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Mann der Ruhestatt über den Sabbat unter den Bedingungen des Neuen Bundes

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MannderRuhestatt

über den Sabbatunter den Bedingungen

des Neuen Bundes

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Stefan Pohl, Leipzig

2004…2009

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Dieser Hinweis ist Bestandteil des Textes im juristischen Sinne und darf nichtentfernt werden.

Bibelzitaten wurden die Dabhar-Übersetzung (© F. H. Baader, Schömberg)und die Konkordante Übersetzung (© Konkordanter Verlag, Pforzheim)zugrundegelegt, soweit nicht anders gekennzeichnet.

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Niemand daher richte Euch

infolge eines Verspeisbaren oder infolge eines Tranks

oder infolge eines Teiles eines Festes

oder Jungmonats oder der Sabbate,

die ein Schatten der Künftigen sind,

aber der Leib ist des Christos.

Paulus an die Kolosser 2, 16f

Mein Ausgleichsanteil ist hwhy, spricht meine Seele,

darum warte ich ihm zu.

Gut ist hwhy dem sein Harrenden,

der Seele, die ihm nachforscht.

Gut ist, sowohl wartend als auch still zu sein

zum Retten hwhys.

Klagelieder 3, 24ff

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Inhalt

I

II

III

IV

V

VI

VII

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11

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Die Liebe zur Wahrheit

Das Sabbatgebot im Alten Bund

Das mosaische Gesetz im Neuen Bund

Jesus und der Sabbat

Der Sabbat in der Geschichte derHerausgerufenen und das Dilemma derBibelübersetzungen

Gottes Gedanken mit dem Sabbat

Praktische Erwägungen

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I Die Liebe zur Wahrheit

Von dem amerikanischen Historiker Charles A. Beardstammt der Satz, »man müsse sich nur einmal vor Augenführen, daß heutzutage eine der besten Methoden, sich einenRuf als gefährlicher Bürger einzufangen, darin bestehe, genaujene Sätze öffentlich zu wiederholen, welche die Gründerväterin ihrem Kampf für die Unabhängigkeit gebrauchten.«

Vergleichbare Verhältnisse finden wir heute durchausauch im Christentum: Vieles, was Christus und die erstenApostel gelehrt haben, wird heute ebenso als Provokationempfunden wie damals, ja es widerspricht den Strukturen,die sich in den vergangenen Jahrhunderten herausgebildethaben und gemeinhin von einer Mehrheit als »christlich«wahrgenommen und bezeichnet werden. Wer nun hergehtund »urgemeindliche«, »biblische«, also direkt mit demNeuen Testament übereinstimmende Verhältnisse einfordert,wird als Querulant empfunden.

Als unumstößliche Wahrheit wird nicht mehr daswahrgenommen, was die Schrift sagt, sondern das, waskonsensfähig ist. Die Folge davon ist, daß bestimmte Themenmit unausgesprochenem, aber faktisch wirkungsvollemDenkverbot, zumindest aber mit einem Erörterungsverbot,belegt sind. Diese Themen entziehen sich dadurch de factojeglicher biblischen Überprüfung. Sie sind so tief in einemüberkonfessionellen »christlichen Konsens« verankert, daßes nicht möglich ist, sie am Wort zu prüfen, ohne sich demVorwurf der Sektiererei auszusetzen. Ist eine Wahrheitunbequem, fordert sie gar die Änderung herkömmlicherPraxis, so wird ihr Aussprechen oft als lieblos hingestellt.Dabei kennt die Schrift keinen solchen Gegensatz zwischenWahrheit und Liebe. Im Gegenteil: Die Liebe freut sich mit

der Wahrheit (1. Kor. 13, 6). Das, was wahr ist im biblischenSinne, ist auch liebevoll, denn es dient zur Auferbauung desNächsten.

Wir kennen derartige Denkverbote ja zur Genüge aus demnichtchristlichen Gesellschaftsbereich. Dort werden sie mitdem Begriff der »political correctness« bezeichnet.

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Prof. Dr. Wolfgang Marx schreibt dazu1: »Wie sind wir indiesen unfruchtbaren Zirkel hineingeraten? – An dieserStelle muß man auf die Ideologie der ›politischen Korrekt-heit‹ zu sprechen kommen, die uns mit sanftem, aber, wennes denn sein muß, auch sehr unsanftem Nachdruck dazuveranlassen will, die Realität, wenn schon nicht anders zusehen, so doch wenigstens anders zu beschreiben, als wir dasbisher getan haben. So müßte man in dem bekannten Mär-chen von Andersen den Kindern geradezu verbieten zusagen, der Kaiser sei nackt. Es wäre höchst inkorrekt, ihnderart zu kränken und zu blamieren. Korrekt verhalten sichdie Höflinge und die erwachsenen Untertanen, die so tun,als ob sie es nicht sähen. Das nämlich ist der Grundgedankeder politischen Korrektheit: So tun, als ob nichts wäre, auch,oder gerade, wenn etwas ist. Die Richtigkeit einer Aussageschützt sie nicht davor, inkriminiert zu werden; undWahrheit ist im Diskurs der politischen Korrektheit keinzentraler Wert. Von Bedeutung ist allein das Kränkungs-potential einer Feststellung, und damit geht es gar nichtmehr um objektive, es geht allein noch um subjektiveTatbestände…«

In der Herausgerufenen2 sollten solche Wahrheitsverbotekeinen Platz haben. Sie bewirken das, wovor uns Jesus dochgewarnt hat, als er sagte: »Durch Eure Überlieferungen machtIhr das Wort Gottes ungültig.« (Mth. 15, 6). Zwar war der Anlaßdieses Wortes, daß einige Schriftgelehrte meinten, sich durchOpfergaben an den Tempel von den Verpflichtungen ihrenEltern gegenüber loskaufen zu können; es hat aber diesesWort eine unbestreitbare Allgemeingültigkeit: UnsereÜberlieferungen, unsere Traditionen gehen keine friedlicheKoexistenz mit dem Wort Gottes ein, sondern sie führen Krieggegen das Wort. Dort, wo wir ihnen Raum geben, wird dasWort Gottes in unserem Leben wirkungslos.

Bevor wir uns also aufmachen, unser Thema zu be-handeln, müssen wir uns über diesen Konflikt im klaren sein:Wenn Gott uns vor die Alternative stellt, entweder das zuglauben, was uns zwei Jahrtausende Kirchengeschichtepredigen oder in kindlichem Vertrauen das dankbar auf-zunehmen, was sein Wort sagt, so müssen wir uns für eineSeite entscheiden. Wir können nur eines haben – entwederdie Religion oder den lebendigen Christus.

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1 Frankfurter AllgemeineZeitung, 19. Juli 2002

2 Das griechische Wort ecclesia,das häufig mit »Gemeinde«oder »Versammlung« übersetztwird, heißt wörtlich »dieHerausgerufene«. Da Christusals ihr Eigner seine Braut sobenennt, sehe ich keinerleiVeranlassung, sie anders zunennen und ziehe dieseBezeichnung vor. Sie verrät unsauch viel mehr über derenWesen als die herkömmlichenBezeichnungen: Das Heraus-gerufensein aus diesemsterbenden Zeitalter – beson-ders auch aus dessen religiösenStrukturen – gehört zurnamensgebenen Substanz derneutestamentlichen Gemein-schaft.

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Auch unsere Frage, wie es sich denn mit dem Sabbatgebotunter den Bedingungen des Neuen Bundes verhält, spiegeltdiesen Konflikt wider. Bei gründlicher Beschäftigung mit demWort Gottes und der Geschichte müssen wir feststellen, daßdie ursprünglichen Absichten Gottes mit dem Sabbat heuteweitgehend unbekannt sind und kaum gelehrt werden.Stattdessen kursieren bis in die Freikirchen hinein reinkatholische Ansichten, die weder Luther noch die refor-matorischen Bewegungen nach ihm je in Frage gestellthaben; Ansichten, die sich biblisch nicht belegen lassen, aberheute selbst dort Allgemeingut zu sein scheinen, wo die Bibelansonsten durchaus als Wort Gottes anerkannt und ernst-genommen wird. Wir werden sehen, warum dies so schwerzu erkennen ist.

Und wir werden feststellen, daß die Fragestellung»Samstag oder Sonntag«, wie sie z. B. die Gemeinschaft derSiebenten-Tages-Adventisten postuliert, wesentlich zu kurzgreift und am Ende – selbst bei richtiger Beantwortung – amThema vorbeigeht.

Dort, wo es notwendig wird, ungenauen oder verfäl-schenden Bibelübersetzungen die Klarheit des Grundtextesentgegenzustellen, geschieht dies nicht aus sophistischemDünkel heraus, sondern aus dem Vertrauen in die Voll-kommenheit und Kraft des göttlichen Wortes in seinemursprünglichen Zustand. Zuweilen wird dies dem Leser dieAnstrengung abverlangen, sich in Ansätze hebräischer bzw.griechischer Begrifflichkeit hineinzudenken. Dies istnotwendig und legitim. Gemäß Röm. 12, 2 — »habt keingemeinsames Schema mit diesem Zeitalter, sondern werdetumgestaltet in dem Hinaufneumachen

3 Eures Denkens« —

sollten wir nicht erwarten, daß Aufgabe einer Bibelüber-setzung wäre, das Wort unseren Denkschemata anzupassen;vielmehr müssen wir uns aufmachen, unser Denken demWort anzupassen.

Wertvolle Dinge wie Gold oder Perlen liegen nicht auf derStraße. Sie sind verborgen in den Tiefen des Erdreichs oderder Meere. Es bedarf einiger Anstrengung, solche Schätze zuheben. Man muß in Ausrüstung investieren und Spezial-kenntnisse erwerben. Wir sollten solches Mühen desto mehrbetreiben, wenn es darum geht, verborgene Schätze desWortes Gottes zu heben.

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3 kein bloßes erneuern, sondernein allbezügliches, von obenher kommendes und nach obenhin ausgerichtetes Neu-erschaffen

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II Das Sabbatgebot im Alten Bund

Zunächst ist festzustellen, daß der Sabbat älter ist als dasMosaische Gesetz. Gott selbst ruhte am siebenten Tage vonseinen Werken. Wir können dies als einen ersten Hinweisdarauf verstehen, daß das Sabbatgebot auch über den AltenBund hinaus von Bedeutung ist. Im Gesetz selbst hatte dasSabbatgebot einen so hohen Stellenwert, daß derSabbatbruch mit der Todesstrafe belegt war: »Und hwhy 4

sprach zu Moshe, sprechend: Und Du, sprich zu den SöhnenIsraels: Meine Sabbate hütet Ihr, denn ein Zeichen sind siezwischen mir und Euch, für Eure Generationen, um zu erkennen,daß ich es bin, hwhy, der Euch Heiligende. Und Ihr hütet denSabbat, denn Heiliges ist er Euch. Der ihn Entheiligende — zusterben wird er getötet; denn alljeder in ihm einen AuftragTätigende: Abgeschnitten wird diese Seele vom Inneren ihresVolkes. … Und die Söhne Israels sollen den Sabbat hüten, denSabbat zu machen ihren Generationen als äonischen

5 Bund.Zwischen mir und den Söhnen Israels ist er ein Zeichen füräonisch

5, denn in sechs Tagen machte hwhy die Himmel und

das Erdland, aber in dem siebten Tag hörte er auf undseelerquickte sich.« (2. Mose 31, 12ff)

Es stellt sich die Frage, warum ausgerechnet der Bruchdes Sabbatgebotes so streng bestraft werden sollte. Wermordet, wer stiehlt, wer ehebricht, der greift tief in dieRechte seiner Mitmenschen ein. Wer aber einen Ruhetagverletzt, schadet ja letztlich – wenn überhaupt – nur sichselbst. Warum dann solch harte Strafe6? Wir sehen in dieserscheinbaren Unverhältnismäßigkeit, daß der Sabbat weitüber das hinaus Bedeutung trägt, was im Buchstaben desGesetzes überhaupt auszudrücken ist.

Der Sabbat ist also nicht nur im Gesetz verankert, sondernbereits in der Schöpfungsordnung.

Aber auch schon im Alten Bund verwies der Sabbat nichtnur auf Gottes Schöpfungshandeln, sondern ebenso auf seinErlösungshandeln: »Und Du gedenkst, daß Du als Dienerbefunden wurdest im Erdland Mizrajim

7, und hwhy, Dein

Elohim, Dich von dort infolge einer haltemächtigen Hand undinfolge eines ausgestreckten Armes herausgehen gemacht hat;darum gebot Dir hwhy, Dein Elohim, den Tag des Sabbat zumachen.« (2. Mose 31, 17; siehe auch 5. Mose 5, 15)

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4 Der Name Gottes hwhy , derhäufig mit Herr wiedergegebenwird (dann aber nicht mehrvom hebräischen Adonaj zuunterscheiden ist), in einigenÜbersetzungen mit Jehova,Jahweh oder Jewe. Ich habeauf jegliche Übertragungverzichtet und gebe ihn imhebräischen Original wieder.

7 Ägypten

6 Diese Frage wird im VI. Kapitelbeantwortet.

5 »äonisch« bedeutet hiersinngemäß »bis zum Abschlußdes Zeitalters«. Die Über-setzung von des hebräischen»Olam« bzw. des griechischen»Aion« mit »Ewigkeit« istunzulässig, da beide Begriffeeine lange, immer aber eineendliche Zeitspanne beschrei-ben. Schon die häufige Verwen-dung im Plural verbietet dieÜbersetzung als »Ewigkeit«.Dies gilt, obwohl Umschreibun-gen wie »bis zum Äon« oder«äonisch« auch auf Gottangewandt werden, was auchunproblematisch ist, da dieÄonen ja Bestandteil derEwigkeit sind. Die zeitlicheUnbegrenztheit Gottes drücktdie Schrift mit anderenVokabeln aus. Eine Wiedergabevon »Olam« oder »Aion« als»Ewigkeit« würde z. B. auch zusolch absurden Fügungen wie»von Ewigkeit zu Ewigkeit«führen.

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III Das mosaische Gesetz im Neuen Bund

Die Frage nach der Gültigkeit des Mosaischen Gesetzesim Neuen Bund kann an dieser Stelle nicht erschöpfendbehandelt werden.

Da das Sabbatgebot aber auch Bestandteil des Mosa-ischen Gesetzes ist, müssen wir kurz der Frage nachgehen,inwieweit dieses Gesetz überhaupt für uns Gültigkeit besitzt.Sehen wir uns dazu an, wie Jesus mit dem Gesetz umgeht:In der Bergpredigt lesen wir, daß, so wir der Regentschaftder Himmel teilhaftig werden wollen, unsere Gerechtigkeitdie der Pharisäer und Schriftkenner übersteigen muß(Mth. 5,20). Offensichtlich ist, daß hier kein quantitativesMehr gemeint sein kann; vielmehr muß unsere Gerechtigkeitvon einer anderen, wertvolleren Art sein als die pharisäische.In Philipper 3, 9 – wie auch an vielen anderen Stellen – be-schreibt Paulus die Quelle dieser besseren Gerechtigkeit: Siekommt nicht aus dem Gesetz, sondern aus der Treuebindungan den Christus. Paulus bezieht seine Gerechtigkeit direktaus Gott und aus dem Wissen heraus, daß er zusammen mitJesus gestorben und auferstanden ist, ihm also in allemgleichgestaltet wurde.

Dabei läßt Jesus keinen Zweifel daran, daß der Neue Bundnicht in einer Aufhebung des Gesetzes besteht, sondern inseiner Erfüllung (Mth. 5, 17). Das Wort »Erfüllung« (Pleroma)ist hier genauer wiederzugeben mit dem Begriff »Vervoll-ständigung«. Es bedeutet, daß etwas unvollkommenes bzw.unvollständiges zur Fülle, zur Fertigstellung, zur Reife, zurVollständigkeit gebracht wird. So wird zum Beispiel Eva, dieja anfangs aus dem Adam herausgenommen wird (1. M. 2, 22),zu seiner Vervollständigung, indem sie ihm wieder hin-zugefügt wird. So wird die Herausgerufene2 zur Vervoll-ständigung des Christus, indem sie ihm, dem Haupt in denHimmeln, die Glieder auf der Erde zur Verfügung stellt. DieVervollständigung des Gesetzes ist die Liebe (Röm. 13, 10).Somit ist auch der Neue Bund nicht – wie gelegentlichgemeint wird – die Auflösung des Alten Bundes, sonderndessen Vervollständigung. Bei Jeremiah (Jer. 31, 33) lesen

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2 siehe Seite 6

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wir, wie diese »andere Art« der Gesetzeserfüllung beschaffenist: »…dies ist der Bund, den ich mit dem Hause Israel schneiden

werde nach diesen Tagen — Treuewort hwhys: Ich gebe meine

Zielgebung8, daß sie in ihrem Innern, und auf ihr Herz schreibe

ich sie, und ich werde ihnen zum Elohim, und sie, sie werden

mir zum Volk.«

Citiert wird dieses Prinzip in Hebr. 10, 16. Hier steht »ich

werde sie (die Gesetze) auf ihr Durchdenken schreiben«.Die Erfüllung der Zielgebung folgt im Neuen Bund also

nicht mehr aus der Beobachtung einzelner Verordnungen,sondern aus der unmittelbaren Gemeinschaft mit Gottheraus. Das buchstäbliche Erfüllen des Gesetzes kann dabeivöllig unzureichend sein.

Diese grundsätzlichen Überlegungen sind unbedingtnotwendig zur Beantwortung unserer Frage nach demSabbatgebot. Wenn wir hier vom Allgemeinen auf dasKonkrete schließen, so heißt das:

Erstens: Das Sabbatgebot ist im Neuen Bund nichtüberflüssig geworden oder aufgehoben, vielmehr kommt eserst hier zu seiner eigentlichen Erfüllung.

Zweitens: Die Erfüllung des Sabbatgebots im Neuen Bundmuß eine grundsätzlich andersartige Qualität haben als imAlten Bund. Die Gedanken, die Gott mit dem Sabbatursprünglich verbunden hat, und die im Gebot des AltenBundes nur »schattenhaft« (Kol. 2, 17) dargestellt sind,können im Neuen Bund vollständig dargestellt werden undsollen Bestandteil unserer Lebenspraxis sein. Das dritte undvierte Kapitel des Hebräerbriefes handelt davon, daß das Volkdes Alten Bundes wegen seines Ungehorsams die ihmzugedachte Sabbatruhe verfehlt hat und daß wir, als Volkdes Neuen Bundes, wiederum die Möglichkeit, ja den Auftraghaben, in diese Ruhe einzugehen. Wir werden später daraufzurückkommen.

Ein erstes Beispiel, wie diese Art der Erfüllung desSabbatgebotes aussieht, finden wir, wenn wir uns ansehen,wie Jesus mit diesem Gebot umgegangen ist.

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8 hebr. Thorah; Das Wort wirdmeist mit »Gesetz« übersetzt,leitet sich aber von »jarah«(zielen) ab. Das Wort Ziel-gebung verdeutlicht, daß nichtdie Befolgung einer Verord-nung, sondern das Erreicheneines Zieles Gottes Anliegenmit uns ist. Die Wiedergabe von»Thorah« mit dem Wort»Gesetz« verbietet sich auchdeshalb, weil es dann nichtmehr von »Choq« (Gesetz) und»Chuqah« (Satzung) zu unter-scheiden ist.Dem hebräischen »Thorah«entspricht das griechische»Äntole« (Innenziel), das manalso als eine in unshineingegebene Zielgebungverstehen darf. Dieser Gedankewird fortgeführt mit demneutestamentlichen Wort»Paraptoma« (Danebenfall),das meist mit »Sünde«übersetzt wird. Es wird durchdie biblische Begrifflichkeitdeutlich, daß ein Danebenfallein Nichterreichen derZielvorgabe, ein Herausfallenaus der göttlichen Ordnung,bedeutet (man stelle sichbildhaft einen Pfeil vor, der,abgeschossen, das Ziel verfehltund also danebenfällt).

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IV Jesus und der Sabbat

Wenden wir uns zunächst einer Stelle im 1. Buch derChronik zu, die bisher wenig Beachtung gefunden hat, aberdoch prophetisch auf unser Thema weist. Vordergründigfinden wir hier (1. Chr. 22, 6ff) eine Weisung des greisen Davidan seinen Sohn Salomo:

»Und er rief zu dem Salomo, seinem Sohn, und gebot ihm,ein Haus zu bauen dem hwhy, dem Elohim Israels. Und Davidsprach zu Salomo, seinem Sohn: Mit meinem Herzgeheg wurdees: Ich wollte ein Haus bauen dem Namen hwhys, meinesElohim. Aber das Wort hwhys wurde auf mich zu, sprechend:Blut zum Vielsein schüttetest Du aus, und große Streite tätigtestDu; nicht Du baust meinem Namen ein Haus, denn viel Blutschüttetest Du aus erdlandwärts mir angesichts. Da! Ein Sohn,ein Dir Geborenwerdender, er, er wird ein Mann der Ruhestatt,und ich mache ihm ein Ruhen, weg von all seinen Feindenkreisum, denn Schölomoh

9 wird sein Name, und Frieden undMuße gebe ich über Israel in seinen Tagen. Er, er baut meinemNamen ein Haus, und er, er wird mir zum Sohn, und ich werdeihm zum Vater, und ich werde den Thron seiner Regentschaftüber Israel bereiten bis zum Äon

10.«

Wenn wir uns diesen Text mit geistlich wachen Augenansehen, werden wir schnell feststellen, daß er neben seinerunmittelbaren Bedeutung für Salomo in einer anderenprophetischen Ebene von Christus spricht, dem wahrenFriedefürsten. Die Aussagen »er baut meinem Namen ein Haus«(nämlich die Herausgerufene2), »er wird mir zum Sohn, undich werde ihm zum Vater« sowie »ich werde den Thron seinerRegentschaft über Israel bereiten bis zum Äon« deuten zweifels-frei auf Christus hin, für den Salomo hier als Vor-Bild, alsoals prophetischer Darsteller, dient. Wir können also auch dieAussagen »er wird ein Mann der Ruhestatt, und ich mache ihmein Ruhen, weg von all seinen Feinden kreisum« getrost aufChristus beziehen, ohne dem Wort Gewalt anzutun. Wirwerden sehen, daß sich diese Prophetie an Christus imwörtlichen wie auch im übertragenen Sinne erfüllt hat.

Christus wird uns hier also vorgestellt als »Mann derRuhestatt«. Was bedeutet das?

Wenn wir den Begriff »Mann der Ruhestatt« erst einmalzu Christus in Beziehung gesetzt haben, werden wir uns

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9 hebr. »Friedender«

10 »…bis zum Äon« bedeutethier, daß die Regentschaft dieZeitalter überdauert, derenKommen uns bisher offenbartist. Siehe auch Marginalie 5 aufSeite 8

2 Siehe Seite 6

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schnell an den Bericht erinnern, der Jesus im Schiff aufeinem Polster schlafend findet, während selbiges Schiff vomUntergang durch widrige Winde bedroht scheint. Zuerstdürfen wir feststellen, daß dieser Bericht (Matth. 8, 23ff;Mk. 4, 35ff; Luk. 8, 22ff) als wörtliche Erfüllung jener bereitszitierten Prophetie aus dem ersten Buch der Chronik geltenkann. Darüber hinaus belehrt er uns aber auch über dasWesen der Sabbatruhe des Neuen Bundes: Jesus ruht imVertrauen auf die Zusagen seines himmlischen Vaters (vgl.auch Ps. 4, 9). Da seine Aufgabe und Berufung seine weitereAnwesenheit auf der Erde ganz offensichtlich erforderte,mußte ihm der Gedanke absurd erscheinen, daß das Schiffsinken könne. Es konnte ja nichts geschehen, das im Planendes Vaters nicht vorgesehen war! So konnte er in Friedenschlafen. Die Jünger hingegen waren noch im Vorschrifts-denken des Alten Bundes gefangen. Den Sabbat kannten siezwar als Anweisung, hatten ihn aber nicht als Verheißungverstanden, ganz in Gott zu ruhen. Jesus wirft ihnen das alsmangelnde Treue vor: »Wo ist Euer Treun

11?« (gemäß Lukas)

bzw. »Ihr Wenigtreuenden11« (gemäß Matthäus).

Wir haben es da leichter, uns wird im Hebräerbrief ganzgenau erklärt, was es mit der Sabbatruhe auf sich hat.

Im Moment sind wir aber noch mit der Sabbatpraxis desChristus befaßt: In Matthäus 12 finden wir zwei Beispiele:Zuerst das Ährenraufen der Jünger am Sabbat, dann eineHeilung am Sabbat. Als Essenz beider »Vorfälle« läßt sichfesthalten: Wer aus der Gemeinschaft mit Gott heraushandelt, ist unbeschuldbar, unabhängig davon, an welchemTage er dies tut. Jesus wußte, daß er nicht aus sich selbstheraus handelt, sondern die Werke des Vaters tut. Dabei hater nicht eine irgendwann empfangene Auftragsliste ab-gearbeitet, sondern in jedem Augenblick in direkterVerbindung mit dem Vater gewirkt. Wenn nun der Vater zueinem bestimmten Zeitpunkt sagt: »Heile!« – wer will dannrechten und diesen Zeitpunkt in Frage stellen? Die Tat istgerechtfertigt dadurch, daß Gott selbst sie tut. Die ganzeSouveränität des Auftretens von Jesus ist darin begründet,daß er zu keinem Zeitpunkt sich selbst darstellte, sondernimmer den Vater, den er als den Planenden und Handelndenüber sich wußte: »Amen, ich sage Euch: Nicht vermag der Sohn,etwas zu tun von sich selbst aus, nicht eines, was nicht

11 Das Griechische Wort »Pistis«wird meist mit »Glaube«wiedergegeben. Dies istinsofern problematisch, alsGlaube im Deutschen dieBedeutung des vagen,ungewissen hat. Pistis istrichtiger mit »Treue«, »Ver-trauen«, »Treuebindung« zuübersetzen. Es beinhaltet Be-ständigkeit, Zuverlässigkeit,Herzensbindung, Wohlgesinnt-heit. Für die Übersetzung»Treue« ergibt sich hieraus dasProblem des fehlendenzugehörigen Verbs; F. H.Baader löst es für die Dabhar-Übersetzung mit derVerbschöpfung »treun«.Auch für unser persönliches»Treunsleben« ist es vonBedeutung, zu wissen, daßErrettung nicht aus einembloßen Für-wahr-haltenbiblischer Aussagen erwächst,sondern aus einem treuenFesthalten gegen Widerständeund einer Treuebindung anden, der diese Aussagengegeben hat.

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gleichsam er den Vater tuend erblickt; denn was gleichsamjener tut, dies tut auch der Sohn gleicherweise.« (Joh. 5, 19)

Dies erklärt auch das eigentümliche Verhalten desChristus, das in Lukas 5, 15f beschrieben ist: Obwohl großeMenschenmengen zusammengekommen waren, um ihnanzuhören und geheilt zu werden, zieht er sich in die Ödniszurück, um zu beten. Zu lernen ist hieraus, daß auch wir unsnicht vom bloßen Vorhandensein guter Gelegenheiten ge-fangennehmen lassen dürfen. Unser Antrieb soll nicht Notoder Gelegenheit sein, sondern das Wort des Vaters.

Wir sehen, daß Jesus keinerlei eigene Werke getan hat.Er hat die Werke des Vaters getan. Von jeglichem eigenenTun war er vollständig zur Ruhe gelangt. Er war der erste,der »in das Feiern eingegangen« ist, das Gott schon dem altenBundesvolk angeboten hatte, in das sie aber wegen ihresUngehorsams, der sich in ihrer mangelnden Treue ausdrückt,nicht eingehen konnten (Hebr. 3, 19).

Somit hatte er alles Recht, sich als »Herrn des Sabbats«(Matth. 12, 8) zu bezeichnen. »Herr des Sabbats« – erinnertuns das nicht wieder an »Mann der Ruhestatt«?

Ist dieses Ruhen in Gott nun ein einmaliges, einzigartigesMerkmal des Christus, oder hat es vielmehr Vorbildcharakterfür uns? Nun, wer weiß, daß Christus in allem der Erstlingvieler Brüder wurde (Röm. 8, 24; Kol. 1, 18), kennt die Antwortder Schrift. Jesus selbst gibt uns noch eine klare undtröstliche Bestätigung dafür, daß diese Art des Sabbats auchfür uns bereitet ist: »Herzu zu mir, all Ihr Euch Ermüdendenund Bebürdetwordenen, und ich, ich werde Euch hinauf-beruhigen

12. Hebet mein Joch auf Euch und lernet von mir, da

ich sanftmütig bin und niedrig in dem Herzen, und Ihr werdetHinaufruhe finden in Euren Seelen.« (Matth. 11, 28f)

In Markus 2, 27 stellt Jesus richtig: »Der Sabbat wurdewegen des Menschen, und nicht wurde der Mensch wegen desSabbats.« Wir dürfen also davon ausgehen, daß ein geistlichesVerständnis des Sabbatgebotes nicht Gesetzlichkeit undzusätzliche Lasten, sondern »Gerechtigkeit, Frieden undFreude in heiligem Geist« mit sich bringt.

So wie der Sohn nichts ohne den Vater tun kann, sokönnen auch wir nichts ohne den Sohn tun: »…der in mirbleibende und ich in ihm, dieser trägt viel Frucht, da Ihr ohnemich nichts zu tun vermögt; nicht eines.« (Joh. 15, 5)

12 hinaufberuhigen: zur Ruhebringen

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13 Röm. 14, 21; 1. Kor. 8; daßPaulus Feiertags- und Speise-gebote analog behandelt, ergibtsich auch aus Röm. 14, 5f

14 Wer stutzt, weil er hier vonseiner Bibelübersetzung heranderes kennt, wird ab Seite 23den Nachweis finden, daß essich tatsächlich so verhält:Begriffe wie Sonntag bzw.erster Wochentag kommen inder ganzen Bibel nicht vor. (Sospannend das auch ist: Bittetrotzdem die Seiten 15 – 22nicht überspringen.)

V Der Sabbat in der Geschichte derHerausgerufenen und das Dilemma der Bibel-übersetzungen

Von den ersten Christen lesen wir erst einmal, daß siesich täglich versammelten. Es ist davon auszugehen, daß siesich so zum Sabbat gestellt haben wie ihr Meister. Dasgeistliche Sabbatverständnis war ja durchaus Gegenstand derLehre der Apostel. Freilich sind Zusammenkünfte am letz-ten Wochentag, also dem Samstag, überliefert (Apg. 20, 7;1. Kor. 16, 2), und zwar von Christen in Troas und in Korinth,die also nicht einmal dem Judentum entstammten. Es warja das Herkommen aus dem Judentum für die ersten Brüdereine unmittelbar bewußte Tatsache, und so war Rücksichtzu nehmen auf die jüdischen Gemeinschaften, die dieseersten Herausgerufenen sicherlich sehr genau beobachtethaben – auch auf ihre Gesetzestreue hin. Hier war also analogdas zu beachten, was Paulus über das Fleischessen schreibt:Vieles ist erlaubt, aber wenn es einem anderen zum Anstoßwird und ihm so den Weg zu Christus verbaut, ist es besser,auf die Freiheit zu verzichten und sich »wie unter Gesetz«zu verhalten13. Es werden aber keine anderen Gründenahegelegt, den letzten Wochentag als zwingenden oder auchnur als zu bevorzugenden Ruhe- und Versammlungstaganzusehen.

Ein besonderes Zusammenkommen am ersten Wochentag(Sonntag) ist in der Schrift jedoch an keiner einzigen Stellebezeugt14. Außerbiblische Quellen für das Aufkommen diesesBrauches finden wir erst etwa ab dem zweiten bis drittenJahrhundert. Wir wissen heute, daß sich zu dieser Zeit schonder große Abfall abgezeichnet hat, der schließlich zurkonstantinischen Mischreligion geführt hat.

Woher kommt nun das Herausstellen des erstenWochentages? Da die Bibel den ersten Wochentag buch-stäblich für keiner Erwähnung wert hält (wie wir noch sehenwerden, ist Gottes Denken eher auf das Ziel, also das Endeeiner Sache hin gerichtet, als auf ihren Beginn zu), müssenwir hier einen kleinen historischen Exkurs einschieben: Wiewir wissen, gab es im alttestamentlichen Israel zu nahezujeder Zeit Probleme mit Götzenkulten. Immer wieder er-wähnt werden von den Propheten Gottes die Kulte der

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Pietro Cavallini, 13. Jh.

Simone Martini, 14. Jh.

Unbek. Maler, 11. Jh.Unbek. Maler, 11. Jh.

Unbek. Maler, 16. Jh.

Unbek. Maler, 12. Jh.

Unbek. Maler, 15. Jh.Unbek. Maler, 13. Jh.

»…letzte Stunde ist; und so, wieIhr gehört habt, daß der Anstatt-Christos kommt, so sind nunauch viele Anstatt-Christengeworden…« 1. Joh. 2, 18

AMithras-Darstellung, (Mundelsheimer Altar), 2. / 3. JhMithras (griechisch) = Sol invictus (römisch) = Elaga-Baal (syrisch)

Abbildung 1 (unten):

»… es werden erweckt werdenfalsche Christoi…« Mt. 24, 24

Bverschiedene mittelalterliche sog. Christus-DarstellungenDie Kontinuität der Sonnen-Darstellung, also die Übertragung des Mithras-Attributes Sonnen- bzw.Strahlenkranz auf den angeblichen Christus ist unübersehbar; verkündigt wird hier ein falscher Christus, inder Konsequenz auch ein falsches Evangelium.

Aschera (Astarte) und der Baale. Offensichtlich hatten dieseGötzen der umliegenden Nationen eine große Attraktivitätfür eine wechselnde Zahl der Israeliten. Das Festhalten aneinem unsichtbaren Gott wurde von vielen – wie auch heute– als Zumutung empfunden. Einer dieser Baale war dersyrische Elaga-Baal, ein Sonnengott. Sein Kult hatte in denumliegenden Civilisationen einige Verbreitung gefunden; dieGriechen verehrten ihn unter dem Namen Mithras, die Römerunter dem Namen Sol invictus (lat. »unbesiegbare Sonne«).Unter dem römischen Kaiser Aurelian wird er um 274 alsReichsgott eingesetzt. Sein Feiertag ist der 25. Dezember,die Wintersonnenwende. Sein Gedenktag ist der erste

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16 So geht z. B. auch die Einfüh-rung des Kreuzes als kirch-licher Kultgegenstand – daszuvor nur als heidnischesSonnen- und Zauberzeichenverbreitet war – auf Konstantinzurück (»in diesem Zeichensiege«). Den Christen in denersten Jahrhunderten war dasKreuz als Zeichen, gar alsGegenstand der Verehrung,unbekannt. Sie wußten noch,daß Christus an einem Pfahl(griechisch stauros) gestorbenwar, wie auch wir heute nochanhand sorgfältiger Bibelüber-setzungen bzw. des Grundtex-tes feststellen können.Letztlich hat die Einführungeines Kultsymbols den Weg fürdie spätere katholische undorthodoxe Bilder- und Reliqui-enverehrung geebnet. Eusebiusberichtet, daß auch im »christ-lichen« Konstantinischen Heerdas Kreuz als Unverwundbar-keit wirkendes Zauberzeichenangesehen wurde.

15 Da »Sol« sowohl die Sonnebezeichnet als auch den GottSol, ist der Begriff sowohl mit»Tag der Sonne« als auch mit»Tag des Sol« richtig übersetzt.

17 »Als Konstantin einst dasBekenntnis des Christentumszu dem Wege machte, auf demman zu weltlichen Vorteilengelangen konnte, drängten sichdie heidnischen Soldaten undBeamten in die Kirche. Aberach, mit ihnen hielt derGötzendienst seinen Einzug.Um diese Zeit wurden dieBilder, Gemälde, Pracht-gewänder und Festtage samtden Halbgöttern des Heiden-tums in die bekennende Kircheeingeführt… Vom 4. bis 16.Jahrhundert hatte der Götzen-dienst in der herrschendenKirche die Oberhand, und dasWort Gottes wurde von ihrmehr und mehr verworfen.«Zitat Andrew Miller; in: »DieGeschichte der ChristlichenKirche«, Bd. II, Paulus-VerlagNeustadt / Weinstraße

18 und19

siehe folgende Seite

Wochentag – der »Tag der Sonne15«. Der spätere KaiserKonstantin war ein glühender Anhänger der Sonnen-verehrung. Er dekretiert im Jahr 321: »Alle Richter, diestädtische Bevölkerung und alle Gewerbe sollen am ver-ehrungswürdigen Tag des Sol15 ruhen…« Der Grundstein füreinen allgemeinen Ruhetag zur Verehrung des Sol invictuswar gelegt.

Erste kirchliche Sabbatverbote ließen nicht lange auf sichwarten. Das Konzil von Laodicea (343 – 381) beschloß: »DieChristen dürfen nicht nach Judenart am Sabbat müßig seinsondern sollen an diesem Tag arbeiten. Sie mögen dem Her-rentag den Vorzug geben und als Christen ruhen, falls sie eskönnen. Werden sie aber als Judaisierende erfunden, so seiensie von Christus ausgeschlossen.« Wir sehen, welche Stoß-richtung diese Verordnung hat: Sie zielt darauf, die jüdischeWurzel des Christentums abzuschneiden. Es ist das vonPaulus prophetisch vorhergesagte Rühmen der eingepfropf-ten Zweige (aus den Nationen) gegen die natürlichen Zweige(aus Juda) und damit gegen die Wurzel. (Röm. 11, 17 — 24)Das Abschneiden der Wurzel aber ist ein Abschneiden vonChristus.

Indem Konstantin das Christentum für seine politischenZwecke instrumentalisierte, mischte er ihm heidnischeElemente – besonders aus dem von ihm so geschätztenSonnenkult – unter16. Die Katholische Kirche hat dieses Werkder Vermengung von Heiden- und Christentum fortgeführtund perfektioniert. Durch das Korrumpieren weiter Teile desChristentums hat Konstantin diesem weit größeren Schadenzugefügt als Nero mit seiner direkten Verfolgung17. So findenwir heute in etlichen Gebräuchen, die die Öffentlichkeit als»christlich« ansieht, eine direkte Fortsetzung des Baals-Kultes, den schon die Propheten des alten Bundes bekämpfthaben, und der uns über den Umweg des Mithras- bzw. Sol-Kultes erhalten geblieben ist. Ziel dieses Angriffs des Feindeswar es, Baal-Mithras-Sol als Anstatt-Christos18 (1. Joh. 2, 18;Mt. 24, 24) zu installieren. (Vgl. Abb. 1, S. 15)

Aber noch im sechsten Jahrhundert ist das Gebot derSonntagsheiligung höchst umstritten. H. Meinhold schreibtdazu19: »Während noch die Synode zu Orleans (538) es als»jüdischen Aberglauben« (sic!) bekämpft, daß man amSonntag nicht reiten oder fahren, nicht Speisen bereiten und

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18 (zu S. 16) Griechisch: Anti-Christos; das Wort »anti«bezeichnet hier weniger ein»gegen«, als vielmehr ein»anstatt«. Anti-Christosbezeichnet also nicht (nur)einen Gegner des Christus,sondern hauptsächlich einenfalschen Messias, der sich andie Stelle des richtigen zusetzen versucht.

19 (zu S. 16) »Sabbat undSonntag«, in »Wissenschaftund Bildung«, Nr. 45, Leipzig1909

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Haus und Körper nicht säubern dürfe, belegten bereits dieam Konzil zu Mâcon (588) beteiligten Bischöfe jeden mitschweren Strafen, der den Sonntag durch irgendwelcheArbeit entweiht. Wenn auch Christus körperliche Ruhe nichtausdrücklich für den Sabbat verordnet habe, so fordert derGehorsam gegen die Kirche (sic!), die den Sonntag für alleZeit als zum Ruhetag bestimmt, peinliche Innehaltung dieserAnordnung.«

Interessant ist diese Denkweise übrigens insofern, als hierdie theologische Rechtfertigung für die Sonntagsheiligungnicht aus dem Auferstehungsargument, sondern aus der Ver-bindung mit dem jüdischen Sabbat gezogen wird. So stellendie Synodalen in Orleans die Sonntagsheiligung als »jüdi-schen Aberglauben« im weiteren Sinne dar, weil sie nochein Verständnis dafür haben, daß die Festlegung des Sabbat-gebotes auf einen bestimmten Wochentag in den Bereich desAlten Bundes gehört – auch wenn natürlich nie ein Jude denersten Wochentag geheiligt hat. Bis heute argumentieren dieApologeten der Sonntagsheiligung sehr unscharf und wider-sprüchlich, wenn es um die Frage geht, ob denn der Sonntagseine theologischen Wurzeln nun im alttestamentlichenSabbat oder in der Auferstehung des Christus am ersten Wo-chentage hätte. Da man sich der Beantwortung dieser Fragemangels Herleitbarkeit nicht biblisch annähern kann, ist hiertheologischer Spekulation und Willkür Tür und Tor geöffnet.

Aber es kommt noch schlimmer: Wenige Jahrzehntespäter, etwa um 584, bekommen die Verfechter der Sonn-tagsheiligung Schützenhilfe: Es taucht ein sogenannterHimmels- bzw. Sonntagsbrief auf. Er sei von Christus selbstgeschrieben und in Rom »auf St. Peters Altar« vom Himmelgefallen. Der Brief fordert die strikte Sonntagsheiligung unddroht drakonische Strafen für ihren Bruch an. Selbst dasWaschen von Haupt und Kleidern oder das Scheren derHaare am Sonntag werden als schwere Vergehen eingestuft.Bischof Vincentius verliest den Brief im Gottesdienst aufIbiza. Obwohl der Brief alsbald durch Bischof Licinianus vonKarthago als Fälschung entlarvt wird, kursieren Versionendes Himmelsbriefes bis heute. Kopien der Himmelsbriefewerden im Volks- und Kirchenglauben magische Kräfte zuge-sprochen, so Schutz vor Kriegstod, Feuer, Wasser, Blitz usw.bis hin zu Sündenvergebung und Erlösung.

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In 2. Thess. 2, 10f finden wir eine wichtige geistliche Gesetz-mäßigkeit beschrieben: Wenn wir die Liebe zur Wahrheitnicht annehmen, das heißt, wenn wir unsere eigenen theo-logischen Gebäude über (oder auch nur neben) das WortGottes setzen, dann sendet Gott zusätzlich Verblendung undIrrtum; das Unterscheidungsvermögen leidet und die Irrlehrewird zur Falle. So hat auch die Sontagsheiligung selbst – überdie oben erwähnten Sonntagsbriefe hinaus – einen festenPlatz in Volkssage und Volksglauben. So kursieren Geschich-ten wie die von dem Bauern, der am Sonntag arbeitete undseine Hand zwei Jahre lang unter großen Schmerzen nichtmehr vom Stiel des Beiles lösen konnte, oder es wirdgeglaubt, daß »Sonntagsschänder« die jeweilige Arbeit nachihrem Tode unaufhörlich weitertreiben müßten. Auch denam Sonntag hergestellten Gegenständen wird unheilvolleWirkung zugesprochen, so sollen z. B. am Sonntag genähteHemden über den Träger Krankheit oder Tod bringen.Sonntagssaat gedeiht nicht, ein sonntags beschlagenes Pferdwird hinken usw. – diese Aufzählung wäre noch langefortzusetzen.

Nun könnte man solcherlei Scurrilitäten getrost igno-rieren, wenn nicht der Kern dieses Aberglaubens Einganggefunden hätte in Kreise, die sich selbst als »bibeltreu«bezeichnen. Dieser Kern nämlich, der besagt, daß eine Arbeit,die an einem Sonntage getan wird, unmöglich gesegnet seinkönne und daher ihren Mißerfolg in sich trage, ist auch dortweit verbreitet.

Die Sonntagsheiligung stellt sich uns somit dar alsSpezialfall der Tagewählerei, eines Aberglaubens, derbestimmte Tage für bestimmte Tätigkeiten als gut, andereals schlecht erachtet. Demnach wären bestimmte Tage z. B.zum Hausbau, zum Heiraten, zum Gebären, aber auch für soschlichte Tätigkeiten wie das Waschen vorzuziehen bzw.abzulehnen. Bekanntester Auswuchs der Tagewählerei istwohl der Glaube an Sonntagskinder, die also aufgrund ihrerGeburt an einem bestimmten Wochentage besondersgesegnet seien. Die Tagewählerei geht zurück auf vor-christliche Kulte; man muß freilich zur Schande der großenKirchen sagen, daß sie diese in ihrem Einflußbereich eherbefördert als ausgemerzt haben.

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20 aus: »Afrikas alltäglicherZauber«, F.A.S. vom 11. 3. 2007

21 Es war wohl der 17. Nisan 32(Donnerstag auf Freitag), derTodestag demnach Montag aufDienstag; vgl. »Chronologie derBibel«, F. H. Baader,Schömberg 2001

Bis heute hat der Sonntag eine besondere Bedeutung fürheidnische Kulte wie z. B. Voodoo. Citieren wir dazu ThomasScheen20: »Eigentlich sollte es nichts weiter als eine gemüt-liche Bootsfahrt durch die Mangroven des Niger-Deltas süd-lich von Port Harcourt werden. Bis die erste Leiche auf demWasser trieb. Ihr fehlte der Kopf, sonst schien sie vollständigzu sein. Vermutlich ein Bootsunfall, schließlich bleiben inNigeria selbst Verkehrstote häufig tagelang an der Unfallstelleliegen. Kurz darauf die zweite Leiche, wieder kopflos. AmEnde der Fahrt hatte der Besucher vier geköpfte Tote gezählt,und die Frage an den Bootsführer, woher die Leichenkommen, wurde mit einem unwirschen Knurren beant-wortet. Nach hartnäckigem Nachfragen kam schließlich diesibyllinische Antwort, es sei Montag. Und was hat dieLeicheninflation mit dem Wochentag zu tun? ›Gestern warSonntag, und da passieren solche Dinge eben‹, zischte derBootsführer. Was für Dinge? Schulterzucken. Doch die Ant-wort fiel nicht schwer: Es handelte sich schlichtweg umrituelle Menschenopfer, wie sie in Nigeria, aber nicht nurdort, nach wie vor häufiger vorkommen…«

Durch das Mittelalter hindurch sind uns allgemein nurwenige Zeugnisse kleiner Gruppen erhalten, die entgegendem Terror der Konstantinischen Mischreligion am Wort derWahrheit festgehalten haben. Die katholische Kirche fängtan zu lehren, daß der Sonnentag der neutestamentliche Sab-bat wäre und installiert die Legende, daß der Auferstehungs-tag des Christus ein Sonntag gewesen wäre21. Diese Legendemuß bis heute zur Rechtfertigung der Sonntagspraxis her-halten.

Der Begriff »Tag des Herrn« aus Offenbarung 1,10, der andieser Stelle das prophetische Versetztsein des Johannes ineinen zukünftigen Tag bezeichnet, wird als Bezeichnung fürden ersten Wochentag etabliert. Eine biblische Rechtferti-gung dafür fehlt völlig. Das ist für den Katholizismus auchnicht weiter tragisch, da er die Bibel ohnehin nur soweitakzeptiert, wie sie den Lehren »der Kirche« nicht in dieQuere kommt. Wer die Bibel aber als Wort Gottes akzeptiert,sollte auch seine Begrifflichkeit am Wort messen lassen und»ein Muster gesundseiender Worte« (2. Tim. 1, 13) pflegen.Hierzu gehört auch, zum Verständnis des Begriffes »Tag desHerrn« bzw. »Tag hwhys« sonstige biblische Vorkommen zu

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22 Neben den benannten Stellengehören z. B. auchJoel 1, 15 und 2, 1fJes. 13, 6Zeph. 1, 7 und 1, 14ffMt. 24, 42Apg. 2, 201. Kor. 1, 8 und 5, 51. Thess. 5, 2f sowie2. Thess. 2, 2zur biblischen Beschreibungdes »Tages des Herrn«; eswiderspräche einem gesundenExegeseverständnis völlig, alldiese Vorkommen auf denkünftigen Gerichtstag zubeziehen, allein Offb. 1, 10 aberauf einen Wochentag, obwohlauch hier der Kontext auf denTag des Gerichts verweist.

berücksichtigen. Wir lesen z.B. in 2. Petr. 3, 10: »Der Tag desHerrn aber wird eintreffen wie ein Dieb; an dem werden dieHimmel mit Getöse vergehen; die Elemente aber werden aufge-löst und in Glut vergehen samt der Erde und den Werken, dieauf ihr gefunden werden.« Der erste Wochetag kann hier nichtgut gemeint sein, denn der kommt nicht wie ein Dieb, son-dern mit leidlich absehbarer Regelmäßigkeit. Auch wird nie-mand ernsthaft behaupten wollen, daß solches »Feuerwerk«,wie hier beschrieben, wöchentlich stattfindet. Ebenso gehörtJes. 2, 12 ff in diesen Zusammenhang, wo der Tag hwhys alsein Gerichtstag beschrieben wird – und nicht als Feiertag.In Amos 5, 18—22 wird der Gerichtscharakter des Tageshwhys betont und endlich davor gewarnt, diesen Tag als Festzu betrachten: »Oh, die verlangenden den Tag hwhys! Warumist Euch dies Verlangen nach dem Tag hwhys? Er ist Finsternisund nicht Licht. … Ich hasse, ich verwerfe Eure Feste.« In1.Kor. 1, 7f, wird der »Tag des Herrn« in unmittelbarenZusammenhang gebracht mit der Enthüllung unseres HerrnJesus; die Korinther sollen an diesem Tage Unbeschuldbare,Untadelige sein. Würde man hier den »Tag des Herrn« alsersten Wochentag ansehen, ergäbe sich die abwegige Aus-sage, daß die Korinther nur sonntags untadelig sein sollten,was viele »Sonntags-Christen« sicherlich gern als Rechtferti-gung und Beschreibung ihres Zustandes ansehen würden,was aber ganz bestimmt keine biblische Zielsetzung ist.22

Im 24. Vers des 118. Psalms lesen wir: »Dies ist der Tag,den hwhy gemacht, wir wollen uns freuen und frohlocken inihm.« Hier ist eine Besonderheit des Hebräischen zubeachten: Die Fügung Mwyh (HaJOM), »dieser Tag«, be-deutet »heute«. Wir können also auch lesen: »Das Heute hathwhy gemacht.« Es ist dies ein guter Vers, um den Tag zubeginnen, denn wenn es – über den in Offb. 1, 10 benanntenGerichtstag hinaus – einen Tag gibt, den wir mit biblischerBerechtigung als den »Tag des Herrn« bezeichnen können,so ist es das Heute.

Wer hingegen den Mithras-Tag als »Tag des Herrn« be-zeichnet, muß sich fragen lassen, von welchem Herrn erspricht. Die Adventisten haben insofern nicht unrecht, wennsie den Kult um den ersten Wochentag als Zeichen desGötzendienstes brandmarken; falsch ist allerdings, daß siedem die Feier des letzten Wochentages als Ausweis geist-lichen Lebens entgegenstellen.

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23 L. Gaston de Segur, »Plain Talkabout the Protestantism ofToday«, Boston 1868

Einen Christen zeichnet eben nicht aus, daß er amletzten Wochentage von seinen Werken ruht, sondern daßer ganz zur Ruhe gekommen ist von eigenen Werken – daßnicht mehr er selbst wirkt, sondern Christus durch ihn,und zwar an jedem neuen Tag, den Gott erwerden läßt.

Aber zurück zur Kirchengeschichte: Luther hat etlicheLehren und Gebräuche des Katholizismus von der Refor-mation ausgenommen, z.B. die Zwangstaufe an Unmündigen,den Antisemitismus, den größten Teil des katholischen Amts-und Kirchenverständnisses, die wesentlichen Eckpunkte deskatholischen Kirchenjahres mit seinen heidnischen Kulten.Auch an der Feier des ersten Wochentages wollte er aus prag-matischen Gründen – der öffentlichen Ordnung wegen –nicht rütteln. Der Konflikt zwischen kirchlicher Sonntags-praxis und Wort Gottes muß Luther aber doch bewußtgewesen sein, spricht er doch in seinen Schriften neutral undwohl etwas verschämt vom »Feiertag«. Bis heute werden dieprotestantischen Kirchen durch ihre Sonntagsheiligungbeschämt, die sie in Widerspruch bringt zum eigenen refor-matorischen Grund. Die Katholische Kirche hat dies erkanntund gießt beißenden Spott über sie aus: »Es war die Katho-lische Kiche … die diese Ruhe zur Erinnerung an dieAuferstehung unseres Herrn auf den Sonntag übertragenhat. Daher ist die Beobachtung des Sonntags durch dieProtestanten eine Huldigung, die sie, ihrer selbst unge-achtet, der Autorität der [katholischen] Kirche zollen.«23

Genüßlich wird den Protestanten, die sich nach außenhin zu dem Grundsatz »Sola Scriptura«, also zur alleinigenAutorität der Heiligen Schrift in allen Lehrfragen bekennen,anhand der Sonntagsfrage ihre Doppelmoral unter die Nasegerieben: »Man nehme z. B. nur die Beobachtung des Sonn-tags mit dem Besuch des Gottesdienstes und dem Enthaltenvon unnötiger Arbeit, etwas, worauf die Protestanten langeJahre großen Wert gelegt haben. Ich möchte mich hier ganzfreundschaftlich an meine protestantischen Leser wenden:Du glaubst, daß die Bibel allein ein sicherer Führer in reli-giösen Dingen ist? Du glaubst auch, daß eine der fundamen-talen Pflichten, die Dein christlicher Glaube Dir auferlegt,die Sonntagsheiligung ist? Doch wo spricht die Bibel vonsolch einer Verpflichtung? Ich habe die Bibel vom ersten Versder Genesis bis zum letzten der Offenbarung gelesen undhabe keinen Hinweis auf die Pflicht der Sonntagsheiligung

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24 Pater John A. O’Brien, »DerGlaube der Millionen«, P. Patt-loch, Aschaffenburg, 1951

25 Peter Geiermann »The Con-vert’s Catechism of CatholicDoctrine« 1957

gefunden. Der Tag, den die Bibel im AT erwähnt, ist nichtder Sonntag, der erste Tag der Woche, sondern der Samstag,der letzte Wochentag. … Wenn man, wie Du, den Sonntaghält, gibt man da nicht ganz offensichtlich die Unzu-länglichkeit der Bibel als alleinige Richtschnur fürGlaube und religiöse Übung zu und bekundet dieNotwendigkeit einer von Gott gesetzten Lehrautorität,[der katholischen Kirche] die du theoretisch verneinst?«24

Es wird also offensichtlich katholischerseits nicht be-stritten, daß man die Sonntagsheiligung nicht aus der Schriftherleiten kann, ja diese Tatsache wird gar bewußt in-strumentalisiert, um Protestanten davon zu überzeugen, daßsie – da sie sich ja ohnehin in der Sonntagsfrage de factoder Autorität des Lehramts der Katholischen Kircheunterstellt haben – doch überhaupt endlich die Anerkennungder alleinigen Lehrautorität der Schrift fallenlassen sollen.

Das protestantische Lavieren in dieser Frage ist derKatholischen Kirche fern, bekennt sie doch völlig unverstelltin ihren Katechismen: »Frage: ›Welches ist der Sabbattag?‹Antwort: ›Samstag ist der Sabbattag.‹ Frage: ›Warumbeobachten wir den Sonntag statt den Samstag?‹ Antwort:›Wir feiern Sonntag statt Samstag, weil die katholischeKirche die Feierlichkeit vom Samstag auf den Sonntagübertragen hat.‹«25

»Frage: ›Gibt es irgendeine andere Möglichkeit, zu bewei-sen, daß die [katholische] Kirche die Macht hat, Feiertageals ein göttliches Gebot einzusetzen?‹ Antwort: ›Hätte sienicht diese Macht …, hätte sie nicht den Samstag, densiebenten Tag, durch die Feier des Sonntags, des ersten Tagesder Woche, ersetzen können – eine Änderung, für welche eskeine biblische Autorität gibt.‹«26

Es gibt eine Fülle weiterer Citate, die beweisen, daß eskatholischen Autoritäten durchaus bewußt ist, daß dieSonntagsheiligung nicht biblisch herzuleiten, sondern alleinauf Beschluß der Katholischen Kirche eingeführt wurde:

»Der Sonntag ist eine katholische Einrichtung unddessen Heilighaltung kann aufgrund katholischer Grund-sätze gerechtfertigt werden. … Von Anfang bis Ende derheiligen Schrift gibt es nicht einen einzigen Abschnitt, derdie Verlegung des wöchentlichen Ruhetages von dem letztenTag der Woche auf den ersten rechtfertigt.«27

»Es ist gut, die Presbyterianer, Baptisten, Methodistenund alle anderen Christen daran zu erinnern, daß die Bibel

27 The Catholic Press, Sydney,Australien, August 1900

26 Stephan Keenan, »A DoctrinalCatechism«, S. 176

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Abbildung 2:Beispiel Apostelgeschichte 20,7;aus »Evangelische Original-bibel« (Luther), Züllichau 1741Wir können in dieser Bibelaus-gabe, die jeweils den Grundtextder Übersetzung Luthersnebenstellt, sowohl die richtigeÜbersetzung als auch das Wortsabbaton (σαββατων)imGriechischen erkennen.

sie in keiner Weise in ihrer Sonntagsfeier unterstützt. DerSonntag ist eine Einrichtung der römisch-katholischenKirche und diejenigen, die den Tag heilig halten, folgeneinem Gebot der katholischen Kirche.«28

»Der Protestantismus, indem er die Autorität der [katho-lischen] Kirche abweist, hat keine guten Gründe für seineSonntagstheorie. Er sollte logischerweise den Samstag alsSabbat halten.«29

»Die Vernunft und der gesunde Menschenverstand ma-chen die Annahme der einen oder anderen Alternativeerforderlich: entweder Protestantismus und die Heilighal-tung des Samstages oder Katholizismus und die Heilig-haltung des Sonntages. Ein Kompromiß ist unmöglich.«30

»Die [katholische] Kirche wählte den Sonntag, denersten Tag der Woche, und im Laufe der Zeit hat sie nochandere Tage als Feiertage hinzugefügt.«31

Eigentlich sollten schon diese Citate als Beweis völlig aus-reichen, daß die Sonntagsheiligung nicht auf Gottes Wort,sondern auf Menschensatzungen zurückzuführen ist, dennganz offensichtlich ist der anmaßende Täter – die katholischeKirche – in vollem Umfang geständig. Wenn es in einer Sacheein Motiv gibt, eine Tatwaffe, einen Täter, der mit blutigenHänden ertappt wurde und darüberhinaus ein umfassendesGeständnis abgelegt hat, wird ihn jeder vernünftige Richterrecht bald schuldigsprechen. Um so erstaunlicher ist es, daßtrotzdem immer wieder Protestanten intensiv nach theo-logischen Rechtfertigungen für die Sonntagsheiligung suchenund dazu gar die Schrift bemühen wollen, ganz so, als gäbees nicht diese Geständnisse der katholischen Kirche, allesnur im Machtrausch frei erfunden zu haben.

Bemerkenswert ist, daß Luther die Bibelstellen, die heutevon den Apologeten einer Feier des ersten Wochentages an-geführt werden, noch richtig übersetzt hat. In der ursprüng-lichen Lutherübersetzung, wie sie noch bis in das 19. Jahr-hundert hinein gedruckt wurde, lesen wir richtig, daß sichdie ersten Christen (unter anderem) am Sabbat versammelthaben (z.B. Apg. 20, 7 und 1. Kor. 16, 2; vgl. Abb. 2).

28 Priester Brady, Elizabeth, NewJersey, »News« 18. März 1903.

29 John Gilmary Shea, »AmericanCatholic Quarterly Review«,Januar 1883

30 »The Catholic Mirror«,23. Dezember 1893

31 Vincent James Kelly,»Forbidden Sunday and feast-day occupations«, 1942

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33 (zu S. 25) Liste der falschübersetzten Bibelstellen:Markus 16, 2; Markus 16, 9Lukas 24, 1Johannes 20, 1; Johannes 20, 19Apostelgeschichte 20, 71. Korinther 16, 2

Einige der Übersetzungen, diediese Verse falsch übertragen:deutsch:Luther, revidierte ÜbersetzungNeue-Welt-Übersetzung(Zeugen Jehovas)Einheitsübers. (katholisch)Elberfelder Übersetzungrevidierte Elberfelder Übers.Menge-ÜbersetzungBruns-ÜbersetzungErnst Voß (plattdeutsch)Interlinear-Übersetzungenglisch:King JamesRevised Standard VersionNew International VersionAmerican Standard VersionLiving BibleRecovery Versionund die besonders grundtext-fernen Nacherzählungen »GuteNachricht«, »Hoffnung füralle« und »Amplified Bible«

richtig übersetzen:Luther, Original-Bibel (nochbis ca. 19. Jh.)Konkordante ÜbersetzungDabhar-Übersetzung

32 Offensichtlich wurde hierTheologie nach J. W. v. Goethegetrieben: »Im Auslegen seidfrisch und munter! Legt Ihrsnicht aus, so legt was unter.«Nachdem die Auslegungs-künste kirchlicher Theologendaran scheitern mußten, diePraxis des Sonntagskultes mitdem Wort zu erklären, wurdealso kräftig »untergelegt«, d. h.zum Wort Gottes hinzu-erfunden.

Abbildung 3:Beispiel Apostelgeschichte 20,7;aus »Das Neue Testament:Interlinearübersetzunggriechisch-deutsch« übersetztvon Ernst Dietzfelbinger;Hänssler-Verlag Neuhausen

Spätere Revisoren der Lutherübersetzung haben hier dasWort Sabbat, das ja zweifelsfrei den letzten Wochentagbezeichnet, durch die Bezeichnung »erster Tag der Woche«ersetzt. Offensichtlich war die Diskrepanz zwischen bib-lischer Offenbarung und gelebter Praxis so unerträglichgeworden, daß sich etwas ändern mußte. Von den zweiMöglichkeiten – also entweder die eigenen Gebräuche demWort Gottes anzupassen oder das Wort Gottes zu fälschen,um das eigene Tun zu verschleiern – entschied man sich fürdie zweite, die falsche. So ist die Legende entstanden, daßschon die ersten Christen sich am ersten Wochentageversammelt hätten.

Am Beispiel der Interlinear-Übersetzung sehen wir, wieder Text schrittweise verfälscht wird (siehe Abb. 3): Wir se-hen uns dazu wieder beispielhaft Apg. 20, 7 an. Die wörtlicheÜbersetzung müßte lauten: »Aber in dem einen der Sab-bate…« Die Interlinear-Übersetzung erfindet das Wort »Tag«aus dem Nichts dazu, wodurch es möglich wird, das »ein«faktisch zur Ordinalzahl (im Sinne von »erster«) umzufunk-tionieren, und schreibt das Wort »Sabbat« in »Woche« um.Schon ist die Versammlung um einen Tag nach hintenverschoben! Dabei wäre es im Hellenischen kein Problem ge-wesen, die Wendung »erster Tag der Woche« präcise und un-mißverständlich auszudrücken, denn natürlich sind die erfor-derlichen Bausteine in dieser Sprache vorhanden, so πρωτος(erster, vorderer) ηµερα (Tag) und auch εβδοµας (Wo-che). Aber diese Worte finden wir eben in den entsprechen-den Bibelstellen nicht – nicht einmal ein einzelnes davon!

Andere Übersetzer sind dem schlechten Beispiel gefolgt;selbst die Elberfelder Übersetzung, die den Ruf der Genauig-keit hat, konnte der Versuchung nicht widerstehen, hier»theologisch« zu übersetzen, das heißt, den biblischen Wort-laut der persönlichen Theologie anzupassen. Menge, der dasWort Sabbat, das er ja im Grundtext vorfand, nicht einfachstreichen wollte, überträgt »am ersten Tage nach demSabbat«. Die Fügung »am ersten Tage nach« ist dabei freierfunden32. Die »Living Bible« überträgt gleich »Sunday«(Sonntag)!

Als mir dies zum ersten Mal bewußt geworden ist, warich doch einigermaßen fassungslos. Haben wir es hier mit

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34 Das Wort »Diabolos«, dasgewöhnlich als »Teufel«, auchals »Widerwirker« übertragenwird, bedeutet wörtlichübersetzt »Durcheinander-werfer«. Es ist Wesensart desDurcheinanderwerfers,Wahrheit und Lüge, Offen-barung und Tradition so zuverwirbeln, daß sie am Endekaum noch unterscheidbarsind. Es ist jedoch unsereAufgabe, dieses Amalgamwieder zu trennen. Das Mittel,das uns dazu an die Handgegeben ist, ist das Schwert desGeistes, das Wort Gottes, dastatsächlich fähig ist, solcheVermischungen zu trennen undwieder auseinanderzuordnen –wenn wir es denn gebrauchen(vgl. Eph. 6, 17 und Hebr. 4, 12).Im Falle unseres Themas istder Durcheinanderwurf desDiabolos ein doppelter:Offensichtlich befindet sich imWiderspruch zu Gottes Wort,wer dem ersten Wochentageirgendwelche Heiligkeitzubilligt. Aber wer nun – quasireformatorisch – fordert, zurFeier des letzten Wochentageszurückzukehren, ist einemAblenkungsmanöver erlegen;zwar verteidigt er das WortGottes gegen eine dreisteFälschung, dringt dabei abernicht zum eigentlichenneutestamentlichen Gehalt desSabbatgebotes vor.

einer bewußten Manipulation am Bibeltext zu tun? EinIrrtum der Übersetzer oder Schwierigkeiten mit Unklar-heiten im griechischen Grundtext erscheinen nämlich außer-ordentlich unwahrscheinlich: Dort wo das Wort Sabbaton(σαββατων) die Juden unter dem Alten Bund betrifft,wurde es jeweils korrekt wiedergegeben; dort wo es sich aufdie ersten Christen bezieht, verfälscht33.

Rühmliche Ausnahmen bilden hier – neben dem schonerwähnten alten Luther – die Konkordante Übersetzung unddie Dabhar-Übersetzung. Beiden liegt das sogenannte kon-kordante Übersetzungsprinzip zugrunde, das jedem Grund-textwort exakt ein Wort in der Zielsprache zuordnet. Diesführt zwar oft zu schwieriger Wortwahl und ungewohntemSatzbau, schließt aber private theologische Textmanipulationrecht zuverlässig aus. Es wird für viele ein harter Schlag sein,wenn ich hier z. B. der Elberfelder Bibelübersetzung, dievielen ein liebgewordener Weggefährte sein wird, das Etikett»teilweise verfälscht« anhänge. Auch für mich war diese Ent-deckung sehr schmerzlich. Und doch scheint der Textbefundan dieser Stelle kein anderes Urteil zuzulassen.

Ich möchte mich jetzt nicht darüber aufhalten, welchesGericht wohl diejenigen auf sich laden, die vom Wort Gotteshinwegnehmen oder dazu hinzufügen. Diese ungeheuer-lichen Manipulationen an der Schrift, die das Vertrauen derLeser deutscher, englischer und anderer Bibelübersetzungenderartig mißbrauchen, werfen doch aber folgende Frage auf:Muß nicht ein außerordentlicher Segen auf der neutesta-mentlichen Erfüllung des Sabbatgebotes ruhen, wenn derDiabolos34 einen derartigen Aufwand treibt, uns durch solcheFälschungen, aber auch durch die kirchlichen Strukturen,die sich in den vergangenen Jahrhunderten entwickelthaben, auf eine falsche Fährte zu locken? Legt dies nicht dieVermutung nahe, daß Gott mit seinem tatsächlichen Plan fürden Sabbat im Neuen Bund uns außerordentlichen Segenzugedacht hat? Wir werden feststellen, daß es sich genau soverhält: Der Mensch ohne Gott muß immerfort wirken, ohneje zu einem Ziel zu kommen. Wie der reiche Kornbauer denkter, daß er irgendwann zur Ruhe kommen und gesättigtwerden könnte, wenn er nur genug geleistet hätte. Aber erwird niemals dieses »genug« erreichen. Uns hat Christus denWeg in diese Ruhe gezeigt, der die Menschen nachjagen, ohnesie je greifen zu können. Es ist nun an uns, diesen Weg auchmitzugehen.

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35 Kolosser 2, 17

VI Gottes Gedanken mit dem Sabbat

Wir haben im letzten Abschnitt gelernt, daß der Diabolosaußerordentlichen Aufwand getrieben hat, um die Sonntags-praxis zu installieren und theologisch abzusichern, die heuteunter den meisten Christen akzeptiert ist. Wenn wir Zuganghaben zum unverfälschten Wort Gottes, wie wir es imgriechischen Grundtext des Neuen Testamentes finden,können wir schnell feststellen, daß der Sonntagskult in derSchrift keinerlei Verankerung besitzt. Ein naheliegenderSchluß an diesem Punkt der Erkenntnis wäre nun, zur Feierdes letzten Wochentages zurückzukehren, wie wir sie ausdem Alten Bund kennen. Und genau hier hat derDurcheinanderwerfer die nächste Falle aufgebaut: Wenn wirden Sabbat auf die Samstags-oder-Sonntags-Frage redu-zieren, werden wir uns in einem Scheinkonflikt verschleißenund wahrscheinlich nie erfahren, was Gott uns eigentlich mitdem Sabbat im Neuen Bund offenbaren und schenken wollte.

Wenn Paulus an die Kolosser schreibt, daß die Sabbatenur ein Schatten des Zukünftigen sind35, dann bezieht er sichja nicht auf den Sonntagskult, der erst Jahrhunderte späterim nominalen Christentum Einzug gehalten hat; er beziehtsich hier auf den Sabbat des Alten Bundes, den zumindestdie ersten Christen, die vom Judentum herkamen, durchausgehalten haben. Paulus weist uns darauf hin, daß dieseSabbate nur eine Vorbildfunktion haben, daß das Eigentliche,das im Alten Bund als noch »Zukünftiges« schattenrißartig,undeutlich im Sabbatgebot abgebildet war, für uns, die wirTeilhaber des Neuen Bundes geworden sind, nun unverhülltund direkt zur Verfügung steht.

Um herauszufinden, was das ist, müssen wir zuerst miteinem weiteren Mißverständnis aufräumen: Der wöchent-liche Feiertag erscheint uns in unserer Sicht, die, wenn wirehrlich sind, oft noch von den Notwendigkeiten und derMühsal des Alltags beschränkt ist, als wiederkehrenderRuhepunkt in einer schier endlos erscheinenden Reihe vonTagen. Er scheint Bestandteil eines Zyklus ähnlich derJahreszeitenfolge zu sein, der in endloser Wiederkehr vonsechs Arbeitstagen und einem Feiertag besteht, an die sichwiederum Arbeitstage und Feiertag anschließen. Bei dieserBetrachtung erscheint es tatsächlich gleichgültig, ob dieser

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36 Eph. 1, 9f: In aller Weisheit undBesonnenheit macht er uns dasGeheimnis seines Willensbekannt, nach seinem Wohlge-fallen, das er sich in ihm vor-setzte für die Verwaltung derVervollständigung der Fristen,um in Christus das All aufzu-haupten: Beides, das in denHimmeln und das auf der Erde.(aufhaupten in Christus =unter Christus als dem Hauptzusammenfassen)

39 Offenb. 21, 1 — 5

27

37 1. Kor. 15, 26

38 1. Mose 1, 31

Feiertag am Anfang, am Ende oder in der Mitte einer Wocheplaziert ist, wird er doch zum Bestandteil einer zyklischen,also kreisförmigen Wiederkehr.

In der biblischen Beurteilung ist der Sabbat aber nieBestandteil eines Zyklus, sondern er stellt einen Schlußpunktdar; er zeigt eine Vollendung an. Wie wir schon eingangsfestgestellt haben, hat der Sabbat ja seinen Ursprung in demRuhen Gottes, daß den Abschluß, die Vollendung des Schöp-fungsaktes angezeigt hat. Der Sabbat weist auf ein Ziel hin.So wie er das Israel des Alten Bundes mit jeder vollendetenWoche an die Vollendung der Schöpfung erinnert hat, so soller uns auch erinnern, daß unser Leben ein Ziel hat.

Er ist aber auch prophetischer Hinweis darauf, daß auchder Erlösungsweg Gottes mit seiner Schöpfung ein Ziel hat,das Paulus als »Vervollständigung der Fristen36«, also sinn-gemäß als Abschluß der Zeitalter, bezeichnet. So wie dieSchöpfung ihren einstweiligen Abschluß mit der Ruhe Gottesvon seinen Werken gefunden hat, so werden auch die Äonenseither, in denen Gott mit der Erlösung dieser Schöpfungbefaßt ist, in einem Äon des Feierns enden. Gottes Ziel istes, Schöpfung und Erlösung zum Abschluß zu bringen, zurRuhe zu gelangen, und dann, wenn der Tod als der letzteFeind beseitigt37 und alles unter Christus als Haupt zusam-mengefaßt ist36, endgültig zu sagen: »Es ist sehr gut.« Diesesendgültige göttliche »sehr gut« wird das »sehr gut«, das wirvom Ende des Schöpfungsberichtes kennen38, weit über-treffen; einen prophetischen Hinweis hierauf finden wir z. B.in Pred. 7, 8: »Gut ist das Spätere einer Sache, mehr als ihrAnfang.« Es besteht an dieser Zielsetzung kein Zweifel, wiewir z. B. in den letzten Kapiteln in Gottes Buch39 nachlesenkönnen.

Was ist aber nun das Eigentliche, was ist der Kern desSabbats in Bezug auf uns, das, worauf Paulus die Aufmerk-samkeit der Kolosser und auch die unsere hinlenken möchte?

So, wie es Gottes Ziel ist, zur Ruhe zu gelangen, sosollen auch wir zur Ruhe gelangen von unseren Werken.Nicht an einem Wochentag, sondern völlig. Um Miß-verständnissen vorzubeugen: Es geht hier nicht um dieultimative Faulheit. Es geht darum, beständig in einemZustand zu leben, wo »nicht mehr ich wirke, sondernChristus in mir«. Paulus schreibt in Gal. 2, 19: »Denn ich,

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40 starb

41 vgl. Marginalie

16 auf Seite 16

11 siehe Seite 12

durch Gesetz wegertotete40 ich dem Gesetz, auf daß ich Gott

lebe. Mit Christos bin ich zusammen angepfahlt41 worden; ich

lebe, aber nicht mehr ich, es lebt aber in mir Christus; was ichaber nun lebe im Fleisch, lebe ich im Treun

11, in dem Treun

des Sohnes des Gottes, des mich liebenden und sich selber fürmich danebengegebenhabenden.« In diesem Satz ist dieSabbatpraxis des Neuen Bundes vollständig zusammen-gefaßt. Weil er aber so bedeutend ist, wollen wir uns die Zeitnehmen, weitere Zeugen aufzurufen, die uns tiefereBestätigung verschaffen sollen:

Sehen wir uns dazu zuerst Eph. 2, 10 an: »Denn wir sindsein Tatwerk, erschaffen in Christus Jesus für gute Werke, dieGott vorherbereitete damit wir in ihnen wandeln.« Dies isteiner der zentralen Verse des Evangeliums. Wenn wir nichtsanderes zum Thema Sabbat wüßten als diesen Vers, könntenwir schon zu einer zufriedenstellenden Sabbat-Praxiskommen. Auch wenn das Wort Sabbat gar nicht darinvorkommt: Wenn wir ihn wirklich verinnerlicht haben,werden wir uns richtig »sabbatgemäß« verhalten. Wir lernendaraus, daß es nicht unser Planen ist, das unseren Wegbestimmen soll, sondern wir im Vertrauen auf dasVorbereiten des Vaters ruhen dürfen. Salomo (wir erinnernuns: der den Christus prophetisch darstellende »Mann derRuhestatt«) schreibt: »Geplantes hütet über Dir.« (Spr. 2, 11).

Diese Haltung, Gottes Handeln nicht vorzugreifen, wirdauch beschrieben in Klagelieder 3, 25f: Gut ist hwhy dem aufihn harrenden, der Seele, die ihm nachforscht. Gut ist, sowohlwartend als auch still zu sein zum Retten hwhys.

Als nächstes wollen wir Kol. 3, 17 betrachten: »Und all das,was Ihr tut, im Wort oder im Gewirkten, alles tut im Namendes Herrn Jesus Christus als dankende dem Gott-Vater durchihn.« Auch hier werden wir wieder mit dem absolutenAnspruch geistlichen Lebens im Neuen Bund konfrontiert:Zu tun ist nur das, was in Christus, aus Christus heraus, inGemeinschaft mit Christus geschieht. Darüber hinaus-gehende Werke sind »fleischgeboren« und bewirken Tod.

Schon im Alten Bund wurde der Gedanke angedeutet, daßdie Sabbatheiligung über den bloßen Feiertag hinaus darinbesteht, von eigenem, also fleischlichem Tun abzustehen undstattdessen die Freude der Gemeinschaft mit Gott zu suchen:

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»Falls Du aufgrund des Sabbats Deinen Fuß abkehrst vom

Tun nach Deinem Gefallen an meinem heiligen Tage — undnennst den Sabbat Deine Lust und den heiligen Tag hwhysherrlich — und verherrlichst ihn, statt Deine eigenen Wege zugehen, statt nach Deinem Gefallen zu suchen und Deineigenes Wort zu sprechen, dann sollst Du Deine Lust habenan hwhy…« (Jes. 58, 13f). Daß die Umkehr von eigenenWegen aufgrund des Sabbats geschehen soll und nicht nuram Sabbat, ist ein Hinweis darauf, daß es Jesaja durchausbewußt war, daß der Sabbattag nur ein Hilfsmittel Gottes ist,uns zu vermitteln, daß wir von unseren eigenen Wegenumkehren müssen. Der wöchentliche Ruhetag ist also nichtZielsetzung des Gesetzes, sondern Hilfskonstruktion zurVermittlung tieferer geistlicher Einsicht. Wir müssen ver-stehen, daß er von vornherein nie als endgültige Einrichtunggeplant war, sondern nur als »Schatten des Zukünftigen«,als prophetischer Hinweis auf den Neuen Bund. Solange wirdiese Erkenntnis nicht annehmen, können wir nicht denAbstand zum alttestamentlichen Sabbatgebot gewinnen, denwir brauchen, um zu verstehen, was die eigentliche, diewahre Sabbatheiligung ist, die Paulus uns vorstellt.

Es zeigt sich, daß selbst die Todesstrafe für den Sabbat-bruch im Alten Bund, die einigen auf den ersten Blickgrausam und ungerecht erscheinen mag, eine Vorschattungder Verhältnisse im Neuen Bund ist: Wer nicht in dieSabbatruhe eingeht, die Gott uns zugedacht hat, wer alsoselbst wirkt, statt Christus durch sich wirken zu lassen, derstirbt geistlich. Tatsächlich ist der Weg der Kirchenge-schichte gesäumt mit den geistlichen Leichen von Personenund Strukturen, die meinten, Gottes Handeln »etwas auf-helfen« zu müssen.

Ein Vor-Bild hierfür finden wir in der Geschichte von derÜberführung der Bundeslade (1. Chr. 13), die mit dem Toddes Usa endet. Vor dem Hintergrund des bisher Gelerntenkönnen wir sagen, daß Usa stirbt, weil er – im geistlichenSinne – den Sabbat gebrochen hat, das heißt, weil die Ladenicht aufgrund des Redens Gottes, sondern aufgrund einesVolksbeschlusses überführt werden sollte – obwohl sein Tunnicht vordergründig in Beziehung stand zu einem bestimmtenFeiertag. Paulus hätte gesagt: Usa hat im Fleisch gewirkt,

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42 Röm. 8, 12f: Demnach Brüder,sind wir daher Schuldner nichtdem Fleisch, um gemäß demFleisch zu leben. Denn wenn Ihrgemäß dem Fleisch lebt, schicktIhr Euch an, wegzuertoten;wenn Ihr aber im Geist diePraktiken des Leibes tötet,werdet Ihr leben.

30

43 Herabruhe (katapawsis): einallbezügliches, von oben (vonGott her) gewirktes Ruhen; wirsehen in Hebr. 4, 9f daß dieseHerabruhe als Synonymgebraucht wird für die Sabbat-ruhe. Wir sind mit diesem Textim Epizentrum unseresThemas angekommen.

45 beiseiterufen (parakaläo): einermahnendes, aber auch trö-stendes Erinnern

44 vgl. Marginalie

11 auf Seite 12

nicht im Geist42. Sein Tod war also keine willkürliche Zornes-tat Gottes, sondern der Vollzug der im Gesetz für Sabbatbruchvorgesehenen Strafe. Ausdrücklich weist uns schon dieseGeschichte darauf hin, daß auch das gutgemeinte religiöseStreben den Menschen zum Tod führt. Notwendig ist diesesvöllige zur-Ruhe-bringen der eigenen Werke, weil, wie wirwissen »in unserem Fleisch Gutes nicht wohnt« (Röm. 7, 18).

Zentraler Schlüsseltext für das Verständnis unseresThemas ist aber Hebräer 3, 7 bis 4, 13 – den ich seiner Wichtig-keit wegen hier im Zusammenhang wiedergebe:»3/7 Darum, so wie der heilige Geist sagt: Heute, so Ihr seineStimme hört,3/8 verhärtet Eure Herzen nicht, wie einst in der Verbitterungam Tag der Versuchung in der Wildnis,3/9 wo mich Eure Väter mit einer Prüfung versuchten, wiewohlsie meine Werke vierzig Jahre lang gewahrten.3/10 Darum ekelte mich vor dieser Generation, und ich sagte:Stets irren sie mit dem Herzen, sie aber, nicht erkannten sie

meine Wege,3/11 wie ich in meinem Zorn beeidete: »Wehe, wenn sie inmeine Herabruhe

43 hineinkommen werden!«

3/12 Sehet darauf, Brüder, daß nicht in jemandem von Euchein böses Herz des Untreuns

44 im Abstehen von dem lebendigen

Gott sei,3/13 sondern ruft Euch selber beiseite

45 an jedem Tag, bis hin

zu dem, der »Heute« heißt, auf daß nicht jemand aus Euchverhärtet werde mittels Täuschung der Verfehlung.3/14 Denn wir sind Mitteilhaber des Christus geworden, dasheißt, wenn wir die anfängliche Grundlage bis zur Vollendungstetig festhalten;3/15 ist doch gesagt: Heute, so Ihr seine Stimme höret, nichtsolltet Ihr Eure Herzen verhärten wie jene in der Erbitterung.3/16 Denn etliche, obwohl sie ihn gehört hatten, erbittertenihn, jedoch nicht alle, die durch Mose aus Ägypten heraus-kamen.3/17 Vor welchen aber ekelte er sich vierzig Jahre? Nicht vorden Verfehlern, deren Leichen in der Wildnis fielen?3/18 Welchen aber schwur er, daß sie nicht in seine Herabruhe

eingehen werden, wenn nicht den Unfügsamen?

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44 vgl. Marginalie

11 auf Seite 12

46 Herabwurf (katabole):vgl. 1. Mose 1, 2 und 2. Petr. 3, 6;nähere Erklärungen an dieserStelle würden zu weit vomThema wegführen

47 Hier steht im Griechischenzwar »Jesus«, ist aber hier alsÜbersetzung des hebräischen»Jehoschua« zu verstehen, sodaß die Wiedergabe mit»Josua«, wie sie sich auchzwingend aus dem Inhaltergibt, korrekt ist.

48 in die Herabruhe geführt

31

3/19 Heute sehen wir, daß sie infolge ihres Untreuns44 nicht

hineinzukommen vermochten.4/1 Mögen wir uns nun fürchten, damit nicht etwa, da dieVerheißung hinterlassen ist, in seine Herabruhe hinein-zukommen, jemand von Euch meine, dieser ermangelt zuhaben.4/2 Denn auch uns ist Evangelium verkündigt worden, gleichwieauch jenen. Jedoch hat das Wort der Kunde jenen nicht genützt,weil es bei den Hörenden nicht mit dem Treun

44 vermengt war;

4/3 wir nun, die Treuenden44, gehen in die Herabruhe ein, so

wie er geredet hat: Wie ich in meinem Zorn geschworen habe:»Wehe, wenn sie in meine Herabruhe hineinkommen werden!«— obwohl so viele Werke seit dem Herabwurf

46 des Kosmos

geschehen sind.4/4 Denn irgendwo hat er betreffs des siebenten Tages sogeredet: Und Gott herabruhte in dem siebten Tag von all seinenWerken.4/5 Und an dieser Stelle wieder: »Wehe, wenn sie in meineHerabruhe hineinkommen werden!«4/6 Weil nun das Eingehen etlicher in dieselbe bestehenbleibt,aber die, denen zuvor Evangelium verkündet wurde, wegen desUntreuns nicht hineinkamen,4/7 bezeichnet er wieder einen Tag als »Heute«, nach so langerZeit durch David verkündigend, wie es bereits vorher geredetworden ist: Heute, wenn Ihr seine Stimme hört, verhärtet EureHerzen nicht.4/8 Denn wenn Josua

47 sie herabberuhigt

48 hätte, so würde er

nicht von einem anderen Tag nach diesen gesprochen haben.4/9 Demnach ist dem Volk Gottes eine Sabbatruhe belassen.4/10 Denn der in seine Herabruhe hineingekommene, herabruhtselbst, weg von seinen Werken, wie auch Gott von seineneigenen.4/11 Daher sollten wir uns befleißigen, in jene Herabruhehineinzukommen, damit nicht jemand nach dem selben Beispielder Unfügsamkeit zu Fall komme.4/12 Denn lebend ist das Wort des Gottes und innenwirkend,und schneidender als jedes zweischneidige Schwert, und durch-reichend bis zur Teilung von Seele und Geist, Gelenken als auchMark; Richtendes der Absichten und Gedanken des Herzens.4/13 Und nicht ist ein Erschaffenes, das vor seinen Augen nichtoffenbar ist. Alles aber ist nackt und entblößt vor den Augendessen, dem wir Rechenschaft geben müssen.«

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Hier wird im Hebräerbrief zusamengefaßt, daß Gott schondem Volk des Alten Bundes das Eingehen in die Sabbatruhevorgelegt hat. Durch ihre mangelnde Treue ihm gegenüberhaben sie aber dieses Angebot versäumt, so daß es Josuanicht möglich war, sie in diese Ruhe zu führen. Gott wirftihnen vor, daß sie seine Werke zwar sahen, aber letztlichseine dahinterstehenden Gedanken nicht verstanden haben;sie konnten nicht erkennen, daß Gott selbst der Wirkendesein wollte in ihrem Leben und hielten an ihren eigenenWerken fest. Dies schließt die guten, gesetzgemäßen Werkedurchaus ein. Als die Ursache ihres Nichtverstehens be-zeichnet Gott ihren Ungehorsam, ihre Untreue. Die Folgedavon war, daß sie das Zeichen des Sabbats nicht verstandenund ihn dadurch nur als wöchentlichen Feiertag – demBuchstaben gemäß – feiern konnten. Durch David setzt Gotteinen neuen Zeitpunkt fest, seine Kinder in die endgültigeRuhe eingehen zu lassen. Mit der Versöhnung in Christus istdieser Zeitpunkt gekommen; in Rede steht das Zeitalter, indem wir uns augenblicklich befinden.

Es ist gelegentlich behauptet worden, daß dieses »Heute«,das Gott festgesetzt hat, noch in der Zukunft liegt. DieseBehauptung ist falsch. Erstens sagt Vers 3 in Kapitel 4 unmiß-verständlich, daß wir, die wir Gott in Treue verbunden sind,diese Ruhe erlangen. Zweitens werden wir in Vers 11aufgefordert, in diese Ruhe einzugehen, was keinen Sinnergäbe, wenn diese uns nicht heute zur Verfügung stünde.Wer die Verheißung des Eingehens in die Sabbatruhe in dieZukunft verlegt, geht genau in die Falle, vor der wir in Kapitel4, Vers 1 gewarnt werden: Er »meint, der Herabruhe zuermangeln«, das heißt er denkt, daß ihm diese Verheißunggegenwärtig nicht zur Verfügung steht. Damit verschiebt erletztlich das Evangelium in die Zukunft, denn daß wir vonunserem eigenen Tun zur Ruhe gelangen und stattdessenChristus durch uns wirken lassen, ist kein Nebenaspekt desNeuen Bundes, sondern dessen Zentrum. Auch der Vers 13des 3. Kapitels weist nicht auf ein zukünftigen »Heute«; diewörtliche Übersetzung »bis dahin, daß das ›Heute‹ gerufenist« bedeutet sinngemäß »solange Gott noch neue Tageerwerden läßt«, meint also das gegenwärtige Zeitalter bis zudessen Abschluß.

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49 Php. 1, 21

Es belehrt uns dieser Vers – wie z. B. auch der 15. – daßwir täglich neu vor die Entscheidung gestellt werden, ob wiruns dem Wirken Gottes hingeben oder selbst »gute Werke«tun wollen. Um hier beständig treu sein zu können, sollenwir uns selbst und auch untereinander »beiseiterufen«, alsoerinnern, ermahnen, zusprechen. Dafür ist freilich Voraus-setzung, daß wir die hier von Paulus beschriebene Sicht desSabbats zustimmend aufnehmen, damit wir »nicht nach demselben Beispiel der Unfügsamkeit zu Fall kommen«.

Die Verse 16ff geben uns eine Ahnung davon, daß unserThema schon damals in der Wüste kontroverse Anschau-ungen bewirkt hat. Die Tragik, daß zwar alle aus Ägyptenauszogen, aber nur einige das Ziel erreichten, ist bis heuteschmerzlich. Nur das Vertrauen darauf, daß Gott wirklich dasmeint, was er sagt, daß uns dieser Reichtum wirklich gegebenist, bewahrt uns davor, dieselbe Tragik zu erleiden (Kap. 4, 2).

Ich glaube nicht, daß im geringsten strittig ist, daß mitdem Begriff »Herabruhe«, der diesen Text beherrscht, auchwirklich die Sabbatruhe gemeint ist. Die Verse 9 und 10 des4. Kapitels lassen keinen anderen Schluß zu.

Die Verse 12 und 13 weisen uns abschließend noch einmaldarauf hin, daß der Kampf um den Sabbat nicht ein Kampfum Tage ist, sondern um die »Absichten und Gedankenunseres Herzens«. Oft werden wir kaum beurteilen können,ob das Tun unserer Mitbrüder aus dem Wirken Gottes ent-springt oder aus toter Religiosität. Das Wort Gottes ist aberfähig, uns zumindest in Bezug auf uns selbst hier den Blickzu schärfen.Die eigenen Werke in den Tod zu geben, bedeutet letztlich,das gesamte eigene – Adam gemäße – Sein zu Tode zubringen. Dies ist die größte geistliche Herausforderung, vordie wir gestellt werden. Selbst außerordentlich geistlicheMenschen können scheitern, wenn es ans Sterben geht. Solesen wir z.B. in 2.Kön.18 — 20 von Hiskijahu, der in vor-bildlicher Weise gegen den Götzendienst seiner Zeitgekämpft hat und Zeugnis erhält, daß »hwhy mit ihmbefunden wurde« und er eine hervorragende Stellung unterallen Königen Jehudas einnimmt. Er hatte ausgezeichneteWerke – aber als er sterben sollte, war er hierzu nicht bereit.Er hatte noch nicht (so wie dies Paulus gegeben war49)erkannt, daß das Sterben ihm Gewinn gewesen wäre, undfeilscht mit Gott um ein paar zusätzliche Lebensjahre. Zwar

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50 Aus: »Das Werk Gottes«,Shanghai 1940

51 Aus: »Wortbetrachtungen«,Bd. 1, 1995

werden ihm weitere fünfzehn Jahre zugeteilt – aber umwelchen Preis: Er führt in dieser Zeit den Regenten Babelsin die königlichen Schatzkammern und erweckt dessen Giernach den Schätzen Jerusalems. Die Prophezeiung, daß nunall diese Schätze nach Babel weggeführt, daß gar seine SöhneKnechte Babels werden würden, interessiert Hiskijahu schonnicht mehr, solange das Unglück nur nicht zu seinen Leb-zeiten einträfe. Wie anders war doch dieser diesseitig den-kende alte Hiskijahu als der mutige Kämpfer gegen den Göt-zendienst, der er noch in seiner Jugend gewesen war!

Nee To-Sheng, besser bekannt als Watchmann Nee, sagtüber den Tod der eigenen Werke50: »Gott hat sein Werk. Esist nicht Dein oder mein Werk, auch nicht das Werk dieserMission oder jener Gruppe. Es ist Gottes eigenes Werk.1.Mose1 berichtet uns, daß Gott wirkte und hernach ruhte.… Niemand als er allein konnte dieses Werk der Schöpfungtun. Auch heute hat er sein Werk, das nicht das Werk irgend-eines Menschen ist und das kein Mensch zu tun fähig ist.Das Werk Gottes kann von keinem andern getan werden alsvon Gott selbst. Je früher wir dies anerkennen, desto besser.Denn menschliche Werke, menschliche Gedanken, mensch-liche Methoden, menschlicher Eifer und Ernst, die Bemühun-gen und unermüdlichen Aktivitäten des Menschen habennicht den geringsten Platz in dem, was Gott tut. Der Menschkann heute nicht mehr Anteil haben am Werk Gottes, als erdamals an der Schöpfung Anteil haben konnte. … Fast injeder Gemeindeversammlung gibt es solche, die aufstehenund aus ihrem eigenen Verstand heraus reden. Was siesagen, hat wenig oder gar keinen Wert. …Alles ist für den Sohn, alles stammt von Christus und ist fürChristus. Nichts ist außerhalb von ihm. Denn Gott hat allesin Christus eingeschlossen: ›Denn in ihm ist alles erschaffenworden, … alles ist durch ihn und für ihn geschaffen‹ (Kol.1,16).In Gottes Plan ist alles in vollkommener Harmonie, und allesin seiner Schöpfung wird er auf diese Stufe bringen. Aberwir können in dieser Sache nicht das geringste tun; Gott istam Werk und wird es vollenden.«

Es sei an dieser Stelle abschließend F. H. Baader zitiert51,der in schöner Klarheit zusammenfaßt: »Wer sich aber aufeigenes Tun, und sei es das Hüten des Sabbats, beruft,hat gerade darin das Gebot, den Sabbat zu hüten,verfehlt.«

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VII Praktische Erwägungen

Vorauszuschicken ist, daß die folgenden praktischenFolgerungen keinesfalls gesellschaftspolitisch zu verstehensind; sie betreffen ausschließlich die Herausgerufene. DieRechtssysteme dieser Welt müssen praktikable Lösungenanbieten, die dem natürlichen Ruhebedürfnis des Menschenentgegenkommen. Die Herausgerufene hingegen muß ihremHaupt gehorsam sein. Sofern wir im Geist wandeln, wirdunserem Ruhebedarf sozusagen »automatisch« mitent-sprochen, da Gott unsere Bedürfnisse kennt und ihnenbegegnet. Wir können deshalb an dieser Stelle die Erörterungvernachlässigen, welche gesellschaftlichen Modelle wohl diebesseren wären und uns auf die Auswirkungen des Gelerntenin Bezug auf die Herausgerufene konzentrieren.

Da, wie wir gesehen haben, hier zwei völlig unter-schiedliche Sabbatmodelle aufeinanderprallen – das Feier-tagsmodell einerseits und das Ruhen von den eigenenWerken andererseits – wird die Frage aufgeworfen, was diesdenn nun für unseren praktischen Umgang mit denwöchentlichen Feiertagen bedeutet. Dieser Frage wollen wirin diesem letzten Kapitel nachgehen.

Hat das Obengesagte – wenn wir es denn aufnehmen –Auswirkungen auf unsere Alltagsgestaltung, auf unsergemeinschaftliches Zusammenkommen?

Wir haben ja bereits festgestellt, daß die ersten Christentäglich beieinander waren. Als Versammlungstag kommt alsoerst einmal jeder einzelne Wochentag in Betracht. Grund-sätzlich ist es sicherlich desto besser, je öfter wir unsversammeln. Zwar ist die bloße Häufigkeit des Zusammen-kommens noch kein Ausweis besonderer Qualität undGeistlichkeit; wer aber christliche Jüngerschaft als um-fassende Lebens- und Dienstgemeinschaft versteht, wird sichmit ein oder zwei wöchentlichen Zusammenkünften nichtbegnügen wollen.

Im Regelfall werden sich Versammlungstermine anpraktischen Gegebenheiten orientieren, also vordergründigan der Arbeitsfreiheit bestimmter Tage. Gibt es nun aber imWochenlauf Tage, die aus geistlicher Erwägung heraus als

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besonders geeignet oder besonders ungeeignet für unserZusammenkommen zu gelten haben?

Hierzu wieder Paulus: »Denn — das bleibt — der eine

beurteilt Tag neben Tag52, der andere aber beurteilt jeden Tag

gleich; ein jeglicher sei in dem eigenen Denken völlig getragen.«

(Röm. 14, 5)

Daß Paulus das Heiligen von Feiertagen hier offen-sichtlich freistellt, könnte zu der Annahme verleiten, daß indieser Hinsicht alles erlaubt und alles von gleicher Gültigkeitwäre. Dies stimmt nur sehr beschränkt. Paulus bezieht sichhier ausschließlich auf die jüdischen Feiertage. Diese – inÜbereinstimmung mit dem mosaischen Gesetz – zu haltenoder nicht, ist freigestellt. Absurd ist der Gedanke, daß Paulusauch das Feiern von Götzenfesten unserem Belieben anheim-gestellt hätte53.

Praktisch heißt das: Das Zusammenkommen am letztenWochentag, dem Sabbat, ist erlaubt – wie es ja auch dieersten Christen praktiziert haben – solange daraus keingesetzlicher Zwang wird. Es ist sogar erlaubt, den Sabbattag»heilig zu halten«, das heißt, ihm in Absonderung von allenanderen Tagen eine besondere Bedeutung zuzusprechen. Erdarf uns erinnern an das Ruhen Gottes von seinen Werkenam Ende des Schöpfungswerkes, an das künftige RuhenGottes nach dem vollständigen Abschluß des Erlösungs-werkes (der »Vervollständigung der Fristen«) und an unserpersönliches Ruhen von eigenen Werken. Wenn wir uns aberfür uns persönlich dazu entscheiden, den letzten Wochentagbesonders zu halten, dürfen wir dabei keinesfalls denEindruck erwecken, daß andere Christen auch dazuverpflichtet wären, den Sabbattag zu heiligen. Wir dürfennicht lehren, daß dies ein verpflichtendes Gebot sei. Nichtgestattet ist auch, den Eindruck zu erwecken, daß in derHeiligung dieses Tages das Sabbatgebot Erfüllung fände. Esmuß immer deutlich werden, daß diese Erfüllung nur ineinem völligen Ruhen von eigenen Werken bestehen kann.

Und der Sonntag? Selbstverständlich dürfen wir uns aucham ersten Tage der Woche versammeln, so wie an jedemanderen Wochentage. Nicht gestattet aber ist die Heiligungdes Sonntages. Wenn wir an einem ersten Wochentag zusam-

36

52 den Tagen alsounterschiedliche Bedeutungzurechnend

53 vgl. hierzu 1. Kor. 10, 14:»Deswegen, meine Geliebten,fliehet, weg von demIdolgottesdienst.« und auch2. Kor. 6, 14 – 18

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menkommen, dann muß deutlich werden, daß dies nur auspraktischen Erwägungen heraus geschieht. Die Versammlungfindet nicht statt, weil Sonntag ist, sondern obwohl Sonntagist. Die metaphysische Aufladung des Sonntages mit un-biblischen Fabeln54 und Bezügen (»Sonntagsauferstehung«;»Herrentag« usw.)55 ist absolut unzulässig.

Sollte die schleichende Islamisierung Europas jemalsdazu führen, daß statt des Sonntags der Freitag zumarbeitsfreien Tag erklärt wird, so muß klar sein, daß dieserTag als christlicher Versammlungstag nicht mehr und nichtweniger gut geeignet ist als der Sonntag oder irgendeinanderer Tag. Zu befürchten ist in einem solchen Falle freilich,daß viele Christen sich von diesem diabolischen Ablenkungs-manöver blenden lassen und in einem Scheinkonfliktverschleißen würden. Die geistlich gesinnten wird es aberunberührt lassen.

Es gibt eine urkatholische Lehre, derzufolge heidnischeRiten durch Umdeutung »christianisiert« werden könnten.Dabei wird z. B. einem heidnischen Feiertag eine »christ-liche« Bedeutung untergeschoben; nach und nach wird dieserim öffentlichen Bewußtsein dann als christlicher Feiertagwahrgenommen. Es wird behauptet, daß dadurch dasHeidentum überwunden, ja besiegt würde. Diese Lehre istfalsch. Tatsächlich hat sie dazu geführt, daß so vieleheidnische Elemente ins Christentum eingemischt wurden,daß das, was die durchschnittliche öffentliche Meinung heuteals »christlich« ansieht, Lichtjahre entfernt ist von dem, wasChristus und die Apostel gelehrt haben. Dies ist einaußerordentliches Problem für die missionarische Außen-wirkung der Herausgerufenen. Wir haben uns deshalb dieserIrrlehre zu widersetzen, wo immer wir sie antreffen.

Die falsche geistliche Haltung, die Ursache dieser Irrlehreist, finden wir zum Beispiel bei Saul (1. Samuel 15): Er hatteden Auftrag, gegen Amalek zu ziehen und Volk und BesitzAmaleks dem Bann zu unterwerfen. Nach dem Sieg aberschont Saul sowohl den König Amaleks als auch den bestenTeil der Beute. Von Samuel zur Rede gestellt, verweist erdarauf, daß »das Volk das beste des Kleinviehs und Rind-

55 vgl. Kapitel V

54 1. Tim. 4, 7

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viehs verschonte, um dem hwhy, deinem Elohim zu opfern«

(1. Sam. 15, 15 und 21). Statt also das Gebannte zu zerstören,wird es umgewidmet. Bezeichnend dabei ist, daß Saul sichdurch diesen verdeckten Götzendienst schon so weit von Gottentfernt hat, daß er gegenüber Samuel nicht von seinem Gottspricht, sondern nur von dessen Gott. Seine eigene Beziehungzu Gott ist zerstört, Gott ist für Saul nur noch Gott desSamuel. Die Folge davon ist, daß Gott Saul verwerfen muß.Samuels Antwort auf Sauls Rechtfertigungsversuch ist einbekannter und einprägsamer, wenn auch selten berück-sichtigter Lehrsatz: »Hat hwhy Lust an Brandopfern und

Schlachtopfern wie daran, daß man der Stimme hwhys

gehorcht? Siehe, hören ist besser als Opfer, aufzumerken mehr

als Fett der Widder. Denn Erbitterung ist wie die Verfehlung

der Wahrsagerei, und Eigenwille ist Ichhaftes und Heilgötzen-

kult.« Somit ist auch die Sonntagsheiligung nicht als Zeicheneines christlichen Sieges über den Mithraskult, sondern alsAusfluß menschlichen religiösen Eigenwillens einzuordnen,der besser wissen will als Gott selbst, was gut und recht ist.

Die Sonntagsheiligung hat letztlich auch dazu geführt,daß viele Christen ihre Woche in »heiligere« und »wenigerheilige« Zeit unterteilen. Dies führt dazu, daß zum BeispielArbeit nicht mehr als Gottesdienst wahrgenommen wird (vgl.Abb. 4). Der Grundsatz geistlichen Lebens, daß wir alles, was

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Abbildung 4:In diesem Plakat zur Campag-ne der EKD zum Schutz desSonntags erscheinen Werktageals graues Übel, allein derSonntag als Tag der Familieund des Gottesdienstes. Dasvon Gott verordnete Wirtschaf-ten zum Erwerb des Lebens-unterhaltes wird hier gra-phisch dargestellt, als würde eszum Herrschaftsbereich derFinsternis gehören. Abergerade das Arbeitsleben kannoft mehr geistlichen Wachs-tumsanreiz bieten als mancheSonntagspredigt.

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56 Eine interessante Analogiehierzu finden wir auch in der»Zehntenlehre«. Wer an denZehnten glaubt und das Gebendes Zehnten praktiziert,unterteilt das ihm anvertrauteGeld in ein Zehntel heiliges,Gott gehörendes Geld auf dereinen Seite und neun Zehntelpersönliches Geld auf deranderen. Dieses Unterscheidensetzt aber voraus, daß er sichselbst noch als Eigen-Personrechnet. Wenn wir aber samtdem Christus gestorben undhernach in der Taufe begrabenund mit ihm auferstanden sind– und das ist ja der Stand einesChristen – dann sind wirzugeeignete dem Leib desChristus; Leib-Eigene also imWortsinne. Und als solche sindwir besitzlos, denn wenn wirselbst dem Christus angehören,schließt das ja auch all das ein,was wiederum uns zu eigenwäre. Ein Unterscheiden inGottes Geld und eigenes,privates Geld ist also im NeuenBund gar nicht möglich. (vgl.dazu auch meine Schrift »Imgeringsten treu«)

wir tun, in Christus tun sollen (Kol. 3, 17), wird dadurch bishin zur völligen Unwirksamkeit vernebelt56. Die Folge ist einreligiöses Verständnis des Christseins, das den Kern desEvangeliums (beständige Gemeinschaft mit Christus, Ruhenin Christus) verkennt. Unbestritten kann dies auch auseinem falschen, gesetzlichen Verständnis des Sabbats, alsodes letzten Wochentages folgen. Wenn wir aber erst einmalanerkennen, daß Bibelfälschung und mangelnde Abgrenzungvon heidnischen Kulten Verirrungen sind, wenn wir zugeben,daß die Fakten, die die Kirchengeschichte geschaffen hat,für uns keine Gültigkeit besitzen, da sie nicht durch das WortGottes legitimiert sind, dann wird Gott unsere Liebe zuseinem Wort mit geistlichem Verständnis über die Sabbat-ruhe in unserem Leben segnen. Umgekehrt ist aber davonauszugehen, daß gemäß 2. Thess. 2, 10f die Irrtümer weiterzunehmen, wenn wir Gottes Wort nicht so akzeptieren, wiees gegeben wurde und es stattdessen theologisch zurecht-biegen: Wer die Liebe zur Wahrheit nicht annimmt, demsendet Gott ein gesteigertes Innenwirken des Irrtums.

Im Übrigen erscheint es weder sonderlich aufrichtig nochfolgerichtig, einerseits dafür zu beten oder zu arbeiten, daßdas jüdische Volk in Jesus seinen Messias erkenne, anderer-seits aber an der Heiligung des ersten Wochentages festzu-halten. Es gilt als unstrittig, daß einer der konstantinischenBeweggründe für die Einführung der Feier des Sonnentagesder Wunsch nach Abgrenzung von den Juden und ihremSabbat war. Antisemitismus war eine der Triebfedern Kon-stantins, so schrieb er z. B. 325 an die Kirchen in seinem Ein-flußbereich: »Lasst uns also nichts gemeinsam haben mitdem äußerst feindlichen Pöbel der Juden.«57 Insofern ist dasFesthalten am Sonntag ein denkbar schlechtes ZeugnisJuden gegenüber, zumal kein im alttestamentlichen Sinnegeistlich denkender Jude, der sich für die Schriften desNeuen Bundes interessiert, die außerbiblischen theologi-schen Verrenkungen nachvollziehen wird, die zur Begrün-dung der Sonntagsheiligung herhalten müssen. Während dasNeue Testament selbst aufgrund seiner prophetischen Konti-nuität in seinem Verhältnis zum Alten Testament durchaus

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57 Eusebius, De vita Constantini

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geeignet ist, Juden ein Geleiter auf Christus hin zu sein, bautdie kirchliche Praxis hier eine unnötige Schranke auf. Andersausgedrückt: Das in den Schriften des Neuen Bundes be-schriebene Sabbatverständnis steht nicht im Widerspruchzum Alten Bund, es stellt sich nicht als Abschaffung, sondernals Vervollständigung des mosaischen Gebotes dar. Die pro-phetischen Seile, die uns mit dem Alten Bund verbinden, wer-den hier nicht zerschnitten, sondern gestrafft, so wie es demneutestamentlichen Gesetzesverständnis gemäß Mt.5,17 ent-spricht.

Paulus setzt die Grenze der Freiheit vom Gesetz dort, wodies einem anderen zum Anstoß werden könnte. So geltendie Anweisungen, die in Römer 14 und 1. Korinther 8 in Bezugauf das Essen gegeben werden, analog für unser Thema. Esist für unsere Praxis jedenfalls zu erwägen, ob sie einemanderen unnötig Anstoß erregt, das heißt, ob sie ihn daranhindert, zu Christus zu kommen bzw. in Christus zu wachsen.

Wir haben gesehen, daß der Verstoß gegen das Gebot derSabbatheiligung im Neuen Bund nicht darin besteht, daß eineArbeit an einem bestimmten Wochentage getan wird, sonderndarin, daß jemand überhaupt Dinge tut, die ihm Gott nichtaufgetragen hat. Es ist also nicht möglich, den Sabbat zuheiligen, indem man auswendig gelernte Gebote abarbeitet.Es ist nicht ausreichend, sein Tun an einem Du-darfst/Du-darfst-nicht-Raster auszurichten. Allein das Fragen nachGottes Planen für mich an jedem einzelnen Tage und dasPrüfen meines Tuns in der Gemeinschaft des Heiligen Geisteskann mich in die Sabbatruhe führen.

Da die Schrift Christus als den »Mann der Ruhestatt«,also als den Herrn des Sabbat einführt, ist es offensichtlich,daß auch wir – da wir Christus in allem gleichgestaltetwerden sollen – in diesem Sinne zu Männern und Frauender Ruhestatt werden sollen. Was nun bleibt dem Diaboloszu tun, wenn wir das Wesen neutestamentlicher Sabbat-heiligung erfaßt haben? Er wird versuchen, uns zu treiben,uns beschäftigt zu halten, um uns daran zu hindern, zur Ruhezu gelangen. Eine gigantische Unterhaltungsindustrie stehtbereit, nur um uns zu beschäftigen, zu verschleißen, nachMöglichkeit zu versklaven.

Schon unsere Kinder werden durch Modewellen, die inloser Folge über die zivilisierte Welt hereinbrechen, an das

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System gewöhnt. Dinosaurier-Welle, Pokemon-Welle, Tama-gochi-Welle, Potter-Welle, Scobidoo-Welle usw. – diese Dingesind in ihrem inneren Gehalt durchaus sehr unterschiedlichzu beurteilen. Sie haben aber eine Gemeinsamkeit: Sie haltenunsere Kinder unproduktiv beschäftigt und führen siedadurch an die Modeerscheinungen des Erwachsenenlebensheran. Der soziale Druck zielt darauf ab, daß alle mehr oderweniger mitmachen. Gerade deshalb ist es für Kinder wichtig,zu lernen, daß man sich dem entziehen kann; zu lernen, daßes weder selbstverständlich noch naturgesetzlich und schongar nicht gottgegeben ist, daß man das tun müßte, was »alle«tun. Durch wohldosierten Widerstand können wir dieseModeströmungen sogar geschickt instrumentalisieren, umunsere Kinder zu Nonkonformisten zu erziehen, zueigenständig denkenden Menschen, die gelernt haben, demGruppendruck zu widerstehen. Dies ist eine unersetzlichegeistliche Lektion – nicht nur für Menschen, die unterDiktaturen leben, denn auch das subtilere Diktat desdemokratischen Konsumismus sollte auf unsere Verweige-rung treffen.

Selbstverständlich werden wir bei unseren Kindern nurdann erfolgreich sein, wenn wir auch uns selbst prüfen. Beijedem neuen Lebensbereich, den wir uns erschließen,müssen wir die möglichen Folgen prüfen. Kaufe ich mir z. B.ein Segelboot, so darf ich nicht nur an die schönen Stundenauf dem Wasser denken; das Boot will auch unterhalten sein,es braucht einen Liegeplatz, muß jährlich winterfest gemachtwerden, fordert technische und juristische Spezial-kenntnisse, bringt neue soziale Kontakte mit sich und soweiter. Ich sage nicht, daß ein Christ kein Segelboot habendürfe. Aber er muß alle Dinge daraufhin prüfen, ob dieswirklich der für ihn vorbereitete Weg ist, damit er nicht amEnde davon versklavt wird. Dies ist natürlich nur ein Beispielund gilt auch für alle anderen Lebensbereiche – ob wir unsnun entschließen, das Spielen eines Instrumentes zuerlernen, einem Verein beizutreten oder einen Dienst in derHerausgerufenen zu tun.

Um unsere Sabbatruhe nicht zu gefährden, ist es notwen-dig, all diese Lebensbereiche zu überprüfen. Gemäß Eph. 2,10

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dürfen wir fragen, welche Bereiche wirklich von Gott für unsvorbereitet worden sind und welche wir uns selbst gewählthaben aus Motiven, die vor Gott keinen Bestand haben, oderwelche uns vielleicht der Feind untergeschoben hat, um unsbeschäftigt zu halten. Von dieser Prüfung dürfen auch»geistliche« Aktivitäten nicht ausgenommen sein. Wir hattenja schon festgestellt, wieviel Aktionismus in den Gemeindenauf der Gesinnung des Fleisches basiert.

Natürlich sollen wir nun nicht aus Ängstlichkeit inabsolute Passivität verfallen. Aber wenn wir so prüfend vordem Herrn stehen, dürfen wir auch das Vertrauen haben, daßwir geführt werden.

Es ist uns aber eine Beschränkung auf das Wesentlicheans Herz gelegt, damit wir nicht unsere Kräfte vergeuden undfür Gottes Werk unbrauchbar werden. 1. Tim. 6, 6 — 10 be-schreibt, daß wir uns selbst Schmerzen bereiten, wenn wirdie nötige Selbstbeschränkung vernachlässigen. Das geist-liche Prinzip, daß wir mehr Frieden in unsere Verhältnissebringen können und kraftvoller und wirksamer werden, wennwir unser Leben von unnötigem Ballast befreien, hat in-zwischen selbst die weltliche Ratgeberliteratur erreicht unddie Flut der Lebensbewältigungsbücher um einige Bändeerweitert. Diese können wir uns getrost ersparen, da wir jaZugang zum Original haben. Wer sich also in der Fülle seinerLebensbereiche verzettelt vorkommt, sollte diese in derGemeinschaft des Heiligen Geistes durchforsten und ent-rümpeln.

Ich warne abschließend nochmals vor der »doppelten Ver-wirbelung« des Durcheinanderwerfers: Zuerst tauscht er denSabbat des Alten Bundes gegen den Mithras-Gedenktag ausund fälscht den größten Teil der Bibelübersetzungen, um dieszu verschleiern. Dann versucht er diejenigen, die dies durch-schauen, auf die falsche Fährte einer gesetzlichen Sabbat-heiligung zu locken. In jedem Falle versucht er um jedenPreis, uns den Reichtum der guten Botschaft vorzuenthalten,die da heißt:

»Christus in Euch — die Erwartung der Herrlichkeit«

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MannderRuhestatt

über den Sabbatunter den Bedingungen

des Neuen Bundes

Derzeit sind die folgenden Broschuren lieferbar:

imGeringstentreu der Zehnte im

Neuen Bund:Segen oder Fluch?

Diese können unter umseitiger Anschrift bestellt oder als .pdf-Datei heruntergeladenwerden unter www.herausgerufene.de

außerhalbdesLagers

über das Wohnenin Laubhütten –

Gedanken zu Sukkot

der Weg derSchlangeeine kritische Entgegnung auf die Schriften vonDr. Edwin Stewart

»Unterordnung und Haupt – Unsere lächerliche Inter-pretation«

und

»Es war nicht meine Absicht, Dich mit meinen Wortenzu verletzen – in Liebe, Jesus«

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… und habt keine Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis,vielmehr überführt diesbezüglich.

Eph. 5, 11

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