„Beratungsbrennpunkte bei Personengesellschaften“ · IV. Gesamtplan bei §§ 16, 34 EStG 114 -...

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„Beratungsbrennpunkte bei Personengesellschaften“ Seminar am 19. Juni 2014 im Hotel Arkona, Binz/Rügen Rechtsanwalt/Steuerberater Dr. Ralf Demuth, c·k·s·s Carlé ∙ Korn ∙ Stahl ∙ Strahl Partnerschaft mbB Rechtsanwälte Steuerberater, Köln Inhaltsübersicht Seite A. Beratungspraxis vorweggenommene Erbfolge 5 I. Aufgabe der Gesamtplanannahme durch den BFH und Reaktion der FinVerw. 5 1. Genese der höchstrichterlichen Rechtsprechung 5 2. Betroffene Fallkonstellationen 7 a) BFH-Urteil IV R 41/11 7 b) Erweitertes Betriebsverständnis 11 c) Reaktion der Finanzverwaltung 12 3. Ausweichgestaltungen 14 II. Unterquotale und überquotale Zurückbehaltung von Sonderbetriebs- vermögen bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils 15 1. Unterquotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens 16 a) Weitere Zugehörigkeit des zurückbehaltenen Sonderbetriebs- vermögens derselben Mitunternehmerschaft 16 b) Zur fünfjährigen Behaltensfrist 17 2. Überquotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens 20

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„Beratungsbrennpunkte bei Personengesellschaften“

Seminar am 19. Juni 2014

im Hotel Arkona, Binz/Rügen

Rechtsanwalt/Steuerberater Dr. Ralf Demuth,

c·k·s·s Carlé ∙ Korn ∙ Stahl ∙ Strahl

Partnerschaft mbB Rechtsanwälte Steuerberater, Köln

Inhaltsübersicht

Seite

A. Beratungspraxis vorweggenommene Erbfolge 5

I. Aufgabe der Gesamtplanannahme durch den BFH und Reaktion der

FinVerw. 5

1. Genese der höchstrichterlichen Rechtsprechung 5

2. Betroffene Fallkonstellationen 7

a) BFH-Urteil IV R 41/11 7

b) Erweitertes Betriebsverständnis 11

c) Reaktion der Finanzverwaltung 12

3. Ausweichgestaltungen 14

II. Unterquotale und überquotale Zurückbehaltung von Sonderbetriebs-

vermögen bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils 15

1. Unterquotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens 16

a) Weitere Zugehörigkeit des zurückbehaltenen Sonderbetriebs-

vermögens derselben Mitunternehmerschaft 16

b) Zur fünfjährigen Behaltensfrist 17

2. Überquotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens 20

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B. Entwicklungen zur Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter 23

I. Teilentgeltliche Übertragungsvorgänge im Anwendungsbereich des

§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 23

1. Ausgangslage 23

2. Reaktion der Finanzverwaltung 25

3. Weiterungen der BFH-Rspr. und offene Fragen 26

II. Übertragungen zwischen Schwester-Personengesellschaften 30

III. Beratungsrelevante Berührungspunkte zum Umsatzsteuerrecht, zum

Grunderwerbsteuerrecht und zum Schenkungsteuerrecht 33

1. Umsatzsteuer 33

a) Überführung aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb

desselben Steuerpflichtigen, § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 33

b) Überführung aus dem Betrieb des Steuerpflichtigen in dessen

Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft

und umgekehrt, § 6 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 EStG 33

c) Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsver-

mögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mit-

unternehmerschaften, § 6 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 EStG 36

d) Übertragung aus dem Betrieb des Steuerpflichtigen in das

Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und

umgekehrt, § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG 37

e) Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen des Steuer-

pflichtigen in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunter-

nehmerschaft und umgekehrt, § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG 39

2. Grunderwerbsteuer 40

3. Schenkungsteuer 41

C. Beratungsbrennpunkt Einlage oder Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter aus

dem Privatvermögen 44

I. Kapitalkontenstruktur 44

1. Bedeutung der Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten

und Gesellschafter-Fremdkapitalkonten 44

2. Kriterien zur Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten

und Gesellschafter-Fremdkapitalkonten 44

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3. Aktivische Gesellschafterkonten 49

II. Vermeidung der Realisation stiller Reserven 52

III. Generierung neuen AfA-Potentials – Gestaltungsinstrument „gewerblich

geprägte Personengesellschaft“ 62

D. Neues zu § 24 UmwStG 68

I. Mischentgelt 68

1. Problematik der Reichweite der Gewährung von Gesellschafts-

rechten 68

2. Verwaltungsseitige Anwendung der Trennungstheorie bei Ein-

bringung gegen Mischentgelt 69

3. Einheitstheorie statt Trennungstheorie – Sichtweise des X. Senats 70

4. Hinweise für die Gestaltungspraxis 72

5. Ausstrahlung auch auf die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter

gegen Mischentgelt 74

6. Gesetzgeberische Änderungen? 76

II. Zurückbehaltung von Honorarforderungen 77

III. Antrag auf Buchwertfortführung 78

IV. Zuzahlungen 85

E. Ausscheiden eines Mitunternehmers 87

I. Realteilung 87

II. Sachwertabfindung 94

III. Konsequenzen der Aufgabe der Trennungstheorie 98

IV. Fortführung der beruflichen Tätigkeit 100

V. Vertragsmuster 102

F. Gestaltungsfeld Praxisveräußerung und Betriebsaufgabe 106

I. Steuerbegünstigte Veräußerungsgewinne 106

II. Praxiswert und Vertragsarztzulassung 109

III. Praxisaufspaltung durch Verpachtung des Mandantenstamms 111

IV. Gesamtplan bei §§ 16, 34 EStG 114

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G. Die Mitunternehmerschaft im Internationalen Steuerrecht 119

I. Sondervergütungen an einen ausländischen Gesellschafter 119

II. Gestaltungen zur Vermeidung der Entstrickungsbesteuerung 121

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A. Beratungspraxis vorweggenommene Erbfolge

I. Aufgabe der Gesamtplanannahme durch den BFH und Reaktion der FinVerw.

1. Genese der höchstrichterlichen Rechtsprechung

(1) Die Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils im

Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu Buchwerten setzte nach früherer

– von der FinVerw. aber nach wie vor vertretenen – Sicht gem. § 6 Abs. 3 EStG

voraus, dass der Nachfolger sämtliche in funktionaler Hinsicht wesentlichen

Betriebsgrundlagen übertragen erhält, die beim Rechtsvorgänger den Betrieb

oder Mitunternehmer(teil)anteil ausmachten. Zu den in funktionaler Hinsicht

wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören auch solche, die im Sonderbe-

triebsvermögen des Mitunternehmers gehalten werden. Wird im zeitlichen

oder sachlichen Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung eines

Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils eine in funktionaler Hin-

sicht wesentliche Betriebsgrundlage steuerlich neutral in ein anderes Be-

triebsvermögen des bisherigen Betriebsinhabers überführt oder entnommen,

soll nach Rechtsauffassung der FinVerw. die Gesamtplan-Rspr. zum Zuge

kommen, vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S 2241 – 14/05 v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458,

Tz. 7:

„Wird im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Über-

tragung des Mitunternehmeranteils (sog. Gesamtplan-Rspr., BFH-

Urt. vom 6. September 2000, BStBl. 2001 II S. 229) funktional we-

sentliches Betriebsvermögen entnommen oder (z.B. nach § 6

Abs. 5 EStG) zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen

überführt oder übertragen, kann der Anteil am Gesamthandsver-

mögen nicht nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert übertragen wer-

den. Die in dem Mitunternehmeranteil enthaltenen stillen Reser-

ven sind in den Fällen, in denen das Sonderbetriebsvermögen zum

Buchwert überführt oder übertragen wird, als laufender Gewinn

zu versteuern, soweit ein Buchwertansatz nicht in Betracht

kommt.“ (Hervorhebungen nicht im Original.)

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(2) Ob diese Rechtsauffassung zutreffend ist, erschien fraglich.

(a) Der BFH hatte mit Urt. IV R 14/03 v. 20.1.2005, BStBl. 2005 II, 395, einen

Hinweis darauf gegeben, dass die Gesamtplan-Rspr. sich nicht auf Fälle

der Ausgliederung vor vorweggenommener Erbfolge beziehe. Wörtlich

führt der BFH aus:

„Die sog. Gesamtplan-Rspr. dient hier ausschließlich der

Verwirklichung des Zwecks der Tarifvergünstigung nach

§§ 16, 34 EStG, nämlich die zusammengeballte Realisierung

der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven

nicht dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwer-

fen.“

Das Telos der Gesamtplan-Rspr. wurde mithin an der Verhinderung ei-

ner Umgehung der Tatbestandsvoraussetzungen der Tarifermäßigung in

Veräußerungsfällen festgemacht, es seien sämtliche stille Reserven in

einem geschlossenen Zeitraum (nicht mehr als 24 Monate) zu realisie-

ren; diesen Aspekt jüngst bestätigend vgl. BFH-Urt. X R 22/12

v. 5.2.2014, DStR 2014, 584.

(b) Eine Ausweitung der Gesamtplan-Rspr. auf Fälle der Ausgliederung vor

vorweggenommener Erbfolge nach geltendem Recht ließ sich auch nicht

dem BFH-Urt. IV R 52/08 v. 6.5.2010, BStBl. 2011 II, 261, entnehmen,

weil der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt im Jahre

1995 und damit zu Zeiten der Geltung des Mitunternehmererlasses, vgl.

BMF-Schr. IV B 2 ‒ S 2241 ‒ 231/77 v. 20.12.1997, BStBl. 1978 I, 8, reali-

siert wurde. Deshalb musste sich der BFH nicht mit der Frage auseinan-

dersetzen, ob der Buchwerttransfer unabhängig vom Bestehen eines

Gesamtplans dadurch vorgegeben sei, dass sich die Ausgliederung des

Wirtschaftsgutes in das Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten

Personengesellschaft nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG ebenso zwingend

zum Buchwert vollzieht wie die vorweggenommene Erbfolge gem. § 6

Abs. 3 EStG, vgl. dazu Wendt, FR 2005, 468, 471 f.; so auch Röh-

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rig/Demant, EStB 2011, 33, 36; a.A. Wacker, ZSteu 2005, 358, 360. Im

Streitjahr 1995 hat es nicht nur an einer nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ent-

sprechenden Norm zur Buchwertfortführung gemangelt, vielmehr war

die Buchwertfortführung für die Einbringung des Grundstücks in das Ge-

samthandsvermögen der gewerblich geprägten Personengesellschaft

nach Maßgabe des Mitunternehmererlasses nicht verpflichtend, son-

dern lediglich optional, vgl. BMF-Schr. IV B 2 ‒ S 2241 ‒ 231/77

v. 20.12.1977, BStBl. 1978 I, 8, Tz. 24 ff.

(c) Mit Urt. IV R 41/11 v. 2.8.2012, DStR 2012, 2118, hat der BFH sodann

entschieden, die Aufdeckung der stillen Reserven in einem unentgeltlich

übertragenen Mitunternehmeranteil scheide nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG

auch dann aus, wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück

des Sonderbetriebsvermögens vorher bzw. zeitgleich zum Buchwert

nach § 6 Abs. 5 EStG übertragen worden ist.

2. Betroffene Fallkonstellationen

a) BFH-Urteil IV R 41/11

(3) Dem im vorausgegangenen Abschn. unter Buchst. c zitierten BFH-Urt. IV R

41/11 lag die Frage zugrunde, ob die Übertragungsvorgänge in folgender Kon-

stellation zum Buchwert durchzuführen sind oder zu einer Realisation stiller

Reserven auf Grund einer Entnahme führen:

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19.12.2002

1.10.2002

GmbH

KG

- Speditions-/Transport-unternehmen -

V T

I-KG

100 %100 %

19.12.2002

unentgeltliche Übetra-gung von 80 % des Kommanditanteils und 100 % der Beteiligung an Komplementär-GmbH

unentgeltliche Übertra-gung der verbliebenen 20 % des Kommandit-kapitals unter taggleicher Übertragung des Grund-stücks aus dem SBV in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft

100 %

Grundstück mit Tankstelle und Verwaltungs-

gebäude

Nutzungsüberlassung

(a) Danach übertrug der ursprünglich vermögensmäßig allein beteiligte

Kommanditist einer KG, deren Gegenstand der Betrieb eines Speditions-

und Transportunternehmens war, zunächst am 1.10.2002 unentgeltlich

das Kommanditkapital an der KG sowie die Gesamtbeteiligung an der

Komplementär-GmbH auf seine Tochter. Nach Maßgabe eines Treu-

handvertrages hielt die Tochter aber 20 % des Kommanditkapitals treu-

händerisch für ihren Vater, der das der KG zur Nutzung überlassene

Grundstück zurückbehielt, welches mit einer Tankstelle und einem Ver-

waltungsgebäude bebaut ist.

(b) Am 19.12.2002 gliederte er sodann das Grundstück zu Buchwerten auf

eine neu gegründete I-KG aus, an der er vermögensmäßig allein beteiligt

war. Am selben Tage wurde das Treuhandverhältnis bezüglich des

Kommanditanteils von 20 % beendet, so dass die verbliebene Beteili-

gung am Kommanditkapital unentgeltlich auf die Tochter überging.

Die FinVerw. sah in den beiden Schenkungen einen einheitlichen Über-

tragungsvorgang, der mit der Ausgliederung einer funktional wesentli-

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chen Betriebsgrundlage zu Buchwerten verbunden war, und ging in An-

wendung von Tz. 7 des BMF-Schr. IV B 2 ‒ S 2241 ‒ 41/05 v. 3.3.2005,

BStBl. 2005 I, 458 (Gesamtplanannahme), davon aus, die im gesamten

übertragenen Kommanditanteil enthaltenen stillen Reserven von vorlie-

gend 100.000 € seien als laufender Gewinn zu versteuern, dem Vater als

buchtechnische Entnahme sowie der Tochter als buchtechnische Einlage

zuzurechnen.

(4) BFH entschied demgegenüber, die Transaktionen seien insgesamt zwingend

zum Buchwert vorzunehmen.

(a) In einem ersten Schritt erfolgte die unentgeltliche Übertragung eines

Mitunternehmerteilanteils unter disquotaler Zurückbehaltung des

Grundstücks. Für diesen Vorgang ist gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 6

Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 Alt. 2 EStG die Buchwertfortführung vorge-

schrieben. Die überquotale Übertragung der Beteiligung an der Kom-

plementär-GmbH fällt nach Sicht des BFH ebenfalls unter § 6 Abs. 3

EStG.

(b) Auch für die im zweiten Schritt erfolgende unentgeltliche Übertragung

der verbliebenen Kommanditbeteiligung von 20 % ist nach § 6 Abs. 3

Satz 1 Halbsatz 1 EStG der Buchwert fortzuführen. Dem steht die tag-

gleiche Übertragung des Grundstücks in die gewerblich geprägte Perso-

nengesellschaft nicht entgegen, weil diese nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2

EStG ebenfalls zwingend zum Buchwert vorzunehmen ist. Nach Rechts-

auffassung des BFH stehen beide Normen ‒ § 6 Abs. 3 und § 6 Abs. 5

EStG ‒ gleichberechtigt nebeneinander. Für eine vorrangige Anwend-

barkeit des § 6 Abs. 5 EStG ‒ wie sie von der FinVerw. angenommen

wird ‒ fehlt nach Auffassung des IV. Senates des BFH die Rechtsgrundla-

ge.

(5) Damit ist die von der FinVerw. auch für Fälle der vorweggenommenen Erbfol-

ge vertretene Gesamtplanannahme nach der Entscheidung des BFH zumin-

dest für die Fälle einer vorausgegangenen oder gar zeitgleichen Überführung

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oder Übertragung einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage in ein an-

deres Betriebsvermögen nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 EStG als aufgegeben zu

betrachten, vgl. auch deutlich Brandenberg, DB 2013, 17, 23 („Der Gesamtplan

ist damit für diese Fallkonstellation ‚tot‘“); Prinz, DB 2013, Heft 7, M 1;

Bohn/Pelters, DStR 2013, 281, 286; Wachter, DB 2013, 200, 205; Schulze zur

Wiesche, DStR 2012, 2414, 2416. Unter Rn. 47 der Entscheidungsgründe lässt

der BFH ausdrücklich offen, ob Gleiches auch in der Konstellation der Entnah-

me von Wirtschaftsgütern in das Privatvermögen oder der Veräußerung von

Wirtschaftsgütern gilt, mithin bei Vorgängen, bei denen es zur Aufdeckung der

durch das entsprechende Wirtschaftsgut verkörperten stillen Reserven

kommt. Es ist davon auszugehen, dass auch in diesem Falle die Buchwertfort-

führung nach § 6 Abs. 3 EStG nicht in Abrede zu stellen ist, vgl. auch die von

der FinVerw. veröffentlichte Entscheidung zur Unschädlichkeit einer Veräuße-

rung funktional wesentlicher Betriebsgrundlagen vor Einbringung eines Mitun-

ternehmeranteils in eine GmbH zu einem Wert unterhalb des Verkehrswerts in

Gestalt des BFH-Urt. X R 60/09 v. 9.11.2011, BStBl. 2012 II, 638.

(6) Etwas anderes gilt nach Rn. 39 der Urteilsgründe nur dann, wenn die Übertra-

gung von Einzelwirtschaftsgütern dazu führte, dass es wirtschaftlich zu einer

Zerschlagung des Betriebs und damit im Ergebnis zu einer Betriebsaufgabe

käme. Allein der Umstand, dass ein bislang funktional wesentliches Wirt-

schaftsgut aus dem Betrieb ausscheidet, ohne dass es diesem künftig auf ver-

änderter Rechtsgrundlage (z.B. Miete oder Pacht) weiter zur Verfügung steht,

rechtfertigt hingegen nicht die Annahme, es bestehe keine funktionsfähige

Sachgesamtheit mehr. Vielmehr ist in einem solchen Falle der Drittüberlassung

davon auszugehen, dass das betreffende Wirtschaftsgut für die Funktionsfä-

higkeit der Sachgesamtheit nicht mehr von wesentlicher Bedeutung ist.

(7) Wird Sonderbetriebsvermögen überquotal mit einem Mitunternehmerteilan-

teil übertragen, fällt dies ebenfalls unter § 6 Abs. 3 EStG und nicht ‒ wie die

FinVerw. meint ‒ hinsichtlich des überquotalen Anteils unter § 6 Abs. 5 Satz 3

Nr. 3 EStG. Damit stellt sich selbst unter Anwendung der bisherigen Sicht der

FinVerw., wonach eine Übertragung von Verbindlichkeiten im Zusammenhang

mit Übertragungsvorgängen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu einer Teilrealisation

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von stillen Reserven führt, die Problematik einer etwaigen überquotalen Mit-

übertragung von Verbindlichkeiten nicht mehr, vgl. indes zur Aufgabe der

Trennungstheorie BFH-Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012, DStR 2012, 2051.

b) Erweitertes Betriebsverständnis

(8) In der Entscheidung des IV. Senates kommt ein neues Betriebsverständnis für

Fälle der unentgeltlichen Betriebsübertragung zum Ausdruck. Wurde bislang

davon ausgegangen, dass eine nach § 6 Abs. 3 EStG begünstigte Betriebsüber-

tragung nur vorliegt, wenn sämtliche in funktionaler Hinsicht wesentliche Be-

triebsgrundlagen, wie sie beim Rechtsvorgänger bestanden, zu Eigentum an

den Rechtsnachfolger übertragen werden, kommt es nunmehr nur noch da-

rauf an, dass eine funktionsfähige Sachgesamtheit übertragen wird, welche

dem Rechtsnachfolger die Fortsetzung der bisherigen betrieblichen Tätigkeit

ermöglicht, so Rn. 39 der Urteilsgründe.

(9) Indes führt der IV. Senat ‒ mit dem Vorstehenden nicht völlig in Übereinstim-

mung zu bringen ‒ unter Rn. 19 der Urteilsgründe aus, werde funktional we-

sentliches Betriebsvermögen taggleich mit der Übertragung der Gesellschafts-

anteile an einen Dritten veräußert oder übertragen oder in ein anderes Be-

triebsvermögen des bisherigen Mitunternehmers überführt, lägen die Voraus-

setzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG für eine Fortführung der Buchwerte

grundsätzlich nicht vor. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sei aber dann

zu machen, wenn die Übertragung auf den Dritten oder die Überführung in ein

anderes Betriebsvermögen und des bisherigen Mitunternehmers nach § 6

Abs. 5 EStG zum Buchwert stattfindet. Eine weitere Ausnahme formuliert der

BFH in Rn. 39 der Urteilsgründe: Scheidet ein bislang funktional wesentliches

Wirtschaftsgut aus dem Betrieb aus, ohne dem Rechtsnachfolger auf anderer

Rechtsgrundlage zur Verfügung zu stehen, habe es sich gar nicht um eine we-

sentliche Betriebsgrundlage in funktionaler Hinsicht gehandelt. Grundsätzlich

wird damit eine vergangenheitsorientierte durch eine zukunftsbezogene

Sichtweise substituiert.

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(10) Das neue Betriebsverständnis findet seine Entsprechung ‒ gar trennschärfer

ausgearbeitet ‒ in der Rspr. des X. Senates, welcher entschieden hatte, maß-

geblicher Zeitpunkt für die Einstufung eines Wirtschaftsguts als in funktionaler

Hinsicht wesentliche oder unwesentliche Betriebsgrundlage sei der Zeitpunkt

des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums, vgl. BFH-Urt. X R 60/09

v. 9.11.2011, BStBl. 2012 II, 638. Rechnet zu diesem Zeitpunkt eine beim vor-

maligen Betriebsinhaber als funktional wesentlich anzusehende Betriebs-

grundlage nicht mehr zum Betriebsvermögen, steht dies der begünstigten Ein-

bringung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils nicht entgegen.

c) Reaktion der Finanzverwaltung

(11) Die FinVerw. hat auf die Entscheidung des BFH mit einem vorläufigen Nicht-

anwendungserlass reagiert, vgl. BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK

2013/0837216) v. 12.9.2013, BStBl. 2013 I, 1164. Das BFH-Urt. IV R 41/11 wei-

che – so die FinVerw. – nicht nur von Tz. 7 des BMF-Schr. zu § 6 Abs. 3 EStG

v. 3.3.2005 ab, sondern berücksichtige auch nicht in ausreichendem Maß den

historischen Willen des Gesetzgebers. Der Bundesrat hatte im Zuge der Kodi-

fikation des § 6 Abs. 3 EStG durch das Unternehmensteuerfortentwicklungsge-

setz 2001 um eine gesetzliche Klarstellung gebeten, dass die Zurückbehaltung

von Sonderbetriebsvermögen für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG unschäd-

lich sein soll. Dabei sei es dem Bundesrat aber nur um eine „Öffnung des glei-

tenden Generationenübergangs“ gegangen, wobei er davon ausgegangen sei,

dass der Übernehmer letztlich das im Sonderbetriebsvermögen zurückbehal-

tene funktional wesentliche Wirtschaftsgut erhält. Das BFH-Urt. IV R 41/11 wi-

derspreche dieser Zielsetzung des Gesetzgebers und eröffne unter „Außer-

achtlassung der ‚Gesamtplan-Rspr.‘“ in bestimmten Fallkonstellationen die

Möglichkeit einer schrittweisen steuerneutralen Übertragung wesentlicher Be-

triebsgrundlagen auf mehrere verschiedene Rechtsträger.

In einschlägigen Fällen ist weiterhin „uneingeschränkt“ die Tz. 7 des BMF-

Schr. zu § 6 Abs. 3 EStG v. 3.3.2005 anzuwenden. Eine gleichzeitige Inan-

spruchnahme der Steuervergünstigungen nach § 6 Abs. 3 EStG einerseits und

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nach § 6 Abs. 5 EStG andererseits ist danach nicht möglich. Einsprüche von

Stpfl., die gegen entsprechende Steuerbescheide unter Berufung auf das BFH-

Urt. IV R 41/11 eingelegt werden, ruhen gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO bis zur

endgültigen Klärung der Problematik. Zur Gewährung der Aussetzung der Voll-

ziehung äußert sich das BMF-Schr. vom 12.9.2013 nicht.

Anmerkung: Mit dem gewandelten Betriebsverständnis des BFH setzt sich die

FinVerw. nicht auseinander, sondern behält erläuterungslos ihr Verständnis

dessen bei, was als funktional wesentliche Betriebsgrundlage zu erfassen ist.

Auch greift der Begründungsansatz zu kurz; denn häufig wird nach der vor-

weggenommenen Erbfolge der Rechtsnachfolger die zurückbehaltene Be-

triebsgrundlage von Todes wegen erlangen. Letztlich stellt der historische Wil-

le des Gesetzgebers keine Grenze, sondern nur ein Element der Gesetzesaus-

legung dar, vgl. z.B. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl.

1991, 332.

(12) Die FinVerw. verweist im BMF-Schr. v. 12.9.2013 darauf, zur Frage der Ge-

samtplan-Rspr. sei ein Revisionsverfahren unter Az. I R 80/12 anhängig. Dort

gehe es zwar um eine Einbringung zum Buchwert nach § 20 UmwStG. Indes

bestehe im Verfahren I R 80/12 insofern eine Ähnlichkeit mit dem vom IV. Se-

nat des BFH entschiedenen Fall, als hier kurz vor der Einbringung die beiden

Grundstücke als funktional wesentliche Betriebsgrundlagen in ein anderes

Betriebsvermögen ausgegliedert wurden. Es stelle sich demzufolge auch im

Verfahren I R 80/12 die Frage, ob unter Berücksichtigung der „Gesamtplan-

Rspr.“ ein vollständiger, nach § 20 Abs. 1 UmwStG begünstigter Betrieb einge-

bracht worden sei.

(13) Die FinVerw. will die noch ausstehende Entscheidung des I. Senats des BFH

abwarten. Der I. Senat hat indes mit Urt. I R 72/08 v. 25.11.2009, BStBl.

2010 II, 471, bereits in der Ausgliederung von Grundstücken aus einer GmbH &

Co. KG in eine gewerbliche Schwestermitunternehmerschaft sechs Wochen

vor der Einbringung des (Rest-)Mitunternehmeranteils in eine GmbH keinen

Gestaltungsmissbrauch erkannt (das Handeln im steuerschädlichen Gesamt-

plan wurde durch den I. Senat des BFH nicht eigens geprüft).

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Anmerkung: Im Verfahren zu Az. I R 80/12 hat der BFH mit Beschl. v. 10.4.2013

das BVerfG angerufen, um prüfen zu lassen, ob die – aus seiner Sicht nach

dem Wortlaut gegebene – Versagung der Buchwertübertragung einzelner

Wirtschaftsgüter zwischen Schwesterpersonengesellschaften gegen den

Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, vgl. BFH-Beschl. I R 80/12

v. 10.4.2013, BStBl. 2013 II, 1004 (Az. beim BVerfG: 2 BvL 8/13). Eine „Klärung“

der von der FinVerw. bemühten Rechtsfrage wird es also (vorerst) nicht geben.

Gleichviel hält die FinVerw. – unverständlicherweise – an ihrem „vorläufigen“

Nichtanwendungserlass weiterhin fest.

3. Ausweichgestaltungen

(14) Vor Veröffentlichung des BFH-Urt. IV R 41/11 im BStBl. II und vor Änderung

des BMF-Schr. v. 3.3.2005 können Gestaltungen nicht risikofrei nach Maßgabe

der Urteilsgrundsätze des IV. Senats erfolgen.

(a) Wer vor Abschluss der Meinungsbildung der FinVerw. im Zuge einer

vorweggenommenen Erbfolge ein Grundstück ertragsteuerlich neutral

zurückbehalten möchte, ist gut beraten, dies dergestalt anzugehen, dass

der Rechtsvorgänger Mitunternehmer einer bestehenden Mitunter-

nehmerschaft mit einer nur geringfügigen Beteiligung, aber unter dis-

quotaler Zurückbehaltung des gesamten Sonderbetriebsvermögens

bleibt. In diesem Falle kommt es zur Buchwertfortführung nach § 6

Abs. 3 Satz 2 EStG.

(b) Ein anderer denkbarer Gestaltungsweg ist die Übertragung des gesam-

ten, mithin das Sonderbetriebsvermögen umschließenden Mitunter-

nehmeranteils unter Vorbehalt des Nießbrauchs am Betriebsgrundstück.

Der vorbehaltene Nießbrauch ist kein Entgelt für die Vermögensübertra-

gung, so dass er der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG auf die Schenkung

des Mitunternehmeranteils nicht entgegensteht, vgl. BFH-Urt. XI R 5/83

v. 24.4.1991, BStBl. 1991 II, 793; IV R 325/84 v. 26.2.1987, BStBl. 1987 II,

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772; BMF-Schr. IV C 1 – S 2253/07/10004 (DOK 2013/0822518)

v. 30.9.2013, BStBl. 2013 I, 1184, Tz. 40.

(c) Auch könnte der gesamte Mitunternehmeranteil – unter Einschluss des

Sonderbetriebsvermögens – im Wege der Vermögensübertragung gegen

Versorgungsleistungen übertragen werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG).

Trotz der Gewährung der Versorgungsleistungen handelt es sich um ei-

nen unentgeltlichen Vorgang. Die Versorgungsleistungen sind beim

Vermögensübernehmer in voller Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig

und beim Vermögensübertragenden in voller Höhe als sonstige Einkünf-

te zu versteuern.

Diese Gestaltungsansätze werden im Folgenden vertiefend dargestellt.

II. Unterquotale und überquotale Zurückbehaltung von Sonderbetriebsvermögen bei

Übertragung eines Mitunternehmeranteils

(15) § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG erstreckt das Buchwertfortführungsgebot

ausdrücklich auf die Übertragung von Teilen (Quoten) eines Mitunternehmer-

anteils (Erwerber müssen aber natürliche Personen sein). Ist Sonderbetriebs-

vermögen vorhanden, das zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört,

muss es – vorbehaltlich der Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG – quo-

tengleich übertragen werden, vgl. Tz. 9 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl.

2005 I, 458.

Beispiel: A ist zu 50 % Mitunternehmer der AB KG. Er ist Eigentümer eines

Grundstücks, das die AB KG für ihren Betrieb nutzt. A überlässt es der KG zur

Nutzung. A schenkt die Hälfte seines Mitunternehmeranteils der Tochter T, so

dass diese zu 25 % an der AB KG beteiligt wird. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG ist an-

wendbar, wenn A der T gleichzeitig 50 % des Grundstücks als Miteigentum

schenkt.

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1. Unterquotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens

(16) § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG erstreckt das Buchwertfortführungsgebot unter be-

stimmten Bedingungen auch auf Fälle, in denen das Sonderbetriebsvermögen

nicht auf den Teilanteilserwerber übertragen wird. Ungeachtet des Gesetzes-

wortlauts (der die Einzahl verwendet: „… eine natürliche Person“) greift die

Regelung auch bei gleichzeitiger Übertragung von Teilanteilen an mehrere na-

türliche Personen (solange der Übertragende Mitunternehmer bleibt), vgl. zu-

treffend z.B. Kanzler, in: FS Korn, 2005, 287, 301. Mit der einhelligen Meinung

im Fachschrifttum gilt dies ebenso, wenn das Sonderbetriebsvermögen teil-

weise, aber zu einer geringeren Quote als die Beteiligung am Gesamthands-

vermögen übergeht (also unterquotal), vgl. Tz. 10 des BMF-Schr. v. 3.3.2005,

BStBl. 2005 I, 458. Voraussetzungen sind:

(a) Das zurückbehaltene Betriebsvermögen muss weiterhin zum Betriebs-

vermögen derselben Mitunternehmerschaft gehören.

(b) Der Übernehmer darf den übernommenen Mitunternehmeranteil über

einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren nicht veräußern oder aufge-

ben (Behaltensfrist).

a) Weitere Zugehörigkeit des zurückbehaltenen Sonderbetriebsvermögens derselben

Mitunternehmerschaft

(17) Die ganz oder teilweise zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter gehören insbeson-

dere dann weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Mitunternehmer-

schaft, wenn sie dieser vor und nach der Übertragung des Teilanteils zur Nut-

zung überlassen werden (typischer Fall: Grundstücksüberlassung). Aber auch

Sonderbetriebsvermögen II (z.B. der Anteil an einer Kapitalgesellschaft, der als

Sonderbetriebsvermögen fortgeführt wird) gehört i.d.S. weiterhin zum Be-

triebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft.

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(18) Das Gesetz sieht keine Zeitdauer für das Verharren des zurückbehaltenen

Sonderbetriebsvermögens im Betriebsvermögen derselben Mitunternehmer-

schaft vor. Ein ewiges Verbleiben ist deshalb nach h.A. nicht erforderlich, vgl.

auch Korn/Strahl, in: Korn, EStG, § 6 Rz. 475.6 m.w.N. (Dezember 2005);

Wendt, FR 2005, 468, 473; Kai, DB 2005, 794, 799. Davon geht offenbar grund-

sätzlich auch die FinVerw. aus, wenn sie unter Tz. 15 des BMF-Schr.

v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458, Tz. 15, die Buchwertfortführung (nur) ablehnt,

falls das zurückbehaltene Sonderbetriebsvermögen auf Grund eines Gesamt-

plans entnommen oder veräußert wird, so auch Gratz, in: Herrmann/Heu-

er/Raupach, EStG/KStG, § 6 EStG Anm. 1369b (Januar 2010); i.d.S. auch Kanz-

ler, in: FS Korn, 2005, 287, 303; Wacker, ZSteu 2005, 358, 363. (RiaBFH, X. Se-

nat) Kulosa, in: L. Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 6 Rz. 670, vertritt insofern

die Auffassung, die Gesamtplan-Rspr. dürfte allenfalls Vorgänge innerhalb ei-

nes Jahres seit der Anteilsübertragung erfassen, die Anwendung der Fünfjah-

resfrist des § 6 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 EStG auf derartige Fragestellungen

werde auch von der FinVerw. nicht vertreten.

b) Zur fünfjährigen Behaltensfrist

(19) Die FinVerw. hält bereits die Veräußerung nur eines Teils des übergegange-

nen Mitunternehmeranteils oder sogar des übertragenen funktional wesentli-

chen Sonderbetriebsvermögens durch den Übernehmer für steuerschädlich,

vgl. Tz. 11 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458; ebenso Kulosa, in: L.

Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 6 Rz. 665 (2); Schulze zur Wiesche, DStZ 2005,

664, 666; zu Recht a.A. Förster, FR 2002, 649; Wacker, in: L. Schmidt, EStG,

31. Aufl. 2012, § 16 Rz. 435 (2); Kai, DB 2005, 794, 800 (mit Beispiel); Wendt,

FR 2005, 468, 477; Kanzler, in: FS Korn, 2005, 287, 302; Emmrich/Kloster,

GmbHR 2005, 448, 454 (jedenfalls bei minimaler Quote); gegen Schädlichkeit

der Veräußerung des unterproportional übernommenen Sonderbetriebsver-

mögens Kempermann, FR 2003, 321, 327; Wacker, in: L. Schmidt, EStG, 31.

Aufl. 2012, § 16 Rz. 435 (2).

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Ausnahme: War der Übernehmer bereits vor der unentgeltlichen Teilanteils-

übertragung Mitunternehmer, soll von einer Veräußerung oder Entnahme des

übernommenen Anteils erst ausgegangen werden, wenn die Quote der Betei-

ligung nach der Veräußerung oder Entnahme des (Teil-)Mitunternehmer-

anteils unter die Quote der übernommenen Beteiligung sinkt oder das mit

dem Mitunternehmeranteil übernommene funktional wesentliche Sonderbe-

triebsvermögen innerhalb der Fünfjahresfrist veräußert oder entnommen

wird, vgl. Tz. 12 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458, mit Beispiel.

Dasselbe muss für die Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen gelten, an

dem der unentgeltliche Erwerber schon zuvor Eigentumsquoten hatte (wenn

man die Veräußerung überhaupt für schädlich hält), vgl. Wacker, ZSteu 2005,

358, 362.

(20) Bei Verstoß gegen die Behaltensfrist (nach Verwaltungsauffassung auch im

Fall der Teilveräußerung), vgl. Tz. 11 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I,

458, müssen für die gesamte unter § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG fallende Übertragung

rückwirkend auf den ursprünglichen Übertragungsstichtag die Teilwerte ange-

setzt werden. Es entsteht ein laufender Gewinn, der durch Änderung nach

§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO der i.d.R. vorliegenden einheitlichen Gewinnfest-

stellung der Mitunternehmerschaft, deren Teilanteile unentgeltlich übertragen

worden sind, festgesetzt wird, vgl. auch Tz. 11 des BMF-Schr. v. 3.3.2005,

BStBl. 2005 I, 458.

Hinweise:

Es herrscht die Meinung vor, dass der nachzuversteuernde Gewinn auch

der GewSt. unterliegt. In den Gesellschaftsverträgen von Personenge-

sellschaften ist (ebenso wie für zahlreiche andere Fälle, in denen Aktivi-

täten von Mitunternehmern auf ihre Rechnung GewStEinfluss haben)

eine verursacherorientierte Regelung über die Tragung der GewSt. im

Innenverhältnis erwägenswert. Diese Regelung sollte indes die Entlas-

tungswirkung des § 35 EStG berücksichtigen.

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Beim Übernehmer der Anteile entsteht in Höhe der nachversteuerten

Gewinnrealisation zusätzlicher anschaffungsähnlicher Aufwand, der un-

ter sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der steuerli-

chen Ergänzungsbilanz zu berücksichtigen ist; m.E. ist die erforderliche

Korrektur ebenfalls nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorzunehmen; so

auch Emmrich/Kloster, GmbHR 2005, 448, 455 f.

Die FinVerw. sieht in der Einbringung von betrieblichen Sachgesamtheiten

zwar grundsätzlich eine Veräußerung, ebenso wie in dem Formwechsel nach

§ 25 UmwStG. Gleichwohl wertet sie die Einbringung unentgeltlich nach § 6

Abs. 3 Satz 2 EStG übertragener Mitunternehmer(teil)anteile zu Buchwerten

nach § 20 UmwStG in eine Kapitalgesellschaft oder nach § 24 UmwStG in eine

Mitunternehmerschaft als unschädlich, wenn weder der Einbringende die für

die Einbringung erhaltenen Anteile noch die Kapital- oder Personengesell-

schaft die eingebrachten Mitunternehmeranteile innerhalb der ursprünglichen

Fünfjahresfrist veräußert bzw. aufgibt, Tz. 13 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl.

2005 I, 458; ebenso die h.A. im Fachschrifttum, vgl. z.B. Gratz, in: Herr-

mann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6 EStG Anm. 1369 m.w.N. (Juni 2010), der

auch den Formwechsel einer Personengesellschaft für unschädlich hält (m.E.

zutreffend, soweit nach § 25 UmwStG §§ 20 ff. UmwStG entsprechend an-

wendbar sind); a.A. Fischer, in: Kirchhof, EStG, 11. Aufl. 2012, § 6 Rn. 199.

Anmerkung: Keine Erwähnung in Tz. 13 des BMF-Schr. v. 3.3.2005 findet die

nachfolgende Verschmelzung zu Buchwerten der Personengesellschaft auf ei-

ne Kapitalgesellschaft oder eine andere Personengesellschaft. Sie ist m.E. der

Einbringung oder dem Formwechsel gleich zu behandeln, es sollte aber eine

verbindliche Auskunft eingeholt werden. – Schwierigkeiten dürften in der Pra-

xis Fälle bereiten, in denen sich während der sich fortgesetzten Behaltensfrist

nach einer unschädlichen Buchwerteinbringung gem. §§ 20, 24 UmwStG bei

den aufnehmenden Gesellschaftern Veränderungen ergeben, die der Vermö-

gensübernehmer nicht initiiert, z.B. Gesellschafteraufnahmen, für Unschäd-

lichkeit Emmrich/Kloster, GmbHR 2005, 448, 455.

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(21) Die unentgeltliche Weiterübertragung eines nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG zum

Buchwert übergegangenen Anteils ist keine steuerschädliche Veräußerung, s.

auch Tz. 14 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458, mit dem Hinweis,

dass die Behaltensfrist den Rechtsnachfolger unter Anrechnung der schon ver-

strichenen Behaltedauer trifft. Unentgeltlich ist auch die Übertragung gegen

Versorgungsrente.

Anmerkung: Man wird davon ausgehen können, dass eine neue Behaltensfrist

durch die unentgeltliche Weiterübertragung nur entsteht, wenn sie mit einer

unterquotalen Übertragung des beim Weiterübertragenden vorhandenen

Sonderbetriebsvermögens verbunden ist, vgl. Emmrich/Kloster, GmbHR 2005,

448, 454.

(22) Die Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermö-

gens durch den Vermögensübernehmer gegen Gewährung von Gesellschafts-

rechten wertet die FinVerw. auch dann als steuerschädliche Veräußerung,

wenn sie nach § 6 Abs. 5 EStG zu Buchwerten erfolgt, vgl. Tz. 13 des BMF-Schr.

v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458. Ob diese Beurteilung sachgerecht ist, lässt sich

bezweifeln. Jedenfalls ist es unschädlich – diesen Fall spricht die FinVerw. nicht

an –, wenn eine unentgeltliche Übertragung oder eine Überführung in ein an-

deres Betriebsvermögen zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG erfolgt.

(23) Die Fünfjahresfrist beginnt mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums

des Mitunternehmeranteils (Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten),

so zutreffend BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458, Tz. 11.

2. Überquotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens

(24) Zu der im Fachschrifttum kontrovers erörterten Frage, wie die Übertragung

einer höheren Quote am wesentlichen Sonderbetriebsvermögen als am Mit-

unternehmeranteil ertragsteuerrechtlich zu beurteilen ist, hat sich die Fin-

Verw., vgl. Tz. 16 ff. des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458, wie folgt ge-

äußert:

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Bis zur Höhe der Übertragungsquote am Mitunternehmeranteil ist § 6

Abs. 3 Satz 1 EStG anzuwenden (zwingende Buchwertfortführung ohne

Behaltensfrist).

Die Übertragung des überquotalen Teils des Sonderbetriebsvermögens

fällt (ebenso wie dessen Übertragung ohne Teilanteil) nicht unter § 6

Abs. 3 EStG, jedoch unter § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG.

Das gilt auch, wenn die Mitunternehmerstellung des Empfängers des

Sonderbetriebsvermögens erstmals mit der Teilanteilsübertragung be-

gründet wird.

Wie die FinVerw. äußern sich z.B. Wacker, in: L. Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012,

§ 16 Rz. 435; ders., ZSteu 2005, 361; Gratz, in: Herrmann/Heuer/Raupach,

EStG/KStG, § 6 EStG Anm. 1366 (Juni 2010); Kempermann, FR 2003, 321, 327;

Brandenberg, DStZ 2002, 511, 518; Förster/Brinkmann, BB 2003, 657, 663; für

vollumfängliche Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG dagegen Ley, KÖSDI 2004,

14024, 14027; Kanzler, in: FS Korn, 2005, 287, 305; Wendt, FR 2005, 468, 474;

Stegemann, INF 2005, 344, 349; Korn/Strahl, in: Korn, EStG, § 6 Rz. 475.5 (De-

zember 2005).

Der BFH indes hat entschieden, der überquotal übertragene Anteil sei nach § 6

Abs. 3 EStG zu behandeln, vgl. BFH-Urt. IV R 41/11 v. 2.8.2012, DStR 2012,

2118. Die Entscheidung ist aber noch nicht im BStBl. Teil II veröffentlicht.

(25) Die gedankliche Zweiteilung hätte insbesondere erhebliche praktische Bedeu-

tung, weil bei Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG die Übernahme von Verbind-

lichkeiten (außerhalb des Gesamthandsvermögens der Mitunternehmer-

schaft) als Entgelt gilt und nach Auffassung der FinVerw. die sog. Trennungs-

theorie, vgl. aber einschränkend BFH-Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012, DStR 2012,

2051; IV R 1/08 v. 21.6.2012, DStR 2012, 1500, Rn. 23; dazu Wittwer, DStR

2012, 2051, 2053; ders., DStR 2012, 1500, 1503; Strahl, KÖSDI 2012, 18054,

18057, anzuwenden ist, so dass im Fall der Verbindlichkeitenübernahme stets

eine partielle Gewinnrealisation drohte, falls stille Reserven vorhanden sind,

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vgl. BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458, Tz. 17; v. 8.12.2011, BStBl. 2011

I, 1279; Erl. SenFin. Berlin III B – S 2242 – 1/2009 v. 3.2.2012, DStR 2012, 907.

Hinweis: Unter Zugrundelegung der jüngsten BFH-Rspr. ergibt sich die darge-

stellte Problematik nicht mehr, weil es zu einer Zweiteilung des Übertra-

gungsakts nicht kommt und zudem die Trennungstheorie aufgegeben wurde.

Das BMF-Schr. v. 3.3.2005 bedarf der dringenden Überarbeitung.

(26) Wird funktional nicht wesentliches Betriebsvermögen überproportional über-

tragen, wendet auch die FinVerw. vollumfänglich – auch auf den disquotalen

Teil – § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG an, vgl. Tz. 19 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl.

2005 I, 458.

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B. Entwicklungen zur Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter

I. Teilentgeltliche Übertragungsvorgänge im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5

Satz 3 EStG

1. Ausgangslage

(27) Der IV. Senat des BFH hat mit den Urt. IV R 1/08 v. 21.6.2012, DStR 2012, 1500

(zur Rechtslage im VZ 1999) und IV R 11/12 v. 19.9.2012, DStR 2012, 2051, der

von der FinVerw. vertretenen Trennungstheorie, nach der bei der teilentgeltli-

chen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Betriebsvermögen in das

Gesamthandsvermögen stets zur (anteiligen) Realisation von stillen Reserven

kommen soll, vgl. Randnr. 15 des BMF-Schr. v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279,

eine Absage erteilt. Die vom BFH zu entscheidenden Streitfälle betrafen den

Transfer eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögens in das Ge-

samthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft und den Transfer eines

Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen

einer anderen Mitunternehmerschaft.

Hinweis: Dem Urteil X R 42/10 zum Mischentgelt bei der Übertragung betrieb-

licher Sachgesamtheiten lassen sich keine unmittelbaren Hinweise darauf ent-

nehmen, ob der X. Senat von einer Unschädlichkeit eines Mischentgelts auch

bei der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter ausgeht, sofern dieses den

Buchwert nicht übersteigt, vgl. dazu vorsichtig abwägend (Richter am X. Senat

des BFH) Kulosa, in: L. Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 6 Rz. 697 a.E. Verwiesen

wird in den Entscheidungsgründen jedoch u.a. darauf, durch die Einräumung

einer Darlehensforderung ändere sich zwar das Verhältnis zwischen Eigen- und

Fremdkapital, das Bilanzbild auf der Aktivseite bleibe jedoch unverändert, so

dass die stillen Reserven der Gesellschaft der Besteuerung nicht entzogen

werden, vgl. Rz. 56 der Entscheidungsgründe. Nicht anders verhält sich dies im

Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG bei Übertragung einzelner

Wirtschaftsgüter gegen ein Teilentgelt. Für eine Anwendung der Trennungs-

theorie sollte auch hier deswegen – senatsübergreifend – kein Platz sein.

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(28) Erfolgt eine Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamt-

handsvermögen derselben Mitunternehmerschaft, sieht der BFH bei einer

teilentgeltlichen Übertragung bereits deswegen einen Realisationstatbestand

nicht als verwirklicht an, da es zwar zu einem Rechtsträgerwechsel komme,

nicht aber zu einer Entnahme i.S. des § 4 Abs. 1 Satz2 EStG, weil das übertra-

gene Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen nicht verlassen hat, zu dem es vor

der Übertragung gehörte. Es fehlt hiernach bereits an einem Realisationsakt,

so dass es auf die Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG als Bewertungsvor-

schrift nicht ankommt. Dazu führt der BFH im Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012,

DStR 2012, 2051, unter Rn. 14 der Entscheidungsgründe wörtlich aus:

„Das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft umfasst nach

ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis neben dem Ge-

samthandsvermögen auch das Sonderbetriebsvermögen in der

Hand ihrer Gesellschafter (z.B. BFH-Urteil vom 30. März 1993, VIII

R 8/91, BFHE 172, 19, BStBl II 1993, 864 unter II. 5 a, und vom

17. Dezember 2008, IV R 65/07, BFHE 224, 91, BStBl II 2009, 371

unter II. 2 a). Wechselt ein Wirtschaftsgut durch eine Transaktion

von einem Teil des Betriebsvermögens der Personengesellschaft in

einen anderen Teil desselben Betriebsvermögens, kann der Vor-

gang nicht als Entnahme im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG ange-

sehen werden. Denn die Entnahme setzt nach dieser Vorschrift

voraus, dass das Wirtschaftsgut den Bereich des Betriebs verlässt.

Wird der betriebliche Funktionszusammenhang nicht gelöst, fehlt

es an einer Entnahme (BFH-Urteil vom 17. Juli 2008, I R 77/06,

BFHE 222, 402, BStBl II 2009, 464 unter B. III. b bb). Anders als bei

einem von einer einzelnen Person unterhaltenen Betrieb ist des-

halb bei einer Personengesellschaft ein zivilrechtlicher Rechtsträ-

gerwechsel ohne gleichzeitige Entnahme denkbar. Findet der Vor-

gang ganz oder teilweise unentgeltlich statt, fehlt es insoweit an

einem Besteuerungstatbestand.“

(29) Hingegen kommt es bei der Übertragung eines einzelnen Wirtschaftsguts aus

einem Einzelbetrieb in eine Mitunternehmerschaft oder aus dem Sonderbe-

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triebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunterneh-

merschaft zu einem Wechsel der Betriebsvermögenssphäre. Aufgrund des

Wechsels der Betriebsvermögenssphäre liegen eine Entnahme (aus dem bis-

herigen Sonderbetriebsvermögen) und eine Einlage in das Gesamthandsver-

mögen der anderen Mitunternehmerschaft vor. Dennoch geht die teilentgelt-

liche Übertragung unter Anwendung der Rspr.-Grundsätze des BFH-Urt. IV R

1/08 v. 21.6.2012 nicht mit der Aufdeckung von stillen Reserven einher, wenn

die Gegenleistung gleich oder unterhalb des Buchwerts liegt. Obzwar das BFH-

Urt. IV R 1/08 v. 21.6.2012 die in den Jahren 1999 und 2000 geltende Rechts-

lage betrifft, bei der § 6 Abs. 5 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 bei ei-

nem Rechtsträgerwechsel zwingend den Teilwertansatz vorsah, ist das Urteil –

auch und gerade – für die ab dem VZ 2001 geltende Rechtslage bedeutsam,

vgl. (RiaBFH, IV. Senat) Wittwer, DStR 2012, 1503. Gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2

EStG sind seither unentgeltliche Übertragungen (bzw. Übertragungen gegen

Gewährung von Gesellschaftsrechten) zwingend mit dem Buchwert zu bewer-

ten, so dass es im Ergebnis zu keiner Aufdeckung von stillen Reserven kommt.

2. Reaktion der Finanzverwaltung

(30) Mit BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK 2013/0837216) v. 12.9.2013,

BStBl. 2013 I, 1164, spricht die FinVerw. einen vorläufigen Nichtanwendungs-

erlass aus. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, hinsichtlich des entgeltlichen

Teils der Übertragung liege eine Veräußerung des Wirtschaftsguts vor und es

komme insoweit – nach dem Verhältnis der erbrachten Gegenleistung zum

Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts – zu einer Aufdeckung der

stillen Reserven des Wirtschaftsguts. Die Entscheidung über die Veröffentli-

chung des BFH-Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012 wird im Hinblick darauf zurückge-

stellt, dass zur Frage der Gewinnrealisation bei teilentgeltlichen und misch-

entgeltlichen – d.h. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und sonsti-

gem Entgelt – durchgeführten Übertragungen von einzelnen Wirtschaftsgü-

tern beim X. Senat des BFH ein Revisionsverfahren unter Az. X R 28/12 anhän-

gig ist. Die noch ausstehende Entscheidung des X. Senats soll abgewartet wer-

den. In einschlägigen Fällen ist „vorerst weiterhin uneingeschränkt“ die in

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Tz. 15 des BMF-Schreibens zu § 6 Abs. 5 EStG v. 8.12.2011 vertretene Rechts-

auffassung anzuwenden.

(31) Einsprüche von Stpfl., die gegen entsprechende Bescheide unter Berufung auf

das BFH-Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012 eingelegt werden, ruhen gem. § 363

Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes bis zur endgültigen Klärung ihrer Problematik.

(32) Für die Gestaltungsberatung bleibt das Risiko, dass – sofern der X. Senat die

Auffassung der FinVerw. teilt – der Große Senat des BFH angerufen wird, und

dieser nicht die Auffassung des IV. Senat teilt. Zumal die modifizierte Tren-

nungstheorie des IV. Senat des BFH von senatsfremden BFH-Richtern durchaus

kritisch gesehen wird, vgl. (RiaBFH) Heuermann, DB 2013; (VorsRiaBFH)

Dötsch, jurisPR, SteuerR, 49/12, Anm. 2; (RiaBFH) Kulosa, in: L. Schmidt, EStG,

33. Aufl. 2014, § 6 Rz. 697.

3. Weiterungen der BFH-Rspr. und offene Fragen

(33) Welche Weiterungen die Rspr. des IV. Senat auf bisher nicht entschiedene

Fallkonstellationen hat, ist offen. So ist z.B. unklar, ob die RsprGrundsätze in

gleicher Weise für die (teil-)entgeltliche Übertragung aus dem Gesamthands-

vermögen in das (Sonder-)Betriebsvermögen eines Mitunternehmers gelten.

Anmerkung: Aus meiner Sicht ist kein Grund ersichtlich, warum die „modifi-

zierte“ Trennungstheorie nicht auch hier greifen sollte. Die in Höhe der Diffe-

renz zwischen dem Entgelt und dem Verkehrswert bestehende stille Reserve

bliebe weiterhin steuerverstrickt. Dass es zu einem interpersonellen Über-

springen von stillen Reserven kommt, kann der Anwendung nicht entgegen-

stehen, weil dies in umgekehrter Richtung gleichsam der Fall ist.

(34) Die Rspr. des IV. Senats des BFH darf nicht dahingehend (miss-)verstanden

werden, dass durch die Zuordnung des unquotierten Buchwerts zur Gegenleis-

tung ein ertragsteuerrechtlich wirksamer Verlust realisiert wird, wenn die Ge-

genleistung den Buchwert unterschreitet. Ebenso wie die voll unentgeltliche

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Übertragung im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu keinem Ver-

lust führt, weil die Minderung des Betriebsvermögens durch eine fiktive Ge-

genleistung in Höhe des Buchwerts des transferierten Wirtschaftsguts neutra-

lisiert wird, kommt es zu keinem Verlust bei einer Gegenleistung unterhalb des

Verkehrswerts. Da es insoweit an einer Gegenleistung mangelt, greift hier § 6

Abs. 5 Satz 3 EStG ein. Die sich rechnerisch ergebende Betriebsvermögens-

minderung wird durch die Wirkweise des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG durch eine

„fiktive“ Gegenleistung in Höhe der Differenz der Gegenleistung zum Buch-

wert neutralisiert, vgl. Wendt, DB 2013, 835. Es kommt zu keinem steuerlichen

Verlust.

(35) Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG fallen Übertragungen eines Ein-

zelwirtschaftsguts zwischen dem Gesamthandsvermögen von Schwesterge-

sellschaften nicht in den Anwendungsbereich der Norm, woraus die FinVerw.

ableitet, dass es hierdurch zu einer Aufdeckung von stillen Reserven komme,

während die Rspr. die gesetzgeberischen Willen im Konflikt mit dem verfas-

sungsrechtlich fundierten Folgerichtigkeitsgebot sieht. Es stellt sich die Frage,

ob neben dem „§-6b-Modell“ (vgl. ausf. Demuth, in: Beratungsbrennpunkt

Personengesellschaft (KSp 14), 2013, Tz. B/17 ff.), dem die FinVerw. neuer-

dings kritisch gegenübersteht, wenn die Übertragung auf eine neu gegründete

Schwester-Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten

erfolgt, vgl. OFD Frankfurt Vfg. v. 11.10.2013, DStR 2013, 2570, eine Ketten-

übertragung (das Wirtschaftsgut wird zunächst in das Sonderbetriebsvermö-

gen der abgebenden oder übernehmenden und sodann in das Gesamthands-

vermögen der übernehmenden Personengesellschaft übertragen) als Alterna-

tivgestaltung die Möglichkeit bietet, das gewünschte Gestaltungsziel zu errei-

chen. Die FinVerw. sieht hierin einen Gestaltungsmissbrauch, vgl. Rz. 19 des

BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK 2011/0973858) v. 8.12.2011, BStBl.

2011 I, 1279; s. dazu auch Ley, DStR 2011, 1208.

Anmerkung: Auf der Grundlage des BFH-Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012, BFH/NV

2012, 1880, ist zweifelhaft, ob losgelöst von der umstrittenen Frage der ver-

fassungskonformen Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG die unentgeltliche

Übertragung eines Wirtschaftsguts zwischen Schwester-Personengesellschaf-

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ten mit einer Zwischenübertragung in das Sonderbetriebsvermögen (sog.

Kettenübertragung) einen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO darstellen

kann bzw. gesamtplanschädlich ist, so aber das BMF in Rn. 19 des Schr.

v. 8.12.2011, BStBl. I, 1279. Denn wenn die unentgeltliche Übertragung aus

dem Gesamthandsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen (bei derselben

Mitunternehmerschaft) nicht dazu führt, dass das nämliche Wirtschaftsgut das

Betriebsvermögen der Personengesellschaft verlässt, stellt dieser erste Schritt

aus einkommensteuerrechtlicher Sicht m.E. trotz des Rechtsträgerwechsels

keine relevante Übertragung dar. Vorher und nachher zählt das (zivilrechtlich

übertragene) Wirtschaftsgut zum selben Betriebsvermögen. Da der Vorwurf

einer gestaltungsmissbräuchlichen Kettenübertragung begrifflich mehr als ei-

nen (steuerrechtlich) relevanten Übertragungsakt voraussetzt, einkommen-

steuerrechtlich die Übertragung in das Sonderbetriebsvermögen jedoch ein

Nullum darstellt, vermag die fehlende Dauerhaftigkeit der Zuordnung zum

Sonderbetriebsvermögen keinen Gestaltungsmissbrauch zu begründen. Dieser

Begründungsansatz dürfte wegen der rechtlichen Unwägbarkeiten allerdings

bis auf weiteres allein für Zwecke der Abwehrberatung dienlich sein.

(36) Erfolgt die (teilentgeltliche) Übertragung eines Einzelwirtschaftsguts nicht in

ein Betriebsvermögen, sondern in ein Privatvermögen (z.B. verbilligte Veräu-

ßerung einer Immobilie durch die Personengesellschaft an die Ehefrau des Al-

leingesellschafters), kann eine Aufdeckung von stillen Reserven nicht dadurch

verhindert werden, dass die Gegenleistung den Buchwert des Wirtschaftsguts

nicht überschreitet. Da das Wirtschaftsgut die betriebliche Sphäre verlässt,

handelt es sich um einen Realisationsvorgang, der – soweit das Entgelt fremd-

unüblich ist – in einen Veräußerungsvorgang und einen Entnahmevorgang zer-

fällt, vgl. Wendt, DB 2013, 834. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Ent-

gelt dem unquotierten Buchwert gegenübergestellt und der Differenzbetrag

zum Verkehrswert als Entnahme i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG gesehen wird,

oder der Buchwert relational aufzuteilen ist, und damit ein anteiliger „Veräu-

ßerungsgewinn“ realisiert wird, der den „Entnahmegewinn“ entsprechend

mindert. Der dabei entstehende Gewinn ist identisch. Die vollen stillen Reser-

ven werden aufgedeckt.

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(37) Bisher hat die Rspr. nicht entschieden, ob die modifizierte Trennungstheorie

bei teilentgeltlichen Übertragungsvorgängen im Anwendungsbereich des § 6

Abs. 5 Satz 3 EStG im Fall eines sog. Mischentgelts (z.B. Gewährung von Ge-

sellschaftsrechten und Einräumung eines schuldrechtlichen Anspruchs gegen

die Personengesellschaft) Anwendung findet. Für Zwecke der Bewertung be-

handelt § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG die Gewährung von Gesellschaftsrechten und

die unentgeltliche Übertragung gleich: Beide Übertragungen sind zwingend

mit dem Buchwert zu bewerten. Dennoch handelt es sich bei der Gewährung

von Gesellschaftsrechten um eine Gegenleistung. Dies hat m.E. zur Folge, dass

der einem Gesellschaftsrechte vermittelnden Kapitalkonto gutgebrachte Be-

trag (z.B. Kapitalkonto I) als Entgelt zu werten ist, so dass eine (anteilige) Reali-

sation von stillen Reserven nur vermieden wird, wenn die Summe des dem

Kapitalkonto gutgebrachten Betrages und der sonstigen Gegenleistung (z.B.

Gutschrift auf Gesellschafterdarlehenskonto) den Buchwert des übertragenen

Wirtschaftsguts nicht übersteigen.

Hinweis: Dies entspricht der Behandlung des Mischentgelts bei der Einbrin-

gung einer betrieblichen Sachgesamtheit gem. § 24 UmwStG, vgl. BFH-Urt. X R

42/10 v. 18.9.2013, DStR 2013, 2380.

(38) Ob sich durch die Aufgabe der Trennungstheorie im Anwendungsbereich des

§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zugleich Auswirkungen auf Transfervorgänge aus dem

Privatvermögen ergeben und damit im Ergebnis steuerneutrale Übertra-

gungsvorgänge nicht nur durch Gutschrift auf dem gesamthänderisch gebun-

denen Rücklagenkonto, sondern auch durch Gutschrift auf einem anderen Ge-

sellschafterkonto (z.B. Kapitalkonto I/II oder einem Gesellschafterdarlehens-

konto) gestaltet werden kann, sofern der gutgeschriebene Betrag die (fortge-

führten) Anschaffungskosten/Herstellungskosten nicht übersteigt, ist offen;

krit. (RiBFH) Heuermann, DB 2013, 1328; (RiaBFH) Kulosa, in: L. Schmidt, EStG,

33. Aufl. 2014, § 6 Rz. 697; befürwortend Demuth, DStR-Beih. zu 49/2012, 135.

Anmerkung: Für die Gestaltungsberatung dürfte dieser Ansatz bis auf weiteres

wegen der bestehenden rechtlichen Unwägbarkeiten untauglich sein.

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II. Übertragungen zwischen Schwester-Personengesellschaften

(39) Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG fällt die unmittelbare Übertra-

gung von einzelnen Wirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsvermögen

von Schwester-Personengesellschaften nicht in den Anwendungsbereich der

Norm. Daraus leitet die FinVerw. ab, dass die Möglichkeit einer Buchwertüber-

tragung ausscheidet, vgl. Rz. 18 des BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK

2011/0973858) v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279.

Anmerkung: Zur Historie dieser Vorschrift ist bei Schmitt/Franz, Ubg 2012,

395, 398, das Folgende zu lesen:

„Um gleichwohl bei der Übertragung zwischen Schwestergesell-

schaften die Möglichkeit der Buchwertfortführung zu eröffnen,

war von Seiten der sog. B-Länder im Rahmen des Vermittlungsver-

fahrens zum Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetz ein ent-

sprechender Änderungsantrag gestellt worden, der eine Aufnah-

me der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwester-

gesellschaften in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG für den Fall vorsah, dass an

beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter beteiligt sind. Auf

die Umsetzung dieses Änderungsantrags hatte sich die vom Ver-

mittlungsausschuss eingesetzte Arbeitsgruppe bereits verständigt,

als dieser – unerwartet – wieder zurückgezogen wurde.“

(40) Ursprünglich vertrat auch der I. Senat des BFH die Rechtsauffassung, dass die

Übertragung eines Einzelwirtschaftsguts zwischen dem Gesamthandsvermö-

gen zweier beteiligungsidentischer Schwester-Personengesellschaften zur

Aufdeckung der stillen Reserven führe, vgl. BFH-Urt. I R 72/08 v. 25.11.2009,

BStBl. 2010 II, 471, wo es im zweiten Leitsatz wörtlich heißt:

„Wird ein Wirtschaftsgut unentgeltlich aus dem Betriebsvermögen

einer gewerblich tätigen Personengesellschaft in das Betriebsver-

mögen einer beteiligungsidentischen anderen Personengesell-

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schaft übertragen, so führt dies zur Aufdeckung der in dem Wirt-

schaftsgut ruhenden stillen Reserven.“

(41) Hingegen ist der IV. Senat des BFH mit Beschl. IV B 105/09 v. 15.4.2010, BStBl.

2010 II, 971, der Ansicht, dass eine Übertragung zwischen dem Gesamthands-

vermögen von personenidentischen Personengesellschaften nach verfas-

sungskonformer Auslegung zur Verwirklichung des durch Art. 3 Abs. 1 GG pos-

tulierten Folgerichtigkeitsgebots nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG zu Buchwerten

geboten ist.

(42) Im Revisionsverfahren I R 80/12 änderte der I. Senat des BFH seine ursprüng-

lich ablehnende Haltung und schloss sich den verfassungsrechtlichen Beden-

ken des IV. Senats gegen die eine Buchwertübertragung zwischen beteili-

gungsidentischen Schwester-Personengesellschaft ausschließende gesetzliche

Regelung an, und erkannte hierin einen gleichheitswidrigen Begünstigungs-

ausschluss. Allerdings sah sich der I. Senat aufgrund des eindeutigen Wort-

lauts und dem hinreichend deutlichen Willen des Gesetzgebers daran gehin-

dert, den vom IV. Senat beschrittenen Weg der verfassungskonformen Ausle-

gung zu gehen, und legte die verfassungsrechtliche Frage, ob § 6 Abs. 5

Satz 3 EStG insoweit nicht mit der Verfassung im Einklang steht, als hiernach

eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen

Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich ist, dem BVerfG vor, vgl.

BFH-Vorlage-Beschl. I R 80/12 v. 10.4.2013, BStBl. 2013 II, 1004.

Hinweis: Nach Auffassung der Rspr. fügt sich die fehlende Möglichkeit der

Buchwertfortführung bei Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen be-

teiligungsidentischen Schwester-Personengesellschaften nicht in den durch

Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen, der maßgeblich

durch das Prinzip der Besteuerung nach der individuellen wirtschaftlichen Leis-

tungsfähigkeit konkretisiert wird, ein. In der Tat ist kein sachlicher Grund er-

kennbar, warum trotz fortbestehender betrieblicher Verstrickung eines zwi-

schen Schwester-Personengesellschaften transferierten Einzelwirtschaftsguts

ohne Zuwachs an Leistungsfähigkeit eine Steuerlast ausgelöst werden soll,

während die Überführung in ein anderes Betriebsvermögen oder die Übertra-

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gung auf ein anderes Rechtssubjekt im Rahmen des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, bei

dem es – anders als bei der Übertragung zwischen beteiligungsidentischen

Schwester-Personengesellschaften – sogar zu einer interpersonellen Verschie-

bung von stillen Reserven kommt, steuerneutral möglich ist. Folgerichtig ist

die abweichende Behandlung der Übertragung zwischen Schwester-

Personengesellschaften nicht. Eine Rechtfertigung für diese „Systemdurchbre-

chung“ ist nicht erkennbar.

(43) Für die Praxis ist bedauerlich, dass sich die Entscheidung der Frage durch die

Anrufung des BVerfG voraussichtlich erheblich verzögern wird. In Streitfällen

wird AdV zu gewähren sein, vgl. BMF-Schr. IV C 6-S 2241/10/10002:001,

2010/0823164 v. 29.10.2010, BStBl. 2010 I, 1206. Für die Gestaltungsberatung

sollte bis zur Entscheidung durch das BVerfG eine Direktübertragung von Ein-

zelwirtschaftsgütern zwischen Schwester-Personengesellschaften vermieden

werden. Als Gestaltungsalternative bietet sich in geeigneten Fällen das 6b-

Modell an, vgl. hierzu ausf. Demuth, in: Beratungsbrennpunkt Personengesell-

schaft (KSp 14), 2013, Tz. B/17 ff., wobei die FinVerw. der Übertragung auf ei-

ne neu gegründete Schwester-Personengesellschaft gegen Gewährung von

Gesellschaftsrechten die Anerkennung versagen will, vgl. OFD Frankfurt, Vfg.

v. 11.10.2013, DStR 2013, 2570. Sofern die Veräußerung gegen einen in Geld

zu leistenden Kaufpreis wie unter fremden Dritten abgewickelt wird, erkennt

die FinVerw. das „6b-Modell“ an, vgl. Tz. 20 des BMF-Schr. v. 8.12.2011, BStBl.

2011 I, 1279. Ebenso kann in Erwägung gezogen werden, das Einzelwirt-

schaftsgut in eine zu diesem Zweck gegründete Tochter-GmbH & Co. KG zu

übertragen. Zu einem späteren Zeitpunkt kann der Mitunternehmeranteil

gem. § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich auf die Schwester-Personengesellschaft

übertragen werden, wobei die Restriktionen der Gesamtplanrechtsprechung

in die Erwägungen einzustellen sind.

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III. Beratungsrelevante Berührungspunkte zum Umsatzsteuerrecht, zum Grunder-

werbsteuerrecht und zum Schenkungsteuerrecht

1. Umsatzsteuer

(44) Bei Transfervorgängen im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 EStG sind auch

die umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen in den Blick zu nehmen, vgl. ausf.

U. Förster, DStR 2012, 381.

a) Überführung aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb desselben Steuerpflichti-

gen, § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG

(45) Bei einer ohne Rechtsträgerwechsel stattfindenden Überführung eines Wirt-

schaftsguts aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb desselben Stpfl. erge-

ben sich keine umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen. Auf Grund des um-

satzsteuerrechtlichen Grundsatzes der Unternehmenseinheit gehören auch

mehrere ertragsteuerrechtlich als selbständige Betriebe zu qualifizierende

Einheiten umsatzsteuerrechtlich zu einem einzigen Unternehmen, vgl. § 2

Abs. 1 Satz 2 UStG; Abschn. 2.7 Abs. 1 Satz 1 UStAE. Es kommt mithin weder zu

einem Leistungsaustausch gem. § 1 Abs. 1 UStG noch zu einer unentgeltlichen

Wertabgabe gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG. Der Vorgang ist nicht umsatz-

steuerbar, vgl. Abschn. 2.7 Abs. 1 Satz 3 UStAE.

b) Überführung aus dem Betrieb des Steuerpflichtigen in dessen Sonderbetriebsver-

mögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt, § 6 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz

1 EStG

(46) Die Überführung eines Einzelwirtschaftsguts aus dem Betrieb des Stpfl. (Ein-

zelunternehmen) in dessen Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunterneh-

merschaft gem. § 6 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 EStG ist unproblematisch, wenn

fortan die Nutzungsüberlassung an die Personengesellschaft gegen ein (ge-

winnunabhängiges) Sonderentgelt erfolgt. Insoweit wird der Gesellschafter

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durch die entgeltliche Nutzungsüberlassung weiterhin unternehmerisch tätig,

vgl. Abschn. 1.6 Abs. 3 UStAE, so dass das überführte Einzelwirtschaftsgut wei-

terhin zum einheitlichen Unternehmensvermögen zählt, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2

UStG. Mithin ist der Überführungsvorgang nicht umsatzsteuerbar.

Hinweis: Ist Gegenstand der Nutzungsüberlassung ein Gebäude, ist zu beden-

ken, dass eine Option zur Steuerpflicht gem. § 9 Abs. 1 und 2 UStG erforder-

lich ist, wenn das Grundstück erstmals entgeltlich zur Nutzung überlassen

wird, um eine andernfalls drohende Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG zu

vermeiden.

(47) Problematisch ist, wenn die Nutzungsüberlassung an die Personengesellschaft

unentgeltlich (als Gesellschafterbeitrag) erfolgt. Insoweit wird der Gesellschaf-

ter gem. § 2 Abs. 1 UStG mit der Nutzungsüberlassung nicht unmittelbar un-

ternehmerisch tätig. Bei einer unentgeltlichen Überlassung eröffnet sich nach

der jüngsten Rspr. des EuGH aber die Problematik, dass beim Gesellschafter

der Vorsteuerabzug versagt wird, wenn die Nutzungsüberlassung unentgeltlich

erfolgt, vgl. EuGH-Urt. C-204/13 v. 13.3.2014 (wonach dem Gesellschafter ei-

ner Steuerberatungs-GbR, der einen Teil des Mandantenstamms nur zu dem

Zweck erwirbt, diesen unmittelbar anschließend einer neu gegründeten GbR

unentgeltlich zur unternehmerischen Nutzung zu überlassen, der Vorsteuerab-

zug aus dem Erwerb des Mandantenstamms nicht zusteht).

Indes ist aber nach dem BFH-Urt. XI R 10/12 v. 29.8.2012, BStBl. 2012 II, 221;

XI R 38/10 v. 19.12.2012, BStBl. 2013 II, 1053, davon auszugehen, mit der

Übertragung des Mandantenstamms im Rahmen einer Realteilung liege eine

Geschäftsveräußerung im Ganzen vor (was wiederum voraussetzt, dass eine

unternehmerische, d.h. entgeltliche Nutzungsüberlassung nachfolgt), vgl. auch

BMF-Schr. IV D 2 – S 7100-b/13/10001 / IV D 2 – S 7100b/11/10001 (DOK

2013/1145204) v. 22.12.2013, BStBl. 2013 I, 1304. Nach der Neufassung von

Abschn. 1.5 Abs. 6 und 9 UStAE gilt:

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(a) Entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung ist die Veräußerung

eines Teils des Unternehmens eines Geschäfts stets dann eine Ge-

schäftsveräußerung, wenn der Erwerber diesen als selbständiges wirt-

schaftliches Unternehmen fortführen kann:

„Nicht entscheidend ist, dass bereits im Unternehmen, das

eine Übertragung vornimmt, ein (organisatorisch) selbstän-

diger Unternehmensteil bestand.“

(b) Die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen kann nur dann einer Ge-

schäftsveräußerung gleichgestellt werden, wenn sie Teil einer eigen-

ständigen Einheit ist, die eine selbständige wirtschaftliche Betätigung

ermöglicht und der Erwerber diese Tätigkeit fortführt (bloße Veräuße-

rung von Anteilen ohne gleichzeitige Übertragung weiterer Vermö-

genswerte fällt nicht darunter).

Anmerkung: Das geänderte Verständnis der FinVerw. zur Übertragung

von Teilvermögen, das zuvor keine selbständige organisatorische Ein-

heit gewesen sein muss, entspricht dem unionsrechtlichen Verständnis

des Teilvermögens. Ich sehe damit die Auffassung bestätigt, dass Real-

teilungen und Sachwertabfindungen (insbesondere von freiberuflichen

Sozietäten) nach § 1 Abs. 1a UStG i.d.R. nicht steuerbar sind, wenn die

früheren Mitunternehmer Teile der Betriebe bzw. Praxen weiterfüh-

ren.

(48) Der umgekehrte Fall der Überführung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonder-

betriebsvermögen eines Mitunternehmers in dessen Einzelbetrieb ist umsatz-

steuerrechtlich i.d.R. unproblematisch. Hatte der Mitunternehmer das Wirt-

schaftsgut entgeltlich überlassen, war er insoweit unternehmerisch tätig, so

dass die ertragsteuerrechtliche Überführung des Einzelwirtschaftsguts in das

Einzelbetriebsvermögen aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht wegen § 2 Abs. 1

Satz 2 UStG (Grundsatz der Unternehmenseinheit) ohne weitere umsatzsteu-

errechtliche Konsequenzen ist.

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Hinweis: Denkbar ist allenfalls, dass ein Korrekturbedarf nach § 15a UStG ent-

steht, wenn sich das Verhältnis von umsatzsteuerpflichtigen zu umsatzsteuer-

freien Leistungen durch die veränderte Nutzung des Einzelwirtschaftsguts

ergibt. Wurde das Wirtschaftsgut bisher der Personengesellschaft unentgelt-

lich überlassen und damit außerhalb des Unternehmensvermögens genutzt, ist

die Überführung in das Einzelbetriebsvermögen aus umsatzsteuerrechtlicher

Sicht mit einer Einlage in die unternehmerische Sphäre verbunden. Eine Vor-

steuerkorrektur gem. § 15a UStG scheidet hier aus, vgl. Abschn. 15a.1 Abs. 6

Satz 2 Nr. 2 UStAE.

c) Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuer-

pflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften, § 6 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz

2 EStG

(49) Umsatzsteuerrechtlich ist dieser Vorgang i.d.R. unbeachtlich, weil nach dem

Grundsatz der Unternehmenseinheit gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG die verschie-

denen betrieblichen Sphären in einem Unternehmensvermögen münden. Dies

gilt jedenfalls dann, wenn die Nutzungsüberlassung in beiden Sonderbetriebs-

vermögen entgeltlich erfolgt ist. Durch die unterschiedliche Nutzung kann sich

allerdings ein Vorsteuerkorrekturbedarf nach § 15a UStG ergeben, wenn sich

aufgrund der Überführung eine andere Nutzungsrelation zu umsatzsteuer-

pflichtigen und umsatzsteuerfreien Leistungen ergibt. Erfolgt die Nutzungs-

überlassung in beiden Personengesellschaften unentgeltlich, handelt es sich

bei dem überführten Wirtschaftsgut um kein Unternehmensvermögen, so dass

sich umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen hieraus nicht ergeben.

(50) Wurde das Wirtschaftsgut bisher entgeltlich überlassen und soll künftig un-

entgeltlich der anderen Personengesellschaft zur Verfügung gestellt werden,

handelt es sich im Regelfall um eine unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3

Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UStG.

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(51) Wird nach der Überführung in ein anderes Sonderbetriebsvermögen das über-

führte Wirtschaftsgut erstmals entgeltlich zur Nutzung überlassen, handelt es

sich um eine Einlage in das Unternehmensvermögen.

d) Übertragung aus dem Betrieb des Steuerpflichtigen in das Gesamthandsvermögen

einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt, § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG

(52) Erfolgt die Übertragung des Einzelwirtschaftsguts gegen Gewährung von Ge-

sellschaftsrechten, handelt es sich um einen umsatzsteuerbaren tauschähnli-

chen Umsatz gem. § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG, wobei die Gegenleistung in der

Gewährung von Gesellschaftsrechten besteht.

(53) Besondere Probleme können entstehen, wenn Gegenstand der Übertragung

eine (bisher nicht von der Personengesellschaft genutzte) vermietete Immobi-

lie ist. Hier stellt sich das Problem der Abgrenzung zu einer nicht umsatzsteu-

erbaren (Teil-)Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG. Eine nicht um-

satzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt nur vor, wenn mit dem

Grundstück die dem „Vermietungsunternehmen“ zu Grunde liegenden Miet-

verträge mit auf die Personengesellschaft übergehen. Hingegen liegt bei künf-

tiger Selbstnutzung der Immobilie durch die Personengesellschaft– mangels

Fortführung des Vermietungsunternehmens – keine Geschäftsveräußerung

vor, vgl. BFH-Urt. V R 6/08 v. 24.9.2009, BStBl. 2010 II, 315; Abschn. 1.5 Abs. 2

Satz 2 UStAE. Bei bestehenden Zweifeln über das Vorliegen einer Geschäfts-

veräußerung im Ganzen wurde in der Beratungspraxis mit UStKlauseln ope-

riert, die ausgehend von der Annahme einer nicht umsatzsteuerbaren Ge-

schäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG eine Option zur UStPflicht i.S. des

§ 9 Abs. 1 und 3 UStG vorsahen, sofern die Betriebsprüfung bzw. die UStSon-

derprüfung zu einer abweichenden umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung ge-

langen.

Hinweis: Von dieser Vorgehensweise ist dringend abzuraten. Die Option zur

UStPflicht muss nach neuerer Auffassung der FinVerw. bis zum Ablauf der

Rechtsbehelfsfrist (formelle Bestandskraft) des betroffenen UStBescheides

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ausgeübt werden, vgl. Abschn. 9.1 Abs. 3 UStAE. Daher sind derartige UStKlau-

seln streitanfällig. Denn die Option zur UStPflicht erfolgt erst, nachdem die

FinVerw. das Vorliegen einer Betriebsveräußerung im Ganzen in Abrede stellt,

was im Regelfall im Rahmen einer Betriebsprüfung oder USt-Sonderprüfung

der Fall sein wird. Zu diesem Zeitpunkt ist der ursprüngliche UStBescheid je-

doch formell bestandskräftig. Damit besteht die Gefahr, dass die UStKlausel

ins Leere geht und damit eine Vorsteuerkorrektur gem. § 15a UStG droht. Aus

Vorsichtsgründen sollte im Zweifelsfall davon ausgegangen werden, dass die

Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht vorliegen. Soll-

te sich im Nachhinein herausstellen, dass die Voraussetzungen einer Ge-

schäftsveräußerung im Ganzen vorgelegen haben, wäre dies mit keinen steu-

errechtlichen Nachteilen verbunden, vgl. Prätzler, DStR 2011, 507, 508. Insbe-

sondere droht nicht die Anwendung des § 14c UStG, da wegen der Anwend-

barkeit des § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG der Grundstücksverkäufer die USt. aus der

Grundstückslieferung nicht offen ausweisen darf, vgl. § 14a Abs. 5 Satz 3 UStG.

(54) Bemessungsgrundlage für den umsatzsteuerbaren und den umsatzsteuer-

pflichtigen Vorgang ist nicht der gemeine Wert der Gesellschaftsrechte, son-

dern der subjektive Wert, den der Gesellschafter aufwendet, um die Gesell-

schaftsrechte zu erhalten, vgl. EuGH-Urt. C-33/93 v. 2.6.1994, UmStR 1995, 64;

U. Förster, DStR 2012, 381, 385. Das sind die Anschaffungs- bzw. die Herstel-

lungskosten des übertragenen Gegenstands, vgl. BFH-Urt. XI R 56/06

v. 6.4.2008, BStBl. 2008 II, 907.

(55) Die Personengesellschaft ist als Leistungsempfänger unter den Voraussetzun-

gen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug aus dem mit USt. belasteten Erwerb

des übertragenen Wirtschaftsguts berechtigt. Der übertragende Gesellschafter

muss die gesondert in Rechnung gestellte USt. abführen; eine entsprechende

Liquidität muss bei dem übertragenden Gesellschafter eingeplant werden.

(56) Bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts auf die Perso-

nengesellschaft liegt eine unentgeltliche Wertabgabe im Unternehmen des

Übertragenden vor, wenn er zum Vorsteuerabzug berechtigt war, vgl. § 3

Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UStG. Die unentgeltliche Wertabgabe ist steu-

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erbar und im Regelfall steuerpflichtig. Eine Rechnung mit offenem UStAusweis

darf nicht erstellt werden, so dass ein Vorsteuerabzug der Personengesell-

schaft nach Auffassung der FinVerw. und der bisherigen Rspr. ausscheidet

(m.E. zweifelhaft).

(57) Im Fall der Übertragung eines Einzelwirtschaftsguts aus dem Gesamthands-

vermögen in das Betriebsvermögen eines Gesellschafters ist im Regelfall allein

der Vorgang einer unentgeltlichen Übertragung problematisch, weil es sich aus

der Sicht der übertragenden Personengesellschaft um eine unentgeltliche

Wertabgabe handelt, so dass eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis

nicht erteilt werden kann, und somit ein Vorsteuerabzug ausscheidet.

Hinweis: Aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht sind unentgeltliche Übertragungs-

vorgänge nachteilig, weil die auf die unentgeltliche Wertabgabe entstehende

USt. beim Erwerber nicht als Vorsteuer abziehbar ist, und auch ein Betriebs-

ausgabenabzug beim „Entnehmenden“ gem. § 12 Nr. 3 EStG ausscheidet. Vor-

zugswürdig sind daher bei geplanter Verwendung des Wirtschaftsguts zur Aus-

führung von den Vorsteuerabzug nicht ausschließenden Ausgangsumsätzen

Übertragungsvorgänge gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten.

e) Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen in das Ge-

samthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft und umgekehrt, § 6 Abs. 5

Satz 3 Nr. 1 EStG

(58) Umsatzsteuerrechtlich relevant ist der Vorgang der Übertragung aus dem

Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen „innerhalb“ einer

Mitunternehmerschaft nur dann, wenn das übertragene Wirtschaftsgut zuvor

entgeltlich zur Nutzung überlassen wurde und somit umsatzsteuerrechtlich

zum Unternehmensvermögen zählt. Die Übertragung gegen Gewährung von

Gesellschaftsrechten stellt dabei einen tauschähnlichen Umsatz i.S. des § 3

Abs. 12 Satz 2 UStG dar. Im Regelfall liegen bei der von der FinVerw. favori-

sierten Gleichsetzung des einkommensteuerrechtlichen (Teil-)Betriebsbegriffs

mit dem umsatzsteuerrechtlichen Begriff des in der „Gliederung eines Unter-

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nehmens gesondert geführten Betriebs“ die Voraussetzungen einer nicht um-

satzsteuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1a UStG

vor, weil es sich bei den Wirtschaftsgütern des ertragsteuerlichen Sonderbe-

triebsvermögens im Regelfall um einen gesondert geführten „Betrieb“ i.S. des

§ 1 Abs. 1a UStG handelt, vgl. (MinRat im FinMin NRW) Rasche, in: Röd-

der/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2008, Anhang 9 Rz. 59.

(59) Bei einer unentgeltlichen Übertragung der Wirtschaftsgüter aus dem Sonder-

betriebsvermögen eines Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen der

Personengesellschaft handelt es sich um eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.

des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG. Unter den Voraussetzungen des § 1

Abs. 1a UStG handelt es sich jedoch um einen nicht umsatzsteuerbaren Vor-

gang.

(60) Bei der Übertragung gegen Minderung von Gesellschaftsrechten handelt es

sich um einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG umsatzsteuerbaren Vorgang, der

vorbehaltlich etwaig eingreifender UStBefreiungen umsatzsteuerpflichtig ist.

Sofern die Übertragung aus dem Gesamthandsvermögen unentgeltlich erfolgt,

handelt es sich wiederum um eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. des § 3

Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UStG.

2. Grunderwerbsteuer

(61) Werden Grundstücke gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu Buchwerten gegen Ge-

währung von Gesellschaftsrechten übertragen, ist die GrESt. mit in die Bera-

tungserwägungen einzubeziehen. Bei der Grundstücksübertragung handelt es

sich gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG um einen steuerbaren Vorgang, der jedoch in

Höhe der gesamthänderischen Vermögensbeteiligung des Übertragenden an

der erwerbenden Personengesellschaft nicht erhoben wird, vgl. § 5 Abs. 2

GrEStG. Bei einer Grundstücksübertragung auf eine Personengesellschaft, an

der nicht allein der Übertragende vermögensmäßig beteiligt ist, ist die voll-

ständige GrEStFreiheit des Vorgangs im Regelfall nur bei einer Grundstücks-

übertragung auf eine Familienpersonengesellschaft denkbar, da hier die Steu-

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erbefreiung gem. § 3 Nr. 4 und 6 GrEStG auf die Personengesellschaft durch-

schlägt, vgl. Hofmann, GrEStG, 9. Aufl. 2010, § 5 Rz. 37. Sind an der Personen-

gesellschaft nicht durch § 3 Nr. 4 und 6 GrEStG begünstigte Personen Gesell-

schafter, entsteht anteilig GrESt.

(62) Eine besondere Herausforderung stellt die nach § 5 Abs. 3 GrEStG in den auf

die Grundstücksübertragung folgenden fünf Jahren laufende Sperrfrist dar.

Danach entfällt die steuerliche Freistellung von der GrESt. in Höhe der vermö-

gensmäßigen Beteiligung des Übertragenden rückwirkend (rückwirkendes Er-

eignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO), soweit sich der Anteil des Übertra-

genden am Vermögen der Gesamthand innerhalb der Sperrfrist vermindert.

Diese Verminderung kann einerseits durch die Übertragung eines (Teil-

)Mitunternehmeranteils oder durch Ausscheiden aus der Gesellschaft erfol-

gen. Sofern die Voraussetzungen resp. § 3 Nr. 4 bzw. 6 GrEStG erfüllt sind, ist

der Vorgang steuerfrei. Auch hier gilt, dass die Beteiligung von nicht zum engs-

ten Familienverbund gehörenden Gesellschaftern zur Belastung mit GrESt.

führt.

(63) § 5 Abs. 3 GrEStG kann auch durch Formwechsel der grundstückserwerben-

den Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft ausgelöst werden, vgl.

BFH-Beschl. II B 151/10, BFH/NV 2011, 1395. Ebenso kann der Formwechsel

des Übertragenden eine Sperrfristverletzung auslösen, vgl. Tz. 1.2.2 Vfg. der

OFD Rheinl. v. 31.8.2012, juris.

3. Schenkungsteuer

(64) Übertragungsvorgänge – nicht bei Überführungsvorgängen i.S. des § 6 Abs. 5

Satz 1 und 2 EStG – im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG können

schenkungsteuerrechtlich relevant sein. Erfolgt die Übertragung des Wirt-

schaftsguts aus einem Betriebsvermögen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG) oder ei-

nem Sonderbetriebsvermögen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG) in das Gesamt-

handsvermögen unentgeltlich (d.h. durch Gutschrift auf einem gesamthände-

risch gebundenen Rücklagenkonto oder durch Buchung als Ertrag), werden die

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übrigen Mitgesellschafter entsprechend ihrer vermögensmäßigen Beteiligung

am Gesellschaftsvermögen bereichert. Diese Bereicherung kann Ausfluss einer

freigebigen Zuwendung sein. In diesem Fall wäre der Vorgang gem. § 7 Abs. 1

Nr. 1 ErbStG steuerbar. Stehen erkennbar betriebliche Gründe im Vorder-

grund (z.B. Sanierungsbeitrag eines potenten Gesellschafters oder erfolgt die

Übertragung auf Druck der Bank zur Abwendung der Kündigung der Kreditli-

nien), scheidet die Annahme einer freigebigen Zuwendung aus, vgl. Geck,

KÖSDI 2013, 18290, 18296 (zur Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermö-

gen in das Gesamthandsvermögen gegen nicht wertkongruente Gesellschafts-

rechte).

Hinweis: Die Annahme einer freigebigen Zuwendung wird im Regelfall nur

dann in Betracht kommen, wenn die Gesellschafter in einem engen persönli-

chen Näheverhältnis zueinander stehen (z.B. Eltern und Kinder oder Ehegat-

ten). Andernfalls ist die Annahme einer freigebigen Zuwendung wohl nur aus-

nahmsweise vorstellbar.

(65) Erfolgt die Übertragung gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 und 2 EStG gegen Gewäh-

rung von Gesellschaftsrechten, kann der Vorgang nur dann schenkungsteuer-

rechtlich relevant sein, wenn der (Verkehrs-)Wert der erhaltenen Gesell-

schaftsrechte den (Verkehrs-)Wert des übertragenen Wirtschaftsguts signifi-

kant unterschreitet. Um dies beurteilen zu können, ist letztlich eine Unter-

nehmensbewertung (z.B. gem. §§ 199 ff. BewG) erforderlich, um den Wert der

als Gegenleistung erhaltenen Gesellschaftsrechte bestimmen zu können.

(66) Erfolgt die Übertragung aus dem Gesamthandsvermögen in ein (Sonder-

)Betriebsvermögen eines Gesellschafters gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 und 2

EStG unentgeltlich bzw. gegen Minderung von Gesellschaftsrechten, kommt

nur in Höhe der Beteiligungsquote der übrigen Gesellschafter eine freigebige

Zuwendung in Betracht, wenn die Übertragung nicht aus betrieblichen Grün-

den (z.B. Sachwertabfindung eines lästigen Gesellschafters) erfolgt. Bei einer

Übertragung gegen Minderung von Gesellschaftsrechten scheidet eine Freige-

bigkeit in Höhe des (Verkehrs-)Wertes der wegfallenden Gesellschaftsrechte

aus.

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(67) Im Fall einer Übertragung eines Wirtschaftsguts gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3

EStG von einem Sonderbetriebsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen ei-

nes anderen Mitunternehmers derselben Mitunternehmerschaft dürfte im

Regelfall ein schenkungsteuerbarer Vorgang verwirklicht werden, der – wenn

es sich um eine qualifizierte GmbH-Beteiligung handelt – unter den Vorausset-

zungen der §§ 13a, 13b ErbStG steuerverschont übertragen werden kann.

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C. Beratungsbrennpunkt Einlage oder Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter aus

dem Privatvermögen

I. Kapitalkontenstruktur

1. Bedeutung der Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten und Gesell-

schafter-Fremdkapitalkonten

(68) Der BFH hat in jüngerer Zeit die Gelegenheit ergriffen, systematisierend zur

Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten und Gesellschafter-

Fremdkapitalkonten Stellung zu beziehen, vgl. BFH-Urt. IV R 29/06

v. 26.6.2007, BStBl. 2008 II, 103; IV R 37/06 v. 24.1.2008, BStBl. 2011 II, 617; IV

R 66/05 v. 24.1.2008, BFH/NV 2008, 1302; IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008

II, 812; I R 77/06 v. 17.7.2008, BStBl. 2009 II, 464; vgl. dazu Ley, DStR 2009,

613. Die Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten und Gesellschaf-

ter-Fremdkapitalkonten ist steuerrechtlich zuvörderst mit Bezug auf § 15a

EStG, Einbringungsvorgänge in Personengesellschaften und die Refinanzierung

einer Rückzahlung vom Gesellschafterguthaben bedeutsam.

2. Kriterien zur Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten und Gesellschaf-

ter-Fremdkapitalkonten

(69) Aus der jüngeren Rspr. sind die folgenden Kriterien zur Abgrenzung zwischen

Gesellschafter-Eigenkapitalkonten und Gesellschafter-Fremdkapitalkonten ab-

zuleiten, vgl. dazu insbesondere BFH-Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008

II, 812:

(a) Die Abgrenzung der Konten richtet sich nicht nach ihrer Bezeichnung.

Führt eine Personengesellschaft für die Gesellschafter mehrere Konten

mit verschiedenen Bezeichnungen, ist vielmehr anhand des Gesell-

schaftsvertrages zu ermitteln, welche zivilrechtliche Rechtsnatur diese

Konten haben, d.h. ob sie Eigenkapital oder Forderungen und Schulden

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ausweisen, so ausdrücklich BFH-Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008

II, 812 (unter Abschn. II. 2 der Urteilsgründe).

(b) Kennzeichnend für ein Gesellschafter-Eigenkapitalkonto ist, dass nach

dem eindeutigen und klaren Willen der Gesellschafter auf dem Konto

auch Verluste erfasst werden, welche die ausgewiesenen thesaurierten

Gewinne aufzehren können; denn mit dem Begriff eines Fremdkapital-

kontos ist eine Verlustbeteiligung des Gläubigers unvereinbar.

(c) Maßgeblich ist die Regelung der Verlustverrechnung im Gesellschafts-

vertrag. Ein Gesellschafterbeschluss, nach dem etwaige Jahresfehlbe-

träge aus Gesellschafterdarlehenskonten abgedeckt werden sollen, führt

nicht dazu, dass es sich bei den entsprechenden Gesellschafterkonten

um Gesellschafter-Eigenkapitalkonten handelt, vgl. BFH-Urt. IV R 46/05

v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812 (unter Abschn. II. 3 der Urteilsgründe).

Die Verlustverrechnung muss dementsprechend im Gesellschaftsvertrag

vorgesehen sein, damit ein entsprechendes Konto als Eigenkapitalkonto

des Gesellschafters einzuordnen ist.

(d) Ausreichend für die Einordnung eines Kontos als Eigenkapitalkonto ist,

wenn zwar eine laufende Verlustverrechnung nicht vorgesehen, für den

Fall des Ausscheidens aber geregelt ist, dass sich das Abfindungsgutha-

ben nach dem Saldo sämtlicher Gesellschafterkonten, nämlich „Kapital-

konto und Darlehenskonto abzüglich eines eventuell anteiligen Verlust-

vortrages“ bestimmt, vgl. BFH-Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008

II, 812 (unter Tz. 4 der Urteilsgründe).

(e) Bedeutung für die Einordnung als Gesellschafter-Eigenkapitalkonto oder

Gesellschafter-Fremdkapitalkonto hat des Weiteren die Regelung der

Entnahmefähigkeit von Guthaben, die auf den Konten ausgewiesen

sind. Insoweit spricht eine Entnahmebeschränkung für das Vorliegen ei-

nes Eigenkapitalkontos. Nicht schädlich ist indes eine Entnahmemöglich-

keit von Gewinnanteilen für die Einstufung eines Kontos als Eigenkapi-

talkonto, vgl. BFH-Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812 (unter

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Abschn. II. 4 der Urteilsgründe [„Gewinnanteile gehören nach der ge-

setzlichen Vorgabe des § 120 Abs. 2 HGB zum Kapitalanteil des Gesell-

schafters. Aus den §§ 122 und 167 Abs. 2 HGB lässt sich zudem entneh-

men, dass es zum Wesen der Gewinnanteile gehört, zumindest teilweise

entnommen zu werden.“]). Demgegenüber ist nicht geklärt, ob eine un-

beschränkte Entnahmeberechtigung der Einordnung eines Kontos als

Gesellschafter-Eigenkapitalkonto entgegensteht, dies ausdrücklich offen

lassend BFH-Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812 (unter Ab-

schn. II. 4 der Urteilsgründe).

(f) Letztlich kann der Verzinsung Bedeutung zukommen: Eine gewinnunab-

hängige Verzinsung stellt ein Indiz für den Fremdkapitalcharakter des

Kontos dar. Demgegenüber spricht das Fehlen einer Verzinsung für das

Vorliegen von Eigenkapital. Eine gewinnabhängige Verzinsung ist der

Einordnung als Eigenkapital nicht abträglich. Doch auch bei einer ge-

winnunabhängigen Verzinsung darf nicht zwangsläufig die Schlussfolge-

rung gezogen werden, es handele sich um Fremdkapital. Insoweit misst

der BFH der Frage der Verrechenbarkeit von Verlusten größere Bedeu-

tung bei, vgl. BFH-Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812.

(70) In zusammenfassender Betrachtung können die Abgrenzungskriterien wie

folgt dargestellt werden:

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Die Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten und Gesellschafter-Fremdkapitalkontennach der jüngeren Rechtsprechung

Unmaßgeblich:Bezeichnung des Kon-tos. Bei mehreren Ge-sellschafterkonten ist anhand des Gesell-schaftsvertrages zu

ermitteln, welche zivil-rechtliche Natur das jeweilige Konto hat.

erforderlich ist Re-gelung im Gesell-

schaftsvertrag; Gesellschafterbe-

schluss reichtnicht aus

ausreichend ist Ver-lustverrechnung im Fall

des Ausscheidens(Abfindungsguthaben bestimmt sich nach

dem Saldo sämtlicher Gesellschafterkonten – „Kapitalkonto und Darlehenskonto ab-

züglich eines eventuell anteiligen Verlust-

vortrags“)

Erfassung von Verlusten auf dem Konto (Verlustbeteili-gung ist mit Begriff eines Fremdkapitalkontos nicht

vereinbar)

Kernbestimmung

Entnahmefähigkeitvon Guthaben

weitere Bedeutsamkeit

Entnahmemöglichkeit von Gewinnanteilenspricht nicht gegen Eigenkapitalcharakter

unbeschränkte Ent-nahmemöglichkeit?

Entnahmebeschrän-kung: tendenziell auf Eigenkapital hindeu-tend gewinnabhängige

Verzinsung steht Ein-ordnung als Eigenka-pital nicht entgegen

gewinnunabhängige Verzinsung spricht für Fremdkapital

Verzinsung

nachrangige Bedeutung

(71) Die FinVerw., vgl. BMF-Schr. IV C 6 ‒ S 2178/09/10001 (DOK 2011/0524044)

v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713, in Abschn. I., folgt diesen Maßgrößen weitge-

hend, indem sie Folgendes vorgibt:

(a) Das Kapitalkonto I wird als Eigenkapitalkonto eingestuft, welches maß-

geblich die Gesellschaftsrechte des Gesellschafters bestimmt. Als maß-

gebliche Gesellschaftsrechte kommen die Gewinnverteilung, die Ausei-

nandersetzungsansprüche sowie Entnahmerechte in Betracht. Die bloße

Gewährung von Stimmrechten stellt keine Gegenleistung i.S. einer Ge-

währung von Gesellschaftsrechten dar, da Stimmrechte allein keine

vermögensmäßige Beteiligung an der Personengesellschaft vermitteln.

(b) Werden weitere variable Gesellschafterkonten geführt, kommt es für

deren rechtliche Einordnung auf die jeweiligen vertraglichen Abreden im

Gesellschaftsvertrag an. Ein wesentliches Indiz für das Vorliegen eines

Eigenkapitalkontos ist die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung, dass

auf dem jeweiligen Konto auch Verluste erfasst werden. Liegt nach dem

Maßstab „Buchung auch von Verlusten“ ein weiteres Kapitalkonto II

vor, stellt die Erfassung einer Gegenleistung auf diesem Konto aus Sicht

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der FinVerw. einen Vorgang dar, der mit der Gewährung von Gesell-

schaftsrechten verbunden ist, da die FinVerw. davon ausgeht, auch bei

Aufgliederung des Kapitalkontos eines Gesellschafters in mehrere Un-

terkonten bleibe es gleichwohl ein einheitliches Kapitalkonto.

Gestaltungshinweis: Nicht durch die FinVerw. wird die Frage der Bedeu-

tung der Regelung der Entnehmbarkeit problematisiert. Diese kann im

Hinblick auf den obersten Maßstab der Verlusterfassung nach meinem

Dafürhalten nicht bestimmend sein. Problematisch hinsichtlich der Ein-

ordnung eines Kapitalkontos als Eigenkapitalkonto kann gleichviel eine

freie Entnehmbarkeit sein. Hinzu tritt der Aspekt, dass bei der Erfassung

der Gegenleistung auf einem variablen Kapitalkonto eine alsbaldige

Entnahme des Betrages den Einwand des gestaltungsmissbräuchlichen

Handelns etwaig in Ausformung des steuerschädlichen Gesamtplans

hervorrufen könnte. ‒ Der BFH hat mehrfach entschieden, dass es für

die Einordnung eines Gesellschafterdarlehenskontos nicht auf die

Fremdüblichkeit (z.B. fortlaufende Tilgung oder Verzinsung) ankomme,

vgl. z.B. BFH-Urt. IV R 66/05 v. 24.1.2008, BFH/NV 2008, 1302.

(72) Als gesamthänderisch gebundenes Rücklagenkonto erkennt die FinVerw., vgl.

Abschn. II. 2 Buchst. b des BMF-Schr. IV C 6 ‒ S 2178/09/10001 (DOK

2011/0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713, nach wie vor nur ein solches

Konto an, das sich im Falle der Auseinandersetzung entsprechend der Beteili-

gung der Gesellschafter dem Grunde nach auf die Gesellschafter verteilt. Da-

mit werden personifiziert geführte gesamthänderisch gebundene Rücklagen-

konten nicht anerkannt. Vielmehr wird die FinVerw. im Falle der persönlichen

Zuordnung eines Rücklagenkontos ‒ und sei es nur mit Bezug auf die Liquida-

tion der Gesellschaft oder die Veräußerung eines eingelegten Wirtschaftsgutes

‒ von einem Gesellschafter-Fremdkapitalkonto ausgehen, weil es insoweit,

wie im vorausgehenden Gestaltungshinweis hervorgehoben, nicht auf die

Fremdüblichkeit ankommt, vgl. dazu BFH-Urt. IV R 66/05 v. 34.1.2008, BFH/NV

2008, 1301.

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3. Aktivische Gesellschafterkonten

(73) Bei einem durch Entnahmen entstandenen aktivischen Gesellschafterkonto ist

sowohl steuerrechtlich als auch gesellschaftsrechtlich relevant, ob es sich in-

soweit um eine Forderung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter oder –

wie bei einem durch die Buchung von laufenden Verlusten entstandenen ne-

gativen Kapitalkonto – um die schlichte Fortschreibung der um die Entnahmen

geminderten Einlage handelt, die keine fällige oder betagte Forderung der Ge-

sellschaft gegen den Gesellschafter abbildet.

(74) Gesellschaftsrechtlich besteht Einigkeit darüber, dass ein aktivisches Gesell-

schafterkonto (gleichgültig ob mit Eigenkapital- oder Fremdkapitalcharakter),

das durch unzulässige Entnahmen entsteht, eine fällige Forderung der Gesell-

schaft gegen den Gesellschafter abbildet, vgl. z.B. v. Falkenhaus/Schneider, in:

Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, 3. Aufl. 2009, § 22

Rz. 78; Wagner, DStR 2008, 567.

(75) Hingegen ist bei der Beurteilung einer gesellschaftsrechtlich zulässigen Ent-

nahme unklar, ob es sich hierbei um einen (zunächst) als Entnahme zu qualifi-

zierenden Vorschuss auf künftige Gewinne handelt, der erst dann zu einer

Forderung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter erstarkt, wenn bei Aus-

scheiden des Gesellschafters oder bei Auflösung der Gesellschaft der Vor-

schuss nicht durch seither angefallene Gewinne abgedeckt worden ist, vgl.

Huber, ZGR 1988, 41, 59, 76 f.; ebenso Wagner, DStR 2008, 565, oder ob es

sich hierbei stets um eine Forderung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter

handelt, vgl. v. Falkenhaus/Schneider, in: Münchener Handbuch des Gesell-

schaftsrechts, Bd. 2, 3. Aufl. 2009, § 22 Rz. 78. Der BGH hat im Fall einer Anle-

ger-Fonds-Kommanditgesellschaft (Publikumsgesellschaft) mit Urt. II ZR 73/11

v. 12.3.2013, DStR 2013, 1295, entschieden, dass das nach Maßgabe des Ge-

sellschaftsvertrages durch zulässige Entnahmen entstandene aktivische Ge-

sellschafterkonto zivilrechtlich nur dann eine Forderung der Gesellschaft ge-

gen den Gesellschafter darstellt, wenn sich die Rückzahlungsverpflichtung des

Kommanditisten eindeutig aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt. Es darf be-

zweifelt werden, dass die Aussagen des BGH auf mittelständisch geprägte Per-

sonengesellschaften unmittelbar übertragbar sind, da in dem vom BGH ent-

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schiedenen Streitfall bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrages „Anleger-

schutzgesichtspunkte“ eine erhebliche Rolle gespielt haben, vgl. Priester, DStR

2013, 1786, 1789.

Anmerkung: Gesellschaftsrechtlich relevant ist die Unterscheidung u.a. für die

Frage, ob der Gesellschaft gegen den Gesellschafter ein Zahlungsanspruch zu-

steht bzw. es wegen der Qualifikation des Vorgangs als Entnahme im Außen-

verhältnis zum Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten gem. § 172

Abs. 4 Satz 1 HGB kommt bzw. die Entnahmesperre des § 169 Abs. 1 Satz 2,

2. Halbs., 1. Fall HGB (einhergehend mit einem Wiederaufleben der Außenhaf-

tung gem. § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB) bei durch Entnahmen bewirkten negativen

Kapitalkonten eingreift, str. vgl. Grunewald, in: Münchener Kommentar, HGB,

3. Aufl. 2012, § 169 Rz. 4. Der BGH hat im Urt. II ZR 73/11 v. 12.3.2013, DStR

2013, 1295, klargestellt, dass auch bei einem fehlenden Rückzahlungsanspruch

der Gesellschaft gegen den Kommanditisten im Außenverhältnis durch eine

„Überziehung“ eines Gesellschafterkontos eine Außenhaftung ausgelöst wer-

den kann, da der (fehlende) Rückzahlungsanspruch allein das Innenverhältnis,

und nicht das Außenhaftungsregime der §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1 HGB be-

trifft.

(76) Für die gesellschaftsrechtliche Abgrenzung einer zulässigen von einer unzuläs-

sigen Entnahme sind – entgegen dem im BFH-Urt. IV R 98/06 v. 16.10.2008,

BStBl. 2009 II, 272, erweckten Eindruck – nicht nur gesellschaftsvertraglich

vereinbarte (Liquiditäts-)Entnahmen „zulässige Entnahmen“. Auch durch einen

Gesellschafterbeschluss legitimierte Entnahmen sind gesellschaftsrechtlich

zweifelsohne zulässig. Der Gesellschafterversammlung steht es frei, entweder

den Gesellschaftsvertrag (auch konkludent) zu ändern, oder einen „vertrags-

durchbrechenden“ Gesellschafterbeschluss zu fassen, wobei ohne eine abwei-

chende Regelung im Gesellschaftsvertrag ein einstimmiger Gesellschafterbe-

schluss erforderlich ist, vgl. Huber, ZGR 1988, 77; ebenso Ley, DStR 2009, 617.

Wird indes die Liquiditätsentnahme durchgeführt, obgleich es an dem erfor-

derlichen einstimmigen Gesellschafterbeschluss mangelt, handelt es sich ge-

sellschaftsrechtlich um einen Fall einer „unzulässigen“ Entnahme, bei der der

Gesellschaft gegen den Gesellschafter eine entsprechende Forderung zusteht.

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(77) Der BFH qualifiziert ein aktivisches Gesellschafterkonto als Forderung oder

Entnahme für steuerrechtliche Zwecke deutlich „kleinteiliger“. Die Abgrenzung

ist nicht nur für Zwecke des § 15a EStG von erheblicher praktischer Bedeu-

tung, sondern berührt insbesondere auch den Anwendungsbereich des § 4

Abs. 4a EStG, des § 34a EStG sowie des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG. Zunächst diffe-

renziert der BFH danach, ob es sich bei dem zu qualifizierenden negativen Ge-

sellschafterkonto im passivischen Zustand um materielles Eigenkapital handelt

oder um Fremdkapital; s. zur Abgrenzung Strahl, Kösdi 2009, 16531.

(78) Bei einem (im passivischen Zustand) als materielles Eigenkapital zu qualifizie-

renden Gesellschafterkonto bleibt diese Qualifikation im aktivischen Zustand

bestehen; es handelt sich insoweit um einen negativen Kapitalausweis (Ent-

nahme), unabhängig davon, ob die Gesellschafterkonten in einem Zwei-

Konten-Modell oder im Drei- und Vier-Konten-Modell aufgebaut sind, vgl.

BFH-Urt. IV R 98/06 v. 16.10.2008, BStBl. 2009 II, 272.

(79) Handelt es sich im passivischen Zustand um materielles Fremdkapital, knüpft

der BFH an das Gesellschaftsrecht an und kommt zu dem Ergebnis, dass der

aktivische Bestand des Kontos eine Forderung der Gesellschaft gegen den Ge-

sellschafter ausweist, wenn das aktivische Konto infolge von gesellschaftsver-

traglich nicht vorgesehenen Auszahlungen negativ geworden ist („unzulässige

Entnahmen“). Unzulässige Entnahmen in diesem Sinne sollen nach (sich vom

Gesellschaftsrecht lösender) Auffassung der FinVerw. (und ggf. des BFH?) auch

dann anzunehmen sein, wenn diesen zwar ein besonderer Gesellschafterbe-

schluss zugrunde liegt, durch den aber bestehende gesellschaftsvertragliche

Entnahmeregelungen nicht erweitert werden sollten, vgl. OFD Rheinl., Vfg.

S 2241a A-1020-St 113 v. 4.12.2009, juris.

(80) Ob ein durch „zulässige“ Entnahmen bewirktes aktivisches Gesellschafterdar-

lehenskonto eine Forderung oder eine Entnahme abbildet, hat der BFH bisher

nicht entschieden, s. aber der BGH zu einer Anleger-Fonds-Kommanditge-

sellschaft. Der entnahmebedingte aktivische Bestand des Gesellschafterkontos

bildet m.E. in der Handelsbilanz/Steuerbilanz keine Forderung ab, wenn nach

dem Willen der Gesellschafter keine Rückzahlungsverpflichtung besteht,

sondern ein Ausgleich durch künftige stehen gelassene Gewinne erfolgen soll,

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was wiederum durch die Buchung auf einem Kapitalkonto anstelle eines For-

derungskontos indiziert ist, s. ebenso Ley, DStR 2009, 617.

Anmerkung: Mit Urt. 2 K 171/11 v. 10.10.2012 hat das FG Hamburg bei einem

durch zulässige Entnahmen aktivisch gewordenen Darlehenskonto entschie-

den, dass der schuldrechtliche Charakter des Gesellschafterkontos auch im ak-

tivischen Zustand erhalten bleibt. Gegen dieses Urteil ist unter dem Az. IV R

41/12 Revision beim BFH anhängig.

II. Vermeidung der Realisation stiller Reserven

(81) Wie eingangs angesprochen, ist die Kapitalkontenstruktur insbesondere für

Einbringungsvorgänge in die Mitunternehmerschaft bedeutsam. Werden ein-

zelne Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens eingebracht, setzt die Anwen-

dung von § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1, 2 EStG die Gewährung von Gesellschaftsrech-

ten und/oder die Gutschrift auf einem gesamthänderisch gebundenen Rückla-

genkonto voraus. Rechnen die zu übertragenden Wirtschaftsgüter zum Privat-

vermögen, ergibt sich je nach Gestaltungsziel eine andere Ausgangslage.

Mit dem Transfer zum Privatvermögen gehörender Wirtschaftsgüter in das be-

triebliche Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft können näm-

lich ganz verschiedene Gestaltungsziele verbunden sein, u.a.:

(a) Die Generierung einer AfA-Bemessungsgrundlage in Höhe des Ver-

kehrswerts des transferierten Wirtschaftsguts (§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG hat

für Einbringungsvorgänge in eine Mitunternehmerschaft keine Bedeu-

tung), vgl. BFH-Urt. IV R 37/06 v. 24.1.2008, BStBl. 2011 II, 617; IV R

66/05 v. 24.1.2008, BFH/NV 2008, 1301.

(b) Die Bindung von Familienvermögen in einem gesamthänderischen Ver-

bund, um dergestalt die begünstigten Familienangehörigen – u.U. unter

Ausnutzung etwaiger einkommensteuerrechtlicher Progressionsvorbe-

halte – an den Erträgen partizipieren zu lassen, zugleich aber durch die

gesamthänderische Bindung unter beherrschender Gesellschafterstel-

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lung der Elterngeneration den Erhalt des Familienvermögens sicherzu-

stellen.

(c) Die Vornahme einer (Sach-)Einlage zur Vermeidung nur verrechenbarer

Verluste i.S. des § 15a Abs. 2 EStG durch die Zuführung von Kapital vor

dem Ende des Wirtschaftsjahres der betroffenen Mitunternehmer-

schaft.

(d) Die Generierung nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG begünstigten Vermö-

gens, wobei die Begrenzung des Anteils an Verwaltungsvermögen auf

50 % des Gesellschaftsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG (bei

beabsichtigter Wahl der vollständigen Verschonung nach § 13a Abs. 8

ErbStG beträgt der maßgebliche Prozentsatz 10 %) und der Ausschluss

sog. jungen Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG zu

beachten sind.

(e) Die Schaffung der Voraussetzungen für eine begünstigte Vermögens-

übertragung gegen Versorgungsleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG.

Hier ist die Ein-Jahresfrist zu berücksichtigen, welche der sog. Vierte

Rentenerlass in Gestalt des BMF-Schr. IV C 3 – S 2221/09/10004 (DOK

2010/0188949) v. 11.3.2010, BStBl. 2010 I, 227, Tz. 23, vorsieht. Danach

wird die Einlage von Anteilen an einer GmbH in das Betriebsvermögen

eines Betriebes, Teilbetriebes oder einer Mitunternehmerschaft im Vor-

feld einer beabsichtigten Übertragung dieses Betriebes oder Mitunter-

nehmeranteils im Wege der Vermögensübergabe gegen Versorgungs-

leistungen als gestaltungsmissbräuchlich angesehen. Die das transferier-

te Wirtschaftsgut aufnehmende Mitunternehmerschaft muss zudem

originär gewerblich tätig sein; eine gewerbliche Prägung i.S. des § 15

Abs. 3 Nr. 2 EStG reicht nicht aus.

(f) Für die Gestaltungspraxis sind die Grundsätze des BMF-Schr.

v. 11.7.2011 von besonderer praktischer Relevanz, wenn Anteile i.S. des

§ 17 EStG zur Implementierung einer ertragsteuerrechtlichen Organ-

schaft mit dem Ziel der Herstellung einer finanziellen Eingliederung

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übertragen werden. In diesen Fällen können die Anteile nicht einge-

bracht, sondern nur eingelegt werden, um eine Realisation der stillen

Reserven zu vermeiden. Zu beachten ist allerdings, dass für die Etablie-

rung der Mitunternehmerschaft als Organträgerin eine gewerbliche Prä-

gung nicht ausreicht, sondern die Personengesellschaft (ab dem VZ

2003) gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG eine originäre gewerbli-

che Tätigkeit entfalten muss, vgl. Neumann, in: Gosch, KStG, 2. Aufl.

2009, § 14 Rz. 80.

(g) Zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung i.S. des § 6 AStG kann eben-

falls erwogen werden, Anteile i.S. des § 12 EStG in eine gewerblich ge-

prägte Personengesellschaft einzulegen. Es sollte aber zusätzlich sicher-

gestellt sein, dass die Personengesellschaft in Deutschland über eine Be-

triebsstätte verfügt, der die Beteiligung funktional zugeordnet werden

kann. Im Regelfall dürfte die Einlage in eine lediglich gewerblich gepräg-

te Personengesellschaft problematisch sein, da diese abkommensrecht-

lich eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausüben soll, vgl. Wacker, in:

L. Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 15 Rz. 231, so dass das Eingreifen des

Betriebsstättenprinzips zweifelhaft sein kann.

(h) Die steuerwirksame Generierung eines tatsächlich entstandenen Ver-

lusts – etwa aus einer Beteiligung i.S. des § 17 EStG –, ohne das Wirt-

schaftsgut auf einen (fremden) Dritten zu übertragen. Darin liegt kein

Gestaltungsmissbrauch nach Maßgabe des § 42 AO, vgl. BFH-Urt. IX R

40/09 v. 7.12.2010, BStBl. 2011 II, 427; IX R 77/06 v. 29.5.2008, BStBl.

2008 II, 789; IX R 60/07 v. 25.8.2009, BStBl. 2009 II, 999; Urt. FG des

Saarlandes 2 K 1179/04 v. 17.6.2008, EFG 2008, 1803 (rkr.); ausführlich

mit weiteren Gestaltungshinweisen Demuth, in: Gestaltende Steuerbe-

ratungspraxis – Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Um-

wandlungen, Betriebsaufspaltung, Gewinnermittlung – (KSp 9), 2011,

Tz. A/41.

(82) Gestaltungsvoraussetzung ist dabei – abgesehen von den Fällen der gewollten

Verlustrealisation (s. dazu vorstehend Buchst. h) – die ertragsteuerrechtliche

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Neutralität des Transfervorgangs aus dem Privatvermögen in das Betriebs-

vermögen. Im Rahmen der Gestaltungsberatung ist zudem zu berücksichtigen,

dass ein steuerlich nicht verhaftetes Wirtschaftsgut des Privatvermögens

durch den Transfervorgang dauerhaft steuerlich verstrickt wird.

(83) Der Transfer von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in das betriebliche

Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft kann sich ertragsteuer-

rechtlich als Einbringungsvorgang (zum Verkehrswert) oder als Einlagevor-

gang i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG vollziehen, der gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG

zu bewerten ist.

(84) Die FinVerw. hat ihre Sichtweise zur Abgrenzung der Einbringung von der Ein-

lage von Privatvermögen durch Gesellschafter einer Mitunternehmerschaft

unter Berücksichtigung der jüngeren Rspr. des BFH in einem neuen BMF-Schr.

IV C 6 – S 2178/09/10001 (DOK 2011/0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I,

713, zusammengefasst, das an die Stelle des BMF-Schr. IV B 2 – S 2178 – 2/04

v. 26.11.2004, BStBl. 2004 I, 1190, tritt. Daraus ergibt sich:

(a) Eine Einbringung liegt vor, wenn der Gegenwert des eingebrachten

Wirtschaftsgutes auf einem handels- und gesellschaftsrechtlichen Kapi-

talkonto gutgeschrieben wird, das Gesellschaftsrechte repräsentiert. In

diesem Fall erfolgt die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschafts-

rechten und stellt somit einen tauschähnlichen Vorgang dar, der aus

Sicht des Einbringenden als Veräußerungsvorgang und aus Sicht der

übernehmenden Personengesellschaft als Anschaffungsvorgang zu qua-

lifizieren ist. Dabei ist gleichgültig, ob sich die Kapitalkontenstruktur

nach dem Regelstatut des HGB richtet, oder – wie im Regelfall – hiervon

abweicht.

(b) Eine Einlage setzt demgegenüber voraus, dass dem Einbringenden

überhaupt keine Gesellschaftsrechte gewährt werden und demzufolge

die Übertragung des Wirtschaftsgutes ausschließlich auf einem gesamt-

händerisch gebundenen Rücklagenkonto oder als Ertrag gebucht wird.

Nach Auffassung der FinVerw. ist kennzeichnend, dass in beiden Fällen

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der übertragende Gesellschafter keine individuelle Rechtsposition er-

langt, die ausschließlich ihn bereichert, vgl. BMF-Schr. IV C 6 – S

2178/09/10001 (DOK 2011/0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713,

Abschn. II Ziff. 2 Buchst. b. Die aus der Betriebsvermögenszuführung

entstehende reflexartige Wertsteigerung der Gesellschaftsbeteiligung

stellt keine der Annahme einer Einlage entgegenstehende Gegenleistung

dar.

(85) Die Qualifikation des Einbringungsvorgangs als Veräußerungsgeschäft hat zur

Folge, dass es hierdurch zu einer Aufdeckung von stillen Reserven kommen

kann, weil z.B. der Tatbestand des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 20 Abs. 2 EStG

oder § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht wird. Ebenso löst eine Einbrin-

gung von sperrfristbehafteten Kapitalgesellschaftsanteilen in das gesamthän-

derisch gebundene Vermögen einer Personengesellschaft als Veräußerungs-

vorgang innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist den sog. Einbringungsgewinn I

i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG aus. Zudem kann die Einbringung eines

Grundstücks in das gesamthänderisch gebundene Betriebsvermögen einer

Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten als Grund-

stücksveräußerung i.S. des gewerblichen Grundstückshandels zu werten sein,

vgl. Urt. FG Hamburg 2 K 158/08 v. 27.5.2009 (rkr.), EFG 2009, 1934.

(86) Die FinVerw., vgl. BMF-Schr. IV C 6 − S 2178/09/10001 (DOK 2011/0524044)

v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713, Abschn. II Ziff. 2 Buchst. b, erkennt weiterhin

die Möglichkeit an, ohne Gegenleistung ein Wirtschaftsgut im Wege einer

nach § 4 Abs. 1 Satz 8 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu bewertenden verdeckten

Einlage in das gesamthänderische Betriebsvermögen einer Personengesell-

schaft zu übertragen. Eine verdeckte Einlage setzt voraus, dass dem Einbrin-

genden überhaupt keine Gesellschaftsrechte gewährt werden und demzufolge

die Übertragung des Wirtschaftsgutes ausschließlich auf einem gesamthände-

risch gebundenen Rücklagenkonto oder als Ertrag gebucht wird. Nach Auffas-

sung der FinVerw. ist kennzeichnend, dass in beiden Fällen der übertragende

Gesellschafter keine individuelle Rechtsposition erlangt, die ausschließlich ihn

bereichert. Die aus der Betriebsvermögenszuführung entstehende reflexartige

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Wertsteigerung der Gesellschaftsbeteiligung stellt keine der Annahme einer

Einlage entgegenstehende Gegenleistung dar.

(87) Es ist zu beachten, dass nicht jedes (Rücklagen-)Konto, das einer gesamthän-

derischen Bindung unterliegt, ein gesamthänderisch gebundenes Rücklagen-

konto i.S. der Verwaltungsauffassung darstellt. Nicht die gewählte Bezeich-

nung des Kontos, sondern die nach dem Gesellschaftsvertrag bestimmte Aus-

gestaltung des Rücklagenkontos ist entscheidend: Nach Auffassung der Fin-

Verw. setzt ein gesamthänderisch gebundenes Rücklagenkonto voraus, dass

dieses Konto nicht personalistisch geführt wird, d.h. der Bestand des Kontos

den einzelnen Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligung am Gesamt-

handsvermögen zuzurechnen ist, vgl. BMF-Schr. v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I,

713, Abschn. II Ziff. 2 Buchst. b, wo es wörtlich heißt:

„Bei der ausschließlichen Buchung auf einem gesamthänderisch

gebundenen Rücklagenkonto erlangt der übertragende Gesell-

schafter nämlich anders als bei der Buchung auf einem Kapitalkon-

to keine individuelle Rechtsposition, die ausschließlich ihn berei-

chert. Bei der Buchung auf einem gesamthänderisch gebundenen

Kapitalrücklagenkonto wird vielmehr der Auseinandersetzungsan-

spruch aller Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligung dem

Grunde nach gleichmäßig erhöht.“ (Hervorhebungen im Original

nicht enthalten.)

(88) Sind mehrere Gesellschafter am Vermögen der Personengesellschaften betei-

ligt, besteht das Problem, dass unter Beachtung der Rechtsauffassung der Fin-

Verw. eine Buchung auf dem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto

zwangsläufig zu einer interpersonellen Vermögensverschiebung führt, sofern

die übrigen Gesellschafter keine ihren Beteiligungsquoten entsprechende Zu-

führungen zum gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto vornehmen.

Bei Familienpersonengesellschaften ist daher zu beachten, dass durch eine

Gutschrift auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto ein

schenkungsteuerbarer Tatbestand verwirklicht wird. Sind an der Personenge-

sellschaft fremde Dritte beteiligt, dürfte aus den vorgenannten Gründen eine

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Einlage in der Praxis regelmäßig nicht in Betracht kommen, da eine interper-

sonelle Vermögensverschiebung von dem übertragenden Gesellschafter im

Regelfall nicht gewollt ist.

(89) Nach wie vor ist unklar, ob es schädlich für die Qualifikation als unentgeltliche

Einlage ist, die Bildung einer nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüs-

sel sämtlichen Gesellschaftern zuzurechnenden gesamthänderisch gebunde-

nen Rücklage im Innenverhältnis unter die (auflösende oder aufschiebende)

Bedingung zu stellen, dass diese im Fall der Auflösung oder des Ausscheidens

des übertragenden Gesellschafters allein diesem zusteht und eine entspre-

chende Regelung bezüglich der stillen Reserven getroffen wird, vgl. Korn, in:

Carlé/Korn/Stahl/Strahl, Personengesellschaften, 2006, Rz. F/18. Bis zum Be-

dingungseintritt erhält der übertragende Gesellschafter keine individuelle

Rechtsposition, so dass es m.E. ertragsteuerrechtlich bei einem unentgeltli-

chen Einlagevorgang bleibt.

Es stellt sich aber einerseits die Frage, ob der Eintritt der vereinbarten Bedin-

gung ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO darstellt, vgl.

hierzu Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 175 AO Rz. 34 (Mai 2009), und somit

nachträglich der unentgeltliche Einlagevorgang in einen entgeltlichen Einbrin-

gungsvorgang umqualifiziert werden kann. Die Verzinsung nach § 233a AO

spielt in diesem Zusammenhang regelmäßig keine oder lediglich eine unterge-

ordnete Rolle, da der Zinslauf gem. § 233a Abs. 2a AO erst fünfzehn Monate

nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten

ist, beginnt. Andererseits ist nicht ausgeschlossen, dass die FinVerw. in einem

solchen Fall von einer Darlehensabrede zwischen Gesellschaften ausgeht, was

zur Entgeltlichkeit des Einlagevorgangs führte. Der – nicht eingehaltene –

Fremdvergleichsmaßstab dürfte insoweit unbeachtlich sein, vgl. BFH-Urt. IV R

66/05 v. 24.1.2008, BFH/NV 2008, 1301.

Wegen der bestehenden rechtlichen Unsicherheiten ist die Einholung einer

verbindlichen Auskunft ratsam.

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Anmerkung: Ob in diesem Fall eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1

Nr. 1 ErbStG vorliegt, ist zweifelhaft, da es an einer endgültigen Entreicherung

des übertragenden Gesellschafters mangelt.

(90) Bei Buchung einer verdeckten Einlage als handelsrechtlicher Ertrag ist Vor-

sicht geboten. Maßgeblich für die steuerrechtliche Beurteilung als (unentgelt-

liche) Einlage dürfte sein, was mit dem im Gewinn enthaltenen – durch die

„Einlage“ generierten – Ertrag in der Folge geschieht: Wird der Gewinn der

Pflichteinlage gem. § 167 Abs. 2 HGB gutgebracht oder dient der Gewinn dem

Ausgleich eines Verlustvortragskontos bzw. der Auffüllung der durch Verluste

geminderten Pflichteinlage gem. § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB, steht dies der Quali-

fikation des Vorgangs als Einlage nicht entgegen. Anders verhält es sich mög-

licherweise, wenn der anteilige (aus der Einlage resultierende) Gewinn ganz

oder teilweise dem/den Gesellschafter-Verrechnungskonto bzw. Gesellschaf-

ter-Verrechnungskonten gutgebracht wird und entnommen werden kann.

Trotz des BMF-Schr. v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713, besteht das Risiko, dass

der Vorgang so zu behandeln ist, als ob der Zugang des Wirtschaftsgutes direkt

gegen ein (als Fremdkapital zu qualifizierendes) Gesellschafter-Verrechnungs-

konto gebucht worden wäre, so dass ein (teil-)entgeltlicher Vorgang vorliegt.

Beraterhinweis: Wird rechtzeitig ein Gesellschafterbeschluss gefasst, dass der

aus der Übertragung des Wirtschaftsguts resultierende Gewinn nicht ent-

nommen werden kann, dürfte dies für die Qualifikation als (verdeckte) Einlage

ausreichen.

(91) Wird die Einbringung teilweise einem Gesellschaftsrechte vermittelndes Kapi-

talkonto (z.B. Kapitalkonto I und/oder II) und teilweise dem gesamthänderisch

gebundenen Rücklagenkonto gutgebracht, liegt ein sog. Mischfall vor. Erfolgt

die Übertragung des Wirtschaftsguts zum gemeinen Wert, liegt trotz der Ge-

genbuchung auf unterschiedlichen Gesellschafterkonten in vollem Umfang ein

entgeltlicher Übertragungsvorgang vor; eine Aufteilung der Übertragung in ei-

nen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil ist in diesen Fällen nicht vor-

zunehmen, vgl. BFH-Urt. IV R 37/06 v. 24.1.2008, BStBl. 2011 II, 617; I R 77/06

v. 17.7.2008, BStBl. 2009 II, 464.

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Anmerkung: In Abweichung zum BMF-Schr. v. 26.11.2004, BStBl. 2004 I, 1190,

ist in sog. Mischfällen keine Aufteilung in einen entgeltlichen und einen un-

entgeltlichen Vorgang vorzunehmen. Die FinVerw. hat bereits mit BMF-Schr.

v. 20.5.2009, BStBl. 2009 I, 671, klargestellt, dass sie an ihrer bisherigen

Rechtsauffassung nicht länger festhält. Die Änderung der Verwaltungsauffas-

sung stellt eine Reaktion auf die BFH-Urt. IV R 37/06 v. 24.1.2008, BStBl. 2011

II, 617, und I R 77/06 v. 17.7.2008, BStBl. 2009 II, 464, dar, die einen solchen

Mischfall insgesamt als entgeltlichen Einbringungsvorgang qualifiziert haben.

(92) Damit ergibt sich die folgende Differenzierung zwischen einer vollentgeltli-

chen Einbringung und einer unentgeltlichen Einlage:

(Vollentgeltliche) Einbringung

Übernahmegegen

Barentgelt

Übernahmevon Verbind-

lichkeiten

Einräumungeines Darle-

hensanspruchsan Gesellschaf-

ter

Gewährung von Ge-sellschaftsrechten

Gutschrift auf dem gesamt-händerisch

gebundenen Rücklagenkonto

BFH

nicht, wenn diese Teil eines einheit-lichen Erwerbs-

vorgangs ist

einschließlich Gut-schrift auf sämtli-chen Kapitalunter-konten (auch ge-samthänderisch

gebundenes Rücklagenkonto)

keine Aufteilung eines (einheitlichen)

Erwerbsvorgangs

(Unentgeltliche) Einlage

auf Antrag kann für Übertragungsvor-gänge bis zum 30.6.2009 die bisherige

Auffassung weiter angewendet werden (Aufteilung des Erwerbsvorgangs –Gutschrift auf gesamthänderisch

gebundenem Rücklagenkonto unentgeltlich)

so auch FinVerw.(BMF-Schr. v. 11.7.2011)

(93) Die vorstehenden Grundsätze zur Abgrenzung der Einbringung von der Einlage

von Einzelwirtschaftsgütern des Privatvermögens in das gesamthänderische

Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gelten auch bei fehlendem Inte-

ressengegensatz auf der Gesellschafterebene (z.B. bei der Einlage in eine „Ein-

Personen-GmbH & Co. KG“). Die FÄ sind angewiesen, in einem solchen Fall ein

besonderes Augenmerk auf einen möglichen Gestaltungsmissbrauch i.S. des

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§ 42 AO zu richten, indem z.B. zur Vermeidung eines Veräußerungsgewinns im

Privatvermögen zunächst das Rücklagenkonto angesprochen wird und später

die Umbuchung auf ein gesellschaftsvertragliches Kapitalkonto oder schuld-

rechtliches Darlehenskonto erfolgt, vgl. BMF-Schr. IV C 6 – S 2178/09/10001

(DOK 2011/0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713, Abschn. II Ziff. 2

Buchst. c.

(94) Wird ausdrücklich ein den gemeinen Wert unterschreitender Wertansatz ver-

einbart (z.B. in Zuwendungsabsicht), handelt es sich um einen teilentgeltli-

chen Übertragungsvorgang, bei dem der überschießende Wertanteil als un-

entgeltliche verdeckte Einlage qualifiziert wird, so dass ein nach der sog. Tren-

nungstheorie zu behandelnder teilentgeltlicher Vorgang vorliegt. Wörtlich

heißt es in Abschn. II Ziff. 2 Buchst. d des BMF-Schr. IV C 6 ‒ S 2178/09/10001

(DOK 2011/0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713:

„Wird im Falle einer Übertragung eines Einzelwirtschaftsguts aus-

drücklich ein den gemeinen Wert unterschreitender Wertansatz

vereinbart (z.B. wegen einer Zuwendungsabsicht), ist der über-

schießende Wertanteil als verdeckte Einlage zu qualifizieren, vgl.

hierzu auch Ziffer I.4 der Entscheidungsgründe des BFH-Urteils

vom 17. Juli 2008 – I R 77/06 – (BStBl 2009 II S. 464). Sofern die

Übertragung im Übrigen als entgeltliche Übertragung zu beurtei-

len ist, ist der Vorgang in einen entgeltlichen und einen unentgelt-

lichen Anteil aufzuteilen (sog. ‚Trennungstheorie‘).“

(95) Sollte es die FinVerw. ernst damit meinen, dass lediglich in Fällen, in denen

„ausdrücklich“ ein den gemeinen Wert unterschreitender Wertansatz gewählt

wird, die Trennungstheorie zum Ansatz kommen soll, dürfte die praktische Re-

levanz der Verwaltungsauffassung gering sein. In Betracht dürften lediglich

Übertragungsvorgänge in Familienpersonengesellschaften kommen, da wohl

nur dort eine absichtliche Übertragung unterhalb des gemeinen Wertes in der

Praxis vorzufinden ist. Ist das Wirtschaftsgut nicht steuerverstrickt (z.B. eine

vermietete Immobilie außerhalb der Zehnjahresfrist), wird der übertragende

Gesellschafter zur Schaffung eines möglichst großen AfA-Volumens eher einen

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zu hohen als einen zu niedrigen Ansatz wählen. Werden hingegen steuerver-

strickte Wirtschaftsgüter übertragen, lässt sich das Risiko einer teilweisen Auf-

deckung der stillen Reserven nach Maßgabe der Trennungstheorie wegen ei-

nes zu niedrigen Wertansatzes dadurch verhindern, dass das Wirtschaftsgut

ausschließlich gegen das gesamthänderische Rücklagenkonto gebucht wird.

Eine praktische Relevanz der Verwaltungsanweisung verbliebe somit wohl nur

dann, wenn sie – entgegen ihrem Wortlaut – auch im Fall der versehentlichen

Unterschreitungen des gemeinen Wertes bei Gutschrift z.B. auf einem perso-

nalistisch geführten gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto Geltung

beansprucht.

(96) Wenn alle Betroffenen dies beantragen, wird bei Übertragungsvorgängen bis

zum 30.6.2009 nach der bisherigen Verwaltungsauffassung im Fall der partiel-

len Gutschrift auf Gesellschafterkapitalkonto und unentgeltlicher Gutschrift

auf gesamthänderisch gebundenem Rücklagenkonto ein teilentgeltliches Ge-

schäft angenommen. Diese Übergangsregelung kann in der Abwehrberatung

bedeutsam sein, wenn es versehentlich zu einer Aufdeckung von stillen Reser-

ven gekommen ist. Durch die Berufung auf die bisherige Verwaltungspraxis

kann ggf. der Steuerschaden verringert werden.

III. Generierung neuen AfA-Potentials – Gestaltungsinstrument „gewerblich geprägte

Personengesellschaft“

(97) Gestaltungsinstrument gewerblich geprägte Personengesellschaft: Das Ge-

sellschafterkontenverständnis der FinVerw. bietet die Möglichkeit, einen

Übertragungsvorgang von Privatvermögen in das betriebliche Gesamthands-

vermögen einer Personengesellschaft wahlweise als Veräußerungsvorgang

oder als unentgeltlichen Einlagevorgang zu gestalten. Im Zusammenspiel mit

einer gewerblich geprägten Personengesellschaft (im Regelfall eine GmbH &

Co. KG) bietet sich somit die Chance, durch die Einbringung von nicht mehr

steuerverstrickten Vermietungs- und Verpachtungs-Objekten neues AfA-

Volumen zu schaffen, ohne dass der Einbringungsvorgang der Besteuerung

unterläge.

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(98) Der BFH hat in mehreren Urteilen entschieden, dass bei Einbringung in eine

Personengesellschaft von einer Vollentgeltlichkeit des Einbringungsvorgangs

auch dann auszugehen sei, wenn der Gegenwert der eingebrachten Wirt-

schaftsgüter des Privatvermögens neben der Gewährung von Gesellschafts-

rechten auch im Rahmen des Kapitalkontos II oder der gesamthänderisch ge-

bundenen Rücklage ausgewiesen wird.

(99) Den Entscheidungen lagen die folgenden Sachverhalte zugrunde:

(a) Urteil des BFH IV R 37/06 v. 24.1.2008, BStBl. 2011 II, 617:

Im Jahr 2000 wurde eine gewerblich geprägte Personengesellschaft ge-

gründet. An dieser waren zwei Kommanditisten mit einer Kommandit-

einlage von jeweils 50.000 € beteiligt, die sie durch die Übertragung von

insgesamt drei geerbten und bis dahin im Privatvermögen gehaltenen

Grundstücken erbringen sollten. Der Gesellschaftsvertrag enthielt dazu

die folgenden Regelungen:

Auf dem Einlagekonto (Kapitalkonto I) wird die Einlage des Kom-

manditisten gebucht.

Auf dem Verrechnungskonto (Kapitalkonto II) werden die Ge-

winnanteile und die Entnahmen gebucht.

Ein etwaiger Verlustanteil des Gesellschafters wird dem Verlust-

sonderkonto (Kapitalkonto III) belastet.

Die GmbH & Co. KG wies in ihrer Eröffnungsbilanz die Grundstücke zu

Verkehrswerten in Höhe von rd. 10 Mio. € aus. Unter den Passiva waren

die Kapitalkonten I der Kommanditisten in Höhe von 100.000 € sowie

die Kapitalkonten II in Höhe des Verkehrswertes der Grundstücke aus-

gewiesen.

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Im Nachhinein veränderten die Gesellschafter die Einbringungsvereinba-

rung dahingehend, dass die Kommanditeinlagen im Wege der Sachein-

lage durch Übertragung des Grundbesitzes erbracht werden sollten und

die danach verbleibenden Werte einer gesamthänderisch gebundenen

Kapitalrücklage zuzuführen seien.

Die GmbH & Co. KG beanspruchte die AfA von den auf die Gebäude ent-

fallenden Teilwerten.

Die FinVerw. erkannte demgegenüber nur den Restwert der Gebäude in

Höhe der historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten des Erblas-

sers abzüglich der bei den Überschusseinkünften bereits in Anspruch

genommenen AfA als Bemessungsgrundlage der AfA an.

Der BFH entschied, diese Beurteilung sei unzutreffend. Die Grundstücke

seien im Zuge eines tauschähnlichen Rechtsgeschäftes in die GmbH &

Co. KG eingebracht worden. Aus diesem Grund liege keine Einlage i.S.

von § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG, sondern eine Einbringung vor, die nicht dem

Tatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG unterstehen könne. In graphischer

Hinsicht stellen sich Sachverhalt und Würdigung wie folgt dar:

Gutschrift zu Verkehrswerten auf

Kapitalkonto II(bzw. später im Rahmen der ge-samthänderisch

gebundenen Rücklage)

Grundstückeim steuerlich

nicht verstrick-ten Privatver-

mögen Einbringung

Gewerblich ge-prägte Personen-

gesellschaft

tauschähnliches Geschäft

§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG findet keine Anwendung

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(b) Urteil des BFH IV R 66/05 v. 24.1.2008, BFH/NV 2008, 1301:

Einer bestehenden gewerblich geprägten Familiengesellschaft ist eine

weitere Gesellschafterin beigetreten und hat in diesem Zuge einen

Grundstücksmiteigentumsanteil eingebracht. Dafür wurde der Einbrin-

genden ein fester Kommanditanteil von 1.200 DM gewährt. Den über-

schießenden Wert des Grundstücksmiteigentumsanteils, der rd. 3 Mio.

DM betrug, schrieb die GmbH & Co. KG der Einbringenden als unverzins-

liche und nur bei Ausscheiden aus der Gesellschaft entnehmbare Darle-

hensforderung gut.

Der BFH sah darin einen Teil der Gegenleistung, also keinen weitgehend

unentgeltlichen Erwerb, der eine echte Einlage i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 5

EStG wäre, und stellt dazu klar, bei derartigen Gesellschafterdarlehen sei

für einen Fremdvergleich mit üblichen Darlehensverträgen unter Frem-

den kein Raum.

In graphischer Darstellung ergibt sich folgendes Bild:

Gutschrift:

fester Kommandit-anteil 1.200 DM

unverzinsliche Dar-lehensforderung(erst bei Ausschei-den aus Gesell-schaft entnehmbar) 2.998.000 DM

Grundstücks-miteigentums-

anteilEinbringung

Gewerblich ge-prägte Personen-

gesellschaft

tauschähnliches Geschäft

auch im Hinblick auf Darlehensforderung keine Einlage i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG (kein

Fremdvergleich mit üblichen Darlehensverträgen)

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(100) In beiden Fällen ging der BFH davon aus, dass eine vollentgeltliche Einbrin-

gung erfolgt sei. Zwar war im Streitfall IV R 37/06 unklar, ob das zunächst an-

gesprochene Kapitalkonto II als Eigenkapital- oder Fremdkapitalkonto einzu-

ordnen sei. Diese Frage erstreckte sich im Streitfall IV R 66/05 auf die unver-

zinsliche und erst bei Ausscheiden aus der Gesellschaft entnehmbare Darle-

hensforderung der Gesellschafterin.

(101) Der BFH maß der Einordnung des neben der Gewährung von Gesellschafts-

rechten angesprochenen Kontos als gesellschaftsrechtliches Eigen- oder

Fremdkapital indes keine Bedeutung bei. Selbst die Gutschrift auf einem ge-

samthänderisch gebundenen Rücklagenkonto hätte nach Auffassung des BFH

nicht zu einem anderen Ergebnis geführt, wenn zugleich Gesellschaftsrechte

gewährt worden wären.

(102) Ist nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze eine Einbringung in eine Per-

sonengesellschaft gegeben, steht § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG der Generierung zu-

sätzlicher AfA-Bemessungsgrundlage nicht entgegen. Nach dieser durch das

StEntlG 1999/2000/2002 in Gestalt des damaligen § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG einge-

führten Norm mindern sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei

Wirtschaftsgütern, die nach einer Verwendung zur Erzielung von Einkünften

im Rahmen der Überschusseinkunftsarten in ein Betriebsvermögen „einge-

legt“ worden sind, um Absetzungen für Abnutzungen oder Substanzverringe-

rung, Sonderabschreibung oder erhöhte Absetzungen, die bis zum Zeitpunkt

der Einlage vorgenommen worden sind.

Hinweis: Nach den vorstehend erörterten Entscheidungen des BFH kann die

Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern gegen Gewährung einer Mitunter-

nehmerstellung nicht einer Einlage i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG gleichgestellt

werden. Der Gesetzgeber habe sich mit der Verwendung des Einlagebegriffs

nicht für eine offene Tatbestandsfassung entschieden. Vielmehr habe ihm be-

wusst sein müssen, das nach ständiger Rspr. des BFH sowohl Einbringungsvor-

gänge als auch die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern in ein betriebli-

ches Gesamthandsvermögen gegen sonstige Gegenleistungen nicht dem

Merkmal der Einlage entsprechen und damit auch nicht den Tatbestand des

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§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG zu subsumieren sein können. Dabei komme es nicht da-

rauf an, ob das eingebrachte Wirtschaftsgut vor der Übertragung zu einem Be-

triebsvermögen oder – wie in den Streitfällen, die oben unter Buchst. a und b

wiedergegeben sind – zum (steuerlich nicht verstrickten) Privatvermögen des

Einbringenden gehörte. Im Falle der Übertragung aus einem Betriebsvermö-

gen ist indes § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu beachten.

(103) Die FinVerw. hat sich zwischenzeitlich der Auffassung des BFH angeschlossen

und erkennt Einbringungsgestaltungen zur Schaffung neuen AfA-Volumens

ausdrücklich an, vgl. BMF-Schr. IV C 6 ‒ S 2178/09/10001 (DOK 2011/0524044)

v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713, Abschn. II Ziff. 2 Buchst. a Bsp. 1.

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D. Neues zu § 24 UmwStG

I. Mischentgelt

1. Problematik der Reichweite der Gewährung von Gesellschaftsrechten

(104) Wird eine betriebliche Sachgesamtheit – ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitun-

ternehmeranteil – in eine Personengesellschaft eingebracht, eröffnet sich

nach § 24 Abs. 1 UmwStG für die aufnehmende Mitunternehmerschaft unter

Einhaltung der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen das Wertansatzwahl-

recht, die Einbringung abweichend vom Regelwertansatz des gemeinen Wer-

tes mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert anzusetzen, wenn „der Ein-

bringende Mitunternehmer der Gesellschaft“ wird. Vom gesetzlichen Wort-

laut her ist somit erforderlich, dass die Einbringung gegen die Gewährung von

Gesellschaftsrechten vollzogen wird – in welchem Umfang dies notwendig ist,

lässt sich der Norm nicht entnehmen.

(105) Die FinVerw. postuliert indes, § 24 UmwStG sei nur anwendbar, „soweit der

Einbringende als Gegenleistung für die Einbringung Gesellschaftsrechte er-

wirbt, d.h. soweit er durch die Einbringung die Rechtsstellung eines Mitunter-

nehmers erlangt oder seine bisherige Mitunternehmerstellung erweitert“, vgl.

Randnr. 24.07 des UmwStErlasses in Gestalt des BMF-Schr. IV C 2 – S 1978-

b/08/10001 v. 11.11.2011, BStBl. 2011 I, 1314. Damit wird die konditionale

Verknüpfung in § 24 Abs. 1 UmwStG restriktiv eingeschränkt: Nicht bereits

wenn der Einbringende Mitunternehmer wird, soll § 24 Abs. 1 UmwStG ein-

schlägig sein, sondern ausschließlich, soweit er Gesellschaftsrechte erlangt.

Hinweis: Werden zusätzliche Gesellschaftsrechte gewährt (Erhöhung des Kapi-

talkontos), ist auf die Einbringung einer betrieblichen Sachgesamtheit § 24

UmwStG auch dann anwendbar, wenn der Einbringende bereits zuvor vermö-

gensmäßig allein an der aufnehmenden Personengesellschaft beteiligt war,

vgl. Urt. des FG München 13 K 875/10 v. 18.12.2012, DStRE 2014, 21 (rkr.).

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2. Verwaltungsseitige Anwendung der Trennungstheorie bei Einbringung gegen

Mischentgelt

(106) Dies kulminiert in folgender Aussage der FinVerw., vgl. Randnr. 24.07 des

UmwStErlasses in Gestalt des BMF-Schr. IV C 2 – S 1978-b/08/10001

v. 11.11.2011, BStBl. 2011 I, 1314:

„Erfolgt die Einbringung gegen ein Mischentgelt, d.h. gegen Ge-

währung von Gesellschaftsrechten und sonstige Ausgleichsleistun-

gen, kann die Einbringung auf Antrag (§ 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG)

entsprechend dem Verhältnis der jeweiligen Teilleistungen (Wert

der erlangten Gesellschaftsrechte einerseits und Wert der sonsti-

gen Gegenleistung andererseits) zum gemeinen Wert des einge-

brachten Betriebsvermögens teilweise zu Buchwerten und teilwei-

se zum gemeinen Wert vollzogen werden.“

(107) Die Einbringung einer betrieblichen Sachgesamtheit gegen ein Mischentgelt

bewirkt somit nach Auffassung der FinVerw., es komme nach Maßgabe des

Verhältnisses des gemeinen Werts der nicht in Gesellschaftsrechten beste-

henden sonstigen Gegenleistung zum gemeinen Wert des eingebrachten Be-

triebsvermögens zur Aufdeckung der stillen Reserven. Dies entspricht der von

der FinVerw. auch bei der teilentgeltlichen Übertragung einzelner Wirtschafts-

güter vertretenen Trennungstheorie.

Beispiel: A bringt sein Einzelunternehmen mit einem Buchkapital von 500 in

die AB KG ein. Der gemeine Wert soll 1.000 sein. Es soll steuerlich die Buch-

wertfortführung gem. § 24 Abs. 2 UmwStG gewählt werden.

A bringt sein Einzelunternehmen mit einem Buchkapital von 500 in die AB KG

ein. Der gemeine Wert soll 1.000 sein. Es soll steuerlich die Buchwertfortfüh-

rung gem. § 24 Abs. 2 UmwStG gewählt werden.

Wird auf Seiten der übernehmenden Mitunternehmerschaft das Buchkapital

im Umfang von 250 auf dem Kapitalkonto I und von 250 auf einem Gesell-

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schafterdarlehenskonto gutgeschrieben, das keinen Eigenkapitalcharakter

hat, ist die Einbringung nach Auffassung der FinVerw. nur im Umfang von 250

zu Buchwerten zulässig (Gutschrift auf dem Kapitalkonto I). Soweit die Gut-

schrift auf dem Gesellschafterdarlehenskonto vorgenommen wird, soll es hin-

gegen zur Realisation der stillen Reserven kommen ‒ im Streitfall von 125 (die

Einbringung erfolgt gegen Gesellschaftsrechte von 250, die einen Verkehrs-

wert von 750 repräsentieren, und ein Darlehen von 250 ‒ mithin zu ¼ entgelt-

lich. Demzufolge ist unter Zugrundelegung der Auffassung der FinVerw. dem

gemeinen Wert des Darlehens von 250 lediglich ¼ des Buchwertes des einge-

brachten Betriebs in Höhe von 500 gegenüberzustellen: 250 ./. 125 = 125).

3. Einheitstheorie statt Trennungstheorie – Sichtweise des X. Senats

(108) Dem BFH-Urteil X R 42/10 v. 18.9.2013, DStR 2013, 2380, lag der Sachverhalt

zugrunde, dass ein Einzelunternehmer seinen Betrieb zum Buchwert in eine

GmbH & Co. KG einbrachte und zugleich drei Familienangehörige unentgelt-

lich als Mitunternehmer aufnahm. Soweit das in der Schlussbilanz des Einzel-

unternehmens ausgewiesene Eigenkapital den neuen Kapitalanteil des Ein-

bringenden in Höhe von 150.000 € überstieg, sollte der Mehrbetrag seinem

„Darlehenskonto“ gutgeschrieben werden. Verluste der Gesellschaft, die nicht

durch Guthaben auf „Rücklagenkonten“ gedeckt sind, wurden nach Maßgabe

des Gesellschaftsvertrags der aufnehmenden GmbH & Co. KG auf „Verlust-

sonderkonten“ gebucht. Damit lag mit der Gutschrift auf dem „Darlehenskon-

to“ unstreitig die Gewährung eines schuldrechtlichen Anspruchs gegen die

aufnehmende GmbH & Co. KG vor, vgl. zur Abgrenzung von Gesellschafter-

Eigenkapitalkonten und Gesellschafter-Fremdkapitalkonten grundlegend BFH-

Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812; BMF-Schr. IV C 6 – S

2178/09/10001 (DOK 2011/0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713,

Abschn. I.

(109) Die Einbringung war somit gegen ein Mischentgelt vollzogen worden, das aber

den Buchwert des eingebrachten Betriebs nicht überstieg.

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(110) Anders als das in erster Instanz entscheidende FG Düsseldorf, vgl. Urt. FG Düs-

seldorf 15 K 931/09 F v. 24.11.2010, EFG 2011, 491 („Wird ein Einzelunter-

nehmen … in eine KG eingebracht, ist die Einbringung für eigene Rechnung

gemäß § 24 UmwStG nur insoweit erfolgsneutral möglich, als dem Einbringen-

den im Gegenzug Gesellschaftsrechte gewährt worden sind“), judizierte der

BFH, es sei durch die anteilige Gewährung des schuldrechtlichen Anspruchs

gegen die aufnehmende GmbH & Co. KG zu keinem steuerpflichtigen Gewinn

gekommen, weil die Summe aller Kapitalkonten sowie der Darlehensforderung

den Buchwert des bisherigen Einzelunternehmens nicht überstieg, vgl. zu-

stimmend (RiaBFH, III. Senat) Geissler, FR 2014, 152, 158.

Das Urteil erging zum UmwStG 2002, im Hinblick auf die für den streitigen

Sachverhalt einschlägigen Normen sind aber durch das UmwStG 2006 keine

Änderungen eingetreten. Zur Begründung verweist der BFH zutreffend einer-

seits darauf, § 24 Abs. 1 UmwStG verlange lediglich die Einräumung einer

Mitunternehmerstellung als Gegenleistung für die Einbringung, es sei aber

nicht erforderlich, dass die Gegenleistung ausschließlich in der Gewährung von

Gesellschaftsrechten bestehe, vgl. Rz. 33 der Entscheidungsgründe. Dagegen

hatte die FinVerw. eingewandt, § 24 UmwStG kenne keine § 20 Abs. 2 Satz 5,

Abs. 4 Satz 2 UmwStG 2002 (§ 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006) entsprechende

Vorschrift, wonach die Gewährung anderer Wirtschaftsgüter neben Gesell-

schaftsanteilen der Buchwertfortführung nicht entgegensteht, soweit der ge-

meine Wert den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens nicht über-

steigt. Der BFH misst diesem Umkehrschluss aber keine Bedeutung bei, da die

genannte Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur solche Zusatz-Gegenleistungen

erfasse, deren gemeiner Wert den Buchwert des eingebrachten Betriebsver-

mögens übersteigt, vgl. dazu auch Rosenberg/Placke, DB 2013, 2821, 2823. In

einem solchen Falle käme auch der X. Senat des BFH zu einer Gewinnrealisie-

rung, vgl. Rz. 53 der Entscheidungsgründe.

(111) Andererseits sieht der BFH zwar in der Gutschrift auf einem Darlehenskonto

ein Entgelt, welches sich grundsätzlich gewinnrealisierend auswirken könne,

vgl. Rz. 36 der Entscheidungsgründe. Er schließt sich jedoch der in der Literatur

vertretenen Auffassung an, es komme auch in den Fällen eines Mischentgeltes

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nicht zu einer Aufdeckung stiller Reserven, sofern die Summe der Teilentgelte

den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens nicht übersteigt, vgl.

Rz. 43 der Entscheidungsgründe; Fuhrmann, in: Widmann/Mayer, Umwand-

lungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 583 i.V.m. Rz. 526; Strahl, Stbg 2011, 147, 156. In

die Prüfung, ob es zur Gewinnrealisation kommt, ist mithin nicht nur das Teil-

entgelt „Darlehensanspruch“, sondern auch das Teilentgelt „Gesellschafts-

rechte“ einzubeziehen. Maßgeblich dafür, das Teilentgelt „Darlehensan-

spruch“ nicht mit einer Teil-Realisation stiller Reserven zu verbinden, ist, dass

nach ständiger höchstrichterlicher Rspr. im Rahmen des § 16 Abs. 1 Satz 1

Nr. 1 und 2 EStG eine teilentgeltliche Übertragung betrieblicher Sachgesamt-

heiten nach der Einheitstheorie als einheitlicher Rechtsvorgang anzusehen ist,

nicht hingegen nach Maßgabe der sog. Trennungstheorie in einen entgeltli-

chen und unentgeltlichen Teil aufzuspalten sei. Mit Bezug auf die Übertragung

betrieblicher Sachgesamtheiten entsteht ein Veräußerungsgewinn infolgedes-

sen nur, wenn die Summe der Entgelte den Buchwert der übertragenen be-

trieblichen Sachgesamtheit sowie die Veräußerungskosten übersteigt, vgl.

Rz. 44 der Entscheidungsgründe. Dies gilt auch für Einbringungsvorgänge, die

unter § 24 Abs. 1 UmwStG fallen, weil ihnen ebenfalls die Übertragung einer

betrieblichen Sachgesamtheit zugrunde liegt. Die Anwendung der Einheitsthe-

orie stelle sich im Streitfall, bei dem es sich um eine Kombination aus einer un-

ter § 16 EStG fallenden Betriebsveräußerung (soweit es um die Darlehensfor-

derung geht) und einer § 24 UmwStG zu subsumierenden Einbringung handelt

(soweit Gesellschaftsrechte gewährt werden), als ebenso sachgerecht dar, wie

in Fällen einer teilentgeltlichen Betriebsveräußerung.

4. Hinweise für die Gestaltungspraxis

(112) Auf Grund der Entscheidung des BFH X R 42/10 ist die gegenteilige Aussage in

Randnr. 24.07 des UmwStErlasses obsolet. Aus der Welt ist sie aber erst mit

Änderung des UmwStErlasses und vorbehaltsloser Veröffentlichung des BFH-

Urt. X R 42/10 im Bundessteuerblatt Teil II, die noch nicht erfolgt sind. Deswe-

gen sollte in der Gestaltungspraxis zunächst Vorsicht geübt werden, wenn

Streitfälle vermieden werden sollen.

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(113) Hilfreich ist dabei, dass die FinVerw. von einem breiten Verständnis des Ge-

sellschafter-Eigenkapitalkontos ausgeht, vgl. Randnr. 24.07 des Umwand-

lungssteuererlasses i.V.m. BMF-Schr. IV C 6 – S 2178/09/10001 (DOK 2011/

0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713. Liegt nämlich nach dem Maßstab

„Buchung auch von Verlusten“ in Gestalt eines variablen Kapitalkontos ein Ge-

sellschaftereigenkapitalkonto vor, stellt die Erfassung einer Gegenleistung

(auch) auf diesem Konto aus Sicht der FinVerw. zugleich einen Vorgang dar,

der mit der Gewährung von Gesellschaftsrechten verbunden ist, weil davon

ausgegangen wird, auch bei Aufgliederung des Kapitalkontos eines Gesell-

schafters in mehrere Unterkonten handele es sich um ein einheitliches Kapi-

talkonto. Der Anforderung der Gewährung von Gesellschaftsrechten wird so-

mit entsprochen, wenn die buchmäßige Erfassung der eingebrachten betrieb-

lichen Sachgesamtheit partiell oder gar ausschließlich auf dem variablen Kapi-

talkonto II vollzogen wird, welches in der kautelarjuristischen Praxis überwie-

gend keine Bedeutung für die tatsächlichen Gesellschaftsrechte hat.

(114) Für das Kapitalkonto II kann – ebenso wie für ein Gesellschafter-Fremdkapital-

konto – eine Verzinsung vereinbart werden, ohne dass es dadurch zu einer

Änderung der Charakteristik des Kapitalkontos käme, vgl. BFH-Urt.

IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812. Auch kann der Gesellschaftsver-

trag für das Kapitalkonto II erweiterte Möglichkeiten der Entnahme vorsehen,

so dass eine Annäherung an Tilgungsabreden für ein Gesellschafter-Fremd-

kapitalkonto erreicht werden kann. Lediglich eine unbeschränkte Entnahme-

berechtigung sollte nicht verabredet werden, weil durch die höchstrichterliche

Rspr. bislang nicht geklärt ist, ob diese etwaig der Einordnung eines Kontos als

Gesellschafter-Eigenkapitalkonto zuwider läuft, vgl. dies ausdrücklich offen

lassend BFH-Urt. IV R 46/05, v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812 (unter Abschn. II.

4 der Urteilsgründe), vgl. zur Auswirkung unberechtigter Entnahmen auf die

Charakteristik eines Kapitalkontos Wolf, StuB 2014, 143, 147 f.

(115) Sofern sich die FinVerw. der Rechtsauffassung des BFH anschließt – was m.E.

unumgänglich ist –, werden für die Beratungspraxis die bereits bestehenden

Möglichkeiten, Umstrukturierungen nach Maßgabe des § 24 UmwStG ertrag-

steuerlich neutral durchzuführen, erweitert, indem neben der Gewährung von

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Gesellschaftsrechten (Kapitalkonto I und/oder II) und der (teilweisen) Gut-

schrift auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagekonto auch die par-

tielle Gutschrift auf einem Gesellschafter-Darlehenskonto in Betracht kommt.

(116) Als Beratungsansatz kann sich die Einbringung gegen teilweise Gutschrift auf

einem Fremdkapitalkonto anbieten, wenn der Einbringende Vermögen zu-

rückbehalten möchte, die Entnahme von Liquidität vor der Einbringung je-

doch nicht in Betracht kommt (weil entweder keine liquiden Mittel zur Verfü-

gung stehen, diese im Betrieb benötigt werden oder die Entnahme eine

„Überentnahme“ und damit ggf. unerwünschte Steuereffekte mit Blick auf § 4

Abs. 4a oder § 34a EStG nach sich ziehen würde). Die Entscheidung kann zu-

dem der Vereinfachung einer Unternehmensnachfolge dienlich sein, da die

Gesellschafterforderung als „Faustpfand“ und Teil der Altersversorgung des

Übergebers die Entscheidung zur Unternehmensübergabe erleichtern mag. –

Die dem Einbringenden gegen die Mitunternehmerschaft zustehende Gesell-

schafterforderung stellt Sonderbetriebsvermögen dar, ohne im Regelfall funk-

tional wesentlich zu sein, vgl. BFH-Urt. VIII R 41/09 v. 4.12.2012, BFH/NV 2013,

65. Für Zwecke des § 15a EStG ist die Gestaltung nachteilig, weil die Gutschrift

auf einem Fremdkapitalkonto keinen Verlustausgleich ermöglicht. Sofern die

Gesellschafterforderung verzinslich ist, sind die Zinsen Sonderbetriebseinnah-

men i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

5. Ausstrahlung auch auf die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter gegen Misch-

entgelt

(117) Der IV. Senat des BFH hat bekanntlich entschieden, die teilentgeltliche Über-

tragung eines einzelnen Wirtschaftsgutes aus dem Sonderbetriebsvermögen

in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft bedinge be-

reits deswegen nicht die Realisation stiller Reserven nach Maßgabe der Tren-

nungstheorie, da es in dieser Konstellation nicht zu einer Entnahme komme,

weil das übertragene Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen nicht verlassen

hat, zu dem es vor der Übertragung gehörte, vgl. BFH-Urt. IV R 11/12

v. 19.9.2012, DStR 2012, 2051, Rn. 14. Doch auch wenn es – etwa bei Übertra-

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gungen aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen ei-

ner anderen Mitunternehmerschaft – zu einem Wechsel der Betriebsvermö-

genssphäre kommt, bedingt ein Teilentgelt, welches den Buchwert des über-

tragenen Wirtschaftsguts nicht überschreitet, keine (anteilige) Realisation der

stillen Reserven, weil der BFH unter Rn. 15 der Entscheidungsgründe zum Ur-

teil IV R 11/12 ausführt, § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG sei als Bewertungsvorschrift für

die dort genannten Übertragungen einzelner Wirtschaftsgüter zu verstehen,

welche im Fall der Unentgeltlichkeit für die dadurch ggf. verwirklichte Ent-

nahme eine Bewertung mit dem Buchwert anordne. Diese spezialgesetzliche

Regelung geht § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG vor, wonach die Entnahme grund-

sätzlich mit dem Teilwert zu bewerten ist. Der Buchwert wird infolgedessen in

vollem Umfang dem Entgelt zugeordnet. Übersteigt das Entgelt den Buchwert

nicht, kommt es nicht zur Realisation der stillen Reserven.

(118) Diese Entscheidung ist von Seiten der FinVerw. mit einem vorläufigen Nicht-

anwendungserlass belegt worden, vgl. BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002

(DOK 2013/0837216) v. 12.9.2013, BStBl. 2013 I, 1164. Die Entscheidung des

IV. Senats wird danach vorerst nicht im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht.

Verwiesen wird darauf, zur Frage der Gewinnrealisation bei teilentgeltlich und

mischentgeltlich durchgeführten Übertragungen einzelner Wirtschaftsgüter

sei beim X. Senat des BFH ein weiteres Revisionsverfahren unter dem Az.

X R 28/12 anhängig. Diese noch ausstehende Entscheidung des X. Senats solle

abgewartet werden.

(119) Dem Urteil X R 42/10 zum Mischentgelt bei der Übertragung betrieblicher

Sachgesamtheiten lassen sich keine unmittelbaren Hinweise darauf entneh-

men, ob der X. Senat von einer Unschädlichkeit eines Mischentgeltes auch bei

der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter ausgeht, sofern dieses den Buch-

wert nicht übersteigt, vgl. dazu eher ablehnend (Richter am X. Senat des BFH)

Kulosa, in: L. Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 6 Rz. 697 a.E. („Daher ist m.E.

weiterhin die Berechnungsweise der FinVerw. vorzuziehen.“ – Kulosa differen-

ziert zwischen teilentgeltlichen und mischentgeltlichen Vorgängen. Für letzte-

re sieht er die Sichtweise der FinVerw. durch das BFH-Urt. VIII R 58/98

v. 11.12.2001, BStBl. 2002 II, 420, bestätigt, übersieht indes, dass das einschlä-

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gige Urteil des IV. Senats auch den Fall eines Mischentgelts betraf, vgl. BFH-

Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012, DStR 2012, 2051).

Verwiesen wird in den Entscheidungsgründen des BFH-Urt. X R 42/10 jedoch

u.a. darauf, durch die Einräumung einer Darlehensforderung ändere sich zwar

das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital, das Bilanzbild auf der Aktiv-

seite bleibe jedoch unverändert, so dass die stillen Reserven der Gesellschaft

der Besteuerung nicht entzogen werden, vgl. Rz. 56 der Entscheidungsgründe.

Nicht anders verhält sich dies im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3

EStG bei Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter gegen ein Teilentgelt. Für ei-

ne Anwendung der Trennungstheorie sollte auch hier deswegen – senatsüber-

greifend – kein Platz sein.

6. Gesetzgeberische Änderungen?

(120) Abzuwarten bleibt, ob der Gesetzgeber zukünftig entsprechende Einbringun-

gen gegen Mischentgelt von der Anwendung des § 24 UmwStG insoweit aus-

schließen wird, als die gewährte Gegenleistung nicht in Gesellschaftsrechten

besteht. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom

27.11./14.12.2013 findet sich die Willensäußerung, im UmwStRecht zu prüfen,

„wie der Anteilstausch und Umwandlungen mit finanziellen Gegenleistungen

nicht mehr systemwidrig steuerfrei gestaltet werden können. Bei der Kombi-

nation aus Anteilstausch und Zuzahlung sollte ggf. die Zuzahlung quotal be-

schränkt, aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden“, vgl. Koalitionsvertrag

zwischen CDU, CSU und SPD „Deutschlands Zukunft gestalten“

v. 27.11./14.12.2013, 65. Nicht klar ist, inwieweit diese Regelungsabsicht auch

den § 24 UmwStG umschließt. Besorgt stimmt, dass der von der SPD im Rah-

men der Koalitionsverhandlungen vorgelegte Maßnahmenkatalog „Steuerver-

einfachung und Steuergerechtigkeit“ eine Angleichung der §§ 20, 21 und 24

UmwStG an andere Umwandlungssteuertatbestände hinsichtlich der Behand-

lung monitärer Gegenleistungen vorsah, vgl. DB 2013, Heft 47/2013, M15.

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II. Zurückbehaltung von Honorarforderungen

(121) Ein wichtiger Gestaltungsansatz ergibt sich aus dem BFH-Urt. VIII R 41/09

v. 4.12.2012, DStR 2013, 356: In dem vom BFH zu entscheidenden Streitfall

brachte ein Steuerberater seine Einzelpraxis unter Aufdeckung der stillen Re-

serven in eine mit einem Berufskollegen neu errichtete Sozietät ein. Von der

Einbringung ausgeschlossen waren sämtliche Honorarforderungen, die der

Einbringende zurückbehielt. Der laufende Gewinn der eingebrachten Einzel-

praxis wurde nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, so dass die Forderungen einkom-

mensteuerlich nicht erfasst waren. Streitpunkt war, ob die zurückbehaltenen

Forderungen im Jahr der Einbringung zu versteuern sind. Der BFH gelangte zu

dem Ergebnis, dass es zu keiner zwangsweisen Versteuerung der zurückbehal-

tenen Honorarforderungen im Zuge der Einbringung komme, sondern eine

Versteuerung erst bei Zufluss stattfinde, sofern der Stpfl. die Honorarforde-

rungen nicht im Zuge der Einbringung nachweislich entnehme und der Stpfl.

seine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG bezüglich der zurückbehaltenen

Forderungen fortsetzte.

(122) Das Urt. des BFH erleichtert die Einbringung insbesondere von freiberuflichen

Betrieben in eine Mitunternehmerschaft nach § 24 UmwStG. Entgegen R 4.5

Abs. 6 Satz 2 EStR 2012 kann unabhängig davon, ob die Einbringung zu Buch-,

Zwischen- oder gemeinen Werten erfolgt, auf eine im Einzelfall aufwändige Er-

fassung sowie Bewertung und sofortige Versteuerung der zurückbehaltenen

Honorarforderungen verzichtet werden. Faktisch räumt der BFH ein Wahl-

recht ein, entweder die Forderungen durch Entnahme einer Sofortversteue-

rung zuzuführen oder bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eine Zufluss-

versteuerung durchzuführen. Dass die Zuflussversteuerung – wie vom BMF in

der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde – für die FinVerw. einen „er-

höhten Verifikationsaufwand“ bedeute, hat der BFH nicht ausreichen lassen,

um eine im Gesetz nicht geregelte Sofortversteuerung aus „verwaltungsöko-

nomischen Gründen“ anzuerkennen.

(123) Die Rspr. erkennt die Existenz von Restbetriebsvermögen nicht nur in Fällen

der Abwicklung eines Unternehmens, vgl. BFH-Urt. IV R 68/77 v. 24.4.1980,

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BStBl. 1980 II, 658, oder einer Betriebsveräußerung resp. -aufgabe i.S. des § 16

EStG, vgl. BFH-Urt. XI R 47/06 v. 1.8.2007, BStBl. 2008 II, 106, sondern – wie im

Urteilsfall – auch in Fällen einer Einbringung gem. § 24 UmwStG an, vgl. eben-

so Fuhrmann, in: Widmann/Mayer, UmwStG § 24 Rz. 331 (Juni 2012). Die glei-

chen Grundsätze gelten m.E. auch im Anwendungsbereich des § 20 UmwStG,

vgl. insoweit die kryptischen Ausführungen in Randnr. 20.08 UmwStErlass,

wobei die FinVerw. entgegen dem Besprechungsurteil im Regelfall von einer

Entnahme der zurückbehaltenen Forderungen und sonstigen nicht wesentli-

chen Betriebsgrundlagen ausgeht und das Restbetriebsvermögen als Ausnah-

mefall sieht. Eine entsprechende Klarstellung der FinVerw. wäre wünschens-

wert.

(124) Hervorzuheben ist zudem, dass der BFH im Besprechungsurteil das Umlauf-

vermögen zur Gänze – und nicht nur Forderungen aus Lieferungen und Leis-

tungen – als nicht funktional wesentliche Betriebsgrundlage im Rahmen des

§ 24 UmwStG qualifiziert. Dies gilt in gleicher Weise im Rahmen des § 6

Abs. 3 EStG, § 16 EStG oder § 20 UmwStG.

(125) Sollte im Einzelfall die Sofortversteuerung in Erwägung gezogen werden, ist zu

bedenken, dass nicht der Nominalwert der Forderung, sondern der Teilwert

der Forderung im Zeitpunkt der Entnahme maßgeblich ist, vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 4

Satz 1 EStG. Bei einer Sofortversteuerung ist zweifelhaft, ob ein späterer For-

derungsausfall zwangsläufig eine Korrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO

auslöst, vgl. BFH-Urt. IV R 37/92 v. 10.2.1994, BStBl. 1994 II, 564, unter

Ziff. 4.d. Auch aus diesem Grund wird im Regelfall die Zuflussversteuerung bei

zurückbehaltenen (freiberuflichen) Honorarforderungen das Mittel der Wahl

sein.

III. Antrag auf Buchwertfortführung

(126) Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG hat die aufnehmende Personengesellschaft

das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz einschließlich der Ergän-

zungsbilanzen für ihre Gesellschafter mit dem gemeinen Wert anzusetzen; le-

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diglich für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt § 6a EStG. Nach § 24

Abs. 2 Satz 2 UmwStG kann das übernommene Betriebsvermögen aber auf

Antrag mit dem Buchwert oder einem höheren Wert (höchstens aber mit dem

gemeinen Wert) angesetzt werden, soweit das Recht Deutschlands hinsichtlich

der Besteuerung des eingebrachten Betriebsvermögens nicht ausgeschlossen

oder beschränkt wird.

(127) Der Antrag auf Buchwertfortführung oder auf den Ansatz von Zwischenwerten

ist gem. § 24 Abs. 2 Satz 3 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG „spätes-

tens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die

Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft zuständigen FA zu stellen“. Da-

zu wird unter Randnr. 24.03 UmwStErlass 2011 Folgendes bestimmt:

„Hat die übernehmende Personengesellschaft für das Wirtschafts-

jahr, in dem die Einbringung erfolgt ist, keine Schlussbilanz zu er-

stellen, weil sie nach der Einbringung zulässigerweise zur Ge-

winnermittlung nach § 4 Absatz 3 EStG zurückkehrt, muss der An-

trag i.S. des § 24 Absatz 2 Satz 2 UmwStG in entsprechender An-

wendung des § 20 Absatz 2 Satz 3 UmwStG spätestens bis zur

erstmaligen Abgabe der entsprechend R 4.5 (6) EStR zu erstellen-

den Bilanz i.S. des § 24 Absatz 2 UmwStG bei dem für die Besteue-

rung der übernehmenden Personengesellschaft zuständigen FA

gestellt werden.“ (Hervorhebungen nicht im Original.)

Kritische Anmerkung: Wenn die Buchwertfortführung erfolgt und die Ge-

winnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG fortgesetzt wird, entfallen sowohl das Er-

fordernis der Aufstellung einer Einbringungs- und Übergangsbilanz als auch

das Erfordernis einer Übergangsbesteuerung. Anders als bei einer Betriebs-

veräußerung oder -aufgabe, die Gegenstand von R 4.5 (6) EStR 2012 ist, macht

die Einbringung unter Buchwertfortführung nach der Rspr. des BFH den Über-

gang zur Bilanzierung nicht erforderlich. So heißt es in Rn. 24 des BFH-Urt.

XI R 32/06 v. 14.11.2007, BFH/NV 2008, 385, wörtlich:

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„Ein Stpfl., der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt und

sein Einzelunternehmen in eine Personengesellschaft einbringt, ist

– abgesehen von den Fällen der Buchwertfortführung ... – grund-

sätzlich so zu behandeln, als wäre er im Zeitpunkt der Einbringung

zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG übergegangen.“ (Her-

vorhebung nicht im Original.)

Damit besteht nur für die Fälle der Wertaufstockung, nicht aber bei Buchwert-

fortführung das Erfordernis zur Erstellung einer Einbringungs- und Übergangs-

bilanz. Auch in früheren Entscheidungen ist Gleiches vertreten worden, vgl.

BFH-Urt. IV R 13/01 v. 13.9.2001, BStBl. 2002 II, 287 (die FinVerw. sieht darin

indes nur ein für sie nicht bindendes obiter dictum).

(128) Die Sichtweise der FinVerw. ist zumal nach dem BFH-Urt. III R 32/12

v. 11.4.2013, DStR 2013, 1830, hinfällig:

Die Partner einer Steuerberater- und Rechtsanwaltssozietät in Rechtsform ei-

ner Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG

ermittelte, vollzogen eine „klassische“ Realteilung. Nachdem der Kläger die

Gesellschaft zum 31.12.2002 gekündigt hatte, vereinbarten die Partner deren

Auflösung. Jeder erhielt das Betriebsvermögen, das er bisher in der Gesell-

schaft genutzt hatte. Auch die Verbindlichkeiten wurden geteilt. Die ehemali-

gen Gesellschafter betrieben ihre berufliche Tätigkeit in Einzelpraxen weiter,

deren Gewinn sie nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten. Nach einer Außenprüfung

forderte das FA die Aufstellung einer Steuerbilanz auf den Realteilungsstichtag

und infolge des dadurch ausgelösten Wechsels von der Einnahmenüberschuss-

rechnung zum Bestandsvergleich die Vornahme einer Übergangsbesteuerung

nach R 4.6 Abs. 1 EStG. Es erhöhte den laufenden Gewinn der GbR für das

Streitjahr von 283.203,05 € auf 600.523,59 €. Das FG gab der dagegen erhobe-

nen Klage statt.

Der BFH bestätigte mit Urt. III R 32/12 v. 11.4.2013, DStR 2013, 1830: Die Real-

teilung ohne Spitzenausgleich stellt eine Betriebsaufgabe dar, die nach § 16

Abs. 3 Satz 2 EStG mit dem Buchwert zu bewerten ist. Eine Verpflichtung der

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GbR, anlässlich der Realteilung eine Realteilungsbilanz zu erstellen und einen

Übergangsgewinn zu ermitteln, ergebe sich weder aus dem Gesetz noch aus

allgemein berechtigten praktischen Erwägungen. Aus der Entstehungsge-

schichte der Realteilungsregelung in § 16 Abs. 3 EStG sei erkennbar, dass sie

abschließend und darauf gerichtet sei, Realteilungen von Mitunternehmer-

schaften ertragsteuerneutral zu ermöglichen. Dem stehe die von der Finanz-

verwaltung geforderte Übergangsbesteuerung entgegen. Diese wäre nur ge-

rechtfertigt, wenn sie zur Wahrung des aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten

Grundsatzes der Gesamtgewinngleichheit erforderlich wäre. Das ist indes

nicht der Fall, weil im Fall der Buchwertfortführung und lückenlosen Fortset-

zung der Gewinnermittungsmethode weder eine Besteuerungslücke noch eine

Zweifachbesteuerung zu befürchten sei. Ohnehin könne, wenn man für die

Realteilung die Erstellung eines Bestandsvergleichs mit Übergangsbesteuerung

verlangen würde, jeder Realteiler anschließend wieder den Gewinn nach § 4

Abs. 3 EStG ermitteln, was eine gegenläufige Übergangsbesteuerung auslösen

würde; es sei nicht einsichtig, weshalb dann eine (doppelte) Übergangsbe-

steuerung erforderlich sei. Etwaige Praktikabilitätsdefizite bezüglich des Nach-

vollzugs des auf die einzelnen Realteiler übergegangenen Vermögens seien

durch Aufzeichnungen seitens der Betroffenen überwindbar.

Hinweis: Die uneingeschränkt zu begrüßende Entscheidung vermittelt Klarheit

und Gestaltungssicherheit, wenn nunmehr auch die FinVerw. ihre bisher ab-

weichende Rechtsauffassung aufgibt.

Damit ist ebenfalls klar, dass im umgekehrten Fall der Einbringung einer be-

trieblichen Sachgesamtheit unter Ausübung des Buchwertfortführungswahl-

rechts nach § 24 UmwStG und Fortsetzung der Einnahmenüberschussrech-

nung keine steuerliche Einbringungsbilanz mit der Folge einer Übergangsbe-

steuerung aufzustellen ist. Der BFH hatte darüber im Streitfall zwar nicht zu

entscheiden, sich in der Urteilsbegründung jedoch darauf gestützt, dass auch

in Einbringungsfällen die Erstellung einer Einbringungs- bzw. Übergangsbilanz

und damit eine Übergangsbesteuerung nicht erforderlich ist, wenn die Ge-

winnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nahtlos fortgesetzt wird. Das ergab sich

– worauf der BFH hingewiesen hat – schon aus den Urt. IV R 13/01

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v. 13.9.2001, BStBl. 2002 II, 287, und XI R 32/06 v. 14.11.2007, BFH/NV 2008,

385. Die FinVerw. hat sich dieser Erkenntnis bisher verweigert.

(129) Für anstehende Einbringungen und Realteilungen stellt sich die Frage, ob man

auf die Rspr. bauen kann oder immer noch vorsorgende Gestaltungen zur Ab-

wendung von Steuermehrbelastungen in Erwägung ziehen muss. Es ist kaum

vorstellbar, dass die FinVerw. im Hinblick auf die klaren und überzeugenden

Äußerungen des BFH an ihrer abweichenden Beurteilung festhält. Das steuer-

liche Restrisiko ist deshalb marginal. Man muss auch nicht befürchten, dass die

Buchwertfortführung versagt wird, weil keine Einbringungs- bzw. Realtei-

lungsbilanz aufgestellt wird, weil diese nach den eindeutigen Aussagen des

BFH nicht erforderlich ist. Dazu ist in der Urteilsbegründung zu lesen: „Insofern

ist es Aufgabe der betroffenen Finanzbehörde, entsprechende Aufzeichnun-

gen bei den Beteiligten anzufordern“ (ähnlich wie bei der Bildung gewillkürten

Betriebsvermögens). Es empfiehlt sich, zur Beweissicherung durch Aufstellung

von Listen zu dokumentieren, wer welche Wirtschaftsgüter und Geschäftsbe-

ziehungen (Mandate) übernommen hat.

(130) Eine handelsrechtliche Wertaufstockung kann durch eine Ergänzungsüber-

schussrechnung neutralisiert werden (etwa bei Einbringung einer Praxis mit

besserer Buchwert-Teilwert-Relation als bei der aufnehmenden Mitunterneh-

merschaft), vgl. BFH-Urt. VIII R 13/07 v. 24.6.2009, BStBl. 2009 II, 993.

(131) Gestaltungshinweise:

(a) In Anbetracht der noch nicht aufgegebenen Auffassung der FinVerw.,

eine Einbringungsbilanz sei auch in Fällen der Buchwertfortführung zu

erstellen – mithin auch dann, wenn ein Gesellschafter zu einer beste-

henden Personengesellschaft neu hinzutritt –, sollte insbesondere im

Hinblick auf den Antragszwang erwogen werden, sie aufzustellen. Dies

löst im Gefolge sodann jedoch verstärkt Diskussionen über die Über-

gangsbesteuerung aus. Deshalb kann als vermittelnde Lösung erwä-

genswert sein, eine Einbringungsrechnung gem. § 24 UmwStG i.V.m. § 4

Abs. 3 EStG aufzustellen, in der lediglich die betrieblichen Vermögens-

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und Schuldposten ausgewiesen werden, die sich in der Gewinnermitt-

lung nach § 4 Abs. 3 EStG noch nicht einkünftewirksam niedergeschla-

gen haben, nämlich die Finanzkonten und die Buchwerte des Anlage-

vermögens, nicht aber beispielsweise Honorarforderungen, Honorarvor-

schüsse, unfertige Arbeiten und Verbindlichkeiten, deren Begleichung zu

Betriebsausgaben führen wird. Diese Rechnung dokumentiert die Buch-

wertfortführung.

(b) Die Wirkungen einer etwaigen Übergangsbesteuerung relativieren sich

– so sie in Kauf genommen wird –, wenn die Einbringung nach dem Be-

ginn des neuen Wirtschaftsjahres erfolgt (z.B. nicht am 31.12., sondern

erst am 1.1. des Folgejahres). In diesem Falle ist die Übergangsbesteue-

rung erst für das folgende Wirtschaftsjahr vorzunehmen und fällt somit

weitgehend mit den tatsächlichen Realisierungsvorgängen zusammen,

die hauptsächlich zu Übergangsgewinnen führen (z.B. Eingang von Leis-

tungsforderungen, Verkauf oder Verbrauch von Vorräten). Die Frage der

synchronen Zurechnung der gegenläufigen Übergangsbesteuerung aus

dem zweimaligen Wechsel der Gewinnermittlungsart stellt sich aber

auch für diesen Fall.

(c) Insbesondere bei Freiberuflern mit hohen Honorarforderungen lassen

sich diese aus der Übergangsbesteuerung eliminieren, indem sie nicht

mit eingebracht werden, vgl. zur Zulässigkeit der Zurückbehaltung von

Honorarforderungen im Zuge von Einbringungsvorgängen BFH-Urt.

VIII R 41/09 v. 4.12.2012, DStR 2013, 356; VIII R 13/07 v. 24.6.2009,

BStBl. 2009 II, 933; IV R 13/01 v. 13.9.2001, BStBl. 2002 II, 287. Weil es

sich bei Honorarforderungen nicht um wesentliche Betriebsgrundlagen

handelt, vgl. ausdrücklich BFH-Urt. VIII R 41/09 v. 4.12.2012, DStR 2013,

356, gefährdet ihre Zurückbehaltung die Anwendung von § 24 UmwStG

nicht. Der Einbringende besteuert die zurückbehaltenen Forderungen,

die Betriebsvermögen bleiben, im Zeitpunkt der Vereinnahmung, vgl.

dazu auch BFH-Urt. XI R 32/06 v. 14.11.2007, BFH/NV 2008, 385. Eine

vergleichbare Wirkung lässt sich erzielen, indem dem Einbringenden

bzw. – bei Aufnahme in bestehende Mitunternehmerschaften – den Alt-

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gesellschaftern die Zuflüsse und Abflüsse, ergebnisrelevante Forderun-

gen und Verbindlichkeiten als Ergebnisvorab zugerechnet werden.

(132) Zusätzliche Brisanz erlangt die Frage der Erstellung einer Einbringungsbilanz in

Fällen der Fortführung der Einnahmenüberschussrechnung deswegen, weil bei

gewollter Buchwertfortführung (oder bei Zwischenwertansatz) durch die auf-

nehmende Personengesellschaft unabdingbar ein Antrag – nach Maßgabe von

§ 24 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG spätestens bis zur erstma-

ligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz – zu stellen ist. Dies gilt auch

dann, wenn sich die Buchwertfortführung aus dem Vergleich zwischen Eröff-

nungs- und Schlussrechnung ergibt, weil es sich bei der Buchwertfortführung

um eine Abweichung vom Regelwertansatz des § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG in

Gestalt des gemeinen Wertes handelt. Zur Ausübung des Bewertungswahl-

rechtes durch die übernehmende Mitunternehmerschaft bestimmt

Randnr. 24.03 i.V.m. Randnr. 20.21 UmwStErlass 2011:

Der Antrag auf Buch- oder Zwischenwertansatz ist von der überneh-

menden Mitunternehmerschaft spätestens bis zur erstmaligen Abgabe

der steuerlichen Schlussbilanz zu stellen, in der das übernommene Be-

triebsvermögen erstmals auszuweisen ist.

Anmerkung: Wie vorstehend ausgeführt, muss aber in Fällen der Buch-

wertfortführung keine Bilanz erstellt werden. Vorgegeben ist durch die

gesetzliche Regelung und die zu ihr ergehende Verwaltungsanweisung

lediglich, bis zu welchem Zeitpunkt der Antrag auf Buchwertfortführung

spätestens zu stellen ist. Wird keine Schlussbilanz erstellt, ist der Antrag

m.E. zu jedem späteren Zeitpunkt nachholbar.

Aus dem Antrag muss sich eindeutig ergeben, ob die Buchwerte oder

Zwischenwerte gewählt werden. Beim Ansatz von Zwischenwerten

muss ausdrücklich angegeben werden, in welcher Höhe oder zu wel-

chem Prozentsatz die stillen Reserven aufgedeckt werden.

Der Antrag bedarf keiner besonderen Form und ist bedingungsfeindlich.

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IV. Zuzahlungen

(133) Wie dies bereits zuvor gesehen worden war, bleibt die FinVerw. im UmwStEr-

lass 2011 unter Randnr. 24.09 bei der Auffassung, ein Gewinn, der durch eine

Zuzahlung in das Privatvermögen des Einbringenden entsteht, könne nicht

durch die Erstellung einer negativen Ergänzungsbilanz neutralisiert werden.

Unterstellt wird insoweit, der Einbringende veräußere Eigentumsanteile an

den Wirtschaftsgütern der übertragenen betrieblichen Sachgesamtheit und

bringe die ihm verbliebenen Eigentumsanteile für eigene Rechnung nach § 24

UmwStG sowie die veräußerten Eigentumsanteile für Rechnung des zuzahlen-

den Gesellschafters in das Betriebsvermögen der aufnehmenden Mitunter-

nehmerschaft ein.

Die FinVerw. sieht die weitere Folge, dass die fingierte Veräußerung der Eigen-

tumsanteile noch ein laufender Geschäftsvorfall der eingebrachten betriebli-

chen Sachgesamtheit ist, der Zuzahlungserlös vor der Einbringung entnommen

wird und der Betrieb dergestalt eingebracht wird, wie er sich nach der Ent-

nahme darstellt, vgl. Randnr. 24.10 UmwStErlass 2011. Diesem auf einer der

Gegebenheiten nicht entsprechenden Fiktion hinauslaufenden Verständnis ist

der BFH mit Recht nicht gefolgt: Es liegt vielmehr eine Einbringung der gesam-

ten betrieblichen Sachgesamtheit i.S. des § 24 UmwStG und eine anschließen-

de seit 1999 nicht mehr nach §§ 16, 34 EStG begünstigte Teilanteilsveräuße-

rung vor, vgl. BFH-Urt. X R 35/04 v. 12.10.2005, BFH/NV 2006, 521.

(134) Eine schädliche Zuzahlung liegt nach Randnr. 24.09 UmwStErlass 2011 in Fort-

führung der bisherigen Sichtweise auch vor, wenn mit ihr eine zu Gunsten des

Einbringenden begründete Verbindlichkeit der Gesellschaft getilgt wird oder

durch die Einbringung private Verbindlichkeiten abgegolten werden. Darüber

hinaus soll von einer schädlichen Zuzahlung nach den Umständen des Einzel-

falls auszugehen sein, wenn die Zuzahlung zunächst Betriebsvermögen der

Personengesellschaft und erst später entnommen wird. Dazu trifft die Fin-

Verw. unter Randnr. 24.11 UmwStErlass 2011 die folgende Erläuterung:

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„Insbesondere, wenn der Einbringende im Anschluss an die Ein-

bringung größere Entnahmen tätigen darf und bei der Bemessung

seines Gewinnanteils auf seinen ihm dann noch verbleibenden

Kapitalanteil abgestellt wird, kann es erforderlich sein, den Zuzah-

lungsbetrag als unmittelbar in das Privatvermögen des Einbrin-

genden geflossen anzusehen.“

Hinweis: Größere Entnahmen im zeitlichen Nachklang einer Einbringung unter

Zuzahlung in das Betriebsvermögen sollten mithin vermieden werden – es

drohte im Übrigen etwaig auch die verwaltungsseitige Einrede des Handelns in

einem „Gesamtplan“. Zu empfehlen ist die Wahrung eines Abstandes von

mehr als zwei Jahren sowie die Abstandnahme von einer etwaigen Betragsi-

dentität zwischen (anteiliger) Zuzahlung und Entnahme.

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E. Ausscheiden eines Mitunternehmers

I. Realteilung

(135) Kennzeichnend für die Realteilung ist die Aufgabe des Betriebes der real zu

teilenden Mitunternehmerschaft, die mit der Verteilung des Betriebsvermö-

gens der Mitunternehmerschaft in das jeweilige Betriebsvermögen der Real-

teiler einhergeht. Gegenstand der Realteilung ist das gesamte Betriebsvermö-

gen der Mitunternehmerschaft unter Einschluss des Sonderbetriebsvermö-

gens. Jeder Realteiler muss einen Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil (Teil-

Mitunternehmeranteil reicht aus), vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 – 6/06

v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. III, oder Einzelwirtschaftsgüter erhal-

ten.

(136) Es ist nicht erforderlich, dass jeder Realteiler wesentliche Betriebsgrundlagen

des Gesamthandsvermögens erhält, vgl. BMF-Schr. IV B 2 ‒ S 2242 ‒ 6/06

v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. I. Es ist ausreichend, wenn ein Realtei-

ler eine wesentliche Betriebsgrundlage in ein Betriebsvermögen überführt und

der andere Realteiler einzelne (nicht notwendig wesentliche Betriebsgrundla-

gen) Wirtschaftsgüter in sein Betriebsvermögen übernimmt, vgl. Stahl, in:

Strahl, Problemfelder Ertragsteuern (Stichwort: Realteilung / Sachwertabfin-

dung), Rz. 7 (Juli 2009). Werden jedoch sämtliche wesentliche Betriebsgrund-

lagen ins Privatvermögen überführt und nur „unwesentliche“ Betriebsgrundla-

gen dem Betriebsvermögen des jeweiligen Realteilers zugewiesen, liegen die

Voraussetzungen einer steuerneutralen Realteilung nicht vor, vgl. BMF-Schr.

IV B 2 ‒ S 2242 ‒ 6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. I, wo es wört-

lich heißt:

„Eine Realteilung setzt voraus, dass mindestens eine wesentliche

Betriebsgrundlage nach der Realteilung weiterhin Betriebsvermö-

gen eines Realteilers darstellt.“

Erhält ein „Realteiler“ nur die liquiden Mittel, erfüllt dies nach umstrittener

Auffassung auch dann nicht die Voraussetzungen der Realteilung, vgl. Wacker,

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in: L. Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 16 Rz. 545; a.A. Rogall, DStR 2006, 731,

734, wenn die liquiden Mittel nicht ins Privatvermögen des Realteilers geleis-

tet werden.

Beraterhinweis: Es ist somit nicht möglich, dass sich im Zuge einer Realteilung

einer der Mitunternehmer gegen Abfindung zur Ruhe setzt, aber die übrigen

Mitunternehmer jeweils allein ihre berufliche Tätigkeit fortsetzen. In diesem

Fall führt der Ruheständler kein Betriebsvermögen fort. Damit liegen die Vo-

raussetzungen der Realteilung auch bei den übrigen Mitgesellschaftern nicht

vor. In derartigen Fällen sollten die Mitgesellschafter ihre Auseinandersetzung

zunächst zeitlich zurückstellen. Es tritt dann lediglich bei dem Ruheständler

zunächst eine Gewinnrealisation ein.

(137) Es muss nicht das komplette Betriebsvermögen der Ausgangsmitunterneh-

merschaft Betriebsvermögen bei den Realteilern werden. Es können auch

Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen überführt werden, solange und soweit

eine wesentliche Betriebsgrundlage in das Betriebsvermögen eines Realteilers

überführt wird. Bei der Übernahme von Wirtschaftsgütern in das Privatver-

mögen handelt es sich um Entnahmen der Realteilungsgemeinschaft, vgl.

BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 – 6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. I.

Beraterhinweis: Es ist zu bedenken, dass in das Privatvermögen zu überneh-

mende Wirtschaftsgüter der Nachversteuerung nach § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG

unterliegen, wenn die Entnahme innerhalb der Sperrfrist erfolgt und es sich

um Grund und Boden, Gebäude oder andere wesentliche Betriebsgrundlagen

handelt. Die Realteilungsvereinbarungen sollten regeln, ob die entsprechen-

den Steuern im Innenverhältnis der Realteiler allein zu tragen hat. Ohne eine

solche Vereinbarung wird der Gewinn allen Realteilern nach dem Gewinnver-

teilungsschlüssel zugerechnet, vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 – 6/06

v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. IX. Soweit andere Wirtschaftsgüter als

Grund und Boden, Gebäude oder wesentliche Betriebsgrundlagen in das Pri-

vatvermögen überführt werden sollen, sollte diese zunächst der Realteiler in

sein Betriebsvermögen übernehmen und später die Entnahme vornehmen. In

diesem Fall werden die Mitgesellschafter nicht belastet.

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(138) Die Realteilung durch Übertragung von Teilbetrieben oder (Teil-)Mitunter-

nehmeranteilen ist gegenüber der Aufteilung von Einzelwirtschaftsgütern zu

bevorzugen. Die dreijährige Sperrfrist des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG gilt nicht bei

Teilbetrieben und (Teil-)Mitunternehmeranteilen, vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S

2242 – 6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. III.

Die Buchwertfortführung setzt voraus, dass die den Realteilern jeweils zuge-

wiesenen Wirtschaftsgüter bzw. Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile in

das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen

werden. Es wird nicht gefordert, dass bereits vor der Realteilung ein entspre-

chender Betrieb des Realteilers vorhanden ist. Es genügt, dass ein neuer Be-

trieb erst im Rahmen der Realteilung bei den Mitunternehmern im Zuge der

Übertragung der Wirtschaftsgüter entsteht, vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 –

6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. IV/1. Ein Betrieb ist nach Auffas-

sung der FinVerw. auch

das Besitzunternehmen einer Betriebsaufspaltung;

ein verpachteter Betrieb, wenn die Realteilung mittels Übertragung von

Teilbetrieben erfolgt ist. Im Fall einer Realteilung durch Übertragung von

Einzelwirtschaftsgütern kann nicht unmittelbar anschließend zur Be-

triebsverpachtung übergegangen werden. Die erhaltenen Wirtschaftsgü-

ter müssen bei dem Realteiler nach der Realteilung einen aktiven, von

dem Mitunternehmer selbst geführten Betrieb bilden. Das Verpächter-

wahlrecht setzt stets einen vor der Verpachtung von dem Verpächter

selbst geführten Betrieb voraus, vgl. BFH-Urt. X R 8/00 v. 17.4.2002,

BStBl. 2002 II, 527.

(139) Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Betrieb der aufgelösten Personen-

gesellschaft im Ergebnis unverändert von einem Realteiler fortgeführt wird.

Dies ist etwa dann der Fall, wenn der eine Realteiler nur unwesentliche Wirt-

schaftsgüter oder nur nach quantitativer Betrachtung wesentliche Betriebs-

grundlagen zugewiesen bekommt, während der andere Realteiler das nämli-

che Unternehmen unverändert fortführt. Die FinVerw. verneint in einem sol-

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chen Fall die Voraussetzungen einer Realteilung mit dem Hinweis, dass das

nämliche Unternehmen unverändert fortgeführt wird und es somit am Merk-

mal der „Betriebsaufgabe“ fehle, vgl. Tz. 17 des BMF-Schr. IV C 6 ‒ S 2241/

10/10002 (DOK 2011/0973858) v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279. Eine Buch-

wertfortführung soll nur unter den engeren Voraussetzungen des § 6 Abs. 5

Satz 3 EStG möglich sein, so dass die Buchwertfortführung scheitert, soweit

Verbindlichkeiten durch den den Betrieb fortführenden Realteiler übernom-

men werden.

Anmerkung: Die Voraussetzungen einer Realteilung liegen m.E. in der geschil-

derten Konstellation vor. Schließlich wird die Personengesellschaft und mit ihr

deren Betrieb durch die Realteilung als besondere Form der Liquidation der

Gesellschaft endgültig zerschlagen. Damit ist der durch einen Realteiler fortge-

führte Betrieb nicht identisch mit dem alten Betrieb der auseinandergesetzten

Personengesellschaft, vgl. Wendt, in: FS Joachim Lang, 2010, 699, 700. Diese

zivilrechtliche Sichtweise wirkt in das EStRecht, da es sich tatbestandlich bei

der Realteilung um einen Unterfall der Betriebsaufgabe der Mitunternehmer-

schaft handelt, vgl. BMF-Schr. IV B 2 ‒ S 2242 ‒ 6/06 v. 28.2.2006, BStBl.

2006 I, 228 Abschn. I.

(140) Die FinVerw. fordert, dass die Wirtschaftsgüter in das eigene (Einzel-)Betriebs-

vermögen des Realteilers übertragen bzw. überführt werden. Eine Übertra-

gung direkt in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft, an

der der Realteiler beteiligt ist, lässt die FinVerw. nicht zu. Eine solche Gestal-

tung unterfällt nicht der Regelung der Realteilung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG,

vgl. Erl. FinMin. Schleswig-Holstein VI 306 – S 2242 – 089 v. 28.9.2009, DATEV-

LEXinform Dok.-Nr. 5232254. Auch § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG komme nicht zur

Anwendung, vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 – 6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I,

228, Abschn. IV/1; bestätigt durch BFH-Urt. I R 72/08 v. 25.11.2009, BStBl.

2010 II, 471; a.A. aber BFH-Beschl. IV B 105/09 v. 15.4.2010, DStR 2010, 1070.

Die Übertragung in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft

(Mitunternehmerschaft II) kann nicht gestaltungssicher dadurch erreicht wer-

den, dass zur Vorbereitung der Realteilung der Mitunternehmeranteil an der

real zu teilenden Mitunternehmerschaft (Mitunternehmerschaft I) gem. § 24

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UmwStG zu Buchwerten in eine neue Mitunternehmerschaft (Mitunterneh-

merschaft II) eingebracht wird und sodann die Realteilung in das Betriebsver-

mögen der Mitunternehmerschaft II erfolgt. Das FG Düsseldorf hat mit Urt.

3 K 1348/10 F v. 9.2.2012 (Rev. unter Az. IV R 8/12 anhängig), DStRE 2012,

546, die Auffassung der FinVerw. bestätigt, dass ein der Anerkennung als

steuerbegünstigte Realteilung schädlicher Gesamtplan vorliege, wenn die

Übertragung des Mitunternehmeranteils in eine neue Personengesellschaft

lediglich der Übertragung des übergehenden Realteilungsbetriebsvermögens

in das Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft dient.

Anmerkung: Der Gesamtplanvorwurf oder der Vorwurf eines Gestaltungsmiss-

brauchs geht m.E. fehl, da nach zutreffender Auffassung auch eine unmittelba-

re Übertragung in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft zu

Buchwerten zulässig gewesen wäre, vgl. (Vors. Richter am IV. Senats des BFH)

Wendt, in: FS Joachim Lang, 2010, 699, 705. Die unmittelbare Übertragung in

das Betriebsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft stellt bei wirt-

schaftlicher Betrachtung in einem ersten Schritt eine Übertragung in das Son-

derbetriebsvermögen des Realteilers dar, da nur diesem gegenüber eine Ab-

findungsverpflichtung besteht. In einem zweiten Schritt erfolgt die Übertra-

gung des Realteilungs-Wirtschaftsguts in das Gesamthandsvermögen gem. § 6

Abs. 5 Satz 3 EStG. Diese Übertragung stellt entgegen der Auffassung des BMF,

vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 – 6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Ab-

schn. VIII, keine Verletzung der Sperrfrist i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG dar,

da auf Grund der transparenten Betrachtung von Personengesellschaften im

EStG das übertragene Wirtschaftsgut für Zwecke des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG

dem Realteiler nach wie vor zuzurechnen ist, vgl. Wacker, in: L. Schmidt, EStG,

31. Aufl. 2012, § 16 Rz. 553; (Vors. Richter am IV. Senats des BFH) Wendt, in:

FS Joachim Lang, 2010, 699, 706.

(141) Die Buchwertfortführung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG ist aber zugelassen, so-

weit eine Übertragung bzw. Überführung des bei der Realteilung übernomme-

nen Vermögens in das Sonderbetriebsvermögen bei einer anderen Mitunter-

nehmerschaft desselben Mitunternehmers (Realteilers) erfolgt, vgl. BMF-Schr.

IV B 2 – S 2242 – 6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. IV/1. Die ab-

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spaltungswilligen Gesellschafter könnten mithin eine neue Sozietät gründen

und das ihnen aus der Alt-Sozietät jeweils zugewiesene Betriebsvermögen als

Sonderbetriebsvermögen fortführen, das sie sodann der von ihnen gegründe-

ten Neu-Sozietät zur Nutzung überlassen. Entsprechend müssten die „verblei-

benden“ Gesellschafter verfahren.

(142) Das Verbot, Einzelwirtschaftsgüter direkt aus dem Gesamthandsvermögen der

Realteilungs-Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen der Realtei-

ler-Mitunternehmerschaft zu übertragen, stößt insbesondere bei der Realtei-

lung von Freiberuflerpraxen auf Schwierigkeiten, soweit es sich um den Man-

dantenstamm handelt. Der Mandantenstamm müsste in das Sonderbetriebs-

vermögen des einzelnen Realteilers übertragen und sodann der neuen Sozie-

tät zur Nutzung überlassen werden. Steuerrechtlich wird die Überlassung ei-

nes Mandantenstamms zur Nutzung grundsätzlich für zulässig erachtet, vgl.

Korn, in: Korn, EStG, § 18 EStG Rz. 131 f. (Februar 2004).

(143) Das frühere berufsrechtliche Verbot nach § 59 Abs. 6 BOStB a.F., eine kom-

plette Steuerberatungspraxis zu verpachten, besteht nach der am 1.1.2011 in

Kraft getretenen neuen Berufsordnung nicht mehr, vielmehr wird die Praxis-

verpachtung in § 28 Abs. 4 BOStB n.F. ausdrücklich zugelassen, vgl. Berufsord-

nung (BOStB) i.d.F. v. 8.9.2010, genehmigt durch das BMF am 16.12.2010,

DStR 2010, 2659.

Im Hinblick darauf eröffnet sich eine berufsrechtliche Problematik nicht mehr,

zumal die Überlassung eines Mandantenstammes auch zuvor nicht mit der

Verpachtung einer vollständigen Steuerberatungspraxis vergleichbar war.

Hinweis: Der Praxiswert wird über den relativ kurzen Zeitraum von drei bis

fünf Jahren abgeschrieben. Demgemäß muss bei der Nutzungsvereinbarung

vermieden werden, dass es sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise um ei-

ne gewinnrealisierende Veräußerung durch Übergang des wirtschaftlichen Ei-

gentums handelt. Folglich empfiehlt sich eine kurzfristige Kündigungsmöglich-

keit mit der Verpflichtung zur Rückgabe des Mandantenstamms. Das Nut-

zungsentgelt sollte bei einem bestimmten Prozentsatz vom Umsatz liegen;

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ferner empfiehlt sich die Vereinbarung, dass der Nutzungsüberlasser die je-

weiligen Mandate weiterhin (nunmehr im Rahmen der neuen Sozietät) feder-

führend betreut.

(144) Erfolgt die Nutzungsüberlassung des Mandantenstamms entgeltlich, ist offen,

wie die erzielten Sonderbetriebseinnahmen im Einkünftekatalog zu verorten

sind. Der BFH hat ausdrücklich offen gelassen, ob die Verpachtung des Man-

dantenstamms zu gewerblichen Einkünften führt, vgl. BFH-Beschl.

VIII B 116/10 v. 8.4.2011, DB 2011, 1255. In der Literatur wird die Auffassung

vertreten, dass wegen der „Personenbezogenheit der Einkünfte“ des § 18 EStG

die Verpachtung des Mandantenstamms eine gewerbliche Tätigkeit darstelle,

vgl. (Richter am VIII. Senats des BFH) Brandt, in: Herrmann/Heuer/Raupach,

EStG/KStG, § 18 EStG Rz. 22 (Juni 2010). Hervorzuheben ist jedoch, dass die

(vorgeblich) gewerblichen Einkünfte im Sonderbetriebsvermögen zu keiner

gewerblichen Infektion der gesamten Mitunternehmerschaft führen. § 15

Abs. 3 Nr. 1 EStG ist nicht einschlägig, da die Norm eine gewerbliche Tätigkeit

der Gesellschaft voraussetzt, vgl. BFH-Urt. XI R 51/03 v. 10.11.2004, BStBl.

2007 II, 379; Demuth, KÖSDI 2005, 14491, 14499.

Beraterhinweis: Gewerbliche Sonderbetriebseinnahmen lassen sich vermei-

den, indem der Mandantenstamm unentgeltlich überlassen wird. Im Rahmen

der Gewinnverteilung kann die Überlassung des Mandantenstamms als weite-

rer Gesellschafterbeitrag berücksichtigt werden. Bei einer unentgeltlichen

Überlassung kann sich aber die Problematik eröffnen, dass beim Gesellschaf-

ter der Vorsteuerabzug versagt wird, falls die vorausgegangene Realteilung

nicht als Geschäftsveräußerung im Ganzen gem. § 1 Abs. 1a UStG zu beurtei-

len sein sollte. Auch bei unentgeltlicher Überlassung durch den Gesellschafter

will der XI. Senat des BFH den Vorsteuerabzug zulassen, vgl. BFH-Beschl.

XI R 26/10 v. 14.11.2012, BFH/NV 2013, 259, in Anlehnung an das EuGH-Urt. C-

280/10 (Polski Trawerthyn) v. 1.3.2012, UR 2012, 366, der V. Senat stimmt ei-

ner dahingehenden Änderung der Rspr. aber nicht zu, vgl. BFH-Beschl. V ER-S

2/12 v. 6.12.2012, BFH/NV 2013, 260. Letztlich wird der EuGH diese Frage zu

entscheiden haben.

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II. Sachwertabfindung

(145) § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG regelt nicht nur den Fall, dass ein Wirtschaftsgut aus ei-

nem (Sonder-)Betriebsvermögen unentgeltlich oder gegen Gewährung von

Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen einer Personengesell-

schaft übertragen wird, sondern auch den Fall, dass ein Mitunternehmer ge-

gen Minderung seiner Gesellschaftsrechte ein Wirtschaftsgut aus dem Ge-

samthandsvermögen auf sich überträgt und fortan für eigene betriebliche

Zwecke nutzt („Ausbringung“), vgl. Abschn. II des BMF-Schr. IV B 2 ‒ S 2242 ‒

6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228; Tz. 37 des BMF-Schr. IV C 6 – S

2241/10/10002 (DOK 2011/0973858) v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279.

Anmerkung: Wird die Sachwertabfindung in das Privatvermögen überführt,

kommt es auf Ebene der Personengesellschaft und auf Ebene des ausschei-

denden Mitunternehmers zu einer Gewinnrealisation, vgl. z.B. BFH-Urt.

VIII R 40/84 v. 28.11.1989, BStBl. 1990 II, 561; BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 – 7/06

v. 14.3.2006, BStBl. 2006 I, 253 Rz. 51 (zur Erbauseinandersetzung). Der ein-

heitliche Vorgang der Sachwertabfindung ist steuerrechtlich in zwei Vorgänge

aufzuteilen: In einem ersten Schritt veräußert der ausscheidende Mitunter-

nehmer seinen Mitunternehmeranteil an die verbleibenden Gesellschafter.

Der ausscheidende Mitunternehmer erzielt in Höhe der Differenz des Abfin-

dungsanspruchs zum Bestand seines steuerlichen Kapitalkontos einen Veräu-

ßerungsgewinn oder -verlust i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG, der unter den Vo-

raussetzungen des § 16 Abs. 4 und § 34 EStG begünstigt ist. In Höhe der Diffe-

renz des Abfindungsguthabens zum Kapital des ausscheidenden Mitunter-

nehmers entsteht der Personengesellschaft Anschaffungsaufwand, der quotal

auf die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens zu verteilen ist. Die Gesell-

schaft hat – korrespondierend zum Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen

Mitunternehmers – eine entsprechende Abfindungsverbindlichkeit. In einem

zweiten Schritt erfolgt die Veräußerung der als Sachwertabfindung geleisteten

Wirtschaftsgüter durch die Personengesellschaft an den ausgeschiedenen

Mitunternehmer zur Tilgung der Abfindungsverbindlichkeit. Der erzielte Ver-

äußerungsgewinn der Personengesellschaft ist ausschließlich den verbliebe-

nen Mitunternehmern zuzurechnen.

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(146) Soll das Ausscheiden eines Mitunternehmers im Wege der Sachwertabfindung

in Form der steuerneutralen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern erfol-

gen, ist aus steuerrechtlicher Sicht unter Zugrundelegung der bisherigen Ver-

waltungsauffassung der Fokus darauf zu richten, dass keine Verbindlichkeiten

von dem Ausscheidenden übernommen werden. Die Übernahme von Ver-

bindlichkeiten stellt – anders als im Rahmen einer Realteilung – eine der Steu-

erneutralität des Übertragungsvorgangs entgegenstehende schädliche Gegen-

leistung dar, die nach Auffassung der FinVerw. im Rahmen der Trennungsthe-

orie zur anteiligen Aufdeckung der stillen Reserven führt, vgl. Rz. 15 des BMF-

Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK 2011/0973858) v. 8.12.2011, BStBl.

2011 I, 1279. Im Verhältnis der übernommenen Verbindlichkeiten zum Ver-

kehrswert des übertragenen Einzelwirtschaftsgutes liege ein (teil-)ent-

geltlicher Vorgang vor. Soweit ein Entgelt vorliegt, scheitere die Anwendung

des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG („unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minde-

rung von Gesellschaftsrechten“); es kommt zur (partiellen) Aufdeckung der

stillen Reserven, und zwar sowohl auf Ebene der Personengesellschaft als auch

auf Ebene des ausgeschiedenen Mitunternehmers.

(147) Diese Auffassung indes dürfte obsolet sein, nachdem der IV. Senat des BFH die

Trennungstheorie aufgegeben hat, vgl. BFH-Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012,

DStR 2012, 2051.

(148) Besondere Schwierigkeiten entstehen beim Ausscheiden eines Freiberuflers

aus einer fortbestehenden Personengesellschaft in Bezug auf die in der Praxis

übliche „Mitnahme“ von Mandanten. Die FinVerw. trifft zum Übergang eines

Mandantenstamms im Rahmen einer Sachwertabfindung folgende Anweisun-

gen:

Wird dem ausscheidenden Mitunternehmer ein selbstgeschaffener anteiliger

Mandantenstamm zugewiesen, ist dieser nach § 5 Abs. 2 EStG nicht aktivie-

rungsfähig. Gleichviel fällt er als selbst geschaffenes, nicht bilanzierungsfähiges

immaterielles Wirtschaftsgut in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3

EStG, vgl. BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK 2011/0973858)

v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279, Randnr. 12 i.V.m. Randnr. 4. Indes verlangt

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die FinVerw. zu dem übernommenen Mandantenstamm (oder auch für einen

Geschäfts- oder Firmenwert) einen besonderen Nachweis in einer geeigneten

Dokumentation.

Anmerkung: In einem Erlass des FinMin. Schleswig-Holstein VI 306 ‒ S 2242 ‒

089 v. 28.9.2009, DATEV-LEXinform Dok.-Nr. 5232254, wird dazu angemerkt,

der Übergang eines Mandantenstamms könne z.B. dergestalt dokumentiert

werden, „dass der Stpfl. aufzeigt, wie viele Mandate mit seinem Ausscheiden

auf das Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens oder auf sein Sonderbe-

triebsvermögen in eine andere Mitunternehmerschaft übergegangen sind“.

Bei freien Berufen, die Geheimnisträger sind, ist die Vorlage einer namentli-

chen Liste, die möglicherweise in der Praxis ohnehin erstellt wird, berufsrecht-

lich problematisch, vgl. auch BFH-Urt. VIII R 78/05 v. 28.10.2009, BStBl. 2010 II,

455. – Schwierig dürfte die Abgrenzung zwischen Realteilung und Sachwertab-

findung bei Ausscheiden eines Partners aus einer zweigliedrigen Personenge-

sellschaft sein. Liegt nicht eindeutig eine Realteilung vor, ist zur Erreichung der

Buchwertfortführung (auf beiden Seiten) wichtig, dass die Bedingungen des

§ 6 Abs. 5 EStG eingehalten werden. Insbesondere darf der Ausscheidende vor

Änderung der Rechtsauffassung durch die FinVerw. keine Praxisschulden

übernehmen; sind solche vorhanden, müsste folglich ein Ausgleich durch die

Zuteilung entsprechend geringeren Aktivvermögens erfolgen. Möglicherweise

müsste bei anstehendem Ausscheiden von Gesellschaftern frühzeitig die Rück-

führung von Schulden in Betracht gezogen werden. – Zudem darf die Sach-

wertabfindung nicht in ein Gesamthandsvermögen erfolgen, weil dem die

verwaltungsseitige Versagung von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf Übertragungsvor-

gänge aus einem Gesamthandsvermögen in ein Gesamthandsvermögen ent-

gegensteht, vgl. BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK 2011/0973858)

v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279, Randnr. 18. Dem zitierten Erlass des FinMin.

Schleswig-Holstein ist jedoch zu entnehmen, dass die FinVerw. der in der Pra-

xis für den Fall der Realteilung oder Sachwertabfindung gefundenen Lösung

zustimmt, die zugeteilten Wirtschaftsgüter als Sonderbetriebsvermögen fort-

zuführen, soweit die Gesellschafter ihre Tätigkeit im Rahmen einer anderen

Mitunternehmerschaft fortsetzen, was bei der Teilung freiberuflicher Praxen

durchaus häufig vorkommt.

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- 97 -

(149) Beim Ausscheiden eines Mitunternehmers gegen eine Sachwertabfindung in

Form einer betrieblichen Sachgesamtheit (Teilbetrieb oder Mitunternehmer-

anteil) ist bisher durch die Rspr. nicht geklärt, ob dieser Vorgang in den An-

wendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG oder einer anderen Norm fällt. In

der Literatur wird sowohl die (direkte oder analoge) Anwendung der Realtei-

lungsgrundsätze (§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG) oder die reziprok analoge Anwen-

dung des § 24 UmwStG befürwortet, vgl. Ley, KÖSDI 2010, 16814, 16817

m.w.N. Das FG Hamburg hat jüngst – obiter dictum – die Auffassung vertreten,

das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer mehrgliedrigen Mitunter-

nehmerschaft unter Übernahme eines Teilbetriebs sei ein Anwendungsfall der

Realteilung, vgl. Urt. des FG Hamburg 3 K 89/11 v. 18.4.2012, StE 2012, 499.

Die FinVerw. scheint der Auffassung zu sein, dass eine Sachwertabfindung in

Form einer betrieblichen Sachgesamtheit in den Anwendungsbereich des § 6

Abs. 5 Satz 3 EStG fällt.

Zwar fehlt in Randnr. 12 des BMF-Schr. v. 8.12.2011 der Verweis auf Randnr. 6

Satz 2, der sich mit der Überführung von betrieblichen Sachgesamtheiten be-

fasst. Dem Vernehmen nach handelt es sich bei dem in Randnr. 12 fehlenden

Verweis auf Randnr. 6 Satz 2 um ein redaktionelles Versehen. Eine Abwei-

chung zum Entwurfschreiben v. 24.5.2011 soll in Bezug auf die Anwendbarkeit

des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf betriebliche Sachgesamtheiten nicht intendiert

gewesen sein.

Beraterhinweis: In Gestaltungsfällen ist wegen der bestehenden Restunsicher-

heit die Einholung einer verbindlichen Auskunft ratsam. Nach der Veröffentli-

chung des BMF-Schr. v. 8.12.2011 wurde nach Rücksprache des örtlich zustän-

digen FA mit der OFD Rheinland bereits mindestens in einem Fall die verbindli-

che Auskunft erteilt, dass das Ausscheiden aus einer freiberuflichen Mitunter-

nehmerschaft gegen Sachwertabfindung durch einen Teilbetrieb in den An-

wendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG fällt.

(150) Die Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG geht mit dem Nachteil einher, dass

die Übernahme einer Verbindlichkeit nach noch bestehender Auffassung der

FinVerw. eine schädliche Gegenleistung i.S. des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG darstellt.

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Vor diesem Hintergrund ist bei einer Sachwertabfindung in Form der Übertra-

gung eines Mitunternehmeranteils (oder Teilbetriebs) Vorsicht geboten: Er-

tragsteuerrechtlich stellt der Mitunternehmeranteil kein Wirtschaftsgut dar; er

repräsentiert vielmehr die ideellen Bruchteile der Aktiva und Passiva der Mit-

unternehmerschaft, vgl. Wacker, in: L. Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 15 Rz.

690. Damit übernimmt der im Wege der Sachwertabfindung Ausscheidende

auch den auf den Mitunternehmeranteil entfallenden ideellen Bruchteil der in

der Mitunternehmerschaft befindlichen Verbindlichkeiten, so dass eine Reali-

sation der stillen Reserven nach Maßgabe der Trennungstheorie droht. Das

Problem potenziert sich bei mehrstufigen Personengesellschaftsbeteiligungen.

Die einkommensteuerrechtlich für betriebliche Sachgesamtheiten geltende

sog. Einheitstheorie dient der Abgrenzung von entgeltlichen und unentgeltli-

chen Übertragungen, ändert jedoch nichts daran, dass der Mitunternehmer-

anteil als solcher einkommensteuerrechtlich kein Wirtschaftsgut darstellt. Es

liegt auf der Hand, dass diese transparente Sichtweise dazu führt, dass eine

Sachwertabfindung in Form der Abtretung einer Beteiligung an einer Perso-

nengesellschaft in den Fällen ausscheidet, in denen – was der Regelfall sein

dürfte – eine steuerneutrale Gestaltung gewünscht ist.

Kritische Anmerkung: Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, warum bei einer

im Zuge der Auflösung einer Personengesellschaft durchgeführten Realteilung

Verbindlichkeiten steuerneutral übernommen werden können, bei einer

Sachwertabfindung der wirtschaftlich gleiche Vorgang aber zu einer Gewinn-

realisation führen soll.

III. Konsequenzen der Aufgabe der Trennungstheorie

(151) Soll das Ausscheiden eines Mitunternehmers im Wege der Sachwertabfindung

in Form der steuerneutralen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern erfol-

gen, ist nach bisher einschlägiger Sicht der Fokus darauf zu richten, dass keine

Verbindlichkeiten von dem Ausscheidenden übernommen werden. Die Über-

nahme von Verbindlichkeiten stellt – anders als im Rahmen einer Realtei-

lung – eine der Steuerneutralität des Übertragungsvorgangs entgegenstehen-

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de schädliche Gegenleistung dar, die nach Auffassung der FinVerw. im Rahmen

der Trennungstheorie zur anteiligen Aufdeckung der stillen Reserven führt;

vgl. Rz. 15 des BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK 2011/0973858)

v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279; ausdrücklich für die Übernahme von Ver-

bindlichkeiten im Rahmen einer Sachwertabfindung Erl. SenFin. Berlin III B ‒ S

2242 ‒ 1/2009 v. 3.2.2012, DStR 2012, 907. Im Verhältnis der übernommenen

Verbindlichkeiten zum Verkehrswert des übertragenen Einzelwirtschaftsgutes

liege ein (teil-)entgeltlicher Vorgang vor. Soweit ein Entgelt vorliegt, scheitere

die Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG („unentgeltlich oder gegen Gewäh-

rung oder Minderung von Gesellschaftsrechten“); es komme zur (partiellen)

Aufdeckung der stillen Reserven, und zwar sowohl auf Ebene der Personenge-

sellschaft als auch auf Ebene des ausgeschiedenen Mitunternehmers.

(152) Was indes nach der Rspr., vgl. BFH-Urt. IV R 41/11 v. 2.8.2012, DStR 2012,

2118, s. dazu den Abschn. A/I.2, hinsichtlich der Einbringung einzelner Wirt-

schaftsgüter gilt, muss auch für die Ausbringung gelten. Wird insoweit § 6

Abs. 5 Satz 3 EStG als einschlägige Norm angesehen, die den Transfer der ein-

zelnen Wirtschaftsgüter gegen Minderung der Gesellschaftsrechte regelt, führt

ein Entgelt in der Gestalt der Übernahme einer Verbindlichkeit wiederum

nicht zur Realisation eines Gewinns, als das Entgelt den Buchwert ‒ mithin das

Kapitalkonto ‒ nicht überschreitet.

Beispiel:

Aktiva Passiva

Geschäftsausstattung 150

Gebäude

(Verkehrswert 350) 150

Bank 50

350

A 100

B 100

C (Verkehrswert 300) 100

Verbindlichkeit 50

350

C scheidet aus, übernimmt das Gebäude im Wert von 350 und eine Verbind-

lichkeit von 50.

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(a) Auffassung Finanzverwaltung

A und B erhalten für das übertragene Gebäude ein Teilentgelt von 50,

welches 1/7 des Verkehrswertes ausmacht. Damit führt das Ausscheiden

des C zu einem Veräußerungsgewinn von 50 ./. 1/7 von 150 (Buchwert

Gebäude) = 28,57.

(Buchungen:

Verbindlichkeit 50

an Gebäude 21,43

a.o. Ertrag 28,57

Kapital C 100

Geschäftswert

[oder: Kapital A/B] 28,57

an Gebäude 128,57).

(b) Übertragung der Rechtsgrundsätze des BFH

Die Summe der Gegenleistungen überschreitet den Buchwert des Ge-

bäudes nicht, so dass A und B keinen Veräußerungsgewinn zu versteu-

ern haben.

(Buchung:

Kapital C 100

Verbindlichkeit 50

an Gebäude 150).

IV. Fortführung der beruflichen Tätigkeit

(153) Geklärt ist, dass es für die Gewährung der Veräußerungsprivilegien nach §§ 16,

18 Abs. 3, 34 EStG unschädlich ist, wenn der Praxisveräußerer noch als Ange-

stellter oder freier Mitarbeiter für den Erwerber tätig ist, bestätigt durch BFH-

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Urt. X R 40/07 v. 17.7.2008, DStR 2008, 2254 (betr. freie Mitarbeit nach Ver-

äußerung eines Gewerbebetriebs). Das kann nicht anders sein, wenn ein Part-

ner seinen Mitunternehmeranteil an einer Freiberufler-Personengesellschaft

überträgt und für die Gesellschaft auf dieser Basis tätig bleibt.

(154) Ebenso ist geklärt, dass es für die Anwendung der Tarifermäßigung nach §§ 16,

18 Abs. 3, 34 EStG unschädlich ist, wenn der bisherige Praxisinhaber geringfü-

gige Tätigkeiten zurückbehält. Das gilt m.E. grundsätzlich gleichermaßen für

Mitunternehmer, die ihre Anteile übertragen, und für Einbringungsfälle, wenn

der die Praxis Einbringende geringfügige Tätigkeiten für eigene Rechnung wei-

terführt, vgl. zur Einbringung BFH-Urt. IV R 3/03 v. 16.12.2004, BFH/NV 2005,

879. Die Rspr. hat für die Übertragung von Einzelpraxen eine 10 %-Grenze

entwickelt (unschädlich ist, wenn aus der zurückbehaltenen Geschäftsbezie-

hung weniger als 10 % des Durchschnittsumsatzes der letzten drei Jahre erzielt

wird), die die FinVerw. anerkennt. Offen ist, ob sich diese bei Mitunterneh-

merschaften nach Maßgabe der bisherigen Beteiligungsquote des Ausschei-

denden vermindert.

Hinweis: Ist der seine Praxis Einbringende ohnehin an der Freiberufler-

Personengesellschaft beteiligt, kann die Fortführung bestimmter Tätigkeiten

auch dadurch erreicht werden, dass zwar die gesamte Praxis eingebracht wird,

im Innenverhältnis aber die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für diese Tä-

tigkeiten dem Einbringenden obliegen und er dafür einen (möglicherweise am

einschlägigen Umsatz orientierten) Vorabgewinn enthält.

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- 102 -

V. Vertragsmuster

Vertragsmuster – Realteilung einer oHG

Vertrag über die

Auflösung und Realteilung

der AB oHG

zwischen

Herrn A, wohnhaft …

und

Herrn B, wohnhaft …

Die Gesellschafter der offene Handelsgesellschaft in Firma „AB oHG“ mit dem Sitz in

Köln, Amtsgericht Köln HR A ### (im Folgenden: oHG),

Herr A …, und

Herr B …,

treten unter Verzicht auf sämtliche Form- und Fristerfordernisse für die Einberufung

und Abhaltung einer Gesellschafterversammlung zu einer Gesellschafterversamm-

lung zusammen.

Die Gesellschafterversammlung beschließt einstimmig das Folgende:

1. Die oHG wird mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.2013 aufgelöst. Abweichend

von §§ 145 ff. HGB bzw. §§ 730 ff. BGB wird als Abwicklungsverfahren die Aus-

einandersetzung im Wege der Realteilung abschließend nach Maßgabe des

Folgenden vereinbart.

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a) Die oHG überträgt die in der Anlage 1 aufgeführten Aktiva und Passiva

einschließlich der bestehenden Vertragsverhältnisse, schwebender Ge-

schäfte und halbfertiger Arbeiten mit Wirkung im Innenverhältnis zum

Ablauf des 31.12.2013 im Wege der Einzelrechtübertragung auf Herrn A,

der die Aktiva und Passiva fortan im Rahmen seines als Einzelkaufmann

unter der Firma „A - e.K.“ unterhaltenen Geschäftsbetrieb nutzt.

b) Die oHG überträgt die in der Anlage 2 aufgeführten Aktiva und Passiva

einschließlich der bestehenden Vertragsverhältnisse, schwebender Ge-

schäfte und halbfertiger Arbeiten mit Wirkung im Innenverhältnis zum

Ablauf des 31.12.2013 im Wege der Einzelrechtübertragung auf Herrn B,

der die Aktiva und Passiva fortan im Rahmen seines als Einzelkaufmann

unter der Firma „B - e.K.“ unterhaltenen Geschäftsbetrieb nutzt.

c) Der Realteilung wird die Schlussbilanz der KG zum 31.12.2013 zugrunde

gelegt. Diese ist unter Fortführung der bisherigen Bilanzierungspraxis

sowie unter Beachtung handels- und steuerrechtlicher Vorschriften und

des Gesellschaftsvertrages zu erstellen. Stille Reserven werden nicht

aufgedeckt; ein Firmenwert ist nicht auszuweisen. Herr A und Herr B

werden die in der Schlussbilanz ausgewiesenen Buchwerte der ihnen

jeweils zugewiesenen Aktiva und Passiva einschließlich einer etwaigen

steuerlichen Ergänzungsbilanz in ihrer jeweiligen gewerblichen Einzel-

firma fortführen.

d) In Hinsicht auf die zur steuerlichen Buchwertfortführung notwendigen

Anpassungen der Kapitalkonten in den Fortführungs-/Eröffnungsbilanz-

en werden die festen Kapitalkonten der Gesellschafter bereits in der

Schlussbilanz erfolgsneutral um die Summe der Nettobuchwerte (Aktiva

./. Passiva) der übernommenen Wirtschaftsgüter angepasst.

e) Der anteilige Jahresüberschuss zum 31.12.2013 wird den Verrechnungs-

konten der Gesellschafter gutgebracht und kann entnommen werden.

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- 104 -

f) Die Beteiligten gehen von der Gleichwertigkeit der jeweils übernomme-

nen Wirtschaftsgüter aus. Ein Spitzenausgleich ist nicht zu erbringen,

auch nicht insoweit, als stille Reserven in unterschiedlichem Umfang auf

die einzelnen Gesellschafter übergehen sollten. Eine Ausgleichszahlung

ist auch dann nicht zu erbringen, wenn eine bei der oHG durchgeführte

Außenprüfung zu abweichenden Buchwerten führt; in diesem Fall füh-

ren die Gesellschafter die geänderten Buchwerte gem. Buchst. b) fort.

g) Kommt es zu einer Nachversteuerung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG, ist

der durch den rückwirkenden Ansatz des gemeinen Werts des Wirt-

schaftsguts realisierte Gewinn nur dem Gesellschafter zuzurechnen, der

die Veräußerung oder Entnahme getätigt hat.

h) Die Beteiligten gehen davon aus, dass die Gesamtheit der jeweils auf die

Gesellschafter übertragenen Aktiva und Passiva einkommensteuerrecht-

lich jeweils die Voraussetzungen eines Teilbetriebs erfüllen und daher

die jeweilige Übertragung als nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im

Ganzen nicht der Umsatzsteuer unterliegt (§§ 1 Abs. 1a, 15a Abs. 10

UStG). Sollte ein steuerbarer Umsatz vorliegen, ist die Umsatzsteuer zu-

sätzlich geschuldet. Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, an der Erteilung

einer ordnungsgemäßen Rechnung i.S. des § 14 UStG der oHG als leis-

tender Unternehmer mitzuwirken. Die Leistungsempfänger treten be-

reits jetzt ihre etwaigen künftigen Ansprüche auf Erstattung der Vor-

steuer an die oHG ab und verpflichten sich zur formgerechten Anzeige

der Abtretungen an die Finanzbehörde nach Maßgabe von § 46 Abs. 3

AO.

2. Zum Zwecke der Durchführung der beschlossenen Auflösung und Realteilung

der oHG vereinbaren die Beteiligten folgende Übertragungen:

a) Die oHG, insoweit vertreten die Gesellschafter, überträgt unter Befrei-

ung von den Beschränkungen des § 181 BGB sämtliche materiellen und

immateriellen Vermögensgegenstände, Verbindlichkeiten, Vertragsver-

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hältnisse, schwebende Geschäfte und halbfertige Arbeiten gemäß dem

als Anlage 1 beigefügten Inventar auf den dies annehmenden Herrn A.

b) Die oHG, insoweit vertreten die Gesellschafter, überträgt unter Befrei-

ung von den Beschränkungen des § 181 BGB sämtliche materiellen und

immateriellen Vermögensgegenstände, Verbindlichkeiten, Vertragsver-

hältnisse, schwebende Geschäfte und halbfertige Arbeiten gemäß dem

als Anlage 2 beigefügten Inventar auf den dies annehmenden Herrn B.

c) Die Beteiligten werden unverzüglich sämtliche zum Übergang von Rech-

ten und zur Übernahme von Verbindlichkeiten durch Herrn A und Herrn

B notwendigen Zustimmungen von Vertragspartnern einholen. Solange

eine Zustimmung aussteht, stellen sich die Beteiligten in Hinsicht auf

Forderungen und Verbindlichkeiten im Innenverhältnis gleichwohl so,

als wären die Zustimmungen erteilt.

3. Die mit der Errichtung dieser Urkunde sowie der Durchführung der darin ge-

troffenen Vereinbarungen veranlassten Kosten einschließlich Beratungskos-

ten, Aufstellung der Schlussbilanz und Gerichtskosten trägt die oHG. Sie sind in

der Schlussbilanz aufwandswirksam zurückzustellen.

4. Die Ungültigkeit einzelner Bestimmungen des Vertrages berührt nicht seine

Wirksamkeit im Ganzen. Anstelle der unwirksamen Bestimmung oder zur Aus-

füllung einer Lücke ist eine angemessene Regelung zu vereinbaren, die dem

am nächsten kommt, was die Vertragschließenden gewollt haben oder nach

dem Sinn und Zweck des Vertrages gewollt hätten, sofern sie den Punkt be-

dacht hätten. Beruht die Ungültigkeit auf einer Leistungs- oder Zeitbestim-

mung, tritt an ihre Stelle das gesetzlich zulässige Maß.

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F. Gestaltungsfeld Praxisveräußerung und Betriebsaufgabe

I. Steuerbegünstigte Veräußerungsgewinne

(155) Nach h.A. setzt eine tarifbegünstigte Praxisveräußerung gem. § 18 Abs. 3 EStG

voraus, dass der Berufsträger die wesentlichen wirtschaftlichen Grundlagen,

insbesondere die immateriellen Wirtschaftsgüter wie Mandantenstamm und

Praxiswert, entgeltlich auf einen anderen überträgt. Es ist jedoch geklärt, dass

es unschädlich ist, wenn der Veräußerer als Arbeitnehmer oder freier Mitar-

beiter des Erwerbers noch in dessen Namen und für dessen Rechnung tätig

bleibt, vgl. z.B. H 18.3 „Veräußerung“ EStH 2012 mit RsprNachweisen. Dies hat

der BFH mit Urt. X R 40/07 v. 17.7.2008, BStBl. 2009 II, 43, bestätigt (und auf

gewerbliche Veräußerungsfälle ausgedehnt), vgl. auch BFH-Urt. VIII R 22/09

v. 26.6.2012, BStBl. 2012 II, 777.

(156) Außerdem ist nach gefestigter Rspr. und Verwaltungsauffassung (vgl. H 18.3

„Veräußerung“ EStH 2012) die geringfügige Fortsetzung freiberuflicher Tätig-

keit nach Praxisveräußerung unschädlich, wenn Mandanten- bzw. Patienten-

beziehungen zurückbehalten werden, aus denen in den letzten drei Jahren

weniger als 10 % der gesamten Einnahmen erzielt worden sind. Aus den näm-

lichen zurückbehaltenen Beziehungen wider Erwarten entstandene spätere

Einnahmensteigerungen sind unschädlich, vgl. BFH-Beschl. XI B 5/00

v. 6.8.2001, BFH/NV 2001, 1561; Kurzinformation der OFD Koblenz

v. 15.12.2006, DB 2007, 314. Die FinVerw. ist jedoch der Auffassung, jedwede

Schaffung neuer zusätzlicher „Geschäftsbeziehungen“ innerhalb des relevan-

ten Zeitraums nach Praxisveräußerung führe zur Versagung der Tarifprivilegien

(ggf. zur Berichtigung der Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO), un-

abhängig von der 10-%-Grenze, Kurzinformation der OFD Koblenz unter Hin-

weis auf die Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der

Länder v. 15.12.2006, DB 2007, 314. Die OFD legt sich nicht auf den Zeitraum

fest, in dem sich der veräußernde Freiberufler enthalten muss, meint aber,

neun Monate wären nicht ausreichend, während mehr als drei Jahre im allge-

meinen genüge. Sie weist im Übrigen darauf hin, dass es für die Veräuße-

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rungsprivilegien schädlich sein kann, wenn bisherige eigene Praxisräume wei-

terhin genutzt werden und Betriebsvermögen bleiben.

Eigene Meinung: Das Entstehen neuer Geschäftsbeziehungen kann nur schäd-

lich sein, wenn es nicht geringfügig ist, was m.E. jedenfalls angenommen wer-

den sollte, wenn insgesamt 10 % der Altumsätze nicht überschritten werden;

gl.A. Wacker, in: Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 18 Rz. 223; Schoor, DStZ

2007, 446; a.A. Brandt, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 18 EStG Anm. 324

(Juni 2010).

(157) Teilpraxen, deren Veräußerung nach §§ 18 Abs. 3, 34 EStG begünstigt ist, die

unter das Buchwertfortführungswahlrecht nach §§ 20, 24 UmwStG fallen und

nach § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich zum Buchwert übertragen werden können,

werden i.d.R. nur anerkannt, wenn es sich um eigenständige Tätigkeitsberei-

che an verschiedenen Orten mit abgegrenztem Einzugsbereich handelt oder

mehrere wesensverschiedene Tätigkeiten vorliegen.

Bemerkenswert ist dazu, dass der BFH im Wege einer historischen Be-

trachtung („historisch gewachsene Betriebe“) eine hinzuerworbene Pra-

xis, die neben der bereits vorhanden fortgeführt worden ist, als Teilpra-

xis anerkannte, auch wenn sie zwischenzeitlich vergrößert worden ist

und „innerbetriebliche“ Leistungen für die anderen Bereiche durchführt,

vgl. BFH-Urt. VIII R 22/09 v. 26.6.2012, BStBl. 2012 II, 777; vgl. dazu auch

Fuhrmann, NWB 2012, 3600. Im Streitfall hatte ein StB und WP neben

einer selbst gegründeten Praxis in der Vergangenheit zwei Praxen hinzu-

gekauft und eine davon, die er nach dem Erwerb in 22 km entfernten

Kanzleiräumen fortführte, veräußert.

Ebenfalls im Urt. VIII R 22/09 v. 26.6.2012, BStBl. 2012 II, 777, hat der

BFH entschieden, die nebeneinander betriebene Steuerberatung und

Wirtschaftsprüfung seien wesensverschiedene Tätigkeiten, so dass bei

organisatorischer Trennung zwei Teilpraxen unter einem Dach vorliegen

können (im Streitfall ging es darum, ob der Verkauf des Steuerbera-

tungszweigs als Teilpraxisveräußerung begünstigt ist, wenn gleichzeitig

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- 108 -

die WP-Mandate auf eine WP-GmbH überführt werden; der BFH hält

dies für denkbar).

Wesensverschieden sind nach dem Verständnis des BFH auch Tätigkei-

ten eines Arztes als Allgemeinmediziner und als Facharzt für Arbeits-

medizin, vgl. BFH-Urt. IV R 17/03 v. 4.11.2004, BStBl. 2005 II, 208. Teil-

praxen können deshalb dann vorliegen, sofern den Praxisteilen die für

Teilbetriebe notwendige organisatorische Selbständigkeit zukommt.

Hinweis: Liegen wesensverschiedene Tätigkeiten vor, können durch ge-

zielte organisatorische Trennung vor der beabsichtigten Übertragung

der Praxisteile die Voraussetzungen für eine begünstigte Teilpraxisüber-

tragung geschaffen werden. Derartige vorbereitende Maßnahmen sind

keinesfalls missbräuchlich.

Ein Laborbetrieb für die eigene Zahnarztpraxis ist kein Teilbetrieb (aber

eine wesentliche Betriebsgrundlage für die Praxis), so dass die isolierte

Übertragung bzw. Einbringung in Gesellschaften nicht nach §§ 6 Abs. 3,

18 Abs. 3, 34 EStG und §§ 20, 24 UmwStG begünstigt ist, vgl. BFH-Urt.

IV R 3/03 v. 16.12.2004, BFH/NV 2005, 879, mit der Erwägung, dies

könnte anders sein, wenn der Umfang der Laborleistungen 10 % des Ge-

samtumsatzes unterschreitet und deshalb geringfügig ist.

(158) Scheidet ein Mitunternehmer aus einer zweigliedrigen freiberuflichen ärztli-

chen Gemeinschaftspraxis mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gegen

Abfindung aus, ist zwar für den Ausscheidenden eine Übergangsbesteuerung

nach R 4.5 EStR durch Erstellung einer Steuerbilanz vorzunehmen, jedoch ist

der verbleibende Partner, der die verbliebene Einzelpraxis fortführt, nicht ver-

pflichtet, hinsichtlich seiner bisherigen Beteiligungsquote eine Übergangsbe-

steuerung durchzuführen. Das hat das Sächs. FG mit Urt. 5 K 1231/07

v. 23.3.2011 (rkr., obwohl Rev. zugelassen), zutreffend entschieden. Der ver-

bleibende Partner kann den Teil der Abfindung, der auf Honorarforderungen

entfällt, bei seiner Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sogleich als Be-

triebsausgaben absetzen.

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II. Praxiswert und Vertragsarztzulassung

BFH-Urt. VIII R 13/08 v. 9.8.2011, BStBl. 2011 II, 875

Sachverhalt und Beurteilung:

(159) Ein Facharzt für Orthopädie erwarb eine Facharztpraxis mit dem Patienten-

stamm der gesetzlich Versicherten. Die Privatpraxis führte der Verkäufer fort;

sie war vom Vertrag ausgenommen worden. Die Geschäftsgrundlage des

Übernahmevertrages sollte entfallen, wenn der Erwerber aus von ihm nicht zu

vertretenden Gründen die Zulassung als Vertragsarzt nicht erhalten sollte. ‒

Das FA nahm an, die Hälfte des vom erwerbenden Arzt entrichteten Betrages

für den Praxiswert entfalle auf den „wirtschaftlichen Vorteil einer Vertrags-

arztzulassung“, der als ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut ne-

ben dem Praxiswert anzusehen sei.

(160) Diese Sichtweise verwarf der BFH: Der die Praxis übergebende Vertragsarzt

könne den Vorteil aus der Zulassung grundsätzlich nicht selbständig verwer-

ten. Die Zulassung als Vertragsarzt ist vielmehr über das Nachbesetzungsver-

fahren ein vom Praxiserwerb unabhängiger Rechtsakt. Deswegen geht die Zu-

lassung als Vertragsarzt in den Praxiswert ein und ist nicht als Wirtschaftsgut

zu verselbständigen.

Hinweise für die Praxis:

(161) Der Geschäftswert ist Ausdruck für die Gewinnchancen eines Unternehmens,

soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind, sondern durch

den Betrieb des einzelnen Unternehmens im Ganzen auf Grund besonderer,

dem Unternehmen eigener Vorteile höher oder gesicherter erscheinen als bei

einem anderen vergleichbaren Unternehmen. Bei Erwerb einer freiberuflichen

Praxis stellt er sich im Rahmen des Praxiswertes als erworbenes Chancenpa-

ket dar, das sich aus den verschiedenen wertbildenden Einzelbestandteilen

zusammensetzt (Patientenstamm, Standort, Umsatz, Facharztgruppe usw.).

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(162) Vom Geschäftswert oder Praxiswert sind selbständige Wirtschaftsgüter zu un-

terscheiden. Diese liegen dann vor, wenn sie veräußert werden können, wobei

es nicht auf die Einzelveräußerbarkeit, sondern lediglich darauf ankommt, dass

der Vermögenswert zusammen mit dem Betrieb übertragen werden kann.

Auch unselbständige werterhöhende Faktoren eines Wirtschaftsguts können

zum Gegenstand eines Veräußerungsvorgangs gemacht und dadurch zu einem

selbständigen immateriellen Wirtschaftsgut konkretisiert werden. Dies ist et-

wa der Fall, wenn eine „Veräußerung des Kundenkreises“ erfolgt oder eine

Ackerprämienberechtigung zum Gegenstand eines Kaufvertrages gemacht

wird, vgl. dazu BFH-Urt. IV R 28/08 v. 30.9.2010, BStBl. 2011 II, 406; s. StF 30,

2011, Tz. B/9.

(163) Die Vertragsarztzulassung kann aber grundsätzlich nicht selbständig verwertet

werden. Es kann lediglich gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ein An-

trag auf Fortführung der bestehenden Praxis durch einen Nachfolger gestellt

werden. Dieser Antrag löst dann ein neues Zulassungsverfahren aus.

Darin sieht der BFH auch den entscheidenden Unterschied zur Güterfernver-

kehrsgenehmigung, die ein selbständiges Wirtschaftsgut ist; bei der Veräuße-

rung eines Speditionsunternehmens hing die Höhe des Kaufpreises entschei-

dend vom Vorhandensein einer oder mehrerer Güterfernverkehrsgenehmi-

gungen ab. Sie konnten mit dem Unternehmen entgeltlich übertragen und

einzeln bewertet werden und erfüllten damit die Merkmale eines Wirtschafts-

guts, wohingegen die Zulassung als Vertragsarzt von persönlichen Vorausset-

zungen abhängig ist, die nicht Gegenstand einer Veräußerung sein können,

insbesondere von der beruflichen Qualifikation als Arzt.

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(164) In überblicksartiger Darstellung ergibt sich damit folgende Trennung wertbil-

dender Faktoren von selbständigen Wirtschaftsgütern:

Ausdruck der Gewinnchancen, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind

selbständige Wirtschaftsgüter

Geschäftswert / Praxiswert

Konkretisierung zum selb-ständigen immateriellen

Wirtschaftsgut

Güterfernverkehrsgenehmigung (Veräußerbarkeit mit dem

Betrieb)

selbständiger Verkaufsakt (auch bei Übertragung mit dem

Betrieb)

werterhöhende Faktoren

(geschäftswertbildende Rechtsreflexe / Nutzungsvor-teile eines Wirtschaftsguts)

Vertragsarztzulassung (abhängig von persönlichen Vorausset-

zungen, die nicht Gegenstand einer Veräußerung sein können

− Zulassung als Arzt)

III. Praxisaufspaltung durch Verpachtung des Mandantenstamms

BFH-Beschl. VIII B 116/10 v. 8.4.2011, BFH/NV 2011, 1135

Sachverhalt und Beurteilung:

(165) Ein Steuerberater gründete eine Steuerberatungs-GmbH, welcher er den

Mandantenstamm seiner (ehemaligen) Freiberuflerpraxis zur Nutzung über-

ließ. Streitig wurde, ob darin eine Betriebsaufspaltung mit der Rechtsfolge an-

gelegt ist, dass die Einnahmen aus der Verpachtung des Mandantenstamms

der GewSt. unterliegen. Der Sachverhalt sei in der folgenden Abbildung darge-

stellt:

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StB

Mandanten-stamm

freiberufliche Einzelpraxis

StB-GmbH

Verpachtung

Pachteinnahmen unterliegen der

GewSt.

100 %

(166) Der BFH hielt die nach Ergehen der für den Steuerberater negativen Entschei-

dung des FG eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde für unbegründet. In der

Rspr. des BFH sei geklärt, dass der Mandantenstamm eines Steuerberaters als

eigenständiges Wirtschaftsgut Gegenstand eines Pachtvertrages sein kann

und es sich dabei um den wesentlichen und werthaltigsten Teil des Betriebs-

vermögens handelt.

Hinweise für die Praxis:

(167) Der BFH unterstreicht nochmals, die vermietende oder verpachtende Tätigkeit

einer freiberuflichen Besitzgesellschaft im Rahmen einer freiberuflichen Be-

triebsaufspaltung führe zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, vgl. auch BFH-Urt.

IV R 67/96 v. 13.11.1997, BStBl. 1998 II, 254. Zwischen der im vorzitierten Ur-

teil streitigen Überlassung von Räumlichkeiten, Einrichtungsgegenständen und

Geräten und der im Beschwerdeverfahren streitigen Überlassung des Man-

dantenstamms vermag der BFH keinen Unterschied zu sehen.

(168) Der Kläger hatte einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorgebracht,

indem er darauf verwies, der BFH habe mit Urt. IV R 16/92 v. 29.4.1993, BStBl.

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1993 II, 716, entschieden, die Erbin eines Kunstmalers erziele nachträgliche

Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, wenn sie die von ihrem Ehemann ge-

malten Bilder nach dessen Tod verkauft. Diesen Einwand legte der BFH als Di-

vergenzrüge aus, vermochte aber keine Abweichung zu erkennen, weil der

vorzitierten Entscheidung des BFH kein Fall der Betriebsaufspaltung zugrunde

lag.

(169) Im Streitfall konnte der BFH offen lassen ‒ weil die Frage nicht klärungsbedürf-

tig war ‒, ob bereits die Verpachtung des Mandantenstamms für sich ge-

nommen (ohne Betriebsaufspaltung) zu gewerblichen Einkünften führe müsse;

dafür spricht sich (RiaBFH, VIII. Senat) Brandt, in: Herrmann/Heuer/Raupach,

EStG/KStG, § 18 EStG Anm. 22 Stichwort „Verpachtung des Mandantenstam-

mes“ (Juni 2010), aus. Diese Frage erlangt jedoch insbesondere dann Bedeu-

tung, wenn ein im Sonderbetriebsvermögen befindlicher Mandantenstamm

(z.B. nach einer Realteilung) an die Personengesellschaft entgeltlich überlassen

wird. Sollte die Auffassung von Brandt zutreffend sein, so hätte dies nicht die

gewerbliche Infektion der gesamten Mitunternehmerschaft zur Folge, da § 15

Abs. 3 Nr. 1 EStG bei einer nur im Sonderbetriebsvermögen entfalteten ge-

werblichen Tätigkeit keine Anwendung findet, vgl. Wacker, in: L. Schmidt,

EStG, 33. Aufl. 2014, § 15 Rz. 190.

Hinweis: Gleichwohl darf nicht außer Acht gelassen werden, dass latent die

Gefahr einer verdeckten Einlage des Mandantenstamms besteht. Denn wie die

kurze Abschreibungsdauer eines entgeltlich erworbenen Mandantenstamms

zeigt, gehen diese im Regelfall nach drei bis fünf Jahren, vgl. Kulosa, in:

L. Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 7 Rz. 110, auf den Erwerber über. Ohne be-

sondere „Vorkehrungen“ könnte im Rahmen einer Bp. die Frage auftauchen,

ob die Mandatsbeziehung nach Ablauf von mehreren Jahren „von selbst“ auf

die GmbH übergegangen ist. Aus diesem Grund sollte durch kurzfristige Kündi-

gungsmöglichkeit dokumentiert werden, dass kurzfristig die Mandatsbezie-

hung wieder zurückgeholt werden kann. Zudem dürfte die Gefahr des „un-

freiwilligen“ Übergangs des Mandantenstamms deutlich verringert oder gar

ausgeschlossen sein, wenn die verpachteten Mandate im Wesentlichen durch

den Verpächter (in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH) betreut

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werden und somit die enge persönliche Bindung zwischen dem verpachteten

Berufsträger und den Mandanten aufrecht erhalten bleibt.

IV. Gesamtplan bei §§ 16, 34 EStG

(170) Die Problematik des Handelns in einem steuerschädlichen Gesamtplan war im

Ertragsteuerrecht erstmals durch den IV. Senat des BFH im Zusammenhang

mit einer begehrten Tarifermäßigung für die Veräußerung eines Mitunter-

nehmeranteils herausgearbeitet worden, vgl. BFH-Urt. IV R 18/99 v. 6.9.2000,

BStBl. 2001 II, 229. Danach ist der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitun-

ternehmeranteils nicht tarifbegünstigt, wenn auf Grund „einheitlicher Pla-

nung und im engen zeitlichen Zusammenhang“ mit einer Anteilsveräußerung

wesentliche Betriebsgrundlagen der Mitunternehmerschaft zu Buchwerten in

ein anderes Betriebsvermögen überführt werden. Der Entscheidung lag der

Sachverhalt zugrunde, dass eine KG zum 1.1.1989 Grundstücke und Gebäude

aus ihrem Betriebsvermögen zum Buchwert an Schwestergesellschaften ver-

äußert hatte. Im Februar 1989 übertrugen die Stpfl. sodann ihre Mitunter-

nehmeranteile zum Teilwert an eine Holdinggesellschaft. Die Anwendung der

Tarifermäßigung auf den daraus resultierenden Veräußerungsgewinn versagte

der BFH auf Grund der vorausgegangenen Ausgliederung der Grundstücke und

Beteiligungen zum Buchwert. Der steuerliche Gesamtplan im Ertragsteuer-

recht war geboren.

(171) Mit BFH-Urt. IV R 49/08 v. 25.2.2010, BStBl. 2010 II, 726, erfolgte aber – so

wörtlich der IV. Senat – auch hier eine „Präzisierung“ der Gesamtplan-Rspr.,

indem der Tarifermäßigung für die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils

nicht entgegensteht, wenn zuvor Beteiligungen an Tochter-Mitunternehmer-

schaften, die zum Gesamthandsvermögen jener Personengesellschaft gehö-

ren, deren Anteil veräußert wird, zu Buchwerten in das Gesamthandsvermö-

gen einer Schwesterpersonengesellschaft übertragen worden sind; s. dazu

ausführlich Strahl, KÖSDI 2010, 17165, 17168 f. Ursächlich für diese Beurtei-

lung ist, dass die Veräußerung der unternehmerischen Teileinheiten durch die

Ober-Personengesellschaft, wäre sie isoliert erfolgt, beim Gesellschafter der

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Ober-Personengesellschaft begünstigt gewesen wäre. Die Ausgliederung von

Teileinheiten vor einer erstrebten tarifbegünstigten Veräußerung ist mithin

anders zu beurteilen als die Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter.

(172) Durch das BFH-Urt. I R 72/08 v. 25.11.2009, BStBl. 2010 II, 471, hat der I. Senat

den möglichen Anwendungsbereich der Gesamtplan-Rspr. für Ausgliederungs-

gestaltungen im Anwendungsbereich des § 20 UmwStG erheblich eingeengt,

indem er entschieden hat, die Ausgliederung eines funktional wesentlichen

Grundstücks zwei Monate vor Einbringung von Mitunternehmeranteilen in ei-

ne GmbH stelle keinen die Buchwertfortführung des § 20 UmwStG in Frage

stellenden Gesamtplan dar, wenn die Auslagerung der funktional wesentlichen

Betriebsgrundlage auf Dauer erfolgt. Danach liegt unter dem Gesichtspunkt

eines Gestaltungsmissbrauchs resp. eines schädlichen Gesamtplans eine die

Buchwerteinbringung nach § 20 UmwStG vereitelnde steuerschädliche Aus-

gliederungsgestaltung nur dann vor, wenn die Auslagerung einer funktional

wesentlichen Betriebsgrundlage im Vorgriff auf eine anschließende Einbrin-

gung alsbald wieder rückgängig gemacht wird. Wörtlich führt der BFH im Urt.

I R 72/08 v. 25.11.2009, BStBl. 2010 II, 471, aus:

„[…] die ‚Auslagerung´ einer wesentlichen Betriebsgrundlage aus

dem einzubringenden Mitunternehmeranteil ist steuerlich anzu-

erkennen, sofern sie auf Dauer erfolgt und deshalb andere wirt-

schaftliche Folgen auslöst als die Einbeziehung des betreffenden

Wirtschaftsguts in den Einbringungsvorgang (ebenso Beh-

rens/Schmitt, FR 2002, 549, 552; ähnlich Herlinghaus in Röd-

der/Herlinghaus/van Lishaut, aaO, § 20 UmwStG Rz 42). Anders

kann es sein, wenn sie alsbald rückgängig gemacht wird und sich

deshalb als nur vorgeschoben erweist.“

(173) Ob die für § 20 UmwStG entwickelten Rspr.-Grundsätze auf § 24 UmwStG

übertragbar sind, wenn im Vorfeld einer Einbringung in eine Mitunternehmer-

schaft eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage zu Buchwerten ausge-

gliedert wird, ist höchstrichterlich bisher ungeklärt. Allerdings hat der X. Senat

des BFH mit Urt. X R 60/09 v. 9.11.2011, BStBl. 2012 II, 638 entschieden, dass

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die Veräußerung einer vormals funktional wesentlichen Betriebsgrundlage im

Vorfeld einer Einbringung in eine Personengesellschaft der Anwendung des

§ 24 UmwStG im Regelfall nicht entgegensteht. In diesem Zusammenhang hat

der X. Senat die Argumentation des I. Senats aufgegriffen und klargestellt, dass

eine dauerhafte Ausgliederung einer funktional wesentlichen Betriebsgrundla-

ge im Regelfall steuerrechtlich nicht als schädlicher Gesamtplan zu würdigen

ist. Den Urteilsgründen kann deutlich entnommen werden, dass der X. Senat

der Anwendung der Gesamtplan-Rspr. bei Buchwertausgliederungen vor

Buchwerteinbringungen gem. § 24 UmwStG äußerst kritisch gegenübersteht.

Nach zutreffender Auffassung ist davon auszugehen, dass dem Gesamtplan für

Buchwertausgliederungen vor einer Einbringung gem. §§ 20, 24 UmwStG kei-

ne Bedeutung mehr zukommt, wenn die Ausgliederung dauerhaft erfolgt, vgl.

(Ltd. MinR im FinMin. NRW) Brandenberg, DB 2013, 17, 19 („Der Gesamtplan

ist nach der neuen Rspr. des BFH ‚tot‘, wenn wesentlichen Betriebsgrundlagen

ausgegliedert werden und diese Ausgliederung auf Dauer angelegt ist.“);

Bohn/Pelters, DStR 2013, 281, 287.

Hinweis: Im Anwendungsbereich der §§ 16, 34 EStG ist geklärt, dass die Ent-

nahme einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage im Zusammenhang

mit einer anschließenden Veräußerung der Anwendung von §§ 16, 34 EStG

nicht entgegenstehen, vgl. BFH-Urt. IV R 67/86 v. 24.8.1989, BStBl. 1990 II,

132. Das gleiche gilt m.E. ebenfalls für eine Entnahme vor Einbringung nach

§ 24 UmwStG; so wohl auch der X. Senat des BFH mit Urt. X R 60/09

v. 9.11.2011, BStBl. 2012 II, 638, unter II.2.d.cc der Urteilsgründe mit Hinweis

auf BFH-Urt. IV R 67/86 v. 24.8.1989, BStBl. 1990 II, 132.

(174) Es steht fest, dass die einer unentgeltlichen Betriebsübergabe vorgelagerte

oder zeitgleiche Buchwertausgliederung einer funktional wesentlichen Be-

triebsgrundlage gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG der Anwendung des § 6 Abs. 3

EStG grundsätzlich nicht entgegensteht, vgl. BFH-Urt. IV R 41/11 v. 2.8.2012,

DStR 2012, 2118; ausf. Demuth/Eisgruber, DStR-Beih. 2012, 135, 147 ff. (zu

Heft 49/2012).

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(175) Im Zusammenhang mit Ausgliederungsgestaltungen zeichnet sich ab, dass

nach Auffassung der Rspr. der Anwendungsbereich des Gesamtplangedankens

als normenspezifische Rechtsanwendung auf die §§ 16, 34 EStG beschränkt

ist. Da nach dem Sinn und Zweck der Normen die ertragsteuerlichen Folgen

der Zusammenballung von Einkünften abgemildert werden sollen, vgl. z.B.

BFH-Urt. X R 60/09 v. 9.11.2011, BStBl. 2012 II, 638 m.w.N., kann die Steuer-

vergünstigung der §§ 16, 34 EStG nicht in Anspruch genommen werden, wenn

vor der Veräußerung der betrieblichen Sachgesamtheit funktional oder quanti-

tativ wesentliche Betriebsgrundlagen, die in ihrer Gesamtheit keine betriebli-

che Sachgesamtheit darstellen, zu Buchwerten ausgegliedert werden (so auch

der Ausgangspunkt der Anwendung des Gesamtplangedankens im EStG).

Anmerkung: Als Gestaltungsansatz kann die durch BFH-Urt. IV R 49/08

v. 25.2.2010, BStBl. 2010 II, 726, erfolgte „Präzisierung“ der Gesamtplan-Rspr.,

wonach die veräußerungsvorbereitende Ausgliederung einer betrieblichen

Sachgesamtheit insbesondere in Form von Mitunternehmeranteilen der Inan-

spruchnahme der Steuervergünstigung nach §§ 16, 34 EStG für einen an-

schließenden Veräußerungsvorgang nicht entgegensteht, genutzt werden: So

kann in Erwägung gezogen werden, die (funktional-quantitativ) wesentlichen

Betriebsgrundlagen, die im Ergebnis zurückbehalten werden sollen, gem. § 6

Abs. 5 Satz 3 EStG in eine Tochter-GmbH & Co. KG zu übertragen, um den Mit-

unternehmeranteil später vor der Veräußerung vorab gem. § 6 Abs. 3 EStG zu

Buchwerten auszugliedern. Selbst wenn die ausgegliederten Wirtschaftsgüter

dauerhaft im Betriebsvermögen der Tochter-GmbH & Co. KG verbleiben, kann

nicht ausgeschlossen werden, dass hierin von der FinVerw. und der Rspr. u.U.

ein Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO oder ein schädlicher Gesamtplan

erkannt wird. Eine im engen zeitlichen Zusammenhang stehende Ausgliede-

rung der Einzelwirtschaftsgüter in die Tochter-Personengesellschaft mit an-

schließender Übertragung des Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG

und Veräußerung des verbleibenden „Rest-Betriebsvermögens“ sollte in der

Gestaltungsberatung möglichst vermieden werden. Der „Gesamtplangedanke“

ist – als normenspezifische Rechtsanwendung – im Lichte des Sinn und Zwecks

der §§ 16, 34 EStG zu sehen, die nur die Zusammenballung von Einkünften

steuerlich privilegieren will. Daher könnte der Vorwurf eines steuerschädli-

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chen Gesamtplans damit begründet werden, dass die Dauerhaftigkeit der Aus-

gliederung bei einer zeitnahen Veräußerung nichts daran ändert, dass nicht

sämtliche stillen Reserven zusammengeballt aufgedeckt worden sind. Aus Vor-

sichtsgründen gilt daher wie bisher, dass je länger die Ausgliederung der we-

sentlichen Betriebsgrundlagen in eine Tochter-GmbH & Co. KG zurückliegt, das

Risiko eines schädlichen Gesamtplans sinkt, wobei nach Ablauf von zwei Jah-

ren nur unter besonderen Umständen noch ein schädlicher Gesamtplan er-

kannt werden dürfte, vgl. Kulosa, in: L. Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 6 Rz.

651, der bereits nach Ablauf von mehr als einem Jahr zwischen den einzelnen

Schritten im Regelfall einen Gesamtplan ablehnt.

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G. Die Mitunternehmerschaft im Internationalen Steuerrecht

I. Sondervergütungen an einen ausländischen Gesellschafter

(176) Einen weiteren Versuch zur Sicherstellung der Besteuerung von Sondervergü-

tungen einer inländischen Personengesellschaft an einen im Ausland ansässi-

gen Gesellschafter hat der Gesetzgeber mit einer Neufassung von § 50d

Abs. 10 EStG durch das AmtsfilfeRLUmsG unternommen. Diese Regelung soll

nach § 52 Abs. 59a Satz 10 EStG rückwirkend in allen Fällen anzuwenden sein,

in denen die ESt. und KSt. noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist.

(177) Handlungsbedarf sah der Gesetzgeber, weil der BFH mit Urt. I R 74/09 v.

8.9.2010, DStR 2010, 2450, zu § 50d Abs. 10 EStG a.F. entschieden hatte, die

Norm mache das Erfordernis der Existenz einer Betriebsstätte sowie die Zu-

rechnung der betreffenden Sondervergütung zu ihr nicht entbehrlich, um zu

einem inländischen Besteuerungsrecht zu gelangen. Da etwa Zinsen – aber

auch Lizenzeinnahmen – mangels eines funktionalen Zusammenhangs einer

inländischen Betriebsstätte nicht zugerechnet werden können, bleibt es nach

dem Judikat beim Besteuerungsrecht im Ausland nach Maßgabe der für die

jeweilige Vergütungsart einschlägigen DBA-Norm.

(178) Nunmehr heißt es in § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG, enthalte ein DBA keine aus-

drückliche Regelung zu Sondervergütungen, gelten die Vergütungen aus-

schließlich als Teil des Unternehmensgewinns des vergütungsberechtigten Ge-

sellschafters. Nach § 50d Abs. 10 Satz 3 EStG soll die Vergütung ungeachtet

von DBA-Regelungen derjenigen Betriebsstätte der Gesellschaft zuzurechnen

sein, welcher der Aufwand für die der Vergütung zugrunde liegende Leistung

zuzuordnen ist. Damit ist ein verfassungsrechtlich bedenklicher Treaty Overri-

de gegeben, vgl. auch Hagena/Klein, ISR 2013, 267, 272.

Kritische Stellungnahme: In der Literatur wird bereits die Meinung geäußert,

auch diese Regelung könne noch nicht hinreichend „zur Sicherung des deut-

schen Besteuerungsrechts“ sein, vgl. z.B. Pohl, IWB 2013, 383. Art. 11 Abs. 4

OECD-MA setze beispielsweise die Zugehörigkeit der Forderung zu einer inlän-

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dischen Betriebsstätte voraus. § 50d Abs. 10 Satz 3 EStG bewirke hingegen nur

eine Zurechnung der Sondervergütung, nicht aber des Sonderbetriebsvermö-

gens. Die Rechtsauffassung der FinVerw., Sondervergütungen seien in

Deutschland als Unternehmensgewinn zu versteuern, sollte bei entgegenste-

henden DBA-Qualifikationen deswegen nach wie vor nicht akzeptiert werden,

vgl. kritisch auch C. Schmidt, DStR 2013, 1704; Salzmann, IWB 2013, 405; a.A.

Mitschke, FR 2013, 694.

(179) Gegen die neuerliche gesetzliche Regelung wendet sich der I. Senat des BFH:

Er ist entgegen seiner bisherigen Rspr. und einer breiten Meinung im Fach-

schrifttum (die allerdings zunehmend umstritten ist) zu der Rechtsauffassung

gelangt, dass DBA nicht unilateral durch nationale Gesetze überschrieben

werden dürfen, weil dies einen verfassungswidrigen Verstoß gegen Völker-

recht darstellt. Im Streitfall ging es um den Anwendungsbereich des § 15 Abs.

1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG (Sondervergütungen von nicht unbe-

schränkt steuerpflichtigen Mitunternehmern einer deutschen Personengesell-

schaft). Nach ständiger Rspr. steht dem Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht

zu, wenn das DBA nicht ausdrücklich eine abweichende Regelung trifft. § 50d

Abs. 10 EStG soll im Wege des Treaty override eine deutsche Besteuerung si-

cherstellen. Wegen seiner verfassungsrechtlichen Bedenken hat der BFH mit

Beschl. I R 4/13 v. 11.12.2013, DStR 2014, 306, die Frage, ob der Treaty overri-

de verfassungswidrig ist, dem BVerfG vorgelegt, das sich außerdem mit der

Frage auseinandersetzen muss, ob § 52 Abs. 59a Satz 11 EStG i.d.F. des Amts-

hilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes gegen das Rückwirkungsverbot verstößt.

Hinweis: Der Vorlagefall betrifft eine deutsche GmbH & Co. KG, an der ein

nicht unbeschränkt steuerpflichtiger, in Italien Ansässiger mitunternehmerisch

beteiligt ist, der für ein Darlehen bzw. ein Verrechnungskonto Zinsen erhält,

die grundsätzlich nach deutschem Recht unter § 15 EStG fallen. Nach dem

Doppelbesteuerungsrecht dürfte mangels anderweitiger Regelung im DBA-

Italien eine deutsche Besteuerung nur erfolgen, wenn die Kreditgewährung in

Deutschland in einer von der KG unabhängigen Betriebsstätte erfolgen würde.

Schlichte Darlehensgewährungen allein begründen aber nach gefestigter Rspr.

keine Betriebsstätten. Die Erwirtschaftung in einer inländischen Betriebsstätte

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setzte voraus, dass die Darlehensforderung ein Wirtschaftsgut des inländi-

schen Betriebsvermögens wäre, vgl. kritisch Kramer, IStR 2014, 21, 22. Im

Streitfall wurden die Zinsen abkommenskonform in Italien besteuert, vgl. da-

zu auch Ditz/Tcherveniachki, DB 2014, 203, 204, wonach das in § 15 Abs. 1

Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 EStG kodifizierte Sonderbetriebsvermögenskonzept in-

ternational unbekannt ist.

II. Gestaltungen zur Vermeidung der Entstrickungsbesteuerung

(180) Auch der durch das AmtshilfeRLUmsG eingefügte § 50i EStG bewirkt einen

Treaty Override. Zweck der Regelung ist die Sicherung des deutschen Besteu-

erungsrechts, sofern Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens oder Anteile

i.S. des § 17 EStG vor dem 29.6.2013 in das Betriebsvermögen einer Perso-

nengesellschaft steuerlich neutral transferiert wurden. In diesem Fall ist unge-

achtet der Bestimmungen eines DBA der aus der späteren Veräußerung oder

Entnahme dieser Wirtschaftsgüter oder Anteile erzielte Gewinn in Deutsch-

land zu versteuern. Dies gilt auch, soweit Wirtschaftsgüter vor dem 29.6.2013

nach Maßgabe der Grundsätze über die Betriebsaufspaltung Betriebsvermö-

gen einer inländischen Personengesellschaft geworden sind.

(181) Hintergrund der Regelung ist, dass in Wegzugsfällen nach Einholung einer

verbindlichen Auskunft häufig Anteile i.S. des § 17 EStG in eine gewerblich ge-

prägte Personengesellschaft eingelegt wurden, um dergestalt eine steuerliche

Verhaftung der Anteile in Deutschland zu erreichen und für den Fall späteren

Wegzugs die Rechtswirkung des § 6 AStG auszuschließen. Der BFH hat mit Urt.

I R 81/09 v. 25.4.2010, DStR 2010, 1220, Rn. 22, aber sodann entschieden, § 15

Abs. 3 Nr. 2 EStG schlage nicht in der Weise auf das Abkommensrecht durch,

dass eine gewerblich geprägte Personengesellschaft stets „Gewinne eines Un-

ternehmens“ im abkommensrechtlichen Sinne erzielt. Damit ist die Gefahr

verbunden, dass es bei Veräußerung der Beteiligung durch die inländische Per-

sonengesellschaft nach Wegzug nicht zu einer Besteuerung in Deutschland

kommen kann.

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Hinweis: Nach dem Entwurf des BMF-Schr. „Anwendung der Doppelbesteue-

rungsabkommen (DBA) auf Personengesellschaften“ v. 5.11.2013, Tz. 2.3.3.7,

soll die BFH-Rspr. nur zur Anwendung kommen, wenn sowohl der Übertra-

gungs- wie auch der Veräußerungsvorgang vor dem 29.6.2013 abgeschlossen

waren, vgl. auch Haase/Steierberg, NWB 2014, 4, 7.

Beratungshinweis: Für Altfälle wird damit die steuerliche Verhaftung der stil-

len Reserven in Deutschland festgeschrieben. Da die Regelung jedoch aus-

schließlich den steuerlich neutralen Transfer von Anteilen i.S. des § 17 EStG

oder von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens nur vor dem 29.6.2013

betrifft, stellt sich die Frage, ob in zu gestaltenden Fällen die Einholung einer

verbindlichen Auskunft noch erfolgversprechend ist. Sie wird nur dann erteilt

werden können, wenn die inländische Personengesellschaft im Inland auch

über eine Betriebsstätte verfügt und die Gewinne dieser Betriebsstätte zuzu-

ordnen sind. Dazu kann etwaig eine geschäftsleitende Holding dienen, vgl.

Prinz, DB 2013, 1378, 1380; Strahl, in: KSp 14, 2013, 132, 136, Tz. H/10 m.w.N.