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Über die Atmung Da die Atmung bei der Skoliosebehandlung nach Schroth eine sehr wichtige Rolle spielt, sei hier speziell darauf hingewiesen. Die Lunge Man kann sich die Lunge ohne weiteres wie einen lebenden Baum vorstellen, dessen Äste sich nach oben hin verzweigen. Der Bronchialast der Lunge steht jedoch umge- kehrt. Er geht von der Luftröhre aus nach unten und verzweigt sich in der Gegend des 6. Brust- wirbels in den rechten und linken Bronchialast und fächert sich immer weiter auf, ähnlich wie die Ästchen und Blätter am Baum (Abb. 1). Das Zwerchfell Wir atmen jedoch nicht mit der Lunge. Diese wird beatmet, denn unterhalb der Lunge ist das Zwerchfell, das die Atemarbeit vollbringt. Es trennt die Brusthöhle von der Bauchhöhle. Das Zwerchfell geht bei jeder Einatmung nach unten, zieht die Lunge mit nach unten, wodurch reflektorisch; Luft durch die Nase und Luftröhre strömt und sich die Rippen weiten (Abb. 2). Beim Ausatmen schiebt das Zwerchfell die Lunge wieder nach oben und drückt die verbrauchte Luft durch die Luftröhre und Mund oder Nase heraus. - 1 - Abb. 1 Abb. 2

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Über die Atmung

Da die Atmung bei der Skoliosebehandlung nach Schroth eine sehr wichtige Rolle spielt, sei hier

speziell darauf hingewiesen.

Die Lunge

Man kann sich die Lunge ohne weiteres wie einen

lebenden Baum vorstellen, dessen Äste sich nach

oben hin verzweigen.

Der Bronchialast der Lunge steht jedoch umge-

kehrt. Er geht von der Luftröhre aus nach unten

und verzweigt sich in der Gegend des 6. Brust-

wirbels in den rechten und linken Bronchialast

und fächert sich immer weiter auf, ähnlich wie

die Ästchen und Blätter am Baum (Abb. 1).

Das Zwerchfell

Wir atmen jedoch nicht mit der Lunge.

Diese wird beatmet, denn unterhalb der Lunge

ist das Zwerchfell, das die Atemarbeit vollbringt.

Es trennt die Brusthöhle von der Bauchhöhle.

Das Zwerchfell geht bei jeder Einatmung nach

unten, zieht die Lunge mit nach unten, wodurch

reflektorisch; Luft durch die Nase und Luftröhre

strömt und sich die Rippen weiten (Abb. 2).

Beim Ausatmen schiebt das Zwerchfell die Lunge

wieder nach oben und drückt die verbrauchte

Luft durch die Luftröhre und Mund oder Nase

heraus.

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Abb. 1

Abb. 2

Katharina Schroth hat diesen Vorgang mit ihren Patienten besprochen, die das mit ihren Turnkameraden nach-vollziehen sollten. Abb. 3 verdeutlicht an der Unterarm-stellung der Patientin das Senken des Zwerchfells sowie das nach außen und oben Treten der Rippen an den Ellen-bogen. Die dahinter stehende Patientin hält nun ihre Hände dort, während die vorn stehende Patientin mit ihren Unterarmen die Ausatmungsstellung des Zwerchfells zeigt und die Rippen (Ellenbogen) nach unten-innen gehen (Abb. 4).

Das wird dann solange geübt, bis bei Handkontrolle tatsächlich diese Rippenbewegung erfolgt. Diese wird besonders bei der sogen. Dreh-Winkel-Atmung benötigt.

Auf Abb. 5 sehen wir, wie viel mehr Platz wir beim Atmen haben, wenn wir in der physiologischen Wirbel-säulenstellung sind. Bei Rundrücken und besonders bei Lendenwirbelsäulen-Kyphose be-hindern wir uns selbst beim Atmen.

Eine normale Atmung massiert auch die Därme und sorgt für einen guten Stuhlgang. Auch das Herz, welches ebenfalls mit dem Zwerchfell verbunden ist, wird beim Einatmen mit hinuntergezogen und beim Ausatmen wieder nach oben gedrückt, was einer gelinden Massage gleich kommt und das Kreislaufsystem immer wieder anregt und gesunden läßt.Dasselbe geschieht mit Darm, Leber, Milz und Nieren.

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Abb. 5

Abb. 3 Abb. 4

Die Atemfläche in uns

Professor Fritz Kahn beschreibt und illustriert sehr anschaulich in seinem Buch ‚Das Leben des Menschen‘, Francksche Verlagsgesellschaft, wie groß die Fläche ist, durch die wir atmen. Je kleiner die mit einer Oberfläche bedeckten Teile sind, desto mehr Gesamtoberfläche ist vorhanden. Ein erwachsener Mensch z.B. hat eine Hautoberfläche von etwa zwei Quadratmeter. Gibt man jedoch Weinbeeren in einen Behälter, der der Größe eines Menschen entspricht, so haben diese Beerenoberflächen nicht nur die Größe der Hautfläche des Menschen, denn wenn man die Beeren aufschneiden, den Inhalt entfernen und die Schalen nebeneinander legen würde, wären das einige Quadratmeter mehr.

Kahn hat errechnet, dass die Lungenbläschen-Oberfläche, durch die der Sauerstoff hindurch geht und ins Blut gelangt, 75 mal größer ist als unsere Hautoberfläche, siehe Abb. 6, weil ein Lungenbläschen nur die Größe von einem Drittel Millimeter hat. Und wir haben etwa 350 Millionen davon! Nun wird auch verständlich, wie wichtig die gelenkte Atmung ist. Bei Skoliose, bei Haltungsverfall, auch bei Morbus Scheuermann usw. sind nicht nur verengte Brustkorbab- schnitte, die sichtbar sind, vorhanden. Nein, auch die entsprechenden Lungenabschnitte sind dort gedrückt und können sich nicht genügend entfalten. Einige „Quadratmeter“ atmen nun nicht mehr mit. Das gefährdet unsere Gesundheit. Deshalb ist es wichtig, den Spiro-meterwert (die Vitalkapazität) zu steigern und sich bei jedem bewuss-ten Atemzug auf das Weitstellen der verengten Lungen- und Brustkorbteile einzustellen.

Da wir nun wissen, dass die Entfaltung unserer Lungenbläschen so wichtig ist, , können wir auch schlussfolgern, dass es nicht nur allein auf das Aktivieren der oft verklebten Lungenbläschen ankommt. Ebenso wichtig ist nämlich noch die Qualität der einzuatmenden Luft.

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Abb. 6

Abb. 7 veranschaulicht, wie die Beschaffenheit der Atmungsluft auf unsere Atmungsorgane wirkt.

Atmen wir frische, reine Luft ein, weiten sich die Nasengänge und die Bronchien wie von selbst. Das Zwerchfell geht tief, die Lunge füllt sich. Atmen wir hingegen schlechte oder verbrauchte Luft ein,verengen sich die Nasengänge und Bronchien automatisch. Das Zwerchfell bleibt oben. Die Lunge wird nicht mehr durchlüftet. Der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt ab. Wir werden krank. Deshalb ist es wichtig, sich so viel wie möglich im Freien in guter, reiner Luft aufzuhalten bzw. sich zu betätigen. Und wenn wir im Raum sein müssen, sollten wir ihn genügend oft durch-lüften. Auch nachts sollten wir bei geöffnetem Fenster schlafen, besonders wenn wir nicht allein im Zimmer sind. Denn die Ausatmungsluft des Nachbarn einzuatmen, ist für uns noch viel ungesünder, als wenn wir unsere eigene verbrauchte Luft immer wieder einatmen müssen.

Die NasenatmungZu Abb. 7: Die Wirkung des vorderen Reflexfeldes auf die Atmungsorgane: Das vordere Reflexfeld oberhalb des Nasenlochs stellt auf dem Wege der Nervenschaltung je nach der Güte der Atemluft die Nasengänge, die Stimmritze und die Luftröhren eng oder weit, stellt das Zwerchfell tief oder hoch und reguliert dementsprechend den Herzschlag.

Im Buch von Kahn ist das sehr anschaulich beschrieben. Die Nase ist nicht nur die kleine Giebelfront, die wir äußerlich sehen. Die Nasenhöhle reicht nämlich vom Nasen- bis etwa zum Ohrloch durch den ganzen Mittelschädel. Sie hat drei Nasengänge. Das Naseninnere ist durch Wülste, drei Muscheln und Ballons, Gruben und Falten und Windungen labyrithisch zerklüftet.

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Abb. 7

Kahn beschreibt die Aufgabe der Nasenhöhle wie folgt:1. Reinigung der Atemluft.Die vordere Grenze der Nasenschleimhaut liegt dicht hinter den Nasenlöchern und hat einen Zaun grober Haare, der die Luft wie ein Sieb von allen groben Bestandteilen säubert.Hinter den groben stehen zarte Härchen, die die Luft von feinerem Staub reinigen und gleich- zeitig als Sinneshärchen wirken, indem sie den etwaigen Durchtritt von Fremdkörpern durch den ersten Borstenzaun als Kitzel melden und durch Niesen entfernen lassen.

2. Weitung und Verengung des Luftwegesje nach der Beschaffenheit der Atemluft wechselnd. Atmen wir schlechte Gase ein, verengen sich die Atemwege. Atmen wir Blumenduft, erweitern sie sich.

3. Vorwärmung der AtemluftDurch den Reichtum ihrer Adern ist die Nasenschleimhaut sehr blutvoll, warm und wärmespen- dend.

4. Durchfeuchtung der Atemluft.Mit den Adern ist ein ungemein verzweigtes Netz von Lymphgefäßen vorhanden, das die Schleim- haut feucht erhält und ihr ermöglicht, große Mengen Wasserdampf an die durchstreichende Atemluft abzugeben.

5. Keimfreimachung der AtemluftZwischen den Lymphgefäßen sind zahlreiche Lymphknötchen eingebettet, aus denen fortgesetzt Wanderzellen an die Oberfläche kriechen, um hier die eingewehten Fremdkörper, Bakterien, Fasern, Ruß, Rauch und dergleichen zu beseitigen, Hierin werden sie von den Schleimdrüsen unterstützt, die in dichten Reihen, bis zu 150 pro Quadratzentimeter unter dem Epithel liegen und Schleim über die Schleimhaut gießen. Durch die Klebrigkeit des Nasenschleimes bleiben alle noch so kleinen Fremdkörper haften und werden durch Schnauben herausbefördert, so dass die Luft am hinteren Ende des Nasengehäuses (Rachen) nicht nur staubfrei, sondern auch absolut keimfrei ist infolge der keimtötenden Kraft der Nasenschleimhaut, wodurch die Atemluft sterilisiert wird.

6. Abtransport aller unschädlich gemachten Einlagerungen und AbfallprodukteDie Nasenschleimhaut ist mit einem Pelz dichter Plüschhärchen, dem Flimmerepithel, überzogen, das unaufhörlich wie Ähren im Winde wehen und so den Naseninnenraum ständig wie mit einem kleinen Besen in Richtung Nasenlöcher auskehren.

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Abb. 8

7. Das RiechenDie durch die Nase eingesogene Luft steigt durch die abwärts gerichteten Nasenlöcher in einem schmalen Strom fast senkrecht aufwärts, biegt am vorderen Ende der mittleren Muschel nach hinten um und fällt dann in sanftem Bogen zur Hinterwand des Rachens. Diese Bogenführung hat einen dreifachen Wert:a) Sie verlängert den Weg und Aufenthalt der Atemluft im Nasenraum, was ihrer Erwärmung, Durchfeuchtung, Entstaubung und Entkeimung im Nasenraum zugute kommt. b) Sie lässt den unteren Nasengang für den Austritt der ausgeatmeten Atemluft frei.c) Sie führt die Luft durch das hochgelegene Gebiet des Riechnerven herauf. Hier wird die Luft durch den Geruch auf ihre Güte geprüft. Frische Luft vermindert die Atemarbeit des Körpers unter gleichzeitiger Erhöhung ihrer Leistung.. Schlechte Luft, schädliche Gase o.ä. hingegen setzen Alarme und Regulierungen in Gang mit automatischen Abwehrmechanismen, Verengung des Kehlkopfes und der Luftröhre, Verschluss der Stimmritze usw.

8. ReizpunkteDas Naseninnere hat in seinen vielen Windungen zahl-reiche Reizpunkte, die durch den durchströmenden Luftstrom getroffen werden und funktionelle Auswirk-ungen haben, wie Abb.8 zeigt, z.B. Migräne, Epilepsie, Schlafstörung, Unaufmerksamkeit, Tränenfluss, Niesen, Atemregulation, Appetitströrung, Zahnschmerz, Stimmritzenkrampf, Blutdruck, Herzschlag, Asthma, Zwerchfellspannung, Erbrechen, Unterleibskrämpfe.

Der Brustkorb des durch die Nase atmenden Menschen ist stärker gespannt als der des Mundatmers, dem die entsprechenden Nervenreize fehlen.

Gewohnheitsmäßige Mundatmer besitzen daher einen geringeren Brustumfang, verminderten Gaswechsel und entsprechend schwächere Lungen. Ebenso wirken dieselben Nervenreize auf Herzschlag, Blut- und Lymphdruck und hierdurch auf die allgemeine Gewebs-spannung, die Gewebsdurchspülung und dadurch wieder auf das Allgemeinbefinden.

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Ein Reizpunkt hat mit der Zwerchfellspannung zu tun, was für uns ganz besonders wichtig ist. Mundatmer berauben sich all dieser nötigen Reize und leben dauernd in einer reizlosen Atmosphäre. Deshalb wollen wir uns angewöhnen, nur durch die Nase zu atmen und den Mund im täglichen Leben geschlossen zu halten. Man stelle sich vor, wieviel Staub und sonstige Partikel in die Lungen kämen, wenn wir die kalte, schmutzige Luft durch den Mund sofort in die Lunge leiten würden! Nicht auszudenken!Beim Üben nach Schroth saugen wir die Luft durch die Nase ein und lenken sie dabei gedanklich nach oben zur Nasenwurzel, dort, wo der Brillenbügel sitzt. – Und „denken“ gleichzeitig das Zwerchfell nach unten. Die Ausatmung darf durch den Mund geschehen, weil ja meist dabei auch muskulär gespannt wird. Das verhindert das schädliche Pressen bei Anstrengung.Auch wenn nur ein Nasenloch zur Atmung zur Verfügung ist (Schnupfen o.ä.) werden dennoch beide Lungenhälften durchlüftet, denn in der Gegend des sechsten Brustwirbels teilt sich die Luftröhre in den rechten und linken Bronchialast und versorgt beide Seiten.

Die geistige Einstellung zur Atmung – besonders in Bezug auf die Skoliose-Behandlung

Jeder wünscht sich einen guten Erfolg. Wie kommt er zustande? Wer macht ihn? Wodurch kommt er?Er kommt bestimmt nicht allein dadurch,, dass wir in Bad Sobernheim sind und die gute Sobernheimer Luft einatmen. Natürlich ist das alles wichtig. Aber noch wichtiger ist, dass wir erkennen, dass nur wir selbst es sind, der einen Erfolg machen kann.. Es ist unmöglich, von einem Therapeuten zu erwarten, dass er uns einen Erfolg anzaubert. Das kann keiner.Um Erfolge zu erzielen, ist es ganz wichtig, dass wir uns konzentrieren. Aber worauf sollen wir uns konzentrieren? Auf das, was der Therapeut, die Therapeutin sagt. Stellen wir uns ein auf diese führenden Worte. Stellen wir uns vor, was in unserem Körper geschehen soll. Vorstellen heißt, gedanklich etwas vor sich hinstellen. Lassen wir die Ansagen nicht an uns vorüberrauschen, sondern saugen sie ein wie ein Schwamm das Wasser. Lassen wir uns nicht ablenken durch Nichtigkeiten, etwa: Wer kommt rein? Oder, welche Farbe hat des Nachbarn Turnanzug? Sondern wir denken daran, daß jeder sich selbst der Nächste sein sollte. Denken wir also: Ich will und brauche meinen Erfolg.-Deshalb ist es mir ganz nebensächlich, was andere neben mir tun. Ich schaue in den Spiegel und erkenne meine hohlen Stellen. Ich fülle sie mit Luft auf. Ich stelle mir die Dreh-Winkel-Atmung plastisch vor. Ich bewege mit meinen Rippen sogar die Wirbelsäule. Ich strecke mich dabei so lang ich kann, denn ich weiß, dass eine Drehung bzw. Entdrehung nur innerhalb der größtmöglichen Streckung erreichbar ist.Ich weiß, dass ich selbst es bin, der/die seinen/ihren inneren Schweinehund selbst überwinden muss. Von nichts kommt nichts. Und – Es gibt nichts Gutes – außer man tut es.Deshalb strenge ich mich an, innerhalb der wunderbaren Schroth-Übungen zu einer optimalen aufrichtenden Haltung zu gelangen. Und dann kommt es: Das Spannen innerhalb dieser. „Man sollte jeden Tag mindestens acht Minuten Spannung aufbauen“. Jeder wird denken, das ist doch eine Kleinigkeit! Bedenken wir aber bitte, oder rechnen einmal zusammen, wie viele Minuten Spannung man täglich zustande bringt.

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Abb. 22: falsch

Abb. 22 falsch

Nehmen wir die Zwölferspannung. Wir zählen nach optimaler Einatmungs-Übungskorrektur während der Ausatmung bis vier und spannen unseren Muskelmantel an. Dann wird eingeatmet und die beste Haltung noch einmal korrigiert. Danach wird wieder ausatmend bis vier gezählt und kräftig gespannt. Danach kommt erneut das optimale Auskorrigieren während der Einatmung, auf dass anschließend wieder bis vier gezählt und ausatmend gespannt wird. Das sind dreimal vier Sekunden = 12 Sekunden Spannung innerhalb einer Übung.. Nun kann sich jeder selbst ausrechnen, wie viele Sekunden man aneinanderreihen müsste, um acht Minuten = 8 mal 60 Sekunden = 480 Sekunden an Spannung zustande zu bekommen. Die Wissenschaft spricht also von diesen acht Minuten kräftigen Spannens, die ausreichend sind, um den Körper fit zu halten. Sie spricht dabei aber nicht von einem Körper mit Skoliose, sondern von einem geraden Körper. Bei Skoliose ist aber sowieso immer alles ganz anders. Bei Skoliose funktio- nieren oft auch die Muskeln anders.. Bei Skoliose muss der Körper viele Hindernisse überwinden, die „ein normaler“ gerader Körper gar nicht hat. Schon allein um die Wirbelsäulen-Streckung zu erreichen, muss der skoliotische Körper alle nach außen (das ist nach vorn, nach hinten und nach der Seite) weggesunkenen Rumpfabschnitte wieder über den Schwerpunkt – in die Mitte – bringen. Das hat ein Nichtverkrümmter gar nicht nötig, (denn er ist in der Mitte.) um von dort aus die geforderten 8 Minuten Spannung zu bewirken.

Nun wollen wir aber nicht nur eine Spannung aufbauen, sondern mit ihr auch noch einen Erfolg erzielen. Da genügt es bei weitem nicht, einfach nur „die Mitte zu finden“. Nein, wir müssen darüber hinausgehen, um im Gehirn falsche Bewegungs- und Haltungsmuster umzupolen. Denn erst jetzt kann eine Muskelmantelspannung auch wirksam werden in Bezug auf Körperum- formung. Wenn man nämlich spannt, ohne vorher eine optimale Haltungskorrektur erreicht zu haben, spannt man die falschen Muskeln an, die den skoliotischen Körper ohnehin in die Unordnung gezogen haben. Falsche Muskeln anzuspannen ist gefährlicher als gar nicht zu spannen. Das ist ja klar.

Ob wir die richtigen Muskeln anspannen, das sagt uns der Spiegel, der beste Freund. Ohne ihn ist vorerst nichts zu schaffen. Und wenn wir mit seiner Hilfe und natürlich mit den zweckmäßigen Schroth-Übungen ein gutes Haltungsergebnis erzielt haben; dann schließen wir die Augen, horchen in uns hinejn und fühlen genau, was sich nun verändert hat. Dann öffnen wir die Augen wieder und sehen nach, ob alles noch richtig ist und empfinden noch einmal das Ordnungsgefühl und vergleichen das, was wir sehen mit dem, was wir fühlen.

Wer so arbeitet, der schafft es. Deshalb nehmen wir die Sekunden wahr – im ureigensten Interesse!

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Ergänzung über die Atmung von Katharina Schroth

Katharina Schroth sagt: „Eigentlich atmen wir mit dem Brustkorb. Wir können ihn erweitern oder ihn zusammen fallen lassen, ja, sogar zusammenziehen. Das erhält erhöhte Bedeutung dadurch, dass die Lunge, die ja nebst dem Herzen im Brustraum liegt, diese Bewegungen mitmachen muss. So gesehenist die Lungenatmung also ein passiver Vorgang.

Das gewinnt hohe Bedeutung dadurch, dass während der Einatmung der Brustkorb ich nach allen Seiten sehr ausweitet und sogar verlängert, indem das Zwerchfell (unser Atmungsmuskel) während der Einatmung tief gezogen wird. Dadurch entsteht theoretisch ein negativer Druck im gesamten Brustraum, so dass eine kräftige Saugwirkung entsteht. Es kommt viel mehr sauerstoffreiches Blut aus der Außenluft in die auseinander gezogene Lunge. Aber auch zugleich wird mit jedem Atemzug mehr Blut angesaugt. Wir „atmen also auch Blut“.

So kommt es, dass alles Blut des Körpers die Lunge durchfließt. Das geschieht jeden Tag etwa 2000 mal. Man könnte von einem „Reinigungskreislauf“ sprechen, denn dieser ergiebige Vorgang dient der Beschaffenheit und Lebenstüchtigkeit des Lebenssaftes, des Blutes. In den ebenfalls gedehnten Billionen von Lungenbläschen geschieht ein lebhafter Austausch: Abfallstoffe des Blutes werden – ausatmend – entfernt, neuer Sauerstoff wird aufgenommen, um alle Gewebe des Körpers zu erfrischen und neu zu beleben.. Das völlig veränderte Blut kreist dann durch den ganzen Körper, entgiftet und erfrischt ihn, und kehrt dann zur erneuten Reinigung der Lunge zurück. Dieser Vorgang ist so ungeheuer wichtig.

Die weise Natur hat den Atemvorgang so „unwillkürlich“ gestaltet. Allerdings haben wir die zusätzliche Möglichkeit, über Verstand und Willen zeitweilig auf den Atmungsvorgang einzuwirken.

Wir erkennen den inneren Zusammenhang von Lunge und Herz. Die Lungenatmung wirkt als Antrieb für das Herz. Es wird uns klar, dass Menschen, die viel sitzen und liegen, auch oberflächlicher atmen und somit die Herztätigkeit ungünstig beeinflussen. So entsteht Herzschwäche. Wenn wir ruhig atmen, schlägt auch das Herz ruhiger. Bei Erregung ist es umgekehrt. Alles, was die Atmung tut, muss das Herz mitmachen. Die Herznerven sind die empfindlichsten des gesamten Körpers und sind genau wie die Herzmuskelschwäche durch bewusst geführte Atmung therapeutisch gut zu beeinflussen. Das hat sich die Herzheilkunde zunutze gemacht und die Atmung als Antriebsmotor oder als Beruhigung für das Herz benutzt.

Der Laie staunt oft, dass sich das Zwerchfell während der Einatmung senkt und bezweifelt das. Da hilft Nachdenken über den anatomischen Bau des Zwerchfelles: Es hat in der Mitte eine Sehnenplatte. Diese bleibt immer gleich. Von ihr laufen Muskelfasern ringsum schräg-abwärts und heften sich am Brustkorb an. Bewusste Einatmung wird aus dem unwillkürlichen passiven Vorgang zu einem willkürlichen aktiven Geschehen. Bei der Einatmung ziehen sich die schräg

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verlaufenden Zwerchfellmuskeln zusammen wie jeder arbeitende Muskel, und sie werden dadurch kürzer. Somit müssen sie die sich in der Mitte befindliche Sehnenplatte des Zwerchfelles abwärts ziehen. Wir haben bereits gesehen, dass sich dadurch der Brustraum der Tiefe zu vergrößert. Die Natur will ja, dass ein großes Erneuerungsangebot an Sauerstoff (Lebensstoff) für Herz und Kreislauf und zur Eigenernährung der Lunge etc. entsteht. Das ist bei Kreislaufstörungen und zur Blutverbesserung enorm wichtig.

Das Zwerchfell wirkt aber in diesem Zusammenhang auch noch – in geistiger Wichtigkeit auf sämtliche inneren Organe ein, nicht nur als Ordner und Reiniger, sondern als Masseur. Das kommt so:

Oberhalb des Zerchfells liegen Herz und Lunge. Unterhalb liegen Magen, Leber, Milz, Darm, Galle und tiefer noch die Organe des kleinen Beckens. Das mehr oder weniger lebhafte Auf und Ab des Zwerchfells dehnt und erweitert sie alle und drückt und quetscht sie auch wieder aus. Jedes innere Organ wird also durch gute Atmung unterstützt und in seiner Funktion gestärkt. Hiervon hängen Gesundheit und Kreislauf und Jugendlichkeit entscheidend ab, somit vielleicht sogar die Länge des Lebens.

Einige Atemübungen im Sitzen mit einem etwa 5 cm breiten Band aus Stoff oder ein Deuserband oder ein Theraband:

a) Das Band hinter den gestreckten Nacken oder Hinterkopf legen und mit ihm beim Ausatmen den Kopf sehr weit nach vorn bis auf das Brustbein ziehen.b) Beim Einatmen den Kopf gegen den Widerstand des Bandes aufrichten und fühlen, an welcher Stelle es sich von selbst meldet. Wir fühlen einen „Schmerz“ im Rücken, der uns eine willkommene Hilfe ist, denn dort können wir nun auch noch aktiv „raffen“.c) Das Band von hinten um die Rippen legen und beim Einatmen die Rippen seitlich und nach hinten gegen den Widerstand des Bandes atmen.d) Das Band um die Taille legen und dagegen atmen. Beim Ausatmen den Bauch fest zusammen ziehen und die Eingeweide gedanklich nach hinten und kopfwärts heben und sie dadurch wieder an den orthopädisch richtigen natürlichen Platz bringen. e) Band so hoch wie möglich anlegen zur Weitung der Achselhöhlenbrustrippen. Dagegen atmen und beim Ausatmen das Band vorn kräftig zusammenziehen.f) Band schräg aufwärts und schräg abwärts ansetzen.g) Band so hoch wie möglich über den Rücken unter den Schultern durch das vorn überkreuzt gehaltene Band nach vorn ziehen. Dabei kräftig ausatmen.Bei der nun folgenden Einatmung dient das Band als Widerstand und kräftigt auf diese Weise alle Brust- und Hilfsatemmuskeln und auch das schwache Herz. Gute Übung für Asthmakranke, denn bei Asthma kann man nicht ausatmen.Beim Einatmen mit dem Band tüchtig hemmen, so dass die weitstellenden Muskeln erstarken.

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