„Beratungsbrennpunkte bei Personengesellschaften“ · IV. Gesamtplan bei §§ 16, 34 EStG 114 -...
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„Beratungsbrennpunkte bei Personengesellschaften“
Seminar am 19. Juni 2014
im Hotel Arkona, Binz/Rügen
Rechtsanwalt/Steuerberater Dr. Ralf Demuth,
c·k·s·s Carlé ∙ Korn ∙ Stahl ∙ Strahl
Partnerschaft mbB Rechtsanwälte Steuerberater, Köln
Inhaltsübersicht
Seite
A. Beratungspraxis vorweggenommene Erbfolge 5
I. Aufgabe der Gesamtplanannahme durch den BFH und Reaktion der
FinVerw. 5
1. Genese der höchstrichterlichen Rechtsprechung 5
2. Betroffene Fallkonstellationen 7
a) BFH-Urteil IV R 41/11 7
b) Erweitertes Betriebsverständnis 11
c) Reaktion der Finanzverwaltung 12
3. Ausweichgestaltungen 14
II. Unterquotale und überquotale Zurückbehaltung von Sonderbetriebs-
vermögen bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils 15
1. Unterquotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens 16
a) Weitere Zugehörigkeit des zurückbehaltenen Sonderbetriebs-
vermögens derselben Mitunternehmerschaft 16
b) Zur fünfjährigen Behaltensfrist 17
2. Überquotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens 20
- 2 -
B. Entwicklungen zur Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter 23
I. Teilentgeltliche Übertragungsvorgänge im Anwendungsbereich des
§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 23
1. Ausgangslage 23
2. Reaktion der Finanzverwaltung 25
3. Weiterungen der BFH-Rspr. und offene Fragen 26
II. Übertragungen zwischen Schwester-Personengesellschaften 30
III. Beratungsrelevante Berührungspunkte zum Umsatzsteuerrecht, zum
Grunderwerbsteuerrecht und zum Schenkungsteuerrecht 33
1. Umsatzsteuer 33
a) Überführung aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb
desselben Steuerpflichtigen, § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 33
b) Überführung aus dem Betrieb des Steuerpflichtigen in dessen
Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft
und umgekehrt, § 6 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 EStG 33
c) Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsver-
mögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mit-
unternehmerschaften, § 6 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 EStG 36
d) Übertragung aus dem Betrieb des Steuerpflichtigen in das
Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und
umgekehrt, § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG 37
e) Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen des Steuer-
pflichtigen in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunter-
nehmerschaft und umgekehrt, § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG 39
2. Grunderwerbsteuer 40
3. Schenkungsteuer 41
C. Beratungsbrennpunkt Einlage oder Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter aus
dem Privatvermögen 44
I. Kapitalkontenstruktur 44
1. Bedeutung der Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten
und Gesellschafter-Fremdkapitalkonten 44
2. Kriterien zur Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten
und Gesellschafter-Fremdkapitalkonten 44
- 3 -
3. Aktivische Gesellschafterkonten 49
II. Vermeidung der Realisation stiller Reserven 52
III. Generierung neuen AfA-Potentials – Gestaltungsinstrument „gewerblich
geprägte Personengesellschaft“ 62
D. Neues zu § 24 UmwStG 68
I. Mischentgelt 68
1. Problematik der Reichweite der Gewährung von Gesellschafts-
rechten 68
2. Verwaltungsseitige Anwendung der Trennungstheorie bei Ein-
bringung gegen Mischentgelt 69
3. Einheitstheorie statt Trennungstheorie – Sichtweise des X. Senats 70
4. Hinweise für die Gestaltungspraxis 72
5. Ausstrahlung auch auf die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter
gegen Mischentgelt 74
6. Gesetzgeberische Änderungen? 76
II. Zurückbehaltung von Honorarforderungen 77
III. Antrag auf Buchwertfortführung 78
IV. Zuzahlungen 85
E. Ausscheiden eines Mitunternehmers 87
I. Realteilung 87
II. Sachwertabfindung 94
III. Konsequenzen der Aufgabe der Trennungstheorie 98
IV. Fortführung der beruflichen Tätigkeit 100
V. Vertragsmuster 102
F. Gestaltungsfeld Praxisveräußerung und Betriebsaufgabe 106
I. Steuerbegünstigte Veräußerungsgewinne 106
II. Praxiswert und Vertragsarztzulassung 109
III. Praxisaufspaltung durch Verpachtung des Mandantenstamms 111
IV. Gesamtplan bei §§ 16, 34 EStG 114
- 4 -
G. Die Mitunternehmerschaft im Internationalen Steuerrecht 119
I. Sondervergütungen an einen ausländischen Gesellschafter 119
II. Gestaltungen zur Vermeidung der Entstrickungsbesteuerung 121
- 5 -
A. Beratungspraxis vorweggenommene Erbfolge
I. Aufgabe der Gesamtplanannahme durch den BFH und Reaktion der FinVerw.
1. Genese der höchstrichterlichen Rechtsprechung
(1) Die Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils im
Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu Buchwerten setzte nach früherer
– von der FinVerw. aber nach wie vor vertretenen – Sicht gem. § 6 Abs. 3 EStG
voraus, dass der Nachfolger sämtliche in funktionaler Hinsicht wesentlichen
Betriebsgrundlagen übertragen erhält, die beim Rechtsvorgänger den Betrieb
oder Mitunternehmer(teil)anteil ausmachten. Zu den in funktionaler Hinsicht
wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören auch solche, die im Sonderbe-
triebsvermögen des Mitunternehmers gehalten werden. Wird im zeitlichen
oder sachlichen Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung eines
Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils eine in funktionaler Hin-
sicht wesentliche Betriebsgrundlage steuerlich neutral in ein anderes Be-
triebsvermögen des bisherigen Betriebsinhabers überführt oder entnommen,
soll nach Rechtsauffassung der FinVerw. die Gesamtplan-Rspr. zum Zuge
kommen, vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S 2241 – 14/05 v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458,
Tz. 7:
„Wird im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Über-
tragung des Mitunternehmeranteils (sog. Gesamtplan-Rspr., BFH-
Urt. vom 6. September 2000, BStBl. 2001 II S. 229) funktional we-
sentliches Betriebsvermögen entnommen oder (z.B. nach § 6
Abs. 5 EStG) zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen
überführt oder übertragen, kann der Anteil am Gesamthandsver-
mögen nicht nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert übertragen wer-
den. Die in dem Mitunternehmeranteil enthaltenen stillen Reser-
ven sind in den Fällen, in denen das Sonderbetriebsvermögen zum
Buchwert überführt oder übertragen wird, als laufender Gewinn
zu versteuern, soweit ein Buchwertansatz nicht in Betracht
kommt.“ (Hervorhebungen nicht im Original.)
- 6 -
(2) Ob diese Rechtsauffassung zutreffend ist, erschien fraglich.
(a) Der BFH hatte mit Urt. IV R 14/03 v. 20.1.2005, BStBl. 2005 II, 395, einen
Hinweis darauf gegeben, dass die Gesamtplan-Rspr. sich nicht auf Fälle
der Ausgliederung vor vorweggenommener Erbfolge beziehe. Wörtlich
führt der BFH aus:
„Die sog. Gesamtplan-Rspr. dient hier ausschließlich der
Verwirklichung des Zwecks der Tarifvergünstigung nach
§§ 16, 34 EStG, nämlich die zusammengeballte Realisierung
der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven
nicht dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwer-
fen.“
Das Telos der Gesamtplan-Rspr. wurde mithin an der Verhinderung ei-
ner Umgehung der Tatbestandsvoraussetzungen der Tarifermäßigung in
Veräußerungsfällen festgemacht, es seien sämtliche stille Reserven in
einem geschlossenen Zeitraum (nicht mehr als 24 Monate) zu realisie-
ren; diesen Aspekt jüngst bestätigend vgl. BFH-Urt. X R 22/12
v. 5.2.2014, DStR 2014, 584.
(b) Eine Ausweitung der Gesamtplan-Rspr. auf Fälle der Ausgliederung vor
vorweggenommener Erbfolge nach geltendem Recht ließ sich auch nicht
dem BFH-Urt. IV R 52/08 v. 6.5.2010, BStBl. 2011 II, 261, entnehmen,
weil der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt im Jahre
1995 und damit zu Zeiten der Geltung des Mitunternehmererlasses, vgl.
BMF-Schr. IV B 2 ‒ S 2241 ‒ 231/77 v. 20.12.1997, BStBl. 1978 I, 8, reali-
siert wurde. Deshalb musste sich der BFH nicht mit der Frage auseinan-
dersetzen, ob der Buchwerttransfer unabhängig vom Bestehen eines
Gesamtplans dadurch vorgegeben sei, dass sich die Ausgliederung des
Wirtschaftsgutes in das Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten
Personengesellschaft nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG ebenso zwingend
zum Buchwert vollzieht wie die vorweggenommene Erbfolge gem. § 6
Abs. 3 EStG, vgl. dazu Wendt, FR 2005, 468, 471 f.; so auch Röh-
- 7 -
rig/Demant, EStB 2011, 33, 36; a.A. Wacker, ZSteu 2005, 358, 360. Im
Streitjahr 1995 hat es nicht nur an einer nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ent-
sprechenden Norm zur Buchwertfortführung gemangelt, vielmehr war
die Buchwertfortführung für die Einbringung des Grundstücks in das Ge-
samthandsvermögen der gewerblich geprägten Personengesellschaft
nach Maßgabe des Mitunternehmererlasses nicht verpflichtend, son-
dern lediglich optional, vgl. BMF-Schr. IV B 2 ‒ S 2241 ‒ 231/77
v. 20.12.1977, BStBl. 1978 I, 8, Tz. 24 ff.
(c) Mit Urt. IV R 41/11 v. 2.8.2012, DStR 2012, 2118, hat der BFH sodann
entschieden, die Aufdeckung der stillen Reserven in einem unentgeltlich
übertragenen Mitunternehmeranteil scheide nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG
auch dann aus, wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück
des Sonderbetriebsvermögens vorher bzw. zeitgleich zum Buchwert
nach § 6 Abs. 5 EStG übertragen worden ist.
2. Betroffene Fallkonstellationen
a) BFH-Urteil IV R 41/11
(3) Dem im vorausgegangenen Abschn. unter Buchst. c zitierten BFH-Urt. IV R
41/11 lag die Frage zugrunde, ob die Übertragungsvorgänge in folgender Kon-
stellation zum Buchwert durchzuführen sind oder zu einer Realisation stiller
Reserven auf Grund einer Entnahme führen:
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19.12.2002
1.10.2002
GmbH
KG
- Speditions-/Transport-unternehmen -
V T
I-KG
100 %100 %
19.12.2002
unentgeltliche Übetra-gung von 80 % des Kommanditanteils und 100 % der Beteiligung an Komplementär-GmbH
unentgeltliche Übertra-gung der verbliebenen 20 % des Kommandit-kapitals unter taggleicher Übertragung des Grund-stücks aus dem SBV in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft
100 %
Grundstück mit Tankstelle und Verwaltungs-
gebäude
Nutzungsüberlassung
(a) Danach übertrug der ursprünglich vermögensmäßig allein beteiligte
Kommanditist einer KG, deren Gegenstand der Betrieb eines Speditions-
und Transportunternehmens war, zunächst am 1.10.2002 unentgeltlich
das Kommanditkapital an der KG sowie die Gesamtbeteiligung an der
Komplementär-GmbH auf seine Tochter. Nach Maßgabe eines Treu-
handvertrages hielt die Tochter aber 20 % des Kommanditkapitals treu-
händerisch für ihren Vater, der das der KG zur Nutzung überlassene
Grundstück zurückbehielt, welches mit einer Tankstelle und einem Ver-
waltungsgebäude bebaut ist.
(b) Am 19.12.2002 gliederte er sodann das Grundstück zu Buchwerten auf
eine neu gegründete I-KG aus, an der er vermögensmäßig allein beteiligt
war. Am selben Tage wurde das Treuhandverhältnis bezüglich des
Kommanditanteils von 20 % beendet, so dass die verbliebene Beteili-
gung am Kommanditkapital unentgeltlich auf die Tochter überging.
Die FinVerw. sah in den beiden Schenkungen einen einheitlichen Über-
tragungsvorgang, der mit der Ausgliederung einer funktional wesentli-
- 9 -
chen Betriebsgrundlage zu Buchwerten verbunden war, und ging in An-
wendung von Tz. 7 des BMF-Schr. IV B 2 ‒ S 2241 ‒ 41/05 v. 3.3.2005,
BStBl. 2005 I, 458 (Gesamtplanannahme), davon aus, die im gesamten
übertragenen Kommanditanteil enthaltenen stillen Reserven von vorlie-
gend 100.000 € seien als laufender Gewinn zu versteuern, dem Vater als
buchtechnische Entnahme sowie der Tochter als buchtechnische Einlage
zuzurechnen.
(4) BFH entschied demgegenüber, die Transaktionen seien insgesamt zwingend
zum Buchwert vorzunehmen.
(a) In einem ersten Schritt erfolgte die unentgeltliche Übertragung eines
Mitunternehmerteilanteils unter disquotaler Zurückbehaltung des
Grundstücks. Für diesen Vorgang ist gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 6
Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 Alt. 2 EStG die Buchwertfortführung vorge-
schrieben. Die überquotale Übertragung der Beteiligung an der Kom-
plementär-GmbH fällt nach Sicht des BFH ebenfalls unter § 6 Abs. 3
EStG.
(b) Auch für die im zweiten Schritt erfolgende unentgeltliche Übertragung
der verbliebenen Kommanditbeteiligung von 20 % ist nach § 6 Abs. 3
Satz 1 Halbsatz 1 EStG der Buchwert fortzuführen. Dem steht die tag-
gleiche Übertragung des Grundstücks in die gewerblich geprägte Perso-
nengesellschaft nicht entgegen, weil diese nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2
EStG ebenfalls zwingend zum Buchwert vorzunehmen ist. Nach Rechts-
auffassung des BFH stehen beide Normen ‒ § 6 Abs. 3 und § 6 Abs. 5
EStG ‒ gleichberechtigt nebeneinander. Für eine vorrangige Anwend-
barkeit des § 6 Abs. 5 EStG ‒ wie sie von der FinVerw. angenommen
wird ‒ fehlt nach Auffassung des IV. Senates des BFH die Rechtsgrundla-
ge.
(5) Damit ist die von der FinVerw. auch für Fälle der vorweggenommenen Erbfol-
ge vertretene Gesamtplanannahme nach der Entscheidung des BFH zumin-
dest für die Fälle einer vorausgegangenen oder gar zeitgleichen Überführung
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oder Übertragung einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage in ein an-
deres Betriebsvermögen nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 EStG als aufgegeben zu
betrachten, vgl. auch deutlich Brandenberg, DB 2013, 17, 23 („Der Gesamtplan
ist damit für diese Fallkonstellation ‚tot‘“); Prinz, DB 2013, Heft 7, M 1;
Bohn/Pelters, DStR 2013, 281, 286; Wachter, DB 2013, 200, 205; Schulze zur
Wiesche, DStR 2012, 2414, 2416. Unter Rn. 47 der Entscheidungsgründe lässt
der BFH ausdrücklich offen, ob Gleiches auch in der Konstellation der Entnah-
me von Wirtschaftsgütern in das Privatvermögen oder der Veräußerung von
Wirtschaftsgütern gilt, mithin bei Vorgängen, bei denen es zur Aufdeckung der
durch das entsprechende Wirtschaftsgut verkörperten stillen Reserven
kommt. Es ist davon auszugehen, dass auch in diesem Falle die Buchwertfort-
führung nach § 6 Abs. 3 EStG nicht in Abrede zu stellen ist, vgl. auch die von
der FinVerw. veröffentlichte Entscheidung zur Unschädlichkeit einer Veräuße-
rung funktional wesentlicher Betriebsgrundlagen vor Einbringung eines Mitun-
ternehmeranteils in eine GmbH zu einem Wert unterhalb des Verkehrswerts in
Gestalt des BFH-Urt. X R 60/09 v. 9.11.2011, BStBl. 2012 II, 638.
(6) Etwas anderes gilt nach Rn. 39 der Urteilsgründe nur dann, wenn die Übertra-
gung von Einzelwirtschaftsgütern dazu führte, dass es wirtschaftlich zu einer
Zerschlagung des Betriebs und damit im Ergebnis zu einer Betriebsaufgabe
käme. Allein der Umstand, dass ein bislang funktional wesentliches Wirt-
schaftsgut aus dem Betrieb ausscheidet, ohne dass es diesem künftig auf ver-
änderter Rechtsgrundlage (z.B. Miete oder Pacht) weiter zur Verfügung steht,
rechtfertigt hingegen nicht die Annahme, es bestehe keine funktionsfähige
Sachgesamtheit mehr. Vielmehr ist in einem solchen Falle der Drittüberlassung
davon auszugehen, dass das betreffende Wirtschaftsgut für die Funktionsfä-
higkeit der Sachgesamtheit nicht mehr von wesentlicher Bedeutung ist.
(7) Wird Sonderbetriebsvermögen überquotal mit einem Mitunternehmerteilan-
teil übertragen, fällt dies ebenfalls unter § 6 Abs. 3 EStG und nicht ‒ wie die
FinVerw. meint ‒ hinsichtlich des überquotalen Anteils unter § 6 Abs. 5 Satz 3
Nr. 3 EStG. Damit stellt sich selbst unter Anwendung der bisherigen Sicht der
FinVerw., wonach eine Übertragung von Verbindlichkeiten im Zusammenhang
mit Übertragungsvorgängen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu einer Teilrealisation
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von stillen Reserven führt, die Problematik einer etwaigen überquotalen Mit-
übertragung von Verbindlichkeiten nicht mehr, vgl. indes zur Aufgabe der
Trennungstheorie BFH-Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012, DStR 2012, 2051.
b) Erweitertes Betriebsverständnis
(8) In der Entscheidung des IV. Senates kommt ein neues Betriebsverständnis für
Fälle der unentgeltlichen Betriebsübertragung zum Ausdruck. Wurde bislang
davon ausgegangen, dass eine nach § 6 Abs. 3 EStG begünstigte Betriebsüber-
tragung nur vorliegt, wenn sämtliche in funktionaler Hinsicht wesentliche Be-
triebsgrundlagen, wie sie beim Rechtsvorgänger bestanden, zu Eigentum an
den Rechtsnachfolger übertragen werden, kommt es nunmehr nur noch da-
rauf an, dass eine funktionsfähige Sachgesamtheit übertragen wird, welche
dem Rechtsnachfolger die Fortsetzung der bisherigen betrieblichen Tätigkeit
ermöglicht, so Rn. 39 der Urteilsgründe.
(9) Indes führt der IV. Senat ‒ mit dem Vorstehenden nicht völlig in Übereinstim-
mung zu bringen ‒ unter Rn. 19 der Urteilsgründe aus, werde funktional we-
sentliches Betriebsvermögen taggleich mit der Übertragung der Gesellschafts-
anteile an einen Dritten veräußert oder übertragen oder in ein anderes Be-
triebsvermögen des bisherigen Mitunternehmers überführt, lägen die Voraus-
setzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG für eine Fortführung der Buchwerte
grundsätzlich nicht vor. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sei aber dann
zu machen, wenn die Übertragung auf den Dritten oder die Überführung in ein
anderes Betriebsvermögen und des bisherigen Mitunternehmers nach § 6
Abs. 5 EStG zum Buchwert stattfindet. Eine weitere Ausnahme formuliert der
BFH in Rn. 39 der Urteilsgründe: Scheidet ein bislang funktional wesentliches
Wirtschaftsgut aus dem Betrieb aus, ohne dem Rechtsnachfolger auf anderer
Rechtsgrundlage zur Verfügung zu stehen, habe es sich gar nicht um eine we-
sentliche Betriebsgrundlage in funktionaler Hinsicht gehandelt. Grundsätzlich
wird damit eine vergangenheitsorientierte durch eine zukunftsbezogene
Sichtweise substituiert.
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(10) Das neue Betriebsverständnis findet seine Entsprechung ‒ gar trennschärfer
ausgearbeitet ‒ in der Rspr. des X. Senates, welcher entschieden hatte, maß-
geblicher Zeitpunkt für die Einstufung eines Wirtschaftsguts als in funktionaler
Hinsicht wesentliche oder unwesentliche Betriebsgrundlage sei der Zeitpunkt
des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums, vgl. BFH-Urt. X R 60/09
v. 9.11.2011, BStBl. 2012 II, 638. Rechnet zu diesem Zeitpunkt eine beim vor-
maligen Betriebsinhaber als funktional wesentlich anzusehende Betriebs-
grundlage nicht mehr zum Betriebsvermögen, steht dies der begünstigten Ein-
bringung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils nicht entgegen.
c) Reaktion der Finanzverwaltung
(11) Die FinVerw. hat auf die Entscheidung des BFH mit einem vorläufigen Nicht-
anwendungserlass reagiert, vgl. BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK
2013/0837216) v. 12.9.2013, BStBl. 2013 I, 1164. Das BFH-Urt. IV R 41/11 wei-
che – so die FinVerw. – nicht nur von Tz. 7 des BMF-Schr. zu § 6 Abs. 3 EStG
v. 3.3.2005 ab, sondern berücksichtige auch nicht in ausreichendem Maß den
historischen Willen des Gesetzgebers. Der Bundesrat hatte im Zuge der Kodi-
fikation des § 6 Abs. 3 EStG durch das Unternehmensteuerfortentwicklungsge-
setz 2001 um eine gesetzliche Klarstellung gebeten, dass die Zurückbehaltung
von Sonderbetriebsvermögen für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG unschäd-
lich sein soll. Dabei sei es dem Bundesrat aber nur um eine „Öffnung des glei-
tenden Generationenübergangs“ gegangen, wobei er davon ausgegangen sei,
dass der Übernehmer letztlich das im Sonderbetriebsvermögen zurückbehal-
tene funktional wesentliche Wirtschaftsgut erhält. Das BFH-Urt. IV R 41/11 wi-
derspreche dieser Zielsetzung des Gesetzgebers und eröffne unter „Außer-
achtlassung der ‚Gesamtplan-Rspr.‘“ in bestimmten Fallkonstellationen die
Möglichkeit einer schrittweisen steuerneutralen Übertragung wesentlicher Be-
triebsgrundlagen auf mehrere verschiedene Rechtsträger.
In einschlägigen Fällen ist weiterhin „uneingeschränkt“ die Tz. 7 des BMF-
Schr. zu § 6 Abs. 3 EStG v. 3.3.2005 anzuwenden. Eine gleichzeitige Inan-
spruchnahme der Steuervergünstigungen nach § 6 Abs. 3 EStG einerseits und
- 13 -
nach § 6 Abs. 5 EStG andererseits ist danach nicht möglich. Einsprüche von
Stpfl., die gegen entsprechende Steuerbescheide unter Berufung auf das BFH-
Urt. IV R 41/11 eingelegt werden, ruhen gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO bis zur
endgültigen Klärung der Problematik. Zur Gewährung der Aussetzung der Voll-
ziehung äußert sich das BMF-Schr. vom 12.9.2013 nicht.
Anmerkung: Mit dem gewandelten Betriebsverständnis des BFH setzt sich die
FinVerw. nicht auseinander, sondern behält erläuterungslos ihr Verständnis
dessen bei, was als funktional wesentliche Betriebsgrundlage zu erfassen ist.
Auch greift der Begründungsansatz zu kurz; denn häufig wird nach der vor-
weggenommenen Erbfolge der Rechtsnachfolger die zurückbehaltene Be-
triebsgrundlage von Todes wegen erlangen. Letztlich stellt der historische Wil-
le des Gesetzgebers keine Grenze, sondern nur ein Element der Gesetzesaus-
legung dar, vgl. z.B. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl.
1991, 332.
(12) Die FinVerw. verweist im BMF-Schr. v. 12.9.2013 darauf, zur Frage der Ge-
samtplan-Rspr. sei ein Revisionsverfahren unter Az. I R 80/12 anhängig. Dort
gehe es zwar um eine Einbringung zum Buchwert nach § 20 UmwStG. Indes
bestehe im Verfahren I R 80/12 insofern eine Ähnlichkeit mit dem vom IV. Se-
nat des BFH entschiedenen Fall, als hier kurz vor der Einbringung die beiden
Grundstücke als funktional wesentliche Betriebsgrundlagen in ein anderes
Betriebsvermögen ausgegliedert wurden. Es stelle sich demzufolge auch im
Verfahren I R 80/12 die Frage, ob unter Berücksichtigung der „Gesamtplan-
Rspr.“ ein vollständiger, nach § 20 Abs. 1 UmwStG begünstigter Betrieb einge-
bracht worden sei.
(13) Die FinVerw. will die noch ausstehende Entscheidung des I. Senats des BFH
abwarten. Der I. Senat hat indes mit Urt. I R 72/08 v. 25.11.2009, BStBl.
2010 II, 471, bereits in der Ausgliederung von Grundstücken aus einer GmbH &
Co. KG in eine gewerbliche Schwestermitunternehmerschaft sechs Wochen
vor der Einbringung des (Rest-)Mitunternehmeranteils in eine GmbH keinen
Gestaltungsmissbrauch erkannt (das Handeln im steuerschädlichen Gesamt-
plan wurde durch den I. Senat des BFH nicht eigens geprüft).
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Anmerkung: Im Verfahren zu Az. I R 80/12 hat der BFH mit Beschl. v. 10.4.2013
das BVerfG angerufen, um prüfen zu lassen, ob die – aus seiner Sicht nach
dem Wortlaut gegebene – Versagung der Buchwertübertragung einzelner
Wirtschaftsgüter zwischen Schwesterpersonengesellschaften gegen den
Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, vgl. BFH-Beschl. I R 80/12
v. 10.4.2013, BStBl. 2013 II, 1004 (Az. beim BVerfG: 2 BvL 8/13). Eine „Klärung“
der von der FinVerw. bemühten Rechtsfrage wird es also (vorerst) nicht geben.
Gleichviel hält die FinVerw. – unverständlicherweise – an ihrem „vorläufigen“
Nichtanwendungserlass weiterhin fest.
3. Ausweichgestaltungen
(14) Vor Veröffentlichung des BFH-Urt. IV R 41/11 im BStBl. II und vor Änderung
des BMF-Schr. v. 3.3.2005 können Gestaltungen nicht risikofrei nach Maßgabe
der Urteilsgrundsätze des IV. Senats erfolgen.
(a) Wer vor Abschluss der Meinungsbildung der FinVerw. im Zuge einer
vorweggenommenen Erbfolge ein Grundstück ertragsteuerlich neutral
zurückbehalten möchte, ist gut beraten, dies dergestalt anzugehen, dass
der Rechtsvorgänger Mitunternehmer einer bestehenden Mitunter-
nehmerschaft mit einer nur geringfügigen Beteiligung, aber unter dis-
quotaler Zurückbehaltung des gesamten Sonderbetriebsvermögens
bleibt. In diesem Falle kommt es zur Buchwertfortführung nach § 6
Abs. 3 Satz 2 EStG.
(b) Ein anderer denkbarer Gestaltungsweg ist die Übertragung des gesam-
ten, mithin das Sonderbetriebsvermögen umschließenden Mitunter-
nehmeranteils unter Vorbehalt des Nießbrauchs am Betriebsgrundstück.
Der vorbehaltene Nießbrauch ist kein Entgelt für die Vermögensübertra-
gung, so dass er der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG auf die Schenkung
des Mitunternehmeranteils nicht entgegensteht, vgl. BFH-Urt. XI R 5/83
v. 24.4.1991, BStBl. 1991 II, 793; IV R 325/84 v. 26.2.1987, BStBl. 1987 II,
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772; BMF-Schr. IV C 1 – S 2253/07/10004 (DOK 2013/0822518)
v. 30.9.2013, BStBl. 2013 I, 1184, Tz. 40.
(c) Auch könnte der gesamte Mitunternehmeranteil – unter Einschluss des
Sonderbetriebsvermögens – im Wege der Vermögensübertragung gegen
Versorgungsleistungen übertragen werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG).
Trotz der Gewährung der Versorgungsleistungen handelt es sich um ei-
nen unentgeltlichen Vorgang. Die Versorgungsleistungen sind beim
Vermögensübernehmer in voller Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig
und beim Vermögensübertragenden in voller Höhe als sonstige Einkünf-
te zu versteuern.
Diese Gestaltungsansätze werden im Folgenden vertiefend dargestellt.
II. Unterquotale und überquotale Zurückbehaltung von Sonderbetriebsvermögen bei
Übertragung eines Mitunternehmeranteils
(15) § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG erstreckt das Buchwertfortführungsgebot
ausdrücklich auf die Übertragung von Teilen (Quoten) eines Mitunternehmer-
anteils (Erwerber müssen aber natürliche Personen sein). Ist Sonderbetriebs-
vermögen vorhanden, das zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört,
muss es – vorbehaltlich der Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG – quo-
tengleich übertragen werden, vgl. Tz. 9 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl.
2005 I, 458.
Beispiel: A ist zu 50 % Mitunternehmer der AB KG. Er ist Eigentümer eines
Grundstücks, das die AB KG für ihren Betrieb nutzt. A überlässt es der KG zur
Nutzung. A schenkt die Hälfte seines Mitunternehmeranteils der Tochter T, so
dass diese zu 25 % an der AB KG beteiligt wird. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG ist an-
wendbar, wenn A der T gleichzeitig 50 % des Grundstücks als Miteigentum
schenkt.
- 16 -
1. Unterquotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens
(16) § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG erstreckt das Buchwertfortführungsgebot unter be-
stimmten Bedingungen auch auf Fälle, in denen das Sonderbetriebsvermögen
nicht auf den Teilanteilserwerber übertragen wird. Ungeachtet des Gesetzes-
wortlauts (der die Einzahl verwendet: „… eine natürliche Person“) greift die
Regelung auch bei gleichzeitiger Übertragung von Teilanteilen an mehrere na-
türliche Personen (solange der Übertragende Mitunternehmer bleibt), vgl. zu-
treffend z.B. Kanzler, in: FS Korn, 2005, 287, 301. Mit der einhelligen Meinung
im Fachschrifttum gilt dies ebenso, wenn das Sonderbetriebsvermögen teil-
weise, aber zu einer geringeren Quote als die Beteiligung am Gesamthands-
vermögen übergeht (also unterquotal), vgl. Tz. 10 des BMF-Schr. v. 3.3.2005,
BStBl. 2005 I, 458. Voraussetzungen sind:
(a) Das zurückbehaltene Betriebsvermögen muss weiterhin zum Betriebs-
vermögen derselben Mitunternehmerschaft gehören.
(b) Der Übernehmer darf den übernommenen Mitunternehmeranteil über
einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren nicht veräußern oder aufge-
ben (Behaltensfrist).
a) Weitere Zugehörigkeit des zurückbehaltenen Sonderbetriebsvermögens derselben
Mitunternehmerschaft
(17) Die ganz oder teilweise zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter gehören insbeson-
dere dann weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Mitunternehmer-
schaft, wenn sie dieser vor und nach der Übertragung des Teilanteils zur Nut-
zung überlassen werden (typischer Fall: Grundstücksüberlassung). Aber auch
Sonderbetriebsvermögen II (z.B. der Anteil an einer Kapitalgesellschaft, der als
Sonderbetriebsvermögen fortgeführt wird) gehört i.d.S. weiterhin zum Be-
triebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft.
- 17 -
(18) Das Gesetz sieht keine Zeitdauer für das Verharren des zurückbehaltenen
Sonderbetriebsvermögens im Betriebsvermögen derselben Mitunternehmer-
schaft vor. Ein ewiges Verbleiben ist deshalb nach h.A. nicht erforderlich, vgl.
auch Korn/Strahl, in: Korn, EStG, § 6 Rz. 475.6 m.w.N. (Dezember 2005);
Wendt, FR 2005, 468, 473; Kai, DB 2005, 794, 799. Davon geht offenbar grund-
sätzlich auch die FinVerw. aus, wenn sie unter Tz. 15 des BMF-Schr.
v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458, Tz. 15, die Buchwertfortführung (nur) ablehnt,
falls das zurückbehaltene Sonderbetriebsvermögen auf Grund eines Gesamt-
plans entnommen oder veräußert wird, so auch Gratz, in: Herrmann/Heu-
er/Raupach, EStG/KStG, § 6 EStG Anm. 1369b (Januar 2010); i.d.S. auch Kanz-
ler, in: FS Korn, 2005, 287, 303; Wacker, ZSteu 2005, 358, 363. (RiaBFH, X. Se-
nat) Kulosa, in: L. Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 6 Rz. 670, vertritt insofern
die Auffassung, die Gesamtplan-Rspr. dürfte allenfalls Vorgänge innerhalb ei-
nes Jahres seit der Anteilsübertragung erfassen, die Anwendung der Fünfjah-
resfrist des § 6 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 EStG auf derartige Fragestellungen
werde auch von der FinVerw. nicht vertreten.
b) Zur fünfjährigen Behaltensfrist
(19) Die FinVerw. hält bereits die Veräußerung nur eines Teils des übergegange-
nen Mitunternehmeranteils oder sogar des übertragenen funktional wesentli-
chen Sonderbetriebsvermögens durch den Übernehmer für steuerschädlich,
vgl. Tz. 11 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458; ebenso Kulosa, in: L.
Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 6 Rz. 665 (2); Schulze zur Wiesche, DStZ 2005,
664, 666; zu Recht a.A. Förster, FR 2002, 649; Wacker, in: L. Schmidt, EStG,
31. Aufl. 2012, § 16 Rz. 435 (2); Kai, DB 2005, 794, 800 (mit Beispiel); Wendt,
FR 2005, 468, 477; Kanzler, in: FS Korn, 2005, 287, 302; Emmrich/Kloster,
GmbHR 2005, 448, 454 (jedenfalls bei minimaler Quote); gegen Schädlichkeit
der Veräußerung des unterproportional übernommenen Sonderbetriebsver-
mögens Kempermann, FR 2003, 321, 327; Wacker, in: L. Schmidt, EStG, 31.
Aufl. 2012, § 16 Rz. 435 (2).
- 18 -
Ausnahme: War der Übernehmer bereits vor der unentgeltlichen Teilanteils-
übertragung Mitunternehmer, soll von einer Veräußerung oder Entnahme des
übernommenen Anteils erst ausgegangen werden, wenn die Quote der Betei-
ligung nach der Veräußerung oder Entnahme des (Teil-)Mitunternehmer-
anteils unter die Quote der übernommenen Beteiligung sinkt oder das mit
dem Mitunternehmeranteil übernommene funktional wesentliche Sonderbe-
triebsvermögen innerhalb der Fünfjahresfrist veräußert oder entnommen
wird, vgl. Tz. 12 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458, mit Beispiel.
Dasselbe muss für die Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen gelten, an
dem der unentgeltliche Erwerber schon zuvor Eigentumsquoten hatte (wenn
man die Veräußerung überhaupt für schädlich hält), vgl. Wacker, ZSteu 2005,
358, 362.
(20) Bei Verstoß gegen die Behaltensfrist (nach Verwaltungsauffassung auch im
Fall der Teilveräußerung), vgl. Tz. 11 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I,
458, müssen für die gesamte unter § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG fallende Übertragung
rückwirkend auf den ursprünglichen Übertragungsstichtag die Teilwerte ange-
setzt werden. Es entsteht ein laufender Gewinn, der durch Änderung nach
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO der i.d.R. vorliegenden einheitlichen Gewinnfest-
stellung der Mitunternehmerschaft, deren Teilanteile unentgeltlich übertragen
worden sind, festgesetzt wird, vgl. auch Tz. 11 des BMF-Schr. v. 3.3.2005,
BStBl. 2005 I, 458.
Hinweise:
Es herrscht die Meinung vor, dass der nachzuversteuernde Gewinn auch
der GewSt. unterliegt. In den Gesellschaftsverträgen von Personenge-
sellschaften ist (ebenso wie für zahlreiche andere Fälle, in denen Aktivi-
täten von Mitunternehmern auf ihre Rechnung GewStEinfluss haben)
eine verursacherorientierte Regelung über die Tragung der GewSt. im
Innenverhältnis erwägenswert. Diese Regelung sollte indes die Entlas-
tungswirkung des § 35 EStG berücksichtigen.
- 19 -
Beim Übernehmer der Anteile entsteht in Höhe der nachversteuerten
Gewinnrealisation zusätzlicher anschaffungsähnlicher Aufwand, der un-
ter sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der steuerli-
chen Ergänzungsbilanz zu berücksichtigen ist; m.E. ist die erforderliche
Korrektur ebenfalls nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorzunehmen; so
auch Emmrich/Kloster, GmbHR 2005, 448, 455 f.
Die FinVerw. sieht in der Einbringung von betrieblichen Sachgesamtheiten
zwar grundsätzlich eine Veräußerung, ebenso wie in dem Formwechsel nach
§ 25 UmwStG. Gleichwohl wertet sie die Einbringung unentgeltlich nach § 6
Abs. 3 Satz 2 EStG übertragener Mitunternehmer(teil)anteile zu Buchwerten
nach § 20 UmwStG in eine Kapitalgesellschaft oder nach § 24 UmwStG in eine
Mitunternehmerschaft als unschädlich, wenn weder der Einbringende die für
die Einbringung erhaltenen Anteile noch die Kapital- oder Personengesell-
schaft die eingebrachten Mitunternehmeranteile innerhalb der ursprünglichen
Fünfjahresfrist veräußert bzw. aufgibt, Tz. 13 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl.
2005 I, 458; ebenso die h.A. im Fachschrifttum, vgl. z.B. Gratz, in: Herr-
mann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6 EStG Anm. 1369 m.w.N. (Juni 2010), der
auch den Formwechsel einer Personengesellschaft für unschädlich hält (m.E.
zutreffend, soweit nach § 25 UmwStG §§ 20 ff. UmwStG entsprechend an-
wendbar sind); a.A. Fischer, in: Kirchhof, EStG, 11. Aufl. 2012, § 6 Rn. 199.
Anmerkung: Keine Erwähnung in Tz. 13 des BMF-Schr. v. 3.3.2005 findet die
nachfolgende Verschmelzung zu Buchwerten der Personengesellschaft auf ei-
ne Kapitalgesellschaft oder eine andere Personengesellschaft. Sie ist m.E. der
Einbringung oder dem Formwechsel gleich zu behandeln, es sollte aber eine
verbindliche Auskunft eingeholt werden. – Schwierigkeiten dürften in der Pra-
xis Fälle bereiten, in denen sich während der sich fortgesetzten Behaltensfrist
nach einer unschädlichen Buchwerteinbringung gem. §§ 20, 24 UmwStG bei
den aufnehmenden Gesellschaftern Veränderungen ergeben, die der Vermö-
gensübernehmer nicht initiiert, z.B. Gesellschafteraufnahmen, für Unschäd-
lichkeit Emmrich/Kloster, GmbHR 2005, 448, 455.
- 20 -
(21) Die unentgeltliche Weiterübertragung eines nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG zum
Buchwert übergegangenen Anteils ist keine steuerschädliche Veräußerung, s.
auch Tz. 14 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458, mit dem Hinweis,
dass die Behaltensfrist den Rechtsnachfolger unter Anrechnung der schon ver-
strichenen Behaltedauer trifft. Unentgeltlich ist auch die Übertragung gegen
Versorgungsrente.
Anmerkung: Man wird davon ausgehen können, dass eine neue Behaltensfrist
durch die unentgeltliche Weiterübertragung nur entsteht, wenn sie mit einer
unterquotalen Übertragung des beim Weiterübertragenden vorhandenen
Sonderbetriebsvermögens verbunden ist, vgl. Emmrich/Kloster, GmbHR 2005,
448, 454.
(22) Die Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermö-
gens durch den Vermögensübernehmer gegen Gewährung von Gesellschafts-
rechten wertet die FinVerw. auch dann als steuerschädliche Veräußerung,
wenn sie nach § 6 Abs. 5 EStG zu Buchwerten erfolgt, vgl. Tz. 13 des BMF-Schr.
v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458. Ob diese Beurteilung sachgerecht ist, lässt sich
bezweifeln. Jedenfalls ist es unschädlich – diesen Fall spricht die FinVerw. nicht
an –, wenn eine unentgeltliche Übertragung oder eine Überführung in ein an-
deres Betriebsvermögen zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG erfolgt.
(23) Die Fünfjahresfrist beginnt mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums
des Mitunternehmeranteils (Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten),
so zutreffend BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458, Tz. 11.
2. Überquotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens
(24) Zu der im Fachschrifttum kontrovers erörterten Frage, wie die Übertragung
einer höheren Quote am wesentlichen Sonderbetriebsvermögen als am Mit-
unternehmeranteil ertragsteuerrechtlich zu beurteilen ist, hat sich die Fin-
Verw., vgl. Tz. 16 ff. des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458, wie folgt ge-
äußert:
- 21 -
Bis zur Höhe der Übertragungsquote am Mitunternehmeranteil ist § 6
Abs. 3 Satz 1 EStG anzuwenden (zwingende Buchwertfortführung ohne
Behaltensfrist).
Die Übertragung des überquotalen Teils des Sonderbetriebsvermögens
fällt (ebenso wie dessen Übertragung ohne Teilanteil) nicht unter § 6
Abs. 3 EStG, jedoch unter § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG.
Das gilt auch, wenn die Mitunternehmerstellung des Empfängers des
Sonderbetriebsvermögens erstmals mit der Teilanteilsübertragung be-
gründet wird.
Wie die FinVerw. äußern sich z.B. Wacker, in: L. Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012,
§ 16 Rz. 435; ders., ZSteu 2005, 361; Gratz, in: Herrmann/Heuer/Raupach,
EStG/KStG, § 6 EStG Anm. 1366 (Juni 2010); Kempermann, FR 2003, 321, 327;
Brandenberg, DStZ 2002, 511, 518; Förster/Brinkmann, BB 2003, 657, 663; für
vollumfängliche Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG dagegen Ley, KÖSDI 2004,
14024, 14027; Kanzler, in: FS Korn, 2005, 287, 305; Wendt, FR 2005, 468, 474;
Stegemann, INF 2005, 344, 349; Korn/Strahl, in: Korn, EStG, § 6 Rz. 475.5 (De-
zember 2005).
Der BFH indes hat entschieden, der überquotal übertragene Anteil sei nach § 6
Abs. 3 EStG zu behandeln, vgl. BFH-Urt. IV R 41/11 v. 2.8.2012, DStR 2012,
2118. Die Entscheidung ist aber noch nicht im BStBl. Teil II veröffentlicht.
(25) Die gedankliche Zweiteilung hätte insbesondere erhebliche praktische Bedeu-
tung, weil bei Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG die Übernahme von Verbind-
lichkeiten (außerhalb des Gesamthandsvermögens der Mitunternehmer-
schaft) als Entgelt gilt und nach Auffassung der FinVerw. die sog. Trennungs-
theorie, vgl. aber einschränkend BFH-Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012, DStR 2012,
2051; IV R 1/08 v. 21.6.2012, DStR 2012, 1500, Rn. 23; dazu Wittwer, DStR
2012, 2051, 2053; ders., DStR 2012, 1500, 1503; Strahl, KÖSDI 2012, 18054,
18057, anzuwenden ist, so dass im Fall der Verbindlichkeitenübernahme stets
eine partielle Gewinnrealisation drohte, falls stille Reserven vorhanden sind,
- 22 -
vgl. BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl. 2005 I, 458, Tz. 17; v. 8.12.2011, BStBl. 2011
I, 1279; Erl. SenFin. Berlin III B – S 2242 – 1/2009 v. 3.2.2012, DStR 2012, 907.
Hinweis: Unter Zugrundelegung der jüngsten BFH-Rspr. ergibt sich die darge-
stellte Problematik nicht mehr, weil es zu einer Zweiteilung des Übertra-
gungsakts nicht kommt und zudem die Trennungstheorie aufgegeben wurde.
Das BMF-Schr. v. 3.3.2005 bedarf der dringenden Überarbeitung.
(26) Wird funktional nicht wesentliches Betriebsvermögen überproportional über-
tragen, wendet auch die FinVerw. vollumfänglich – auch auf den disquotalen
Teil – § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG an, vgl. Tz. 19 des BMF-Schr. v. 3.3.2005, BStBl.
2005 I, 458.
- 23 -
B. Entwicklungen zur Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter
I. Teilentgeltliche Übertragungsvorgänge im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5
Satz 3 EStG
1. Ausgangslage
(27) Der IV. Senat des BFH hat mit den Urt. IV R 1/08 v. 21.6.2012, DStR 2012, 1500
(zur Rechtslage im VZ 1999) und IV R 11/12 v. 19.9.2012, DStR 2012, 2051, der
von der FinVerw. vertretenen Trennungstheorie, nach der bei der teilentgeltli-
chen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Betriebsvermögen in das
Gesamthandsvermögen stets zur (anteiligen) Realisation von stillen Reserven
kommen soll, vgl. Randnr. 15 des BMF-Schr. v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279,
eine Absage erteilt. Die vom BFH zu entscheidenden Streitfälle betrafen den
Transfer eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögens in das Ge-
samthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft und den Transfer eines
Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen
einer anderen Mitunternehmerschaft.
Hinweis: Dem Urteil X R 42/10 zum Mischentgelt bei der Übertragung betrieb-
licher Sachgesamtheiten lassen sich keine unmittelbaren Hinweise darauf ent-
nehmen, ob der X. Senat von einer Unschädlichkeit eines Mischentgelts auch
bei der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter ausgeht, sofern dieses den
Buchwert nicht übersteigt, vgl. dazu vorsichtig abwägend (Richter am X. Senat
des BFH) Kulosa, in: L. Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 6 Rz. 697 a.E. Verwiesen
wird in den Entscheidungsgründen jedoch u.a. darauf, durch die Einräumung
einer Darlehensforderung ändere sich zwar das Verhältnis zwischen Eigen- und
Fremdkapital, das Bilanzbild auf der Aktivseite bleibe jedoch unverändert, so
dass die stillen Reserven der Gesellschaft der Besteuerung nicht entzogen
werden, vgl. Rz. 56 der Entscheidungsgründe. Nicht anders verhält sich dies im
Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG bei Übertragung einzelner
Wirtschaftsgüter gegen ein Teilentgelt. Für eine Anwendung der Trennungs-
theorie sollte auch hier deswegen – senatsübergreifend – kein Platz sein.
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(28) Erfolgt eine Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamt-
handsvermögen derselben Mitunternehmerschaft, sieht der BFH bei einer
teilentgeltlichen Übertragung bereits deswegen einen Realisationstatbestand
nicht als verwirklicht an, da es zwar zu einem Rechtsträgerwechsel komme,
nicht aber zu einer Entnahme i.S. des § 4 Abs. 1 Satz2 EStG, weil das übertra-
gene Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen nicht verlassen hat, zu dem es vor
der Übertragung gehörte. Es fehlt hiernach bereits an einem Realisationsakt,
so dass es auf die Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG als Bewertungsvor-
schrift nicht ankommt. Dazu führt der BFH im Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012,
DStR 2012, 2051, unter Rn. 14 der Entscheidungsgründe wörtlich aus:
„Das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft umfasst nach
ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis neben dem Ge-
samthandsvermögen auch das Sonderbetriebsvermögen in der
Hand ihrer Gesellschafter (z.B. BFH-Urteil vom 30. März 1993, VIII
R 8/91, BFHE 172, 19, BStBl II 1993, 864 unter II. 5 a, und vom
17. Dezember 2008, IV R 65/07, BFHE 224, 91, BStBl II 2009, 371
unter II. 2 a). Wechselt ein Wirtschaftsgut durch eine Transaktion
von einem Teil des Betriebsvermögens der Personengesellschaft in
einen anderen Teil desselben Betriebsvermögens, kann der Vor-
gang nicht als Entnahme im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG ange-
sehen werden. Denn die Entnahme setzt nach dieser Vorschrift
voraus, dass das Wirtschaftsgut den Bereich des Betriebs verlässt.
Wird der betriebliche Funktionszusammenhang nicht gelöst, fehlt
es an einer Entnahme (BFH-Urteil vom 17. Juli 2008, I R 77/06,
BFHE 222, 402, BStBl II 2009, 464 unter B. III. b bb). Anders als bei
einem von einer einzelnen Person unterhaltenen Betrieb ist des-
halb bei einer Personengesellschaft ein zivilrechtlicher Rechtsträ-
gerwechsel ohne gleichzeitige Entnahme denkbar. Findet der Vor-
gang ganz oder teilweise unentgeltlich statt, fehlt es insoweit an
einem Besteuerungstatbestand.“
(29) Hingegen kommt es bei der Übertragung eines einzelnen Wirtschaftsguts aus
einem Einzelbetrieb in eine Mitunternehmerschaft oder aus dem Sonderbe-
- 25 -
triebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunterneh-
merschaft zu einem Wechsel der Betriebsvermögenssphäre. Aufgrund des
Wechsels der Betriebsvermögenssphäre liegen eine Entnahme (aus dem bis-
herigen Sonderbetriebsvermögen) und eine Einlage in das Gesamthandsver-
mögen der anderen Mitunternehmerschaft vor. Dennoch geht die teilentgelt-
liche Übertragung unter Anwendung der Rspr.-Grundsätze des BFH-Urt. IV R
1/08 v. 21.6.2012 nicht mit der Aufdeckung von stillen Reserven einher, wenn
die Gegenleistung gleich oder unterhalb des Buchwerts liegt. Obzwar das BFH-
Urt. IV R 1/08 v. 21.6.2012 die in den Jahren 1999 und 2000 geltende Rechts-
lage betrifft, bei der § 6 Abs. 5 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 bei ei-
nem Rechtsträgerwechsel zwingend den Teilwertansatz vorsah, ist das Urteil –
auch und gerade – für die ab dem VZ 2001 geltende Rechtslage bedeutsam,
vgl. (RiaBFH, IV. Senat) Wittwer, DStR 2012, 1503. Gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2
EStG sind seither unentgeltliche Übertragungen (bzw. Übertragungen gegen
Gewährung von Gesellschaftsrechten) zwingend mit dem Buchwert zu bewer-
ten, so dass es im Ergebnis zu keiner Aufdeckung von stillen Reserven kommt.
2. Reaktion der Finanzverwaltung
(30) Mit BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK 2013/0837216) v. 12.9.2013,
BStBl. 2013 I, 1164, spricht die FinVerw. einen vorläufigen Nichtanwendungs-
erlass aus. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, hinsichtlich des entgeltlichen
Teils der Übertragung liege eine Veräußerung des Wirtschaftsguts vor und es
komme insoweit – nach dem Verhältnis der erbrachten Gegenleistung zum
Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts – zu einer Aufdeckung der
stillen Reserven des Wirtschaftsguts. Die Entscheidung über die Veröffentli-
chung des BFH-Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012 wird im Hinblick darauf zurückge-
stellt, dass zur Frage der Gewinnrealisation bei teilentgeltlichen und misch-
entgeltlichen – d.h. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und sonsti-
gem Entgelt – durchgeführten Übertragungen von einzelnen Wirtschaftsgü-
tern beim X. Senat des BFH ein Revisionsverfahren unter Az. X R 28/12 anhän-
gig ist. Die noch ausstehende Entscheidung des X. Senats soll abgewartet wer-
den. In einschlägigen Fällen ist „vorerst weiterhin uneingeschränkt“ die in
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Tz. 15 des BMF-Schreibens zu § 6 Abs. 5 EStG v. 8.12.2011 vertretene Rechts-
auffassung anzuwenden.
(31) Einsprüche von Stpfl., die gegen entsprechende Bescheide unter Berufung auf
das BFH-Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012 eingelegt werden, ruhen gem. § 363
Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes bis zur endgültigen Klärung ihrer Problematik.
(32) Für die Gestaltungsberatung bleibt das Risiko, dass – sofern der X. Senat die
Auffassung der FinVerw. teilt – der Große Senat des BFH angerufen wird, und
dieser nicht die Auffassung des IV. Senat teilt. Zumal die modifizierte Tren-
nungstheorie des IV. Senat des BFH von senatsfremden BFH-Richtern durchaus
kritisch gesehen wird, vgl. (RiaBFH) Heuermann, DB 2013; (VorsRiaBFH)
Dötsch, jurisPR, SteuerR, 49/12, Anm. 2; (RiaBFH) Kulosa, in: L. Schmidt, EStG,
33. Aufl. 2014, § 6 Rz. 697.
3. Weiterungen der BFH-Rspr. und offene Fragen
(33) Welche Weiterungen die Rspr. des IV. Senat auf bisher nicht entschiedene
Fallkonstellationen hat, ist offen. So ist z.B. unklar, ob die RsprGrundsätze in
gleicher Weise für die (teil-)entgeltliche Übertragung aus dem Gesamthands-
vermögen in das (Sonder-)Betriebsvermögen eines Mitunternehmers gelten.
Anmerkung: Aus meiner Sicht ist kein Grund ersichtlich, warum die „modifi-
zierte“ Trennungstheorie nicht auch hier greifen sollte. Die in Höhe der Diffe-
renz zwischen dem Entgelt und dem Verkehrswert bestehende stille Reserve
bliebe weiterhin steuerverstrickt. Dass es zu einem interpersonellen Über-
springen von stillen Reserven kommt, kann der Anwendung nicht entgegen-
stehen, weil dies in umgekehrter Richtung gleichsam der Fall ist.
(34) Die Rspr. des IV. Senats des BFH darf nicht dahingehend (miss-)verstanden
werden, dass durch die Zuordnung des unquotierten Buchwerts zur Gegenleis-
tung ein ertragsteuerrechtlich wirksamer Verlust realisiert wird, wenn die Ge-
genleistung den Buchwert unterschreitet. Ebenso wie die voll unentgeltliche
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Übertragung im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu keinem Ver-
lust führt, weil die Minderung des Betriebsvermögens durch eine fiktive Ge-
genleistung in Höhe des Buchwerts des transferierten Wirtschaftsguts neutra-
lisiert wird, kommt es zu keinem Verlust bei einer Gegenleistung unterhalb des
Verkehrswerts. Da es insoweit an einer Gegenleistung mangelt, greift hier § 6
Abs. 5 Satz 3 EStG ein. Die sich rechnerisch ergebende Betriebsvermögens-
minderung wird durch die Wirkweise des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG durch eine
„fiktive“ Gegenleistung in Höhe der Differenz der Gegenleistung zum Buch-
wert neutralisiert, vgl. Wendt, DB 2013, 835. Es kommt zu keinem steuerlichen
Verlust.
(35) Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG fallen Übertragungen eines Ein-
zelwirtschaftsguts zwischen dem Gesamthandsvermögen von Schwesterge-
sellschaften nicht in den Anwendungsbereich der Norm, woraus die FinVerw.
ableitet, dass es hierdurch zu einer Aufdeckung von stillen Reserven komme,
während die Rspr. die gesetzgeberischen Willen im Konflikt mit dem verfas-
sungsrechtlich fundierten Folgerichtigkeitsgebot sieht. Es stellt sich die Frage,
ob neben dem „§-6b-Modell“ (vgl. ausf. Demuth, in: Beratungsbrennpunkt
Personengesellschaft (KSp 14), 2013, Tz. B/17 ff.), dem die FinVerw. neuer-
dings kritisch gegenübersteht, wenn die Übertragung auf eine neu gegründete
Schwester-Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten
erfolgt, vgl. OFD Frankfurt Vfg. v. 11.10.2013, DStR 2013, 2570, eine Ketten-
übertragung (das Wirtschaftsgut wird zunächst in das Sonderbetriebsvermö-
gen der abgebenden oder übernehmenden und sodann in das Gesamthands-
vermögen der übernehmenden Personengesellschaft übertragen) als Alterna-
tivgestaltung die Möglichkeit bietet, das gewünschte Gestaltungsziel zu errei-
chen. Die FinVerw. sieht hierin einen Gestaltungsmissbrauch, vgl. Rz. 19 des
BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK 2011/0973858) v. 8.12.2011, BStBl.
2011 I, 1279; s. dazu auch Ley, DStR 2011, 1208.
Anmerkung: Auf der Grundlage des BFH-Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012, BFH/NV
2012, 1880, ist zweifelhaft, ob losgelöst von der umstrittenen Frage der ver-
fassungskonformen Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG die unentgeltliche
Übertragung eines Wirtschaftsguts zwischen Schwester-Personengesellschaf-
- 28 -
ten mit einer Zwischenübertragung in das Sonderbetriebsvermögen (sog.
Kettenübertragung) einen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO darstellen
kann bzw. gesamtplanschädlich ist, so aber das BMF in Rn. 19 des Schr.
v. 8.12.2011, BStBl. I, 1279. Denn wenn die unentgeltliche Übertragung aus
dem Gesamthandsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen (bei derselben
Mitunternehmerschaft) nicht dazu führt, dass das nämliche Wirtschaftsgut das
Betriebsvermögen der Personengesellschaft verlässt, stellt dieser erste Schritt
aus einkommensteuerrechtlicher Sicht m.E. trotz des Rechtsträgerwechsels
keine relevante Übertragung dar. Vorher und nachher zählt das (zivilrechtlich
übertragene) Wirtschaftsgut zum selben Betriebsvermögen. Da der Vorwurf
einer gestaltungsmissbräuchlichen Kettenübertragung begrifflich mehr als ei-
nen (steuerrechtlich) relevanten Übertragungsakt voraussetzt, einkommen-
steuerrechtlich die Übertragung in das Sonderbetriebsvermögen jedoch ein
Nullum darstellt, vermag die fehlende Dauerhaftigkeit der Zuordnung zum
Sonderbetriebsvermögen keinen Gestaltungsmissbrauch zu begründen. Dieser
Begründungsansatz dürfte wegen der rechtlichen Unwägbarkeiten allerdings
bis auf weiteres allein für Zwecke der Abwehrberatung dienlich sein.
(36) Erfolgt die (teilentgeltliche) Übertragung eines Einzelwirtschaftsguts nicht in
ein Betriebsvermögen, sondern in ein Privatvermögen (z.B. verbilligte Veräu-
ßerung einer Immobilie durch die Personengesellschaft an die Ehefrau des Al-
leingesellschafters), kann eine Aufdeckung von stillen Reserven nicht dadurch
verhindert werden, dass die Gegenleistung den Buchwert des Wirtschaftsguts
nicht überschreitet. Da das Wirtschaftsgut die betriebliche Sphäre verlässt,
handelt es sich um einen Realisationsvorgang, der – soweit das Entgelt fremd-
unüblich ist – in einen Veräußerungsvorgang und einen Entnahmevorgang zer-
fällt, vgl. Wendt, DB 2013, 834. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Ent-
gelt dem unquotierten Buchwert gegenübergestellt und der Differenzbetrag
zum Verkehrswert als Entnahme i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG gesehen wird,
oder der Buchwert relational aufzuteilen ist, und damit ein anteiliger „Veräu-
ßerungsgewinn“ realisiert wird, der den „Entnahmegewinn“ entsprechend
mindert. Der dabei entstehende Gewinn ist identisch. Die vollen stillen Reser-
ven werden aufgedeckt.
- 29 -
(37) Bisher hat die Rspr. nicht entschieden, ob die modifizierte Trennungstheorie
bei teilentgeltlichen Übertragungsvorgängen im Anwendungsbereich des § 6
Abs. 5 Satz 3 EStG im Fall eines sog. Mischentgelts (z.B. Gewährung von Ge-
sellschaftsrechten und Einräumung eines schuldrechtlichen Anspruchs gegen
die Personengesellschaft) Anwendung findet. Für Zwecke der Bewertung be-
handelt § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG die Gewährung von Gesellschaftsrechten und
die unentgeltliche Übertragung gleich: Beide Übertragungen sind zwingend
mit dem Buchwert zu bewerten. Dennoch handelt es sich bei der Gewährung
von Gesellschaftsrechten um eine Gegenleistung. Dies hat m.E. zur Folge, dass
der einem Gesellschaftsrechte vermittelnden Kapitalkonto gutgebrachte Be-
trag (z.B. Kapitalkonto I) als Entgelt zu werten ist, so dass eine (anteilige) Reali-
sation von stillen Reserven nur vermieden wird, wenn die Summe des dem
Kapitalkonto gutgebrachten Betrages und der sonstigen Gegenleistung (z.B.
Gutschrift auf Gesellschafterdarlehenskonto) den Buchwert des übertragenen
Wirtschaftsguts nicht übersteigen.
Hinweis: Dies entspricht der Behandlung des Mischentgelts bei der Einbrin-
gung einer betrieblichen Sachgesamtheit gem. § 24 UmwStG, vgl. BFH-Urt. X R
42/10 v. 18.9.2013, DStR 2013, 2380.
(38) Ob sich durch die Aufgabe der Trennungstheorie im Anwendungsbereich des
§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zugleich Auswirkungen auf Transfervorgänge aus dem
Privatvermögen ergeben und damit im Ergebnis steuerneutrale Übertra-
gungsvorgänge nicht nur durch Gutschrift auf dem gesamthänderisch gebun-
denen Rücklagenkonto, sondern auch durch Gutschrift auf einem anderen Ge-
sellschafterkonto (z.B. Kapitalkonto I/II oder einem Gesellschafterdarlehens-
konto) gestaltet werden kann, sofern der gutgeschriebene Betrag die (fortge-
führten) Anschaffungskosten/Herstellungskosten nicht übersteigt, ist offen;
krit. (RiBFH) Heuermann, DB 2013, 1328; (RiaBFH) Kulosa, in: L. Schmidt, EStG,
33. Aufl. 2014, § 6 Rz. 697; befürwortend Demuth, DStR-Beih. zu 49/2012, 135.
Anmerkung: Für die Gestaltungsberatung dürfte dieser Ansatz bis auf weiteres
wegen der bestehenden rechtlichen Unwägbarkeiten untauglich sein.
- 30 -
II. Übertragungen zwischen Schwester-Personengesellschaften
(39) Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG fällt die unmittelbare Übertra-
gung von einzelnen Wirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsvermögen
von Schwester-Personengesellschaften nicht in den Anwendungsbereich der
Norm. Daraus leitet die FinVerw. ab, dass die Möglichkeit einer Buchwertüber-
tragung ausscheidet, vgl. Rz. 18 des BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK
2011/0973858) v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279.
Anmerkung: Zur Historie dieser Vorschrift ist bei Schmitt/Franz, Ubg 2012,
395, 398, das Folgende zu lesen:
„Um gleichwohl bei der Übertragung zwischen Schwestergesell-
schaften die Möglichkeit der Buchwertfortführung zu eröffnen,
war von Seiten der sog. B-Länder im Rahmen des Vermittlungsver-
fahrens zum Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetz ein ent-
sprechender Änderungsantrag gestellt worden, der eine Aufnah-
me der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwester-
gesellschaften in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG für den Fall vorsah, dass an
beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter beteiligt sind. Auf
die Umsetzung dieses Änderungsantrags hatte sich die vom Ver-
mittlungsausschuss eingesetzte Arbeitsgruppe bereits verständigt,
als dieser – unerwartet – wieder zurückgezogen wurde.“
(40) Ursprünglich vertrat auch der I. Senat des BFH die Rechtsauffassung, dass die
Übertragung eines Einzelwirtschaftsguts zwischen dem Gesamthandsvermö-
gen zweier beteiligungsidentischer Schwester-Personengesellschaften zur
Aufdeckung der stillen Reserven führe, vgl. BFH-Urt. I R 72/08 v. 25.11.2009,
BStBl. 2010 II, 471, wo es im zweiten Leitsatz wörtlich heißt:
„Wird ein Wirtschaftsgut unentgeltlich aus dem Betriebsvermögen
einer gewerblich tätigen Personengesellschaft in das Betriebsver-
mögen einer beteiligungsidentischen anderen Personengesell-
- 31 -
schaft übertragen, so führt dies zur Aufdeckung der in dem Wirt-
schaftsgut ruhenden stillen Reserven.“
(41) Hingegen ist der IV. Senat des BFH mit Beschl. IV B 105/09 v. 15.4.2010, BStBl.
2010 II, 971, der Ansicht, dass eine Übertragung zwischen dem Gesamthands-
vermögen von personenidentischen Personengesellschaften nach verfas-
sungskonformer Auslegung zur Verwirklichung des durch Art. 3 Abs. 1 GG pos-
tulierten Folgerichtigkeitsgebots nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG zu Buchwerten
geboten ist.
(42) Im Revisionsverfahren I R 80/12 änderte der I. Senat des BFH seine ursprüng-
lich ablehnende Haltung und schloss sich den verfassungsrechtlichen Beden-
ken des IV. Senats gegen die eine Buchwertübertragung zwischen beteili-
gungsidentischen Schwester-Personengesellschaft ausschließende gesetzliche
Regelung an, und erkannte hierin einen gleichheitswidrigen Begünstigungs-
ausschluss. Allerdings sah sich der I. Senat aufgrund des eindeutigen Wort-
lauts und dem hinreichend deutlichen Willen des Gesetzgebers daran gehin-
dert, den vom IV. Senat beschrittenen Weg der verfassungskonformen Ausle-
gung zu gehen, und legte die verfassungsrechtliche Frage, ob § 6 Abs. 5
Satz 3 EStG insoweit nicht mit der Verfassung im Einklang steht, als hiernach
eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen
Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich ist, dem BVerfG vor, vgl.
BFH-Vorlage-Beschl. I R 80/12 v. 10.4.2013, BStBl. 2013 II, 1004.
Hinweis: Nach Auffassung der Rspr. fügt sich die fehlende Möglichkeit der
Buchwertfortführung bei Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen be-
teiligungsidentischen Schwester-Personengesellschaften nicht in den durch
Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen, der maßgeblich
durch das Prinzip der Besteuerung nach der individuellen wirtschaftlichen Leis-
tungsfähigkeit konkretisiert wird, ein. In der Tat ist kein sachlicher Grund er-
kennbar, warum trotz fortbestehender betrieblicher Verstrickung eines zwi-
schen Schwester-Personengesellschaften transferierten Einzelwirtschaftsguts
ohne Zuwachs an Leistungsfähigkeit eine Steuerlast ausgelöst werden soll,
während die Überführung in ein anderes Betriebsvermögen oder die Übertra-
- 32 -
gung auf ein anderes Rechtssubjekt im Rahmen des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, bei
dem es – anders als bei der Übertragung zwischen beteiligungsidentischen
Schwester-Personengesellschaften – sogar zu einer interpersonellen Verschie-
bung von stillen Reserven kommt, steuerneutral möglich ist. Folgerichtig ist
die abweichende Behandlung der Übertragung zwischen Schwester-
Personengesellschaften nicht. Eine Rechtfertigung für diese „Systemdurchbre-
chung“ ist nicht erkennbar.
(43) Für die Praxis ist bedauerlich, dass sich die Entscheidung der Frage durch die
Anrufung des BVerfG voraussichtlich erheblich verzögern wird. In Streitfällen
wird AdV zu gewähren sein, vgl. BMF-Schr. IV C 6-S 2241/10/10002:001,
2010/0823164 v. 29.10.2010, BStBl. 2010 I, 1206. Für die Gestaltungsberatung
sollte bis zur Entscheidung durch das BVerfG eine Direktübertragung von Ein-
zelwirtschaftsgütern zwischen Schwester-Personengesellschaften vermieden
werden. Als Gestaltungsalternative bietet sich in geeigneten Fällen das 6b-
Modell an, vgl. hierzu ausf. Demuth, in: Beratungsbrennpunkt Personengesell-
schaft (KSp 14), 2013, Tz. B/17 ff., wobei die FinVerw. der Übertragung auf ei-
ne neu gegründete Schwester-Personengesellschaft gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten die Anerkennung versagen will, vgl. OFD Frankfurt, Vfg.
v. 11.10.2013, DStR 2013, 2570. Sofern die Veräußerung gegen einen in Geld
zu leistenden Kaufpreis wie unter fremden Dritten abgewickelt wird, erkennt
die FinVerw. das „6b-Modell“ an, vgl. Tz. 20 des BMF-Schr. v. 8.12.2011, BStBl.
2011 I, 1279. Ebenso kann in Erwägung gezogen werden, das Einzelwirt-
schaftsgut in eine zu diesem Zweck gegründete Tochter-GmbH & Co. KG zu
übertragen. Zu einem späteren Zeitpunkt kann der Mitunternehmeranteil
gem. § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich auf die Schwester-Personengesellschaft
übertragen werden, wobei die Restriktionen der Gesamtplanrechtsprechung
in die Erwägungen einzustellen sind.
- 33 -
III. Beratungsrelevante Berührungspunkte zum Umsatzsteuerrecht, zum Grunder-
werbsteuerrecht und zum Schenkungsteuerrecht
1. Umsatzsteuer
(44) Bei Transfervorgängen im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 EStG sind auch
die umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen in den Blick zu nehmen, vgl. ausf.
U. Förster, DStR 2012, 381.
a) Überführung aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb desselben Steuerpflichti-
gen, § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG
(45) Bei einer ohne Rechtsträgerwechsel stattfindenden Überführung eines Wirt-
schaftsguts aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb desselben Stpfl. erge-
ben sich keine umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen. Auf Grund des um-
satzsteuerrechtlichen Grundsatzes der Unternehmenseinheit gehören auch
mehrere ertragsteuerrechtlich als selbständige Betriebe zu qualifizierende
Einheiten umsatzsteuerrechtlich zu einem einzigen Unternehmen, vgl. § 2
Abs. 1 Satz 2 UStG; Abschn. 2.7 Abs. 1 Satz 1 UStAE. Es kommt mithin weder zu
einem Leistungsaustausch gem. § 1 Abs. 1 UStG noch zu einer unentgeltlichen
Wertabgabe gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG. Der Vorgang ist nicht umsatz-
steuerbar, vgl. Abschn. 2.7 Abs. 1 Satz 3 UStAE.
b) Überführung aus dem Betrieb des Steuerpflichtigen in dessen Sonderbetriebsver-
mögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt, § 6 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz
1 EStG
(46) Die Überführung eines Einzelwirtschaftsguts aus dem Betrieb des Stpfl. (Ein-
zelunternehmen) in dessen Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunterneh-
merschaft gem. § 6 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 EStG ist unproblematisch, wenn
fortan die Nutzungsüberlassung an die Personengesellschaft gegen ein (ge-
winnunabhängiges) Sonderentgelt erfolgt. Insoweit wird der Gesellschafter
- 34 -
durch die entgeltliche Nutzungsüberlassung weiterhin unternehmerisch tätig,
vgl. Abschn. 1.6 Abs. 3 UStAE, so dass das überführte Einzelwirtschaftsgut wei-
terhin zum einheitlichen Unternehmensvermögen zählt, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2
UStG. Mithin ist der Überführungsvorgang nicht umsatzsteuerbar.
Hinweis: Ist Gegenstand der Nutzungsüberlassung ein Gebäude, ist zu beden-
ken, dass eine Option zur Steuerpflicht gem. § 9 Abs. 1 und 2 UStG erforder-
lich ist, wenn das Grundstück erstmals entgeltlich zur Nutzung überlassen
wird, um eine andernfalls drohende Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG zu
vermeiden.
(47) Problematisch ist, wenn die Nutzungsüberlassung an die Personengesellschaft
unentgeltlich (als Gesellschafterbeitrag) erfolgt. Insoweit wird der Gesellschaf-
ter gem. § 2 Abs. 1 UStG mit der Nutzungsüberlassung nicht unmittelbar un-
ternehmerisch tätig. Bei einer unentgeltlichen Überlassung eröffnet sich nach
der jüngsten Rspr. des EuGH aber die Problematik, dass beim Gesellschafter
der Vorsteuerabzug versagt wird, wenn die Nutzungsüberlassung unentgeltlich
erfolgt, vgl. EuGH-Urt. C-204/13 v. 13.3.2014 (wonach dem Gesellschafter ei-
ner Steuerberatungs-GbR, der einen Teil des Mandantenstamms nur zu dem
Zweck erwirbt, diesen unmittelbar anschließend einer neu gegründeten GbR
unentgeltlich zur unternehmerischen Nutzung zu überlassen, der Vorsteuerab-
zug aus dem Erwerb des Mandantenstamms nicht zusteht).
Indes ist aber nach dem BFH-Urt. XI R 10/12 v. 29.8.2012, BStBl. 2012 II, 221;
XI R 38/10 v. 19.12.2012, BStBl. 2013 II, 1053, davon auszugehen, mit der
Übertragung des Mandantenstamms im Rahmen einer Realteilung liege eine
Geschäftsveräußerung im Ganzen vor (was wiederum voraussetzt, dass eine
unternehmerische, d.h. entgeltliche Nutzungsüberlassung nachfolgt), vgl. auch
BMF-Schr. IV D 2 – S 7100-b/13/10001 / IV D 2 – S 7100b/11/10001 (DOK
2013/1145204) v. 22.12.2013, BStBl. 2013 I, 1304. Nach der Neufassung von
Abschn. 1.5 Abs. 6 und 9 UStAE gilt:
- 35 -
(a) Entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung ist die Veräußerung
eines Teils des Unternehmens eines Geschäfts stets dann eine Ge-
schäftsveräußerung, wenn der Erwerber diesen als selbständiges wirt-
schaftliches Unternehmen fortführen kann:
„Nicht entscheidend ist, dass bereits im Unternehmen, das
eine Übertragung vornimmt, ein (organisatorisch) selbstän-
diger Unternehmensteil bestand.“
(b) Die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen kann nur dann einer Ge-
schäftsveräußerung gleichgestellt werden, wenn sie Teil einer eigen-
ständigen Einheit ist, die eine selbständige wirtschaftliche Betätigung
ermöglicht und der Erwerber diese Tätigkeit fortführt (bloße Veräuße-
rung von Anteilen ohne gleichzeitige Übertragung weiterer Vermö-
genswerte fällt nicht darunter).
Anmerkung: Das geänderte Verständnis der FinVerw. zur Übertragung
von Teilvermögen, das zuvor keine selbständige organisatorische Ein-
heit gewesen sein muss, entspricht dem unionsrechtlichen Verständnis
des Teilvermögens. Ich sehe damit die Auffassung bestätigt, dass Real-
teilungen und Sachwertabfindungen (insbesondere von freiberuflichen
Sozietäten) nach § 1 Abs. 1a UStG i.d.R. nicht steuerbar sind, wenn die
früheren Mitunternehmer Teile der Betriebe bzw. Praxen weiterfüh-
ren.
(48) Der umgekehrte Fall der Überführung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonder-
betriebsvermögen eines Mitunternehmers in dessen Einzelbetrieb ist umsatz-
steuerrechtlich i.d.R. unproblematisch. Hatte der Mitunternehmer das Wirt-
schaftsgut entgeltlich überlassen, war er insoweit unternehmerisch tätig, so
dass die ertragsteuerrechtliche Überführung des Einzelwirtschaftsguts in das
Einzelbetriebsvermögen aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht wegen § 2 Abs. 1
Satz 2 UStG (Grundsatz der Unternehmenseinheit) ohne weitere umsatzsteu-
errechtliche Konsequenzen ist.
- 36 -
Hinweis: Denkbar ist allenfalls, dass ein Korrekturbedarf nach § 15a UStG ent-
steht, wenn sich das Verhältnis von umsatzsteuerpflichtigen zu umsatzsteuer-
freien Leistungen durch die veränderte Nutzung des Einzelwirtschaftsguts
ergibt. Wurde das Wirtschaftsgut bisher der Personengesellschaft unentgelt-
lich überlassen und damit außerhalb des Unternehmensvermögens genutzt, ist
die Überführung in das Einzelbetriebsvermögen aus umsatzsteuerrechtlicher
Sicht mit einer Einlage in die unternehmerische Sphäre verbunden. Eine Vor-
steuerkorrektur gem. § 15a UStG scheidet hier aus, vgl. Abschn. 15a.1 Abs. 6
Satz 2 Nr. 2 UStAE.
c) Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuer-
pflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften, § 6 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz
2 EStG
(49) Umsatzsteuerrechtlich ist dieser Vorgang i.d.R. unbeachtlich, weil nach dem
Grundsatz der Unternehmenseinheit gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG die verschie-
denen betrieblichen Sphären in einem Unternehmensvermögen münden. Dies
gilt jedenfalls dann, wenn die Nutzungsüberlassung in beiden Sonderbetriebs-
vermögen entgeltlich erfolgt ist. Durch die unterschiedliche Nutzung kann sich
allerdings ein Vorsteuerkorrekturbedarf nach § 15a UStG ergeben, wenn sich
aufgrund der Überführung eine andere Nutzungsrelation zu umsatzsteuer-
pflichtigen und umsatzsteuerfreien Leistungen ergibt. Erfolgt die Nutzungs-
überlassung in beiden Personengesellschaften unentgeltlich, handelt es sich
bei dem überführten Wirtschaftsgut um kein Unternehmensvermögen, so dass
sich umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen hieraus nicht ergeben.
(50) Wurde das Wirtschaftsgut bisher entgeltlich überlassen und soll künftig un-
entgeltlich der anderen Personengesellschaft zur Verfügung gestellt werden,
handelt es sich im Regelfall um eine unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3
Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UStG.
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(51) Wird nach der Überführung in ein anderes Sonderbetriebsvermögen das über-
führte Wirtschaftsgut erstmals entgeltlich zur Nutzung überlassen, handelt es
sich um eine Einlage in das Unternehmensvermögen.
d) Übertragung aus dem Betrieb des Steuerpflichtigen in das Gesamthandsvermögen
einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt, § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG
(52) Erfolgt die Übertragung des Einzelwirtschaftsguts gegen Gewährung von Ge-
sellschaftsrechten, handelt es sich um einen umsatzsteuerbaren tauschähnli-
chen Umsatz gem. § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG, wobei die Gegenleistung in der
Gewährung von Gesellschaftsrechten besteht.
(53) Besondere Probleme können entstehen, wenn Gegenstand der Übertragung
eine (bisher nicht von der Personengesellschaft genutzte) vermietete Immobi-
lie ist. Hier stellt sich das Problem der Abgrenzung zu einer nicht umsatzsteu-
erbaren (Teil-)Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG. Eine nicht um-
satzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt nur vor, wenn mit dem
Grundstück die dem „Vermietungsunternehmen“ zu Grunde liegenden Miet-
verträge mit auf die Personengesellschaft übergehen. Hingegen liegt bei künf-
tiger Selbstnutzung der Immobilie durch die Personengesellschaft– mangels
Fortführung des Vermietungsunternehmens – keine Geschäftsveräußerung
vor, vgl. BFH-Urt. V R 6/08 v. 24.9.2009, BStBl. 2010 II, 315; Abschn. 1.5 Abs. 2
Satz 2 UStAE. Bei bestehenden Zweifeln über das Vorliegen einer Geschäfts-
veräußerung im Ganzen wurde in der Beratungspraxis mit UStKlauseln ope-
riert, die ausgehend von der Annahme einer nicht umsatzsteuerbaren Ge-
schäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG eine Option zur UStPflicht i.S. des
§ 9 Abs. 1 und 3 UStG vorsahen, sofern die Betriebsprüfung bzw. die UStSon-
derprüfung zu einer abweichenden umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung ge-
langen.
Hinweis: Von dieser Vorgehensweise ist dringend abzuraten. Die Option zur
UStPflicht muss nach neuerer Auffassung der FinVerw. bis zum Ablauf der
Rechtsbehelfsfrist (formelle Bestandskraft) des betroffenen UStBescheides
- 38 -
ausgeübt werden, vgl. Abschn. 9.1 Abs. 3 UStAE. Daher sind derartige UStKlau-
seln streitanfällig. Denn die Option zur UStPflicht erfolgt erst, nachdem die
FinVerw. das Vorliegen einer Betriebsveräußerung im Ganzen in Abrede stellt,
was im Regelfall im Rahmen einer Betriebsprüfung oder USt-Sonderprüfung
der Fall sein wird. Zu diesem Zeitpunkt ist der ursprüngliche UStBescheid je-
doch formell bestandskräftig. Damit besteht die Gefahr, dass die UStKlausel
ins Leere geht und damit eine Vorsteuerkorrektur gem. § 15a UStG droht. Aus
Vorsichtsgründen sollte im Zweifelsfall davon ausgegangen werden, dass die
Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht vorliegen. Soll-
te sich im Nachhinein herausstellen, dass die Voraussetzungen einer Ge-
schäftsveräußerung im Ganzen vorgelegen haben, wäre dies mit keinen steu-
errechtlichen Nachteilen verbunden, vgl. Prätzler, DStR 2011, 507, 508. Insbe-
sondere droht nicht die Anwendung des § 14c UStG, da wegen der Anwend-
barkeit des § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG der Grundstücksverkäufer die USt. aus der
Grundstückslieferung nicht offen ausweisen darf, vgl. § 14a Abs. 5 Satz 3 UStG.
(54) Bemessungsgrundlage für den umsatzsteuerbaren und den umsatzsteuer-
pflichtigen Vorgang ist nicht der gemeine Wert der Gesellschaftsrechte, son-
dern der subjektive Wert, den der Gesellschafter aufwendet, um die Gesell-
schaftsrechte zu erhalten, vgl. EuGH-Urt. C-33/93 v. 2.6.1994, UmStR 1995, 64;
U. Förster, DStR 2012, 381, 385. Das sind die Anschaffungs- bzw. die Herstel-
lungskosten des übertragenen Gegenstands, vgl. BFH-Urt. XI R 56/06
v. 6.4.2008, BStBl. 2008 II, 907.
(55) Die Personengesellschaft ist als Leistungsempfänger unter den Voraussetzun-
gen des § 15 UStG zum Vorsteuerabzug aus dem mit USt. belasteten Erwerb
des übertragenen Wirtschaftsguts berechtigt. Der übertragende Gesellschafter
muss die gesondert in Rechnung gestellte USt. abführen; eine entsprechende
Liquidität muss bei dem übertragenden Gesellschafter eingeplant werden.
(56) Bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts auf die Perso-
nengesellschaft liegt eine unentgeltliche Wertabgabe im Unternehmen des
Übertragenden vor, wenn er zum Vorsteuerabzug berechtigt war, vgl. § 3
Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UStG. Die unentgeltliche Wertabgabe ist steu-
- 39 -
erbar und im Regelfall steuerpflichtig. Eine Rechnung mit offenem UStAusweis
darf nicht erstellt werden, so dass ein Vorsteuerabzug der Personengesell-
schaft nach Auffassung der FinVerw. und der bisherigen Rspr. ausscheidet
(m.E. zweifelhaft).
(57) Im Fall der Übertragung eines Einzelwirtschaftsguts aus dem Gesamthands-
vermögen in das Betriebsvermögen eines Gesellschafters ist im Regelfall allein
der Vorgang einer unentgeltlichen Übertragung problematisch, weil es sich aus
der Sicht der übertragenden Personengesellschaft um eine unentgeltliche
Wertabgabe handelt, so dass eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis
nicht erteilt werden kann, und somit ein Vorsteuerabzug ausscheidet.
Hinweis: Aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht sind unentgeltliche Übertragungs-
vorgänge nachteilig, weil die auf die unentgeltliche Wertabgabe entstehende
USt. beim Erwerber nicht als Vorsteuer abziehbar ist, und auch ein Betriebs-
ausgabenabzug beim „Entnehmenden“ gem. § 12 Nr. 3 EStG ausscheidet. Vor-
zugswürdig sind daher bei geplanter Verwendung des Wirtschaftsguts zur Aus-
führung von den Vorsteuerabzug nicht ausschließenden Ausgangsumsätzen
Übertragungsvorgänge gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten.
e) Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen in das Ge-
samthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft und umgekehrt, § 6 Abs. 5
Satz 3 Nr. 1 EStG
(58) Umsatzsteuerrechtlich relevant ist der Vorgang der Übertragung aus dem
Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen „innerhalb“ einer
Mitunternehmerschaft nur dann, wenn das übertragene Wirtschaftsgut zuvor
entgeltlich zur Nutzung überlassen wurde und somit umsatzsteuerrechtlich
zum Unternehmensvermögen zählt. Die Übertragung gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten stellt dabei einen tauschähnlichen Umsatz i.S. des § 3
Abs. 12 Satz 2 UStG dar. Im Regelfall liegen bei der von der FinVerw. favori-
sierten Gleichsetzung des einkommensteuerrechtlichen (Teil-)Betriebsbegriffs
mit dem umsatzsteuerrechtlichen Begriff des in der „Gliederung eines Unter-
- 40 -
nehmens gesondert geführten Betriebs“ die Voraussetzungen einer nicht um-
satzsteuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1a UStG
vor, weil es sich bei den Wirtschaftsgütern des ertragsteuerlichen Sonderbe-
triebsvermögens im Regelfall um einen gesondert geführten „Betrieb“ i.S. des
§ 1 Abs. 1a UStG handelt, vgl. (MinRat im FinMin NRW) Rasche, in: Röd-
der/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2008, Anhang 9 Rz. 59.
(59) Bei einer unentgeltlichen Übertragung der Wirtschaftsgüter aus dem Sonder-
betriebsvermögen eines Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen der
Personengesellschaft handelt es sich um eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.
des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG. Unter den Voraussetzungen des § 1
Abs. 1a UStG handelt es sich jedoch um einen nicht umsatzsteuerbaren Vor-
gang.
(60) Bei der Übertragung gegen Minderung von Gesellschaftsrechten handelt es
sich um einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG umsatzsteuerbaren Vorgang, der
vorbehaltlich etwaig eingreifender UStBefreiungen umsatzsteuerpflichtig ist.
Sofern die Übertragung aus dem Gesamthandsvermögen unentgeltlich erfolgt,
handelt es sich wiederum um eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. des § 3
Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UStG.
2. Grunderwerbsteuer
(61) Werden Grundstücke gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu Buchwerten gegen Ge-
währung von Gesellschaftsrechten übertragen, ist die GrESt. mit in die Bera-
tungserwägungen einzubeziehen. Bei der Grundstücksübertragung handelt es
sich gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG um einen steuerbaren Vorgang, der jedoch in
Höhe der gesamthänderischen Vermögensbeteiligung des Übertragenden an
der erwerbenden Personengesellschaft nicht erhoben wird, vgl. § 5 Abs. 2
GrEStG. Bei einer Grundstücksübertragung auf eine Personengesellschaft, an
der nicht allein der Übertragende vermögensmäßig beteiligt ist, ist die voll-
ständige GrEStFreiheit des Vorgangs im Regelfall nur bei einer Grundstücks-
übertragung auf eine Familienpersonengesellschaft denkbar, da hier die Steu-
- 41 -
erbefreiung gem. § 3 Nr. 4 und 6 GrEStG auf die Personengesellschaft durch-
schlägt, vgl. Hofmann, GrEStG, 9. Aufl. 2010, § 5 Rz. 37. Sind an der Personen-
gesellschaft nicht durch § 3 Nr. 4 und 6 GrEStG begünstigte Personen Gesell-
schafter, entsteht anteilig GrESt.
(62) Eine besondere Herausforderung stellt die nach § 5 Abs. 3 GrEStG in den auf
die Grundstücksübertragung folgenden fünf Jahren laufende Sperrfrist dar.
Danach entfällt die steuerliche Freistellung von der GrESt. in Höhe der vermö-
gensmäßigen Beteiligung des Übertragenden rückwirkend (rückwirkendes Er-
eignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO), soweit sich der Anteil des Übertra-
genden am Vermögen der Gesamthand innerhalb der Sperrfrist vermindert.
Diese Verminderung kann einerseits durch die Übertragung eines (Teil-
)Mitunternehmeranteils oder durch Ausscheiden aus der Gesellschaft erfol-
gen. Sofern die Voraussetzungen resp. § 3 Nr. 4 bzw. 6 GrEStG erfüllt sind, ist
der Vorgang steuerfrei. Auch hier gilt, dass die Beteiligung von nicht zum engs-
ten Familienverbund gehörenden Gesellschaftern zur Belastung mit GrESt.
führt.
(63) § 5 Abs. 3 GrEStG kann auch durch Formwechsel der grundstückserwerben-
den Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft ausgelöst werden, vgl.
BFH-Beschl. II B 151/10, BFH/NV 2011, 1395. Ebenso kann der Formwechsel
des Übertragenden eine Sperrfristverletzung auslösen, vgl. Tz. 1.2.2 Vfg. der
OFD Rheinl. v. 31.8.2012, juris.
3. Schenkungsteuer
(64) Übertragungsvorgänge – nicht bei Überführungsvorgängen i.S. des § 6 Abs. 5
Satz 1 und 2 EStG – im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG können
schenkungsteuerrechtlich relevant sein. Erfolgt die Übertragung des Wirt-
schaftsguts aus einem Betriebsvermögen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG) oder ei-
nem Sonderbetriebsvermögen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG) in das Gesamt-
handsvermögen unentgeltlich (d.h. durch Gutschrift auf einem gesamthände-
risch gebundenen Rücklagenkonto oder durch Buchung als Ertrag), werden die
- 42 -
übrigen Mitgesellschafter entsprechend ihrer vermögensmäßigen Beteiligung
am Gesellschaftsvermögen bereichert. Diese Bereicherung kann Ausfluss einer
freigebigen Zuwendung sein. In diesem Fall wäre der Vorgang gem. § 7 Abs. 1
Nr. 1 ErbStG steuerbar. Stehen erkennbar betriebliche Gründe im Vorder-
grund (z.B. Sanierungsbeitrag eines potenten Gesellschafters oder erfolgt die
Übertragung auf Druck der Bank zur Abwendung der Kündigung der Kreditli-
nien), scheidet die Annahme einer freigebigen Zuwendung aus, vgl. Geck,
KÖSDI 2013, 18290, 18296 (zur Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermö-
gen in das Gesamthandsvermögen gegen nicht wertkongruente Gesellschafts-
rechte).
Hinweis: Die Annahme einer freigebigen Zuwendung wird im Regelfall nur
dann in Betracht kommen, wenn die Gesellschafter in einem engen persönli-
chen Näheverhältnis zueinander stehen (z.B. Eltern und Kinder oder Ehegat-
ten). Andernfalls ist die Annahme einer freigebigen Zuwendung wohl nur aus-
nahmsweise vorstellbar.
(65) Erfolgt die Übertragung gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 und 2 EStG gegen Gewäh-
rung von Gesellschaftsrechten, kann der Vorgang nur dann schenkungsteuer-
rechtlich relevant sein, wenn der (Verkehrs-)Wert der erhaltenen Gesell-
schaftsrechte den (Verkehrs-)Wert des übertragenen Wirtschaftsguts signifi-
kant unterschreitet. Um dies beurteilen zu können, ist letztlich eine Unter-
nehmensbewertung (z.B. gem. §§ 199 ff. BewG) erforderlich, um den Wert der
als Gegenleistung erhaltenen Gesellschaftsrechte bestimmen zu können.
(66) Erfolgt die Übertragung aus dem Gesamthandsvermögen in ein (Sonder-
)Betriebsvermögen eines Gesellschafters gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 und 2
EStG unentgeltlich bzw. gegen Minderung von Gesellschaftsrechten, kommt
nur in Höhe der Beteiligungsquote der übrigen Gesellschafter eine freigebige
Zuwendung in Betracht, wenn die Übertragung nicht aus betrieblichen Grün-
den (z.B. Sachwertabfindung eines lästigen Gesellschafters) erfolgt. Bei einer
Übertragung gegen Minderung von Gesellschaftsrechten scheidet eine Freige-
bigkeit in Höhe des (Verkehrs-)Wertes der wegfallenden Gesellschaftsrechte
aus.
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(67) Im Fall einer Übertragung eines Wirtschaftsguts gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3
EStG von einem Sonderbetriebsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen ei-
nes anderen Mitunternehmers derselben Mitunternehmerschaft dürfte im
Regelfall ein schenkungsteuerbarer Vorgang verwirklicht werden, der – wenn
es sich um eine qualifizierte GmbH-Beteiligung handelt – unter den Vorausset-
zungen der §§ 13a, 13b ErbStG steuerverschont übertragen werden kann.
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C. Beratungsbrennpunkt Einlage oder Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter aus
dem Privatvermögen
I. Kapitalkontenstruktur
1. Bedeutung der Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten und Gesell-
schafter-Fremdkapitalkonten
(68) Der BFH hat in jüngerer Zeit die Gelegenheit ergriffen, systematisierend zur
Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten und Gesellschafter-
Fremdkapitalkonten Stellung zu beziehen, vgl. BFH-Urt. IV R 29/06
v. 26.6.2007, BStBl. 2008 II, 103; IV R 37/06 v. 24.1.2008, BStBl. 2011 II, 617; IV
R 66/05 v. 24.1.2008, BFH/NV 2008, 1302; IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008
II, 812; I R 77/06 v. 17.7.2008, BStBl. 2009 II, 464; vgl. dazu Ley, DStR 2009,
613. Die Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten und Gesellschaf-
ter-Fremdkapitalkonten ist steuerrechtlich zuvörderst mit Bezug auf § 15a
EStG, Einbringungsvorgänge in Personengesellschaften und die Refinanzierung
einer Rückzahlung vom Gesellschafterguthaben bedeutsam.
2. Kriterien zur Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten und Gesellschaf-
ter-Fremdkapitalkonten
(69) Aus der jüngeren Rspr. sind die folgenden Kriterien zur Abgrenzung zwischen
Gesellschafter-Eigenkapitalkonten und Gesellschafter-Fremdkapitalkonten ab-
zuleiten, vgl. dazu insbesondere BFH-Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008
II, 812:
(a) Die Abgrenzung der Konten richtet sich nicht nach ihrer Bezeichnung.
Führt eine Personengesellschaft für die Gesellschafter mehrere Konten
mit verschiedenen Bezeichnungen, ist vielmehr anhand des Gesell-
schaftsvertrages zu ermitteln, welche zivilrechtliche Rechtsnatur diese
Konten haben, d.h. ob sie Eigenkapital oder Forderungen und Schulden
- 45 -
ausweisen, so ausdrücklich BFH-Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008
II, 812 (unter Abschn. II. 2 der Urteilsgründe).
(b) Kennzeichnend für ein Gesellschafter-Eigenkapitalkonto ist, dass nach
dem eindeutigen und klaren Willen der Gesellschafter auf dem Konto
auch Verluste erfasst werden, welche die ausgewiesenen thesaurierten
Gewinne aufzehren können; denn mit dem Begriff eines Fremdkapital-
kontos ist eine Verlustbeteiligung des Gläubigers unvereinbar.
(c) Maßgeblich ist die Regelung der Verlustverrechnung im Gesellschafts-
vertrag. Ein Gesellschafterbeschluss, nach dem etwaige Jahresfehlbe-
träge aus Gesellschafterdarlehenskonten abgedeckt werden sollen, führt
nicht dazu, dass es sich bei den entsprechenden Gesellschafterkonten
um Gesellschafter-Eigenkapitalkonten handelt, vgl. BFH-Urt. IV R 46/05
v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812 (unter Abschn. II. 3 der Urteilsgründe).
Die Verlustverrechnung muss dementsprechend im Gesellschaftsvertrag
vorgesehen sein, damit ein entsprechendes Konto als Eigenkapitalkonto
des Gesellschafters einzuordnen ist.
(d) Ausreichend für die Einordnung eines Kontos als Eigenkapitalkonto ist,
wenn zwar eine laufende Verlustverrechnung nicht vorgesehen, für den
Fall des Ausscheidens aber geregelt ist, dass sich das Abfindungsgutha-
ben nach dem Saldo sämtlicher Gesellschafterkonten, nämlich „Kapital-
konto und Darlehenskonto abzüglich eines eventuell anteiligen Verlust-
vortrages“ bestimmt, vgl. BFH-Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008
II, 812 (unter Tz. 4 der Urteilsgründe).
(e) Bedeutung für die Einordnung als Gesellschafter-Eigenkapitalkonto oder
Gesellschafter-Fremdkapitalkonto hat des Weiteren die Regelung der
Entnahmefähigkeit von Guthaben, die auf den Konten ausgewiesen
sind. Insoweit spricht eine Entnahmebeschränkung für das Vorliegen ei-
nes Eigenkapitalkontos. Nicht schädlich ist indes eine Entnahmemöglich-
keit von Gewinnanteilen für die Einstufung eines Kontos als Eigenkapi-
talkonto, vgl. BFH-Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812 (unter
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Abschn. II. 4 der Urteilsgründe [„Gewinnanteile gehören nach der ge-
setzlichen Vorgabe des § 120 Abs. 2 HGB zum Kapitalanteil des Gesell-
schafters. Aus den §§ 122 und 167 Abs. 2 HGB lässt sich zudem entneh-
men, dass es zum Wesen der Gewinnanteile gehört, zumindest teilweise
entnommen zu werden.“]). Demgegenüber ist nicht geklärt, ob eine un-
beschränkte Entnahmeberechtigung der Einordnung eines Kontos als
Gesellschafter-Eigenkapitalkonto entgegensteht, dies ausdrücklich offen
lassend BFH-Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812 (unter Ab-
schn. II. 4 der Urteilsgründe).
(f) Letztlich kann der Verzinsung Bedeutung zukommen: Eine gewinnunab-
hängige Verzinsung stellt ein Indiz für den Fremdkapitalcharakter des
Kontos dar. Demgegenüber spricht das Fehlen einer Verzinsung für das
Vorliegen von Eigenkapital. Eine gewinnabhängige Verzinsung ist der
Einordnung als Eigenkapital nicht abträglich. Doch auch bei einer ge-
winnunabhängigen Verzinsung darf nicht zwangsläufig die Schlussfolge-
rung gezogen werden, es handele sich um Fremdkapital. Insoweit misst
der BFH der Frage der Verrechenbarkeit von Verlusten größere Bedeu-
tung bei, vgl. BFH-Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812.
(70) In zusammenfassender Betrachtung können die Abgrenzungskriterien wie
folgt dargestellt werden:
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Die Abgrenzung von Gesellschafter-Eigenkapitalkonten und Gesellschafter-Fremdkapitalkontennach der jüngeren Rechtsprechung
Unmaßgeblich:Bezeichnung des Kon-tos. Bei mehreren Ge-sellschafterkonten ist anhand des Gesell-schaftsvertrages zu
ermitteln, welche zivil-rechtliche Natur das jeweilige Konto hat.
erforderlich ist Re-gelung im Gesell-
schaftsvertrag; Gesellschafterbe-
schluss reichtnicht aus
ausreichend ist Ver-lustverrechnung im Fall
des Ausscheidens(Abfindungsguthaben bestimmt sich nach
dem Saldo sämtlicher Gesellschafterkonten – „Kapitalkonto und Darlehenskonto ab-
züglich eines eventuell anteiligen Verlust-
vortrags“)
Erfassung von Verlusten auf dem Konto (Verlustbeteili-gung ist mit Begriff eines Fremdkapitalkontos nicht
vereinbar)
Kernbestimmung
Entnahmefähigkeitvon Guthaben
weitere Bedeutsamkeit
Entnahmemöglichkeit von Gewinnanteilenspricht nicht gegen Eigenkapitalcharakter
unbeschränkte Ent-nahmemöglichkeit?
Entnahmebeschrän-kung: tendenziell auf Eigenkapital hindeu-tend gewinnabhängige
Verzinsung steht Ein-ordnung als Eigenka-pital nicht entgegen
gewinnunabhängige Verzinsung spricht für Fremdkapital
Verzinsung
nachrangige Bedeutung
(71) Die FinVerw., vgl. BMF-Schr. IV C 6 ‒ S 2178/09/10001 (DOK 2011/0524044)
v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713, in Abschn. I., folgt diesen Maßgrößen weitge-
hend, indem sie Folgendes vorgibt:
(a) Das Kapitalkonto I wird als Eigenkapitalkonto eingestuft, welches maß-
geblich die Gesellschaftsrechte des Gesellschafters bestimmt. Als maß-
gebliche Gesellschaftsrechte kommen die Gewinnverteilung, die Ausei-
nandersetzungsansprüche sowie Entnahmerechte in Betracht. Die bloße
Gewährung von Stimmrechten stellt keine Gegenleistung i.S. einer Ge-
währung von Gesellschaftsrechten dar, da Stimmrechte allein keine
vermögensmäßige Beteiligung an der Personengesellschaft vermitteln.
(b) Werden weitere variable Gesellschafterkonten geführt, kommt es für
deren rechtliche Einordnung auf die jeweiligen vertraglichen Abreden im
Gesellschaftsvertrag an. Ein wesentliches Indiz für das Vorliegen eines
Eigenkapitalkontos ist die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung, dass
auf dem jeweiligen Konto auch Verluste erfasst werden. Liegt nach dem
Maßstab „Buchung auch von Verlusten“ ein weiteres Kapitalkonto II
vor, stellt die Erfassung einer Gegenleistung auf diesem Konto aus Sicht
- 48 -
der FinVerw. einen Vorgang dar, der mit der Gewährung von Gesell-
schaftsrechten verbunden ist, da die FinVerw. davon ausgeht, auch bei
Aufgliederung des Kapitalkontos eines Gesellschafters in mehrere Un-
terkonten bleibe es gleichwohl ein einheitliches Kapitalkonto.
Gestaltungshinweis: Nicht durch die FinVerw. wird die Frage der Bedeu-
tung der Regelung der Entnehmbarkeit problematisiert. Diese kann im
Hinblick auf den obersten Maßstab der Verlusterfassung nach meinem
Dafürhalten nicht bestimmend sein. Problematisch hinsichtlich der Ein-
ordnung eines Kapitalkontos als Eigenkapitalkonto kann gleichviel eine
freie Entnehmbarkeit sein. Hinzu tritt der Aspekt, dass bei der Erfassung
der Gegenleistung auf einem variablen Kapitalkonto eine alsbaldige
Entnahme des Betrages den Einwand des gestaltungsmissbräuchlichen
Handelns etwaig in Ausformung des steuerschädlichen Gesamtplans
hervorrufen könnte. ‒ Der BFH hat mehrfach entschieden, dass es für
die Einordnung eines Gesellschafterdarlehenskontos nicht auf die
Fremdüblichkeit (z.B. fortlaufende Tilgung oder Verzinsung) ankomme,
vgl. z.B. BFH-Urt. IV R 66/05 v. 24.1.2008, BFH/NV 2008, 1302.
(72) Als gesamthänderisch gebundenes Rücklagenkonto erkennt die FinVerw., vgl.
Abschn. II. 2 Buchst. b des BMF-Schr. IV C 6 ‒ S 2178/09/10001 (DOK
2011/0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713, nach wie vor nur ein solches
Konto an, das sich im Falle der Auseinandersetzung entsprechend der Beteili-
gung der Gesellschafter dem Grunde nach auf die Gesellschafter verteilt. Da-
mit werden personifiziert geführte gesamthänderisch gebundene Rücklagen-
konten nicht anerkannt. Vielmehr wird die FinVerw. im Falle der persönlichen
Zuordnung eines Rücklagenkontos ‒ und sei es nur mit Bezug auf die Liquida-
tion der Gesellschaft oder die Veräußerung eines eingelegten Wirtschaftsgutes
‒ von einem Gesellschafter-Fremdkapitalkonto ausgehen, weil es insoweit,
wie im vorausgehenden Gestaltungshinweis hervorgehoben, nicht auf die
Fremdüblichkeit ankommt, vgl. dazu BFH-Urt. IV R 66/05 v. 34.1.2008, BFH/NV
2008, 1301.
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3. Aktivische Gesellschafterkonten
(73) Bei einem durch Entnahmen entstandenen aktivischen Gesellschafterkonto ist
sowohl steuerrechtlich als auch gesellschaftsrechtlich relevant, ob es sich in-
soweit um eine Forderung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter oder –
wie bei einem durch die Buchung von laufenden Verlusten entstandenen ne-
gativen Kapitalkonto – um die schlichte Fortschreibung der um die Entnahmen
geminderten Einlage handelt, die keine fällige oder betagte Forderung der Ge-
sellschaft gegen den Gesellschafter abbildet.
(74) Gesellschaftsrechtlich besteht Einigkeit darüber, dass ein aktivisches Gesell-
schafterkonto (gleichgültig ob mit Eigenkapital- oder Fremdkapitalcharakter),
das durch unzulässige Entnahmen entsteht, eine fällige Forderung der Gesell-
schaft gegen den Gesellschafter abbildet, vgl. z.B. v. Falkenhaus/Schneider, in:
Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, 3. Aufl. 2009, § 22
Rz. 78; Wagner, DStR 2008, 567.
(75) Hingegen ist bei der Beurteilung einer gesellschaftsrechtlich zulässigen Ent-
nahme unklar, ob es sich hierbei um einen (zunächst) als Entnahme zu qualifi-
zierenden Vorschuss auf künftige Gewinne handelt, der erst dann zu einer
Forderung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter erstarkt, wenn bei Aus-
scheiden des Gesellschafters oder bei Auflösung der Gesellschaft der Vor-
schuss nicht durch seither angefallene Gewinne abgedeckt worden ist, vgl.
Huber, ZGR 1988, 41, 59, 76 f.; ebenso Wagner, DStR 2008, 565, oder ob es
sich hierbei stets um eine Forderung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter
handelt, vgl. v. Falkenhaus/Schneider, in: Münchener Handbuch des Gesell-
schaftsrechts, Bd. 2, 3. Aufl. 2009, § 22 Rz. 78. Der BGH hat im Fall einer Anle-
ger-Fonds-Kommanditgesellschaft (Publikumsgesellschaft) mit Urt. II ZR 73/11
v. 12.3.2013, DStR 2013, 1295, entschieden, dass das nach Maßgabe des Ge-
sellschaftsvertrages durch zulässige Entnahmen entstandene aktivische Ge-
sellschafterkonto zivilrechtlich nur dann eine Forderung der Gesellschaft ge-
gen den Gesellschafter darstellt, wenn sich die Rückzahlungsverpflichtung des
Kommanditisten eindeutig aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt. Es darf be-
zweifelt werden, dass die Aussagen des BGH auf mittelständisch geprägte Per-
sonengesellschaften unmittelbar übertragbar sind, da in dem vom BGH ent-
- 50 -
schiedenen Streitfall bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrages „Anleger-
schutzgesichtspunkte“ eine erhebliche Rolle gespielt haben, vgl. Priester, DStR
2013, 1786, 1789.
Anmerkung: Gesellschaftsrechtlich relevant ist die Unterscheidung u.a. für die
Frage, ob der Gesellschaft gegen den Gesellschafter ein Zahlungsanspruch zu-
steht bzw. es wegen der Qualifikation des Vorgangs als Entnahme im Außen-
verhältnis zum Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten gem. § 172
Abs. 4 Satz 1 HGB kommt bzw. die Entnahmesperre des § 169 Abs. 1 Satz 2,
2. Halbs., 1. Fall HGB (einhergehend mit einem Wiederaufleben der Außenhaf-
tung gem. § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB) bei durch Entnahmen bewirkten negativen
Kapitalkonten eingreift, str. vgl. Grunewald, in: Münchener Kommentar, HGB,
3. Aufl. 2012, § 169 Rz. 4. Der BGH hat im Urt. II ZR 73/11 v. 12.3.2013, DStR
2013, 1295, klargestellt, dass auch bei einem fehlenden Rückzahlungsanspruch
der Gesellschaft gegen den Kommanditisten im Außenverhältnis durch eine
„Überziehung“ eines Gesellschafterkontos eine Außenhaftung ausgelöst wer-
den kann, da der (fehlende) Rückzahlungsanspruch allein das Innenverhältnis,
und nicht das Außenhaftungsregime der §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1 HGB be-
trifft.
(76) Für die gesellschaftsrechtliche Abgrenzung einer zulässigen von einer unzuläs-
sigen Entnahme sind – entgegen dem im BFH-Urt. IV R 98/06 v. 16.10.2008,
BStBl. 2009 II, 272, erweckten Eindruck – nicht nur gesellschaftsvertraglich
vereinbarte (Liquiditäts-)Entnahmen „zulässige Entnahmen“. Auch durch einen
Gesellschafterbeschluss legitimierte Entnahmen sind gesellschaftsrechtlich
zweifelsohne zulässig. Der Gesellschafterversammlung steht es frei, entweder
den Gesellschaftsvertrag (auch konkludent) zu ändern, oder einen „vertrags-
durchbrechenden“ Gesellschafterbeschluss zu fassen, wobei ohne eine abwei-
chende Regelung im Gesellschaftsvertrag ein einstimmiger Gesellschafterbe-
schluss erforderlich ist, vgl. Huber, ZGR 1988, 77; ebenso Ley, DStR 2009, 617.
Wird indes die Liquiditätsentnahme durchgeführt, obgleich es an dem erfor-
derlichen einstimmigen Gesellschafterbeschluss mangelt, handelt es sich ge-
sellschaftsrechtlich um einen Fall einer „unzulässigen“ Entnahme, bei der der
Gesellschaft gegen den Gesellschafter eine entsprechende Forderung zusteht.
- 51 -
(77) Der BFH qualifiziert ein aktivisches Gesellschafterkonto als Forderung oder
Entnahme für steuerrechtliche Zwecke deutlich „kleinteiliger“. Die Abgrenzung
ist nicht nur für Zwecke des § 15a EStG von erheblicher praktischer Bedeu-
tung, sondern berührt insbesondere auch den Anwendungsbereich des § 4
Abs. 4a EStG, des § 34a EStG sowie des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG. Zunächst diffe-
renziert der BFH danach, ob es sich bei dem zu qualifizierenden negativen Ge-
sellschafterkonto im passivischen Zustand um materielles Eigenkapital handelt
oder um Fremdkapital; s. zur Abgrenzung Strahl, Kösdi 2009, 16531.
(78) Bei einem (im passivischen Zustand) als materielles Eigenkapital zu qualifizie-
renden Gesellschafterkonto bleibt diese Qualifikation im aktivischen Zustand
bestehen; es handelt sich insoweit um einen negativen Kapitalausweis (Ent-
nahme), unabhängig davon, ob die Gesellschafterkonten in einem Zwei-
Konten-Modell oder im Drei- und Vier-Konten-Modell aufgebaut sind, vgl.
BFH-Urt. IV R 98/06 v. 16.10.2008, BStBl. 2009 II, 272.
(79) Handelt es sich im passivischen Zustand um materielles Fremdkapital, knüpft
der BFH an das Gesellschaftsrecht an und kommt zu dem Ergebnis, dass der
aktivische Bestand des Kontos eine Forderung der Gesellschaft gegen den Ge-
sellschafter ausweist, wenn das aktivische Konto infolge von gesellschaftsver-
traglich nicht vorgesehenen Auszahlungen negativ geworden ist („unzulässige
Entnahmen“). Unzulässige Entnahmen in diesem Sinne sollen nach (sich vom
Gesellschaftsrecht lösender) Auffassung der FinVerw. (und ggf. des BFH?) auch
dann anzunehmen sein, wenn diesen zwar ein besonderer Gesellschafterbe-
schluss zugrunde liegt, durch den aber bestehende gesellschaftsvertragliche
Entnahmeregelungen nicht erweitert werden sollten, vgl. OFD Rheinl., Vfg.
S 2241a A-1020-St 113 v. 4.12.2009, juris.
(80) Ob ein durch „zulässige“ Entnahmen bewirktes aktivisches Gesellschafterdar-
lehenskonto eine Forderung oder eine Entnahme abbildet, hat der BFH bisher
nicht entschieden, s. aber der BGH zu einer Anleger-Fonds-Kommanditge-
sellschaft. Der entnahmebedingte aktivische Bestand des Gesellschafterkontos
bildet m.E. in der Handelsbilanz/Steuerbilanz keine Forderung ab, wenn nach
dem Willen der Gesellschafter keine Rückzahlungsverpflichtung besteht,
sondern ein Ausgleich durch künftige stehen gelassene Gewinne erfolgen soll,
- 52 -
was wiederum durch die Buchung auf einem Kapitalkonto anstelle eines For-
derungskontos indiziert ist, s. ebenso Ley, DStR 2009, 617.
Anmerkung: Mit Urt. 2 K 171/11 v. 10.10.2012 hat das FG Hamburg bei einem
durch zulässige Entnahmen aktivisch gewordenen Darlehenskonto entschie-
den, dass der schuldrechtliche Charakter des Gesellschafterkontos auch im ak-
tivischen Zustand erhalten bleibt. Gegen dieses Urteil ist unter dem Az. IV R
41/12 Revision beim BFH anhängig.
II. Vermeidung der Realisation stiller Reserven
(81) Wie eingangs angesprochen, ist die Kapitalkontenstruktur insbesondere für
Einbringungsvorgänge in die Mitunternehmerschaft bedeutsam. Werden ein-
zelne Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens eingebracht, setzt die Anwen-
dung von § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1, 2 EStG die Gewährung von Gesellschaftsrech-
ten und/oder die Gutschrift auf einem gesamthänderisch gebundenen Rückla-
genkonto voraus. Rechnen die zu übertragenden Wirtschaftsgüter zum Privat-
vermögen, ergibt sich je nach Gestaltungsziel eine andere Ausgangslage.
Mit dem Transfer zum Privatvermögen gehörender Wirtschaftsgüter in das be-
triebliche Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft können näm-
lich ganz verschiedene Gestaltungsziele verbunden sein, u.a.:
(a) Die Generierung einer AfA-Bemessungsgrundlage in Höhe des Ver-
kehrswerts des transferierten Wirtschaftsguts (§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG hat
für Einbringungsvorgänge in eine Mitunternehmerschaft keine Bedeu-
tung), vgl. BFH-Urt. IV R 37/06 v. 24.1.2008, BStBl. 2011 II, 617; IV R
66/05 v. 24.1.2008, BFH/NV 2008, 1301.
(b) Die Bindung von Familienvermögen in einem gesamthänderischen Ver-
bund, um dergestalt die begünstigten Familienangehörigen – u.U. unter
Ausnutzung etwaiger einkommensteuerrechtlicher Progressionsvorbe-
halte – an den Erträgen partizipieren zu lassen, zugleich aber durch die
gesamthänderische Bindung unter beherrschender Gesellschafterstel-
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lung der Elterngeneration den Erhalt des Familienvermögens sicherzu-
stellen.
(c) Die Vornahme einer (Sach-)Einlage zur Vermeidung nur verrechenbarer
Verluste i.S. des § 15a Abs. 2 EStG durch die Zuführung von Kapital vor
dem Ende des Wirtschaftsjahres der betroffenen Mitunternehmer-
schaft.
(d) Die Generierung nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG begünstigten Vermö-
gens, wobei die Begrenzung des Anteils an Verwaltungsvermögen auf
50 % des Gesellschaftsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG (bei
beabsichtigter Wahl der vollständigen Verschonung nach § 13a Abs. 8
ErbStG beträgt der maßgebliche Prozentsatz 10 %) und der Ausschluss
sog. jungen Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG zu
beachten sind.
(e) Die Schaffung der Voraussetzungen für eine begünstigte Vermögens-
übertragung gegen Versorgungsleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG.
Hier ist die Ein-Jahresfrist zu berücksichtigen, welche der sog. Vierte
Rentenerlass in Gestalt des BMF-Schr. IV C 3 – S 2221/09/10004 (DOK
2010/0188949) v. 11.3.2010, BStBl. 2010 I, 227, Tz. 23, vorsieht. Danach
wird die Einlage von Anteilen an einer GmbH in das Betriebsvermögen
eines Betriebes, Teilbetriebes oder einer Mitunternehmerschaft im Vor-
feld einer beabsichtigten Übertragung dieses Betriebes oder Mitunter-
nehmeranteils im Wege der Vermögensübergabe gegen Versorgungs-
leistungen als gestaltungsmissbräuchlich angesehen. Die das transferier-
te Wirtschaftsgut aufnehmende Mitunternehmerschaft muss zudem
originär gewerblich tätig sein; eine gewerbliche Prägung i.S. des § 15
Abs. 3 Nr. 2 EStG reicht nicht aus.
(f) Für die Gestaltungspraxis sind die Grundsätze des BMF-Schr.
v. 11.7.2011 von besonderer praktischer Relevanz, wenn Anteile i.S. des
§ 17 EStG zur Implementierung einer ertragsteuerrechtlichen Organ-
schaft mit dem Ziel der Herstellung einer finanziellen Eingliederung
- 54 -
übertragen werden. In diesen Fällen können die Anteile nicht einge-
bracht, sondern nur eingelegt werden, um eine Realisation der stillen
Reserven zu vermeiden. Zu beachten ist allerdings, dass für die Etablie-
rung der Mitunternehmerschaft als Organträgerin eine gewerbliche Prä-
gung nicht ausreicht, sondern die Personengesellschaft (ab dem VZ
2003) gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG eine originäre gewerbli-
che Tätigkeit entfalten muss, vgl. Neumann, in: Gosch, KStG, 2. Aufl.
2009, § 14 Rz. 80.
(g) Zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung i.S. des § 6 AStG kann eben-
falls erwogen werden, Anteile i.S. des § 12 EStG in eine gewerblich ge-
prägte Personengesellschaft einzulegen. Es sollte aber zusätzlich sicher-
gestellt sein, dass die Personengesellschaft in Deutschland über eine Be-
triebsstätte verfügt, der die Beteiligung funktional zugeordnet werden
kann. Im Regelfall dürfte die Einlage in eine lediglich gewerblich gepräg-
te Personengesellschaft problematisch sein, da diese abkommensrecht-
lich eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausüben soll, vgl. Wacker, in:
L. Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 15 Rz. 231, so dass das Eingreifen des
Betriebsstättenprinzips zweifelhaft sein kann.
(h) Die steuerwirksame Generierung eines tatsächlich entstandenen Ver-
lusts – etwa aus einer Beteiligung i.S. des § 17 EStG –, ohne das Wirt-
schaftsgut auf einen (fremden) Dritten zu übertragen. Darin liegt kein
Gestaltungsmissbrauch nach Maßgabe des § 42 AO, vgl. BFH-Urt. IX R
40/09 v. 7.12.2010, BStBl. 2011 II, 427; IX R 77/06 v. 29.5.2008, BStBl.
2008 II, 789; IX R 60/07 v. 25.8.2009, BStBl. 2009 II, 999; Urt. FG des
Saarlandes 2 K 1179/04 v. 17.6.2008, EFG 2008, 1803 (rkr.); ausführlich
mit weiteren Gestaltungshinweisen Demuth, in: Gestaltende Steuerbe-
ratungspraxis – Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Um-
wandlungen, Betriebsaufspaltung, Gewinnermittlung – (KSp 9), 2011,
Tz. A/41.
(82) Gestaltungsvoraussetzung ist dabei – abgesehen von den Fällen der gewollten
Verlustrealisation (s. dazu vorstehend Buchst. h) – die ertragsteuerrechtliche
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Neutralität des Transfervorgangs aus dem Privatvermögen in das Betriebs-
vermögen. Im Rahmen der Gestaltungsberatung ist zudem zu berücksichtigen,
dass ein steuerlich nicht verhaftetes Wirtschaftsgut des Privatvermögens
durch den Transfervorgang dauerhaft steuerlich verstrickt wird.
(83) Der Transfer von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens in das betriebliche
Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft kann sich ertragsteuer-
rechtlich als Einbringungsvorgang (zum Verkehrswert) oder als Einlagevor-
gang i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG vollziehen, der gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG
zu bewerten ist.
(84) Die FinVerw. hat ihre Sichtweise zur Abgrenzung der Einbringung von der Ein-
lage von Privatvermögen durch Gesellschafter einer Mitunternehmerschaft
unter Berücksichtigung der jüngeren Rspr. des BFH in einem neuen BMF-Schr.
IV C 6 – S 2178/09/10001 (DOK 2011/0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I,
713, zusammengefasst, das an die Stelle des BMF-Schr. IV B 2 – S 2178 – 2/04
v. 26.11.2004, BStBl. 2004 I, 1190, tritt. Daraus ergibt sich:
(a) Eine Einbringung liegt vor, wenn der Gegenwert des eingebrachten
Wirtschaftsgutes auf einem handels- und gesellschaftsrechtlichen Kapi-
talkonto gutgeschrieben wird, das Gesellschaftsrechte repräsentiert. In
diesem Fall erfolgt die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschafts-
rechten und stellt somit einen tauschähnlichen Vorgang dar, der aus
Sicht des Einbringenden als Veräußerungsvorgang und aus Sicht der
übernehmenden Personengesellschaft als Anschaffungsvorgang zu qua-
lifizieren ist. Dabei ist gleichgültig, ob sich die Kapitalkontenstruktur
nach dem Regelstatut des HGB richtet, oder – wie im Regelfall – hiervon
abweicht.
(b) Eine Einlage setzt demgegenüber voraus, dass dem Einbringenden
überhaupt keine Gesellschaftsrechte gewährt werden und demzufolge
die Übertragung des Wirtschaftsgutes ausschließlich auf einem gesamt-
händerisch gebundenen Rücklagenkonto oder als Ertrag gebucht wird.
Nach Auffassung der FinVerw. ist kennzeichnend, dass in beiden Fällen
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der übertragende Gesellschafter keine individuelle Rechtsposition er-
langt, die ausschließlich ihn bereichert, vgl. BMF-Schr. IV C 6 – S
2178/09/10001 (DOK 2011/0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713,
Abschn. II Ziff. 2 Buchst. b. Die aus der Betriebsvermögenszuführung
entstehende reflexartige Wertsteigerung der Gesellschaftsbeteiligung
stellt keine der Annahme einer Einlage entgegenstehende Gegenleistung
dar.
(85) Die Qualifikation des Einbringungsvorgangs als Veräußerungsgeschäft hat zur
Folge, dass es hierdurch zu einer Aufdeckung von stillen Reserven kommen
kann, weil z.B. der Tatbestand des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 20 Abs. 2 EStG
oder § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht wird. Ebenso löst eine Einbrin-
gung von sperrfristbehafteten Kapitalgesellschaftsanteilen in das gesamthän-
derisch gebundene Vermögen einer Personengesellschaft als Veräußerungs-
vorgang innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist den sog. Einbringungsgewinn I
i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG aus. Zudem kann die Einbringung eines
Grundstücks in das gesamthänderisch gebundene Betriebsvermögen einer
Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten als Grund-
stücksveräußerung i.S. des gewerblichen Grundstückshandels zu werten sein,
vgl. Urt. FG Hamburg 2 K 158/08 v. 27.5.2009 (rkr.), EFG 2009, 1934.
(86) Die FinVerw., vgl. BMF-Schr. IV C 6 − S 2178/09/10001 (DOK 2011/0524044)
v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713, Abschn. II Ziff. 2 Buchst. b, erkennt weiterhin
die Möglichkeit an, ohne Gegenleistung ein Wirtschaftsgut im Wege einer
nach § 4 Abs. 1 Satz 8 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu bewertenden verdeckten
Einlage in das gesamthänderische Betriebsvermögen einer Personengesell-
schaft zu übertragen. Eine verdeckte Einlage setzt voraus, dass dem Einbrin-
genden überhaupt keine Gesellschaftsrechte gewährt werden und demzufolge
die Übertragung des Wirtschaftsgutes ausschließlich auf einem gesamthände-
risch gebundenen Rücklagenkonto oder als Ertrag gebucht wird. Nach Auffas-
sung der FinVerw. ist kennzeichnend, dass in beiden Fällen der übertragende
Gesellschafter keine individuelle Rechtsposition erlangt, die ausschließlich ihn
bereichert. Die aus der Betriebsvermögenszuführung entstehende reflexartige
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Wertsteigerung der Gesellschaftsbeteiligung stellt keine der Annahme einer
Einlage entgegenstehende Gegenleistung dar.
(87) Es ist zu beachten, dass nicht jedes (Rücklagen-)Konto, das einer gesamthän-
derischen Bindung unterliegt, ein gesamthänderisch gebundenes Rücklagen-
konto i.S. der Verwaltungsauffassung darstellt. Nicht die gewählte Bezeich-
nung des Kontos, sondern die nach dem Gesellschaftsvertrag bestimmte Aus-
gestaltung des Rücklagenkontos ist entscheidend: Nach Auffassung der Fin-
Verw. setzt ein gesamthänderisch gebundenes Rücklagenkonto voraus, dass
dieses Konto nicht personalistisch geführt wird, d.h. der Bestand des Kontos
den einzelnen Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligung am Gesamt-
handsvermögen zuzurechnen ist, vgl. BMF-Schr. v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I,
713, Abschn. II Ziff. 2 Buchst. b, wo es wörtlich heißt:
„Bei der ausschließlichen Buchung auf einem gesamthänderisch
gebundenen Rücklagenkonto erlangt der übertragende Gesell-
schafter nämlich anders als bei der Buchung auf einem Kapitalkon-
to keine individuelle Rechtsposition, die ausschließlich ihn berei-
chert. Bei der Buchung auf einem gesamthänderisch gebundenen
Kapitalrücklagenkonto wird vielmehr der Auseinandersetzungsan-
spruch aller Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligung dem
Grunde nach gleichmäßig erhöht.“ (Hervorhebungen im Original
nicht enthalten.)
(88) Sind mehrere Gesellschafter am Vermögen der Personengesellschaften betei-
ligt, besteht das Problem, dass unter Beachtung der Rechtsauffassung der Fin-
Verw. eine Buchung auf dem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto
zwangsläufig zu einer interpersonellen Vermögensverschiebung führt, sofern
die übrigen Gesellschafter keine ihren Beteiligungsquoten entsprechende Zu-
führungen zum gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto vornehmen.
Bei Familienpersonengesellschaften ist daher zu beachten, dass durch eine
Gutschrift auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto ein
schenkungsteuerbarer Tatbestand verwirklicht wird. Sind an der Personenge-
sellschaft fremde Dritte beteiligt, dürfte aus den vorgenannten Gründen eine
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Einlage in der Praxis regelmäßig nicht in Betracht kommen, da eine interper-
sonelle Vermögensverschiebung von dem übertragenden Gesellschafter im
Regelfall nicht gewollt ist.
(89) Nach wie vor ist unklar, ob es schädlich für die Qualifikation als unentgeltliche
Einlage ist, die Bildung einer nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüs-
sel sämtlichen Gesellschaftern zuzurechnenden gesamthänderisch gebunde-
nen Rücklage im Innenverhältnis unter die (auflösende oder aufschiebende)
Bedingung zu stellen, dass diese im Fall der Auflösung oder des Ausscheidens
des übertragenden Gesellschafters allein diesem zusteht und eine entspre-
chende Regelung bezüglich der stillen Reserven getroffen wird, vgl. Korn, in:
Carlé/Korn/Stahl/Strahl, Personengesellschaften, 2006, Rz. F/18. Bis zum Be-
dingungseintritt erhält der übertragende Gesellschafter keine individuelle
Rechtsposition, so dass es m.E. ertragsteuerrechtlich bei einem unentgeltli-
chen Einlagevorgang bleibt.
Es stellt sich aber einerseits die Frage, ob der Eintritt der vereinbarten Bedin-
gung ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO darstellt, vgl.
hierzu Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 175 AO Rz. 34 (Mai 2009), und somit
nachträglich der unentgeltliche Einlagevorgang in einen entgeltlichen Einbrin-
gungsvorgang umqualifiziert werden kann. Die Verzinsung nach § 233a AO
spielt in diesem Zusammenhang regelmäßig keine oder lediglich eine unterge-
ordnete Rolle, da der Zinslauf gem. § 233a Abs. 2a AO erst fünfzehn Monate
nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten
ist, beginnt. Andererseits ist nicht ausgeschlossen, dass die FinVerw. in einem
solchen Fall von einer Darlehensabrede zwischen Gesellschaften ausgeht, was
zur Entgeltlichkeit des Einlagevorgangs führte. Der – nicht eingehaltene –
Fremdvergleichsmaßstab dürfte insoweit unbeachtlich sein, vgl. BFH-Urt. IV R
66/05 v. 24.1.2008, BFH/NV 2008, 1301.
Wegen der bestehenden rechtlichen Unsicherheiten ist die Einholung einer
verbindlichen Auskunft ratsam.
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Anmerkung: Ob in diesem Fall eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1
Nr. 1 ErbStG vorliegt, ist zweifelhaft, da es an einer endgültigen Entreicherung
des übertragenden Gesellschafters mangelt.
(90) Bei Buchung einer verdeckten Einlage als handelsrechtlicher Ertrag ist Vor-
sicht geboten. Maßgeblich für die steuerrechtliche Beurteilung als (unentgelt-
liche) Einlage dürfte sein, was mit dem im Gewinn enthaltenen – durch die
„Einlage“ generierten – Ertrag in der Folge geschieht: Wird der Gewinn der
Pflichteinlage gem. § 167 Abs. 2 HGB gutgebracht oder dient der Gewinn dem
Ausgleich eines Verlustvortragskontos bzw. der Auffüllung der durch Verluste
geminderten Pflichteinlage gem. § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB, steht dies der Quali-
fikation des Vorgangs als Einlage nicht entgegen. Anders verhält es sich mög-
licherweise, wenn der anteilige (aus der Einlage resultierende) Gewinn ganz
oder teilweise dem/den Gesellschafter-Verrechnungskonto bzw. Gesellschaf-
ter-Verrechnungskonten gutgebracht wird und entnommen werden kann.
Trotz des BMF-Schr. v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713, besteht das Risiko, dass
der Vorgang so zu behandeln ist, als ob der Zugang des Wirtschaftsgutes direkt
gegen ein (als Fremdkapital zu qualifizierendes) Gesellschafter-Verrechnungs-
konto gebucht worden wäre, so dass ein (teil-)entgeltlicher Vorgang vorliegt.
Beraterhinweis: Wird rechtzeitig ein Gesellschafterbeschluss gefasst, dass der
aus der Übertragung des Wirtschaftsguts resultierende Gewinn nicht ent-
nommen werden kann, dürfte dies für die Qualifikation als (verdeckte) Einlage
ausreichen.
(91) Wird die Einbringung teilweise einem Gesellschaftsrechte vermittelndes Kapi-
talkonto (z.B. Kapitalkonto I und/oder II) und teilweise dem gesamthänderisch
gebundenen Rücklagenkonto gutgebracht, liegt ein sog. Mischfall vor. Erfolgt
die Übertragung des Wirtschaftsguts zum gemeinen Wert, liegt trotz der Ge-
genbuchung auf unterschiedlichen Gesellschafterkonten in vollem Umfang ein
entgeltlicher Übertragungsvorgang vor; eine Aufteilung der Übertragung in ei-
nen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil ist in diesen Fällen nicht vor-
zunehmen, vgl. BFH-Urt. IV R 37/06 v. 24.1.2008, BStBl. 2011 II, 617; I R 77/06
v. 17.7.2008, BStBl. 2009 II, 464.
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Anmerkung: In Abweichung zum BMF-Schr. v. 26.11.2004, BStBl. 2004 I, 1190,
ist in sog. Mischfällen keine Aufteilung in einen entgeltlichen und einen un-
entgeltlichen Vorgang vorzunehmen. Die FinVerw. hat bereits mit BMF-Schr.
v. 20.5.2009, BStBl. 2009 I, 671, klargestellt, dass sie an ihrer bisherigen
Rechtsauffassung nicht länger festhält. Die Änderung der Verwaltungsauffas-
sung stellt eine Reaktion auf die BFH-Urt. IV R 37/06 v. 24.1.2008, BStBl. 2011
II, 617, und I R 77/06 v. 17.7.2008, BStBl. 2009 II, 464, dar, die einen solchen
Mischfall insgesamt als entgeltlichen Einbringungsvorgang qualifiziert haben.
(92) Damit ergibt sich die folgende Differenzierung zwischen einer vollentgeltli-
chen Einbringung und einer unentgeltlichen Einlage:
(Vollentgeltliche) Einbringung
Übernahmegegen
Barentgelt
Übernahmevon Verbind-
lichkeiten
Einräumungeines Darle-
hensanspruchsan Gesellschaf-
ter
Gewährung von Ge-sellschaftsrechten
Gutschrift auf dem gesamt-händerisch
gebundenen Rücklagenkonto
BFH
nicht, wenn diese Teil eines einheit-lichen Erwerbs-
vorgangs ist
einschließlich Gut-schrift auf sämtli-chen Kapitalunter-konten (auch ge-samthänderisch
gebundenes Rücklagenkonto)
keine Aufteilung eines (einheitlichen)
Erwerbsvorgangs
(Unentgeltliche) Einlage
auf Antrag kann für Übertragungsvor-gänge bis zum 30.6.2009 die bisherige
Auffassung weiter angewendet werden (Aufteilung des Erwerbsvorgangs –Gutschrift auf gesamthänderisch
gebundenem Rücklagenkonto unentgeltlich)
so auch FinVerw.(BMF-Schr. v. 11.7.2011)
(93) Die vorstehenden Grundsätze zur Abgrenzung der Einbringung von der Einlage
von Einzelwirtschaftsgütern des Privatvermögens in das gesamthänderische
Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gelten auch bei fehlendem Inte-
ressengegensatz auf der Gesellschafterebene (z.B. bei der Einlage in eine „Ein-
Personen-GmbH & Co. KG“). Die FÄ sind angewiesen, in einem solchen Fall ein
besonderes Augenmerk auf einen möglichen Gestaltungsmissbrauch i.S. des
- 61 -
§ 42 AO zu richten, indem z.B. zur Vermeidung eines Veräußerungsgewinns im
Privatvermögen zunächst das Rücklagenkonto angesprochen wird und später
die Umbuchung auf ein gesellschaftsvertragliches Kapitalkonto oder schuld-
rechtliches Darlehenskonto erfolgt, vgl. BMF-Schr. IV C 6 – S 2178/09/10001
(DOK 2011/0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713, Abschn. II Ziff. 2
Buchst. c.
(94) Wird ausdrücklich ein den gemeinen Wert unterschreitender Wertansatz ver-
einbart (z.B. in Zuwendungsabsicht), handelt es sich um einen teilentgeltli-
chen Übertragungsvorgang, bei dem der überschießende Wertanteil als un-
entgeltliche verdeckte Einlage qualifiziert wird, so dass ein nach der sog. Tren-
nungstheorie zu behandelnder teilentgeltlicher Vorgang vorliegt. Wörtlich
heißt es in Abschn. II Ziff. 2 Buchst. d des BMF-Schr. IV C 6 ‒ S 2178/09/10001
(DOK 2011/0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713:
„Wird im Falle einer Übertragung eines Einzelwirtschaftsguts aus-
drücklich ein den gemeinen Wert unterschreitender Wertansatz
vereinbart (z.B. wegen einer Zuwendungsabsicht), ist der über-
schießende Wertanteil als verdeckte Einlage zu qualifizieren, vgl.
hierzu auch Ziffer I.4 der Entscheidungsgründe des BFH-Urteils
vom 17. Juli 2008 – I R 77/06 – (BStBl 2009 II S. 464). Sofern die
Übertragung im Übrigen als entgeltliche Übertragung zu beurtei-
len ist, ist der Vorgang in einen entgeltlichen und einen unentgelt-
lichen Anteil aufzuteilen (sog. ‚Trennungstheorie‘).“
(95) Sollte es die FinVerw. ernst damit meinen, dass lediglich in Fällen, in denen
„ausdrücklich“ ein den gemeinen Wert unterschreitender Wertansatz gewählt
wird, die Trennungstheorie zum Ansatz kommen soll, dürfte die praktische Re-
levanz der Verwaltungsauffassung gering sein. In Betracht dürften lediglich
Übertragungsvorgänge in Familienpersonengesellschaften kommen, da wohl
nur dort eine absichtliche Übertragung unterhalb des gemeinen Wertes in der
Praxis vorzufinden ist. Ist das Wirtschaftsgut nicht steuerverstrickt (z.B. eine
vermietete Immobilie außerhalb der Zehnjahresfrist), wird der übertragende
Gesellschafter zur Schaffung eines möglichst großen AfA-Volumens eher einen
- 62 -
zu hohen als einen zu niedrigen Ansatz wählen. Werden hingegen steuerver-
strickte Wirtschaftsgüter übertragen, lässt sich das Risiko einer teilweisen Auf-
deckung der stillen Reserven nach Maßgabe der Trennungstheorie wegen ei-
nes zu niedrigen Wertansatzes dadurch verhindern, dass das Wirtschaftsgut
ausschließlich gegen das gesamthänderische Rücklagenkonto gebucht wird.
Eine praktische Relevanz der Verwaltungsanweisung verbliebe somit wohl nur
dann, wenn sie – entgegen ihrem Wortlaut – auch im Fall der versehentlichen
Unterschreitungen des gemeinen Wertes bei Gutschrift z.B. auf einem perso-
nalistisch geführten gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto Geltung
beansprucht.
(96) Wenn alle Betroffenen dies beantragen, wird bei Übertragungsvorgängen bis
zum 30.6.2009 nach der bisherigen Verwaltungsauffassung im Fall der partiel-
len Gutschrift auf Gesellschafterkapitalkonto und unentgeltlicher Gutschrift
auf gesamthänderisch gebundenem Rücklagenkonto ein teilentgeltliches Ge-
schäft angenommen. Diese Übergangsregelung kann in der Abwehrberatung
bedeutsam sein, wenn es versehentlich zu einer Aufdeckung von stillen Reser-
ven gekommen ist. Durch die Berufung auf die bisherige Verwaltungspraxis
kann ggf. der Steuerschaden verringert werden.
III. Generierung neuen AfA-Potentials – Gestaltungsinstrument „gewerblich geprägte
Personengesellschaft“
(97) Gestaltungsinstrument gewerblich geprägte Personengesellschaft: Das Ge-
sellschafterkontenverständnis der FinVerw. bietet die Möglichkeit, einen
Übertragungsvorgang von Privatvermögen in das betriebliche Gesamthands-
vermögen einer Personengesellschaft wahlweise als Veräußerungsvorgang
oder als unentgeltlichen Einlagevorgang zu gestalten. Im Zusammenspiel mit
einer gewerblich geprägten Personengesellschaft (im Regelfall eine GmbH &
Co. KG) bietet sich somit die Chance, durch die Einbringung von nicht mehr
steuerverstrickten Vermietungs- und Verpachtungs-Objekten neues AfA-
Volumen zu schaffen, ohne dass der Einbringungsvorgang der Besteuerung
unterläge.
- 63 -
(98) Der BFH hat in mehreren Urteilen entschieden, dass bei Einbringung in eine
Personengesellschaft von einer Vollentgeltlichkeit des Einbringungsvorgangs
auch dann auszugehen sei, wenn der Gegenwert der eingebrachten Wirt-
schaftsgüter des Privatvermögens neben der Gewährung von Gesellschafts-
rechten auch im Rahmen des Kapitalkontos II oder der gesamthänderisch ge-
bundenen Rücklage ausgewiesen wird.
(99) Den Entscheidungen lagen die folgenden Sachverhalte zugrunde:
(a) Urteil des BFH IV R 37/06 v. 24.1.2008, BStBl. 2011 II, 617:
Im Jahr 2000 wurde eine gewerblich geprägte Personengesellschaft ge-
gründet. An dieser waren zwei Kommanditisten mit einer Kommandit-
einlage von jeweils 50.000 € beteiligt, die sie durch die Übertragung von
insgesamt drei geerbten und bis dahin im Privatvermögen gehaltenen
Grundstücken erbringen sollten. Der Gesellschaftsvertrag enthielt dazu
die folgenden Regelungen:
Auf dem Einlagekonto (Kapitalkonto I) wird die Einlage des Kom-
manditisten gebucht.
Auf dem Verrechnungskonto (Kapitalkonto II) werden die Ge-
winnanteile und die Entnahmen gebucht.
Ein etwaiger Verlustanteil des Gesellschafters wird dem Verlust-
sonderkonto (Kapitalkonto III) belastet.
Die GmbH & Co. KG wies in ihrer Eröffnungsbilanz die Grundstücke zu
Verkehrswerten in Höhe von rd. 10 Mio. € aus. Unter den Passiva waren
die Kapitalkonten I der Kommanditisten in Höhe von 100.000 € sowie
die Kapitalkonten II in Höhe des Verkehrswertes der Grundstücke aus-
gewiesen.
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Im Nachhinein veränderten die Gesellschafter die Einbringungsvereinba-
rung dahingehend, dass die Kommanditeinlagen im Wege der Sachein-
lage durch Übertragung des Grundbesitzes erbracht werden sollten und
die danach verbleibenden Werte einer gesamthänderisch gebundenen
Kapitalrücklage zuzuführen seien.
Die GmbH & Co. KG beanspruchte die AfA von den auf die Gebäude ent-
fallenden Teilwerten.
Die FinVerw. erkannte demgegenüber nur den Restwert der Gebäude in
Höhe der historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten des Erblas-
sers abzüglich der bei den Überschusseinkünften bereits in Anspruch
genommenen AfA als Bemessungsgrundlage der AfA an.
Der BFH entschied, diese Beurteilung sei unzutreffend. Die Grundstücke
seien im Zuge eines tauschähnlichen Rechtsgeschäftes in die GmbH &
Co. KG eingebracht worden. Aus diesem Grund liege keine Einlage i.S.
von § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG, sondern eine Einbringung vor, die nicht dem
Tatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG unterstehen könne. In graphischer
Hinsicht stellen sich Sachverhalt und Würdigung wie folgt dar:
Gutschrift zu Verkehrswerten auf
Kapitalkonto II(bzw. später im Rahmen der ge-samthänderisch
gebundenen Rücklage)
Grundstückeim steuerlich
nicht verstrick-ten Privatver-
mögen Einbringung
Gewerblich ge-prägte Personen-
gesellschaft
tauschähnliches Geschäft
§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG findet keine Anwendung
- 65 -
(b) Urteil des BFH IV R 66/05 v. 24.1.2008, BFH/NV 2008, 1301:
Einer bestehenden gewerblich geprägten Familiengesellschaft ist eine
weitere Gesellschafterin beigetreten und hat in diesem Zuge einen
Grundstücksmiteigentumsanteil eingebracht. Dafür wurde der Einbrin-
genden ein fester Kommanditanteil von 1.200 DM gewährt. Den über-
schießenden Wert des Grundstücksmiteigentumsanteils, der rd. 3 Mio.
DM betrug, schrieb die GmbH & Co. KG der Einbringenden als unverzins-
liche und nur bei Ausscheiden aus der Gesellschaft entnehmbare Darle-
hensforderung gut.
Der BFH sah darin einen Teil der Gegenleistung, also keinen weitgehend
unentgeltlichen Erwerb, der eine echte Einlage i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 5
EStG wäre, und stellt dazu klar, bei derartigen Gesellschafterdarlehen sei
für einen Fremdvergleich mit üblichen Darlehensverträgen unter Frem-
den kein Raum.
In graphischer Darstellung ergibt sich folgendes Bild:
Gutschrift:
fester Kommandit-anteil 1.200 DM
unverzinsliche Dar-lehensforderung(erst bei Ausschei-den aus Gesell-schaft entnehmbar) 2.998.000 DM
Grundstücks-miteigentums-
anteilEinbringung
Gewerblich ge-prägte Personen-
gesellschaft
tauschähnliches Geschäft
auch im Hinblick auf Darlehensforderung keine Einlage i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG (kein
Fremdvergleich mit üblichen Darlehensverträgen)
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(100) In beiden Fällen ging der BFH davon aus, dass eine vollentgeltliche Einbrin-
gung erfolgt sei. Zwar war im Streitfall IV R 37/06 unklar, ob das zunächst an-
gesprochene Kapitalkonto II als Eigenkapital- oder Fremdkapitalkonto einzu-
ordnen sei. Diese Frage erstreckte sich im Streitfall IV R 66/05 auf die unver-
zinsliche und erst bei Ausscheiden aus der Gesellschaft entnehmbare Darle-
hensforderung der Gesellschafterin.
(101) Der BFH maß der Einordnung des neben der Gewährung von Gesellschafts-
rechten angesprochenen Kontos als gesellschaftsrechtliches Eigen- oder
Fremdkapital indes keine Bedeutung bei. Selbst die Gutschrift auf einem ge-
samthänderisch gebundenen Rücklagenkonto hätte nach Auffassung des BFH
nicht zu einem anderen Ergebnis geführt, wenn zugleich Gesellschaftsrechte
gewährt worden wären.
(102) Ist nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze eine Einbringung in eine Per-
sonengesellschaft gegeben, steht § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG der Generierung zu-
sätzlicher AfA-Bemessungsgrundlage nicht entgegen. Nach dieser durch das
StEntlG 1999/2000/2002 in Gestalt des damaligen § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG einge-
führten Norm mindern sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei
Wirtschaftsgütern, die nach einer Verwendung zur Erzielung von Einkünften
im Rahmen der Überschusseinkunftsarten in ein Betriebsvermögen „einge-
legt“ worden sind, um Absetzungen für Abnutzungen oder Substanzverringe-
rung, Sonderabschreibung oder erhöhte Absetzungen, die bis zum Zeitpunkt
der Einlage vorgenommen worden sind.
Hinweis: Nach den vorstehend erörterten Entscheidungen des BFH kann die
Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern gegen Gewährung einer Mitunter-
nehmerstellung nicht einer Einlage i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG gleichgestellt
werden. Der Gesetzgeber habe sich mit der Verwendung des Einlagebegriffs
nicht für eine offene Tatbestandsfassung entschieden. Vielmehr habe ihm be-
wusst sein müssen, das nach ständiger Rspr. des BFH sowohl Einbringungsvor-
gänge als auch die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern in ein betriebli-
ches Gesamthandsvermögen gegen sonstige Gegenleistungen nicht dem
Merkmal der Einlage entsprechen und damit auch nicht den Tatbestand des
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§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG zu subsumieren sein können. Dabei komme es nicht da-
rauf an, ob das eingebrachte Wirtschaftsgut vor der Übertragung zu einem Be-
triebsvermögen oder – wie in den Streitfällen, die oben unter Buchst. a und b
wiedergegeben sind – zum (steuerlich nicht verstrickten) Privatvermögen des
Einbringenden gehörte. Im Falle der Übertragung aus einem Betriebsvermö-
gen ist indes § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu beachten.
(103) Die FinVerw. hat sich zwischenzeitlich der Auffassung des BFH angeschlossen
und erkennt Einbringungsgestaltungen zur Schaffung neuen AfA-Volumens
ausdrücklich an, vgl. BMF-Schr. IV C 6 ‒ S 2178/09/10001 (DOK 2011/0524044)
v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713, Abschn. II Ziff. 2 Buchst. a Bsp. 1.
- 68 -
D. Neues zu § 24 UmwStG
I. Mischentgelt
1. Problematik der Reichweite der Gewährung von Gesellschaftsrechten
(104) Wird eine betriebliche Sachgesamtheit – ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitun-
ternehmeranteil – in eine Personengesellschaft eingebracht, eröffnet sich
nach § 24 Abs. 1 UmwStG für die aufnehmende Mitunternehmerschaft unter
Einhaltung der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen das Wertansatzwahl-
recht, die Einbringung abweichend vom Regelwertansatz des gemeinen Wer-
tes mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert anzusetzen, wenn „der Ein-
bringende Mitunternehmer der Gesellschaft“ wird. Vom gesetzlichen Wort-
laut her ist somit erforderlich, dass die Einbringung gegen die Gewährung von
Gesellschaftsrechten vollzogen wird – in welchem Umfang dies notwendig ist,
lässt sich der Norm nicht entnehmen.
(105) Die FinVerw. postuliert indes, § 24 UmwStG sei nur anwendbar, „soweit der
Einbringende als Gegenleistung für die Einbringung Gesellschaftsrechte er-
wirbt, d.h. soweit er durch die Einbringung die Rechtsstellung eines Mitunter-
nehmers erlangt oder seine bisherige Mitunternehmerstellung erweitert“, vgl.
Randnr. 24.07 des UmwStErlasses in Gestalt des BMF-Schr. IV C 2 – S 1978-
b/08/10001 v. 11.11.2011, BStBl. 2011 I, 1314. Damit wird die konditionale
Verknüpfung in § 24 Abs. 1 UmwStG restriktiv eingeschränkt: Nicht bereits
wenn der Einbringende Mitunternehmer wird, soll § 24 Abs. 1 UmwStG ein-
schlägig sein, sondern ausschließlich, soweit er Gesellschaftsrechte erlangt.
Hinweis: Werden zusätzliche Gesellschaftsrechte gewährt (Erhöhung des Kapi-
talkontos), ist auf die Einbringung einer betrieblichen Sachgesamtheit § 24
UmwStG auch dann anwendbar, wenn der Einbringende bereits zuvor vermö-
gensmäßig allein an der aufnehmenden Personengesellschaft beteiligt war,
vgl. Urt. des FG München 13 K 875/10 v. 18.12.2012, DStRE 2014, 21 (rkr.).
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2. Verwaltungsseitige Anwendung der Trennungstheorie bei Einbringung gegen
Mischentgelt
(106) Dies kulminiert in folgender Aussage der FinVerw., vgl. Randnr. 24.07 des
UmwStErlasses in Gestalt des BMF-Schr. IV C 2 – S 1978-b/08/10001
v. 11.11.2011, BStBl. 2011 I, 1314:
„Erfolgt die Einbringung gegen ein Mischentgelt, d.h. gegen Ge-
währung von Gesellschaftsrechten und sonstige Ausgleichsleistun-
gen, kann die Einbringung auf Antrag (§ 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG)
entsprechend dem Verhältnis der jeweiligen Teilleistungen (Wert
der erlangten Gesellschaftsrechte einerseits und Wert der sonsti-
gen Gegenleistung andererseits) zum gemeinen Wert des einge-
brachten Betriebsvermögens teilweise zu Buchwerten und teilwei-
se zum gemeinen Wert vollzogen werden.“
(107) Die Einbringung einer betrieblichen Sachgesamtheit gegen ein Mischentgelt
bewirkt somit nach Auffassung der FinVerw., es komme nach Maßgabe des
Verhältnisses des gemeinen Werts der nicht in Gesellschaftsrechten beste-
henden sonstigen Gegenleistung zum gemeinen Wert des eingebrachten Be-
triebsvermögens zur Aufdeckung der stillen Reserven. Dies entspricht der von
der FinVerw. auch bei der teilentgeltlichen Übertragung einzelner Wirtschafts-
güter vertretenen Trennungstheorie.
Beispiel: A bringt sein Einzelunternehmen mit einem Buchkapital von 500 in
die AB KG ein. Der gemeine Wert soll 1.000 sein. Es soll steuerlich die Buch-
wertfortführung gem. § 24 Abs. 2 UmwStG gewählt werden.
A bringt sein Einzelunternehmen mit einem Buchkapital von 500 in die AB KG
ein. Der gemeine Wert soll 1.000 sein. Es soll steuerlich die Buchwertfortfüh-
rung gem. § 24 Abs. 2 UmwStG gewählt werden.
Wird auf Seiten der übernehmenden Mitunternehmerschaft das Buchkapital
im Umfang von 250 auf dem Kapitalkonto I und von 250 auf einem Gesell-
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schafterdarlehenskonto gutgeschrieben, das keinen Eigenkapitalcharakter
hat, ist die Einbringung nach Auffassung der FinVerw. nur im Umfang von 250
zu Buchwerten zulässig (Gutschrift auf dem Kapitalkonto I). Soweit die Gut-
schrift auf dem Gesellschafterdarlehenskonto vorgenommen wird, soll es hin-
gegen zur Realisation der stillen Reserven kommen ‒ im Streitfall von 125 (die
Einbringung erfolgt gegen Gesellschaftsrechte von 250, die einen Verkehrs-
wert von 750 repräsentieren, und ein Darlehen von 250 ‒ mithin zu ¼ entgelt-
lich. Demzufolge ist unter Zugrundelegung der Auffassung der FinVerw. dem
gemeinen Wert des Darlehens von 250 lediglich ¼ des Buchwertes des einge-
brachten Betriebs in Höhe von 500 gegenüberzustellen: 250 ./. 125 = 125).
3. Einheitstheorie statt Trennungstheorie – Sichtweise des X. Senats
(108) Dem BFH-Urteil X R 42/10 v. 18.9.2013, DStR 2013, 2380, lag der Sachverhalt
zugrunde, dass ein Einzelunternehmer seinen Betrieb zum Buchwert in eine
GmbH & Co. KG einbrachte und zugleich drei Familienangehörige unentgelt-
lich als Mitunternehmer aufnahm. Soweit das in der Schlussbilanz des Einzel-
unternehmens ausgewiesene Eigenkapital den neuen Kapitalanteil des Ein-
bringenden in Höhe von 150.000 € überstieg, sollte der Mehrbetrag seinem
„Darlehenskonto“ gutgeschrieben werden. Verluste der Gesellschaft, die nicht
durch Guthaben auf „Rücklagenkonten“ gedeckt sind, wurden nach Maßgabe
des Gesellschaftsvertrags der aufnehmenden GmbH & Co. KG auf „Verlust-
sonderkonten“ gebucht. Damit lag mit der Gutschrift auf dem „Darlehenskon-
to“ unstreitig die Gewährung eines schuldrechtlichen Anspruchs gegen die
aufnehmende GmbH & Co. KG vor, vgl. zur Abgrenzung von Gesellschafter-
Eigenkapitalkonten und Gesellschafter-Fremdkapitalkonten grundlegend BFH-
Urt. IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812; BMF-Schr. IV C 6 – S
2178/09/10001 (DOK 2011/0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713,
Abschn. I.
(109) Die Einbringung war somit gegen ein Mischentgelt vollzogen worden, das aber
den Buchwert des eingebrachten Betriebs nicht überstieg.
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(110) Anders als das in erster Instanz entscheidende FG Düsseldorf, vgl. Urt. FG Düs-
seldorf 15 K 931/09 F v. 24.11.2010, EFG 2011, 491 („Wird ein Einzelunter-
nehmen … in eine KG eingebracht, ist die Einbringung für eigene Rechnung
gemäß § 24 UmwStG nur insoweit erfolgsneutral möglich, als dem Einbringen-
den im Gegenzug Gesellschaftsrechte gewährt worden sind“), judizierte der
BFH, es sei durch die anteilige Gewährung des schuldrechtlichen Anspruchs
gegen die aufnehmende GmbH & Co. KG zu keinem steuerpflichtigen Gewinn
gekommen, weil die Summe aller Kapitalkonten sowie der Darlehensforderung
den Buchwert des bisherigen Einzelunternehmens nicht überstieg, vgl. zu-
stimmend (RiaBFH, III. Senat) Geissler, FR 2014, 152, 158.
Das Urteil erging zum UmwStG 2002, im Hinblick auf die für den streitigen
Sachverhalt einschlägigen Normen sind aber durch das UmwStG 2006 keine
Änderungen eingetreten. Zur Begründung verweist der BFH zutreffend einer-
seits darauf, § 24 Abs. 1 UmwStG verlange lediglich die Einräumung einer
Mitunternehmerstellung als Gegenleistung für die Einbringung, es sei aber
nicht erforderlich, dass die Gegenleistung ausschließlich in der Gewährung von
Gesellschaftsrechten bestehe, vgl. Rz. 33 der Entscheidungsgründe. Dagegen
hatte die FinVerw. eingewandt, § 24 UmwStG kenne keine § 20 Abs. 2 Satz 5,
Abs. 4 Satz 2 UmwStG 2002 (§ 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006) entsprechende
Vorschrift, wonach die Gewährung anderer Wirtschaftsgüter neben Gesell-
schaftsanteilen der Buchwertfortführung nicht entgegensteht, soweit der ge-
meine Wert den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens nicht über-
steigt. Der BFH misst diesem Umkehrschluss aber keine Bedeutung bei, da die
genannte Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur solche Zusatz-Gegenleistungen
erfasse, deren gemeiner Wert den Buchwert des eingebrachten Betriebsver-
mögens übersteigt, vgl. dazu auch Rosenberg/Placke, DB 2013, 2821, 2823. In
einem solchen Falle käme auch der X. Senat des BFH zu einer Gewinnrealisie-
rung, vgl. Rz. 53 der Entscheidungsgründe.
(111) Andererseits sieht der BFH zwar in der Gutschrift auf einem Darlehenskonto
ein Entgelt, welches sich grundsätzlich gewinnrealisierend auswirken könne,
vgl. Rz. 36 der Entscheidungsgründe. Er schließt sich jedoch der in der Literatur
vertretenen Auffassung an, es komme auch in den Fällen eines Mischentgeltes
- 72 -
nicht zu einer Aufdeckung stiller Reserven, sofern die Summe der Teilentgelte
den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens nicht übersteigt, vgl.
Rz. 43 der Entscheidungsgründe; Fuhrmann, in: Widmann/Mayer, Umwand-
lungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 583 i.V.m. Rz. 526; Strahl, Stbg 2011, 147, 156. In
die Prüfung, ob es zur Gewinnrealisation kommt, ist mithin nicht nur das Teil-
entgelt „Darlehensanspruch“, sondern auch das Teilentgelt „Gesellschafts-
rechte“ einzubeziehen. Maßgeblich dafür, das Teilentgelt „Darlehensan-
spruch“ nicht mit einer Teil-Realisation stiller Reserven zu verbinden, ist, dass
nach ständiger höchstrichterlicher Rspr. im Rahmen des § 16 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 und 2 EStG eine teilentgeltliche Übertragung betrieblicher Sachgesamt-
heiten nach der Einheitstheorie als einheitlicher Rechtsvorgang anzusehen ist,
nicht hingegen nach Maßgabe der sog. Trennungstheorie in einen entgeltli-
chen und unentgeltlichen Teil aufzuspalten sei. Mit Bezug auf die Übertragung
betrieblicher Sachgesamtheiten entsteht ein Veräußerungsgewinn infolgedes-
sen nur, wenn die Summe der Entgelte den Buchwert der übertragenen be-
trieblichen Sachgesamtheit sowie die Veräußerungskosten übersteigt, vgl.
Rz. 44 der Entscheidungsgründe. Dies gilt auch für Einbringungsvorgänge, die
unter § 24 Abs. 1 UmwStG fallen, weil ihnen ebenfalls die Übertragung einer
betrieblichen Sachgesamtheit zugrunde liegt. Die Anwendung der Einheitsthe-
orie stelle sich im Streitfall, bei dem es sich um eine Kombination aus einer un-
ter § 16 EStG fallenden Betriebsveräußerung (soweit es um die Darlehensfor-
derung geht) und einer § 24 UmwStG zu subsumierenden Einbringung handelt
(soweit Gesellschaftsrechte gewährt werden), als ebenso sachgerecht dar, wie
in Fällen einer teilentgeltlichen Betriebsveräußerung.
4. Hinweise für die Gestaltungspraxis
(112) Auf Grund der Entscheidung des BFH X R 42/10 ist die gegenteilige Aussage in
Randnr. 24.07 des UmwStErlasses obsolet. Aus der Welt ist sie aber erst mit
Änderung des UmwStErlasses und vorbehaltsloser Veröffentlichung des BFH-
Urt. X R 42/10 im Bundessteuerblatt Teil II, die noch nicht erfolgt sind. Deswe-
gen sollte in der Gestaltungspraxis zunächst Vorsicht geübt werden, wenn
Streitfälle vermieden werden sollen.
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(113) Hilfreich ist dabei, dass die FinVerw. von einem breiten Verständnis des Ge-
sellschafter-Eigenkapitalkontos ausgeht, vgl. Randnr. 24.07 des Umwand-
lungssteuererlasses i.V.m. BMF-Schr. IV C 6 – S 2178/09/10001 (DOK 2011/
0524044) v. 11.7.2011, BStBl. 2011 I, 713. Liegt nämlich nach dem Maßstab
„Buchung auch von Verlusten“ in Gestalt eines variablen Kapitalkontos ein Ge-
sellschaftereigenkapitalkonto vor, stellt die Erfassung einer Gegenleistung
(auch) auf diesem Konto aus Sicht der FinVerw. zugleich einen Vorgang dar,
der mit der Gewährung von Gesellschaftsrechten verbunden ist, weil davon
ausgegangen wird, auch bei Aufgliederung des Kapitalkontos eines Gesell-
schafters in mehrere Unterkonten handele es sich um ein einheitliches Kapi-
talkonto. Der Anforderung der Gewährung von Gesellschaftsrechten wird so-
mit entsprochen, wenn die buchmäßige Erfassung der eingebrachten betrieb-
lichen Sachgesamtheit partiell oder gar ausschließlich auf dem variablen Kapi-
talkonto II vollzogen wird, welches in der kautelarjuristischen Praxis überwie-
gend keine Bedeutung für die tatsächlichen Gesellschaftsrechte hat.
(114) Für das Kapitalkonto II kann – ebenso wie für ein Gesellschafter-Fremdkapital-
konto – eine Verzinsung vereinbart werden, ohne dass es dadurch zu einer
Änderung der Charakteristik des Kapitalkontos käme, vgl. BFH-Urt.
IV R 46/05 v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812. Auch kann der Gesellschaftsver-
trag für das Kapitalkonto II erweiterte Möglichkeiten der Entnahme vorsehen,
so dass eine Annäherung an Tilgungsabreden für ein Gesellschafter-Fremd-
kapitalkonto erreicht werden kann. Lediglich eine unbeschränkte Entnahme-
berechtigung sollte nicht verabredet werden, weil durch die höchstrichterliche
Rspr. bislang nicht geklärt ist, ob diese etwaig der Einordnung eines Kontos als
Gesellschafter-Eigenkapitalkonto zuwider läuft, vgl. dies ausdrücklich offen
lassend BFH-Urt. IV R 46/05, v. 15.5.2008, BStBl. 2008 II, 812 (unter Abschn. II.
4 der Urteilsgründe), vgl. zur Auswirkung unberechtigter Entnahmen auf die
Charakteristik eines Kapitalkontos Wolf, StuB 2014, 143, 147 f.
(115) Sofern sich die FinVerw. der Rechtsauffassung des BFH anschließt – was m.E.
unumgänglich ist –, werden für die Beratungspraxis die bereits bestehenden
Möglichkeiten, Umstrukturierungen nach Maßgabe des § 24 UmwStG ertrag-
steuerlich neutral durchzuführen, erweitert, indem neben der Gewährung von
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Gesellschaftsrechten (Kapitalkonto I und/oder II) und der (teilweisen) Gut-
schrift auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagekonto auch die par-
tielle Gutschrift auf einem Gesellschafter-Darlehenskonto in Betracht kommt.
(116) Als Beratungsansatz kann sich die Einbringung gegen teilweise Gutschrift auf
einem Fremdkapitalkonto anbieten, wenn der Einbringende Vermögen zu-
rückbehalten möchte, die Entnahme von Liquidität vor der Einbringung je-
doch nicht in Betracht kommt (weil entweder keine liquiden Mittel zur Verfü-
gung stehen, diese im Betrieb benötigt werden oder die Entnahme eine
„Überentnahme“ und damit ggf. unerwünschte Steuereffekte mit Blick auf § 4
Abs. 4a oder § 34a EStG nach sich ziehen würde). Die Entscheidung kann zu-
dem der Vereinfachung einer Unternehmensnachfolge dienlich sein, da die
Gesellschafterforderung als „Faustpfand“ und Teil der Altersversorgung des
Übergebers die Entscheidung zur Unternehmensübergabe erleichtern mag. –
Die dem Einbringenden gegen die Mitunternehmerschaft zustehende Gesell-
schafterforderung stellt Sonderbetriebsvermögen dar, ohne im Regelfall funk-
tional wesentlich zu sein, vgl. BFH-Urt. VIII R 41/09 v. 4.12.2012, BFH/NV 2013,
65. Für Zwecke des § 15a EStG ist die Gestaltung nachteilig, weil die Gutschrift
auf einem Fremdkapitalkonto keinen Verlustausgleich ermöglicht. Sofern die
Gesellschafterforderung verzinslich ist, sind die Zinsen Sonderbetriebseinnah-
men i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
5. Ausstrahlung auch auf die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter gegen Misch-
entgelt
(117) Der IV. Senat des BFH hat bekanntlich entschieden, die teilentgeltliche Über-
tragung eines einzelnen Wirtschaftsgutes aus dem Sonderbetriebsvermögen
in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft bedinge be-
reits deswegen nicht die Realisation stiller Reserven nach Maßgabe der Tren-
nungstheorie, da es in dieser Konstellation nicht zu einer Entnahme komme,
weil das übertragene Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen nicht verlassen
hat, zu dem es vor der Übertragung gehörte, vgl. BFH-Urt. IV R 11/12
v. 19.9.2012, DStR 2012, 2051, Rn. 14. Doch auch wenn es – etwa bei Übertra-
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gungen aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen ei-
ner anderen Mitunternehmerschaft – zu einem Wechsel der Betriebsvermö-
genssphäre kommt, bedingt ein Teilentgelt, welches den Buchwert des über-
tragenen Wirtschaftsguts nicht überschreitet, keine (anteilige) Realisation der
stillen Reserven, weil der BFH unter Rn. 15 der Entscheidungsgründe zum Ur-
teil IV R 11/12 ausführt, § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG sei als Bewertungsvorschrift für
die dort genannten Übertragungen einzelner Wirtschaftsgüter zu verstehen,
welche im Fall der Unentgeltlichkeit für die dadurch ggf. verwirklichte Ent-
nahme eine Bewertung mit dem Buchwert anordne. Diese spezialgesetzliche
Regelung geht § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG vor, wonach die Entnahme grund-
sätzlich mit dem Teilwert zu bewerten ist. Der Buchwert wird infolgedessen in
vollem Umfang dem Entgelt zugeordnet. Übersteigt das Entgelt den Buchwert
nicht, kommt es nicht zur Realisation der stillen Reserven.
(118) Diese Entscheidung ist von Seiten der FinVerw. mit einem vorläufigen Nicht-
anwendungserlass belegt worden, vgl. BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002
(DOK 2013/0837216) v. 12.9.2013, BStBl. 2013 I, 1164. Die Entscheidung des
IV. Senats wird danach vorerst nicht im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht.
Verwiesen wird darauf, zur Frage der Gewinnrealisation bei teilentgeltlich und
mischentgeltlich durchgeführten Übertragungen einzelner Wirtschaftsgüter
sei beim X. Senat des BFH ein weiteres Revisionsverfahren unter dem Az.
X R 28/12 anhängig. Diese noch ausstehende Entscheidung des X. Senats solle
abgewartet werden.
(119) Dem Urteil X R 42/10 zum Mischentgelt bei der Übertragung betrieblicher
Sachgesamtheiten lassen sich keine unmittelbaren Hinweise darauf entneh-
men, ob der X. Senat von einer Unschädlichkeit eines Mischentgeltes auch bei
der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter ausgeht, sofern dieses den Buch-
wert nicht übersteigt, vgl. dazu eher ablehnend (Richter am X. Senat des BFH)
Kulosa, in: L. Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 6 Rz. 697 a.E. („Daher ist m.E.
weiterhin die Berechnungsweise der FinVerw. vorzuziehen.“ – Kulosa differen-
ziert zwischen teilentgeltlichen und mischentgeltlichen Vorgängen. Für letzte-
re sieht er die Sichtweise der FinVerw. durch das BFH-Urt. VIII R 58/98
v. 11.12.2001, BStBl. 2002 II, 420, bestätigt, übersieht indes, dass das einschlä-
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gige Urteil des IV. Senats auch den Fall eines Mischentgelts betraf, vgl. BFH-
Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012, DStR 2012, 2051).
Verwiesen wird in den Entscheidungsgründen des BFH-Urt. X R 42/10 jedoch
u.a. darauf, durch die Einräumung einer Darlehensforderung ändere sich zwar
das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital, das Bilanzbild auf der Aktiv-
seite bleibe jedoch unverändert, so dass die stillen Reserven der Gesellschaft
der Besteuerung nicht entzogen werden, vgl. Rz. 56 der Entscheidungsgründe.
Nicht anders verhält sich dies im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3
EStG bei Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter gegen ein Teilentgelt. Für ei-
ne Anwendung der Trennungstheorie sollte auch hier deswegen – senatsüber-
greifend – kein Platz sein.
6. Gesetzgeberische Änderungen?
(120) Abzuwarten bleibt, ob der Gesetzgeber zukünftig entsprechende Einbringun-
gen gegen Mischentgelt von der Anwendung des § 24 UmwStG insoweit aus-
schließen wird, als die gewährte Gegenleistung nicht in Gesellschaftsrechten
besteht. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom
27.11./14.12.2013 findet sich die Willensäußerung, im UmwStRecht zu prüfen,
„wie der Anteilstausch und Umwandlungen mit finanziellen Gegenleistungen
nicht mehr systemwidrig steuerfrei gestaltet werden können. Bei der Kombi-
nation aus Anteilstausch und Zuzahlung sollte ggf. die Zuzahlung quotal be-
schränkt, aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden“, vgl. Koalitionsvertrag
zwischen CDU, CSU und SPD „Deutschlands Zukunft gestalten“
v. 27.11./14.12.2013, 65. Nicht klar ist, inwieweit diese Regelungsabsicht auch
den § 24 UmwStG umschließt. Besorgt stimmt, dass der von der SPD im Rah-
men der Koalitionsverhandlungen vorgelegte Maßnahmenkatalog „Steuerver-
einfachung und Steuergerechtigkeit“ eine Angleichung der §§ 20, 21 und 24
UmwStG an andere Umwandlungssteuertatbestände hinsichtlich der Behand-
lung monitärer Gegenleistungen vorsah, vgl. DB 2013, Heft 47/2013, M15.
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II. Zurückbehaltung von Honorarforderungen
(121) Ein wichtiger Gestaltungsansatz ergibt sich aus dem BFH-Urt. VIII R 41/09
v. 4.12.2012, DStR 2013, 356: In dem vom BFH zu entscheidenden Streitfall
brachte ein Steuerberater seine Einzelpraxis unter Aufdeckung der stillen Re-
serven in eine mit einem Berufskollegen neu errichtete Sozietät ein. Von der
Einbringung ausgeschlossen waren sämtliche Honorarforderungen, die der
Einbringende zurückbehielt. Der laufende Gewinn der eingebrachten Einzel-
praxis wurde nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, so dass die Forderungen einkom-
mensteuerlich nicht erfasst waren. Streitpunkt war, ob die zurückbehaltenen
Forderungen im Jahr der Einbringung zu versteuern sind. Der BFH gelangte zu
dem Ergebnis, dass es zu keiner zwangsweisen Versteuerung der zurückbehal-
tenen Honorarforderungen im Zuge der Einbringung komme, sondern eine
Versteuerung erst bei Zufluss stattfinde, sofern der Stpfl. die Honorarforde-
rungen nicht im Zuge der Einbringung nachweislich entnehme und der Stpfl.
seine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG bezüglich der zurückbehaltenen
Forderungen fortsetzte.
(122) Das Urt. des BFH erleichtert die Einbringung insbesondere von freiberuflichen
Betrieben in eine Mitunternehmerschaft nach § 24 UmwStG. Entgegen R 4.5
Abs. 6 Satz 2 EStR 2012 kann unabhängig davon, ob die Einbringung zu Buch-,
Zwischen- oder gemeinen Werten erfolgt, auf eine im Einzelfall aufwändige Er-
fassung sowie Bewertung und sofortige Versteuerung der zurückbehaltenen
Honorarforderungen verzichtet werden. Faktisch räumt der BFH ein Wahl-
recht ein, entweder die Forderungen durch Entnahme einer Sofortversteue-
rung zuzuführen oder bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eine Zufluss-
versteuerung durchzuführen. Dass die Zuflussversteuerung – wie vom BMF in
der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde – für die FinVerw. einen „er-
höhten Verifikationsaufwand“ bedeute, hat der BFH nicht ausreichen lassen,
um eine im Gesetz nicht geregelte Sofortversteuerung aus „verwaltungsöko-
nomischen Gründen“ anzuerkennen.
(123) Die Rspr. erkennt die Existenz von Restbetriebsvermögen nicht nur in Fällen
der Abwicklung eines Unternehmens, vgl. BFH-Urt. IV R 68/77 v. 24.4.1980,
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BStBl. 1980 II, 658, oder einer Betriebsveräußerung resp. -aufgabe i.S. des § 16
EStG, vgl. BFH-Urt. XI R 47/06 v. 1.8.2007, BStBl. 2008 II, 106, sondern – wie im
Urteilsfall – auch in Fällen einer Einbringung gem. § 24 UmwStG an, vgl. eben-
so Fuhrmann, in: Widmann/Mayer, UmwStG § 24 Rz. 331 (Juni 2012). Die glei-
chen Grundsätze gelten m.E. auch im Anwendungsbereich des § 20 UmwStG,
vgl. insoweit die kryptischen Ausführungen in Randnr. 20.08 UmwStErlass,
wobei die FinVerw. entgegen dem Besprechungsurteil im Regelfall von einer
Entnahme der zurückbehaltenen Forderungen und sonstigen nicht wesentli-
chen Betriebsgrundlagen ausgeht und das Restbetriebsvermögen als Ausnah-
mefall sieht. Eine entsprechende Klarstellung der FinVerw. wäre wünschens-
wert.
(124) Hervorzuheben ist zudem, dass der BFH im Besprechungsurteil das Umlauf-
vermögen zur Gänze – und nicht nur Forderungen aus Lieferungen und Leis-
tungen – als nicht funktional wesentliche Betriebsgrundlage im Rahmen des
§ 24 UmwStG qualifiziert. Dies gilt in gleicher Weise im Rahmen des § 6
Abs. 3 EStG, § 16 EStG oder § 20 UmwStG.
(125) Sollte im Einzelfall die Sofortversteuerung in Erwägung gezogen werden, ist zu
bedenken, dass nicht der Nominalwert der Forderung, sondern der Teilwert
der Forderung im Zeitpunkt der Entnahme maßgeblich ist, vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 4
Satz 1 EStG. Bei einer Sofortversteuerung ist zweifelhaft, ob ein späterer For-
derungsausfall zwangsläufig eine Korrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO
auslöst, vgl. BFH-Urt. IV R 37/92 v. 10.2.1994, BStBl. 1994 II, 564, unter
Ziff. 4.d. Auch aus diesem Grund wird im Regelfall die Zuflussversteuerung bei
zurückbehaltenen (freiberuflichen) Honorarforderungen das Mittel der Wahl
sein.
III. Antrag auf Buchwertfortführung
(126) Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG hat die aufnehmende Personengesellschaft
das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz einschließlich der Ergän-
zungsbilanzen für ihre Gesellschafter mit dem gemeinen Wert anzusetzen; le-
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diglich für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt § 6a EStG. Nach § 24
Abs. 2 Satz 2 UmwStG kann das übernommene Betriebsvermögen aber auf
Antrag mit dem Buchwert oder einem höheren Wert (höchstens aber mit dem
gemeinen Wert) angesetzt werden, soweit das Recht Deutschlands hinsichtlich
der Besteuerung des eingebrachten Betriebsvermögens nicht ausgeschlossen
oder beschränkt wird.
(127) Der Antrag auf Buchwertfortführung oder auf den Ansatz von Zwischenwerten
ist gem. § 24 Abs. 2 Satz 3 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG „spätes-
tens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die
Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft zuständigen FA zu stellen“. Da-
zu wird unter Randnr. 24.03 UmwStErlass 2011 Folgendes bestimmt:
„Hat die übernehmende Personengesellschaft für das Wirtschafts-
jahr, in dem die Einbringung erfolgt ist, keine Schlussbilanz zu er-
stellen, weil sie nach der Einbringung zulässigerweise zur Ge-
winnermittlung nach § 4 Absatz 3 EStG zurückkehrt, muss der An-
trag i.S. des § 24 Absatz 2 Satz 2 UmwStG in entsprechender An-
wendung des § 20 Absatz 2 Satz 3 UmwStG spätestens bis zur
erstmaligen Abgabe der entsprechend R 4.5 (6) EStR zu erstellen-
den Bilanz i.S. des § 24 Absatz 2 UmwStG bei dem für die Besteue-
rung der übernehmenden Personengesellschaft zuständigen FA
gestellt werden.“ (Hervorhebungen nicht im Original.)
Kritische Anmerkung: Wenn die Buchwertfortführung erfolgt und die Ge-
winnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG fortgesetzt wird, entfallen sowohl das Er-
fordernis der Aufstellung einer Einbringungs- und Übergangsbilanz als auch
das Erfordernis einer Übergangsbesteuerung. Anders als bei einer Betriebs-
veräußerung oder -aufgabe, die Gegenstand von R 4.5 (6) EStR 2012 ist, macht
die Einbringung unter Buchwertfortführung nach der Rspr. des BFH den Über-
gang zur Bilanzierung nicht erforderlich. So heißt es in Rn. 24 des BFH-Urt.
XI R 32/06 v. 14.11.2007, BFH/NV 2008, 385, wörtlich:
- 80 -
„Ein Stpfl., der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt und
sein Einzelunternehmen in eine Personengesellschaft einbringt, ist
– abgesehen von den Fällen der Buchwertfortführung ... – grund-
sätzlich so zu behandeln, als wäre er im Zeitpunkt der Einbringung
zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG übergegangen.“ (Her-
vorhebung nicht im Original.)
Damit besteht nur für die Fälle der Wertaufstockung, nicht aber bei Buchwert-
fortführung das Erfordernis zur Erstellung einer Einbringungs- und Übergangs-
bilanz. Auch in früheren Entscheidungen ist Gleiches vertreten worden, vgl.
BFH-Urt. IV R 13/01 v. 13.9.2001, BStBl. 2002 II, 287 (die FinVerw. sieht darin
indes nur ein für sie nicht bindendes obiter dictum).
(128) Die Sichtweise der FinVerw. ist zumal nach dem BFH-Urt. III R 32/12
v. 11.4.2013, DStR 2013, 1830, hinfällig:
Die Partner einer Steuerberater- und Rechtsanwaltssozietät in Rechtsform ei-
ner Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG
ermittelte, vollzogen eine „klassische“ Realteilung. Nachdem der Kläger die
Gesellschaft zum 31.12.2002 gekündigt hatte, vereinbarten die Partner deren
Auflösung. Jeder erhielt das Betriebsvermögen, das er bisher in der Gesell-
schaft genutzt hatte. Auch die Verbindlichkeiten wurden geteilt. Die ehemali-
gen Gesellschafter betrieben ihre berufliche Tätigkeit in Einzelpraxen weiter,
deren Gewinn sie nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten. Nach einer Außenprüfung
forderte das FA die Aufstellung einer Steuerbilanz auf den Realteilungsstichtag
und infolge des dadurch ausgelösten Wechsels von der Einnahmenüberschuss-
rechnung zum Bestandsvergleich die Vornahme einer Übergangsbesteuerung
nach R 4.6 Abs. 1 EStG. Es erhöhte den laufenden Gewinn der GbR für das
Streitjahr von 283.203,05 € auf 600.523,59 €. Das FG gab der dagegen erhobe-
nen Klage statt.
Der BFH bestätigte mit Urt. III R 32/12 v. 11.4.2013, DStR 2013, 1830: Die Real-
teilung ohne Spitzenausgleich stellt eine Betriebsaufgabe dar, die nach § 16
Abs. 3 Satz 2 EStG mit dem Buchwert zu bewerten ist. Eine Verpflichtung der
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GbR, anlässlich der Realteilung eine Realteilungsbilanz zu erstellen und einen
Übergangsgewinn zu ermitteln, ergebe sich weder aus dem Gesetz noch aus
allgemein berechtigten praktischen Erwägungen. Aus der Entstehungsge-
schichte der Realteilungsregelung in § 16 Abs. 3 EStG sei erkennbar, dass sie
abschließend und darauf gerichtet sei, Realteilungen von Mitunternehmer-
schaften ertragsteuerneutral zu ermöglichen. Dem stehe die von der Finanz-
verwaltung geforderte Übergangsbesteuerung entgegen. Diese wäre nur ge-
rechtfertigt, wenn sie zur Wahrung des aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten
Grundsatzes der Gesamtgewinngleichheit erforderlich wäre. Das ist indes
nicht der Fall, weil im Fall der Buchwertfortführung und lückenlosen Fortset-
zung der Gewinnermittungsmethode weder eine Besteuerungslücke noch eine
Zweifachbesteuerung zu befürchten sei. Ohnehin könne, wenn man für die
Realteilung die Erstellung eines Bestandsvergleichs mit Übergangsbesteuerung
verlangen würde, jeder Realteiler anschließend wieder den Gewinn nach § 4
Abs. 3 EStG ermitteln, was eine gegenläufige Übergangsbesteuerung auslösen
würde; es sei nicht einsichtig, weshalb dann eine (doppelte) Übergangsbe-
steuerung erforderlich sei. Etwaige Praktikabilitätsdefizite bezüglich des Nach-
vollzugs des auf die einzelnen Realteiler übergegangenen Vermögens seien
durch Aufzeichnungen seitens der Betroffenen überwindbar.
Hinweis: Die uneingeschränkt zu begrüßende Entscheidung vermittelt Klarheit
und Gestaltungssicherheit, wenn nunmehr auch die FinVerw. ihre bisher ab-
weichende Rechtsauffassung aufgibt.
Damit ist ebenfalls klar, dass im umgekehrten Fall der Einbringung einer be-
trieblichen Sachgesamtheit unter Ausübung des Buchwertfortführungswahl-
rechts nach § 24 UmwStG und Fortsetzung der Einnahmenüberschussrech-
nung keine steuerliche Einbringungsbilanz mit der Folge einer Übergangsbe-
steuerung aufzustellen ist. Der BFH hatte darüber im Streitfall zwar nicht zu
entscheiden, sich in der Urteilsbegründung jedoch darauf gestützt, dass auch
in Einbringungsfällen die Erstellung einer Einbringungs- bzw. Übergangsbilanz
und damit eine Übergangsbesteuerung nicht erforderlich ist, wenn die Ge-
winnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nahtlos fortgesetzt wird. Das ergab sich
– worauf der BFH hingewiesen hat – schon aus den Urt. IV R 13/01
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v. 13.9.2001, BStBl. 2002 II, 287, und XI R 32/06 v. 14.11.2007, BFH/NV 2008,
385. Die FinVerw. hat sich dieser Erkenntnis bisher verweigert.
(129) Für anstehende Einbringungen und Realteilungen stellt sich die Frage, ob man
auf die Rspr. bauen kann oder immer noch vorsorgende Gestaltungen zur Ab-
wendung von Steuermehrbelastungen in Erwägung ziehen muss. Es ist kaum
vorstellbar, dass die FinVerw. im Hinblick auf die klaren und überzeugenden
Äußerungen des BFH an ihrer abweichenden Beurteilung festhält. Das steuer-
liche Restrisiko ist deshalb marginal. Man muss auch nicht befürchten, dass die
Buchwertfortführung versagt wird, weil keine Einbringungs- bzw. Realtei-
lungsbilanz aufgestellt wird, weil diese nach den eindeutigen Aussagen des
BFH nicht erforderlich ist. Dazu ist in der Urteilsbegründung zu lesen: „Insofern
ist es Aufgabe der betroffenen Finanzbehörde, entsprechende Aufzeichnun-
gen bei den Beteiligten anzufordern“ (ähnlich wie bei der Bildung gewillkürten
Betriebsvermögens). Es empfiehlt sich, zur Beweissicherung durch Aufstellung
von Listen zu dokumentieren, wer welche Wirtschaftsgüter und Geschäftsbe-
ziehungen (Mandate) übernommen hat.
(130) Eine handelsrechtliche Wertaufstockung kann durch eine Ergänzungsüber-
schussrechnung neutralisiert werden (etwa bei Einbringung einer Praxis mit
besserer Buchwert-Teilwert-Relation als bei der aufnehmenden Mitunterneh-
merschaft), vgl. BFH-Urt. VIII R 13/07 v. 24.6.2009, BStBl. 2009 II, 993.
(131) Gestaltungshinweise:
(a) In Anbetracht der noch nicht aufgegebenen Auffassung der FinVerw.,
eine Einbringungsbilanz sei auch in Fällen der Buchwertfortführung zu
erstellen – mithin auch dann, wenn ein Gesellschafter zu einer beste-
henden Personengesellschaft neu hinzutritt –, sollte insbesondere im
Hinblick auf den Antragszwang erwogen werden, sie aufzustellen. Dies
löst im Gefolge sodann jedoch verstärkt Diskussionen über die Über-
gangsbesteuerung aus. Deshalb kann als vermittelnde Lösung erwä-
genswert sein, eine Einbringungsrechnung gem. § 24 UmwStG i.V.m. § 4
Abs. 3 EStG aufzustellen, in der lediglich die betrieblichen Vermögens-
- 83 -
und Schuldposten ausgewiesen werden, die sich in der Gewinnermitt-
lung nach § 4 Abs. 3 EStG noch nicht einkünftewirksam niedergeschla-
gen haben, nämlich die Finanzkonten und die Buchwerte des Anlage-
vermögens, nicht aber beispielsweise Honorarforderungen, Honorarvor-
schüsse, unfertige Arbeiten und Verbindlichkeiten, deren Begleichung zu
Betriebsausgaben führen wird. Diese Rechnung dokumentiert die Buch-
wertfortführung.
(b) Die Wirkungen einer etwaigen Übergangsbesteuerung relativieren sich
– so sie in Kauf genommen wird –, wenn die Einbringung nach dem Be-
ginn des neuen Wirtschaftsjahres erfolgt (z.B. nicht am 31.12., sondern
erst am 1.1. des Folgejahres). In diesem Falle ist die Übergangsbesteue-
rung erst für das folgende Wirtschaftsjahr vorzunehmen und fällt somit
weitgehend mit den tatsächlichen Realisierungsvorgängen zusammen,
die hauptsächlich zu Übergangsgewinnen führen (z.B. Eingang von Leis-
tungsforderungen, Verkauf oder Verbrauch von Vorräten). Die Frage der
synchronen Zurechnung der gegenläufigen Übergangsbesteuerung aus
dem zweimaligen Wechsel der Gewinnermittlungsart stellt sich aber
auch für diesen Fall.
(c) Insbesondere bei Freiberuflern mit hohen Honorarforderungen lassen
sich diese aus der Übergangsbesteuerung eliminieren, indem sie nicht
mit eingebracht werden, vgl. zur Zulässigkeit der Zurückbehaltung von
Honorarforderungen im Zuge von Einbringungsvorgängen BFH-Urt.
VIII R 41/09 v. 4.12.2012, DStR 2013, 356; VIII R 13/07 v. 24.6.2009,
BStBl. 2009 II, 933; IV R 13/01 v. 13.9.2001, BStBl. 2002 II, 287. Weil es
sich bei Honorarforderungen nicht um wesentliche Betriebsgrundlagen
handelt, vgl. ausdrücklich BFH-Urt. VIII R 41/09 v. 4.12.2012, DStR 2013,
356, gefährdet ihre Zurückbehaltung die Anwendung von § 24 UmwStG
nicht. Der Einbringende besteuert die zurückbehaltenen Forderungen,
die Betriebsvermögen bleiben, im Zeitpunkt der Vereinnahmung, vgl.
dazu auch BFH-Urt. XI R 32/06 v. 14.11.2007, BFH/NV 2008, 385. Eine
vergleichbare Wirkung lässt sich erzielen, indem dem Einbringenden
bzw. – bei Aufnahme in bestehende Mitunternehmerschaften – den Alt-
- 84 -
gesellschaftern die Zuflüsse und Abflüsse, ergebnisrelevante Forderun-
gen und Verbindlichkeiten als Ergebnisvorab zugerechnet werden.
(132) Zusätzliche Brisanz erlangt die Frage der Erstellung einer Einbringungsbilanz in
Fällen der Fortführung der Einnahmenüberschussrechnung deswegen, weil bei
gewollter Buchwertfortführung (oder bei Zwischenwertansatz) durch die auf-
nehmende Personengesellschaft unabdingbar ein Antrag – nach Maßgabe von
§ 24 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG spätestens bis zur erstma-
ligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz – zu stellen ist. Dies gilt auch
dann, wenn sich die Buchwertfortführung aus dem Vergleich zwischen Eröff-
nungs- und Schlussrechnung ergibt, weil es sich bei der Buchwertfortführung
um eine Abweichung vom Regelwertansatz des § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG in
Gestalt des gemeinen Wertes handelt. Zur Ausübung des Bewertungswahl-
rechtes durch die übernehmende Mitunternehmerschaft bestimmt
Randnr. 24.03 i.V.m. Randnr. 20.21 UmwStErlass 2011:
Der Antrag auf Buch- oder Zwischenwertansatz ist von der überneh-
menden Mitunternehmerschaft spätestens bis zur erstmaligen Abgabe
der steuerlichen Schlussbilanz zu stellen, in der das übernommene Be-
triebsvermögen erstmals auszuweisen ist.
Anmerkung: Wie vorstehend ausgeführt, muss aber in Fällen der Buch-
wertfortführung keine Bilanz erstellt werden. Vorgegeben ist durch die
gesetzliche Regelung und die zu ihr ergehende Verwaltungsanweisung
lediglich, bis zu welchem Zeitpunkt der Antrag auf Buchwertfortführung
spätestens zu stellen ist. Wird keine Schlussbilanz erstellt, ist der Antrag
m.E. zu jedem späteren Zeitpunkt nachholbar.
Aus dem Antrag muss sich eindeutig ergeben, ob die Buchwerte oder
Zwischenwerte gewählt werden. Beim Ansatz von Zwischenwerten
muss ausdrücklich angegeben werden, in welcher Höhe oder zu wel-
chem Prozentsatz die stillen Reserven aufgedeckt werden.
Der Antrag bedarf keiner besonderen Form und ist bedingungsfeindlich.
- 85 -
IV. Zuzahlungen
(133) Wie dies bereits zuvor gesehen worden war, bleibt die FinVerw. im UmwStEr-
lass 2011 unter Randnr. 24.09 bei der Auffassung, ein Gewinn, der durch eine
Zuzahlung in das Privatvermögen des Einbringenden entsteht, könne nicht
durch die Erstellung einer negativen Ergänzungsbilanz neutralisiert werden.
Unterstellt wird insoweit, der Einbringende veräußere Eigentumsanteile an
den Wirtschaftsgütern der übertragenen betrieblichen Sachgesamtheit und
bringe die ihm verbliebenen Eigentumsanteile für eigene Rechnung nach § 24
UmwStG sowie die veräußerten Eigentumsanteile für Rechnung des zuzahlen-
den Gesellschafters in das Betriebsvermögen der aufnehmenden Mitunter-
nehmerschaft ein.
Die FinVerw. sieht die weitere Folge, dass die fingierte Veräußerung der Eigen-
tumsanteile noch ein laufender Geschäftsvorfall der eingebrachten betriebli-
chen Sachgesamtheit ist, der Zuzahlungserlös vor der Einbringung entnommen
wird und der Betrieb dergestalt eingebracht wird, wie er sich nach der Ent-
nahme darstellt, vgl. Randnr. 24.10 UmwStErlass 2011. Diesem auf einer der
Gegebenheiten nicht entsprechenden Fiktion hinauslaufenden Verständnis ist
der BFH mit Recht nicht gefolgt: Es liegt vielmehr eine Einbringung der gesam-
ten betrieblichen Sachgesamtheit i.S. des § 24 UmwStG und eine anschließen-
de seit 1999 nicht mehr nach §§ 16, 34 EStG begünstigte Teilanteilsveräuße-
rung vor, vgl. BFH-Urt. X R 35/04 v. 12.10.2005, BFH/NV 2006, 521.
(134) Eine schädliche Zuzahlung liegt nach Randnr. 24.09 UmwStErlass 2011 in Fort-
führung der bisherigen Sichtweise auch vor, wenn mit ihr eine zu Gunsten des
Einbringenden begründete Verbindlichkeit der Gesellschaft getilgt wird oder
durch die Einbringung private Verbindlichkeiten abgegolten werden. Darüber
hinaus soll von einer schädlichen Zuzahlung nach den Umständen des Einzel-
falls auszugehen sein, wenn die Zuzahlung zunächst Betriebsvermögen der
Personengesellschaft und erst später entnommen wird. Dazu trifft die Fin-
Verw. unter Randnr. 24.11 UmwStErlass 2011 die folgende Erläuterung:
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„Insbesondere, wenn der Einbringende im Anschluss an die Ein-
bringung größere Entnahmen tätigen darf und bei der Bemessung
seines Gewinnanteils auf seinen ihm dann noch verbleibenden
Kapitalanteil abgestellt wird, kann es erforderlich sein, den Zuzah-
lungsbetrag als unmittelbar in das Privatvermögen des Einbrin-
genden geflossen anzusehen.“
Hinweis: Größere Entnahmen im zeitlichen Nachklang einer Einbringung unter
Zuzahlung in das Betriebsvermögen sollten mithin vermieden werden – es
drohte im Übrigen etwaig auch die verwaltungsseitige Einrede des Handelns in
einem „Gesamtplan“. Zu empfehlen ist die Wahrung eines Abstandes von
mehr als zwei Jahren sowie die Abstandnahme von einer etwaigen Betragsi-
dentität zwischen (anteiliger) Zuzahlung und Entnahme.
- 87 -
E. Ausscheiden eines Mitunternehmers
I. Realteilung
(135) Kennzeichnend für die Realteilung ist die Aufgabe des Betriebes der real zu
teilenden Mitunternehmerschaft, die mit der Verteilung des Betriebsvermö-
gens der Mitunternehmerschaft in das jeweilige Betriebsvermögen der Real-
teiler einhergeht. Gegenstand der Realteilung ist das gesamte Betriebsvermö-
gen der Mitunternehmerschaft unter Einschluss des Sonderbetriebsvermö-
gens. Jeder Realteiler muss einen Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil (Teil-
Mitunternehmeranteil reicht aus), vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 – 6/06
v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. III, oder Einzelwirtschaftsgüter erhal-
ten.
(136) Es ist nicht erforderlich, dass jeder Realteiler wesentliche Betriebsgrundlagen
des Gesamthandsvermögens erhält, vgl. BMF-Schr. IV B 2 ‒ S 2242 ‒ 6/06
v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. I. Es ist ausreichend, wenn ein Realtei-
ler eine wesentliche Betriebsgrundlage in ein Betriebsvermögen überführt und
der andere Realteiler einzelne (nicht notwendig wesentliche Betriebsgrundla-
gen) Wirtschaftsgüter in sein Betriebsvermögen übernimmt, vgl. Stahl, in:
Strahl, Problemfelder Ertragsteuern (Stichwort: Realteilung / Sachwertabfin-
dung), Rz. 7 (Juli 2009). Werden jedoch sämtliche wesentliche Betriebsgrund-
lagen ins Privatvermögen überführt und nur „unwesentliche“ Betriebsgrundla-
gen dem Betriebsvermögen des jeweiligen Realteilers zugewiesen, liegen die
Voraussetzungen einer steuerneutralen Realteilung nicht vor, vgl. BMF-Schr.
IV B 2 ‒ S 2242 ‒ 6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. I, wo es wört-
lich heißt:
„Eine Realteilung setzt voraus, dass mindestens eine wesentliche
Betriebsgrundlage nach der Realteilung weiterhin Betriebsvermö-
gen eines Realteilers darstellt.“
Erhält ein „Realteiler“ nur die liquiden Mittel, erfüllt dies nach umstrittener
Auffassung auch dann nicht die Voraussetzungen der Realteilung, vgl. Wacker,
- 88 -
in: L. Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 16 Rz. 545; a.A. Rogall, DStR 2006, 731,
734, wenn die liquiden Mittel nicht ins Privatvermögen des Realteilers geleis-
tet werden.
Beraterhinweis: Es ist somit nicht möglich, dass sich im Zuge einer Realteilung
einer der Mitunternehmer gegen Abfindung zur Ruhe setzt, aber die übrigen
Mitunternehmer jeweils allein ihre berufliche Tätigkeit fortsetzen. In diesem
Fall führt der Ruheständler kein Betriebsvermögen fort. Damit liegen die Vo-
raussetzungen der Realteilung auch bei den übrigen Mitgesellschaftern nicht
vor. In derartigen Fällen sollten die Mitgesellschafter ihre Auseinandersetzung
zunächst zeitlich zurückstellen. Es tritt dann lediglich bei dem Ruheständler
zunächst eine Gewinnrealisation ein.
(137) Es muss nicht das komplette Betriebsvermögen der Ausgangsmitunterneh-
merschaft Betriebsvermögen bei den Realteilern werden. Es können auch
Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen überführt werden, solange und soweit
eine wesentliche Betriebsgrundlage in das Betriebsvermögen eines Realteilers
überführt wird. Bei der Übernahme von Wirtschaftsgütern in das Privatver-
mögen handelt es sich um Entnahmen der Realteilungsgemeinschaft, vgl.
BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 – 6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. I.
Beraterhinweis: Es ist zu bedenken, dass in das Privatvermögen zu überneh-
mende Wirtschaftsgüter der Nachversteuerung nach § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG
unterliegen, wenn die Entnahme innerhalb der Sperrfrist erfolgt und es sich
um Grund und Boden, Gebäude oder andere wesentliche Betriebsgrundlagen
handelt. Die Realteilungsvereinbarungen sollten regeln, ob die entsprechen-
den Steuern im Innenverhältnis der Realteiler allein zu tragen hat. Ohne eine
solche Vereinbarung wird der Gewinn allen Realteilern nach dem Gewinnver-
teilungsschlüssel zugerechnet, vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 – 6/06
v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. IX. Soweit andere Wirtschaftsgüter als
Grund und Boden, Gebäude oder wesentliche Betriebsgrundlagen in das Pri-
vatvermögen überführt werden sollen, sollte diese zunächst der Realteiler in
sein Betriebsvermögen übernehmen und später die Entnahme vornehmen. In
diesem Fall werden die Mitgesellschafter nicht belastet.
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(138) Die Realteilung durch Übertragung von Teilbetrieben oder (Teil-)Mitunter-
nehmeranteilen ist gegenüber der Aufteilung von Einzelwirtschaftsgütern zu
bevorzugen. Die dreijährige Sperrfrist des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG gilt nicht bei
Teilbetrieben und (Teil-)Mitunternehmeranteilen, vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S
2242 – 6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. III.
Die Buchwertfortführung setzt voraus, dass die den Realteilern jeweils zuge-
wiesenen Wirtschaftsgüter bzw. Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile in
das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen
werden. Es wird nicht gefordert, dass bereits vor der Realteilung ein entspre-
chender Betrieb des Realteilers vorhanden ist. Es genügt, dass ein neuer Be-
trieb erst im Rahmen der Realteilung bei den Mitunternehmern im Zuge der
Übertragung der Wirtschaftsgüter entsteht, vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 –
6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. IV/1. Ein Betrieb ist nach Auffas-
sung der FinVerw. auch
das Besitzunternehmen einer Betriebsaufspaltung;
ein verpachteter Betrieb, wenn die Realteilung mittels Übertragung von
Teilbetrieben erfolgt ist. Im Fall einer Realteilung durch Übertragung von
Einzelwirtschaftsgütern kann nicht unmittelbar anschließend zur Be-
triebsverpachtung übergegangen werden. Die erhaltenen Wirtschaftsgü-
ter müssen bei dem Realteiler nach der Realteilung einen aktiven, von
dem Mitunternehmer selbst geführten Betrieb bilden. Das Verpächter-
wahlrecht setzt stets einen vor der Verpachtung von dem Verpächter
selbst geführten Betrieb voraus, vgl. BFH-Urt. X R 8/00 v. 17.4.2002,
BStBl. 2002 II, 527.
(139) Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Betrieb der aufgelösten Personen-
gesellschaft im Ergebnis unverändert von einem Realteiler fortgeführt wird.
Dies ist etwa dann der Fall, wenn der eine Realteiler nur unwesentliche Wirt-
schaftsgüter oder nur nach quantitativer Betrachtung wesentliche Betriebs-
grundlagen zugewiesen bekommt, während der andere Realteiler das nämli-
che Unternehmen unverändert fortführt. Die FinVerw. verneint in einem sol-
- 90 -
chen Fall die Voraussetzungen einer Realteilung mit dem Hinweis, dass das
nämliche Unternehmen unverändert fortgeführt wird und es somit am Merk-
mal der „Betriebsaufgabe“ fehle, vgl. Tz. 17 des BMF-Schr. IV C 6 ‒ S 2241/
10/10002 (DOK 2011/0973858) v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279. Eine Buch-
wertfortführung soll nur unter den engeren Voraussetzungen des § 6 Abs. 5
Satz 3 EStG möglich sein, so dass die Buchwertfortführung scheitert, soweit
Verbindlichkeiten durch den den Betrieb fortführenden Realteiler übernom-
men werden.
Anmerkung: Die Voraussetzungen einer Realteilung liegen m.E. in der geschil-
derten Konstellation vor. Schließlich wird die Personengesellschaft und mit ihr
deren Betrieb durch die Realteilung als besondere Form der Liquidation der
Gesellschaft endgültig zerschlagen. Damit ist der durch einen Realteiler fortge-
führte Betrieb nicht identisch mit dem alten Betrieb der auseinandergesetzten
Personengesellschaft, vgl. Wendt, in: FS Joachim Lang, 2010, 699, 700. Diese
zivilrechtliche Sichtweise wirkt in das EStRecht, da es sich tatbestandlich bei
der Realteilung um einen Unterfall der Betriebsaufgabe der Mitunternehmer-
schaft handelt, vgl. BMF-Schr. IV B 2 ‒ S 2242 ‒ 6/06 v. 28.2.2006, BStBl.
2006 I, 228 Abschn. I.
(140) Die FinVerw. fordert, dass die Wirtschaftsgüter in das eigene (Einzel-)Betriebs-
vermögen des Realteilers übertragen bzw. überführt werden. Eine Übertra-
gung direkt in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft, an
der der Realteiler beteiligt ist, lässt die FinVerw. nicht zu. Eine solche Gestal-
tung unterfällt nicht der Regelung der Realteilung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG,
vgl. Erl. FinMin. Schleswig-Holstein VI 306 – S 2242 – 089 v. 28.9.2009, DATEV-
LEXinform Dok.-Nr. 5232254. Auch § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG komme nicht zur
Anwendung, vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 – 6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I,
228, Abschn. IV/1; bestätigt durch BFH-Urt. I R 72/08 v. 25.11.2009, BStBl.
2010 II, 471; a.A. aber BFH-Beschl. IV B 105/09 v. 15.4.2010, DStR 2010, 1070.
Die Übertragung in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft
(Mitunternehmerschaft II) kann nicht gestaltungssicher dadurch erreicht wer-
den, dass zur Vorbereitung der Realteilung der Mitunternehmeranteil an der
real zu teilenden Mitunternehmerschaft (Mitunternehmerschaft I) gem. § 24
- 91 -
UmwStG zu Buchwerten in eine neue Mitunternehmerschaft (Mitunterneh-
merschaft II) eingebracht wird und sodann die Realteilung in das Betriebsver-
mögen der Mitunternehmerschaft II erfolgt. Das FG Düsseldorf hat mit Urt.
3 K 1348/10 F v. 9.2.2012 (Rev. unter Az. IV R 8/12 anhängig), DStRE 2012,
546, die Auffassung der FinVerw. bestätigt, dass ein der Anerkennung als
steuerbegünstigte Realteilung schädlicher Gesamtplan vorliege, wenn die
Übertragung des Mitunternehmeranteils in eine neue Personengesellschaft
lediglich der Übertragung des übergehenden Realteilungsbetriebsvermögens
in das Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft dient.
Anmerkung: Der Gesamtplanvorwurf oder der Vorwurf eines Gestaltungsmiss-
brauchs geht m.E. fehl, da nach zutreffender Auffassung auch eine unmittelba-
re Übertragung in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft zu
Buchwerten zulässig gewesen wäre, vgl. (Vors. Richter am IV. Senats des BFH)
Wendt, in: FS Joachim Lang, 2010, 699, 705. Die unmittelbare Übertragung in
das Betriebsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft stellt bei wirt-
schaftlicher Betrachtung in einem ersten Schritt eine Übertragung in das Son-
derbetriebsvermögen des Realteilers dar, da nur diesem gegenüber eine Ab-
findungsverpflichtung besteht. In einem zweiten Schritt erfolgt die Übertra-
gung des Realteilungs-Wirtschaftsguts in das Gesamthandsvermögen gem. § 6
Abs. 5 Satz 3 EStG. Diese Übertragung stellt entgegen der Auffassung des BMF,
vgl. BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 – 6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Ab-
schn. VIII, keine Verletzung der Sperrfrist i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG dar,
da auf Grund der transparenten Betrachtung von Personengesellschaften im
EStG das übertragene Wirtschaftsgut für Zwecke des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG
dem Realteiler nach wie vor zuzurechnen ist, vgl. Wacker, in: L. Schmidt, EStG,
31. Aufl. 2012, § 16 Rz. 553; (Vors. Richter am IV. Senats des BFH) Wendt, in:
FS Joachim Lang, 2010, 699, 706.
(141) Die Buchwertfortführung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG ist aber zugelassen, so-
weit eine Übertragung bzw. Überführung des bei der Realteilung übernomme-
nen Vermögens in das Sonderbetriebsvermögen bei einer anderen Mitunter-
nehmerschaft desselben Mitunternehmers (Realteilers) erfolgt, vgl. BMF-Schr.
IV B 2 – S 2242 – 6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228, Abschn. IV/1. Die ab-
- 92 -
spaltungswilligen Gesellschafter könnten mithin eine neue Sozietät gründen
und das ihnen aus der Alt-Sozietät jeweils zugewiesene Betriebsvermögen als
Sonderbetriebsvermögen fortführen, das sie sodann der von ihnen gegründe-
ten Neu-Sozietät zur Nutzung überlassen. Entsprechend müssten die „verblei-
benden“ Gesellschafter verfahren.
(142) Das Verbot, Einzelwirtschaftsgüter direkt aus dem Gesamthandsvermögen der
Realteilungs-Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen der Realtei-
ler-Mitunternehmerschaft zu übertragen, stößt insbesondere bei der Realtei-
lung von Freiberuflerpraxen auf Schwierigkeiten, soweit es sich um den Man-
dantenstamm handelt. Der Mandantenstamm müsste in das Sonderbetriebs-
vermögen des einzelnen Realteilers übertragen und sodann der neuen Sozie-
tät zur Nutzung überlassen werden. Steuerrechtlich wird die Überlassung ei-
nes Mandantenstamms zur Nutzung grundsätzlich für zulässig erachtet, vgl.
Korn, in: Korn, EStG, § 18 EStG Rz. 131 f. (Februar 2004).
(143) Das frühere berufsrechtliche Verbot nach § 59 Abs. 6 BOStB a.F., eine kom-
plette Steuerberatungspraxis zu verpachten, besteht nach der am 1.1.2011 in
Kraft getretenen neuen Berufsordnung nicht mehr, vielmehr wird die Praxis-
verpachtung in § 28 Abs. 4 BOStB n.F. ausdrücklich zugelassen, vgl. Berufsord-
nung (BOStB) i.d.F. v. 8.9.2010, genehmigt durch das BMF am 16.12.2010,
DStR 2010, 2659.
Im Hinblick darauf eröffnet sich eine berufsrechtliche Problematik nicht mehr,
zumal die Überlassung eines Mandantenstammes auch zuvor nicht mit der
Verpachtung einer vollständigen Steuerberatungspraxis vergleichbar war.
Hinweis: Der Praxiswert wird über den relativ kurzen Zeitraum von drei bis
fünf Jahren abgeschrieben. Demgemäß muss bei der Nutzungsvereinbarung
vermieden werden, dass es sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise um ei-
ne gewinnrealisierende Veräußerung durch Übergang des wirtschaftlichen Ei-
gentums handelt. Folglich empfiehlt sich eine kurzfristige Kündigungsmöglich-
keit mit der Verpflichtung zur Rückgabe des Mandantenstamms. Das Nut-
zungsentgelt sollte bei einem bestimmten Prozentsatz vom Umsatz liegen;
- 93 -
ferner empfiehlt sich die Vereinbarung, dass der Nutzungsüberlasser die je-
weiligen Mandate weiterhin (nunmehr im Rahmen der neuen Sozietät) feder-
führend betreut.
(144) Erfolgt die Nutzungsüberlassung des Mandantenstamms entgeltlich, ist offen,
wie die erzielten Sonderbetriebseinnahmen im Einkünftekatalog zu verorten
sind. Der BFH hat ausdrücklich offen gelassen, ob die Verpachtung des Man-
dantenstamms zu gewerblichen Einkünften führt, vgl. BFH-Beschl.
VIII B 116/10 v. 8.4.2011, DB 2011, 1255. In der Literatur wird die Auffassung
vertreten, dass wegen der „Personenbezogenheit der Einkünfte“ des § 18 EStG
die Verpachtung des Mandantenstamms eine gewerbliche Tätigkeit darstelle,
vgl. (Richter am VIII. Senats des BFH) Brandt, in: Herrmann/Heuer/Raupach,
EStG/KStG, § 18 EStG Rz. 22 (Juni 2010). Hervorzuheben ist jedoch, dass die
(vorgeblich) gewerblichen Einkünfte im Sonderbetriebsvermögen zu keiner
gewerblichen Infektion der gesamten Mitunternehmerschaft führen. § 15
Abs. 3 Nr. 1 EStG ist nicht einschlägig, da die Norm eine gewerbliche Tätigkeit
der Gesellschaft voraussetzt, vgl. BFH-Urt. XI R 51/03 v. 10.11.2004, BStBl.
2007 II, 379; Demuth, KÖSDI 2005, 14491, 14499.
Beraterhinweis: Gewerbliche Sonderbetriebseinnahmen lassen sich vermei-
den, indem der Mandantenstamm unentgeltlich überlassen wird. Im Rahmen
der Gewinnverteilung kann die Überlassung des Mandantenstamms als weite-
rer Gesellschafterbeitrag berücksichtigt werden. Bei einer unentgeltlichen
Überlassung kann sich aber die Problematik eröffnen, dass beim Gesellschaf-
ter der Vorsteuerabzug versagt wird, falls die vorausgegangene Realteilung
nicht als Geschäftsveräußerung im Ganzen gem. § 1 Abs. 1a UStG zu beurtei-
len sein sollte. Auch bei unentgeltlicher Überlassung durch den Gesellschafter
will der XI. Senat des BFH den Vorsteuerabzug zulassen, vgl. BFH-Beschl.
XI R 26/10 v. 14.11.2012, BFH/NV 2013, 259, in Anlehnung an das EuGH-Urt. C-
280/10 (Polski Trawerthyn) v. 1.3.2012, UR 2012, 366, der V. Senat stimmt ei-
ner dahingehenden Änderung der Rspr. aber nicht zu, vgl. BFH-Beschl. V ER-S
2/12 v. 6.12.2012, BFH/NV 2013, 260. Letztlich wird der EuGH diese Frage zu
entscheiden haben.
- 94 -
II. Sachwertabfindung
(145) § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG regelt nicht nur den Fall, dass ein Wirtschaftsgut aus ei-
nem (Sonder-)Betriebsvermögen unentgeltlich oder gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen einer Personengesell-
schaft übertragen wird, sondern auch den Fall, dass ein Mitunternehmer ge-
gen Minderung seiner Gesellschaftsrechte ein Wirtschaftsgut aus dem Ge-
samthandsvermögen auf sich überträgt und fortan für eigene betriebliche
Zwecke nutzt („Ausbringung“), vgl. Abschn. II des BMF-Schr. IV B 2 ‒ S 2242 ‒
6/06 v. 28.2.2006, BStBl. 2006 I, 228; Tz. 37 des BMF-Schr. IV C 6 – S
2241/10/10002 (DOK 2011/0973858) v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279.
Anmerkung: Wird die Sachwertabfindung in das Privatvermögen überführt,
kommt es auf Ebene der Personengesellschaft und auf Ebene des ausschei-
denden Mitunternehmers zu einer Gewinnrealisation, vgl. z.B. BFH-Urt.
VIII R 40/84 v. 28.11.1989, BStBl. 1990 II, 561; BMF-Schr. IV B 2 – S 2242 – 7/06
v. 14.3.2006, BStBl. 2006 I, 253 Rz. 51 (zur Erbauseinandersetzung). Der ein-
heitliche Vorgang der Sachwertabfindung ist steuerrechtlich in zwei Vorgänge
aufzuteilen: In einem ersten Schritt veräußert der ausscheidende Mitunter-
nehmer seinen Mitunternehmeranteil an die verbleibenden Gesellschafter.
Der ausscheidende Mitunternehmer erzielt in Höhe der Differenz des Abfin-
dungsanspruchs zum Bestand seines steuerlichen Kapitalkontos einen Veräu-
ßerungsgewinn oder -verlust i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG, der unter den Vo-
raussetzungen des § 16 Abs. 4 und § 34 EStG begünstigt ist. In Höhe der Diffe-
renz des Abfindungsguthabens zum Kapital des ausscheidenden Mitunter-
nehmers entsteht der Personengesellschaft Anschaffungsaufwand, der quotal
auf die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens zu verteilen ist. Die Gesell-
schaft hat – korrespondierend zum Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen
Mitunternehmers – eine entsprechende Abfindungsverbindlichkeit. In einem
zweiten Schritt erfolgt die Veräußerung der als Sachwertabfindung geleisteten
Wirtschaftsgüter durch die Personengesellschaft an den ausgeschiedenen
Mitunternehmer zur Tilgung der Abfindungsverbindlichkeit. Der erzielte Ver-
äußerungsgewinn der Personengesellschaft ist ausschließlich den verbliebe-
nen Mitunternehmern zuzurechnen.
- 95 -
(146) Soll das Ausscheiden eines Mitunternehmers im Wege der Sachwertabfindung
in Form der steuerneutralen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern erfol-
gen, ist aus steuerrechtlicher Sicht unter Zugrundelegung der bisherigen Ver-
waltungsauffassung der Fokus darauf zu richten, dass keine Verbindlichkeiten
von dem Ausscheidenden übernommen werden. Die Übernahme von Ver-
bindlichkeiten stellt – anders als im Rahmen einer Realteilung – eine der Steu-
erneutralität des Übertragungsvorgangs entgegenstehende schädliche Gegen-
leistung dar, die nach Auffassung der FinVerw. im Rahmen der Trennungsthe-
orie zur anteiligen Aufdeckung der stillen Reserven führt, vgl. Rz. 15 des BMF-
Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK 2011/0973858) v. 8.12.2011, BStBl.
2011 I, 1279. Im Verhältnis der übernommenen Verbindlichkeiten zum Ver-
kehrswert des übertragenen Einzelwirtschaftsgutes liege ein (teil-)ent-
geltlicher Vorgang vor. Soweit ein Entgelt vorliegt, scheitere die Anwendung
des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG („unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minde-
rung von Gesellschaftsrechten“); es kommt zur (partiellen) Aufdeckung der
stillen Reserven, und zwar sowohl auf Ebene der Personengesellschaft als auch
auf Ebene des ausgeschiedenen Mitunternehmers.
(147) Diese Auffassung indes dürfte obsolet sein, nachdem der IV. Senat des BFH die
Trennungstheorie aufgegeben hat, vgl. BFH-Urt. IV R 11/12 v. 19.9.2012,
DStR 2012, 2051.
(148) Besondere Schwierigkeiten entstehen beim Ausscheiden eines Freiberuflers
aus einer fortbestehenden Personengesellschaft in Bezug auf die in der Praxis
übliche „Mitnahme“ von Mandanten. Die FinVerw. trifft zum Übergang eines
Mandantenstamms im Rahmen einer Sachwertabfindung folgende Anweisun-
gen:
Wird dem ausscheidenden Mitunternehmer ein selbstgeschaffener anteiliger
Mandantenstamm zugewiesen, ist dieser nach § 5 Abs. 2 EStG nicht aktivie-
rungsfähig. Gleichviel fällt er als selbst geschaffenes, nicht bilanzierungsfähiges
immaterielles Wirtschaftsgut in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3
EStG, vgl. BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK 2011/0973858)
v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279, Randnr. 12 i.V.m. Randnr. 4. Indes verlangt
- 96 -
die FinVerw. zu dem übernommenen Mandantenstamm (oder auch für einen
Geschäfts- oder Firmenwert) einen besonderen Nachweis in einer geeigneten
Dokumentation.
Anmerkung: In einem Erlass des FinMin. Schleswig-Holstein VI 306 ‒ S 2242 ‒
089 v. 28.9.2009, DATEV-LEXinform Dok.-Nr. 5232254, wird dazu angemerkt,
der Übergang eines Mandantenstamms könne z.B. dergestalt dokumentiert
werden, „dass der Stpfl. aufzeigt, wie viele Mandate mit seinem Ausscheiden
auf das Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens oder auf sein Sonderbe-
triebsvermögen in eine andere Mitunternehmerschaft übergegangen sind“.
Bei freien Berufen, die Geheimnisträger sind, ist die Vorlage einer namentli-
chen Liste, die möglicherweise in der Praxis ohnehin erstellt wird, berufsrecht-
lich problematisch, vgl. auch BFH-Urt. VIII R 78/05 v. 28.10.2009, BStBl. 2010 II,
455. – Schwierig dürfte die Abgrenzung zwischen Realteilung und Sachwertab-
findung bei Ausscheiden eines Partners aus einer zweigliedrigen Personenge-
sellschaft sein. Liegt nicht eindeutig eine Realteilung vor, ist zur Erreichung der
Buchwertfortführung (auf beiden Seiten) wichtig, dass die Bedingungen des
§ 6 Abs. 5 EStG eingehalten werden. Insbesondere darf der Ausscheidende vor
Änderung der Rechtsauffassung durch die FinVerw. keine Praxisschulden
übernehmen; sind solche vorhanden, müsste folglich ein Ausgleich durch die
Zuteilung entsprechend geringeren Aktivvermögens erfolgen. Möglicherweise
müsste bei anstehendem Ausscheiden von Gesellschaftern frühzeitig die Rück-
führung von Schulden in Betracht gezogen werden. – Zudem darf die Sach-
wertabfindung nicht in ein Gesamthandsvermögen erfolgen, weil dem die
verwaltungsseitige Versagung von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf Übertragungsvor-
gänge aus einem Gesamthandsvermögen in ein Gesamthandsvermögen ent-
gegensteht, vgl. BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK 2011/0973858)
v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279, Randnr. 18. Dem zitierten Erlass des FinMin.
Schleswig-Holstein ist jedoch zu entnehmen, dass die FinVerw. der in der Pra-
xis für den Fall der Realteilung oder Sachwertabfindung gefundenen Lösung
zustimmt, die zugeteilten Wirtschaftsgüter als Sonderbetriebsvermögen fort-
zuführen, soweit die Gesellschafter ihre Tätigkeit im Rahmen einer anderen
Mitunternehmerschaft fortsetzen, was bei der Teilung freiberuflicher Praxen
durchaus häufig vorkommt.
- 97 -
(149) Beim Ausscheiden eines Mitunternehmers gegen eine Sachwertabfindung in
Form einer betrieblichen Sachgesamtheit (Teilbetrieb oder Mitunternehmer-
anteil) ist bisher durch die Rspr. nicht geklärt, ob dieser Vorgang in den An-
wendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG oder einer anderen Norm fällt. In
der Literatur wird sowohl die (direkte oder analoge) Anwendung der Realtei-
lungsgrundsätze (§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG) oder die reziprok analoge Anwen-
dung des § 24 UmwStG befürwortet, vgl. Ley, KÖSDI 2010, 16814, 16817
m.w.N. Das FG Hamburg hat jüngst – obiter dictum – die Auffassung vertreten,
das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer mehrgliedrigen Mitunter-
nehmerschaft unter Übernahme eines Teilbetriebs sei ein Anwendungsfall der
Realteilung, vgl. Urt. des FG Hamburg 3 K 89/11 v. 18.4.2012, StE 2012, 499.
Die FinVerw. scheint der Auffassung zu sein, dass eine Sachwertabfindung in
Form einer betrieblichen Sachgesamtheit in den Anwendungsbereich des § 6
Abs. 5 Satz 3 EStG fällt.
Zwar fehlt in Randnr. 12 des BMF-Schr. v. 8.12.2011 der Verweis auf Randnr. 6
Satz 2, der sich mit der Überführung von betrieblichen Sachgesamtheiten be-
fasst. Dem Vernehmen nach handelt es sich bei dem in Randnr. 12 fehlenden
Verweis auf Randnr. 6 Satz 2 um ein redaktionelles Versehen. Eine Abwei-
chung zum Entwurfschreiben v. 24.5.2011 soll in Bezug auf die Anwendbarkeit
des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf betriebliche Sachgesamtheiten nicht intendiert
gewesen sein.
Beraterhinweis: In Gestaltungsfällen ist wegen der bestehenden Restunsicher-
heit die Einholung einer verbindlichen Auskunft ratsam. Nach der Veröffentli-
chung des BMF-Schr. v. 8.12.2011 wurde nach Rücksprache des örtlich zustän-
digen FA mit der OFD Rheinland bereits mindestens in einem Fall die verbindli-
che Auskunft erteilt, dass das Ausscheiden aus einer freiberuflichen Mitunter-
nehmerschaft gegen Sachwertabfindung durch einen Teilbetrieb in den An-
wendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG fällt.
(150) Die Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG geht mit dem Nachteil einher, dass
die Übernahme einer Verbindlichkeit nach noch bestehender Auffassung der
FinVerw. eine schädliche Gegenleistung i.S. des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG darstellt.
- 98 -
Vor diesem Hintergrund ist bei einer Sachwertabfindung in Form der Übertra-
gung eines Mitunternehmeranteils (oder Teilbetriebs) Vorsicht geboten: Er-
tragsteuerrechtlich stellt der Mitunternehmeranteil kein Wirtschaftsgut dar; er
repräsentiert vielmehr die ideellen Bruchteile der Aktiva und Passiva der Mit-
unternehmerschaft, vgl. Wacker, in: L. Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 15 Rz.
690. Damit übernimmt der im Wege der Sachwertabfindung Ausscheidende
auch den auf den Mitunternehmeranteil entfallenden ideellen Bruchteil der in
der Mitunternehmerschaft befindlichen Verbindlichkeiten, so dass eine Reali-
sation der stillen Reserven nach Maßgabe der Trennungstheorie droht. Das
Problem potenziert sich bei mehrstufigen Personengesellschaftsbeteiligungen.
Die einkommensteuerrechtlich für betriebliche Sachgesamtheiten geltende
sog. Einheitstheorie dient der Abgrenzung von entgeltlichen und unentgeltli-
chen Übertragungen, ändert jedoch nichts daran, dass der Mitunternehmer-
anteil als solcher einkommensteuerrechtlich kein Wirtschaftsgut darstellt. Es
liegt auf der Hand, dass diese transparente Sichtweise dazu führt, dass eine
Sachwertabfindung in Form der Abtretung einer Beteiligung an einer Perso-
nengesellschaft in den Fällen ausscheidet, in denen – was der Regelfall sein
dürfte – eine steuerneutrale Gestaltung gewünscht ist.
Kritische Anmerkung: Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, warum bei einer
im Zuge der Auflösung einer Personengesellschaft durchgeführten Realteilung
Verbindlichkeiten steuerneutral übernommen werden können, bei einer
Sachwertabfindung der wirtschaftlich gleiche Vorgang aber zu einer Gewinn-
realisation führen soll.
III. Konsequenzen der Aufgabe der Trennungstheorie
(151) Soll das Ausscheiden eines Mitunternehmers im Wege der Sachwertabfindung
in Form der steuerneutralen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern erfol-
gen, ist nach bisher einschlägiger Sicht der Fokus darauf zu richten, dass keine
Verbindlichkeiten von dem Ausscheidenden übernommen werden. Die Über-
nahme von Verbindlichkeiten stellt – anders als im Rahmen einer Realtei-
lung – eine der Steuerneutralität des Übertragungsvorgangs entgegenstehen-
- 99 -
de schädliche Gegenleistung dar, die nach Auffassung der FinVerw. im Rahmen
der Trennungstheorie zur anteiligen Aufdeckung der stillen Reserven führt;
vgl. Rz. 15 des BMF-Schr. IV C 6 – S 2241/10/10002 (DOK 2011/0973858)
v. 8.12.2011, BStBl. 2011 I, 1279; ausdrücklich für die Übernahme von Ver-
bindlichkeiten im Rahmen einer Sachwertabfindung Erl. SenFin. Berlin III B ‒ S
2242 ‒ 1/2009 v. 3.2.2012, DStR 2012, 907. Im Verhältnis der übernommenen
Verbindlichkeiten zum Verkehrswert des übertragenen Einzelwirtschaftsgutes
liege ein (teil-)entgeltlicher Vorgang vor. Soweit ein Entgelt vorliegt, scheitere
die Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG („unentgeltlich oder gegen Gewäh-
rung oder Minderung von Gesellschaftsrechten“); es komme zur (partiellen)
Aufdeckung der stillen Reserven, und zwar sowohl auf Ebene der Personenge-
sellschaft als auch auf Ebene des ausgeschiedenen Mitunternehmers.
(152) Was indes nach der Rspr., vgl. BFH-Urt. IV R 41/11 v. 2.8.2012, DStR 2012,
2118, s. dazu den Abschn. A/I.2, hinsichtlich der Einbringung einzelner Wirt-
schaftsgüter gilt, muss auch für die Ausbringung gelten. Wird insoweit § 6
Abs. 5 Satz 3 EStG als einschlägige Norm angesehen, die den Transfer der ein-
zelnen Wirtschaftsgüter gegen Minderung der Gesellschaftsrechte regelt, führt
ein Entgelt in der Gestalt der Übernahme einer Verbindlichkeit wiederum
nicht zur Realisation eines Gewinns, als das Entgelt den Buchwert ‒ mithin das
Kapitalkonto ‒ nicht überschreitet.
Beispiel:
Aktiva Passiva
Geschäftsausstattung 150
Gebäude
(Verkehrswert 350) 150
Bank 50
350
A 100
B 100
C (Verkehrswert 300) 100
Verbindlichkeit 50
350
C scheidet aus, übernimmt das Gebäude im Wert von 350 und eine Verbind-
lichkeit von 50.
- 100 -
(a) Auffassung Finanzverwaltung
A und B erhalten für das übertragene Gebäude ein Teilentgelt von 50,
welches 1/7 des Verkehrswertes ausmacht. Damit führt das Ausscheiden
des C zu einem Veräußerungsgewinn von 50 ./. 1/7 von 150 (Buchwert
Gebäude) = 28,57.
(Buchungen:
Verbindlichkeit 50
an Gebäude 21,43
a.o. Ertrag 28,57
Kapital C 100
Geschäftswert
[oder: Kapital A/B] 28,57
an Gebäude 128,57).
(b) Übertragung der Rechtsgrundsätze des BFH
Die Summe der Gegenleistungen überschreitet den Buchwert des Ge-
bäudes nicht, so dass A und B keinen Veräußerungsgewinn zu versteu-
ern haben.
(Buchung:
Kapital C 100
Verbindlichkeit 50
an Gebäude 150).
IV. Fortführung der beruflichen Tätigkeit
(153) Geklärt ist, dass es für die Gewährung der Veräußerungsprivilegien nach §§ 16,
18 Abs. 3, 34 EStG unschädlich ist, wenn der Praxisveräußerer noch als Ange-
stellter oder freier Mitarbeiter für den Erwerber tätig ist, bestätigt durch BFH-
- 101 -
Urt. X R 40/07 v. 17.7.2008, DStR 2008, 2254 (betr. freie Mitarbeit nach Ver-
äußerung eines Gewerbebetriebs). Das kann nicht anders sein, wenn ein Part-
ner seinen Mitunternehmeranteil an einer Freiberufler-Personengesellschaft
überträgt und für die Gesellschaft auf dieser Basis tätig bleibt.
(154) Ebenso ist geklärt, dass es für die Anwendung der Tarifermäßigung nach §§ 16,
18 Abs. 3, 34 EStG unschädlich ist, wenn der bisherige Praxisinhaber geringfü-
gige Tätigkeiten zurückbehält. Das gilt m.E. grundsätzlich gleichermaßen für
Mitunternehmer, die ihre Anteile übertragen, und für Einbringungsfälle, wenn
der die Praxis Einbringende geringfügige Tätigkeiten für eigene Rechnung wei-
terführt, vgl. zur Einbringung BFH-Urt. IV R 3/03 v. 16.12.2004, BFH/NV 2005,
879. Die Rspr. hat für die Übertragung von Einzelpraxen eine 10 %-Grenze
entwickelt (unschädlich ist, wenn aus der zurückbehaltenen Geschäftsbezie-
hung weniger als 10 % des Durchschnittsumsatzes der letzten drei Jahre erzielt
wird), die die FinVerw. anerkennt. Offen ist, ob sich diese bei Mitunterneh-
merschaften nach Maßgabe der bisherigen Beteiligungsquote des Ausschei-
denden vermindert.
Hinweis: Ist der seine Praxis Einbringende ohnehin an der Freiberufler-
Personengesellschaft beteiligt, kann die Fortführung bestimmter Tätigkeiten
auch dadurch erreicht werden, dass zwar die gesamte Praxis eingebracht wird,
im Innenverhältnis aber die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für diese Tä-
tigkeiten dem Einbringenden obliegen und er dafür einen (möglicherweise am
einschlägigen Umsatz orientierten) Vorabgewinn enthält.
- 102 -
V. Vertragsmuster
Vertragsmuster – Realteilung einer oHG
Vertrag über die
Auflösung und Realteilung
der AB oHG
zwischen
Herrn A, wohnhaft …
und
Herrn B, wohnhaft …
Die Gesellschafter der offene Handelsgesellschaft in Firma „AB oHG“ mit dem Sitz in
Köln, Amtsgericht Köln HR A ### (im Folgenden: oHG),
Herr A …, und
Herr B …,
treten unter Verzicht auf sämtliche Form- und Fristerfordernisse für die Einberufung
und Abhaltung einer Gesellschafterversammlung zu einer Gesellschafterversamm-
lung zusammen.
Die Gesellschafterversammlung beschließt einstimmig das Folgende:
1. Die oHG wird mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.2013 aufgelöst. Abweichend
von §§ 145 ff. HGB bzw. §§ 730 ff. BGB wird als Abwicklungsverfahren die Aus-
einandersetzung im Wege der Realteilung abschließend nach Maßgabe des
Folgenden vereinbart.
- 103 -
a) Die oHG überträgt die in der Anlage 1 aufgeführten Aktiva und Passiva
einschließlich der bestehenden Vertragsverhältnisse, schwebender Ge-
schäfte und halbfertiger Arbeiten mit Wirkung im Innenverhältnis zum
Ablauf des 31.12.2013 im Wege der Einzelrechtübertragung auf Herrn A,
der die Aktiva und Passiva fortan im Rahmen seines als Einzelkaufmann
unter der Firma „A - e.K.“ unterhaltenen Geschäftsbetrieb nutzt.
b) Die oHG überträgt die in der Anlage 2 aufgeführten Aktiva und Passiva
einschließlich der bestehenden Vertragsverhältnisse, schwebender Ge-
schäfte und halbfertiger Arbeiten mit Wirkung im Innenverhältnis zum
Ablauf des 31.12.2013 im Wege der Einzelrechtübertragung auf Herrn B,
der die Aktiva und Passiva fortan im Rahmen seines als Einzelkaufmann
unter der Firma „B - e.K.“ unterhaltenen Geschäftsbetrieb nutzt.
c) Der Realteilung wird die Schlussbilanz der KG zum 31.12.2013 zugrunde
gelegt. Diese ist unter Fortführung der bisherigen Bilanzierungspraxis
sowie unter Beachtung handels- und steuerrechtlicher Vorschriften und
des Gesellschaftsvertrages zu erstellen. Stille Reserven werden nicht
aufgedeckt; ein Firmenwert ist nicht auszuweisen. Herr A und Herr B
werden die in der Schlussbilanz ausgewiesenen Buchwerte der ihnen
jeweils zugewiesenen Aktiva und Passiva einschließlich einer etwaigen
steuerlichen Ergänzungsbilanz in ihrer jeweiligen gewerblichen Einzel-
firma fortführen.
d) In Hinsicht auf die zur steuerlichen Buchwertfortführung notwendigen
Anpassungen der Kapitalkonten in den Fortführungs-/Eröffnungsbilanz-
en werden die festen Kapitalkonten der Gesellschafter bereits in der
Schlussbilanz erfolgsneutral um die Summe der Nettobuchwerte (Aktiva
./. Passiva) der übernommenen Wirtschaftsgüter angepasst.
e) Der anteilige Jahresüberschuss zum 31.12.2013 wird den Verrechnungs-
konten der Gesellschafter gutgebracht und kann entnommen werden.
- 104 -
f) Die Beteiligten gehen von der Gleichwertigkeit der jeweils übernomme-
nen Wirtschaftsgüter aus. Ein Spitzenausgleich ist nicht zu erbringen,
auch nicht insoweit, als stille Reserven in unterschiedlichem Umfang auf
die einzelnen Gesellschafter übergehen sollten. Eine Ausgleichszahlung
ist auch dann nicht zu erbringen, wenn eine bei der oHG durchgeführte
Außenprüfung zu abweichenden Buchwerten führt; in diesem Fall füh-
ren die Gesellschafter die geänderten Buchwerte gem. Buchst. b) fort.
g) Kommt es zu einer Nachversteuerung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG, ist
der durch den rückwirkenden Ansatz des gemeinen Werts des Wirt-
schaftsguts realisierte Gewinn nur dem Gesellschafter zuzurechnen, der
die Veräußerung oder Entnahme getätigt hat.
h) Die Beteiligten gehen davon aus, dass die Gesamtheit der jeweils auf die
Gesellschafter übertragenen Aktiva und Passiva einkommensteuerrecht-
lich jeweils die Voraussetzungen eines Teilbetriebs erfüllen und daher
die jeweilige Übertragung als nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im
Ganzen nicht der Umsatzsteuer unterliegt (§§ 1 Abs. 1a, 15a Abs. 10
UStG). Sollte ein steuerbarer Umsatz vorliegen, ist die Umsatzsteuer zu-
sätzlich geschuldet. Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, an der Erteilung
einer ordnungsgemäßen Rechnung i.S. des § 14 UStG der oHG als leis-
tender Unternehmer mitzuwirken. Die Leistungsempfänger treten be-
reits jetzt ihre etwaigen künftigen Ansprüche auf Erstattung der Vor-
steuer an die oHG ab und verpflichten sich zur formgerechten Anzeige
der Abtretungen an die Finanzbehörde nach Maßgabe von § 46 Abs. 3
AO.
2. Zum Zwecke der Durchführung der beschlossenen Auflösung und Realteilung
der oHG vereinbaren die Beteiligten folgende Übertragungen:
a) Die oHG, insoweit vertreten die Gesellschafter, überträgt unter Befrei-
ung von den Beschränkungen des § 181 BGB sämtliche materiellen und
immateriellen Vermögensgegenstände, Verbindlichkeiten, Vertragsver-
- 105 -
hältnisse, schwebende Geschäfte und halbfertige Arbeiten gemäß dem
als Anlage 1 beigefügten Inventar auf den dies annehmenden Herrn A.
b) Die oHG, insoweit vertreten die Gesellschafter, überträgt unter Befrei-
ung von den Beschränkungen des § 181 BGB sämtliche materiellen und
immateriellen Vermögensgegenstände, Verbindlichkeiten, Vertragsver-
hältnisse, schwebende Geschäfte und halbfertige Arbeiten gemäß dem
als Anlage 2 beigefügten Inventar auf den dies annehmenden Herrn B.
c) Die Beteiligten werden unverzüglich sämtliche zum Übergang von Rech-
ten und zur Übernahme von Verbindlichkeiten durch Herrn A und Herrn
B notwendigen Zustimmungen von Vertragspartnern einholen. Solange
eine Zustimmung aussteht, stellen sich die Beteiligten in Hinsicht auf
Forderungen und Verbindlichkeiten im Innenverhältnis gleichwohl so,
als wären die Zustimmungen erteilt.
3. Die mit der Errichtung dieser Urkunde sowie der Durchführung der darin ge-
troffenen Vereinbarungen veranlassten Kosten einschließlich Beratungskos-
ten, Aufstellung der Schlussbilanz und Gerichtskosten trägt die oHG. Sie sind in
der Schlussbilanz aufwandswirksam zurückzustellen.
4. Die Ungültigkeit einzelner Bestimmungen des Vertrages berührt nicht seine
Wirksamkeit im Ganzen. Anstelle der unwirksamen Bestimmung oder zur Aus-
füllung einer Lücke ist eine angemessene Regelung zu vereinbaren, die dem
am nächsten kommt, was die Vertragschließenden gewollt haben oder nach
dem Sinn und Zweck des Vertrages gewollt hätten, sofern sie den Punkt be-
dacht hätten. Beruht die Ungültigkeit auf einer Leistungs- oder Zeitbestim-
mung, tritt an ihre Stelle das gesetzlich zulässige Maß.
- 106 -
F. Gestaltungsfeld Praxisveräußerung und Betriebsaufgabe
I. Steuerbegünstigte Veräußerungsgewinne
(155) Nach h.A. setzt eine tarifbegünstigte Praxisveräußerung gem. § 18 Abs. 3 EStG
voraus, dass der Berufsträger die wesentlichen wirtschaftlichen Grundlagen,
insbesondere die immateriellen Wirtschaftsgüter wie Mandantenstamm und
Praxiswert, entgeltlich auf einen anderen überträgt. Es ist jedoch geklärt, dass
es unschädlich ist, wenn der Veräußerer als Arbeitnehmer oder freier Mitar-
beiter des Erwerbers noch in dessen Namen und für dessen Rechnung tätig
bleibt, vgl. z.B. H 18.3 „Veräußerung“ EStH 2012 mit RsprNachweisen. Dies hat
der BFH mit Urt. X R 40/07 v. 17.7.2008, BStBl. 2009 II, 43, bestätigt (und auf
gewerbliche Veräußerungsfälle ausgedehnt), vgl. auch BFH-Urt. VIII R 22/09
v. 26.6.2012, BStBl. 2012 II, 777.
(156) Außerdem ist nach gefestigter Rspr. und Verwaltungsauffassung (vgl. H 18.3
„Veräußerung“ EStH 2012) die geringfügige Fortsetzung freiberuflicher Tätig-
keit nach Praxisveräußerung unschädlich, wenn Mandanten- bzw. Patienten-
beziehungen zurückbehalten werden, aus denen in den letzten drei Jahren
weniger als 10 % der gesamten Einnahmen erzielt worden sind. Aus den näm-
lichen zurückbehaltenen Beziehungen wider Erwarten entstandene spätere
Einnahmensteigerungen sind unschädlich, vgl. BFH-Beschl. XI B 5/00
v. 6.8.2001, BFH/NV 2001, 1561; Kurzinformation der OFD Koblenz
v. 15.12.2006, DB 2007, 314. Die FinVerw. ist jedoch der Auffassung, jedwede
Schaffung neuer zusätzlicher „Geschäftsbeziehungen“ innerhalb des relevan-
ten Zeitraums nach Praxisveräußerung führe zur Versagung der Tarifprivilegien
(ggf. zur Berichtigung der Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO), un-
abhängig von der 10-%-Grenze, Kurzinformation der OFD Koblenz unter Hin-
weis auf die Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der
Länder v. 15.12.2006, DB 2007, 314. Die OFD legt sich nicht auf den Zeitraum
fest, in dem sich der veräußernde Freiberufler enthalten muss, meint aber,
neun Monate wären nicht ausreichend, während mehr als drei Jahre im allge-
meinen genüge. Sie weist im Übrigen darauf hin, dass es für die Veräuße-
- 107 -
rungsprivilegien schädlich sein kann, wenn bisherige eigene Praxisräume wei-
terhin genutzt werden und Betriebsvermögen bleiben.
Eigene Meinung: Das Entstehen neuer Geschäftsbeziehungen kann nur schäd-
lich sein, wenn es nicht geringfügig ist, was m.E. jedenfalls angenommen wer-
den sollte, wenn insgesamt 10 % der Altumsätze nicht überschritten werden;
gl.A. Wacker, in: Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 18 Rz. 223; Schoor, DStZ
2007, 446; a.A. Brandt, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 18 EStG Anm. 324
(Juni 2010).
(157) Teilpraxen, deren Veräußerung nach §§ 18 Abs. 3, 34 EStG begünstigt ist, die
unter das Buchwertfortführungswahlrecht nach §§ 20, 24 UmwStG fallen und
nach § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich zum Buchwert übertragen werden können,
werden i.d.R. nur anerkannt, wenn es sich um eigenständige Tätigkeitsberei-
che an verschiedenen Orten mit abgegrenztem Einzugsbereich handelt oder
mehrere wesensverschiedene Tätigkeiten vorliegen.
Bemerkenswert ist dazu, dass der BFH im Wege einer historischen Be-
trachtung („historisch gewachsene Betriebe“) eine hinzuerworbene Pra-
xis, die neben der bereits vorhanden fortgeführt worden ist, als Teilpra-
xis anerkannte, auch wenn sie zwischenzeitlich vergrößert worden ist
und „innerbetriebliche“ Leistungen für die anderen Bereiche durchführt,
vgl. BFH-Urt. VIII R 22/09 v. 26.6.2012, BStBl. 2012 II, 777; vgl. dazu auch
Fuhrmann, NWB 2012, 3600. Im Streitfall hatte ein StB und WP neben
einer selbst gegründeten Praxis in der Vergangenheit zwei Praxen hinzu-
gekauft und eine davon, die er nach dem Erwerb in 22 km entfernten
Kanzleiräumen fortführte, veräußert.
Ebenfalls im Urt. VIII R 22/09 v. 26.6.2012, BStBl. 2012 II, 777, hat der
BFH entschieden, die nebeneinander betriebene Steuerberatung und
Wirtschaftsprüfung seien wesensverschiedene Tätigkeiten, so dass bei
organisatorischer Trennung zwei Teilpraxen unter einem Dach vorliegen
können (im Streitfall ging es darum, ob der Verkauf des Steuerbera-
tungszweigs als Teilpraxisveräußerung begünstigt ist, wenn gleichzeitig
- 108 -
die WP-Mandate auf eine WP-GmbH überführt werden; der BFH hält
dies für denkbar).
Wesensverschieden sind nach dem Verständnis des BFH auch Tätigkei-
ten eines Arztes als Allgemeinmediziner und als Facharzt für Arbeits-
medizin, vgl. BFH-Urt. IV R 17/03 v. 4.11.2004, BStBl. 2005 II, 208. Teil-
praxen können deshalb dann vorliegen, sofern den Praxisteilen die für
Teilbetriebe notwendige organisatorische Selbständigkeit zukommt.
Hinweis: Liegen wesensverschiedene Tätigkeiten vor, können durch ge-
zielte organisatorische Trennung vor der beabsichtigten Übertragung
der Praxisteile die Voraussetzungen für eine begünstigte Teilpraxisüber-
tragung geschaffen werden. Derartige vorbereitende Maßnahmen sind
keinesfalls missbräuchlich.
Ein Laborbetrieb für die eigene Zahnarztpraxis ist kein Teilbetrieb (aber
eine wesentliche Betriebsgrundlage für die Praxis), so dass die isolierte
Übertragung bzw. Einbringung in Gesellschaften nicht nach §§ 6 Abs. 3,
18 Abs. 3, 34 EStG und §§ 20, 24 UmwStG begünstigt ist, vgl. BFH-Urt.
IV R 3/03 v. 16.12.2004, BFH/NV 2005, 879, mit der Erwägung, dies
könnte anders sein, wenn der Umfang der Laborleistungen 10 % des Ge-
samtumsatzes unterschreitet und deshalb geringfügig ist.
(158) Scheidet ein Mitunternehmer aus einer zweigliedrigen freiberuflichen ärztli-
chen Gemeinschaftspraxis mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gegen
Abfindung aus, ist zwar für den Ausscheidenden eine Übergangsbesteuerung
nach R 4.5 EStR durch Erstellung einer Steuerbilanz vorzunehmen, jedoch ist
der verbleibende Partner, der die verbliebene Einzelpraxis fortführt, nicht ver-
pflichtet, hinsichtlich seiner bisherigen Beteiligungsquote eine Übergangsbe-
steuerung durchzuführen. Das hat das Sächs. FG mit Urt. 5 K 1231/07
v. 23.3.2011 (rkr., obwohl Rev. zugelassen), zutreffend entschieden. Der ver-
bleibende Partner kann den Teil der Abfindung, der auf Honorarforderungen
entfällt, bei seiner Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sogleich als Be-
triebsausgaben absetzen.
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II. Praxiswert und Vertragsarztzulassung
BFH-Urt. VIII R 13/08 v. 9.8.2011, BStBl. 2011 II, 875
Sachverhalt und Beurteilung:
(159) Ein Facharzt für Orthopädie erwarb eine Facharztpraxis mit dem Patienten-
stamm der gesetzlich Versicherten. Die Privatpraxis führte der Verkäufer fort;
sie war vom Vertrag ausgenommen worden. Die Geschäftsgrundlage des
Übernahmevertrages sollte entfallen, wenn der Erwerber aus von ihm nicht zu
vertretenden Gründen die Zulassung als Vertragsarzt nicht erhalten sollte. ‒
Das FA nahm an, die Hälfte des vom erwerbenden Arzt entrichteten Betrages
für den Praxiswert entfalle auf den „wirtschaftlichen Vorteil einer Vertrags-
arztzulassung“, der als ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut ne-
ben dem Praxiswert anzusehen sei.
(160) Diese Sichtweise verwarf der BFH: Der die Praxis übergebende Vertragsarzt
könne den Vorteil aus der Zulassung grundsätzlich nicht selbständig verwer-
ten. Die Zulassung als Vertragsarzt ist vielmehr über das Nachbesetzungsver-
fahren ein vom Praxiserwerb unabhängiger Rechtsakt. Deswegen geht die Zu-
lassung als Vertragsarzt in den Praxiswert ein und ist nicht als Wirtschaftsgut
zu verselbständigen.
Hinweise für die Praxis:
(161) Der Geschäftswert ist Ausdruck für die Gewinnchancen eines Unternehmens,
soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind, sondern durch
den Betrieb des einzelnen Unternehmens im Ganzen auf Grund besonderer,
dem Unternehmen eigener Vorteile höher oder gesicherter erscheinen als bei
einem anderen vergleichbaren Unternehmen. Bei Erwerb einer freiberuflichen
Praxis stellt er sich im Rahmen des Praxiswertes als erworbenes Chancenpa-
ket dar, das sich aus den verschiedenen wertbildenden Einzelbestandteilen
zusammensetzt (Patientenstamm, Standort, Umsatz, Facharztgruppe usw.).
- 110 -
(162) Vom Geschäftswert oder Praxiswert sind selbständige Wirtschaftsgüter zu un-
terscheiden. Diese liegen dann vor, wenn sie veräußert werden können, wobei
es nicht auf die Einzelveräußerbarkeit, sondern lediglich darauf ankommt, dass
der Vermögenswert zusammen mit dem Betrieb übertragen werden kann.
Auch unselbständige werterhöhende Faktoren eines Wirtschaftsguts können
zum Gegenstand eines Veräußerungsvorgangs gemacht und dadurch zu einem
selbständigen immateriellen Wirtschaftsgut konkretisiert werden. Dies ist et-
wa der Fall, wenn eine „Veräußerung des Kundenkreises“ erfolgt oder eine
Ackerprämienberechtigung zum Gegenstand eines Kaufvertrages gemacht
wird, vgl. dazu BFH-Urt. IV R 28/08 v. 30.9.2010, BStBl. 2011 II, 406; s. StF 30,
2011, Tz. B/9.
(163) Die Vertragsarztzulassung kann aber grundsätzlich nicht selbständig verwertet
werden. Es kann lediglich gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ein An-
trag auf Fortführung der bestehenden Praxis durch einen Nachfolger gestellt
werden. Dieser Antrag löst dann ein neues Zulassungsverfahren aus.
Darin sieht der BFH auch den entscheidenden Unterschied zur Güterfernver-
kehrsgenehmigung, die ein selbständiges Wirtschaftsgut ist; bei der Veräuße-
rung eines Speditionsunternehmens hing die Höhe des Kaufpreises entschei-
dend vom Vorhandensein einer oder mehrerer Güterfernverkehrsgenehmi-
gungen ab. Sie konnten mit dem Unternehmen entgeltlich übertragen und
einzeln bewertet werden und erfüllten damit die Merkmale eines Wirtschafts-
guts, wohingegen die Zulassung als Vertragsarzt von persönlichen Vorausset-
zungen abhängig ist, die nicht Gegenstand einer Veräußerung sein können,
insbesondere von der beruflichen Qualifikation als Arzt.
- 111 -
(164) In überblicksartiger Darstellung ergibt sich damit folgende Trennung wertbil-
dender Faktoren von selbständigen Wirtschaftsgütern:
Ausdruck der Gewinnchancen, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind
selbständige Wirtschaftsgüter
Geschäftswert / Praxiswert
Konkretisierung zum selb-ständigen immateriellen
Wirtschaftsgut
Güterfernverkehrsgenehmigung (Veräußerbarkeit mit dem
Betrieb)
selbständiger Verkaufsakt (auch bei Übertragung mit dem
Betrieb)
werterhöhende Faktoren
(geschäftswertbildende Rechtsreflexe / Nutzungsvor-teile eines Wirtschaftsguts)
Vertragsarztzulassung (abhängig von persönlichen Vorausset-
zungen, die nicht Gegenstand einer Veräußerung sein können
− Zulassung als Arzt)
III. Praxisaufspaltung durch Verpachtung des Mandantenstamms
BFH-Beschl. VIII B 116/10 v. 8.4.2011, BFH/NV 2011, 1135
Sachverhalt und Beurteilung:
(165) Ein Steuerberater gründete eine Steuerberatungs-GmbH, welcher er den
Mandantenstamm seiner (ehemaligen) Freiberuflerpraxis zur Nutzung über-
ließ. Streitig wurde, ob darin eine Betriebsaufspaltung mit der Rechtsfolge an-
gelegt ist, dass die Einnahmen aus der Verpachtung des Mandantenstamms
der GewSt. unterliegen. Der Sachverhalt sei in der folgenden Abbildung darge-
stellt:
- 112 -
StB
Mandanten-stamm
freiberufliche Einzelpraxis
StB-GmbH
Verpachtung
Pachteinnahmen unterliegen der
GewSt.
100 %
(166) Der BFH hielt die nach Ergehen der für den Steuerberater negativen Entschei-
dung des FG eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde für unbegründet. In der
Rspr. des BFH sei geklärt, dass der Mandantenstamm eines Steuerberaters als
eigenständiges Wirtschaftsgut Gegenstand eines Pachtvertrages sein kann
und es sich dabei um den wesentlichen und werthaltigsten Teil des Betriebs-
vermögens handelt.
Hinweise für die Praxis:
(167) Der BFH unterstreicht nochmals, die vermietende oder verpachtende Tätigkeit
einer freiberuflichen Besitzgesellschaft im Rahmen einer freiberuflichen Be-
triebsaufspaltung führe zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, vgl. auch BFH-Urt.
IV R 67/96 v. 13.11.1997, BStBl. 1998 II, 254. Zwischen der im vorzitierten Ur-
teil streitigen Überlassung von Räumlichkeiten, Einrichtungsgegenständen und
Geräten und der im Beschwerdeverfahren streitigen Überlassung des Man-
dantenstamms vermag der BFH keinen Unterschied zu sehen.
(168) Der Kläger hatte einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorgebracht,
indem er darauf verwies, der BFH habe mit Urt. IV R 16/92 v. 29.4.1993, BStBl.
- 113 -
1993 II, 716, entschieden, die Erbin eines Kunstmalers erziele nachträgliche
Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, wenn sie die von ihrem Ehemann ge-
malten Bilder nach dessen Tod verkauft. Diesen Einwand legte der BFH als Di-
vergenzrüge aus, vermochte aber keine Abweichung zu erkennen, weil der
vorzitierten Entscheidung des BFH kein Fall der Betriebsaufspaltung zugrunde
lag.
(169) Im Streitfall konnte der BFH offen lassen ‒ weil die Frage nicht klärungsbedürf-
tig war ‒, ob bereits die Verpachtung des Mandantenstamms für sich ge-
nommen (ohne Betriebsaufspaltung) zu gewerblichen Einkünften führe müsse;
dafür spricht sich (RiaBFH, VIII. Senat) Brandt, in: Herrmann/Heuer/Raupach,
EStG/KStG, § 18 EStG Anm. 22 Stichwort „Verpachtung des Mandantenstam-
mes“ (Juni 2010), aus. Diese Frage erlangt jedoch insbesondere dann Bedeu-
tung, wenn ein im Sonderbetriebsvermögen befindlicher Mandantenstamm
(z.B. nach einer Realteilung) an die Personengesellschaft entgeltlich überlassen
wird. Sollte die Auffassung von Brandt zutreffend sein, so hätte dies nicht die
gewerbliche Infektion der gesamten Mitunternehmerschaft zur Folge, da § 15
Abs. 3 Nr. 1 EStG bei einer nur im Sonderbetriebsvermögen entfalteten ge-
werblichen Tätigkeit keine Anwendung findet, vgl. Wacker, in: L. Schmidt,
EStG, 33. Aufl. 2014, § 15 Rz. 190.
Hinweis: Gleichwohl darf nicht außer Acht gelassen werden, dass latent die
Gefahr einer verdeckten Einlage des Mandantenstamms besteht. Denn wie die
kurze Abschreibungsdauer eines entgeltlich erworbenen Mandantenstamms
zeigt, gehen diese im Regelfall nach drei bis fünf Jahren, vgl. Kulosa, in:
L. Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 7 Rz. 110, auf den Erwerber über. Ohne be-
sondere „Vorkehrungen“ könnte im Rahmen einer Bp. die Frage auftauchen,
ob die Mandatsbeziehung nach Ablauf von mehreren Jahren „von selbst“ auf
die GmbH übergegangen ist. Aus diesem Grund sollte durch kurzfristige Kündi-
gungsmöglichkeit dokumentiert werden, dass kurzfristig die Mandatsbezie-
hung wieder zurückgeholt werden kann. Zudem dürfte die Gefahr des „un-
freiwilligen“ Übergangs des Mandantenstamms deutlich verringert oder gar
ausgeschlossen sein, wenn die verpachteten Mandate im Wesentlichen durch
den Verpächter (in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH) betreut
- 114 -
werden und somit die enge persönliche Bindung zwischen dem verpachteten
Berufsträger und den Mandanten aufrecht erhalten bleibt.
IV. Gesamtplan bei §§ 16, 34 EStG
(170) Die Problematik des Handelns in einem steuerschädlichen Gesamtplan war im
Ertragsteuerrecht erstmals durch den IV. Senat des BFH im Zusammenhang
mit einer begehrten Tarifermäßigung für die Veräußerung eines Mitunter-
nehmeranteils herausgearbeitet worden, vgl. BFH-Urt. IV R 18/99 v. 6.9.2000,
BStBl. 2001 II, 229. Danach ist der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitun-
ternehmeranteils nicht tarifbegünstigt, wenn auf Grund „einheitlicher Pla-
nung und im engen zeitlichen Zusammenhang“ mit einer Anteilsveräußerung
wesentliche Betriebsgrundlagen der Mitunternehmerschaft zu Buchwerten in
ein anderes Betriebsvermögen überführt werden. Der Entscheidung lag der
Sachverhalt zugrunde, dass eine KG zum 1.1.1989 Grundstücke und Gebäude
aus ihrem Betriebsvermögen zum Buchwert an Schwestergesellschaften ver-
äußert hatte. Im Februar 1989 übertrugen die Stpfl. sodann ihre Mitunter-
nehmeranteile zum Teilwert an eine Holdinggesellschaft. Die Anwendung der
Tarifermäßigung auf den daraus resultierenden Veräußerungsgewinn versagte
der BFH auf Grund der vorausgegangenen Ausgliederung der Grundstücke und
Beteiligungen zum Buchwert. Der steuerliche Gesamtplan im Ertragsteuer-
recht war geboren.
(171) Mit BFH-Urt. IV R 49/08 v. 25.2.2010, BStBl. 2010 II, 726, erfolgte aber – so
wörtlich der IV. Senat – auch hier eine „Präzisierung“ der Gesamtplan-Rspr.,
indem der Tarifermäßigung für die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils
nicht entgegensteht, wenn zuvor Beteiligungen an Tochter-Mitunternehmer-
schaften, die zum Gesamthandsvermögen jener Personengesellschaft gehö-
ren, deren Anteil veräußert wird, zu Buchwerten in das Gesamthandsvermö-
gen einer Schwesterpersonengesellschaft übertragen worden sind; s. dazu
ausführlich Strahl, KÖSDI 2010, 17165, 17168 f. Ursächlich für diese Beurtei-
lung ist, dass die Veräußerung der unternehmerischen Teileinheiten durch die
Ober-Personengesellschaft, wäre sie isoliert erfolgt, beim Gesellschafter der
- 115 -
Ober-Personengesellschaft begünstigt gewesen wäre. Die Ausgliederung von
Teileinheiten vor einer erstrebten tarifbegünstigten Veräußerung ist mithin
anders zu beurteilen als die Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter.
(172) Durch das BFH-Urt. I R 72/08 v. 25.11.2009, BStBl. 2010 II, 471, hat der I. Senat
den möglichen Anwendungsbereich der Gesamtplan-Rspr. für Ausgliederungs-
gestaltungen im Anwendungsbereich des § 20 UmwStG erheblich eingeengt,
indem er entschieden hat, die Ausgliederung eines funktional wesentlichen
Grundstücks zwei Monate vor Einbringung von Mitunternehmeranteilen in ei-
ne GmbH stelle keinen die Buchwertfortführung des § 20 UmwStG in Frage
stellenden Gesamtplan dar, wenn die Auslagerung der funktional wesentlichen
Betriebsgrundlage auf Dauer erfolgt. Danach liegt unter dem Gesichtspunkt
eines Gestaltungsmissbrauchs resp. eines schädlichen Gesamtplans eine die
Buchwerteinbringung nach § 20 UmwStG vereitelnde steuerschädliche Aus-
gliederungsgestaltung nur dann vor, wenn die Auslagerung einer funktional
wesentlichen Betriebsgrundlage im Vorgriff auf eine anschließende Einbrin-
gung alsbald wieder rückgängig gemacht wird. Wörtlich führt der BFH im Urt.
I R 72/08 v. 25.11.2009, BStBl. 2010 II, 471, aus:
„[…] die ‚Auslagerung´ einer wesentlichen Betriebsgrundlage aus
dem einzubringenden Mitunternehmeranteil ist steuerlich anzu-
erkennen, sofern sie auf Dauer erfolgt und deshalb andere wirt-
schaftliche Folgen auslöst als die Einbeziehung des betreffenden
Wirtschaftsguts in den Einbringungsvorgang (ebenso Beh-
rens/Schmitt, FR 2002, 549, 552; ähnlich Herlinghaus in Röd-
der/Herlinghaus/van Lishaut, aaO, § 20 UmwStG Rz 42). Anders
kann es sein, wenn sie alsbald rückgängig gemacht wird und sich
deshalb als nur vorgeschoben erweist.“
(173) Ob die für § 20 UmwStG entwickelten Rspr.-Grundsätze auf § 24 UmwStG
übertragbar sind, wenn im Vorfeld einer Einbringung in eine Mitunternehmer-
schaft eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage zu Buchwerten ausge-
gliedert wird, ist höchstrichterlich bisher ungeklärt. Allerdings hat der X. Senat
des BFH mit Urt. X R 60/09 v. 9.11.2011, BStBl. 2012 II, 638 entschieden, dass
- 116 -
die Veräußerung einer vormals funktional wesentlichen Betriebsgrundlage im
Vorfeld einer Einbringung in eine Personengesellschaft der Anwendung des
§ 24 UmwStG im Regelfall nicht entgegensteht. In diesem Zusammenhang hat
der X. Senat die Argumentation des I. Senats aufgegriffen und klargestellt, dass
eine dauerhafte Ausgliederung einer funktional wesentlichen Betriebsgrundla-
ge im Regelfall steuerrechtlich nicht als schädlicher Gesamtplan zu würdigen
ist. Den Urteilsgründen kann deutlich entnommen werden, dass der X. Senat
der Anwendung der Gesamtplan-Rspr. bei Buchwertausgliederungen vor
Buchwerteinbringungen gem. § 24 UmwStG äußerst kritisch gegenübersteht.
Nach zutreffender Auffassung ist davon auszugehen, dass dem Gesamtplan für
Buchwertausgliederungen vor einer Einbringung gem. §§ 20, 24 UmwStG kei-
ne Bedeutung mehr zukommt, wenn die Ausgliederung dauerhaft erfolgt, vgl.
(Ltd. MinR im FinMin. NRW) Brandenberg, DB 2013, 17, 19 („Der Gesamtplan
ist nach der neuen Rspr. des BFH ‚tot‘, wenn wesentlichen Betriebsgrundlagen
ausgegliedert werden und diese Ausgliederung auf Dauer angelegt ist.“);
Bohn/Pelters, DStR 2013, 281, 287.
Hinweis: Im Anwendungsbereich der §§ 16, 34 EStG ist geklärt, dass die Ent-
nahme einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage im Zusammenhang
mit einer anschließenden Veräußerung der Anwendung von §§ 16, 34 EStG
nicht entgegenstehen, vgl. BFH-Urt. IV R 67/86 v. 24.8.1989, BStBl. 1990 II,
132. Das gleiche gilt m.E. ebenfalls für eine Entnahme vor Einbringung nach
§ 24 UmwStG; so wohl auch der X. Senat des BFH mit Urt. X R 60/09
v. 9.11.2011, BStBl. 2012 II, 638, unter II.2.d.cc der Urteilsgründe mit Hinweis
auf BFH-Urt. IV R 67/86 v. 24.8.1989, BStBl. 1990 II, 132.
(174) Es steht fest, dass die einer unentgeltlichen Betriebsübergabe vorgelagerte
oder zeitgleiche Buchwertausgliederung einer funktional wesentlichen Be-
triebsgrundlage gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG der Anwendung des § 6 Abs. 3
EStG grundsätzlich nicht entgegensteht, vgl. BFH-Urt. IV R 41/11 v. 2.8.2012,
DStR 2012, 2118; ausf. Demuth/Eisgruber, DStR-Beih. 2012, 135, 147 ff. (zu
Heft 49/2012).
- 117 -
(175) Im Zusammenhang mit Ausgliederungsgestaltungen zeichnet sich ab, dass
nach Auffassung der Rspr. der Anwendungsbereich des Gesamtplangedankens
als normenspezifische Rechtsanwendung auf die §§ 16, 34 EStG beschränkt
ist. Da nach dem Sinn und Zweck der Normen die ertragsteuerlichen Folgen
der Zusammenballung von Einkünften abgemildert werden sollen, vgl. z.B.
BFH-Urt. X R 60/09 v. 9.11.2011, BStBl. 2012 II, 638 m.w.N., kann die Steuer-
vergünstigung der §§ 16, 34 EStG nicht in Anspruch genommen werden, wenn
vor der Veräußerung der betrieblichen Sachgesamtheit funktional oder quanti-
tativ wesentliche Betriebsgrundlagen, die in ihrer Gesamtheit keine betriebli-
che Sachgesamtheit darstellen, zu Buchwerten ausgegliedert werden (so auch
der Ausgangspunkt der Anwendung des Gesamtplangedankens im EStG).
Anmerkung: Als Gestaltungsansatz kann die durch BFH-Urt. IV R 49/08
v. 25.2.2010, BStBl. 2010 II, 726, erfolgte „Präzisierung“ der Gesamtplan-Rspr.,
wonach die veräußerungsvorbereitende Ausgliederung einer betrieblichen
Sachgesamtheit insbesondere in Form von Mitunternehmeranteilen der Inan-
spruchnahme der Steuervergünstigung nach §§ 16, 34 EStG für einen an-
schließenden Veräußerungsvorgang nicht entgegensteht, genutzt werden: So
kann in Erwägung gezogen werden, die (funktional-quantitativ) wesentlichen
Betriebsgrundlagen, die im Ergebnis zurückbehalten werden sollen, gem. § 6
Abs. 5 Satz 3 EStG in eine Tochter-GmbH & Co. KG zu übertragen, um den Mit-
unternehmeranteil später vor der Veräußerung vorab gem. § 6 Abs. 3 EStG zu
Buchwerten auszugliedern. Selbst wenn die ausgegliederten Wirtschaftsgüter
dauerhaft im Betriebsvermögen der Tochter-GmbH & Co. KG verbleiben, kann
nicht ausgeschlossen werden, dass hierin von der FinVerw. und der Rspr. u.U.
ein Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO oder ein schädlicher Gesamtplan
erkannt wird. Eine im engen zeitlichen Zusammenhang stehende Ausgliede-
rung der Einzelwirtschaftsgüter in die Tochter-Personengesellschaft mit an-
schließender Übertragung des Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG
und Veräußerung des verbleibenden „Rest-Betriebsvermögens“ sollte in der
Gestaltungsberatung möglichst vermieden werden. Der „Gesamtplangedanke“
ist – als normenspezifische Rechtsanwendung – im Lichte des Sinn und Zwecks
der §§ 16, 34 EStG zu sehen, die nur die Zusammenballung von Einkünften
steuerlich privilegieren will. Daher könnte der Vorwurf eines steuerschädli-
- 118 -
chen Gesamtplans damit begründet werden, dass die Dauerhaftigkeit der Aus-
gliederung bei einer zeitnahen Veräußerung nichts daran ändert, dass nicht
sämtliche stillen Reserven zusammengeballt aufgedeckt worden sind. Aus Vor-
sichtsgründen gilt daher wie bisher, dass je länger die Ausgliederung der we-
sentlichen Betriebsgrundlagen in eine Tochter-GmbH & Co. KG zurückliegt, das
Risiko eines schädlichen Gesamtplans sinkt, wobei nach Ablauf von zwei Jah-
ren nur unter besonderen Umständen noch ein schädlicher Gesamtplan er-
kannt werden dürfte, vgl. Kulosa, in: L. Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 6 Rz.
651, der bereits nach Ablauf von mehr als einem Jahr zwischen den einzelnen
Schritten im Regelfall einen Gesamtplan ablehnt.
- 119 -
G. Die Mitunternehmerschaft im Internationalen Steuerrecht
I. Sondervergütungen an einen ausländischen Gesellschafter
(176) Einen weiteren Versuch zur Sicherstellung der Besteuerung von Sondervergü-
tungen einer inländischen Personengesellschaft an einen im Ausland ansässi-
gen Gesellschafter hat der Gesetzgeber mit einer Neufassung von § 50d
Abs. 10 EStG durch das AmtsfilfeRLUmsG unternommen. Diese Regelung soll
nach § 52 Abs. 59a Satz 10 EStG rückwirkend in allen Fällen anzuwenden sein,
in denen die ESt. und KSt. noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist.
(177) Handlungsbedarf sah der Gesetzgeber, weil der BFH mit Urt. I R 74/09 v.
8.9.2010, DStR 2010, 2450, zu § 50d Abs. 10 EStG a.F. entschieden hatte, die
Norm mache das Erfordernis der Existenz einer Betriebsstätte sowie die Zu-
rechnung der betreffenden Sondervergütung zu ihr nicht entbehrlich, um zu
einem inländischen Besteuerungsrecht zu gelangen. Da etwa Zinsen – aber
auch Lizenzeinnahmen – mangels eines funktionalen Zusammenhangs einer
inländischen Betriebsstätte nicht zugerechnet werden können, bleibt es nach
dem Judikat beim Besteuerungsrecht im Ausland nach Maßgabe der für die
jeweilige Vergütungsart einschlägigen DBA-Norm.
(178) Nunmehr heißt es in § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG, enthalte ein DBA keine aus-
drückliche Regelung zu Sondervergütungen, gelten die Vergütungen aus-
schließlich als Teil des Unternehmensgewinns des vergütungsberechtigten Ge-
sellschafters. Nach § 50d Abs. 10 Satz 3 EStG soll die Vergütung ungeachtet
von DBA-Regelungen derjenigen Betriebsstätte der Gesellschaft zuzurechnen
sein, welcher der Aufwand für die der Vergütung zugrunde liegende Leistung
zuzuordnen ist. Damit ist ein verfassungsrechtlich bedenklicher Treaty Overri-
de gegeben, vgl. auch Hagena/Klein, ISR 2013, 267, 272.
Kritische Stellungnahme: In der Literatur wird bereits die Meinung geäußert,
auch diese Regelung könne noch nicht hinreichend „zur Sicherung des deut-
schen Besteuerungsrechts“ sein, vgl. z.B. Pohl, IWB 2013, 383. Art. 11 Abs. 4
OECD-MA setze beispielsweise die Zugehörigkeit der Forderung zu einer inlän-
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dischen Betriebsstätte voraus. § 50d Abs. 10 Satz 3 EStG bewirke hingegen nur
eine Zurechnung der Sondervergütung, nicht aber des Sonderbetriebsvermö-
gens. Die Rechtsauffassung der FinVerw., Sondervergütungen seien in
Deutschland als Unternehmensgewinn zu versteuern, sollte bei entgegenste-
henden DBA-Qualifikationen deswegen nach wie vor nicht akzeptiert werden,
vgl. kritisch auch C. Schmidt, DStR 2013, 1704; Salzmann, IWB 2013, 405; a.A.
Mitschke, FR 2013, 694.
(179) Gegen die neuerliche gesetzliche Regelung wendet sich der I. Senat des BFH:
Er ist entgegen seiner bisherigen Rspr. und einer breiten Meinung im Fach-
schrifttum (die allerdings zunehmend umstritten ist) zu der Rechtsauffassung
gelangt, dass DBA nicht unilateral durch nationale Gesetze überschrieben
werden dürfen, weil dies einen verfassungswidrigen Verstoß gegen Völker-
recht darstellt. Im Streitfall ging es um den Anwendungsbereich des § 15 Abs.
1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG (Sondervergütungen von nicht unbe-
schränkt steuerpflichtigen Mitunternehmern einer deutschen Personengesell-
schaft). Nach ständiger Rspr. steht dem Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht
zu, wenn das DBA nicht ausdrücklich eine abweichende Regelung trifft. § 50d
Abs. 10 EStG soll im Wege des Treaty override eine deutsche Besteuerung si-
cherstellen. Wegen seiner verfassungsrechtlichen Bedenken hat der BFH mit
Beschl. I R 4/13 v. 11.12.2013, DStR 2014, 306, die Frage, ob der Treaty overri-
de verfassungswidrig ist, dem BVerfG vorgelegt, das sich außerdem mit der
Frage auseinandersetzen muss, ob § 52 Abs. 59a Satz 11 EStG i.d.F. des Amts-
hilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes gegen das Rückwirkungsverbot verstößt.
Hinweis: Der Vorlagefall betrifft eine deutsche GmbH & Co. KG, an der ein
nicht unbeschränkt steuerpflichtiger, in Italien Ansässiger mitunternehmerisch
beteiligt ist, der für ein Darlehen bzw. ein Verrechnungskonto Zinsen erhält,
die grundsätzlich nach deutschem Recht unter § 15 EStG fallen. Nach dem
Doppelbesteuerungsrecht dürfte mangels anderweitiger Regelung im DBA-
Italien eine deutsche Besteuerung nur erfolgen, wenn die Kreditgewährung in
Deutschland in einer von der KG unabhängigen Betriebsstätte erfolgen würde.
Schlichte Darlehensgewährungen allein begründen aber nach gefestigter Rspr.
keine Betriebsstätten. Die Erwirtschaftung in einer inländischen Betriebsstätte
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setzte voraus, dass die Darlehensforderung ein Wirtschaftsgut des inländi-
schen Betriebsvermögens wäre, vgl. kritisch Kramer, IStR 2014, 21, 22. Im
Streitfall wurden die Zinsen abkommenskonform in Italien besteuert, vgl. da-
zu auch Ditz/Tcherveniachki, DB 2014, 203, 204, wonach das in § 15 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 EStG kodifizierte Sonderbetriebsvermögenskonzept in-
ternational unbekannt ist.
II. Gestaltungen zur Vermeidung der Entstrickungsbesteuerung
(180) Auch der durch das AmtshilfeRLUmsG eingefügte § 50i EStG bewirkt einen
Treaty Override. Zweck der Regelung ist die Sicherung des deutschen Besteu-
erungsrechts, sofern Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens oder Anteile
i.S. des § 17 EStG vor dem 29.6.2013 in das Betriebsvermögen einer Perso-
nengesellschaft steuerlich neutral transferiert wurden. In diesem Fall ist unge-
achtet der Bestimmungen eines DBA der aus der späteren Veräußerung oder
Entnahme dieser Wirtschaftsgüter oder Anteile erzielte Gewinn in Deutsch-
land zu versteuern. Dies gilt auch, soweit Wirtschaftsgüter vor dem 29.6.2013
nach Maßgabe der Grundsätze über die Betriebsaufspaltung Betriebsvermö-
gen einer inländischen Personengesellschaft geworden sind.
(181) Hintergrund der Regelung ist, dass in Wegzugsfällen nach Einholung einer
verbindlichen Auskunft häufig Anteile i.S. des § 17 EStG in eine gewerblich ge-
prägte Personengesellschaft eingelegt wurden, um dergestalt eine steuerliche
Verhaftung der Anteile in Deutschland zu erreichen und für den Fall späteren
Wegzugs die Rechtswirkung des § 6 AStG auszuschließen. Der BFH hat mit Urt.
I R 81/09 v. 25.4.2010, DStR 2010, 1220, Rn. 22, aber sodann entschieden, § 15
Abs. 3 Nr. 2 EStG schlage nicht in der Weise auf das Abkommensrecht durch,
dass eine gewerblich geprägte Personengesellschaft stets „Gewinne eines Un-
ternehmens“ im abkommensrechtlichen Sinne erzielt. Damit ist die Gefahr
verbunden, dass es bei Veräußerung der Beteiligung durch die inländische Per-
sonengesellschaft nach Wegzug nicht zu einer Besteuerung in Deutschland
kommen kann.
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Hinweis: Nach dem Entwurf des BMF-Schr. „Anwendung der Doppelbesteue-
rungsabkommen (DBA) auf Personengesellschaften“ v. 5.11.2013, Tz. 2.3.3.7,
soll die BFH-Rspr. nur zur Anwendung kommen, wenn sowohl der Übertra-
gungs- wie auch der Veräußerungsvorgang vor dem 29.6.2013 abgeschlossen
waren, vgl. auch Haase/Steierberg, NWB 2014, 4, 7.
Beratungshinweis: Für Altfälle wird damit die steuerliche Verhaftung der stil-
len Reserven in Deutschland festgeschrieben. Da die Regelung jedoch aus-
schließlich den steuerlich neutralen Transfer von Anteilen i.S. des § 17 EStG
oder von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens nur vor dem 29.6.2013
betrifft, stellt sich die Frage, ob in zu gestaltenden Fällen die Einholung einer
verbindlichen Auskunft noch erfolgversprechend ist. Sie wird nur dann erteilt
werden können, wenn die inländische Personengesellschaft im Inland auch
über eine Betriebsstätte verfügt und die Gewinne dieser Betriebsstätte zuzu-
ordnen sind. Dazu kann etwaig eine geschäftsleitende Holding dienen, vgl.
Prinz, DB 2013, 1378, 1380; Strahl, in: KSp 14, 2013, 132, 136, Tz. H/10 m.w.N.