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Die 69 Optionskommunen der Bundesrepublik Deutschland
Benchmarking der Optionskommunen - Vergleichsring II - Entwicklungen und Tendenzen Arbeitsergebnisse fachlicher Austausch
Berichtsjahr 2011
Benchmarking der 69 Optionskommunen
Vergleichsring II Bericht 2011
Februar 2011
0
Impressum Impressum
Erstellt für:
Vergleichsring II
Das con_sens-Projektteam:
Dr. Helmut Hartmann
Isabell Lagler
Corinna Wilfling
Beate Böttcher
Dennis Döschner
Ragna Friedrichsmeier
Titelbild:
www.fotocommunity.de
Christoph Breithaupt
Consulting für Steuerung und soziale Entwicklung GmbH
Rothenbaumchaussee 11 D-20148 Hamburg
Tel.: 0 40 - 410 32 81 Fax: 0 40 - 41 35 01 11
www.consens-info.de
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 3
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort ......................................................................................................... 4
2 Entwicklung von Arbeitslosigkeit, Hilfebedürftigkeit und Arbeitsmarkintegration im
VR II ............................................................................................................. 5
2.1 Entwicklung der Arbeitslosigkeit in den Kommunen des VR II ab 2008 .................. 6
2.2 Entwicklung der Hilfebedürftigkeit in den Kommunen des VR II ab 2008 ............... 8
2.2.1 Entwicklung der SGB II-Quote ...................................................................... 8 2.2.2 Entwicklung der Zahl der Bedarfsgemeinschaften ............................................ 9 2.2.3 Entwicklung der Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (eLb) ...............10
2.3 Eingliederungen in den ersten Arbeitsmarkt ....................................................... 12
3 Fachlicher Austausch im VR II: Arbeitsergebnisse und Ansätze guter Praxis ...... 14
3.1 Die Aktivitäten des VR II im Überblick .............................................................. 14
3.2 Die Gestaltung des sozialen Arbeitsmarktes ....................................................... 18
3.2.1 Kosten- und Teilnehmerstruktur ...................................................................18 3.2.2 Ziele, Chancen und Risiken des sozialen Arbeitsmarktes .................................19 3.2.3 Ein Praxisbeispiel: Das Sozialkaufhaus im Landkreis Verden ............................21
3.3 Steuerung der Kosten der Unterkunft: Wo liegen die konkreten Steuerungshebel? .. 23
3.3.1 Bedeutung der Kosten der Unterkunft für die Kommunen ................................23 3.3.2 Die Angemessenheitsprüfung: „Produkttheorie“ und „schlüssiges Gesamtkonzept“
23 3.3.3 Steuerungshebel zur Senkung der Kosten der Unterkunft .................................25
4 Resümé und Ausblick ................................................................................... 28
5 Abbildungsverzeichnis ................................................................................... 30
6 Anhang ........................................................................................................ 31
6.1 Tabellen zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit..................................................... 31
6.2 Tabellen zur Entwicklung der Hilfebedürftigkeit .................................................. 32
6.3 Tabellen zur Entwicklung der Arbeitsmarktintegrationen ..................................... 33
6.4 Projektkonzept Sozialkaufhaus – Arbeit im Landkreis Verden (ALV) ...................... 34
6.5 Resümé BMOK – Änderungswünsche ............................................................... 39
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 4
1 Vorwort
Lieber Leserin, lieber Leser !
Einer guten Tradition folgend veröffentlichen die im Vergleichsring II zusammengefassten
Optionslandkreise mit diesem Bericht die Schwerpunkte ihrer Arbeit des abgelaufenen Jahres.
Das Jahr 2011 ist das letzte Jahr des Benchmarking in der bisherigen Zusammensetzung der
Vergleichsringe. Die für uns alle erfreuliche Erweiterung des Optionsmodells macht eine neue
regionale Gliederung der Vergleichsringe notwendig und wird gleichzeitig dazu genutzt, das
„Benchmarking“ zu einem „Benchlearning“ weiter zu entwickeln.
Der Jahresbericht für 2011 enthält daher im Gegensatz zu den Vorgängerberichten zusätzlich
interessante Kennzahlen auf einer Zeitachse von 2008 bis 2011, die Ihnen Rückschlüsse auf
langfristige Entwicklungen und Tendenzen in den einzelnen Kreisen ermöglichen.
Zwei Schwerpunktthemen des vergangenen Jahres werden im Bericht ausführlich dargestellt:
In Anbetracht der guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, hohen Integrationswerten und
sinkenden Bezieherzahlen wurde ein besonderes Augenmerk auf Menschen mit schwieriger
Integrationsprognose gelegt und die regionale Gestaltung eines sozialen Arbeitsmarktes
intensiv diskutiert.
Die Kommunen werden im Bereich des SGB II hauptsächlich durch die steigenden Kosten für
Unterkunft und Heizung belastet. Der Vergleichsring hat daher Strategien und innovative
Ansätze zur Steuerung dieser Ausgaben in einer „Hebelsammlung“ zusammengefasst. Diese
kann auch für Kommunen außerhalb unseres Vergleichsringes wichtige Impulse geben.
Ein herzliches Wort des Dankes sage ich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den
Vergleichsringsitzungen, die sich im vergangenen Jahr in die Diskussion und den Fachaustausch
aktiv und engagiert eingebracht haben.
Gleichzeitig danke ich dem Moderatorenteam von con_sens, das unseren Vergleichsring über
viele Jahre hinweg kompetent begleitet hat.
Thomas Schmidt
Dezernent Kommunale Arbeitsförderung
Landkreis St. Wendel
Sprecher des Vergleichsrings II
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 5
Im Bericht werden die folgenden Abkürzungen benutzt:
DN Kreis Düren (NRW)
ERB Odenwaldkreis (Hessen)
MI Kreis Minden-Lübbecke (NRW)
MKK Main-Kinzig-Kreis (Hessen)
OHZ Landkreis Osterholz (Niedersachsen)
ROW LK Rotenburg-Wümme (Niedersachsen)
RÜD Rheingau-Taunus-Kreis (Hessen)
VER Landkreis Verden (Niedersachsen)
WND Landkreis St. Wendel (Saarland)
2 Entwicklung von Arbeitslosigkeit, Hilfebedürftigkeit und
Arbeitsmarkintegration im VR II
Vorbemerkung zu Datenherkunft – Beginn des bundesweiten Leistungsvergleichs in 2011
Auch im Jahr 2011 nutzten die Optionskommunen die Daten der amtlichen Arbeitsmarktstatistik
als einheitliche Datenquelle für den Benchmarking-Prozess. Die Basisdaten für die
Benchmarking-Kennzahlen übermittelte die Statistik der BA weiterhin direkt an das
Beratungsunternehmen, welches diese dem vereinbarten Kennzahlenkatalog entsprechend
aufbereitete. Mit Ablauf des Jahres 2011 ist diese direkte Datenlieferung durch die BA-Statistik
abgeschlossen.
Insgesamt sind in 2011 wesentliche rechtliche Änderungen zum Tragen gekommen, welche
auch die Daten der Arbeitsmarktstatistik und vor allem den Leistungsvergleich zwischen den
Jobcentern betreffen. Im Zuge des bundesweiten Zielsteuerungsprozesses führt das BMAS
nunmehr einen Kennzahlenvergleich zwischen allen Trägern der Grundsicherung durch und
veröffentlicht die Ergebnisse auf der Internet-Plattform www.sgb2.info. Die entsprechenden
Kennzahlen sind in der Verordnung zur Festlegung der Kennzahlen nach § 48a SGB II
beschrieben. Die Leistungsfähigkeit der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird
zukünftig in Bezug auf die folgenden drei Ziele gemessen:
Verringerung der Hilfebedürftigkeit
Verbesserung der Integration in Erwerbstätigkeit
Vermeidung von langfristigem Leistungsbezug
Für jedes Ziel ist eine Kennzahl sowie verschiedene Hilfsgrößen definiert, mit der die
Leistungsfähigkeit in Bezug auf dieses Ziel festgestellt werden kann.
Im Jahr 2011 sind die Teilnehmer des Benchmarking der Optionskommunen dazu
übergegangen, neben der Analyse der gemeinsam definierten Benchmarking-Kennzahlen einen
vergleichsringbezogenen Austausch über die Ergebnisse der Bundeskennzahlen durchzuführen.
con_sens hat die entsprechenden Daten der Teilnehmer von der Internetplattform des
Sozialministeriums geladen und für alle sieben Vergleichsringe vergleichsringbezogen aufbereitet.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 6
Zeitreihenbetrachtung ab 2008 Da im Benchmarking mit Abschluss des Berichtsjahres 2011
eine Zäsur ansteht – zukünftig wird das Benchmarking der Optionskommunen um die neu
zugelassenen zkT auf 109 Teilnehmer erweitert und als „Benchlearning“ (BLOK) fortgeführt –
soll in diesem Bericht die Entwicklung einiger zentraler Kenngrößen für den VR II über einen
längeren Zeitraum analysiert werden. Wo die Datenbasis dies zuließ, wurden Zeitreihen ab 2008
gewählt. Auf diese Weise wird unter anderem deutlich, wie sich die Finanz- und Wirtschaftskrise
auf das Leistungsgeschehen vor Ort in den Optionskommunen des VR II ausgewirkt hat. Im
Folgenden werden die Entwicklung der Arbeitslosigkeit und der Hilfebedürftigkeit sowie – mit
einigen Einschränkungen – die Entwicklung der Arbeitsmarktintegrationen im VR II in einer
Zeitreihenbetrachtung nachgezeichnet.
2.1 Entwicklung der Arbeitslosigkeit in den Kommunen des VR II ab 2008
Bei den Arbeitslosenquoten handelt es sich um Strukturkennzahlen, welche einen Hinweis darauf
geben, in welchem arbeitsmarktlichen Umfeld die Aktivitäten der Jobcenter im VR II stattfanden.
Methodisch gesehen bilden die Arbeitslosenquoten den Anteil der Arbeitslosen (ALQ) bzw. der
arbeitslosen SGB II-Bezieher (ALQ SGB II als Teilmenge) an allen zivilen Erwerbspersonen ab.
Die nachfolgende Abbildung 1 gibt einen Eindruck davon, wie sich die Arbeitslosenquote (ALQ)
in den Kommunen des VR II nach dem Eintritt der Finanz- und Wirtschaftskrise entwickelt hat.
Die ALQ ist ein wichtiges Rahmendatum für den Bereich SGB II, nimmt jedoch nur mittelbar
Einfluss auf die Entwicklungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende – wie im Folgenden
noch deutlich werden wird. Die gepunktete schwarze Linie markiert den Mittelwert der ALQ über
alle Teilnehmer des VR II.
5,27
6,13
5,66
5,10
3,00
4,00
5,00
6,00
7,00
8,00
9,00
Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez
2008 2009 2010 2011
Entwicklung der Arbeitslosenquote
DN
ERB
MI
MKK
OHZ
ROW
RÜD
VER
WND
MW
ERB: Datenqualitätsmanagement, erhöhte Datenqualität ab Mitte 2011
Abbildung 1 Entwicklung der Arbeitslosenquote
Der Beginn der Krise im September 2008 ist deutlich an der Entwicklung der ALQ ablesbar: Bis
zu diesem Zeitpunkt gingen die ALQ in allen Kommunen des VR II zurück, um dann mehr oder
weniger deutlich anzusteigen – besonders dramatisch z.B. in Minden, aber auch DN, der MKK,
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 7
ERB, ROW und WND haben sehr starke Anstiege der ALQ vor Ort zu verzeichnen gehabt. Die
Entwicklung im Odenwaldkreis, wo nach einer Phase der Stabilisierung von März 2009 bis März
2011 zur Jahresmitte 2011 ein erneuter Anstieg der ALQ zu beobachten ist, ist zurückzuführen
auf das dortige Datenqualitätsmanagement: Ab Mitte 2011 konnte das Jobcenter die Validität
der Daten steigern, die nunmehr ein realistisches Bild der Arbeitslosigkeit im Kreisgebiet
abgeben dürften.
Die nachfolgende Grafik 2 nimmt Bezug auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Teilbereich
SGB II (ALQ SGB II als Teilmenge der „allgemeinen“ ALQ = SGB III + SGB II). Dabei fällt vor
allem auf, dass die ALQ SGB II in wesentlich geringerem Umfang von der Finanz- und
Wirtschaftskrise beeinflusst wurde als die ALQ insgesamt (s. oben Abb. 1).
3,41
3,703,59
3,42
1,50
2,00
2,50
3,00
3,50
4,00
4,50
5,00
5,50
6,00
6,50
Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez
2008 2009 2010 2011
Entwicklung der Quote der arbeitslosen SGB II-Empfänger
DN
ERB
MI
MKK
OHZ
ROW
RÜD
VER
WND
MW
ERB: Datenqualitätsmanagement, erhöhte Datenqualität ab Mitte 2011
Abbildung 2 Entwicklung der Arbeitslosenquote SGB II
Insgesamt lässt sich ein ähnlicher Verlauf – stetiger Rückgang der ALQ SGB II bis Sept 2008,
danach ansteigende Tendenz – feststellen, jedoch verlaufen die Kurven bei der ALQ SGB II
wesentlich flacher als bei der ALQ gesamt. Gegen Ende des Jahres 2009 ist ein tendenzieller
Anstieg zu erkennen, der interpretiert werden kann als Antragswelle anlässlich des Auslaufens
von ALG I-Ansprüchen. Die Auswirkungen auf die ALQ SGB II sind jedoch insgesamt nur
schwach ausgeprägt. Ab Mitte 2010 zeigen sich dann recht unterschiedliche Entwicklungen
zwischen den Teilnehmern des VR II. Während einige mehr oder weniger deutliche Rückgänge
zu verzeichnen haben (MI, MKK, OHZ, WND) nimmt die ALQ SGB II bei anderen wieder zu (DN,
ERB, RÜD, ROW). Der sprunghafte Anstieg der Quote der arbeitslosen SGB II-Bezieher im
Odenwaldkreis ist primär auf Maßnahmen des Datenqualitätsmanagements (Erhöhung
Datenvalidität) zurückzuführen.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 8
2.2 Entwicklung der Hilfebedürftigkeit in den Kommunen des VR II ab 2008
Nach einem Blick auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit wird nun die Entwicklung der
Hilfebedürftigkeit in den Optionskommunen des VR II seit Beginn der Finanz- und
Wirtschafskrise im Herbst 2008 skizziert – und zwar anhand der Entwicklung der
SGB II-Quote
Bedarfsgemeinschaften
Erwerbsfähigen Leistungsberechtigten.
2.2.1 Entwicklung der SGB II-Quote
Die SGB II-Quote gibt einen Eindruck davon, wie stark eine Kommune durch
Transferleistungsbezug im Bereich SGB II belastet ist. Abgebildet wird die Summe der
erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und der Sozialgeldempfänger (T-0) bezogen auf die Anzahl
der Einwohner im erwerbsfähigen Alter unter 65 Jahren.
7,387,49
7,32
7,04
4,00
5,00
6,00
7,00
8,00
9,00
10,00
11,00
Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez
2008 2009 2010 2011
Entwicklung der SGB II-Quote
DN
ERB
MI
MKK
OHZ
ROW
RÜD
VER
WND
MW
Abbildung 3 Entwicklung der SGB II-Quote
Im Mittel der Jahre 2008 bis 2011 war die SGB II-Quote nur geringen Schwankungen
unterworfen. Insgesamt hat sie von Beginn des Jahres 2008 (7,7%) bis zum Ende des
Berichtsjahres 2011 (7%) leicht abgenommen mit zwischenzeitigem Anstieg bis etwa Mitte
2010. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat somit den Verlauf der Hilfebedürftigkeit SGB II
allenfalls geringfügig beeinflusst. Allerdings sind auch hier die Unterschiede zwischen den
Teilnehmern des VR II erheblich: Fast stetige Rückgänge lassen sich in WND, OHZ und –
besonders deutlich – in ROW feststellen. In ROW hat sich die SGB II-Quoten von gut 8% zu
Beginn des Jahres 2008 auf 6% Ende 2011 verringert. In DN, MI, im MKK und in VER verlief
die Entwicklung viel weniger stetig. Jedoch hat einzig und allein DN über den gesamten 4-
Jahreszeitraum betrachtet Zuwächse der SGB II-Quote zu verkraften.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 9
Insgesamt bestätigt die Zeitreihe die Einschätzungen der Experten vor Ort, dass die
konjunkturellen Einbrüche nach dem Herbst 2008 das Leistungsgeschehen in der
Grundsicherung für Arbeitsuchende nur wenig bzw. nur mit zeitlichem Verzug beeinflusst haben.
Die Krise war in den Jobcentern vor allem in Form einer nachlassenden Aufnahmefähigkeit des
Arbeitsmarktes für Menschen mit geringer Qualifikation und ggf. weiteren
Vermittlungshemmnissen spürbar, z.B. in der Zeitarbeit oder bei den Helfertätigkeiten. Allerdings
zeigt sich auch, dass die Optionskommunen des VR II auf Grund ihrer unterschiedlichen
Wirtschaftsstruktur in sehr unterschiedlichem Ausmaß betroffen waren, wie die folgenden Kapitel
noch zeigen werden.
2.2.2 Entwicklung der Zahl der Bedarfsgemeinschaften
Nachfolgend wird die Entwicklung der BG-Quote, also der „Dichte“ der Bedarfsgemeinschaften
mit Bezug von SGB II-Leistungen pro Einwohner im erwerbsfähigen Alter abgebildet. Die mittlere
BG-Quote (MW über alle Teilnehmer) nahm bis Ende des Krisenjahres 2008 stetig ab, um ab
2009 wieder anzusteigen bis zum Höchstwert von 3,89 BG pro Ew. im Juni 2010. Danach
entspannt sich die Situation bis zum Ende des Berichtszeitraumes (September 2011) recht
schnell und deutlich wieder.
Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep
2008 2009 2010 2011
DN 4,85 4,79 4,69 4,63 4,74 4,83 4,81 4,88 5,05 4,98 4,94 4,91 5,10 5,06 5,01
ERB 3,59 3,58 3,54 3,54 3,69 3,76 3,81 3,78 3,89 3,83 3,82 3,78 3,88 3,71 3,72
MI 4,49 4,38 4,29 4,31 4,42 4,53 4,59 4,63 4,80 4,76 4,63 4,53 4,60 4,52 4,47
MKK 3,35 3,32 3,28 3,27 3,39 3,43 3,50 3,55 3,69 3,61 3,56 3,48 3,55 3,50 3,46
OHZ 3,27 3,16 3,06 3,06 3,14 3,13 3,17 3,19 3,29 3,23 3,10 3,03 3,11 3,02 2,88
ROW 3,87 3,78 3,72 3,62 3,69 3,65 3,57 3,57 3,64 3,55 3,41 3,31 3,34 3,25 3,13
RÜD 2,60 2,56 2,53 2,53 2,59 2,56 2,58 2,63 2,70 2,61 2,58 2,56 2,63 2,53 2,49
VER 4,16 4,13 4,11 4,10 4,23 4,21 4,25 4,23 4,32 4,23 4,09 4,04 4,12 4,06 3,97
WND 3,53 3,47 3,37 3,40 3,54 3,63 3,64 3,62 3,63 3,52 3,34 3,26 3,35 3,25 3,08
MW 3,75 3,69 3,62 3,61 3,72 3,75 3,77 3,79 3,89 3,81 3,72 3,66 3,74 3,66 3,58
3,753,62
3,72 3,773,89
3,72 3,743,58
2,00
2,50
3,00
3,50
4,00
4,50
5,00
5,50
Entwicklung der BG-Quote pro Ew 15-65J 2008-2011
DN
ERB
MI
MKK
OHZ
ROW
RÜD
VER
WND
MW
Abbildung 4 Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften pro Einwohner 2008 bis 2011
Allerdings lassen sich recht unterschiedliche Entwicklungen im VR II beobachten. Während die
BG-Quote bei einem Teil der Optionskommunen im VR II (OHZ, ROW, RÜD, VER, WND) in
diesem Vierjahres-Zeitraum zurückgegangen ist, haben andere (DN, ERB, MI, MKK) mehr oder
weniger deutliche Anstiege zu verzeichnen. Die nachfolgende Grafik (Abbildung 5 Veränderung
der BG-Quote Sept 2008 bis Sept 2011) macht dies nochmal deutlicher, indem sie die BG-
Quoten vom Beginn der Zeitreihe (Sept 2008) und vom Ende (Sept 2011) vergleicht.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 10
6,7
5,2
4,2
5,7
-5,8
-16,0
-1,6
-3,4
-8,7
-1,2
-20
-15
-10
-5
0
5
10
DN ERB MI MKK OHZ ROW RÜD VER WND MW
Veränderung der BG-QuoteSeptember 2008 im Vergleich zu September 2011 (t-3)
Abbildung 5 Veränderung der BG-Quote Sept 2008 bis Sept 2011
2.2.3 Entwicklung der Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (eLb)
Bei der Entwicklung der Quote der erwerbsfähigen Leistungsbezieher (kurz: eLB) zeigt sich in der
Zeitreihenbetrachtung eine ganz ähnliche Entwicklung über den Gesamtzeitraum bis 2011.
Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep
2008 2009 2010 2011
DN 7,19 7,13 6,99 6,81 7,01 7,17 7,09 7,14 7,42 7,31 7,24 7,18 7,48 7,44 7,34
ERB 5,44 5,40 5,32 5,32 5,52 5,67 5,68 5,60 5,78 5,68 5,65 5,54 5,72 5,42 5,41
MI 6,73 6,59 6,39 6,39 6,52 6,67 6,73 6,75 7,01 6,91 6,84 6,67 6,77 6,63 6,54
MKK 4,84 4,80 4,73 4,66 4,84 4,90 4,97 5,03 5,23 5,10 5,01 4,85 4,96 4,88 4,80
OHZ 4,65 4,47 4,45 4,40 4,52 4,48 4,46 4,52 4,68 4,57 4,34 4,23 4,34 4,24 4,05
ROW 5,53 5,38 5,40 5,20 5,30 5,27 5,13 5,10 5,21 5,05 4,79 4,67 4,72 4,60 4,39
RÜD 3,86 3,80 3,72 3,70 3,81 3,77 3,75 3,82 3,91 3,77 3,68 3,65 3,73 3,58 3,51
VER 6,03 5,96 5,85 5,79 5,97 5,92 5,96 5,94 6,07 5,97 5,81 5,70 5,83 5,71 5,61
WND 4,90 4,86 4,71 4,76 4,95 5,01 4,98 4,93 4,95 4,77 4,46 4,33 4,46 4,29 4,04
MW 5,46 5,38 5,28 5,23 5,38 5,43 5,42 5,43 5,58 5,46 5,31 5,20 5,33 5,20 5,08
5,465,28 5,38 5,42
5,58
5,31 5,33
5,08
3,00
3,50
4,00
4,50
5,00
5,50
6,00
6,50
7,00
7,50
8,00
Entwicklung der eLb-Quotepro Ew 15-65J 2008-2012
DN
ERB
MI
MKK
OHZ
ROW
RÜD
VER
WND
MW
Abbildung 6 Entwicklung der eLb pro Einwohner 2008 bis 2011
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 11
Bei gleicher Tendenz fallen die Rückgänge bei den eLb bei allen Teilnehmern insgesamt
deutlicher aus bzw. die Anstiege der eLb-Quoten sind bei den betreffenden Jobcentern geringer
ausgeprägt als bei den BG-Quoten (Rückgang mittlere BQ-Quoten Sept 2008 zu Sept 2011 im
VR II: - 1,2%, Rückgang mittlere eLb-Quoten – 3,9%).
5,0
1,72,4
1,4
-9,1
-18,7
-5,6
-4,1
-14,3
-3,9
-20
-15
-10
-5
0
5
10
DN ERB MI MKK OHZ ROW RÜD VER WND MW
Veränderung der eLb-QuoteSeptember 2008 im Vergleich zu September 2011 (t-3)
Abbildung 7 Veränderung der eLb-Quote Sept 2008 bis Sept 2011
Die Zeitreihenbetrachtung macht insgesamt deutlich, dass die Belastung der Optionskommunen
mit erwerbsfähigen Leistungsbeziehern sich günstiger entwickelt hat als die Belastung mit
SGB II-Beziehern insgesamt. Ein Grund: Das (Wieder-)Anspringen der Konjunktur schlägt sich
zwar in größeren Integrationserfolgen der Jobcenter nieder, doch nicht immer gelingt der Einstieg
in bedarfsdeckende Beschäftigung, und zwar gerade bei größeren Bedarfsgemeinschaften. Der
Anstieg der Beschäftigungsquoten (=Anteil von Personen mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit
an allen eLb, vgl. hierzu Kennzahl K7 bis K9 im BMOK) wie auch der Anstieg der Einkünfte aus
Erwerbstätigkeit (vgl. Kennzahl K25 BMOK) im Laufe des Jahres 2011 weisen jedenfalls in diese
Richtung.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 12
2.3 Eingliederungen in den ersten Arbeitsmarkt
Nachfolgend wird die BMOK-Kennzahl K3 dargestellt, welche die kumulierten Integrationen1
für
die Jahre 2010 und 2011 abbildet. Die Kennzahl K2 des bundesweiten Leistungsvergleichs2
liegt hingegen erst ab Januar 2011 vor (Def. s. Fußnote, Zahlen im Anhang), so dass hier eine
längerfristige Betrachtung noch nicht möglich ist. Bei der K3 ist zu beachten, dass es sich um t-
0-Daten entsprechend Datenlieferung der BA-Statistik handelt. Die methodischen
Einschränkungen wie im Jahresbericht 2009 dargestellt gelten weiterhin, d.h. es ist von einer
deutlichen Untererfassung der Integrationszahlen auszugehen.3
8,20
5,41
10,31
13,80
15,36
12,56
10,80
14,38
20,55
12,37
10,0110,66
11,47
15,07
17,56
15,05
12,29
15,34
27,90
15,04
0,0
5,0
10,0
15,0
20,0
25,0
30,0
DN ERB MI MKK OHZ ROW RÜD VER WND MW
KeZa K3: Abgang in Erwerbstätigkeit am 1. Arbeitsmarkt (T0)
geteilt durch den durchschnittlichen Bestand eLb (T0)
Integrationsquote in Erwerbstätigkeit am 1. Arbeitsmarkt (insgesamt) 2010
Integrationsquote in Erwerbstätigkeit am 1. Arbeitsmarkt (insgesamt) 2011
ø Jan-Dez 2011 zum Vergleich ø Jan-Dez 2010
Abbildung 8 Abgang in Erwerbstätigkeit am 1. Arbeitsmarkt (kumulierte IQ)
Im Mittel über den gesamten Vergleichsring konnte eine deutliche Steigerung der kumulierten
Intergrationen 2011 gegenüber 2010 von 12,4% auf 15% erreicht werden. Alle
Optionskommunen im VR II weisen in 2011 z.T. deutlich höhere Integrationsquoten als noch im
Vorjahr auf. Besonders erfreulich sind die Eingliederungserfolge in WND, wo mit einer
kumulierten IQ von fast 28% ein Spitzenwert erreicht werden konnte. Deutliche Steigerungen
1 (BMOK) K3 (t0) Kumulierte Integrationsquote in den 1. Arbeitsmarkt (insgesamt): Kumulierte Anzahl der aus
Arbeitslosigkeit in den 1. Arbeitsmarkt gewechselten Hilfeempfänger im Verhältnis zur durchschnittlichen Anzahl der
eHb (Quelle: Katalog Kennzahlen BMOK).
2 (Bundesweiter Leistungsvergleich – § 48a) K2 Integrationsquote Die Kennzahl misst im Rahmen des
Kennzahlenvergleichs nach § 5 (1) Nr. 2 RVO zu § 48a SGB II die Summe der Integrationen von erwerbsfähigen
Leistungsberechtigten (eLb) innerhalb der letzten zwölf Monate und setzt sie ins Verhältnis zum durchschnittlichen
Bestand an erwerbsfähigen Leistungsberechtigten der letzten zwölf Monate vor dem eigentlichen Bezugsmonat.
„Eine Integration liegt vor, wenn ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter eine sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung, eine voll qualifizierende berufliche Ausbildung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt. (…)
Der Umfang und die Dauer dieser Tätigkeit werden bei der Berechnung der Kennzahl nicht berücksichtigt“. (Quelle:
Statistik der BA, Metadaten Version 1.3 http://www.sgb2.info/sites/default/files/inlineFiles/files/000_b_metadaten_11-
2011.pdf.
3 „Vielmehr werden derzeit nur diejenigen Personen gezählt, die vor ihrer Vermittlung arbeitslos gemeldet waren. Dies
hat zur Konsequenz, dass Vermittlungen von Alleinerziehenden, Teilnehmern an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen
in den ersten Arbeitsmarkt oder Stellenwechslern nicht erfasst werden, da diese Personen vor der Vermittlung nicht
den Status ´arbeitslos´ hatten.“ (Jahresbericht BMOK VR II 2009, S. 21 ff.) Die Untererfassung betrug im Vergleich
von „eigenen“ Integrationszahlen und Daten der BA-Statistik in 2009 über 40%!
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 13
gegenüber dem Vorjahr melden auch OHZ und ROW, und auch ERB konnte in 2011 wieder an
die Entwicklung im VR II anknüpfen: Mit 10,5% hat sich dort die kumulierte IQ gegenüber dem
Vorjahr nahezu verdoppelt. Schlusslicht ist nunmehr DN, allerdings mit ebenfalls deutlicher
Zunahme der IQ gegenüber dem Vorjahr.
Die nachfolgende Abbildung 7 stellt die Entwicklung der Integrationsquoten über die Jahre 2009
bis 2011 nochmal etwas detaillierter dar, indem jeweils die Quartalswerte der
Integrationsergebnisse aufgeführt werden. Achtung! Es handelt sich hierbei nicht um kumulierte
Integrationsquoten, sondern um die IQ des jeweiligen Quartals, d.h. die Anzahl der
Arbeitsmarktintegrationen im Quartal wird bezogen auf die Anzahl der eLb im gleichen Zeitraum.
Auf diese Weise werden Entwicklungstendenzen über einen längeren Zeitraum sichtbar ohne die
Kleinteiligkeit der monatlichen Integrationsquoten. Da es sich um Quoten handelt, ist die volle
Vergleichbarkeit zwischen den Teilnehmern gegeben.
1. Qu. 2009
2. Qu. 2009
3. Qu. 2009
4. Qu. 2009
1. Qu. 2010
2. Qu. 2010
3. Qu. 2010
4. Qu. 2010
1. Qu. 2011
2. Qu. 2011
3. Qu. 2011
4. Qu. 2011
DN 0,65 0,59 0,59 0,53 0,48 0,70 0,79 0,77 0,57 0,78 0,98 1,01
ERB 0,28 0,30 0,41 0,37 0,29 0,47 0,58 0,46 0,47 1,24 0,94 0,92
MI 0,45 0,50 0,67 0,70 0,10 1,01 1,24 1,09 0,86 1,00 1,09 0,86
MKK 0,81 1,00 1,08 0,88 0,84 1,19 1,36 1,21 0,97 1,33 1,40 1,33
OHZ 0,86 1,24 1,29 1,00 0,94 1,37 1,62 1,20 1,11 1,79 1,61 1,35
ROW 0,66 1,05 1,18 0,74 0,76 1,28 1,16 0,99 0,90 1,52 1,42 1,19
RÜD 0,75 1,01 0,76 0,81 0,66 1,02 1,16 0,75 0,83 1,14 1,07 1,06
VER 0,53 0,81 1,12 1,08 0,92 1,42 1,43 1,02 0,87 1,53 1,38 1,35
WND 0,89 0,98 1,00 1,11 1,08 2,18 1,80 1,80 1,84 2,70 2,73 2,04
MW 0,65 0,83 0,90 0,80 0,68 1,18 1,24 1,03 0,94 1,45 1,40 1,23
0,83 0,80
1,18
1,03
1,45
1,23
0,00
0,50
1,00
1,50
2,00
2,50
3,00
Entwicklung der IQ Mrz 2009 - Dez 2011Quartalsmittelwerte - (K3 BMOK)
DN
ERB
MI
MKK
OHZ
ROW
RÜD
VER
WND
MW
Abbildung 9 Entwicklung der IQ (K3) März 2009 bis Dez 2011 - Quartalsmittelwerte
Der Mittelwert zeigt eine typische zyklische Entwicklung mit saisonbedingten Rückgängen der IQ
im Winterhalbjahr (4. und 1. Quartal) und einem Anstieg der Eingliederungserfolge im
Sommerhalbjahr (2. und 3. Quartal). Faktoren, die dabei eine Rolle spielen sind beispielsweise
der Beginn des Ausbildungsjahres im August / September, ferner die saisonal schwankende
Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes im Bereich der Helfertätigkeiten, etwa im Tourismus oder
in der Baubranche. Dementsprechend sind die Entwicklungen in den einzelnen Kommunen auch
sehr unterschiedlich – abhängig von der Struktur des Arbeitsmarktes vor Ort. Weit über dem
Durchschnitt des VR bewegt sich WND etwa seit dem Sommerhalbjahr 2010 – allerdings mit
recht deutlichen Einbrüchen zum Winterhalbjahr. Auf gleichmäßig hohem Niveau mit steigender
Tendenz finden sich OHZ, ROW und MKK. Eher atypisch fällt die Entwicklung in MI aus mit
deutlichem Einbruch der IQ im 1. Quartal 2010 und nachfolgendem überdurchschnittlichen
Anstieg. Erfreulich ist auch, dass der Odenwaldkreis nach vergleichsweise geringem
Integrationsniveau in den Jahren 2009 und 2010 zum Sommerhalbjahr 2011 wieder den
Anschluss an die Entwicklung im Vergleichsring gefunden hat.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 14
3 Fachlicher Austausch im VR II: Arbeitsergebnisse und Ansätze guter Praxis
3.1 Die Aktivitäten des VR II im Überblick
Auch das Jahr 2011 barg für die Jobcenter wieder zahlreiche Herausforderungen. Die
Optionskommunen im Vergleichsring II haben die Benchmarking-Sitzungen abermals für einen
intensiven Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen zu zahlreichen fachlichen Themen
genutzt, um hier gut gerüstet zu sein. Die nachfolgenden Ausführungen werfen dabei ein
Schlaglicht auf die verschiedenen fachlichen Aktivitäten des VR II in 2011, bevor in den beiden
anschließenden Kapiteln die Arbeitsergebnisse zu zwei Fachthemen im Detail vorgestellt werden.
Zielvereinbarungen und bundesweiter Leistungsvergleich Seit 2011 wird die Grundsicherung
für Arbeitsuchende durch Zielvereinbarungen gesteuert (§ 48b SGB II). Die zugelassenen
kommunalen Träger sind in diesen Prozess eingebunden, indem sie zukünftig Zielvereinbarungen
mit den jeweiligen Landesbehörden, in der Regel den zuständigen Landesministerien,
abzuschließen haben, welche ihrerseits Zielvereinbarungen mit dem Bund abschließen. Die
Zielvereinbarungen betreffen das Erreichen der gesetzlichen Ziele des SGB II
Verringerung der Hilfebedürftigkeit
Verbesserung der Integration in Erwerbstätigkeit
Vermeidung von langfristigem Leistungsbezug
sowie ggf. weiterer, individuell zwischen den Vertragspartnern zu vereinbarender Ziele. Im Zuge
des Zielsteuerungsprozesses werden alle Jobcenter in Deutschland nach § 48a SGB II einem
Leistungsvergleich unterzogen. Für jedes Ziel sind eine Kennzahl sowie verschiedene Hilfsgrößen
definiert, die die Leistungsfähigkeit der Jobcenter in Bezug auf das Ziel abbilden. Das BMAS
veröffentlicht die Ergebnisse des Leistungsvergleichs seit Mai 2011 auf der Internet-Plattform
www.sgb2.info. Die entsprechenden Kennzahlen sind in der Verordnung zur Festlegung der
Kennzahlen nach § 48a SGB II beschrieben.
Die Teilnehmer des VR II haben sich über den Fortgang des Zielvereinbarungsprozesses vor
allem in den für sie maßgeblichen Ländern Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und
Saarland über das gesamtes Jahr 2011 intensiv ausgetauscht; das Thema war von höchstem
strategischem Interesse. Das Jahr 2011 war dabei noch „Probedurchlauf“, da Strukturen und
Prozesse des bundesweiten Zielvereinbarungsprozesses sich erst im Aufbau befanden. Ab 2012
wird es jedoch „ernst“: Ende 2011 wurden bereits konkrete Zielwerte für die Ziele 2 „Integration
in Erwerbstätigkeit“ und 3 „Vermeidung von Langzeitleistungsbezug“ mit den Ländern vereinbart.
Im Verlauf des Jahres ist man im BMOK dazu übergegangen, neben den Kennzahlen des BMOK
die Ergebnisse der „Bundeskennzahlen“ vergleichsringbezogen auszuwerten und zu analysieren.
con_sens hat hierzu die Daten aller zkT von der Bundesplattform gezogen und Vergleichsring
bezogen ausgewertet. Nach den bisherigen Erfahrungen ist die öffentliche Aufmerksamkeit für
den bundesweiten Leistungsvergleich der Jobcenter bislang erstaunlich gering. Dennoch wollen
die Optionskommunen hier gerüstet sein. Im VR II, aber auch in allen anderen Vergleichsringen
des BMOK, wurde daher intensiv nach praktischen „Hebeln“ gesucht, welche die Erreichung der
gesetzlichen Ziele fördern. Die daraus entstandene „Hebelsammlung“ steht mittlerweile allen
Kommunen im BMOK zur Verfügung.
Leistungen für Bildung und Teilhabe Ein weiterer Schwerpunkt des inhaltlichen Austausches im
VR II war die Umsetzung des 2011 in Kraft getretenen „Bildungs- und Teilhabepaketes“ (kurz:
BuT). Der Unterabschnitt 4 des SGB II (§§ 28 ff.) regelt nunmehr die Abdeckung der Bedarfe
von Kindern und Jugendlichen auf Bildung und Teilhabe zusätzlich zu den Regelleistungen.
Zuständig sind die Kommunen. Vor Beginn der Umsetzungsphase galt es, verschiedenste
rechtliche und tatsächliche Fragen zu klären und optimale Strukturen und Prozesse für die
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 15
praktische Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes auf den Weg zu bringen. Auch wurden
strategische Fragen bzw. Fragen der Umsetzungs-„Philosophie“ wiederholt intensiv diskutiert.
Welche kommunale Stelle übernimmt die Umsetzung und Steuerung - auch für
anspruchsberechtigte Kinder außerhalb des SGB II („Wohngeld“- und „KiZ-Kinder“)? Ist
es sinnvoll eine zentrale Servicestelle zu schaffen?
Wie können die Prozessabläufe zwischen den Akteuren – Antragsteller, Jobcenter,
Kommune, Schulen, Vereine, Dienstleistungsunternehmen etc. – aussehen?
Welche Formen der Anspruchsprüfung (z.B. bei der Lernförderung) und der Abrechnung
(z.B. beim Schulmittagessen) sind sachgerecht und praktikabel – Direktzahlung an
Antragsteller, Gutscheine, elektronische Lösungen wie Chipkarten etc.? Wie verhindert
man, dass bewährte Versorgungsstrukturen aufgelöst werden und sich die bisherigen
Akteure unter Hinweis auf das SGB II zurückziehen?
Strategisch war neben der notwendigen Vernetzung aller Akteure auf der kommunalen Ebene vor
allem die Frage der Informationspolitik von Bedeutung: Weil das Antragsgeschäft zunächst
schleppend anlief, entschlossen sich viele Kommunen für ein proaktives Vorgehen, das aktiv auf
die Zielgruppe zugeht, sie mit Informationen versorgt und zur Antragsstellung ermutigt.
Klärungsbedarf bestand und besteht für die Kommunen auch im Hinblick auf ein sachgerechtes
Controlling für den Bereich Bildung und Teilhabe, welches Leistungsgeschehen und
Arbeitsergebnisse realistisch abbildet. Auch wenn immer noch nicht alle Fragen geklärt sind,
wird das Bildungs- und Teilhabepaket mittlerweile in allen Kommunen des VR II erfolgreich
umgesetzt. Die enge Einbindung der kommunalen Jobcenter in die allgemeinen Strukturen vor
Ort zur Verbesserung der Versorgung von Kindern und Jugendlichen – etwa in der Schulpolitik
oder Jugendhilfe – kommt ihnen hierbei zu Gute.
Kürzung der Mittel für Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik Zum Beginn des
Berichtsjahres 2011 sahen sich die Jobcenter mit der Tatsache konfrontiert, dass die
Bundesmittel für die aktiven Eingliederungsmaßnahmen deutlich zurück gefahren wurden. Der
Bund sah angesichts sinkender Arbeitslosen- und Leistungsbezieherzahlen die Zeit gekommen,
hier den Rotstift anzusetzen – und auch die Effizienzfrage zu stellen. Angesichts von Kürzungen
zwischen 20 und über 30% gegenüber den Vorjahren diskutierten die Teilnehmer im VR II daher
intensiv die Frage, wie mit geringerem Mitteleinsatz ein optimales Maßnahme-Portfolio für den
Kundenkreis vorgehalten werden kann. Viele Kommunen haben ihre Maßnahme- und
Trägerlandschaft auf den Prüfstand gestellt. Viele Maßnahmeträger vor Ort waren gezwungen,
ihre Angebote besser als bisher aufeinander abzustimmen. Der Bereich AGH hat hier besonders
viele Federn lassen müssen. Aber auch teure Maßnahmen mit hohem Betreuungsaufwand
gerieten in das Fadenkreuz der Sparbemühungen. Diejenigen Kommunen, die selbst als
Maßnahmeträger agieren, hat die Kürzung der Eingliederungsmittel teilweise hart getroffen; hier
ist der Anpassungsprozess derzeit noch in vollem Gang. Bedenklich ist, dass vorrangig die
Angebote für Menschen mit multiplen Problemlagen abgebaut werden, die sich als durchaus
Erfolg versprechender Weg zum 1. Arbeitsmarkt bewährt haben (s. z.B. Bericht VR II 2010
„Integrationsstrategien für arbeitsmarktferne Kunden“). Hohe Beratungsdichte und intensiver
Betreuungsaufwand haben sich oftmals ausgezahlt und zu durchaus überraschenden
Integrationserfolgen geführt. Das ungünstige Verhältnis von Aufwand und „Ertrag“ macht es in
Zeiten des Sparens jedoch schwierig, diese Maßnahmen politisch zu rechtfertigen.
Der Umbau im „aktiven“ Bereich ist damit allerdings noch lange nicht abgeschlossen: Ab 2012
trat eine weitere Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente in Kraft, die die
Rechtsgrundlagen für die aktive Arbeitsmarktpolitik der Jobcenter in weiten Teilen nochmal neu
formuliert. Dies betrifft etwa die Bereiche der öffentlich geförderten Beschäftigung sowie der
Maßnahmen zur Arbeitsförderung nach § 46 SGB III. Unter anderem hat der Gesetzgeber die
Voraussetzungen für die AGH – gemeinnützig, zusätzlich, wettbewerbsneutral – nunmehr in §
16d SGB II (neu) gesetzlich geregelt und eine zeitliche Obergrenze für die Teilnahme eingeführt.
Maßnahmen nach § 46 SGB III sowie die ausführenden Maßnahmeträger müssen sich zukünftig
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 16
nach §§ 178 ff. SGB III einem Zertifizierungsverfahren unterziehen. Dies hat abermals eine
ganze Reihe von praktischen und strategischen Fragen aufgeworfen, die die Teilnehmer des VR II
in der zweiten Jahreshälfte 2011 intensiv diskutiert haben und in 2012 weiter bearbeiten
werden.
Auf dem Programm des fachlich-inhaltlichen Austausches 2011 stand weiterhin das Thema
kommunale Arbeitsmarktprogramme. Wie kann das Verfahren zur Erstellung eines kommunalen
Arbeitsmarktprogrammes aussehen und welche Akteure sollten eingebunden werden? Welche
Ziele verfolgen die Kommunen mit ihren Arbeitsmarktprogrammen und welche inhaltlichen
Kriterien haben sich als erfolgreich erwiesen? Das Jobcenter Minden-Lübbecke hat den
Kolleginnen und Kollegen im Vergleichsting das dortige Arbeitsmarktprogramm und den Prozess
der Programmerstellung vorgestellt und sich ihren kritischen Fragen gestellt. Ergänzend hat der
Vergleichsring einen Blick auf das Arbeitsmarktprogramm der Agentur für Arbeit geworfen und in
der vergleichenden Analyse nach übertragbaren Aspekten und Erfolgsfaktoren Ausschau
gehalten. Im Zuge der Diskussion zu kommunalen Arbeitsmarktprogrammen wurde auch die
Frage nach effektiven Ansatzpunkten für eine kommunale Arbeitsmarktanalyse gestellt.
Der Erfolgsfaktor Personal In 2011 fand sich wiederholt das Thema Personal auf der
Tagesordnung der VR-Sitzungen. Im Zuge der Kennzahlenanalyse haben die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer die VR-internen Personalkennzahlen wiederholt einer intensiven Analyse
unterzogen. Das Kennzahlenset Personal war einheitlich für alle Vergleichsringe zum
Erhebungszyklus 2011 überarbeitet und fortgeschrieben worden. Die wichtigste Änderung war
dabei die Umstellung von Planzahlen auf IST-Zahlen zur Personalausstattung, ferner die weitere
Konkretisierung des Personals im „Overhead“. Mittlerweile beteiligen sich fast alle zkT an der
Erhebung der Personalkennzahlen; für den VR II lagen diese vollständig vor. Der VR II begnügte
sich jedoch nicht mit der quantitativen Analyse des Bereichs Personal. Wegen der besonderen
strategischen Bedeutung des Themas haben sich die Kolleginnen und Kollegen auch intensiv mit
qualitativen Fragen zum Personaleinsatz in den kommunalen Jobcentern beschäftigt: Wie
werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingruppiert? Über welche Qualifikationen verfügen
sie? Wo sind sie gut für ihre Aufgabe gerüstet, was fehlt ihnen ggf.? Dabei wurde abermals die
Frage der aktuellen und künftigen Ausbildungsmöglichkeiten für Jobcenter-Mitarbeiter bewegt.
Angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels dürfte diese Diskussion noch an
Bedeutung gewinnen. Schon jetzt berichten die Teilnehmer von zunehmenden Schwierigkeiten
bei der Personalrekrutierung.
Was macht den Erfolg von Jobcentern aus? Diese Frage wird von der Fachwelt immer wieder
diskutiert. Eine häufig vertretene These lautet, dass eine auskömmliche Personalausstattung und
gut qualifiziertes und motiviertes Personal die wichtigsten Erfolgsfaktoren sind. Auch im VR II
wurde in diesem Zusammenhang der – anspruchsvolle – Versuch unternommen, die kausalen
Zusammenhänge zwischen Personalausstattung und der „Performance“ des Jobcenters näher
zu untersuchen.
Die beiden nachfolgenden Profile zweier Kommunen im VR II (s. Abbildung 10 und 11 auf der
folgenden Seite) sollen einen Eindruck von diesem Verfahren vermitteln. Auf den ersten Blick
scheinen die Radar Charts die These zu bestätigen: Das JC 1 muss im Bereich des „aktiven“
Personals einen Betreuungsschlüssel verkraften, der fast 60% über dem mittleren
Betreuungsschlüssel des VR II (= Index 100) liegt, während die Personalausstattung im
Leistungsbereich vergleichsweise gut ist. Die Integrationsquote allgemein (IQ) wie auch die
Integrationsquote der Langzeitleistungsbezieher (IQ LzB) fallen erwartungsgemäß
unterdurchschnittlich aus. Beim JC 9 ist dies gerade umgekehrt: Der Betreuungsschlüssel im
Aktivbereich beträgt nur rd. 75% des VR-Durchschnitts, während dem Leistungsbereich
vergleichsweise hohe Fallzahlen zugemutet werden. Die „Performance“ ist in allen analysierten
Bereichen, Integration, Aktivierung, Bilanz beim Langzeitleistungsbezug, brillant – scheinbar ein
eindrucksvoller Beweis für die oben genannte These. Allerdings gibt es auch Fragezeichen: So
liegt im JC 1 trotz der überdurchschnittlichen Belastung der Fallmanager die Aktivierungsquote
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 17
(AQ = Maßnahmeteilnehmer pro eLb) mit Index 104 über dem Mittelwert des VR II während der
Zugang in Langzeitleistungsbezug überraschend gering ausfällt.
61,36103,85
98,88
82,32
63,09
91,69
158,78
0
20
40
60
80
100
120
140
160
K2:IQ
K12 (BMOK)AQ
K3E3:Ø Zugangsrate
LzB
K3E4:Ø Abgangsrate
LzB
K3E1:IQ LzB
PK 1.1.1Betreuungsschlüssel Leistung
2010
PK 1.2.1.1.aeLp pro MA FM/AV - ohne S/O
Ü25 - mit Projektpersonal
JC 1- relative Abweichungen vom normierten Mittelwert -
JC 1 MW VR 2 gesamt (=Index 100)
Abbildung 10 Radar Chart „Personal – Performance JC 1“
147,50
132,90
96,97
116,25
150,94
112,55
77,18
0
20
40
60
80
100
120
140
160
K2:IQ
K12 (BMOK)AQ
K3E3:Ø Zugangsrate
LzB
K3E4:Ø Abgangsrate
LzB
K3E1:IQ LzB
PK 1.1.1Betreuungsschlüssel Leistung
2010
PK 1.2.1.1.aeLp pro MA FM/AV - ohne S/O
Ü25 - mit Projektpersonal
JC 9- relative Abweichungen vom normierten Mittelwert -
JC 9 MW VR 2 gesamt (=Index 100)
Abbildung 11 „Personal – Perfomance JC 9“
Es lassen sich im VR II weitere Beispiele finden, die die These vom Erfolgsfaktor
Betreuungsschlüssel widerlegen: Das JC 4 etwa (ohne Abbildung) weist trotz moderatem
Betreuungsschlüssel im Aktivbereich (Index von 84, d.h. der Fallzahlenschlüssel beläuft sich nur
auf 84% des VR-Durchschnitts) eher unterdurchschnittliche Integrationserfolge auf, die
Aktivierungsquote liegt mit Index 74 weit unter Durchschnitt. Was machen die Fallmanager im
JC 9 also anders als im JC 4? Sind sie qualifizierter und motivierter? Ein genauerer Blick enthüllt
das Folgende: Beim JC 9 handelt es sich um ein kleines JC in einer prosperierenden ländlichen
Region, das JC 4 hat demgegenüber mit schwierigen Arbeitsmarktbedingungen in einem eher
großstädtisch geprägten Umfeld zu tun.
Auch die Einbeziehung des „Erfolgsfaktors Personal“ garantiert also keine einfachen Erklärungen:
Die kommunale Grundsicherung für Arbeit bleibt ein komplexes Feld, für das es keine
Patentrezepte gibt. Es gilt vielmehr, mehrere Indikatoren im Blick zu behalten und ein Gefühl für
das Leistungsgeschehen zu entwickeln – und zur rechten Zeit die richtigen Fragen zu stellen!
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 18
Nach diesem Schlaglicht auf die vielfältigen inhaltlichen Themen, die der VR II im Verlauf des
Jahres 2011 bewegt hat, sollen in den beiden nachfolgenden Kapiteln die Arbeitsergebnisse zu
den beiden Bereichen „Gestaltung des sozialen Arbeitsmarktes“ und „Steuerung der Kosten der
Unterkunft“ etwas detaillierter dargestellt werden.
3.2 Die Gestaltung des sozialen Arbeitsmarktes4
Über zwei Vergleichsringsitzungen – im Mai und im August 2011 – hat sich der VR II mit der
Gestaltung des sozialen Arbeitsmarktes beschäftigt. Dabei wurde ein Blick auf den Status quo in
den neun Optionskommunen des VR II geworfen, es wurden aber auch praktische Beispiele
studiert sowie ein Blick über die Grenzen zu den niederländischen Nachbarn geworfen.
Angesichts der anstehenden Änderungen des arbeitsmarktpolitischen Instrumentariums und nicht
zuletzt der einschneidenden Budgetkürzungen diskutierten die Teilnehmer auch immer wieder
die künftigen Herausforderungen eines sozialen Arbeitsmarktes in Deutschland. Nicht zuletzt
nutzten sie die Gelegenheit, um sich intensiv darüber auszutauschen, wie die Kommunen mit
den veränderten rechtlichen und fiskalischen Rahmenbedingungen für eine optimale Gestaltung
der sozialen Arbeitsmärkte bei sich vor Ort umgehen sollten.
3.2.1 Kosten- und Teilnehmerstruktur
Angesichts schrumpfender Budgets für die aktive Arbeitsmarktförderung war bereits im Laufe des
Jahres 2011 bundesweit ein deutlicher Trend zum Zurückfahren von Arbeitsgelegenheiten und
„Jobperspektive“ (Beschäftigungszuschuss nach § 16e SGB II, auch „BeZ“) zu spüren,
insbesondere bei den kostenintensiven Varianten AGH „Entgelt“ und BeZ, wo die Platzzahlen von
Januar bzw. Juni 2010 bis Juni 2011 um über 50% zurückgingen. Der BeZ war ursprünglich als
dauerhafter sozialer Arbeitsmarkt mit rd. 100.000 Plätzen angelegt, im Juni 2011 gab es
tatsächlich noch etwa 16.000 Plätze bundesweit. Die Plätze im Bereich von AGH MAE nahmen
von Juni 2010 bis Juni 2011 bundesweit um ein gutes Drittel ab. Dieser Gesamttrend war auch
im VR II zu spüren, wo die Ausgaben für MAE und BeZ ebenfalls um etwa ein Drittel zurück
gegangen sind (Datenquelle: Eigene Erhebung Mai 2011).
Welche Rolle der soziale Arbeitsmarkt mit Blick auf die Teilnehmerstruktur im Berichtsjahr 2011
noch spielte, davon gibt die nachfolgende Grafik einen Eindruck. Datenquelle ist die
Förderstatistik der Optionskommunen im Rahmen der Bundesstatistik. Die Maßnahme-
Teilnehmer in Projekten des sozialen Arbeitsmarktes sind in der Abbildung grün markiert.
4
Hier – statt vieler – die Definition des IFO-Institutes zum sozialen oder „zweiten“ Arbeitsmarkt: Danach werden zum zweiten
Arbeitsmarkt „die verschiedenen Formen befristeter öffentlich geförderter Beschäftigung wie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM)
nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) III und Arbeitsgelegenheiten nach SGB II (gezählt). Ihr Ziel ist es, in einer befristeten Phase die
Beschäftigungsfähigkeit für den regulären (»ersten«) Arbeitsmarkt herzustellen oder zu erhalten und falls notwendig anschließend
auch durch weitere Eingliederungsmaßnahmen die Integration dorthin zu fördern.“
In Abgrenzung davon wird auch immer wieder die Notwendigkeit eines „dritten“ Arbeitsmarktes diskutiert, der Menschen eine
dauerhafte öffentlich geförderte Perspektive bieten soll, welche realistischerweise mittel- bis langfristig keinerlei Chancen auf dem
ersten Arbeitsmarkt haben. Der Beschäftigungszuschuss („Jobperspektive“) nach § 16e SGB II zielt in diese Richtung.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 19
12,2
46,1 25,7
34,4
13,5
14,5
13,4
11,5
35,9 23,0
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
DN ERB MI MKK OHZ ROW RÜD VER WND MW
KeZa K14: Anteile der Maßnahme-Teilnehmer in aufgeteilten Gruppen in Prozent (T-3)
Anteil Maßnahme-TN: Drittfinanzierte Förderungen 2011
Anteil Maßnahme-TN: Freie Förderung 2011
Anteil Maßnahme-TN: Beschäftigungsschaffende Maßnahmen 2011
Anteil Maßnahme-TN:Förderung der Berufsausbildung 2011
Anteil Maßnahme-TN: Beschäftigungsbegleitende Leistungen 2011
Anteil Maßnahme-TN: Chancen a. d. Arbeitsmarkt verbessern 2011
ø Jan-Sep 2011
Abbildung 12 KeZa 14 BMOK, Anteile der Maßnahme-Teilnehmer nach Instrumenten-Gruppen
Es zeigt sich, dass sich in 2011 durchschnittlich 23% aller Maßnahmeteilnehmer in
Maßnahmen des sozialen Arbeitsmarktes befanden. Im Vorjahreszeitraum war es noch deutlich
mehr, nämlich ein gutes Drittel (34%). Eine herausragende Rolle spielten die Angebote des
sozialen Arbeitsmarktes vor allem in MKK, in WND und in ERB. Im Odenwaldkreis befand sich
2011 noch fast die Hälfte (46%) aller Maßnahmeteilnehmer in Projekten des sozialen
Arbeitsmarktes, in MKK und WND war es ein gutes Drittel. Die beiden letzteren haben dabei den
Anteil des sozialen Arbeitsmarktes an ihrem Teilnehmer-Portfolio gegenüber dem Vorjahr 2010
bereits sehr deutlich zurück gefahren: Im Vorjahr machte dieser noch etwa die Hälfte aller
Maßnahmeteilnehmer aus.
3.2.2 Ziele, Chancen und Risiken des sozialen Arbeitsmarktes
Die Angebote des sozialen Arbeitsmarktes richten sich vor allem an arbeitsmarktferne Kunden,
welche auf Grund multipler Vermittlungshemmnisse kaum Chancen haben, kurz- bis mittelfristig
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sind sie
insofern „Ultima Ratio“. So haben es auch die Teilnehmer im VR II aufgefasst und umgesetzt
(„nach Ausschöpfung aller gängigen Eingliederungsmaßnahmen“). Im Vordergrund der
Maßnahmen des sozialen Arbeitsmarktes stehen konsequenterweise die folgenden Ziele:
Soziale Stabilisierung und Integration der Teilnehmer
Vermittlung einer Tagesstruktur
(Wieder-)Heranführung an die Erfordernisse des ersten Arbeitsmarktes
Die Angebote tragen bei vielen Teilnehmern vor allem zur sozialen Integration bei. Sie bewirken
ein Herauslösen aus der Isolation und die Stärkung von Persönlichkeit und Selbstwertgefühl,
indem sie die Teilnehmer behutsam an das Arbeitsleben heranführen. Sie erleben Kollegialität
und die Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns. Die Beschäftigungsangebote des sozialen
Arbeitsmarktes werden darüber hinaus aber auch für die Beschäftigungserprobung und / oder die
Eignungsklärung von Bewerbern genutzt, wobei – auch das soll nicht verschwiegen werden –
gelegentlich auf diesem Wege auch das grundlegende Beschäftigungsinteresse des Klienten
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 20
(„Verweigerungshaltung“) geprüft wird. Positiv gewendet erhalten die Teilnehmer hier auch die
Gelegenheit herauszufinden, welche Tätigkeitsbereiche ihren Eignungen und Interessen
entsprechen. Aber auch die Qualifizierung (Basis-Qualifizierung wie auch Vermittlung von
konkreten berufsbezogenen Kenntnissen) wurde als Ziel der Projektkonzepte zum sozialen
Arbeitsmarkt genannt. Hier dürfte die Instrumentenreform 2012 Klarheit bringen, indem
Beschäftigungsangebote und Qualifizierung klarer als bisher voneinander geschieden werden. Die
kollektiven Ziele können wie folgt umrissen werden:
Vorbeugung gegenüber Phänomenen sozialer Desintegration
Verbesserung von sozialen Rahmenbedingungen (Sozialkaufhäuser, gesunde Ernährung,
Umweltbewusstsein, Wohnumfeldverbesserung etc.)
Diskutiert wurde im VR II auch die Frage nach Chancen und Risiken des sozialen
Arbeitsmarktes. Als Risiko wurden dabei vor allem die zunehmenden Vermittlungshemmnisse
der Zielgruppe eingestuft, während gleichzeitig die finanziellen Mittel, etwa für
sozialpädagogische Begleitung und Betreuung der Teilnehmer, aus Kostengründen immer weiter
zurück gefahren werden. Dabei war nach Einschätzung der Fachleute vor Ort bereits in 2011 der
Bedarf größer als das Angebot. Haben die Kommunen in der Vergangenheit noch vereinzelt
eigene Mittel für die Betreuung von Teilnehmern neben den Bundesgeldern bereit gestellt, sind
die Möglichkeiten angesichts der kommunalen Kassenlagen mehr und mehr eingeschränkt. Eine
der wichtigsten Herausforderungen wäre finanzielle Kontinuität, die in der derzeitigen Situation
jedenfalls nicht sicher gestellt ist. In der Konsequenz wird ein konkretes Risiko zunehmender
sozial desintegrativer Prozesse – Stichwort Entstehung von „Brennpunkten“, Abgleiten in
Illegalität etc. – gesehen. Für den besonders betreuungsintensiven Personenkreis sollten nach
Meinung der Teilnehmer im VR II eher Angebote des „dritten Arbeitsmarktes“ vorgehalten
werden, statt die Betreffenden wie bisher dauerhaft zu alimentieren – und ansonsten sich selbst
zu überlassen.
„Eindeutige Erkenntnis ist, dass arbeitsmarktferne Klienten, die niemals realistisch auf
dem 1. Arbeitsmarkt platziert werden können, aber durch AGH wieder an
Selbstwertgefühl gewinnen, sich eingeschränkt in Regelabläufen einordnen und zur
Produktivität des Gemeinwohls beitragen.“5
Als Chance für die Zielgruppe wird im VR II vor allem die Tatsache gesehen, dass der erste
Arbeitsmarkt mit zunehmender konjunktureller Erholung auch aufnahmefähiger für Bewerber mit
„Problemen“ wird. Die Angebote des zweiten Arbeitsmarktes werden damit zunehmend
überflüssig bzw. sie tun als Sprungbrett wertvolle Dienste, um Menschen aus langjähriger
Arbeitslosigkeit schrittweise wieder an den allgemeinen Arbeitsmarkt heranzuführen (s. hierzu
z.B. das Projektkonzept Sozialkaufhaus VER im nachfolgenden Kapitel).
Die Trägerstrukturen vor Ort bewerteten die Teilnehmer im VR II unterschiedlich: Ein Teil der
Kommunen ist durchaus zufrieden mit der Struktur seiner Maßnahmeträger. Dabei wird
insbesondere das Vorliegen eines differenzierten und dezentral strukturierten Angebotes mit
hoher Verantwortlichkeit der Träger als Stärke gewertet. Eine Kommune verfügt über eine
Servicestelle bei der kreiseigenen Beschäftigungsgesellschaft, welche die Teilnehmer und
externen Maßnahmeträger bei der Besetzung und Durchführung der Maßnahmen am sozialen
Arbeitsmarkt zentral begleitet. Dies wird als Erfolgsfaktor gewertet. Als Schwäche beklagen
einige Kommunen eine zu geringe Trägervielfalt vor Ort, was sich in wenig Innovationspotenzial
und eingeschränkte Flexibilität hinsichtlich der Zielgruppen niederschlägt. Insgesamt wirkt sich
die fehlende Planungssicherheit für die Träger destruktiv auf die Angebotsinfrastruktur vor Ort
aus: Einige Kommunen befürchten eine nachhaltige Zerschlagung der bestehenden
Trägerstruktur mit verheerenden Auswirkungen auf die Qualität und die langfristige Perspektive
der Angebote. Mit Blick auf die Träger wird vor allem deren Anspruchshaltung gerügt: Sie
wünschen nicht selten arbeitsmarktnahe Teilnehmer, die umstandslos als reguläre Arbeitskräfte
5 MKK zur Frage „Wie bewerten Sie die Angebots- und Trägerstrukturen vor Ort?“
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 21
einsetzbar sind – was der eigentlichen Zielsetzung des Instrumentes explizit zuwider läuft.6
Damit wird aber auch ein zentraler Ziel- und Interessenskonflikt innerhalb des sozialen
Arbeitsmarktes deutlich.
3.2.3 Ein Praxisbeispiel: Das Sozialkaufhaus im Landkreis Verden
Die Sitzung des VR II im Mai 2011 wurde dazu genutzt, eine Exkursion zum Sozialkaufhaus des
Landkreises Verden zu unternehmen, um das Thema sozialer Arbeitsmarkt anhand eines
konkreten Praxisbeispiels zu beleuchten. Der Vorstand der „Arbeit im Landkreis Verden“ (ALV
AöR) hat den Teilnehmern des VR II anschließend den theoretischen Ansatz und das
Projektkonzept des Sozialkaufhauses Verden (s. Anhang 6.4) im Detail vorgestellt. Unter der
Überschrift „Vom 3. Arbeitsmarkt über den 2. Arbeitsmarkt in den 1. Arbeitsmarkt“ wurde der
langfristig integrative Ansatz des Sozialkaufhauses Verden herausgearbeitet, das – je nach
Fähigkeiten und Ressourcen des Kunden – unterschiedliche Angebote und Integrationsansätze
unter einem Dach vereint und insofern auch in der Lage ist, den Teilnehmern eine langfristige
Integrationsperspektive bis hin zur Wiedereingliederung in den 1. Arbeitsmarkt zu bieten.
Abbildung 13 „Arbeitsmarktorientierung im Sozialkaufhaus Verden“
Für die Teilnehmer des zweiten und dritten Arbeitsmarktes steht dabei die „Reintegration in die
Gesellschaft“ an erster Stelle, jedoch mit der realistischen Option, über das Sprungbrett
Sozialkaufhaus den Weg in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. Insgesamt hat sich das
Konzept des Sozialkaufhauses Verden über die Jahre bewährt und kann auf eine breite
Unterstützung durch die Politik wie auch die Bürgerinnen und Bürger vor Ort rechnen. Die
Akzeptanz durch die Bevölkerung und die Integration in die wirtschaftlichen Strukturen vor Ort
sind dabei als wichtige Erfolgsfaktoren zu werten.
Anhand dieses konkreten Beispiels wurden auch die Herausforderungen für die künftige
Gestaltung des sozialen Arbeitsmarktes deutlich: Die Reform der arbeitsmarktpolitischen
Instrumente bringt weitere Einschränkungen insbesondere für die künftige Gestaltung von
Arbeitsgelegenheiten. Die rechtlichen Voraussetzungen „Zusätzlichkeit“, „Gemeinnützigkeit“ und
„Wettbewerbsneutralität“, wie auch die neu im Gesetz festgeschriebenen zeitlichen Obergrenzen,
setzen der konzeptionellen Freiheit und Kreativität der Jobcenter dabei noch engere Grenzen als
bisher und machen es noch schwerer, das Instrumentarium flexibel und passgenau auf die
6 Die Fehlbesetzung mit Teilnehmern, die vergleichsweise arbeitsmarktnah sind und dementsprechend „eigentlich
nicht zur Zielgruppe des § 16d SGB II gehören“ konstatiert auch das IAB in seinen jüngeren Forschungsergebnissen
zum sozialen Arbeitsmarkt. Vgl. z.B. IAB-Forschungsbericht 01/2012, Evaluation von Arbeitsgelegenheiten in der
Mehraufwandsvariante im Jobcenter München.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 22
individuellen Bedarfe der Klienten abzustimmen. Auch wird es nach Einschätzung der Experten
vor Ort damit noch schwieriger, Projekte mit sinnvollen Arbeitsinhalten anzubieten. Dabei
bemängeln sie bereits jetzt, dass im sozialen Arbeitsmarkt nur noch unsinnige Tätigkeiten
organisiert werden können, welche zwar rechtskonform aber völlig realitätsfern sind („marktferne
Bastelstuben“, „Schneeschippen im Hochsommer“).
Hier wird ein weiterer zentraler Zielkonflikt des sozialen Arbeitsmarktes deutlich:
Arbeitsmarktnähe und Sinnerleben der Teilnehmer auf der einen und Vermeidung von
Substitutions- und Verdrängungseffekten auf der anderen Seite. Allerdings werden die
angeblichen Verdrängungseffekte ohnehin immer wieder angezweifelt und das
Zusätzlichkeitsparadigma als „deutsche Schrulle“ belächelt. Es bringe – so der Vorwurf der
Gegner – allenfalls eine „Zusätzlichkeits-Prüfungs-Bürokratie“ hervor, die für den sozialen
Arbeitsmarkt mehr Fluch als Segen sei. So könne die öffentlich geförderte Beschäftigung weder
für die Teilnehmer sinnstiftend noch gesellschaftlich nutzbringend gestaltet werden. Notwendig
sei vielmehr ein gesellschaftlichen Konsenses über den Nutzen eines sozialen Arbeitsmarktes –
wie er z.B. in Verden für das Sozialkaufhaus existiert. Dessen hoher Stellenwert für das
Gemeinwohl des Kreises, auch in Form von sozialintegrativen Angeboten für Menschen mit
problematischem Arbeitsmarkthintergrund, wird jedenfalls höher eingeschätzt als ein
mutmaßlicher Verdrängungseffekt am Gebrauchtmöbelmarkt vor Ort.
Ausblick Nach der allgemeinen Einschätzung ist es um die Angebote des sozialen Arbeitsmarktes
zukünftig schlecht bestellt. Grund hierfür sind zum einen die verschärften rechtlichen
Rahmenbedingungen durch die Instrumentenreform 2012, welche die bürokratischen Hürden für
diesen Bereich nochmals erhöht, zum anderen die gekürzten Mittel für Maßnahmen der aktiven
Arbeitsmarktpolitik. Dies wird zunächst die kostenaufwändigeren Maßnahmen, wie BeZ nach §
16 e SGB II sowie die Variante AGH Entgelt treffen, welche nach Einschätzung der Fachwelt
zukünftig keine Rolle mehr spielen dürften. Die Einführung von zeitlichen Obergrenze wie auch
die Deckelung der Betreuungspauschalen für die Arbeitsgelegenheiten tun ein Übriges, um das
Angebote am sozialen Arbeitsmarkt weiter einzuschränken und von den Bedarfsstrukturen zu
entfernen. Damit laufen die aktuellen Änderungen gerade dem diametral zuwider, was der VR II
sich für die Zukunft des sozialen Arbeitsmarktes wünscht:
Ausbau statt Rückbau
mehr Flexibilität für eine möglichst individuelle, Einzelfall bezogene Ausgestaltung (z.B.
hinsichtlich Dauer der Zuweisung, Betreuungsintensität oder Vergütung)
offene Diskussion über die Notwendigkeit eines dauerhaften sozialen Arbeitsmarktes für
Teilnehmer ohne realistische Integrationsperspektive
mehr öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung
Nachbetreuung von Teilnehmern
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 23
3.3 Steuerung der Kosten der Unterkunft: Wo liegen die konkreten Steuerungshebel?
3.3.1 Bedeutung der Kosten der Unterkunft für die Kommunen
Die Kommunen tragen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 die Kosten für Unterkunft und Heizung (im
Folgenden: KdU)7
, welche im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende anfallen. Der
Bund beteiligt sich nach § 46 Abs. 5 SGB II8
an diesen Kosten mit einem Bundesanteil. In den
Vorjahren wurde dieser Bundesanteil von 31,2% (2007) sukzessive auf 23% im Jahr 2010
zurückgefahren. Die Netto-Belastung der Kommunen war dementsprechend spätestens ab 2009
kontinuierlich angestiegen, während sich die Belastung für den Bund in gleichem Maße
reduzierte. Als eines der Ergebnisse der Gemeindefinanzkommission verzichtete der Bund ab
dem Jahr 2011 bei der Bestimmung der Höhe der Bundesbeteiligung auf die weitere
Anwendung der bisherigen Anpassungsformel und beteiligt sich fortan mit einer festen Quote an
den Ausgaben. Diese betrug für 2011 30,4%; sie dient auch dem Ausgleich der kommunalen
Kosten für das Bildungs- und Teilhabepaket.
Von besonderer Bedeutung für die Kostenentwicklung wie auch die Steuerung der KdU in den
Kommunen ist die Anrechnungsvorschrift des § 19 Abs. 3 SGB II. Danach wird zu
berücksichtigendes Einkommen und Vermögen zunächst auf die (Bundes-)Bedarfe für den
Lebensunterhalt (Regelbedarf und Mehrbedarfe) angerechnet und erst darüber hinaus auf den
(kommunalen) Bedarf an KdU. So mindert z.B. ein Erwerbseinkommen aus geringfügiger oder
Teilzeittätigkeit zwar den Bedarf an Bundesmitteln, reicht jedoch in der Regel nicht aus, um die
kommunal finanzierten Bedarfe für die KdU abzudecken. Hier werden die unterschiedlichen
Steuerungsinteressen der beiden Kostenträger deutlich: Während sich der Bund mit einer
Teilzeittätigkeit zufrieden geben könnte, weil Bundesmittel nicht mehr verausgabt werden, hat
die Kommune weiterhin ein Interesse an einer Steigerung des Haushaltseinkommens und würde
z.B. auf eine Vollzeittätigkeit hinwirken, welche geeignet ist, auch den kommunalen Kostenanteil
abzudecken.
Die Steuerung der KdU sollte daher in allen Kommunen eine bedeutende Rolle spielen, hat die
Kommune hier doch einen echten Steuerungshebel zur Entlastung des kommunalen Haushalts in
Händen. In den Kommunen des VR II finden sich dementsprechend explizite Steuerungsziele
welche eine Reduzierung der KdU anstreben. DN, MI, MKK, VER und WND etwa haben
entsprechende Zielvereinbarungen mit der Politik abgeschlossen. In NRW und im Saarland hat
die Reduzierung der Unterkunftskosten sogar Eingang in die Zielvereinbarungen mit dem Land
gefunden.
3.3.2 Die Angemessenheitsprüfung: „Produkttheorie“ und „schlüssiges Gesamtkonzept“
Ein wichtiger Steuerungshebel soll vorab gesondert thematisiert werden: Die Prüfung der
Angemessenheit der Unterkunftskosten. Auf den ersten Blick ein simples Thema, erweist sich die
Angemessenheitsprüfung auf den zweiten Blick durchaus als Herausforderung für die
Kommunen, insbesondere die Klärung der Frage, wie das Jobcenter bei „unangemessenen“ KdU
korrekterweise vorgehen sollte. Nach Gesetz und aktueller Rechtsprechung sollen die Kosten der
Unterkunft einem einfachen Wohnungsstandard entsprechen, wobei nach der höchstrichterlich
entwickelten so genannten „Produkttheorie“ das Produkt aus Wohnfläche und Quadratmeterpreis
7 Entgegen dem üblichen Sprachgebrauch verwendet der bundesweite Leistungsvergleich die Abkürzung LUH
(Leistungen für Unterkunft und Heizung).
8 5) Gesetzeswortlaut § 46 Abs. 5 SGB II: „Der Bund beteiligt sich zweckgebunden an den Leistungen für Unterkunft
und Heizung nach § 22 Absatz 1. Diese Beteiligung beträgt in den Jahren 2011 bis 2013 im Land Baden-
Württemberg 34,4 vom Hundert, im Land Rheinland-Pfalz 40,4 vom Hundert und in den übrigen Ländern 30,4 vom
Hundert der Leistungen nach Satz 1. Ab dem Jahr 2014 beträgt diese Beteiligung im Land Baden-Württemberg 31,6
vom Hundert, im Land Rheinland-Pfalz 37,6 vom Hundert und in den übrigen Ländern 27,6 vom Hundert der
Leistungen nach Satz 1.“
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 24
maßgeblich ist, d.h. bei geringen Quadratmeterkosten kann auch eine verhältnismäßig große
Wohnfläche anerkannt werden und umgekehrt.
Ein wichtiger Maßstab für die Angemessenheitsprüfung sind die so genannten „Mietobergrenzen“
(im Folgenden kurz: MOG). Es ist offensichtlich, dass sich diese von Jobcenter zu Jobcenter
entsprechend dem örtlichem Mietniveau unterscheiden: Was in Stuttgart und Frankfurt
angemessen ist, sprengt die MOG in einer niedersächsischen Kleinstadt bei Weitem. Aber wie
ermitteln die Optionskommunen die MOG sinnvollerweise? Die örtlichen Mietenspiegel und
zuschussfähigen Höchstbeträge nach dem Wohngeldgesetz sind jedenfalls zu grob für die
Angemessenheitsprüfung im Einzelfall; sie würden einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten.
Bei der Ermittlung der MOG sind die Kommunen in der Vergangenheit unterschiedlich
vorgegangen: So wurden z.B. Daten bei den Wohnungsanbietern vor Ort erhoben, etwa durch
Auswertung der Daten von Großvermietern. Andere Kommunen haben externe Dienstleister
eingeschaltet und entsprechende fachliche Gutachten in Auftrag gegeben, so etwa die
Hansestadt Bremen. Allerdings muss bedacht werden, dass die MOG den Wohnungsmarkt
ihrerseits selbst wieder beeinflussen: Nach aller Erfahrung passen sich die Marktmieten relativ
schnell an die MOG an.
Die aktuelle Rechtsprechung fordert vom Grundsicherungsträger, dass er insgesamt über ein
„schlüssiges Konzept zur Bestimmung einer abstrakten Angemessenheitsgrenze“ verfügt. Aber
selbst bei eindeutig unangemessenen Wohnungskosten muss das Jobcenter zusätzlich den
Nachweis erbringen, dass angemessener Wohnraum zum maßgeblichen Zeitpunkt vor Ort auch
tatsächlich verfügbar war. Viele Jobcenter sind dazu übergegangen, das aktuelle
Wohnungsangebot vor Ort laufend zu beobachten und sogar – mit entsprechendem personellen
Aufwand – entsprechende Daten zu sammeln, um im Klagefall über den notwendigen Nachweis
zu verfügen. Die förmliche Aufforderung zur Senkung von unangemessen hohen KdU muss
schließlich erkennen lassen, dass das Jobcenter die subjektiven Umstände und Besonderheiten
des Einzelfalles angemessen geprüft und gewürdigt hat. Alles in allem stellt die Rechtsprechung
sehr hohe Anforderungen an die Angemessenheitsprüfung der Jobcenter. Es wundert daher nicht,
dass fast alle kommunalen Jobcenter von – aus kommunaler Sicht – gescheiterten
Klageverfahren berichten können. Bei den Verwaltungsverfahren zu Prüfung der
Angemessenheitsprüfung sollten Aufwand (an Personal und ggf. Prozesskosten) und Ertrag (an
eingesparten Transferleistungen) jedoch insgesamt in einem angemessenen Verhältnis stehen.
Die Angemessenheitsprüfung beschränkt sich keinesfalls nur auf die Kaltmiete: Auch Betriebs-
und Heizkosten bedürfen geeigneter Maßstäbe. Viele Kommunen greifen hier auf bundesweite
Erfahrungswerte (Bundesheizkostenspiegel, s. unten Abbildung 14 Betriebskostenspiegel des
Deutschen Mieterbundes für Deutschland) zurück, ohne dass gesicherte empirische Erkenntnisse
über das tatsächliche Kostenniveau vor Ort vorliegen.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 25
Abbildung 14 Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes für Deutschland
Aber selbst bei Vorliegen geeigneter Richtgrößen erweist sich die Prüfung im Einzelfall oftmals
als schwierig: Die Betriebskosten (Mülltonnengröße, Allgemeinstrom etc.) sind ggf. auch vom
Verbrauchsverhalten der Mitmieter abhängig, auf welches der Antragsteller im Zweifel keinen
Einfluss hat. Heizkosten hängen ganz wesentlich von der Lage der Wohnung, vom
Modernisierungsgrad und vom Nutzungsverhalten (z.B. bei Abwesenheit tagsüber wegen
Berufstätigkeit) ab. Und nicht alle SGB II-Bezieher sind Mieter: Die Nutzung von Wohneigentum
stellt die Angemessenheitsprüfung des Jobcenters nochmal vor besondere Herausforderungen,
etwa wenn geklärt werden muss, ob die Kosten für die Instanthaltung eines Eigenheimes (z.B.
Erneuerung der Dachziegel) unabweisbar und angemessen im Sinne des § 22 Abs. 2 SGB II
sind. Schließlich kommt noch der ganze Bereich des unwirtschaftlichen Verhaltens von
Grundsicherungsbeziehern hinzu. Auch er gehört zum Alltag in den Jobcentern und beinhaltet
wichtige Steuerungshebel zu Senkung der Unterkunftskosten. Aber bei welchem „Hebel“ soll
man ansetzen? Wo lohnt sich der Aufwand, wo nicht?
3.3.3 Steuerungshebel zur Senkung der Kosten der Unterkunft
Die nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über mögliche Ansätze für „Steuerungshebel“ für
die Steuerung der Kosten der Unterkunft durch die Kommunen:
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 26
Zahl der Fälle
Angemessenheit
Miete, BK,
Heizkosten
Kosten pro Fall
€ Summe
KdU pro FallStruktur der
Fälle
Steigerung
Einnahmen (z.B.
Erwerbstätigkeit)
Größe /
Zusammen-
setzung BG
Integrations-
strategie
Kausalitätskette KdU-Summe
Qualität leistungs-
rechtliche
Prüfung
Abbildung 15 Kausalitätskette KdU – mögliche Ansätze Steuerungshebel
Ein besonders wichtiger Steuerungsansatz für die kommunalen Kosten der Grundsicherung für
Arbeitsuchende ist natürlich die Anzahl der SGB II-Fälle (s. rechte Seite der obigen Grafik –
hellgrün): Je größer die Integrationserfolge des kommunalen Jobcenters, umso geringer sind auch
die kommunal zu finanzierenden Unterkunftskosten. Damit rückt die Integrationsstrategie in den
Fokus des kommunalen Steuerungsinteresses. Aber auch die Qualität der leistungsrechtlichen
Prüfung spielt eine Rolle: Je größer die Anzahl der Fälle, die sich auf Grund vorrangiger
Ansprüche (Unterhalt! Ausstehende Lohnzahlungen!) oder Sozialleistungen selbst helfen können,
umso geringer der kommunale Kostenaufwand. Diese gilt es, bereits im Zugangsprozess zu
identifizieren, qualifiziert zu beraten und zu unterstützen. Der ungesteuerte Zugang ohne
qualifizierte Anspruchsprüfung und Beratung der Antragsteller kostet demensprechend
kommunale Mittel, die sich bei qualifiziertem Zugangsprozess einsparen ließen.
Der zweite wichtige Steuerungsansatz sind die Fallkosten selbst (s. obige Abbildung, linke Seite
– dunkelgrün). Je nach Struktur der Fälle fallen hier ggf. mehr oder weniger Kosten der
Unterkunft an: Ein hoher Anteil von Ein-Personen-Haushalten (so z.B. in WND) verursacht
tendenziell höhere Unterkunftskosten pro Person, die Chancen, den Lebensunterhalt durch
eigener Hände Arbeit sicher zu stellen sind hier aber auch größer als bei Mehr-Personen-
Haushalten mit mehreren Kindern, welche selbst bei voller Erwerbstätigkeit oftmals auf
ergänzende SGB II-Zahlungen angewiesen sind. Aus den gleichen Gründen birgt auch ein hoher
Anteil von Alleinerziehenden ein höheres kommunales Kostenrisiko. Die KdU pro Fall lassen sich
über die direkte Steuerung der Kosten für Miete, Betriebs- oder Heizkosten regulieren – hier
setzen alle im vorangegangenen Kapitel angesprochenen Maßnahmen an, einschließlich der
Vermeidung von unwirtschaftlichem Verhalten, indem z.B. entsprechende Beratungsangebote
vorgehalten werden. Die Steigerung der Einnahmen zum Zweck der Reduzierung von
kommunalen Mitteln ist auf zweierlei Wege erreichbar: Der gezielten Aktivierung von
Bedarfsgemeinschaften mit ohnehin geringem (= kommunalem) Hilfebedarf oder dem Bemühen
um die Steigerung von Einkünften (etwa durch Aufstockung von Stunden bei Teilzeittätigkeit) um
neben dem Regelbedarf (= Bundesmittel) auch die Unterkunftskosten (= kommunale Mittel)
ganz oder teilweise abzudecken. Alle Steuerungshebel setzen ein „kommunales“
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 27
Kostenbewusstsein bei den Akteuren in Politik und Verwaltung voraus wie auch entsprechende
strategische Entscheidungen auf der fallübergreifenden Ebene. Die kommunale „Kostenbrille“
umfasst auch die Integrationsstrategien des Jobcenters – etwa die vorrangige Aktivierung und
Integration von Alleinerziehenden oder Ein-Personen-Haushalten.
Die nachfolgende Tabelle gibt einen Eindruck von den zahlreichen kleinen Steuerungshebeln,
welche in den Kommunen des VR II bereits jetzt genutzt werden:
Angemessenheitsprüfung allgemein: Erstellung eines „schlüssigen Konzeptes“, Erfassung
des verfügbaren Wohnraums, Marktbeobachtung freier Wohnungen, Entwicklung
Mietspiegel/Mietobergrenzen, Wohnungsbörse, Argumentationssammlung für
Sozialgerichtsverfahren, Kommunikation einer nachvollziehbaren Bewilligungspraxis
Angemessenheitsprüfung im Einzelfall: Sonderprüfung bei hohen KdU und bei der NK-
Abrechnung, z.B. auch durch Einsatz eines spezialisierten KdU-Managers, 4-Augen-
Prinzip / fachaufsichtliche Prüfung der Leistungsberechnung bei Erst- und Folgeanträgen
Senkung der KdU (vorbeugend): Wohnraumberatung, Energieberatung, ggf. mit
Hausbesuch, Zusammenarbeit mit Energieversorgern, Zusammenarbeit mit Mieterverein
(Beratung bzgl. NK-Abrechnung, Mietmängel), Übernahme Beitrag Mieterverein durch
JC, Bürgschaftserklärung statt Kaution, Prüfung der Rechtmäßigkeit bei Mieterhöhungen
und Wohnungskündigung, Verhandlung mit dem Vermieter über Mietkosten
Senkung der KdU (korrektiv): Aufforderung zur Senkung von unangemessenen KdU/ zum
Umzug/ zur Untervermietung, Prüfung bei Umzügen wegen Schimmelbefall, ggf.
Einschaltung Gesundheitsamt oder Bauamt- bei Mietmängeln, Hausbesuche/
Außendienst, restriktiver Umgang bei Verwandtschaftsvermietungen und Auszug von U25
aus elterlichem Haushalt, Geltendmachung von Ansprüchen nach § 34 SGB II
(Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten)
Zugangssteuerung: Beratung vor Antragstellung, Mobilitätsberatung, Prüfung von
vorrangigen Einkommen (BAB, Bafög, Unterhalt, Kindergeld, richtige Steuerklassen…),
Beratung von Alleinerziehenden zu Kinderwohngeld
Aktivierung: Gezielte Aktivierung bei hohen KdU, gezielte Aktivierung zum Abbau von
BGs (z.B. von Alleinstehenden, Aufstockern, BG´s mit geringem Leistungsanspruch), ggf.
auch gezielte finanzielle Anreize setzen, z.B. in Form von Einstiegsgeld bei
bedarfsdeckender Beschäftigung
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 28
4 Resümé und Ausblick
Die Laufzeit des aktuellen Benchmarking-Projektes neigt sich dem Ende zu. Bereits jetzt ist
absehbar, dass sich zukünftig einiges ändern wird: Die Integration der ab dem 1.1.2012 neu
hinzugekommenen Optierer macht einen Neuzuschnitt der Vergleichsringe – statt 7 werden es
künftig 10 sein – notwendig. Der Vergleichsring II wird in seiner derzeitigen Zusammensetzung
so nicht weiterbestehen. Aber auch konzeptionell und organisatorisch wird es einen Neuanfang
geben. Hierfür steht auch die Umbenennung des Projektes, welches sich zukünftig
„Benchlearning“ nennen und dem fachlichen Austausch eine noch größere Bedeutung als bisher
beimessen wird. Die Berichtslegung für das Jahr 2011 dokumentiert damit aber auch die letzte
Phase gemeinsamer Aktivitäten im VR II in seiner derzeitigen – durchaus liebgewonnenen –
Zusammensetzung.
Dieser Einschnitt hat den VR II veranlasst, eine Zwischenbilanz zu ziehen: Welche Erfahrungen
hat man mit dem Projekt gemacht? Welchen Nutzen haben die Teilnehmer daraus für sich
gezogen? Welche Änderungswünsche zeichnen sich ab? Dabei wollten einige Kommunen zum
derzeitigen Stand des Projektes – die zukünftige externe Begleitung und Moderation ist offen –
keine Aussagen zum Nutzen des Benchmarking und zu ihren Erwartungen treffen.
Nutzen des Benchmarking Die Teilnehmer betonen zunächst die Bedeutung des BMOK als
wichtiges Netzwerk von Optionskommunen – auch in seiner Funktion als politisch-strategischer
Gegenpol zur Agentur und den gemeinsamen Einrichtungen. Als Netzwerk sichert es den
einzelnen Teilnehmern den Kontakt zu Gleichgesinnten. Inhaltlich betonen die Teilnehmer vor
allem die Tatsache, dass sie über die Vergleichsringarbeit einen Maßstab für die eigene
Standortbestimmung erhalten haben und überdies einen „Blick über den Tellerrand“, z.B. in
andere Bundesländer oder in gänzlich andere Organisationsformen werfen konnten. Darüber
hinaus habe die VR-Arbeit fachliche und strategische Impulse geliefert sowie die Gelegenheit
geboten, aus den Erfolgen und Fehlern anderer Jobcenter zu lernen. Das stärkere Bewusstsein
für den eigenen Standort hat zudem vielfach die Argumentation gegenüber Öffentlichkeit und
Politik erleichtert. Als besonders fruchtbar wurde schließlich – „geteiltes Leid ist halbes Leid“ –
der Austausch über die vielfältigen Neuerungen im Arbeitsfeld und die sonstigen Schwierigkeiten
empfunden, zuletzt etwa zur Umsetzung von bundesweiter Zielsteuerung, BuT und
Instrumentenreform 2012. Ein besonderer Erfolgsfaktor war die kollegiale Arbeitsatmosphäre,
welche einen offenen und vertrauensvollen Austausch auch abseits der Tagesordnung – etwa
beim Pausenkaffee oder beim abendlichen Reflexions-Bier – möglich machte. Die
Vergleichsringarbeit war aber nicht nur Ort theoretischer und strategischer Reflexion, sondern hat
den Kommunen auch ganz konkrete Anstöße für praktische Veränderungen geliefert, etwa zur
Optimierung von Zugangssteuerung, internen Schnittstellen oder Führungsspannen oder zur
Planung und Qualitätssicherung von Maßnahmen. Eine Kommune berichtet vom Aufbau eines
internen Daten-Cockpits zur Steuerung, welches offenbar durch das Benchmarking inspiriert
wurde.
Änderungswünsche und Erwartungen9
Die Teilnehmer wünschen sich für die zukünftige
Vergleichsringarbeit vor allem eine Intensivierung des Austauschs zwischen den Vergleichsringen
und die bessere Sicherung und Zugänglichkeit der Arbeitsergebnisse. Dabei soll auch der
optionsübergreifende Benchmark in den Blick gelangen: Wo stehen die Optionskommunen im
Vergleich zu den gemeinsamen Einrichtungen? Darüber hinaus wird eine stärkere
Ergebnisorientierung der Vergleichsringarbeit gefordert, welche auf die Erarbeitung noch
konkreterer Lösungsansätze zielt. Methodisch wird ein stärkerer Austausch in Kleingruppen
sowie eine breitere Beteiligung aller Teilnehmer gewünscht sowie noch mehr fachlicher Input
und konkrete Beispiele außerhalb des Vergleichsrings, z.B. durch Vorträge von Referenten. Auf
9 s. im Einzelnen Anhang.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 29
der Meta-Ebene wird eine regelmäßige kritische Reflexion des Nutzens des Benchmarking für
notwendig erachtet.
Für den externen Dienstleister war es eine interessante und lehrreiche Zeit, die einen tiefen
Einblick in das Leistungsgeschehen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie den
Arbeitsalltag und die Sorgen und Nöte der kommunalen Jobcenter bot. Als überaus inspirierend
erwies sich die persönliche Begegnung mit aufgeschlossenen, humorvollen und hoch-engagierten
Menschen, die tagtäglich ihr Bestes geben und auch persönliche Opfer nicht scheuen, um gute
Dienstleistungen für langzeitarbeitslose Menschen zu erbringen, um ihr kommunales Jobcenter
zum Erfolg zu führen.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 30
5 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Entwicklung der Arbeitslosenquote .................................................................. 6
Abbildung 2 Entwicklung der Arbeitslosenquote SGB II ........................................................ 7
Abbildung 3 Entwicklung der SGB II-Quote ........................................................................ 8
Abbildung 4 Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften pro Einwohner 2008 bis 2011 .............. 9
Abbildung 5 Veränderung der BG-Quote Sept 2008 bis Sept 2011 ......................................10
Abbildung 6 Entwicklung der eLb pro Einwohner 2008 bis 2011 ........................................10
Abbildung 7 Veränderung der eLb-Quote Sept 2008 bis Sept 2011 .....................................11
Abbildung 8 Abgang in Erwerbstätigkeit am 1. Arbeitsmarkt (kumulierte IQ) ..........................12
Abbildung 9 Entwicklung der IQ (K3) März 2009 bis Dez 2011 - Quartalsmittelwerte ............13
Abbildung 10 Radar Chart „Personal – Performance JC 1“ ..................................................17
Abbildung 11 „Personal – Perfomance JC 9“ .....................................................................17
Abbildung 12 KeZa 14 BMOK, Anteile der Maßnahme-Teilnehmer nach Instrumenten-Gruppen
............................................................................................................................19
Abbildung 13 „Arbeitsmarktorientierung im Sozialkaufhaus Verden“ .....................................21
Abbildung 14 Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes für Deutschland ................25
Abbildung 15 Kausalitätskette KdU – mögliche Ansätze Steuerungshebel ..............................26
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 31
6 Anhang
6.1 Tabellen zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit
ALQ
Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez
DN 8,02 7,60 7,42 7,43 8,39 8,46 8,14 8,14 8,48 8,00 7,81 7,75 8,14 8,03 7,76 7,31
ERB 5,86 5,26 5,10 5,32 6,12 6,24 6,13 6,05 6,24 5,95 5,72 5,46 5,60 6,24 5,73 5,65
MI 6,68 5,88 5,82 6,11 7,39 7,52 7,72 7,46 7,94 6,99 6,89 6,63 6,64 5,85 5,72 5,56
MKK 5,78 5,40 5,33 5,50 6,34 6,37 6,39 6,23 6,50 6,04 5,80 5,69 5,76 5,28 5,06 4,90
OHZ 5,50 4,82 4,83 4,97 5,65 5,68 5,61 5,48 6,00 5,53 5,26 4,93 4,81 4,23 4,04 3,84
ROW 5,90 5,17 4,95 4,70 5,67 5,40 5,19 5,02 5,42 4,86 4,77 4,63 5,23 4,46 4,39 4,19
RÜD 4,83 4,41 4,30 4,30 4,89 4,54 4,51 4,43 4,88 4,52 4,23 4,68 5,00 4,48 4,37 4,14
VER 6,18 5,93 5,83 5,98 6,48 6,35 6,55 6,50 6,85 6,20 5,92 5,76 5,74 5,09 5,22 5,40
WND 4,71 4,18 3,83 4,25 4,86 4,81 4,97 5,02 5,23 4,66 4,50 4,32 4,44 3,87 3,62 3,50
MW 5,94 5,41 5,27 5,39 6,20 6,15 6,13 6,04 6,39 5,86 5,66 5,54 5,71 5,28 5,10 4,94
2008 2009 2010 2011
ALQ - SGB II
Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez
DN 5,74 5,47 5,31 5,26 5,44 5,68 5,69 5,84 5,90 5,87 5,84 5,80 6,17 6,28 6,00 5,50
ERB 3,38 3,21 3,01 2,99 3,26 3,37 3,38 3,45 3,51 3,68 3,48 3,49 3,64 4,48 4,14 4,12
MI 4,41 3,90 3,75 3,77 3,89 4,14 4,45 4,44 4,57 4,47 4,50 4,38 4,29 3,88 3,72 3,66
MKK 3,50 3,49 3,45 3,44 3,54 3,62 3,67 3,74 3,86 3,82 3,76 3,72 3,72 3,49 3,37 3,26
OHZ 3,50 3,20 3,15 3,15 3,32 3,34 3,45 3,36 3,37 3,29 3,20 3,12 2,93 2,67 2,50 2,40
ROW 3,83 3,43 3,02 2,80 3,15 3,05 2,95 2,85 2,84 2,72 2,83 2,68 3,09 2,82 2,71 2,53
RÜD 2,89 2,86 2,84 2,65 2,75 2,71 2,73 2,68 2,70 2,75 2,59 2,97 3,07 2,90 2,88 2,63
VER 3,85 3,91 3,78 3,76 3,89 3,85 4,14 4,12 4,09 3,88 3,65 3,63 3,60 3,30 3,43 3,64
WND 2,74 2,64 2,35 2,65 2,66 2,73 2,81 2,84 2,86 2,64 2,48 2,48 2,54 2,29 2,04 2,03
MW 3,76 3,57 3,41 3,39 3,54 3,61 3,70 3,70 3,74 3,68 3,59 3,58 3,67 3,57 3,42 3,31
2008 2009 2010 2011
Arbeitslose SGB II (U25)
Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep DezDN 790 745 750 776 821 857 862 840 745 734 755 763 1.020 1.071 1.172 849
ERB 98 82 101 96 108 115 128 117 129 154 144 148 170 215 191 189
MI 753 543 432 343 354 413 387 297 425 373 276 271 271 262 269 417
MKK 518 522 597 578 648 568 573 565 587 680 684 742 777 725 737 694
OHZ 156 104 129 153 176 151 181 149 122 101 100 87 72 66 73 65
ROW 337 310 167 63 110 111 124 98 106 123 167 140 197 153 152 131
RÜD 244 236 215 163 166 164 191 170 128 139 100 149 190 166 176 118
VER 130 125 96 71 98 72 99 84 76 58 68 56 46 43 38 52
WND 53 49 35 37 15 22 32 30 28 21 27 18 18 14 7 5
MW 342 302 280 253 277 275 286 261 261 265 258 264 307 302 313 280
2008 2009 2010 2011
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 32
6.2 Tabellen zur Entwicklung der Hilfebedürftigkeit
eLb (t-3)
Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez
DN 15.676 15.556 15.247 14.864 15.288 15.634 15.456 15.576 16.177 15.938 15.792 15.653 16.218 16.124 15.903 0
ERB 4.210 4.181 4.117 4.115 4.272 4.390 4.396 4.339 4.477 4.397 4.376 4.290 4.387 4.159 4.151 0
MI 16.851 16.483 15.982 15.984 16.307 16.696 16.847 16.896 17.538 17.301 17.125 16.686 16.808 16.466 16.233 0
MKK 15.786 15.675 15.446 15.222 15.805 16.010 16.220 16.409 17.060 16.656 16.343 15.835 16.117 15.842 15.588 0
OHZ 4.156 3.994 3.983 3.938 4.045 4.007 3.988 4.042 4.189 4.087 3.881 3.782 3.844 3.759 3.591 0
ROW 7.385 7.184 7.206 6.942 7.073 7.040 6.849 6.807 6.959 6.736 6.391 6.239 6.258 6.092 5.816 0
RÜD 5.639 5.554 5.438 5.411 5.575 5.512 5.478 5.584 5.716 5.518 5.376 5.331 5.413 5.201 5.097 0
VER 6.484 6.418 6.293 6.235 6.428 6.369 6.415 6.392 6.530 6.422 6.252 6.131 6.227 6.100 5.992 0
WND 3.524 3.494 3.385 3.420 3.554 3.603 3.576 3.539 3.555 3.427 3.208 3.112 3.170 3.048 2.870 0
MW 8.857 8.727 8.566 8.459 8.705 8.807 8.803 8.843 9.133 8.942 8.749 8.562 8.716 8.532 8.360 0
2009 2010 20112008
BG (t-3)
Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez Mrz Jun Sep Dez
DN 10.568 10.438 10.233 10.092 10.344 10.540 10.494 10.655 11.014 10.861 10.785 10.720 11.054 10.971 10.855 0
ERB 2.781 2.775 2.737 2.737 2.858 2.914 2.947 2.924 3.008 2.968 2.957 2.930 2.978 2.848 2.854 0
MI 11.244 10.967 10.744 10.790 11.058 11.340 11.491 11.574 12.014 11.923 11.583 11.329 11.431 11.219 11.106 0
MKK 10.937 10.840 10.703 10.680 11.068 11.204 11.422 11.579 12.035 11.779 11.627 11.363 11.541 11.376 11.251 0
OHZ 2.927 2.822 2.734 2.734 2.806 2.801 2.831 2.850 2.943 2.889 2.775 2.707 2.755 2.679 2.554 0
ROW 5.166 5.051 4.968 4.825 4.924 4.866 4.770 4.771 4.862 4.741 4.551 4.413 4.421 4.314 4.146 0
RÜD 3.801 3.740 3.696 3.695 3.787 3.745 3.773 3.846 3.955 3.819 3.771 3.743 3.815 3.678 3.611 0
VER 4.478 4.444 4.425 4.417 4.555 4.526 4.577 4.553 4.645 4.553 4.401 4.348 4.401 4.335 4.245 0
WND 2.534 2.495 2.421 2.446 2.545 2.609 2.612 2.598 2.611 2.527 2.399 2.344 2.380 2.308 2.188 0
MW 6.048 5.952 5.851 5.824 5.994 6.061 6.102 6.150 6.343 6.229 6.094 5.989 6.086 5.970 5.868 0
2009 20102008 2011
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 33
6.3 Tabellen zur Entwicklung der Arbeitsmarktintegrationen
Basiszahl 12 BMOK „Abgänge in Erwerbstätigkeit 1. AM“10
2009 bis 2011 (lt. Datenlieferung
BA-Statistik)
DN ERB MI MKK OHZ ROW RÜD VER WND
Abgang aus Arbeitslosigkeit in
Erwerbstätigkeit am 1. Arbeitsmarkt
Abgang in 1. AM - Jan - T0 2011 60 17 116 146 41 42 40 45 62
Abgang in 1. AM - Feb - T0 2011 65 28 142 132 38 59 38 47 61
Abgang in 1. AM - Mrz - T0 2011 144 14 147 173 46 65 53 65 43
Abgang in 1. AM - Apr - T0 2011 116 44 126 163 66 86 45 87 61
Abgang in 1. AM - Mai - T0 2011 113 55 178 229 54 94 76 107 83
Abgang in 1. AM - Jun - T0 2011 139 53 166 229 77 96 55 79 95
Abgang in 1. AM - Jul - T0 2011 130 35 169 219 54 79 51 101 68
Abgang in 1. AM - Aug - T0 2011 166 37 172 190 67 82 57 79 78
Abgang in 1. AM - Sep - T0 2011 169 41 158 230 50 90 54 62 83
Abgang in 1. AM - Okt - T0 2011 165 30 131 189 49 65 50 80 72
Abgang in 1. AM - Nov - T0 2011 183 40 139 243 49 69 51 88 56
Abgang in 1. AM - Dez - T0 2011 115 39 116 160 42 65 57 60 34
SUMME 2011 1.565 433 1.760 2.303 633 892 627 900 796
Abgang in 1. AM - Jan - T0 2010 102 12 18 124 29 36 25 41 32
Abgang in 1. AM - Feb - T0 2010 67 6 18 141 31 50 32 50 32
Abgang in 1. AM - Mrz - T0 2010 51 19 12 146 53 70 53 84 46
Abgang in 1. AM - Apr - T0 2010 99 13 87 165 49 83 56 97 59
Abgang in 1. AM - Mai - T0 2010 120 29 193 186 46 83 66 81 77
Abgang in 1. AM - Jun - T0 2010 111 19 218 245 72 96 50 92 85
Abgang in 1. AM - Jul - T0 2010 94 36 243 229 78 67 59 111 53
Abgang in 1. AM - Aug - T0 2010 136 17 165 205 65 87 50 88 63
Abgang in 1. AM - Sep - T0 2010 137 22 176 231 47 75 77 68 54
Abgang in 1. AM - Okt - T0 2010 86 20 204 201 37 71 38 67 61
Abgang in 1. AM - Nov - T0 2010 152 20 168 227 58 68 38 58 56
Abgang in 1. AM - Dez - T0 2010 116 18 139 144 40 49 43 62 47
SUMME 2010 1.271 231 1.641 2.244 605 835 587 899 665
Abgang in 1. AM - Jan - T0 2009 93 10 71 118 34 40 41 39 27
Abgang in 1. AM - Feb - T0 2009 108 13 60 111 33 37 38 30 32
Abgang in 1. AM - Mrz - T0 2009 85 10 69 134 35 61 43 29 31
Abgang in 1. AM - Apr - T0 2009 139 16 66 150 32 63 56 60 27
Abgang in 1. AM - Mai - T0 2009 78 10 77 160 49 69 57 58 34
Abgang in 1. AM - Jun - T0 2009 53 11 89 153 66 87 51 36 40
Abgang in 1. AM - Jul - T0 2009 70 21 76 183 41 80 37 81 36
Abgang in 1. AM - Aug - T0 2009 90 11 115 165 54 74 39 56 30
Abgang in 1. AM - Sep - T0 2009 107 20 124 158 57 89 48 77 37
Abgang in 1. AM - Okt - T0 2009 90 13 127 146 46 50 40 71 36
Abgang in 1. AM - Nov - T0 2009 76 17 119 149 39 54 52 65 33
Abgang in 1. AM - Dez - T0 2009 76 17 85 122 32 46 39 68 43
SUMME 2009 1.065 169 1.078 1.749 518 750 541 670 406
Kennzahl K2 (bundesweiter Leistungsvergleich) „Summe der Integrationen in den vergangenen
12 Monaten, hochgerechnet“ (Quelle: www.sgb2.info )
Basiszahlen Jahr DN ERB MI MKK OHZ ROW RÜD VER WND
Summe der Integrationen in den
vergangenen 12 Monaten,
hochgerechnet
0 0 0 0 0 0 0 0 0
Summe Integrationen (HR) - 12 M - Jan 2011 1.644 540 2.724 2.592 864 1.092 840 828 852
Summe Integrationen (HR) - 12 M - Feb 2011 1.806 540 2.928 2.718 906 1.230 846 1.020 828
Summe Integrationen (HR) - 12 M - Mrz 2011 1.816 544 3.164 2.944 904 1.220 964 1.064 844
Summe Integrationen (HR) - 12 M - Apr 2011 1.902 594 3.345 3.171 1.026 1.332 969 1.251 879
Summe Integrationen (HR) - 12 M - Mai 2011 2.057 660 3.415 3.257 1.054 1.390 974 1.339 946
Summe Integrationen (HR) - 12 M - Jun 2011 2.186 716 3.526 3.422 1.132 1.488 1.002 1.378 1.032
Summe Integrationen (HR) - 12 M - Jul 2011 2.261 708 3.549 3.521 1.125 1.479 1.017 1.383 1.044
Summe Integrationen (HR) - 12 M - Aug 2011 2.535 819 3.882 4.005 1.262 1.628 1.145 1.544 1.160
Summe Integrationen (HR) - 12 M - Sep 2011 2.780 847 4.039 4.125 1.312 1.716 1.160 1.631 1.193
10 Basiszahl 12 BMOK: Abgänge von Arbeitslosen in Erwerbstätigkeit am 1. Arbeitsmarkt
Arbeitslose, die eine Beschäftigung von mindestens 15 Stunden in der Woche aufnehmen, unabhängig davon, ob
diese gefördert oder ungefördert ist.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 34
6.4 Projektkonzept Sozialkaufhaus – Arbeit im Landkreis Verden (ALV)
Abt. Qualifizierung u. Projekte
1. Ziel
Heranführung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Arbeitsmarkt durch intensive Aktivierung. Vorrangiges Ziel ist es, langzeitarbeitslose erwerbsfähige Hilfebedürftige durch Unterbreitung dieses Angebotes im Vorfeld von Qualifizierung und Beschäftigung intensiv zu aktivieren, aufzubauen, zu motivieren und zu stärken und damit an den Beschäftigungsmarkt heranzuführen. Die Aktivierung wird durch intensive sozialpädagogische Begleitung und durch handwerkliche Anleitung und kaufmännische Schulung ergänzt. Darüber hinaus erfolgt zusätzlich der Versuch der Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung.
2. Dauer
1 Monat Vorlaufphase und Orientierung 6 Monate Teilnahme an zwei Maßnahmen des Projektes Personenkreis Erwerbsfähige Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II über 25 Jahre, insbesondere Langzeitarbeitslose mit Förderungs- und Stabilisierungsbedarf, die zur Zeit nicht bzw. noch nicht eingegliedert werden können, um sie schrittweise an eine berufliche Qualifizierung oder eine Beschäftigungsaufnahme heranzuführen.
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 35
3. Inhalte
Aktuelle Bestandsaufnahme hinsichtlich der Motivation und Verfügbarkeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Erfassung der allgemeinen Ist-Situation, der vorhandenen Bewerbungsunterlagen und der Chancen auf Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt unter Einbeziehung der festgestellten Vermittlungshemmnisse, der Mobilität und der Wohnsituation, der familiären und der finanziellen Situation sowie des Gesundheitszustandes. Im Anschluss an eine Grundberatung, die sich aus der gesamten Bestandsaufnahme ergibt, werden dann Hilfeangebote bezüglich der Bearbeitung der Vermittlungshemmnisse und der beruflichen Orientierung ermittelt und initiiert. Parallel dazu findet mittels erster fachpraktischer Tätigkeiten innerhalb des Projektes eine Stärken-/Schwächen-Analyse statt hinsichtlich einer Arbeitstätigkeit in den unterschiedlichen Projektbereichen und -maßnahmen. Anschließend erfolgt eine Aktivierung durch intensive Mitwirkung bei der Umsetzung der Aufgaben unterschiedlichen Anforderungsprofils in den Projektbereichen „Lager –Transport - Werkstatt“, „Sortierung – Bewertung - Aufbereitung“ und „Präsentation - Verkauf“. Während des gesamten Maßnahmezeitraumes werden die Projektteilnehmerinnen und Projektteilnehmer sozialpädagogisch begleitet und beraten. Auch der Arbeitgeberservice ist regelmäßig monatlich im Projekt anwesend, um Vermittlungsmöglichkeiten individuell zu prüfen. Angestrebt wird, dass die Projektteilnehmer/innen nicht nur in einen geregelten Tagesverlauf zurückfinden, Freude an der Arbeit entwickeln und Selbstbewusstsein durch das Erleben der eigenen Leistungsfähigkeit (zurück-)gewinnen, sondern zudem vor allem auch soziale Kompetenzen wie Freundlichkeit im Verhalten, Teamfähigkeit sowie Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung erlangen. Der für die Umsetzung der Ziele erforderliche Anteil der handwerklichen Anleitung und der fachtheoretischen Unterweisung erfolgt durch qualifiziertes, langjährig erfahrenes und engagiertes Personal und macht einen Zeitanteil von ca. 30% aus. Im weiteren Verlauf und zum Abschluss der Maßnahme wird jeweils eine erneute Bestandsaufnahme vorgenommen bezüglich der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Teilnehmer/innen mit Bewertung des Sozialverhaltens, der Sprach- und Ausdrucksfähigkeit, der Lernfähigkeit und -bereitschaft, der intellektuellen Fähigkeiten und des Arbeitsverhaltens. Die Rückmeldung dieser Einschätzungen, die auch die noch bestehenden Vermittlungshemmnisse mit berücksichtigt, ist wesentlich für die Arbeit des Fallmanagements und des Arbeitgeberservices und die Bemühungen um eine Arbeitsvermittlung oder eine Weiterqualifizierung. Die Projektbereiche und -maßnahmen Bereich A Lager – Transport - Werkstatt Maßnahme 1 Abholung, Auslieferung, Demontage/Montage v. Gebrauchtmöbeln Maßnahme 2 Schadensprüfung, Lagerung, Möbelreparatur, Montage v. Neumöbeln
Werkstattarbeit, Bau von Warenträgern etc. Bereich B Sortierung - Bewertung - Aufbereitung Maßnahme 3 Prüfung, Bewertung v. Gebrauchtware u. Elektroartikeln, Sortierung,
Lagerung Maßnahme 4 Reinigung, Warenaufbereitung, Pflege v. Geräten und Räumlichkeiten Bereich C Präsentation - Verkauf Maßnahme 6 Kundenbetreuung, Verkaufsgespräche, Kassenbedienung, Erstellen von Lieferscheinen, Preisschildern etc. Maßnahme 7 Auf- u. Abbau v. Gebrauchtmöbeln zur Warenpräsentation, Mitgestaltung der Verkaufsräume, Warenauszeichnung
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 36
Niedrigschwelliger, strukturgebender Zugang zum Möbelprojekt für arbeitsmarktfernere Hilfeempfänger
Vorbemerkung zur Ausgangslage Für eine erfolgreiche Teilnahme am Möbelprojekt sind gewisse persönliche Voraussetzungen bei den Teilnehmern wie beispielsweise Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Motivation unerlässlich. Arbeitsmarktnahe Qualifizierung und Training sind ohne diese Eigenschaften kaum möglich. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass immer weniger Hilfeempfänger diese Grundlagen von sich aus mitbringen, sondern vielmehr zusätzlich mit teilweise sehr ausgeprägten Problemen und Hemmnissen überladen sind. Erfahrungen aus anderen Maßnahmen haben gezeigt, dass solche Konstellationen zu hohen Fehlzeiten- und Abbrecherquoten führen können. Da die gegenwärtigen Fehl- und Abbruchsquoten im Möbelprojekt sehr niedrig sind, gilt es hier rechtzeitig entgegen zu steuern, um den guten Level halten zu können. Diese Probleme liegen häufig im Bereich Gesundheit und äußern sich physisch wie psychisch. Oftmals sind stoffgebundene Süchte, vornehmlich Alkohol, einer der Gründe. Aber auch schlechte Sprachkenntnisse, eine verschobene Selbst- und Fremdwahrnehmung, unstrukturierter Lebenswandel oder fehlendes soziales Integrationsvermögen machen einen erfolgreichen Maßnahmeantritt schwierig. Da im Möbelprojekt oftmals direkter Kundenkontakt besteht, haben Verhaltensweisen der Teilnehmer immer eine gewisse Außenwirkung, die direkt auf das Gesamtprojekt und die ALV abfärben. Vorgehen Ziel des niedrigschwelligen Zugangs zum Möbelprojekt ist es, einerseits der oben genannten Teilnehmergruppe einen adäquaten Start in das Möbelprojekt zu ermöglichen und anderseits den reibungslosen Geschäftsbetrieb des Möbelprojekts nicht zu gefährden. Oftmals ist es bereits vor dem Maßnahmestart durch das Fallmanagement bekannt, ob ein Teilnehmer problemlos in das Projekt eingegliedert werden kann oder ob ein besonderer zusätzlicher Betreuungsaufwand nötig ist. In erster Linie geht es darum, eine grundsätzliche Maßnahmebefähigung dieser Teilnehmer herzustellen indem man Hemmnisse abbaut bzw. Copingstrategien im Umgang mit ihnen vermittelt, dass sie nicht als Hindernis im Maßnahmeverlauf zu Tage treten. Loslösung der Kunden aus der sozialen Isolation, Herstellung der Integrationsfähigkeit im weitesten Sinne (2. Arbeitsmarkt, Qualifizierung), Aufbrechen und Umgestaltung etablierter Strukturen und Denkweisen sind weitere Ziele. Die Maßnahme soll den Teilnehmern und Teilnehmerinnen über eine Einstiegsförderung und eine Stabilisierung (Erreichung eines normalen Tagesrhythmus) den Übergang in die Qualifizierung im eigentlichen Projekt und somit Wege zurück in das Gesellschaftsleben aufzeigen und ermöglichen. Zu Beginn geht es darum, in Einzelgesprächen die bestehenden Hemmnisse herauszuarbeiten und abzuschätzen, in wie weit der Teilnehmer durch sie beeinflusst wird. Der Teilnehmer soll durch
Kennen lernen der Gruppenmitglieder sowie der Anleiter und Sozialpädagogen Herausholen aus der Isolation
- Wo nötig, aufsuchende Sozialarbeit im Vorfeld der Maßnahme, ansonsten permanent begleitend ab Maßnahmeeinstieg
- vertiefende Einzelgespräche in ‚geschützter Umgebung’
grundlegende Stabilisierung - Erarbeitung von alltäglichen Hemmnissen, Selbstpflege, Erarbeitung einer geordneten
Tagesstruktur, Aspekte der Selbstpflege - Stärkung von kommunikativen und sozialen Fähigkeiten - Motivation zur Festigung der ‚Bereitschaft zur Perspektive’ - Aspekte der Körperhygiene und eines gepflegten Auftretens
Eingewöhnen in das Gesamtkonzept und seine Angebote und Anforderungen Überprüfung der Sozial-, Methoden und Individualkompetenzen, wie z.B. Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit,
Motivation, Durchhaltevermögen, Konzentrations- und Aufnahmefähigkeit, Fähigkeit zum gemeinsamen Arbeiten in der Gruppe, Konfliktfähigkeit, Frustrationsgrenze, Fähigkeit zum sachbezogenen Arbeiten u.ä.
Kontaktaufnahme zu Dritten (Suchtberatung, Schuldnerberatung, psychosoziale Betreuung, MDK, Selbsthilfegruppen etc.)
Ggf. Therapieinitiierung
Vergleichsring II Bericht 2011| Seite 37
Entwicklung erster Bewältigungsstrategien im Umgang mit Krankheiten Initiierung von Sprachkursen bzw. Sprachunterricht im Rahmen der ALV Projekte (soweit möglich) Erste individuelle Zielvereinbarungen und Setzen von klaren Grenzen
in die Lage versetzt werden, erste praktische Schritte im Möbelprojekt anzugehen. Konkret bedeutet dies, zunächst stundenweise Hospitieren und erstes Mithelfen bei einfachen Tätigkeiten im Lager oder in der Aufbereitung ohne Kundenkontakt. (Möbeltransport, Auf- und Abbau, kleine Reparaturen, Reinigungsarbeiten etc.) Wichtig ist, dass der Teilnehmer in diesem Stadium nicht überfordert wird und mit entsprechend sensibilisierten Kollegen arbeitet. Negative Erlebnisse sind zu vermeiden, so dass der Teilnehmer über positives Verstärken seiner (korrekten) Verhaltensweisen schrittweise immer mehr in den eigentlichen Projektverlauf integriert werden kann. Ist dieses gelungen, muss die Situation des Teilnehmers durch
Individuelle Betreuung
Fortschreibung der sozialpädagogischen Beratungs- und Betreuungsarbeit im Rahmen von Einzelgesprächen
Aufrechterhaltung und Verstetigung der begonnen Unterstützungsmaßnahmen durch Dritte
Coaching
Begleitung beim Bewältigen von ‚alltäglichen’ Aufgaben (Behördengänge, Kontakte zu dritten Hilfsangeboten)
Stabilisierung der Alltagsstruktur
Verhalten gegenüber anderen Teilnehmern (und später Kunden) im Möbelprojekt
Hilfe im Alltag
Verfestigung von erlernten Copingstrategien
Aktivierende Einschätzung der persönlichen Handlungskompetenzen (Selbst- und Fremdeinschätzung)
Verbesserung der Selbsteinschätzung
Erarbeitung von Perspektiven zum Übergang ins eigentliche Möbelprojekt als nächster Schritt zur Aufnahme einer regelmäßigen beruflichen Tätigkeit als Fernziel
Prüfung der berufsfachlichen wie gesundheitlichen Eignung zur Aufnahme einer gewünschten Tätigkeit bzw. Entwicklung einer realistischen Zielvorstellung
Erarbeitung von Beschäftigungsalternativen
Erstellung eines individuellen Förderplans mit einem Entwurf über den weiteren Maßnahmeverlauf.
Unterstützung bei der nachhaltigen Umsetzung dieser Perspektive
weiter stabilisiert werden. Ab diesem Zeitpunkt ist eine umfangreichere Integrierung in Prozesse des Möbellagers möglich. Vereinzelt sind auch Übernahmen von verantwortungsvolleren und eigenständigen Aufgaben denkbar. Teilnehmer mit sprachlichen Defiziten werden gezielt neben anderssprachigen Teilnehmern eingesetzt, um die erlernten Inhalte des Sprachtrainings auch im Alltag anzuwenden. Die vollständige Integration in den alltäglichen Rhythmus des Möbelprojekts erfolgt nach Absprache von Anleitern und Sozialpädagogen mit dem Teilnehmer zusammen und kann nahtlos erfolgen. Entscheidend ist, dass sowohl Anleiter als auch Sozialpädagogen davon überzeugt sind, dass der Teilnehmer in der Lage ist, den Anforderungen des Möbelprojektes auch in den entscheidenden Belangen gewachsen ist. Dazu gehören:
Gewisses Maß an Zuverlässigkeit
Untadeliges Verhalten Kunden, Maßnahmeverantwortliche und Mitarbeitern gegenüber
Gewisses Maß an Pünktlichkeit
Drogen- und Alkoholabstinenz
Mindestmaß an gepflegtem Auftreten (Körperhygiene, Kleidung)
Mindestmaß an Motivation
Grenzüberschreitungen wie Gewaltanwendung, Diebstahl. Bedrohungen u. ä. führen grundsätzlich zum Maßnahmeabbruch und werden entsprechend leistungsrechtlich sanktioniert. Aufgrund der häufig vorkommenden Alkoholproblematik ist perspektivisch geplant, eine kommunale Suchtberatung in das
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Möbelprojekt zu implementieren, die auch von Teilnehmern anderer ALV Projekte in Anspruch genommen werden kann.
Abt. Qualifizierung und Projekte Abteilungsleitung: Georg Thunert
Lindhooper Str. 3 in 27283 Verden Tel.: 04231 - 3911 Fax: 04231 - 2038 Mail: [email protected]
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6.5 Resümé BMOK – Änderungswünsche
Vergleichbarkeit der zKT muss gegeben sein
Austausch zwischen den VR, mehr VR-übergreifender Austausch und Benchmark (Wo steht der VR zu
anderen zkT?), optionsübergreifender Benchmark (Wo stehen die Optionskommunen zu den gE?),
allgemein-zugängliche „Wissensdatenbank“, gesammelt aus allen VRs
mehr Arbeit in Kleingruppen, verstärkter Einsatz von Arbeitsgruppen, mehr Gruppenarbeit und
Austauschmöglichkeit in Kleingruppen zu konkreten Themen, breitere Beteiligung aller Teilnehmer,
Erarbeitung von konkreten Lösungsansätzen, stärkere Ergebnisorientierung (Unterstützung durch positiv
„störende“ Moderation),
mehr fachlicher Input (z.B. auch Einladung von Referenten), häufigere Darstellungen konkreter Beispiele
beim Einstieg in ein Thema (vor allem auch Beispiele außerhalb des Vergleichsrings)
Schwerpunktsetzung auf Steuerungshebeln zu den bundeseinheitlichen Kennzahlen
gemeinsame Positionen entwickeln gegenüber dem BMAS und der BA
regelmäßige, kritische Reflexion des Nutzens des BMOK