1317 beiOo G4,5 bei Oo u.75,2 bei 133O

Atomgew. 87; Siedep. 146O.

Cabours 132-133" bei? Pierre 132,9bei757mm 1,0879. 0 ~1,0879 n YI G7,1 D 99 5) 78,2 n 99

Schwefelcyantithyt C,H,NS,. Cahours 1460

des Schwefelcyanmethyls zu Grunde gelegt.

1,020 bei 160 85,3 bei 160 u. 99,l bei146O. Fiir die Berechnuug des spec. Volums bei dem Siedepunkt ist die Ausdehnung

Senfol C8H,NS2. Atomgew. 99; Siedep. lao. Duma~u.Pelouze143~ 1,015 bei20°=1,0352 beiOo 95,6 bei0°u.113,1 bei1485

Will 148 1,010 n 15 5, 1,0255 55 9, 96,5 19 9 r114,2 II 9

K0pp(bei729~)150,7 1,0173n 10,i 9, 1,0282 ~t 9 96,3 n 9 $9 113,9 s 9)

Cyans. Aethyl C,H,N02. Atomgew. 71 ; Siedep. 60°. Wurtz GOo 79,05 bei l o o u. 84,8 bei 60°

79,05 n 15 n 84,3 D s 0,8981 bei lo?

1 5 ? W n r t z hat nicht imgegeben, fiir welehe Temperatur die Bestimmnng des spec.

Gewiclits gilt ; ich liabe die Rechnung fur 100 und ftir 150 als Beobachtungstempe- ratur gefiihrt. Fiir die Berechnung des spec. Volums bei dem Siedepunkt ist die Au?dehnung des Cyanmethyls ZII Grunde gelegt.

S 56. - Auch hier zeigt sich, dafs die spec. Volume analoger , um x C2H2 in der Zusammensetzung differirender Verbindungen um x . 22 verschieden s ind; z. B. Cyanmethyl C,H,N 54,3 Schwefelcyanmethyl C,H,NS, 75,2-78,2 Cyanathyl C,H,N 77,2 Schwefelcyanathyl C,H,NS, 99,l.

Auch in diesen Verbindungen ist somit fur C und fur 22 4 H das spec. Volum - = 5,5 anzunehmen. Am sichersten

(fur die Siedepunkte) bestimmt erscheinen die spec. Vo- lume des Cyanmethyls C4HsN = C,H,(C,N) zu 54,3 und des Benzonitryls C,,H,N = C,,H,(C,N) zu 121,6 bis 121,9. Zieht man von diesen spec. Volumen die spec. Volume der darin neben dem Cyan enthaltenen Kohlenstoff - und Wasserstoff- aquivalente a b , so erhalt man fur das spec. Volum des Cyans in seinen flussigen Verbindungen bei den Siedepunkten der- selben 26,8 aus dem Cyanmethyl, und 28,1 bis 28,4 aus dem Cyanphenyl. Ich setze dafiir in runder Zahl 28. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dafs das spec. Volum des Cyans

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28 KO p p , sw Stochiometrie der physikalischerb

in seinen Verbindungen bei den Siedepunkten der letzteren dasselbe ist, wie das des freien Cyans bei dem Siedepunkt des letzteren (das spec. Volum des freien Cyans ergiebt sich aus den Beobachtungen fur eine um 37 bis 390 iiber dem Siedepunkt liegende Temperatur = 28,9 bis 30,O).

Nach den fruheren Annahmen, es sei das spec. Voluni von C = 5,5, von H = 5,5, von 0, wenn aufserhalb eines Radicals stehend, = 3,9, von S , wenn aufserhalb eines Ra- dicals stehend = ii ,3, wid dem eben bestimmten spec. Volum von (C,N) = 28 herechnen sich folgende spec. Volume der Cyanverbindungen, deren spec. Volume fur die Siedepunkte auch experimental ermittelt sind :

s . Substana

Cyan . . . . Blausaure . . . Cyanmethyl , . Cyanathyl . . . Cyanbntyl . . . Cyanphenyl . . Scbwefelcy anmetb y

Scbwefelcyan~tbyl

Senfol . . . . Cyans. Aethyl

Formel Spec. Vol. bei d. Siedep. beobachtet

28,9-30,O”) 39,l

54,3

77,2

121,6-121,9

75,2-78,%

99,l

1 t 3,1 -i i4,2

84,3-84,B

berecbnet

28,O - 33,5

55,5

77,5

121,5

121,5

78,l

i00,l

11 i ,l

85,3

0) Fur 37 bis 390 i iber dem Siedepunkt.

Die Uebereinstimmung zwischen den beobachteten und den berechneten spec.Volumen ist hier e ine sehr geniigende; nur bei der Blairsiiure ist die Differenz auffallend grofs. Ich weirs die Ursaclie derselben nicht anzugeben; die Beobachtungen des spec. Gewichts (vgl. S. 26) sind so iibereinstimmend und

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Eigenzchcsften ckemischer Verbindungen. 29

hei den1 Siedepunkt so nahe liegenden Ternperaturen ange- stellt, d a t die Richtigkeit des aus den Beobachtungen ab- geleiteten spec. Volums kanm zii bezweifeln ist.

$ 57. - Nitroverbindungen, - Fur folgende Verbin- dungen, welche die Atomgruppe (NO,) in sich enthalten, lafst sich das spec. Volum fihr den Siedepunkt oder eine ihm nahe liegende Temperatur aus den Beobachtungen ableiten.

UntersalpetersBure NO,. Siedep. Spec. Gevv. Spec. Vol.

Atomgew. 46; Siedep. 25". Peligot 22O Gay-Lussac 26 Dulong 1,451 bei loo? 31,7 bei etwa 15O unter Dulong 28 Mitscherlich 1,42 n 10 ? 32,41 dem Siedepunkt. Mitscherlich 28

Fiir keine der Beobachtungen des spec. Gewichts ist die Temperatur angegeben.

Salpeters. Methyl C,H,NO,. Atomgew. 77; Siedep. 66O. 65,1 bei 20° u. 69,4 bei 66O. Dumas u. Peligot 66O 1,182 bei 20°

Fiir die Berechnung des spec. Volums bei dem Siedepunkt ist die Ausdehnung des salpeters. Aethyls eu Grunde gelegt.

Salpeters. Aethyl C,FI,NO,. Atomgew. 91 ; Siedep. 86'. Millon 85O Milton 1,112 bei 17O =1,1338bei0° 80,3 bei0°u.90,0bei860. Hopp 563 Bopp 1,1123 ,, 15,597 1,1322 n 37 80,4 9 5, Y 90,I Y $9

Nitrobenaol C,,H,NO,. Atorngew. 123; Siedep. 218". Mitscherlich 213" 1,209 bei 15O =1,2234 beiOO 100,5 beiOo u. 122,6 bei218".

Salpetrigs. Methyl C,H,NO,. Atomgew. 61 ; Siedep. - 12". Streclrer - 120 nngefahr0,991 bei+150 61,6 hei 27Oiiber d. Siedep.

Sulpetrigs. Aethyl C,H,NO,. Atorngew. 75 ; Siedep. 18".

Kopp 219-220 1,1866- 14,4n 1,2002 Y 9 102,5 I) v n 124,9 .D n

Liebig 16O,4 Liebig 0,947 bei 15O 79,2 bei 15O. Brown 16,6-17,8 Brown 0,900 ,, 15,5 83,3 ,, 15,5 Mohr 17,s-18 Mohr 0,898 ? 83,5 ,, ? Thenard 21 Dumasu.Boullay 0,886 ,, 4 8416 n 4

Der Siedepunkt des salpetrigs. Aethylfi liegt den Temperatnren , fur melche die (theilweise unter sich stark abweichenden) Angabeu des spec. Gewichts gelten, 80

nahe, dafs die &us den latsteren folgenden spec. Volume wohl geradezu als die dem Siedepunkt entsprechendeu genommen werden konuen.

Salpetrigs. Amy1 C,,H,,NO,. Atomgew. 117; Siedep. 95". Riec'rber 950 Balard 96

Rieckher 0,8773 bei 1501 133,4 bei 15O u. 148,4 bei 95O.

E'iir R i e c k h e r ' s Beobachtung des spec. Gewichts ist dio Temperatur nicht genauer angegeben.

Page 12: Beiträge zur Stöchiometrie der physikalischen Eigenschaften chemischer Verbindungen

30 K o p p , zur Sliichionietrde der physikalischen

I 58. - Die spec. Volume der Nitroverbindungen be- rechnen sich in befriedigender Uebereinstimmung mit den Beobachtungsresultaten, wenn man zu den friiheren Annahmen der spec. Volume von C = 5,5, yon H = 5,5 und von 0 (aurserhalb eines Radicals stehend) = 3,9 noch die des spec. Volums von (NO,) = 33 treten 1aIst; dieses spec. Voluni kommt auch der Verbindung NO, irn freien Zustand fur ihren Siedepunkt zu. Folgende Tabelle l a t t die Uebereinstimnlung zwischen den beobachteten und den berechneten spec. Volu- men beurtheilen :

Spec. Vol. bei d. Siedep. beobachtet I berechnet

Substanz / / Formel

Untersalpetersaure Salpeters. Methyl

Salpeters. Aetbyl

Nitrobeozol . . Salpetrigs. Methyl

Salpetrigs. Aethyl

Salpetrigs. Amy1

31,7-32,4") 69,4

90,0-90,1

122,6-124,9

6 V f )

79,2-84,6

148,4

33,O 68,3

90,3

126,5

60,5

82,5

148,5

*) Etwa 150 unter dem Siedepunkt. t) Fur 270 u b e r dem Siedepunkt.

Fur das Nitrobenzol herechnet sich dasselbe spec. Volum 126,5, man H (NO,) betrachten. NO mag diese Verbindung als F{ oder als

I1 s 11 1

S 59. - Innerhalb jeder der drei Gruppen stickstoff- haltiger Verbindungen, welche hier betrachtet wurden, finden sich die Regelmlfsigkeiten in den spec. Volumen wieder, an welche im S 51 erinnert wurde. Ich will hier nur die Eine hervorheben , dab sich aquivalente Mengen Kohlenstoff und Wasserstoff ohne Aenderung des spec. Volums vertreten konnen. Gleiche spec. Volume (ich setze hier die berechne- ten Zahlen her) ergaben sich in der That z. B. fur

Page 13: Beiträge zur Stöchiometrie der physikalischen Eigenschaften chemischer Verbindungen

Edgenschuften chemisder Verbindungen. 31

Bntylarnin C, H1,N106,8 Caprylainin C,,Hl,N194,8 Cyanbutyl C,,H,Nf21,5 Anilin C,,H, ~i06,8jD1athylanil , , , Cl,H,,P1194,8jCyanphenylC,,H,Ni2 1,5,

d. h. fur Verbindungen, deren eine im Vergleich zu der an- deren ebensoviel Aequivalente Kohlenstoff rnehr enthalt , als Aequivalente Wasserstoff weniger.

Aber diese Gleichheit der spec. Volume findet fur Ver- bindungen, welche dieselben Beziehungen in ihren empiri- schen Fornieln zeigen, nicht mehr stall, wenn die verglichenen Verbindungen verschiedenen Gruppen angehoren. Obglcich z. B. auch die Formeln des Cyanathyls und des Aethylamins, des Cyanbutyls und des Anilins, des Benzonitryls und des Anilins in der Beziehung zu einander stehen, dafs die eine Verbindung im Vergleich zu der anderen eben so viele Kohlen- stoffaquivalente mehr enthiilt, als Wasserstoffaquivalente weni- ger, so findet hier Gleichheit der spec.Volunie doch nicht statt :

AethylaminC,H,N 62,8 Cyanbutyl C,,H,N 121,5 Anilin C,,H,N 106,8 Cyanathyl C,H,N77,5 i Anilin C,,H,N 106,8/Cyonphenyl C,,H,N 121,5.

Wenn bei Verbindungen aus solchen verschiedenen Grup- pen das Gleichbleiben des spec. Volums bei Ersetzung von Wasserstoff durch eine aquivalente Menge Iiohlenstoff nicht statt hat, kann auch die Gleichheit des spec. Volums fur sie, falls sie isomer sind, nicht statthaben , und ebensowenig die Regelrnafsigkeit , dafs einer ZusainmensetzungsdifF~renz xC,H, eine Differenz der spec. Volume um x X 22 entspricht. Alle diese Regelmafsigkeiten finden nur statt ilanerhalb ge- wisser Gruppen, nicht aber bei Vergleichung von Verbindun- gen, die verschiedenen Gruppen angehoren.

Diese Gruppen werden keineswegs gebildet nur durch solche Substanzen , welche das gemeinsam haben , was man gewohnlich den chernischen Character nennt, L. B. den Cha- racter einer SIure oder eines Alkohols oder einer Aetherart u. s. w. So grot der Einflufs dieses chemischen Characters auf den Siedepunkt ist, so wenig findet er beziiglich des

Page 14: Beiträge zur Stöchiometrie der physikalischen Eigenschaften chemischer Verbindungen

32

spec. Volums statt. Diese Gruppen fallen vielrnehr mit den von G e r h a r d t aufgestellten Typen zusammen.

Benzoesaure C,,H,O, und huttersaures Methyl C,oH,oO,, Phenol C,,H,O, und Aethyllther C,H,,O,, Cymol CzoH14 und Butyl C,,H,, , Diathylanilin C,,H,,N (eine Nitrylbase) und Caprylamin C,,H,,N (eine Amidbase) haben einen sehr ver- schiedenen chemisclien charac te r , und doch ist fur j e d e s Paar dieserverbindungen, deren eine eben so vie1 Aeq. Koh- lenstoff mehr enthalt als Aeq. Wasserstoff weniger, das spec. Volum dasselbe; j e zwei hier verglichene Verbindungen ge- horen aber auch demselben chemischen Typus an. Aber bei Vergleichung von zwei Verbindungen, die verschiedenen Typen anyehorend dieselbe Beziehung in ihren Formeln haben, wie z. B. Anilin C,,H,N und Cyanbutyl C,,H,N, zeigt sich diese Uebereinstimmung der spec. Volume keineswegs.

Eben so wenig konnen zwei isomere Verbindungen, deren eine dem Typus Ammoniak, die andere dem Typus Wasser- stoff zugehort, gleiches spec. Volum haben, wahrend Gleich- heit der spec. Volume fur die isomeren Verbindungen des- selben Typus bei ganz verschiedenem chemischem Character (2;. B. bei Propionsaure C,H,O, und arneisensaurem Aethyl oder essigsaurem Methyl C,H,04 oder bei Butylalkohol C8Hl,,02 und Acthylather C,H,,02) statt hat.

5 60. - Es sclieint mir diefs einige Beachtung zu ver- dienen, insofern die Betrachtung der spec. Volume unigekehrt einen Anhaltspunkt dafur abgeben kann, welchem Typus eine Verbindung zuzurechnen sei. Wenn man f u r die verschie- denen Typen wirkliche Verschiedenheit der inneren Consti- tution anerkennt, und nicht in der Aufstellung der Typen nur ein Mittel sieht, die Formeln der verschiedenen Verbin- dungen so xu schreiben, dafs gewisse Beziehungen zwischen den Verbindungen sich ubersichtlicher darlegen lassen - so kann das spec. Volum ein ganz objectives Merkmal abgeben,

K o p p , aur Stochiometrie der physikalischen

Page 15: Beiträge zur Stöchiometrie der physikalischen Eigenschaften chemischer Verbindungen

Eigenschlsften chevnisclrer Verbindungeri. 33

zu welcheni Typus eine Verbindung zu rechnen sei. Ohne die Unvollkommenheit unseres jetzigen Wissens bezuglich der spec. Volume flussiger Verbindungen zu verkennen, sclieint mir doch die Moglichkeit einer solchen Schlufsfol- gerung von so groker Wichtigkeit zu sein, dafs ich sie an einigen Beispielen besprechen will.

Die Aldehyde werden wie die Acetone gewohnlich als

zum Typus Wasserstoff gehorig betrachtet, das Aldehyd der

Essigsaure als c420z; einzelne Chemiker Cz. B. C h i o z z a

in diesen Annalen XCVII, 352) sind indessen der Ansicht,

die Aldehyde seieu richtiger auf den Typus Wasser HOz zu

heziehen, das Aldehyd der Essigsaure z. B. als c4202 zu betrachten. Nach dem in diesen Annalen XCVI, 177 ff. Mit- getheilten berechnet sich j e nach der einen oder der an- deren Ansicht fur dieselbe aldehydartige Fliissigkeit ein anderes spec. Volum, da dem Sauerstoff, wenn e r aufseshalb eines Radicals (an der Stelle, wo im Wasser) steht, eine andere Raumerfiillung beizulegen ist, als wenn er innerhalb eines Radicals steht.

Das Aldehyd der Propionsaure hat ohne 2 weifel dasselbe spec. Volum wie das isomere Aceton C,H,O,. Fur das Al- dehyd der Essigsaure C4H40, leitet sich aus den Beobach- tungen das spec. Volum (stets fur den Siedepunkt) zu 56,O bis 56,9 ah; fur das CIHz mehr enthaltende Aldehyd der Propionsaure ist ein urn 22 grofseres spec. Volum, 78,O bis 78,9 zu erwarten. Fur das Aceton ergaben die Beobachtun- gen das spec. Volum zu 77,3 bis 77,6. Meine Rechnung er- giebt fur das spec. Volum des Aldehyds der Psopionsaure und des Acetons 78,2, unter der Voraussetzung, dafs beide Verbindungen dem Typus Wasserstoff angehoren , erstere

H

H

Ann. d. Chem. U. Pharm. C. Bd. 1. Heft. 3

Page 16: Beiträge zur Stöchiometrie der physikalischen Eigenschaften chemischer Verbindungen

34 KO p p , sur Stochiometrie der physikalischen

c e 2 0 z und letztere C4H302 ist. C2HS

Nach der Voraussetzung,

der Sauerstoff stehe irn Aldehyd der Propionsaure aufserhalb

des Radicals, diese Verbindung sei c6202 und auf den Typus

Wasser zu beziehen, berechnet sich hingegen das spec. Vo- lum zu 73,8. Dieses letztere spec. Volum gehort gewifs den1 Propylenylalkohol (Acrylalkohol oder Allylalkohol] C,N,O, an, welcher unzweifelhaft auf Wasser als Typus zu bcziehen

und als c e F O , zu betrachten ist. Bezuglich des Propylenyl-

alkohols liegen noch keine Bestimmungen des spec. Gewichts und der Ausdehnung vor, aber wenn sich fur ihn wirklich das spec. Volum 73,8 ergiebt, ein von dem des isomeren Aldehyds der Propionsaure so (uni etwa 6 pC.) verschiedenes, so diirfte diefs wohl dafur sprechen, dafs die Aldehyde nicht demselben Typus wie die Alkohole angehoren.

Die s. g. salpetrigsauren Aetherarten sind, nach dem was fur die Bestimmung ihrer spec. Volume vorliegt, aller- dings auf den Typus Wasserstoff und nicht auf den Typus Wasser zu beziehen ; hinsichtlich der spec. Volume steht das

C4H5 in derselben Beziehung zu dem NO, salpetrigsaure Aethyl

C H salpetersauren Aethyl C4H500,, wie das Cyanathyl $ zu NO4 2N

dem cyansauren Aethyl C4H504. In dem chemischen Verhalten

der salpetrigsauren Aetherarten und der s. g. salpe trigsauren Salze liegt auch kein Grund, wefshalb man sie nicht auf den Typus Wasserstoff beziehen und die salpetrigsauren Salze als HaloYdsalze betrachten konnte, die das zusammengesetzte, dem Chlor sich ahnlich verhaltende Radical NO4 enthalten.

CZN

s 61. - Die Grundlage der Entscheidung, ob solche Betrachtungen zulassig sind , liegt in der Beantwortung der

Page 17: Beiträge zur Stöchiometrie der physikalischen Eigenschaften chemischer Verbindungen

Eigenschaften chemischeir Verbindungen. 35

Frage, ob demselben Element in allen seinen Verbindungen (fur den Siedepunkl derselben) stets dasselbe spec. Volum zukomme, oder ob dasselbe Element verschiedene spec. Volume haben kann, je nach der Stelle, an welcher es in verschiedenen Verbindungen steht , oder in Form von welchem nliheren Bestandlheil es in Verbindungen eingeht. 1st das spec. Volum desselben Elements in allen seinen Ver- bindungen gleich grofs, so werden die spec. Volume der Ver- bindungen nur von den emyirischen Formeln derselben ah- hangen; kann dasselbe Element verschiedene spec. Volume haben, so werden die spec. Volume seiner Verbindungen nicht allein von den empirisclien Formeln derselben bedingl sein, sondern auch von der rationellen Constitution dor lelz- teren abhangen.

Jch habe schon fruher bei der Betrachtung der fliissigen Verbindungen, welche nur Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauer- stoff enthalten, (diese Annalen XCII, 18 ff.; XCVI, 173 ff.] gezeigt, daCs die spec. Volume dieser Verbindungen nicht lediglich durch die empirischen Formeln derselben bedingt sind. Fur den Sauerstoff nanientlich ergab es sich, dafs ihm ein anderes spec. Volum beizulegen sei , wenn er innerhalb eines Radicals enthalten ist, als wenn er aufserhalb eines solchen (an der Stelle, wo im Wasser) steht.

Mit noch grofserer Bestimmtheit geht aber aus der Be- trachtung der stickstoffhaltigen Verbindungen hervor , dafs demselben Element in der That verschiedene spec. Volume zukommen konnen. Es ergiebt sich d i e t schon aus dem in S 59 Mitgetheilten, deutlicher vielleicht noch aus Folgendem.

In den vom Ammoniak sich ableitenden Basen ist das spec. Voluin von C = 5,5, das von N = 2,3 (Fgl. S. 24). In den Radicalen, welche sich mit Cyan zu Cyanverbindungen vereinigen, ist das spec. Volum von C gleichfalls = 5,s an- zunehmen (vgl. S. 27). Aber in dern Cyan C2N kann

3"

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36 K o p p , Irur Stochiometrie der physikalischen

unmaglich der Kohlenstoff dasselbe spec. Volum wie in diesen Radicalen Und der Stickstoff dasselbe spec. Volum wie in jenen Basen haben ; das spec. Volum yon (C,N) miil'ste niim- lich dann = 2 X 5,5 + 2,3 = 13,3 sein, wahrend es = 28 ist (S. 27). Es kann bis jetzt nicht entschieden wer- den, ob in dem Cyan der Kohlenstoff ein anderes spec. Volum als 5,5, oder ob der Stickstoff ein anderes spec. Volurn als 2,3 hat, oder ob beides stattfindet, aber das ist gewifs, dafs beides oder eins von beiden stalt hat, d. h. dafs keinesfalls jedem Element in allen Verbindungen, in die es eingehen kann, stets dasselbe spec. Volum zukommt *).

s 62. - Dafs dasselbe Element verschiedene spec. Vo- lume haben kann, und diefs namentlich fur den Stickstoff gilt, macht eine indirecte Bestiminung des spec. Gewichts, welches dem freien Stickstoff irn fliissigen Zustand bei seinem Siedepunkt zukame, sehr unsicher. Ein Resultat, welches sich in dieser Beziehung ergiebt, ist iridels so auffallend, dars ich dasselbe hier kurz erwahnen will.

Wenn das spec. Volum eines Kijrpers fur eine gewisse Temperatur bekannt ist, so erhalt man durch Division des- selben in das Atomgewicht das spec. Gewicht des Korpers fur dieselbe Temperatur. - Das spec. Volum, welches einem Bestandtheil i n einer Verbindung bei derri Siedepunkt dersel- ben beizulegen ist, ist in mehreren Fallen dasselbe, welches ihm im freien fliissigen Zustand bei seinem Siedepunkt zu- kommt. Ich habe diets friiher (diese Annalen XCVI, 315) fur das Brom, jetzt fur das Cyan (S. 27 f.) und die Unter- salpetersaure (S. 30) dargethan.

In dem Ammoniak ist Stickstoff als der eine nahere Be-

*) Ein ganz ahnliches Resultat ergiebt auch die Betrachtung, dafs daa spec. Volum von N in den fliichtigcn Basen = 2,3, das von 0 in- nerhalb eines Radicals = 6,1, das von (NO,) aber = 33 ist.

Page 19: Beiträge zur Stöchiometrie der physikalischen Eigenschaften chemischer Verbindungen

Eigenschaften chemiscker Verbindungen. 37

standtheii enthalten ; aller Wasserstoff, welcher in den1 Am- moniak ist, kann durch Radicale vertreten werden. Fur den im Ammoniak enthaltenen Slickstoff ergab sich [S. 24) das spec. VoIum 2,3. Das spec. Gewicht des flussigen Stickstoffs bei seinem Siedepunkt, bezogen auf das des Wassers bei Oo als Einheit, wiirde hieraus = - 14 - -6 folgen. Der Stickstoff

293 wiirde sich, was sein spec. Gewicht im flussigen Zustand be- trifft, den Metallen an die Seite stellen.

s 63. - Es wurde schon fruher in diesen Annalen XCVI, 172 f. und namentlich 325 ff. hervorgehoben, dars es v ide Gruppen von Verbindungen giebt, deren Glieder gleiches oder nahezu gleiches spec. Volum haben. Die Stickstoffver- bindungen, deren spec. Volum in dem Vorliegenden erortert wurde, liefern neue Beitrage zu der Erkenntnifs und der Erweiterung solcher Gruppen. Nur an wenigen Beispielen will ich hier zeigen, mit welchen Verbindongen sich einzelne stickstoff haltige Flussigkeiten zu solclien Gruppen zusammen- stellen.

Von folgenden Verbindungen z. B. erfullen bei den Siede- punkten die durch die Formeln ausgedriickten aquivalenten Gewichlsmengen die angegebenen Volume (den yon HzOz bei dem Siedepunkt des Wassers erfullten Raum = 18,8 gesetzt; ich schreibe die aus den Beobachtungen abgeleiteten und die aus meinen Berechnungen folgenden spec. Volume hierhcr) :

Spec. Volum beobachtet berechne:

Wasser KO, 18,8 18,8 Ammonialr H J 22,4-23,3 *) 18,8

Brom Br 27,O-28,7 27,8 Cyan C,N 28,9-30,O *) 28,O

Aldehyd C,H,O* 56,O-56,9 56,2

*) fur 44 bis 500 i iber dem Siedepunkt.

") fur 37 bis 390 i iber dam Siedepunkt.

Cyanmethyl C'HJ 54,3 55,5 Brornmethyl C,H,Br 58,2 55,3

Page 20: Beiträge zur Stöchiometrie der physikalischen Eigenschaften chemischer Verbindungen

30 K o p p , aur Stochzotnetrie der plrysikalischeii etc.

Spec. Volum

Weingeist C,H,Oa Essigsaure C,H,O' Ameisens. Methyl C,H,O, Cyans. Methyl C,H,NOa Aeth ylamin C,H,N Schwefellrohlenstoff C, S, lfach-gechlortes Chlormethyl C,H,CI, Jodmethy 1 C A J Aceton C&O¶ C yanath yl c6 Hs N Schwefeleyanmethyl C,H,NS, Schwefelmethyl C,H,Sa tiethylather C,Hl,O¶ BII tylallrohol C8HlOOl Phenol Cia Bntylamin CnHiiN Anilin C11H7N Butterslure CaHnO, Essigs. Aethyl C,H,O, Wasserfreie Essigsiure C,H,O, Chloral C,HCI,O, 2fach-gechlortes Chloriithyl C,H,CI, Ifach-gechlortes ChlorelayI C,H,CI, Bromphosphor PBr, Valeraldehyd ClOHlOO, Cyanbutyl CioHgN Bittermandeldl Ci,HaOa Cyanphen yl CuHsN Schwefelathyl CnHioSa

beohachtet 61,8-62,5 63,5-63,8

63,4

65,3

64,5 62,2-62,4

65,4-68,3 77,3-77,6

77,2 75,2-78,2

75,7 105,6-106,4

103,6-104,O

106,4-106,8 106,4-107,8 107,4-107,B 109,9-110, 1 108,4-108,9 105,6-109,7 105,4-f 07,2

108,6 1 l7,3-120,3

118,4 121,6-121,9 120,5-121,5

berechnet 62,8 64,O 64,O 63,3 62,B

67,6 65,O 78,2

78,f 77,6

106,8 106,s 106,8 106,8 i 06,s 108,O 108,O 109,2 108,l 106,9 206,9

122,2

122,2

773

121,5

121,5 121,6.

Diese Beispiele fur Gleichheit oder annahernde Gleich- heit der spec. Volume bei verschiedenen Verbindnngen lassen sich aus dem Material, welches ich in den friiheren Theilen dieser Untersuchungen und dem vorliegenden zusarnmen- gestcllt habe, leicht vervollstandigen und vervielfachen. Ob fur die Erklarung dieser Regelrnarsigkeii die Betrachtungs- weise, welche ich bei diesen Untersuchungen befolgte , aus- reichend ist (vgl. diese Annalen XCVI, 325 K), oder ob hier eine tiefer liegende Gesetzmafsigkeit angezeigt ist , mussen weitere Forschungen entscheiden.