Bert Marco Schuldes & Jim Dekorne - Das Pilz Zucht Buch

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    Bert Marco SchuldesSam Lanceata

    Das PilzZuchtBuch

    W erner Pieper & The Grne K raft

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    Impressum

    Bert Marco Schuldes

    Sam Lanceata

    Das PilzZuchtBuch

    Korrekturen: Achmed Khammas & Grit RachowGestaltung: Petra Petzold Scans von Bert Marco

    Schuldes Fotografien Teil 1: Bert Marco Schuldes

    Zeichnungen: Gran Hielscher Fotografien Teil

    II: Sam Lanceata

    Verlegt durch

    Werner Pieper & The Grne Kraft

    Alte Schmiede, 69488 Lhrbach

    Fax: 0 62 01 / 2 25 85www.

    gruenekraft.comeMail: Versand@

    gruenekraft.com

    ISBN 3-930442-38-8

    1999 bei den Autoren

    http://www.gruenekraft.com/http://www.gruenekraft.com/mailto:[email protected]:[email protected]:[email protected]:[email protected]://www.gruenekraft.com/http://www.gruenekraft.com/
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    Zwei Bcher" - Zwei Vorworte

    Dieses Buch hat zwei Vorworte und besteht aus zweiTeilen. Whrend ich noch mit der Arbeit an diesemBuch beschftigt war, wurde meinem Verleger ein wei-teres Pilzzuchtbuch angeboten. Dessen Autor hattezufllig genau in den Bereichen viel Erfahrung, mitdenen ich mich bisher wenig beschftigt hatte. Kurzgesagt: wir ergnzten uns vorzglich. Und deshalbbeschlossen wir, beide Bcher zu einem zu vereinigen.

    Dadurch kommt es an einigen Stellen zu berschnei-dungen. Ja, es mag sogar den einen oder anderenscheinbaren Widerspruch geben. Wie bei vielen ande

    ren Dingen auch gibt es bei der Pilzzucht nicht nureinen mglichen Weg - mehr als eine Methode kannzum Erfolg fhren. Ein Verfahren, das bei dem einenwunderbar funktioniert, kann fr jemanden anderes inseiner speziellen huslichen Situation problematischsein. Dadurch, da dieses Buch aus zwei Bchern besteht,werden Ihnen mehr erprobte Verfahren angeboten, undes wird Ihnen viel mehr an Erfahrungen vermittelt,als dies jeder der Autoren alleine htte tun knnen. Sowird hoffentlich jeder Leser die Methoden finden, dieseinen Verhltnissen und Neigungen am bestenentsprechen.

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    Inhaltsverzeichnis

    Teil 1 von Bert Marco Schuldes

    1. Erstes Vorwort 8...........................................................

    2. Wissenswertes ber Pilze 10.......................................

    Pilze: Pflanzen oder Tiere?....................................................

    10Der eigentliche Pilz ................................................................10

    Pilze: Nutzen und Schaden aus Sicht der Menschen .... 11

    3. Kleine Geschichte der Pilzzucht .........................14

    4. Der Lebenszyklus der Pilze .................................15Anmerkung zur Zucht psychoaktiver Pilze .......................... 16

    5. Was man zur Pilzzucht braucht ............................17

    Gerte.....................................................................................

    17Materialien .............................................................................21

    6. Mikroorganismen, Sterilisationund Desinfektion...................................................23Checkliste Steriles Arbeiten in der Impfkiste" .................... 24

    7. Ein berblick: Die Pilzzucht ...............................25

    8. Mycel-Anzucht auf Agar ........................................26Herstellung und Sterilisation von Agar-Nhrbden .... 26 Eine

    wichtige Vorbemerkung zur Arbeit mit Petrischalen . 29 DasBeimpfen der Nhrbden mit Pilzsporen ..............................29

    Sporenkeimung ................................................................... 30

    Aufbewahrung und Wachstum des Mycels ..........................31

    Verunreinigung der Petrischalen: Schimmel,

    Bakterien, Hefen ..................................................................31

    Beseitigung durch Schimmel- oder Bakterienbefall

    verunreinigter Petrischalen ............................................... 32

    Vergi es: Dikaryotes Mycel, Selektion eines

    reinen Stammes ...................................................................32

    Beimpfung von Agar-Nhrbden mit Mycel ...................... 33

    Mycelgewinnung aus Pilzen (Klonen) ................................ 36

    Mycelgewinnung aus unsterilen Kulturen

    oder Materialien ..................................................................38

    9. Herstellung und Sterilisationder Getreidemischung ........................................39Beimpfen der Getreidemischung ........................................42

    Lagerung und Pflege der Brut ........................................... 43Sporenspritzen: Herstellung von Getreidebrut

    ohne vorherige Agarkultur ................................................. 45

    10. Herstellung von Deckerde ...................................46

    11. Der Pilzanbau ......................................................48Pilzanbau auf Getreide in Glsern .......................................48

    Ein erster berblick ........................................................48

    Herstellung von Mycel auf Getreide....................................

    48Abdecken des Mycels und Durchwachsen

    der Abdeckerde .............................................................. 48

    Einleitung der Fruchtung ..................................................49

    Die Pilze wachsen heran ................................................... 53

    Die Ernte der Pilze ..........................................................56

    Ruhen des Substrats ..........................................................56

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    Pilzanbau auf Getreide in Schalen ........................................57

    Die Fruchtung wird eingeleitet .........................................61

    Die Pilze wachsen heran .................................................. 63

    Ernte der Pilze ...................................................................64

    Ruhen des Substrats ...........................................................64

    Pilzanbau auf Kompostsubstraten .....................................64

    Kompostanbau in Plastiktten .........................................64

    Kompostanbau in Schalen ................................................. 66

    Pilzanbau auf holzhaltigen Substraten ................................66

    1. Anbau auf sten und Stmmen ................................... 66

    Das richtige Holz .........................................................66

    Die Beimpfung.............................................................

    67Aufbewahrung und Durchwachsen

    der beimpften Stmme................................................. 67

    2. Anbau holzbewohnender Pilze auf Sgespnen ... 68

    Schdlinge: Trauermcken und Milben .............................69

    12. Konservierung und Lagerung von Pilzen .. 71Konservierung der Pilze

    13. Pilze und Justiz................................................

    72Psychoaktive Pilze................................................................ 72

    Heilpilze ...............................................................................72

    14. Pilze als Heilmittel ........................................... 73

    15. Charakteristik einzelner Pilzarten (1) . . . . 76,

    15.1 Coprinus comatus - Schopftintling, Spargelpilz . . . 76 15.

    2 Flammulina velutipes - Samtfurbling..........................76

    15.3 Ganoderma lucidum - Lackporling, Reishi, Ling-Zhi 77

    15.4 Lentinula (Lentinus) edodes - Shiitake ......................78

    15.5 Pholiota nameko - Nameko, Reisstrohschppling. . 80

    15.6 Pleurotus ostreatus - Austernpilz............................... 80

    15.7 Psilocybe cubensis .......................................................81

    15.8 Panaeolus cyanescens (Copelandia cyanescens)... 83

    Selbstbau einer Impfkiste .................................... 84

    Ein paar ntzliche Adressenrund um die Pilzzucht ......................................... 85

    Teil 11 von Sam Lanceata

    1. Zweites Vorwort................................................

    89

    2. Generelle Arbeitsweise bei dersterilen Pilzzucht ............................................. 91

    3. Anzucht von Myzelien und Pilzen ausSporen ohne Stammkulturen vom Agar . . . 94

    4. Die Myzelkultur auf Reis ................................. 96

    5. Generelle Kulturmethoden vonPilzarten, die Holzreste bewohnen .................. 99Kultur im Mulchsack............................................................. 99

    Vorkultur der Holzbewohner auf Heimtierstreu ................. 100

    1. Direkte Fruktifikation .....................................................102

    2. Startkultur fr Fruktifikation auf Mulch im Freien . .

    102

    3. Fruktifikation auf Pferdemistkompost ............................ 103

    4. Variante: Weiterkultivierung auf Stroh .............................104

    6. Generelle Zuchtmethode fr Dung und Kompostbewohnende Pilzarten ...................................107

    7. Charakteristik einzelner Pilzarten (II) . . . . 1097.1 Psilocybe cyanescens .................................................... 109

    7.2 Psilocybe azurescens .................................................... 110

    7.3 Psilocybe bohemica ........................................................ 111

    7.4 Psilocybe stuntzii ............................................................111

    7.5 Psilocybe baeocystis ....................................................... 112

    7.6 Psilocybe mexicana ........................................................ 112

    7.7 Psilocybe tampanensis .................................................. 113

    7.8 Psilocybe natalensis ......................................................113

    7.9 Psilocybe caerulescens ..................................................114

    7.10 Psilocybe aztecorum ................................................... 115

    7.11 Psilocybe weilii ............................................................ 115

    7.12 Psilocybe semilanceata................................................115

    7.13 Panaeolus subbalteatus .................................................116

    7.14 Gymnopilus purpuratus ...............................................117

    8. Kontaminationen studieren ...........................119

    Literatur...............................................................

    121Fehlerliste und Lsungen ..................................... 122Stichwortverzeichnis ............................................ 127

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    1. Erstes Vorwort

    Vor Jahren kaufte ich mir das Buch: Psilocybin -Magic Mushrooms Growers Guide". Voll Interesse ver-schlang ich diese Anleitung geradezu und entschlomich sofort, es doch auch einmal mit der Pilzzucht zuversuchen. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht,da mich dieses Thema in den nchsten Jahren nichtmehr loslassen wrde.

    Damals begannen meine Schwierigkeiten aberschon mit der Beschaffung des Materials. Sporen odergar Mycel auf Agar waren zu dieser Zeit so gut wie nicht

    erhltlich. Und als es mir nach langem Suchen endlichgelang, sogar lebendes Mycel des damals nochlegendren Pilzes Psilocybe astoriensis" aufzutrei-

    ben, whnte ich mich im siebten mykologischen Him-mel. Aber erst einmal mute ich bittere Medizinschlucken: In den nchsten zwei Jahren sah ich vorallem Schimmel und Bakterien in den buntesten Far-

    ben meine Kulturen zerstren. Doch langsam ent-wickelten sich meine Kenntnisse und Fhigkeiten wei-

    ter. Eine Vielzahl kleiner Tricks und Kniffe, die ich nachund nach herausfand, machten mir das Leben immerleichter und lieen mich bei der Pilzzucht immer erfol-greicher werden.

    Nachdem ich mit dem Anbau der Psilocybe-Artenhalbwegs zurechtkam, erwachte in mir das Interesse ander Zucht anderer Pilze. Champignons und Aus-ternpilze waren mir zu banal - warum soll man mh-sam etwas anbauen, was es billigst in jedem Super

    markt gibt? Da stie ich auf die Medizinalpilze. Medi-zin schmeckt oft bitter - das lernte ich schon als Kind.Hier dagegen sollten angeblich hochwirksame Medi-kamente sogar in Form von schmackhaften Speisepil-zen daherkommen. Und wieder war ich fasziniert undsetzte meine Experimente fort.

    Inzwischen wei ich, nicht zuletzt durch meinePilzzucht-Workshops, da nicht nur ich dieser Faszi-nation erlegen bin. Auch andere sind den gleichen Weggegangen: von der Zucht der psychoaktiven Pilze hin zu

    den eher exotischen Speise- und Medizinalpilzen. Dieeinfache Erklrung dafr: Es gab keine Literatur frdie als Liebhaberei betriebene Pilzzucht - mit einerAusnahme: der Heimanbau der psychoaktiven Pilze.Sicher existieren einige sogenannte Pilzanbaubcher.Schaut man sie einmal genau an, dann gleichen sie sichalle in einem wesentlichen Punkt. In ihnen stehtgeschrieben: Leute, die eigentliche Pilzzucht ist frEuch viel zu kompliziert. Geht also hin, kauft fertige

    Pilzbrut und beimpft damit Baumstmme und Kom-post, oder kauft Fertig-Sets und stellt sie Euch in denKeller." Mit Pilzzucht hat das natrlich so gut wienichts zu tun.

    Wer es jetzt zu genau nimmt, der knnte sagen:auch das vorliegende Buch beschftigt sich nicht mitder Zucht, d.h. mit der geschlechtlichen Vermehrungund der Auslese der Pilze mit dem Ziel, immer lei-stungsfhigere Rassen zu erhalten. Dem halte ich

    ent-

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    gegen: alle dafr notwendigen Techniken, speziell dieVermehrung aus Sporen, werden hier behandelt.Damit sind die wichtigsten Grundlagen gegeben,damit Interessierte immer wieder neue Rassen heran-zchten und weiterentwickeln knnen.

    Zugegeben: es ist nicht ganz einfach, sich seine

    eigenen Pilze zu zchten, wenn man nur Sporen, einwenig Mycel, oder einen Pilz als Ausgangsmaterial zurVerfgung hat. Aber ungleich interessanter als derKauf von Fertigpackungen ist die richtige Pilzzucht auf

    jeden Fall. Langfristig billiger ist sie auf diese Weisesowieso. Und nicht zuletzt: von den meisten

    prinzipiell zuchtbaren Pilzarten kann manberhaupt keine Fertigsets kaufen.

    Hat man endlich seine ersten selbst angebautenPilze vor Augen, die grundlegenden Techniken gemei-stert, dann kann das Abenteuer erst richtig losgehen:zahllose Pilzarten warten noch auf ihre Kultivierung.Einige der gefragtesten Pilzarten gelten (noch) alsunzchtbar: so z.B. der Steinpilz und der Pfifferling.Die Zucht von Morcheln beherrscht auf der ganzen Weltnur ein einziger Zchter. Wer diese Geheimnisse der

    Natur knackt, der hat finanziell ausgesorgt.

    Whrend bei High-Tech-Themen eine intensive Aus-bildung und meist sehr viel Geld erforderlich ist, hatauf diesem Gebiet noch jeder Tftler seine Chance.Aber bevor man sich an solche fortgeschrittenen Expe-rimente wagt, mu man natrlich die Grundlagen

    beherrschen. Und die vermittelt dieses Buch.Trotz mehrjhriger Beschftigung mit der hob-

    bymigen Pilzzucht (im Gegensatz zum Erwerbsanbaumit den dort notwendigen erheblichen Investitionen)

    habe ich noch lange nicht ausgelernt. Pilze als

    lebende Wesen bereiten mir auch heute immer wiederneue berraschungen. Daher bin ich sicher, da vielevon denen, die dieses Buch als Leitfaden verwenden,neue Techniken entdecken und andere Erfahrungenmachen werden. Ich wrde das vorliegende Buch gerneweiterentwickeln. Senden Sie mir bitte Ihre Erfahrun-

    gen, Ihre Anregungen, Ihre Kritik. (Hysterische Kom-mentare ber die Tatsache, da in diesem Buch auch

    psychoaktive Pilze behandelt werden, landen aller-dings kommentarlos im Papierkorb). BrauchbareBeitrge (die ber ein paar Stze hinausgehen) werdenmit einem Freiexemplar der nchsten Auflage belohnt.Wegen der zahlreichen Zuschriften, die mich inzwi-schen erreichen, kann ich leider nicht mehr auf alle

    Fragen persnlich antworten. Ich bitte dafr um Ver-stndnis. Wenn die Fragen von allgemeiner Bedeutungsind, werden sie in einer eventuellen Neuauflage sicher

    bercksichtigt. Meine Adresse:

    Bert Marco SchuldesHauptstrae 70 D-99759 Rehungen

    Ich bedanke mich bei all denen, die einen meiner Pilz-zucht-Workshops besucht haben. Es hat mir Spagemacht, und nicht zuletzt habe auch ich eine Mengevon Euch allen gelernt.

    Besonders bedanke ich mich bei meinem Co-AutorSam Lanceata und bei meinem Verleger Werner Pieperfr Vieles, nicht zuletzt auch fr Ihre Geduld.

    Rehungen im Januar 1999

    Bert Marco Schuldes.

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    2. Wissenswertes ber Pilze

    Pilze: Pflanzen oder Tiere

    Lange Zeit wurden Pilze als eine Art von Pflanzenangesehen. In alten biologischen Systematiken (dieLebensformen noch nach uerlichen Merkmalen ein-teilten) findet man sie noch in dieser Weiseeingeordnet. Einige wesentliche Fakten sprechen abergegen diese Einteilung: so zum Beispiel die Tatsache,da Pilze ber kein Blattgrn verfgen und daherauch keine Photosynthese betreiben. Die Zellwnde der

    Pilze bestehen nicht etwa aus Zellulose, wie das bei denPflanzen der Fall ist, sondern aus Chitin, dem Stoff, ausdem die Insekten ihren Panzer bilden. Nicht zuletztaber waren es genetische Untersuchungen, die dazufhrten, die Pilze als eigene Lebensform zu klassifizie-ren. Nicht nur das moderne Five Kingdom System" (Whittaker 1978) stellt die Pilze als selbstndigeLebensform neben die Pflanzen und Tiere. Diese Ein-teilung gilt inzwischen als wissenschaftlich anerkannt.

    Der eigentliche Pilz

    Von den ungefhr 100.000 Pilzarten, die auf dieserWelt existieren, leben in Mitteleuropa schtzungsweise 3.000 Gropilzarten. Was wir als Pilze kennen, nmlich diecharakteristischen Gebilde, die aus Hut und Stielbestehen, sind tatschlich nur der Vermehrung dien

    ende Auswchse des unterirdischen LebewesensPilz. Dieser besteht im wesentlichen aus dem Mycel,einem Geflecht von Pilzfden, die den jeweiligenNhrboden des Pilzes durchspinnen. Pilze knnenunglaublich gro und uralt werden: Ein einzelnesExemplar des auch bei uns nicht seltenenHallimaschs (Unterart Armillaria bulbosa) durchziehtin Nord-Michigan, USA, unterirdisch eine Waldflchevon ca. 120.000 m2. Sein geschtztes Alter liegt beimindestens 1.500 Jahren. Ein anderer Hallimasch im

    US-Bundesstaat Washington soll sogar mehr als 4Millionen m2 Waldflche durchspinnen! Demzufolgewrden Pilze zu den ltesten und grten lebendenOrganismen auf dieser Welt gehren.

    Nach der Art ihrer Nhrstoffaufnahme kann manPilze in drei Gruppen einteilen:

    1. Die Mykorrhiza-Pilze. Sie bilden ein Geflecht umBaumwurzeln herum, indem sie die feinsten Faden-

    wurzeln des Baumes ersetzen. Dabei kommt es zueinem Nhrstoffaustausch - sowohl der Pilz als auch derBaum profitieren von dieser Symbiose. Fliegenpilz undSteinpilz sind zwei bekannte Vertreter aus dieserGruppe. Mykorrhiza-Pilze lassen sich nach heutigemKenntnisstand nicht zchten. Die Zucht des Mycelsbereitet auf geeigneten Nhrbden wenig Probleme -aber diese Pilze bilden ohne ihren" Baum keineFruchtkrper aus.

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    Wer, so wie ich, schon seit ber dreiig Jahren Pilzesucht, hat sicher auch schon den rtlich zum Teilerschreckenden Rckgang mancher Pilzarten

    bemerkt. Viele Arten, die ich frher gerne gesammelthabe, lasse ich heute wegen ihrer Seltenheit stehen,gelegentlich verstecke ich sogar seltene Speisepilze.

    Denkt man nun daran, da die Mykorrhiza eine Sym-biose zum gegenseitigen Vorteil ist, hat das Baumster-ben hier vielleicht eine weitere, bisher noch viel zuwenig beachtete Mitursache. Womglich knnte eineWiederansiedlung entsprechender Pilze einiges bewir-ken. Immerhin haben Untersuchungen nachgewiesen,da Bume in Symbiose mit ihren Pilzpartnernschneller und krftiger wachsen als ohne.

    2. Saprophytisch wachsende Pilze. Hier finden sichdie meisten zchtbaren Pilzarten. Sie ernhren sichvon totem organischen Material, wie es sich z.B. inKompost oder auch in abgestorbenem Holz findet.Wachsen die Pilze mit Vorliebe auf Dung, dann sprichtman auch von koprophilen Pilzen.

    3. Parasiten. Sie wachsen auf lebenden Pflanzen, man-

    che auch auf Tieren, und zerstren nach und nachihren Wirt. Einige Pilze knnen sowohl saprophytischals auch parasitr vorkommen.

    Pilze: Nutzen und Schadenaus Sicht der Menschen

    Pilze sind mit Sicherheit die Lebewesen, die in ihrer

    Bedeutung fr den Menschen - zum Guten oder zumSchlechten - am meisten unterschtzt werden. Pilzeknnen gewaltige Schden an unseren Ernten anrich-ten. Hlzerne Dachsthle zerstrt der Hausschwamm,

    der sich so perfekt an unsere Lebensbedingungenangepat hat, da er nur noch in unseren Husern undnicht mehr in freier Natur angetroffen werden kann.Wegen der bedeutenden Zerstrungen, die er anrich-ten kann, ist er sogar meldepflichtig. Pilzerkrankungender Haut, der Atem- und Verdauungswege sind nicht

    selten nur schwer zu behandeln und knnen manch-mal tdlich enden. Berhmt wurde der Fluch desPharao": mancher, der die Totenruhe der gyptischenPharaonen strte, starb auf ungeklrte Weise. Heutevermutet man, da es sich dabei um eine Infektion mitSchimmelpilzen handelt, die eine Lungenentzndungauslsen. Berchtigt war auch das Antoniusfeuer desspten Mittelalters: mutterkornvergiftetes Mehl riefeine seuchenartig auftretende Erkrankung hervor, durchwelche die Durchblutung der Gliedmaen so stark

    behindert wurde, da diese, begleitet von brennendenSchmerzen, brandig wurden. Die echten Giftpilze",allen voran die berchtigten Knollenbltterpilze, sinddagegen von geringerer Bedeutung, insbesondere auchdeshalb, weil sich jeder durch ein wenig Kenntnis undVorsicht zuverlssig vor einer solchen Vergiftungschtzen kann.

    Der gleiche Pilz, der im Mittelalter das Antonius-feuer verursachte, das Mutterkorn im Brotgetreide,wurde zur Basis vieler wichtiger Medikamente, die zurBehandlung von Migrne, Geferkrankungen und inder Geburtshilfe eingesetzt werden. Nicht zuletzt

    basiert auch die halluzinogene Droge LSD auf Stoffen, dieaus diesem Pilz gewonnen werden. Andere psy-choaktive Substanzen, wie das Psilocybin, das Psilocinund das Baeocystin in den meisten Psilocybe- aber

    auch vielen anderen Pilzarten und die Ibotensure derFliegenpilze werden vermutlich schon seit Jahrtausen-den in rituell-kultischem Zusammenhang genutzt:Schamanen der erdverbundenen Vlker bedienten

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    sich ihrer, um Visionen zur Heilung und zum Wahrsa-

    gen zu erlangen. In einer deutschen Universitt - inGttingen unter Prof. Dr. Hanscarl Leuner - wurdePsilocybin ber Jahre hinweg erfolgreich in zahlreichen

    bis dahin therapieresistenten Fllen als Hilfsmittel derPsychotherapie eingesetzt, wobei es zu keinem einzigenernsthaften Zwischenfall kam.

    Ohne Pilze gbe es schlielich weder Brot nochKuchen, kein Bier, keinen Wein, kein Penizillin. AuchHefen und Schimmel sind schlielich Pilze. Die

    zahlreichen Edelschimmelsorten, die in KsereienVerwendung finden, zaubern eine weite Skala vonGeschmacksnuancen in alle mglichen Ksesorten. (Da man Milch erst schlecht und hart werden,schlielich gar absichtlich verschimmeln lt, erflltnicht nur meine Frau Gie, sondern auch fast alle ande-ren Asiaten mit Grausen. Die Geschmcker sind haltverschieden).

    Eine weitere, sehr wichtige Rolle spielen die Pilze im

    Kreislauf der Natur. Sie helfen dabei, schwer abbaubareorganische Substanzen zu zersetzen und damit als

    Nhrstoff wieder verfgbar zu machen. SpeziellHolzabflle aller Art knnen sie in Zusammenarbeit mitBakterien in hochwertigsten Humus umwandeln.Allerdings zeigen auch solche Systeme schon Schden:der vorher bereits erwhnte Hallimasch ist nicht nur einuerst ntzlicher Zersetzer von totem Holz, sonderner kann auch lebende Bume befallen. Als Holz-schdling wird er von Frstern gefrchtet, wie kaumein anderer Pilz. Sein zunehmend hufigeres massen-haftes Auftreten lt vermuten, da ihm die steigendeZahl vorgeschdigter Bume in unseren Wldernleichter zum Opfer fallen als vorher die vllig gesunden.

    Pilze als Nahrungsmittel: der bekannteste Nutzwert,der jedermann einfllt, wenn man von Pilzen

    spricht. Lange Zeit glaubte man, Pilze wren relativ

    arm an Nhrstoffen, enthalten sie doch 90 ProzentWasser. Nun, das tut Milch auch. Ebenso wie diese ent-halten Pilze im Schnitt etwa 3,5 Prozent Eiwei. Aller-dings bestehen die Zellwnde der Pilze aus Chitin - demgleichen Stoff, aus dem auch der Panzer der Insektengebaut ist - und nicht etwa aus Zellulose, wie bei denPflanzen. Chitin kann im Magen so gut wie nichtzerlegt werden. Dies verringert die Verfgbarkeit desenthaltenen Eiweies. Grndliches Kauen hilft

    zumindest zum Teil gegen diesen Effekt. Weitere Nhr-stoffe sind 3-6 % Kohlenhydrate, bis zu 3 % Fette, einvergleichsweise hoher Gehalt an den Vitaminen B 1, B2und D sowie ein hoher Mineralstoff- und ein sehrhoher Gehalt an Spurenelementen. Aber das wichtig-ste: Pilze schmecken! Und das nicht etwa uniform

    pilzig , sondern zahlreiche Pilze haben einen sehreigenen Geschmack, der sich deutlich von dem ande-rer Pilze unterscheidet. Eines der teuersten, wenn nicht

    das teuerste Lebensmittel der Welt stammt aus demReich der Pilze: die Trffel. Spitzensorten erzielenPreise von bis zu 5.000.- DM pro Kilo! Auch unsere ein-heimischen Morcheln werden getrocknet mit Preisenum die 800.- bis 1.600.- DM je Kilo gehandelt! Nichtnur der Geschmack von Pilzen ist uerst vielseitig,auch ihr Geruch ist es: sei es Kot, Knoblauch, Kokos-nu, Hering, Maggi, Anis, Stachelbeeren, Mehl odersogar Jodoform - all diese und noch weitere Gerchesondern verschiedene Pilzarten ab.

    Pilze knnen auch Heilmittel sein - nicht erst, seit-dem das Penizillin und seine antibiotische Wirkung voretwa 50 Jahren in einigen Schimmelpilzen entdecktwurde. Chinesen und Japaner haben die medizini-schen Wirkungen mancher Pilze schon vor mehr als2000 Jahren entdeckt und beschrieben. Ja, ein Pilz ran-giert in einem klassischen chinesischen Text in der

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    Wertschtzung an allererster Stelle - noch vor Ginseng!Aber auch im antiken Griechenland und im europi-schen Mittelalter waren medizinische Pilzwirkungenwohlbekannt, wie alte Bcher beweisen. Unsere mit-telalterlichen Vorfahren waren uns auf diesem Gebietweit voraus. Erst seit wenigen Jahren beginnt man

    langsam - angesichts des teilweise dramatischenArtenrckgangs mit Sicherheit viel zu langsam - die

    medizinischen Wirkungen mancher Heilpilze zu erfor-schen. Wenn man einmal ein Pilzbuch durchblttertund die zahlreichen Arten sieht, die einfach als unge-niebar klassifiziert werden, was nicht selten heit: nichts Genaues wei man nicht" - dann frage ichmich schon, ob sich hier die pharmazeutische Indu-

    strie nicht fahrlssig lange Jahre uerst interessantepotentielle Medikamente entgehen lie.

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    3. Kleine Geschichte der Pilzzucht

    Nicht wir Menschen haben die Pilzzucht erfunden,sondern lange vor uns die Ameisen und Termiten. Inbeiden Tiergruppen gibt es Arten, die unterirdischPilze zchten. Am bekanntesten sind vielleicht die tro-pischen Blattschneiderameisen, die innerhalb wenigerTage einen Baum vollstndig seiner Bltter beraubenknnen. Die abgeschnittenen Blattstcke tragen sie inihren unterirdischen Bau. Auf diesen Blttern zchtensie einen Pilz, und nur von diesem ernhren sie sich.Tatschlich zchten einige Termitenarten sogar Pilze,

    deren Fruchtkrper auch von Menschen gegessen wer-den.

    In Asien ist die Pilzzucht mehr als 2000 Jahre alt;besonders in China und Japan wurde damals schon

    der Shiitake-Pilz gezchtet. In Europa begann die Spei-sepilzkultivierung um 1700 herum in Frankreich mitden bekannten Champignons. Die Zucht von Riesen-truschlingen wurde in der ehemaligen DDR ent-wickelt. Seit etwa 30 Jahren werden darber hinaushierzulande auch vereinzelt Austern- und Shiitake-Pilze angebaut. Der klassische Anbau von Shiitake-Pil-zen geschah auf Holzstmmen oder dicken sten. Die-ser war nicht bermig wirtschaftlich. Seit einigenJahren werden vermehrt Substrat-Blcke aus Sgesp-

    nen mit Nhrstoffzusatz verwendet, der Anbau aufdiese Weise scheint rentabler zu sein. Mittelfristig istwohl damit zu rechnen, da solche fertigen Blckezunehmend hufiger angeboten werden, wohl auchsolche anderer, bisher wenig bekannter Pilzarten.

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    4. Der Lebenszyklus der Pilze

    Lassen Sie mich mit dem lebenden Pilz beginnen. Diebekannteren Pilze bestehen aus dem Stiel und einemPilzhut. Auf der Unterseite des Hutes kann man, jenach Pilzart, eine von zwei verschiedenen mglichenStrukturen finden: entweder ein schwammartigesGebilde, welches aus einer groen Zahl kleiner, senk-

    recht nebeneinander verlaufender Rhren besteht (Steinpilz, Birkenpilz, u.a.). Oder die Lamellen, blttrigeGebilde, die radial vom Stiel zur Auenseite des Hutesverlaufen (Champignon, Fliegenpilz, Parasolpilz,Stropharia cubensis u.a.). Darber hinaus existierennoch andere Strukturen, die aber bei weit wenigerArten auftreten und hier nicht weiter von Bedeutungsind.

    Diese Strukturen - entweder die Rhren oder dieLamellen - sind die Trger der Sporen. Bei den Sporenhandelt es sich um so etwas hnliches wieGeschlechtszellen. Sie weisen einen Durchmesser vonetwa 5-20 Mikrometer (my) auf und besitzen eine fr jede Pilzart charakteristische Form und Farbe. Sinddie Pilze erst einmal reif, dann rieseln Stunden bis Tagelang aus den Lamellen oder Rhren die Sporen herab (bei manchen Arten viele Millionen bis Milliarden pro

    Stunde) und werden mit dem Wind verteilt.Fallen sie auf einen geeigneten Nhrboden undstimmt dessen Feuchtigkeitsgehalt und die Temperaturmit den Bedrfnissen der Pilzart berein, dannkeimen diese Pilzsporen und bilden durch Zellteilung

    ein primres Fadengeflecht (Mycel) aus. Diesesprimre Mycel enthlt einen Zellkern je Zelle, manspricht daher vom monokaryoten Mycel. MonokaryotesMycel vieler Pilzarten ist nicht fruchtungsfhig. Treffensich zwei Primrmycelien der gleichen Pilzart, dannkommt es zur Verschmelzung der Zellen: diese haben

    nun zwei Zellkerne, die aber noch nicht miteinanderverschmelzen. Dikaryotes (zweikerniges) Mycel ist aufdiese Weise entstanden.

    Dieses Mycel wchst in der Folge heran, bis es einegewisse Mindestmasse ausgebildet hat oder bis derNhrboden, auf dem es wchst, vollstndig besiedeltist. Sobald die Umweltbedingungen gnstig sind, dasheit vor allem die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit, dieLichtverhltnisse und der C02-Gehalt der Luft denBedrfnissen der jeweiligen Pilzart entsprechen, dannbildet das Mycel wieder Pilze (= Fruchtkrper) aus.

    Diese beginnen als stecknadelkopfkleine Zusam-menballungen von Mycel sichtbar zu werden -kleine weie Punkte von ca. 0,5-1 mm Durchmesser.Diese Mycelknoten wachsen sich innerhalb einiger Tagezu Primordien (= Jungpilzen) aus, Gebilden von etwa2 mm Lnge, bei denen der sptere Stiel und Hut schon

    klar erkennbar sind. Innerhalb von meist einigenTagen wachsen sich diese Primordien zu ausgewach-senen Pilzen aus.

    In diesen Fruchtkrpern findet nun die Verschmel-zung der Zellkerne und die anschlieende Redukti

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    onsteilung statt; aus diesen Zellen entstehen die neuen

    Sporen. Damit ist der Kreislauf geschlossen.Nur der Vollstndigkeit halber sei angemerkt, daneben dieser geschlechtlichen Form der Fortpflanzungauch drei ungeschlechtliche Formen existieren. Beieiner dieser Formen der Fortpflanzung zerfllt Pilzge-flecht in einzelne Zellen, aus denen sich wieder neuesPilzgeflecht bilden kann.

    Anmerkung zur Zuchtpsychoaktiver Pilze

    Die echte Pilzzucht - also die Vermehrung von Pilzenausgehend von den Sporen und die eigene Herstellunggeeigneter Substrate - als Freizeitbeschftigung -kann durchaus als ein Nebenprodukt des Interesses anpsychoaktiven Pilzen bezeichnet werden. Schlielichbeschftigten sich die ersten Anbau-Anleitungen in

    Deutschland, welche die Pilzzucht von den Sporen biszur Ernte beschrieben, ausschlielich mit dem Anbaudieser Pilze. Und nicht wenige, deren Interesse anfangsnur auf solche Pilze gerichtet war, interessierten sichspter zunehmend fr die Zucht von Medizinal- undseltenen Speisepilzen.

    Es gibt auch weiterhin gute Grnde, sich mit derZucht mancher psychoaktiver Pilze zu beschftigen,

    speziell mit der des Stropharia cubensis. Einmal istdieser Pilz wie kaum ein anderer von seinen klimati-schen Bedrfnissen her geeignet, in einer normalenWohnung gezchtet zu werden. Der Cubensis ist feh-lertolerant wie kein anderer Pilz. Aus diesem Grund ister der Anfngerpilz schlechthin. Auch ich verwende ihnimmer noch gerne: als einfach zu handhabenden

    Pilz in Modellsituationen, z.B. wenn ich den Einflu

    verschiedener Faktoren (wie etwa Nhrstoffzusam-mensetzung) auf den Ertrag testen mchte. Fr dieseArt von Untersuchungen stellt er sozusagen meine Labormaus" dar. Anfngern empfehle ich ihn, weil sie

    bereits genug damit beschftigt sein werden, sich alldie notwendigen Fertigkeiten anzueignen. Da brauchtes nicht noch zustzlich Pilze, deren Anforderungen anKlimakontrolle oder hnliches so hoch ist, da demAnfnger ein Erfolgserlebnis meist versagt bleiben

    wird. Wenn ein Pilz dem Einsteiger das erste Erfolgs-erlebnis zuverlssig verschaffen kann, dann ist es derStropharia cubensis. Deshalb wird hier auch die Pilz-zucht am Beispiel dieses Pilzes gezeigt.

    Die Zucht solcher Pilze ist weiterhin legal - auch nochnach der 10. Verordnung zur nderung betu-

    bungsmittelrechtlicher Vorschriften. (Stand dieserInformation: Januar 1999). Illegal wird solches Tun erstdann, wenn es dazu dient, Pilze zu erzeugen, die als

    Betubungsmittel mibruchlich verwendet werdensollen." Die Zucht aus biologischem Interesse oderanderen Grnden bleibt also legal, wenn das Endpro-dukt nicht konsumiert wird, oder Umstnde dafrsprechen, da es einmal konsumiert werden soll, alsRohmaterial fr die Extraktion von Psilocybindienen soll, oder hnliches.

    Bleibt noch die Frage zu klren: was fngt man mitden so gezchteten Pilzen an? Getrocknet und pulver-isiert scheinen sie, ersten Versuchen nach zu schlieen,einen guten biologischen Dnger fr Zimmerpflanzenabzugeben. An Mitteilungen ber weitere sinnvolleund legale Verwendungszwecke selbstgezogenerFruchtkrper psychoaktiver Pilze bin ich immer inter-essiert.

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    5. Was man zur Pilzzucht braucht

    Gerte

    Die als Hobby betriebene Pilzzucht ist, verglichen mitvielen anderen Freizeitbeschftigungen, gar nicht ein-mal besonders teuer und kann in praktisch jeder Woh-nung begonnen werden. Eine mittlere Skiausrstungkostet z.B. sehr viel mehr Geld. Der Erwerbsanbau vonPilzen dagegen macht erhebliche Investitionen not-wendig und lt sich nur in eigens dafr konzipiertenRumen durchfhren. Wer die Pilzzucht als Hauptberufbetreiben will, der sei auf Paul Stametis hervorragendeBcher Growing Gourmet and Medicinal Mushrooms"und The Mushroom Cultivator" verwiesen. Leider gibtes diese Bcher bisher nur in englischer Sprache. Fr

    den Hobby- und Kleinzchter allerdings haben die indiesen Bchern gegebenen Hinweise nur zum TeilGltigkeit.

    Der Hobbyzchter braucht die folgenden Gerte:

    Einen Autoklaven oder Dampfdruckkochtop Einsolches Gert wird bentigt, weil die Temperaturvon kochendem Wasser bzw. heiem Dampf ohneDruck zur zuverlssigen Sterilisation nicht

    ausreicht. Erhitzt man Wasser jedoch untergengend starkem Druck, dann wird die ntigeTemperatur von ca. 121 Grad Celsius erreicht.

    Der Autoklav ist der teuerste, gleichzeitig leider auchein unverzichtbarer Teil der Ausrstung. Auto

    klaven sind in der Regel medizinisch oder industriellverwendete Gerte, in denen Material mit unter Druckstehendem Dampf sterilisiert (= keimfrei gemacht)werden. Ein groer Autoklav wre die idealeLsung, leider sind solche Gerte aber auch sehr teuer.Bei einer Praxisauflsung oder im Rahmen der

    Modernisierung eines kleinen Krankenhauses werdengebrauchte Gerte selten einmal gnstig abgegeben.

    Die zweitbeste, dafr finanziell erschwinglicheLsung sind Dampfdruckkochtpfe. Diese gibt es auchunter der Bezeichnung Schnellkochtopf' in Haus-haltswarengeschften. Vorsicht: Manchmal werden unterder Bezeichnung Schnellkochtopf auch Tpfeangeboten, die nach irgendwelchen obskuren Verfah-ren arbeiten, aber nicht mit Dampf unter Druck. Sol-che Tpfe sind fr die Sterilisation nicht geeignet. Leidersind Schnellkochtpfe nicht ganz billig; unter 160.DMwird man nur selten einen in einer vernnftigen Grefinden. Tip: in auslndischen (meist trkischen oderasiatischen) Geschften, die auch Haushaltswarenfhren, gibt es solche Tpfe manchmal gnstiger.

    Schnellkochtpfe sind auch beliebte Hochzeitsge-schenke. Daher kann es sich durchaus lohnen, erst ein-

    mal im Familien- und Bekanntenkreis herumzufragen. Nicht selten landen solche Geschenke unbenutzt aufdem Dachboden. Mu man jedoch einen Dampf-druckkochtopf kaufen, dann sollte man auf einigeDinge achten. Faustregel: je grer, desto besser. Sinn

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    voll ist es, sowohl von den Petrischalen als auch vonden Einmachglsern, die spter in diesem Topf sterili-siert werden sollen, drei Stck zum Einkauf mitzu-nehmen und auszuprobieren, wie viele nebeneinanderhineinpassen. Der Preisunterschied von einer Topf-gre zur nchsten ist meist nur gering; und so kn-nen 10.- DM mehr oder weniger oft darber entschei-den, ob man nur acht oder doch schon 12 Petrischa-len, nur eineoder vielleicht drei Einmachglser aufeinmal sterilisieren kann. Und ob die Einmachglser

    von der Hhe des Topfes her berhaupt hineinpassen!Wer plant, sich intensiver mit der Pilzzucht zu beschf-tigen, der sollte sich von vornherein den Kauf eines

    wirklich groen Topfes berlegen. Derzeit (Stand Juli1998) kostet ein 18Liter-Topf in Geschften fr Gastro-nomiebedarf ca. 430.- DM (siehe Photo). Darin kannman dann aber auch 8 Einmachglser mit 0,75 1 Inhaltoder ca. 70 Petrischalen gleichzeitig sterilisieren.

    Rechts ein 6-Liter-Topf der

    Fa. Fissler, auf der linken

    Seite ein 18-Liter-Topf von

    Sitram. Im Vordergrundzum Grenvergleich ein

    0,75-1 Einmachglas.

    Unwichtig ist dagegen der Typ bzw die Hersteller-firma des Gertes. Solange es sich um europischeFabrikate handelt, kann man davon ausgehen, da siedie notwendige Temperatur von etwa 121 Grad Celsiusbei hchstem vorgesehenen Dampfdruck erreichen undgleichzeitig betriebssicher sind.

    Abstand nehmen sollte man davor, Schnellkoch-tpfe zu kaufen, die auf dem Flohmarkt angeboten

    werden. Die Hersteller neuer Schnellkochtpfe garan-tieren in der Regel, da man die notwendigen Dich-

    tungen zehn Jahre lang nachkaufen kann. Bei den Tp-fen auf dem Flohmarkt handelt es sich oft um solche,deren Dichtungen defekt oder nicht mehr vorhandensind und fr die diese Verschleiteile nicht mehr ange-boten werden.

    Findige Bastler haben es sogar schon fertigge-bracht, sich aus gebrauchten, druckfesten Metallroh-ren mit Flansch oder hnlichem Material vom Schrott-

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    platz einen Autoklaven selbst zu bauen - sogar bis zu 80Litern Gre. Da gehrt dann aber mindestens einSicherheitsventil und natrlich auch ein Manometerdran. Ein explodierender Selbstbau-Autoklav ist nichtspaig - an solch ein Unterfangen sollte sich daher nurjemand wagen, der genau wei, was er tut. Auf deranderen Seite wird der verwendete Druck oft auchberschtzt - tatschlich entspricht die Gren-ordnung des Drucks in einem Autoklaven oderSchnellkochtopf etwa dem, der in einem Autoreifenherrscht.

    Gelochter Einsatz fr den Schnellkochtopf. Eingelochter, flacher Einsatz aus Metall, der genau in den

    Schnellkochtopf pat. Auf diesem kann man, legt manihn verkehrt herum in den Topf, die Petrischalen ber

    Wasserniveau stapeln. Nicht allzu teuer, daher Selbst-baulsungen vorzuziehen.

    Flamme zum Sterilisieren der Prpariernadel. Ambesten eignet sich hierfr ein Spiritusbrenner, wie manihn fr etwa 12.- bis 15.- DM in Geschften fr Labor-oder Biologiebedarf bekommt. (Geschfte fr Labor-bedarf sind nicht immer ber Privatkunden glcklich, die

    nur ein paar Artikelfr wenige Mark kaufen wollen. Ein

    Blick in die gelben Seiten und ein paar Testanrufe helfen,

    den richtigen Hndler zu finden. Noch besser sind

    Geschfte fr Biologiebedarf Diese sind es gewohntkleine

    Einkufe, z.B. fr Biologiestudenten, abzuwickeln).

    Ebenfalls geeignet sind kleine Gasbrenner jeder Art.Wichtig ist, da die Flamme rufrei brennt; Petroleumund Kerzen knnen aus diesem Grund nicht verwendet

    werden.

    Wichtig: in manchen lteren Pilzzuchtanleitun-gen sind Impfkisten abgebildet , in denen Spiritus-brenner stehen. Dies ist falsch! Der Brenner hat in

    der Impfkiste nichts verloren! Schlielich mu die

    Ein einfacher Spiritus-brenner und einePrpariernadel mitlanzettfrmiger Spitze.

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    Impfkiste vor ihrer Verwendung mit alkoholhalti-

    gen (= als Gas explosiven) Desinfektionsmitteln

    ausgesprht werden. Beim Anznden des Brenners

    sind den Leuten schon mehrfach die Kisten um die

    Ohren geflogen. Auf meinen Pilzzuchtseminaren

    wurde mir dies immer wieder besttigt! Gut, wenn es

    nur eine Plastikkiste und keine aus Glas war.

    Scherben im Gesicht knnen unschn wirken!

    Auerdem verbrennt Spiritus wie auch Gas zu CO2

    und Wasser; der Wasserdampf beschlgt die Schei-

    ben der Kiste von innen und behindert die Sicht.

    Prpariernadel. Erhltlich wahlweise mit einer Spitzeoder mit einer lanzettfrmigen Schneide. Die Lanzett-form ist die fr unsere Zwecke geeignete. Prparier-nadeln gibt es im Biologie- oder Laborfachhandel mitMetall- oder mit Holzgriff. In den alten Pilzzucht-bchern werden anstatt dessen zwei Instrumenteempfohlen: eine Inokulationsse aus Platindraht zum

    bertragen der Sporen und ein Skalpell zum Schnei-den und bertragen von Mycel auf Agar. Die Prpa-riernadel ist billiger als diese beiden Instrumentezusammen (mit Holzgriff ca. 4.- DM, mit Metallgriffca.12.- DM) und eignet sich fr beide vorgenanntenArbeiten. Sie hat gegenber dem Skalpell zustzlichnoch den Vorteil eines dnneren Stiels: der Deckel derPetrischale braucht nicht so weit geffnet zu werden,wie dies bei Verwendung eines Skalpells notwendigwre. Dadurch sinkt das Risiko einer Verkeimung dra-stisch ab.

    Petrischalen mit Deckel. Geeignet sind solche mit 8oder 10 cm Durchmesser. Ich ziehe 10 cm Durchmesservor, da ich mit einer Kultur dieses Durchmessers einegrere Anzahl von Roggenkulturen beimpfen kann.Vorsterilisierte Petrischalen mit Malzextrakt

    Nhrboden gibt es in Laborbedarfshandlungen undApotheken fr ca. 1,40 bis 2,50 DM je Stck, wobeimeist mindestens zwei Dutzend gekauft werden ms-sen. Hier fllt zwar das Sterilisieren weg; da diese Petri-schalen jedoch aus Plastik sind, kann man sie nur ein-mal verwenden. Beim Versuch, sie erneut zu sterilisie-ren, wrden sie schmelzen. Ich ziehe daher die Petri-schalen aus Glas vor. Dadurch, da man sie immerwieder verwenden kann, sind sie viel wirtschaftlicherund umweltfreundlicher.

    Styroporkiste. Endlich gibt es mal etwas umsonst!Geschfte fr asiatische Lebensmittel bekommenmeist einmal wchentlich ihr Obst und Gemse perFlugzeug frisch aus den Tropen angeliefert. Damit eskhl bleibt, wird es in groen Styroporkisten mitDeckel transportiert. Der Hndler kann die Kistenaber nicht zurckgeben, mu sie also normalerweisewegwerfen. Daher sind die meisten Hndler froh,

    wenn man Ihnen ein paar dieser Kisten aus demLaden trgt. Da man Ihnen dafr ein paar leckereSachen abkauft, sollte sich von selbst verstehen.

    Einmachglser mit Deckel. Am wichtigsten: sie ms-sen in der Gre zum Dampfdruckkochtopf passen.Auerdem sollten die Wandungen der Glser parallelverlaufen oder besser: sich nach unten verjngen. Nurso ist es mglich, nachher einen durchwachsenenBlock Roggen einfach herausgleiten zu lassen. Auchziehe ich Glser mit aufliegendem Glasdeckel solchenmit Schraubdeckel vor. Sie lassen sich schneller ffnenund schlieen und man braucht nur eine Hand dazu.Die schon von unseren Gromttern benutzten Weck-Rundrandglser in der sogenannten Sturzform (Fa.Weck, Weckstrae, 79664 Wehr-flingen) sind im all-gemeinen die robustesten und preiswertesten. Solche

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    Glser findet man in Haushaltswarengeschften, kannsie aber auch beim Hersteller bestellen. Wichtig ist dieAngabe: Sturzform" - sonst bekommt man nicht dieoben erwhnten konisch zulaufenden. Ein solches Glasist auf der Abbildung der Dampfdruckkochtpfe mit

    dargestellt.

    Waage. Mglichst auf 1 Gramm genau, Mebereich bis250 Gramm. Gute Waagen mit groem Wgebereich undertrglicher Genauigkeit sind leider recht teuer. Wernicht bereits ber eine solche Waage verfgt, auch nichtaus anderen Grnden sowieso eine anschaffen will, derkann sich damit behelfen, da er die bentigtenWasser- und Getreidemengen bei einem Bekannten

    abwiegt. Die abgewogenen Mengen gibt man in eineneinfachen Mebecher und markiert den Pegel mit einemwasserfesten Filzstift.

    Mezylinder aus Glas oder Kunststoff. Sollte 250 mlfassen und eine Skaleneinteilung von 5 ml haben. Gibtes z.B. in Spinnrad-Drogerien oder Photogeschften. Daman unter laufendem Wasserstrahl die Teilstriche derSkala oft schlecht sieht, habe ich mir die wichtig-

    sten Stellen auf der Skala mit verschiedenfarbigendicken, gut sichtbaren Filzstiftstrichen markiert.

    Thermometer. Sollte einen Temperaturbereich von ca.7 bis 35 Grad C. umspannen.

    Hygrometer zur Messung der Luftfeuchtigkeit. Nichtunbedingt ntig, aber ntzlich. Hilft besonders dann,wenn einmal etwas nicht funktioniert, um Fehlerquel-len auszuschlieen.

    Impfkiste. Selbstgebaut - siehe Abschnitt Selbstbaueiner Impfkiste".

    Materialien

    Agar-Agar. Dabei handelt es sich um ein natrlichesQuellmittel hnlich der bekannten Gelatine, das aussdostasiatischen Algen gewonnen wird. SpeziellerAgar fr Laborzwecke ist unverschmt teuer,

    glcklicherweise aber auch entbehrlich. Agar aus demBioladen, Reformhaus oder aus einem Asien-Laden tutes auch. Wichtig: in Asien-Lden verkaufter Agar istmanchmal schon mit Zucker vermischt (er wird inAsien hufig zur Bereitung von Sspeisen verwendet)und ist so nicht fr unsere Zwecke brauchbar. Agar gibt esin Form von Fden und als hellbraunes Pulver. Ichempfehle auf jeden Fall das Pulver zu nehmen, dadie Fden ziemlich unpraktisch in der Handhabung

    sind.

    Roggen fr Speisezwecke. Vor allem kein Saatgetreidekaufen. Das ist gebeizt (= vergiftet!), unter anderem,damit es nicht von Pilzen befallen wird - also nichtverschimmelt. Ansonsten tut es jeder Roggen. Ichverwende Spriekornroggen" aus dem Neuform-Reformhaus. Eine andere Sorte, die ich vorher auseinem anderen Bioladen bezogen hatte, war wohl starkverkeimt. Trotz Sterilisation hatte ich am Ende fast nurvon Schimmel befallene Glser. Nach Wechsel der Rog-gensorte wurde das schlagartig besser. Achtung: wer alsAnfnger immer wieder verschimmelten Roggen erlebt,dem fehlt es in der Regel blo an bung und anErfahrung. Die Roggensorte ist nur in den seltenstenFllen schuld. Also nicht gleich aufgeben - zuerstdie eigene Arbeitsweise kritisch hinterfragen, dann

    erst versuchen, die Roggensorte zu wechseln.

    Malzextrakt. Gibt es als Pulver oder Sirup in Reform-husern. Auch hier gilt: der Malzextrakt aus demLaborbedarfshandel ist um ein vielfaches teurer.Falls

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    mglich, sollte heller Malzextrakt verwendet werden.Dunkler Malzextrakt ist karamelisiert und kann zur

    Degeneration des Mycels fhren.

    Sittichfutter. Wenn jemand nur die klassische Hobby-kultur in Glsern oder Schalen durchfhren mchte,dann ist das Sittichfutter entbehrlich. Bei der vielertragreicheren Kultur auf Kompostsubstrat jedochbringt es entscheidende Vorteile: Jede Getreidesorteweist eine bestimmte Anzahl einzelner Krner pro

    Gramm auf. Diese ist bei den kleinen Krnern, diehandelsbliches Sittichfutter ausmachen, etwa 10 malhher als bei Roggen. Vermischt man mit Mycel besie-delte Sittichfutter-Kerne mit Kompost, so wird dasMycelwachstums von viel mehr kleinen Punkten ausbeginnen, als dies bei Roggen der Fall wre. DieBesiedlung verluft so schneller und sicherer. Siehaben das richtige Sittichfutter, wenn die Packung nurlauter kleine, etwa gleichgroe Kerne in der Gre von

    Hirsekrnern aufweist. Sonnenblumensaat oder hn-lich groe Krner sollten nicht enthalten sein. SchauenSie sich ein bichen um: die Preisunterschiede sindenorm. Nehmen Sie die billigste Sorte. Fr 2,5 kg zahleich knapp unter 5.- DM.

    Gips (Calcium-Sulfat). Einfachster Gips ohne alleZustze.

    Desinfektionsmittel. Auf keinen Fall ein Haushalts-Desinfektionsmittel, wie etwa Sagrotan. Solche Pr-

    parate enthalten Seife, die nachher einen unangeneh-men Schmierfilm bildet. Bentigt wird ein medizini-sches, restlos verdunstendes Desinfektionsmittel wieetwa Sagrotan med. Dieses Prparat wird in derApotheke verkauft, ist aber leider recht teuer (knapp 16.- DM fr 250 ml). Da es jedoch ber den bestenPumpzerstuber verfgt, den ich kenne, empfehle ich,anfangs zumindest zwei oder drei Flaschen davon zu

    kaufen. Spter kann man z.B. das etwas billigereMeliseptol kaufen (ca. 30.- DM/Liter) und den Zer-stuber damit nachfllen. Nicht ganz so wirksamsind 80%iger Spiritus oder 70%iger Isopropylalkohol,den es vergleichsweise billig in der Apotheke gibt. Diegeringere Wirksamkeit kann man kompensieren,indem man abwechselnd eines der zuverlssigenmedizinischen Mittel und Isopropylalkohol oderSpiritus benutzt. Unangenehm ist das Vergl-

    lungsmittel beim Spiritus: dieses bleibt nach dem Ver-dunsten des Spiritus auf der Haut zurck. Wischt mansich dann einmal den Mund ab, so bleibt ziemlichlange ein eklig bitterer Geschmack zurck. Wer meint,mit 96%igem Spiritus oder 95%igem Isopropylalkoholmehr zu erreichen, der irrt: die oben aufgefhrtenKonzentrationen weisen die beste Desinfektionslei-stung auf.

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    6. Mikroorganismen, Sterilisationund Desinfektion

    Sicher haben Sie schon einmal an einem schnenSommertag von der Seite her in einen Sonnenstrahlgeschaut. Und sich ber die pltzlich sichtbar gewor-denen, in der Sonne tanzenden, unzhlbaren Staub-teilchen gewundert. Jedes dieser Staubteilchen ist mitSporen von Bakterien und Schimmelpilzen besetzt.

    Und alle diese Sporen haben nur eines im Sinn: sichauf Ihren Nhrbden und Kulturen niederzulassen, zukeimen und so Ihre Kulturen zu zerstren. Glauben Sienicht? Sie werden es erleben!

    Neben den sichtbaren Partikeln schweben in derLuft noch viel mehr Teilchen, die so klein sind, da mansie gar nicht wahrnehmen kann. Und schlielich stt

    jeder Mensch in jeder Minute etwa 15.000 Partikelgebrauchte Haut ab - alle besetzt mit Bakterienund

    Schimmelsporen.Irgendwie mu man all diese Schaderreger wieder

    loswerden. Das gleiche Problem hatten die Medizinerauch bei ihren Operationen. Deshalb haben sie schonlange vor den Pilzzchtern zwei Verfahren entwickelt,um solcher Keime Herr zu werden: die Sterilisationund die Desinfektion.

    Zuerst einmal die Sterilisation: Zumindest theore-tisch werden dadurch alle Mikroorganismen und ihreDauerformen, wie z.B. Sporen, abgettet. Das kanndurch eines der folgenden Verfahren geschehen (alleTemperaturangaben in Grad Celsius):

    bei Metall durch Ausglhen.durch Hitzesterilisation bei Metall und Glas: 180 Grad30Minuten lang.durch Dampfdrucksterilisation

    bei einem at und 121 Grad C: 20 Minuten. beizwei at und 134Grad C: 5 Minuten.

    andere Verfahren wie das Beschieen der Substratemit radioaktiven Teilchen oder die Sterilisation mitgiftigen Gasen werden ebenfalls verwendet, kom-men aber fr den Privatmenschen kaum in Be-tracht.

    120 Grad ist die bliche Temperatur in Schnellkoch-tpfen, 134 Grad erreicht man nur in speziellenAutoklaven. Wichtig: Die angegebenen Zeiten gelten

    von dem Zeitpunkt an, an dem die zusterilisierenden Objekte die entsprechende

    Temperatur angenommen haben!

    Ein weiteres Standardverfahren ist die Desinfektion:alles, was wir beim sterilen Arbeiten brauchen, aberwegen seiner Beschaffenheit nicht sterilisieren knnen,wird desinfiziert. Die eigenen Hnde zum Beispielwrden die oben aufgefhrten Behandlungen schwer

    verbeln. Deshalb greift man zu etwas wenigerrabiaten Mitteln, die aber leider auch wenigerperfekte Ergebnisse zur Folge haben. Desinfektionbedeutet: einen Gegenstand in einen Zustandversetzen, so da

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    er nicht mehr infizieren kann", d.h. Abttung, Hem-mung oder Entfernung aller Erreger. Im Gegensatz zur

    Sterilisation knnen so nicht alle Erreger und derenDauerformen gettet werden. Nach dem Waschen derzu desinfizierenden Gegenstnde mit Wasser, Brste undSeife werden diese mit einem medizinischen Des-infektionsmittel (s.u. Material) oder 70%igem Isopro-pylalkohol oder 80 %igem thylalkohol (Spiritus)behandelt.

    Nach soviel Theorie nun zur Praxis. Die folgendeCheckliste ist eine Schritt-fr-Schritt-Anleitung fralle Punkte, die beim sterilen Arbeiten mit der Impf-kiste zu beachten sind.

    Checkliste SterilesArbeiten in der Impfkiste"

    Vorbereitung: Zuerst werden alle Gegenstnde in die

    Impfkiste gebracht, die spter dort bentigt werden.Ausnahmen: offene Flammen (z.B Spiritusbrenner)haben in der Impfkiste wegen der Explosionsgefahrnichts verloren. Sporenabdrcke, die sich nicht in einerPetrischale oder einem anderen Glasgef befinden,sondern nur in Papier oder in dnner Plastikfolie,ebenfalls nicht. Bei der folgenden Desinfektion knntensie ihre Keimfhigkeit verlieren. Stellen Sie auch sonstalle Gegenstnde, die sie bentigen werden, in

    Reichweite.

    Raumdesinfektion: Wenn sich bei vorhergegangenenVersuchen herausgestellt hat, da Ihre Raumluft starkverkeimt ist, dann knnen Sie schwebende Keime ent-fernen, indem Sie vor der Arbeit im Raum einen fei

    nen Sprhnebel aus Wasser versprhen. Achten Sie jedoch auf Ihre Elektrogerte, oder besser: fhren

    Sie das Ganze im Bad durch - dieser Raum lt sichmeist am besten subern und nimmt Feuchtigkeit nichtweiter bel. Verzichten Sie auf das Versprhengiftiger Desinfektionsmittel im Raum; sie bringen imVergleich zum Wasser nur geringen Zusatznutzen.

    Desinfektion der Kiste: Die Impfkiste wird 30 Minu-ten vor Beginn der Arbeit zum ersten Mal desinfiziert,indem ein Desinfektionsmittel (siehe Materialien)innerhalb der Kiste versprht wird. Dabei kommt esdarauf an, da der feine Sprhnebel beim Herunter-rieseln mglichst alle Schwebeteilchen in der Luft ein-fngt, mit zu Boden nimmt und dort deaktiviert. Alsonicht die inneren Oberflchen der Kiste einsprhen,sondern von unten schrg nach oben sprhen.

    Etwa 10 Minuten vor Beginn der eigentlichen Arbeitdiese Sprhdesinfektion wiederholen.

    Desinfektion der Hnde: Hndewaschen mit soheiem Wasser wie mglich. Grndlich mit Seife undBrste, besonders auch den Bereich unterhalb der Fin-gerngel und den Nagelfalz reinigen. Unterarme nichtvergessen. Abtrocknen nur mit einem frischen Hand-tuch. Nach dem Hndewaschen wird mit den Hndennichts mehr berhrt, was nicht unbedingt berhrtwerden mu. Vor allem nicht der eigene Krper, z.B. die

    Haare.Die Hnde und Unterarme dann mit dem Desin-

    fektionsmittel einsprhen, bis sie na von Desinfekti-onsmittel sind. Nicht abtrocknen, sondern verdunstenlassen. Anschlieend kann mit der Arbeit in der Impf-kiste begonnen werden.

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    7. Ein berblick: Die Pilzzucht

    Das Vorgehen bei der Pilzzucht lt sich grob in diefolgenden vier Schritte einteilen:

    1. Schritt:

    Anzucht des Mycels in Petrischalen auf Nhrbden,meist auf der Basis von Agar.

    Das Mycel wird entweder aus Sporen, aus bereitsvorhandenen Agarkulturen oder aus lebenden Pilzen (Klonen") herangezogen.

    2. Schritt:

    Vermehrung des Mycels auf Getreide, um eine grereMycelmasse zu erhalten.

    3. Schritt:Beimpfung des endgltigen Substrates mit der Getrei-debrut. Dies wird in der Regel entweder eine spezielleKompostmischung oder Holz sein. In der Hobbypilz-zucht gibt es noch eine dritte Variante: die Getreidebrutwird mit einer dnnen Schicht einer Erdmischung

    bedeckt und dient so als Substrat.4. Schritt:

    Wachstum, Ernte und evtl. Nachbehandlung der Pilze

    In den folgenden Abschnitten werden diese Schritte inallen Einzelheiten dargestellt.

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    8. Mycel-Anzucht auf Agar

    Herstellung und Sterilisationvon Agar-Nhrbden

    Gleich ob man die Pilzzucht mit Sporen, mit einergekauften oder geschenkten Petrischale Mycel odermit einem lebenden Pilz beginnt: stets wird mananfangs genug reines Mycel erzeugen mssen, um wei-tere Nhrbden oder Roggen beimpfen zu knnen. Diesgeschieht, wie in der Mikrobiologie blich, auf sterilenAgar-Nhrbden. Fr die Herstellung dieserNhrbden gibt es hunderte von Rezepten, mit teilsrecht exotischen und ausgesprochen teuren Zutaten.Glcklicherweise knnen in der Pilzzucht relativ ein-fache Nhrbden Verwendung finden, wie sie in denfolgenden drei Rezepten beschreiben werden.

    1. Der Kartoffel-Dextrose-Agar. Man nehme:300 Gramm Kartoffeln25 Gramm Agar

    12 Gramm Dextroseein Teelffel BierhefeDie Kartoffeln werden gewaschen, ungeschlt in

    kleine Stcke geschnitten und eine Stunde lang ineinem Liter Wasser gekocht. Anschlieend wird durchein Sieb abgegossen, wobei der Sud aufgefangen wird.Nicht filtern: ein Filter wrde die Strketeilchen im Sudzurckhalten, die das Mycel als Nahrung bentigt. DenSud mit Wasser auf 1,1 Liter aufgieen. In die Flssig

    keit rhrt man nun den Agar, die Dextrose und dieHefe ein. Die Hefe wird sich dabei nur teilweise auf-

    lsen, die sichbaren kleinen Teilchen in der Lsungschaden nicht. Die Lsung erhitzen, dabei neben demOfen stehen bleiben, weil die Flssigkeit bei Erreichendes Siedepunktes hnlich wie Milch zu heftigem ber-kochen neigt. Etwa 3 Minuten lang kcheln lassen.Anschlieend noch warm etwa 3-4 mm hoch in dievorbereiteten sauberen Petrischalen gieen. Mit einemLiter Lsung flle ich ungefhr 30 Petrischalen von 10cm Durchmesser.

    Noch einfacher zuzubereiten sind die folgendenzwei Rezepte. Einfach die Zutaten mischen, zumKochen bringen, etwa drei Minuten kochen lassen und indie Petrischalen einfllen. Die in manchen Rezeptenzustzlich angegebenen Salze wie z.B. Calziumcarbonatoder Kaliumphosphat sind berflssig.

    2. Der Hundefutter-Agar:30

    Gramm Hundefutter25 Gramm Agar1,1 Liter Wasser

    Kein Hundefutter aus Dosen verwenden, sondernTrockenfutter, am besten Pedigree-Pal Hunde-Bis-cuits. Andere Trockenfuttersorten funktionieren eben-falls, aber manche davon stinken beim Kochen bestia-lisch. Vorteil: billigste Agarsorte, Zutaten am einfach-sten zu besorgen. Nachteil: Der Agar bleibt

    trbe, das

    zweiten Ring sehe wei ich da der Maximaldruck

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    Hundefutter lst sich nur zum Teil auf. Dadurchwird das Erkennen von Kontaminanten erschwert.

    3. Der Malzextrakt-Agar:20 Gramm Malzextrakt25 Gramm Agar

    1,1 Liter WasserWenn beim Einfllen Tropfen der Agar-Lsung aufden

    Deckel der Petrischalen oder den Tisch gelangen, dieseunbedingt sofort abwischen. Beim spteren Stapeln derPetrischalen wrden diese Agar-Tropfen die Petrischalenzusammenkleben. Beim ungeduldigen Versuch sozusammengeklebte Petrischalen zu trennen, habe ichmir mehr als eine Petrischale zerbrochen. In heiemWasser gelingt die Trennung gewhnlich, ohne da diePetrischalen brechen.

    Die Sterilisation: Den Schnellkochtopf ca. 3-4 cm hochmit Wasser fllen. Auf den Boden des Schnellkochtopfesden umgedrehten gelochten Einsatz oder ein selbst-gebasteltes Gestell legen, welches die untersten Petri-schalen deutlich ber das Niveau des Wassers heraus-hebt, damit die Petrischalen nicht vollaufen. Den Topf

    mit den Petrischalen fllen, indem man diese berein-ander aufstapelt. Lt man den Agar erkalten, bevorman die Petrischalen in den Topf stellt, so vermeidetman, da man Agar-Lsung verschttet. Den Deckelentsprechend der Gebrauchsanleitung verschlieen.

    Nun den Topf auf den Herd stellen und auf hch-ster Stufe erhitzen. Nach einiger Zeit beginnt das Was-ser zu kochen. Warten, bis der Topf seinen Betriebs-druck erreicht hat. Woran man dies erkennt, ist von

    Modell zu Modell verschieden. Bitte die Gebrauchsan-leitung zu Rate ziehen. (Bei einem meiner Tpfe steigt z.B. ein Stift aus dem Deckel nach oben, der mit zweigelben Ringen gekennzeichnet ist. Sobald ich den

    zweiten Ring sehe, wei ich, da der Maximaldruckerreicht ist). Nun dreht man die Temperatur am Ofensoweit zurck, da dieser Maximaldruck gerade ebengehalten wird. Alle Typen von Schnellkochtpfen lassennoch ein leichtes Zischen von ein wenig ausstr-mendem Dampf hren; das ist vllig normal. Wenn

    das Zischen allerdings sehr heftig ist und viel Dampfaustritt, dann ist die Temperatur zu hoch. Dies kann beilngeren Sterilisationszeiten dazu fhren, da dasWasser im Topf zu schnell verdampft. In diesem Fallwrde der Topfboden zu glhen beginnen, Topf undInhalt knnten zerstrt werden.

    Sobald der Topf seinen Maximaldruck erreicht hat,beginnt die Zeitmessung: In kleinen Tpfen (bis ca. 8Liter) ist Agar meist nach 25 Minuten ausreichend

    sterilisiert, groe Tpfe von 18 Liter Inhalt brauchenbis zu 35 Minuten.

    Nach Ablauf der Zeit lt man den Topf am Besten anOrt und Stelle auskhlen. Wenn man ihn zumAbkhlen an eine andere Stelle trgt, dann sollte mandaran denken, da der Agar noch warm und damitflssig ist. Vor allem drfen keine Ventile geffnet wer-den, bevor die Temperatur und der Druck sich nor-malisiert haben. Pltzlicher Druckabfall wrde dazufhren, da der noch heie Agar aufschumt und sichber den Stapel Petrischalen ergiet.

    Gnstig ist es, ein feuchtes Handtuch ber den Topf zulegen. Whrend des Abkhlens strmt infolge desDruckausgleichs unsterile Auenluft in den Topf ein.Damit knnen auch Kontaminanten in das Sterilisier-gut geraten. Ein sauberes, feuchtes Tuch, das speziellden Bereich der Ventile und Dichtungen umschliet,

    verringert diese Gefahr. Hat man einen speziellenArbeitsraum, den man z.B. mittels einesRaumluftfilters sauber hlt, empfiehlt es sich, den Topfzum Abkhlen in diesen Raum zu bringen. Zuvor hatman diesen

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    Falsch: Der Deckelbedeckt das Unterteil derPetrischale nicht. Keime

    knnen ungehindert ausder Luft herabsinken und

    sich auf dem Nhrbodenniederlassen. Der Deckel

    der Petrischale solltedaher das Unterteil stets

    vollstndig bedecken

    Falsch: Zwar bedeckt nunder Deckel das Unterteil,jedoch ist die Petrischale

    viel weiter geffnet, alsdies zum Arbeiten notwendig wre. Dadurch

    wird die Gefahr der Ver-keimung unntig erhht.

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    Raum mit Wasser ausgesprht und den Filter einige

    Zeit auf voller Leistung laufen lassen. So ist die Luftweitgehend keimarm, und es werden kaum schdlichePartikel ins Innere des abkhlenden Topfes gesogen.

    Eine wichtige Vorbemerkungzur Arbeit mit Petrischalen

    Gleich, ob man etwas aus einer sterilisierten Petri-schale entnimmt oder ob man etwas in sie hinein-

    bringt: man versucht immer, den Deckel dabei nur sowenig wie mglich zu ffnen und arbeitet so schnell,wie es nur geht. Mit beiden Manahmen kann mandas Risiko, da Fremdkeime die eigenen Kulturen zer-stren, ganz erheblich senken. bung macht hier denMeister, deshalb sollte man ruhig erst einmal mit lee-ren Petrischalen trainieren. Damit man sehen kann,

    worauf es ankommt, habe ich hier die wichtigsten

    Punkte ins Bild gesetzt

    Das Beimpfen der Nhr-bden mit Pilzsporen

    Speziell der Anfnger sollte, wenn sich ihm dieMglichkeit dazu bietet, anfangs Mycel auf Agar als

    Ausgangsmaterial gebrauchen. Sporen verwendetman in der Regel nur, wenn man eine bestimmtePilzart oder -rasse nicht in Form von Mycel zur

    Verfgung hat.Trotzdem ist das Verfahren der Mycelgewinnung

    aus Sporen immer noch wichtig: Nur hier ist es mg-lich, zu neuen Rassen zu gelangen (Zucht bessererStmme) und Degenerationserscheinungen zu ver-meiden. Wenn man also nicht einfach nur Getreidebruterzeugen will, sondern aus einer greren Zahl vongenetisch verschiedenen Kulturen whlen mchte,dann mu man mit Sporen arbeiten.

    Zuerst stellt man sich Petrischalen mit Agar her.

    Sind diese Nhrbden fest geworden, dann bereitetman seine Impfkiste vor und desinfiziert schlielich

    Richtig: Der Deckelbedeckt das Unterteil, derDeckel ist kaum geffnet.Deutlich sichtbar ist hier,wie es der dnne Stiel derPrpariernadel erlaubt, miteiner nur minimalenffnung auszukommen.Mit einem Skalpell wre

    dies nicht in so idealerWeise mglich.

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    die Hnde. Petrischalen und Sporenabdruck befindensich griffbereit in der Impfkiste. Als nchstes entzndet

    man seine Alkohol- oder Gasflamme (auerhalb derImpfkiste!) und nimmt die Prpariernadel zur Hand.Die Prpariernadel sterilisiert man, indem man sie biszur Rotglut in der Flamme erhitzt. Man geht mit derNadel nun in die Impfleiste und ffnet eine Petrischalegerade so weit, da die Nadel von der Seite her hinein-geschoben werden kann.Je kleiner der Spalt, den mandabei ffnet und je schneller man dabei vorgeht, desto

    geringer die Gefahr einer Verkeimung!

    Mit der noch heien Nadel sticht man in den Agar.So wird die Nadel nicht nur abgekhlt, sondern sieberzieht sich auch mit einem klebrigen Film, der beider Aufnahme der Sporen hilft. Mit der Spitze derNadel tupft man nun auf den Sporenabdruck, so daman dabei einige Sporen aufnimmt. Sind die Sporenauch nur halbwegs frisch, so wird dies keine Problemebereiten. Ist der Sporenabdruck schon viele Monate

    oder gar Jahre alt und sehr stark ausgetrocknet, so kle-ben die Sporen oft recht fest auf ihrer Unterlage.Hier bleibt dann nichts anderes brig, als vorsichtigein paar Sporen abzukratzen. Wie auch bei derAufnahme der Sporen bemht man sich jedoch dabei,nicht kreuz und quer ber die gesamte Oberflche desSporenabdrucks zu kratzen, sondern nur von einemkleinen, eng begrenzten Bereich Sporen aufzunehmen.Dies hat den folgenden Grund: Sporenabdrcke werden

    von frischen Pilzhten abgenommen. JedeDesinfektion verbietet sich dabei von selbst, da sie auchden Sporen schaden wrde. Die Folge:Sporenabdrcke knnen niemals ganz steril sein. Einpaar Kontaminanten sind immer dabei. Ist derSporenabdruck jedoch fachmnnisch hergestelltworden, dann ist die Wahrscheinlichkeit, einen derwenigen Kontaminanten mit aufzunehmen, nicht allzugro. Kratzt man nun vllig unnti

    gerweise die Sporen einer groen Flche zusammen, soerhht man die Chance, da man auf diese Weise

    auch die Kontaminanten mit aufnimmt.Eine gerade sichtbare Menge Sporen, die der Spitze

    anhaften, sind mehr als genug fr die Beimpfung einerPetrischale. Da Sporen so klein sind (ca. 6 my imSchnitt, selten grer als 20 my; ein my = 1/1000 Mil-limeter) entspricht eine gerade noch sichtbare Mengebereits Tausenden von Sporen. Auch deswegen gibt eskeinen Grund zu versuchen, eine grere Menge Spo-

    ren zusammenzukratzen.Mit der sporenbehafteten Spitze der Nadel tupfen wir jetzt in der Mitte einer frischen Petrischale an dreiverschiedenen Stellen auf den Agar. Auch hier achtenwir darauf, den Deckel nur soweit und so lange zu ff-nen, wie dies unbedingt notwendig ist.

    Anschlieend wird die Petrischale am besten mit ei-nem Streifen Frischhaltefolie oder mit Elektro-Isolier-band verschlossen. Normales Klebeband, wie etwa

    Tesafilm ist hierfr nicht geeignet, da es zu steif ist undes sich der Rundung der Petrischale nicht anpat. Dieschmale Rolle Frischhaltefolie erhalten wir, indem wirvon einer ganz normalen Rolle Haushaltsfolie ein Stckabschneiden. ndert sich die Raumtemperatur, z.B. mitdem Tag/Nacht-Rhythmus, dann dehnt sich die Luft inder Petrischale aus und zieht sich abwechselnd wiederzusammen. Dabei gelangen auch Kontaminanten vonauen in die Petrischale. Dies geschieht auch als Folge

    von nderungen des atmosphrischen Luftdrucks. DieFrischhaltefolie erlaubt den Druckaustausch, stellt aberfr die meisten Kontaminanten ein Hindernis dar.

    SporenkeimungBis zu einem Jahr alte Sporen keimen in der Regel nachetwa vier bis acht Tagen aus. Sehr viel ltere Sporen

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    brauchen oft deutlich lnger. Die lngste noch erfolgteSporenkeimung, von der ich gehrt habe, fand nach 24

    Tagen statt. Ich persnlich entsorge den Inhalt vonPetrischalen, in denen keine Keimung erfolgt ist, nach14Tagen.

    Aufbewahrung undWachstum des Mycels

    Die Petrischalen lagert man, solange man auf die Kei-

    mung wartet, oder das Mycel noch wachsen soll, beieiner Temperatur von etwa 23 bis 27 Grad Celsius.Khlere Lagerung ist ebenfalls mglich; allerdings

    werden die Wachstumsvorgnge besonders tropischer

    und subtropischer Pilze dann nur stark verlangsamtablaufen. Denken Sie daran, da es in einer Wohnung

    immer oben am wrmsten ist. Wenn man seine Petri-schalen z.B. in einer Styroporkiste auf einem Schranklagert, dann wird es dort meist warm genug sein, umein zgiges Mycelwachstum sicherzustellen.

    Woran erkennt man, ob tatschlich Sporen gekeimthaben? Nun, erst einmal daran, da an einer der Stel-len, an der man mit der sporenbehafteten Nadel Spo-ren aufgetupft hat, weie Gebilde wachsen, hnlich fei-

    nen Wattefasern.Mycel berwchst in der Regel, je nach Art undTemperatur, in etwa 10-20 Tagen kreisfrmig den Agar.Mycelien einheimischer Pilze, die mit Baumwurzeln inSymbiose leben, wachsen hufig deutlich langsamer.Man lt das Mycel soweit heranwachsen, bis es etwa0,5 bis 1 cm vom Rand entfernt ist.

    Dann ist der beste Zeitpunkt gekommen, um es zurBeimpfung weiterer Petrischalen oder von Getreide zu

    verwenden. Zum Einlagern gengt schon eine kleinerebewachsene Flche. Mycel wird bei 2-4 Grad Celsiusgelagert. Bei dieser Temperatur stellt es seine Lebens-

    vorgnge fast vollstndig ein und ist mindestens 5Jahre haltbar. Minusgrade dagegen wrden das Mycelabtten.

    Verunreinigung der Petrischalen:Schimmel, Bakterien, Hefen

    Es empfiehlt sich anfangs, alle Petrischalen nachdem Sterilisieren acht Tage auf die Seite zu stellen. Wei-sen nach dieser Zeit mindestens 90 Prozent der Petri-schalen immer noch keine Verunreinigung auf, dann

    wurden die Petrischalen ausreichend sterilisiert. Ent-wickeln sich in den Petrischalen gleichmig ber die

    ganze Oberflche verteilt Schimmel- oder Bakterien

    Dieses sehr schn entwickelte Mycel hat gerade die richtigeGre, um es einzulagern. Mchte man eine grere Zahl vonPetrischalen oder Getreideglsern damit beimpfen, wird man esnoch ein wenig weiter wachsen lassen.

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    kulturen, dann sollte man die Dauer der Sterilisationbeim nchsten Mal verlngern. Tritt die Kontamination

    jedoch nur in unmittelbarer Nhe des ueren Randesein, dann ist es viel wahrscheinlicher, da Ver-unreinigungen aus der Raumluft in die Petrischalengelangt sind. Hier hilft nur weitere bung in sterilemArbeiten. Vor allem ist es wichtig, verunreinigtes Mate-rial nicht herumstehen zu lassen, sondern umgehendzu entsorgen.

    Bakterienkolonien sind im Gegensatz zu Mycelnicht faserig, sondern bilden runde, nach wenigenTagen stecknadelkopfgroe, gallertartige Halbkugeln aufdem Agar, die nahezu jede Farbe aufweisen knnen.

    Hefen berziehen meist die gesamte Oberflche desAgars innerhalb weniger Tage mit einer dnnen, schlei-migen Schicht von meist graubrauner Farbe.

    Schimmel sieht anfangs fast wie Mycel aus, bildetaber um den vierten Tag herum einen farbigen Punktin der Mitte aus, der bald die ganze Schimmelkolonie

    berzieht. Auch Schimmel kommt in fast jeder nurdenkbaren Farbe vor, wobei Grnfrbungen am hu-figsten sind.

    Von Keimen jeder Art besiedelte Kulturen mssengrundstzlich sofort vernichtet werden. Manchmaljedoch gibt es den Fall, da die letzte Kultur einer Art,die man besitzt, verunreinigt ist. Oder man hatte nur ineiner Petrischale Sporenkeimung, und ausgerechnetdiese weist zustzlichen Fremdkeimbefall auf. Dann

    verfhrt man, wie im Abschnitt Mycelgewinnung ausunsterilen Kulturen oder Materialien" beschrieben.Auf keinen Fall jedoch lt man den FremdkeimenZeit, um sich weiter auszubreiten. Wichtig ist, die

    betroffene Kultur sofort von anderen, gesundenKulturen zu isolieren und entsprechende Manahmenmglichst sofort einzuleiten. Dies setzt

    natrlich voraus, da man seine Kulturen so oft wiemglich kontrolliert, so da einem ein Befall auch

    rechtzeitig auffllt.

    Beseitigung durchSchimmel- oder Bakterienbefallverunreinigter Petrischalen

    Wichtig: verschimmelte Petrischalen nicht in der Woh-

    nung ffnen! Das, was am Schimmel farbig ist, sind dieSporen. ffnet man eine verschimmelte Petrischale,dann steigt eine Wolke aus Milliarden von Schimmel-sporen auf und verteilt sich innerhalb der nchstenStunden gleichmig in der Raumluft der gesamtenWohnung. Die beste Lsung wre es, die Petrischalevor dem ffnen zu sterilisieren. Eine pragmatischeLsung ist es, die Petrischale auerhalb des Hauses inden Mlleimer zu entleeren, wobei man sich natrlich

    mit dem Rcken zum Wind stellt, damit einem derWind nicht die ganzen unerwnschten Sporen in dieKleidung blst und man diese so wieder in die Woh-nung mitnimmt.

    Vergi es: Dikaryotes Mycel,Selekt ion eines reinen Stammes

    In vielen lteren Pilzzuchtanleitungen steht viel berdie Notwendigkeit, auf dikaryotes Mycel zu achten undanschlieend einen reinen Stamm zu selektieren. Dieshat zahlreiche Pilzexperimentatoren vllig unntigverwirrt. Beginnen wir mit der Aussage, da zwei Pilz-fden verschmelzen mssen, um dikaryotesMycel zu erhalten. Jahrelang fragten sich vieleangehende Hobbymykologen bang, nachdem sie

    erstmals reines Pilz-

    geflecht in ihren Petrischalen entdeckten: Ist es nun derselben Art Von diesen Sorten wird sich die durch-

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    geflecht in ihren Petrischalen entdeckten: Ist es nunmono- oder dikaryot?" Und gab es in der Folge Pro-

    bleme bei der Fruchtung, dann war der vermeintlichebeltter allzu schnell dingfest gemacht: Es war halt nurmonokaryotes Mycel, das man verkauft bekommenoder aus Sporen gezogen hatte.

    Tatschlich ist diese Frage in der Praxis bedeu-tungslos. In jahrelanger Arbeit mit Pilzmycel ist wedermir noch anderen Eperimentatoren jemals mono-karyotes Mycel untergekommen. Und das ist ja auch nurzu verstndlich: hat man seine Sporen in die Petri-schale bertragen, dann besteht so ein Sporenpunktaus Tausenden von Sporen, von denen stets entwedereine ganze Menge oder gar keine keimen. Hat also eine

    Keimung stattgefunden, dann sind stets gengendPilzfden da, die miteinander verschmelzen knnen.hnlich verhlt es sich mit der Selektion eines reinen

    Mycel-Stammes. Dies war tatschlich eine ganze Zeitlang geradezu ein Credo in der Pilzzucht, an das auchheute noch einige Zchter im Westen glauben.Pilzzchter, die in groen Anlagen arbeiten und eini-ges Geld in diese investiert haben, mchten natrlichmit Rassen arbeiten, deren Verhalten so genau wie

    mglich vorhersagbar ist, und die unter genau defi-nierten Umweltbedingungen auch zuverlssig ganzbestimmte Ertrge bringen.

    Als Hobbyzchter werden wir die Kontrolle derUmweltbedingungen und der Nhrstoffzusammenset-zung der Substrate sicher nie soweit treiben, wie diesdie groen Anbauer tun - das wre auch mehr alsunwirtschaftlich. Wir haben es also mit nur in Maenkontrollierten Bedingungen zu tun, die deutlich str-

    ker schwanken, als es im Erwerbsanbau der Fall ist.Aber der vermeintliche Nachteil verwandelt sich

    sogar in einen Vorteil. Eine Petrischale mit aus Sporengekeimtem Mycel enthlt eine grere Zahl von Sorten

    derselben Art. Von diesen Sorten wird sich die durchsetzen, die am besten mit den Bedingungen zurecht-kommt, wie sie bei dem jeweiligen Pilzzchter herr-schen. Es findet also ganz automatisch eine hchstsinnvolle Auswahl statt, ohne da man allzu viel dafrtun mu. Wrde man die Techniken, die zur Isolierungeiner reinen Rasse in den alten Anleitungen empfoh-len werden, anwenden, dann wrde man irgend einezufllige Rasse isolieren und weiterzchten. DieChance, da sich die fr den Experimentator brauch-barste Rasse durchsetzt, ist damit vertan. Spter ltsich durchaus sinnvoll Zuchtwahl betreiben: indemman Pilze mit erwnschten Eigenschaften klont.Klonen ist bei Pilzen ganz einfach und wird weiter

    unten beschrieben.

    Beimpfung von Agar-Nhrbden mit Mycel

    Dies ist die hufigste Form der bertragung vonMycel. Vielleicht haben Sie ja Mycel gekauft odergeschenkt bekommen. Oder Sie haben Mycel aus Spo-

    ren angezogen und mchten es nun weiter vermehren.Vorbereitung: Desinfektion der Impfkiste, Waschen

    und Desinfektion der Hnde wie im vorigenAbschnitt beschrieben. Sterilisierte Petrischalen mitAgar und eine Mycelkultur auf Agar bereitlegen.

    Sterilisation: Man beginnt damit, da man diePrpariernadel in der Flamme erhitzt, bis sie rot-glhend ist. Mit der heien Prpariernadel sticht manein- oder zweimal in den Agar der zu beimpfendenPetrischale. Dabei wird die Nadel abgekhlt, so da siedas zu bertragende Mycel nicht verbrennt. Manachtet natrlich wieder darauf, den Deckel derPetrischale nur soweit zu ffnen, wie es unbedingterforderlich ist.

    Beimpfen einer frischenPetrischale mit Mycel

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    Petrischale mit Mycel.Die Deckel wurden der

    besseren bersichtlichkeitwegen weggelassen.

    Die folgende Abbildung wurden nur deswegen ohneDeckel gemacht, um den Vorgang besser sichtbarmachen zu knnen.

    bertragung: Mit der Prpariernadel schneidetman im Abstand von 2-3 mm einige Male parallel in dasMycel ein. Das Mycel mancher Arten kann, besonders

    wenn es ein wenig lter ist, erstaunlich zh sein. Hierhilft es, wenn man die Schneiden der Prpariernadelgut nachschrft. Man schliet den Deckel, dreht die Pe-trischale um 90 Grad und schneidet nun rechtwinkligzu den ersten Schnitten wieder im Abstand von 2-3 mm

    so in den Agar, da kleine Quadrate entstehen.Nun hebt man eines dieser kleinen Quadrate mit derPrpariernadel aus seiner Umgebung heraus, ffneteine frische Petrischale, fhrt die Nadel mit dem

    Agarstckchen dort ein und legt dieses etwa in derMitte der Schale ab. Auch hier sind Schnelligkeitund

    nur minimal offene Deckel die wichtigsten Faktoren.Will das Agar-Stckchen nicht gleich von der Nadel aufden Agar fallen, dann zieht man die Lanzette einfach

    durch den Agar, schneidet also in ihn hinein und streiftdas Mycelstck auf diese Weise von der Nadel ab. Gertdas Mycel dabei in den Agar, oder fllt es mit derMycelflche auf den Agar, so macht das berhauptnichts aus. Das Mycel wird in kurzer Zeit auf die Ober-flche hinaufwachsen und sich dann dort ausbreiten.

    Auf der vorhergehenden Abbildung ist die Petri-schale, aus der die Mycelstcke entnommen werden,

    bereits vollstndig vom Mycel berwachsen. Meist wirddies keine Probleme bereiten. Jedoch ist es sicherer,hierfr Mycel zu verwenden, welches die Oberflcheder Petrischale noch nicht vollstndig ber-

    wachsen hat. Kontaminanten, die whrend derLagerung in die Petrischalen eindringen, fallenpraktisch

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    immer direkt am Rand nieder. Befindet sich dort Agar,dann keimen die Kontaminanten dort aus und werden

    so sichtbar. Ist aber die Petrischale vollstndig ber-wachsen, dann fallen die Bakterien- oder Schimmel-sporen oben auf das Mycel. Dort knnen sie sich nichtentwickeln und bleiben ruhend. Wird aber das Mycelmit daraufliegenden Schadsporen fr die Beimpfung

    von Roggen verwendet, dann finden die Sporen imRoggen einen unbesiedelten Lebensraum und keimensofort aus. Die Folge sind unweigerlich verschimmelte

    Glser mit Getreidebrut.Auf jeden Fall sollten aber bei jedem Beimpfungs-vorgang aus einer Petrischale heraus - gleich ob wei-tere Petrischalen oder Getreide beimpft werden soll -die Mycelstckchen weder direkt aus der Mitte nochunmittelbar vom Rand genommen werden, sondern

    von irgendwo dazwischen. Die Mitte und der Rand

    sind die Stellen, die mit der grten Wahrscheinlich-keit kontaminiert sind. Weist das Mycel strang- oder

    fadenfrmige und watteartige Abschnitte (Sektoren)auf, dann sollte man die strangfrmigen Sektoren

    vorziehen. Wattefrmiges Wachstum kann, mu abernicht unbedingt ein Zeichen fr Degeneration sein.

    Falls es sich um einen vitalen Stamm handelt, trittbei einigen Pilzarten nach lngerer Lagerung der Petri-schalen spontane Fruchtung in den Petrischalen auf.

    Am sichersten ist es, sofort nach dem Beimpfen die

    Petrischale mit einem schmalen Streifen Frischhalte-folie oder flexiblem Isolierband zu versiegeln. Auch dies wirkt nicht immer hundertprozentig, reduziertKontaminationen aber enorm. Die Lagerung und wei-tere Verwendung des Mycels erfolgt wie im Abschnitt

    Wachstum und Aufbewahrung des Mycels" beschrie-ben.

    Spontane Fruchtung vonStropharia cubensis aufAgar.

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    Verschlieen einer soebenbeimpften Petrischale mit

    Haushaltsfolie.

    Mycelgewinnung aus Pilzen (Klonen)

    Nicht erst seit Wissenschaftler das Schaf Dolly" ausZellen erzeugt haben, hat der Begriff Klonen" fr

    viele Menschen etwas Unheimliches. Vieleverbinden ihn mit komplizierten Apparaturen inteuren Labors, an denen zwielichtige Erben

    Frankensteins hantieren. Tatschlich bedeutet Klonen nichts anderes, als

    einem lebendem Organismus Zellen zu entnehmen unddiese wieder zu einem vollstndigen Lebewesenheranzuzchten. Dieses wird dann eine genetischidentische Kopie des Originals, sozusagen ein sptergeborener Zwilling. So kompliziert und fragwrdig soetwas bei Sugetieren auch sein mag: bei Pilzen ist

    Klonen eine einfache und ganz natrliche Angelegen-heit. Nicht wenige Pilzfreunde haben dies schon ganzzufllig entdeckt: nmlich dann, wenn sie beim Zube

    reiten von Pilzgerichten aus selbst gesammelten Pilzendie Pilze geputzt haben und die weggeschnittenen Teilenicht einfach in den Mll, sondern auf denKompost oder an eine geeignete Stelle des Gartensbrachten. Unter gnstigen Bedingungen knnen sichaus diesen Abfllen tatschlich wieder Mycelien unddaraus schlielich Pilze entwickeln, wenn man

    geeignete Arten verwendet hat. berprft man seinePilzabflle, so kann man oft schon nach wenigen Tagensehen, wie daraus lebendes Mycel hervorgewachsen ist.

    Das Klonen, von dem hier die Rede sein wird, istnichts anderes, als diesen Vorgang etwas kontrollierterablaufen zu lassen.

    Man braucht: sterilisierte Petrischalen mit Agarund die zu klonenden Pilze. Natrlich vermehrt mannicht irgendwelche briggebliebenen Kmmerlinge,sondern im Gegenteil nur Pilze ausgesuchtester Qua-

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    litt, die genau die Eigenschaften aufweisen, auf die eseinem ankommt. Meistens klappt das Verfahren auch

    noch dann, wenn die Pilze einige Tage khl gelagertworden sind; aber grundstzlich wird das Klonen umso zuverlssiger funktionieren, je frischer die verwen-deten Pilze sind.

    Nachdem man die Impfkiste und seine Hnde ent-sprechend vorbereitet hat (siehe Kapitel 5, ChecklisteSteriles arbeiten in der Impfkiste") bringt man denPilz in die Impfkiste hinein. Nicht etwa vorher,

    denn die zur Desinfektion verwendeten Mittel knnendie uere Hlle der Pilze durchdringen und so dieZellen abtten.

    Vorbereitung des Klonens: Ein Pilz wird vorsichtig lngsin zwei Hlften zerrissen.

    Nun reit man den Pilz in Lngsrichtung einmaldurch, so da man zwei halbe Pilze hat. Dabeiachtet man besonders darauf, die Riflche nichtmit den Hnden zu berhren. Den Pilz zuzerschneiden, empfiehlt sich weniger. Die Auenseite

    des Pilzes ist immer mehr oder weniger stark mitKeimen verschmutzt; das Messer wrde beimSchneiden diese

    Keime nach innen ziehen und ber die Schnittflchenverschmieren.

    Mit der gut geschrften, in der Flamme sterilisier-ten und in der Luft abgekhlten Prpariernadelschneidet man ein mglichst kleines Stck Pilzfleischaus dem Pilz heraus. Ob man dieses Stck aus dem Hutoder dem Stiel entnimmt, ist vllig bedeutungslos.Man schneidet es einfach da heraus, wo der Pilz amdicksten ist.

    Wichtig ist dabei, das Stckchen Pilzfleisch voll-

    stndig aus dem Inneren des Pilzes zu entnehmen - essollte keinen Anteil der keimbehafteten Auenhaut desPilzes enthalten.

    Ein Gewebestck wird aus dem Inneren des Pilzesentnommen.

    Manche Pilze weisen besonders im Stielbereich eineziemlich faserige Struktur auf und sind dannschlecht zu schneiden. Am einfachsten kann manmeist sein Gewebestckchen erhalten, indem manzuerst zwei parallelle Schnitte senkrecht zum Stiel

    fhrt. Danach lassen sich einzelne Fasern oder klein-ste Stckchen Pilzfleisch leicht herausheben.

  • 8/7/2019 Bert Marco Schuldes & Jim Dekorne - Das Pilz Zucht Buch

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    9. Herstellung von Getreidebrut

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    9. Herstellung von Getreidebrut

    Mit dem Mycel aus den Petrischalen liee sich im Prinzipbereits das endgltige Substrat beimpfen, und ich habedas auch schon mehrfach mit Erfolg gemacht. (Speziell mit einigen Holzbewohnern wie Shiitake,Reishi oder auch Psilocybe azurescens geht das oft ganzgut. In diesen Fllen haben wir kleine Mengen Holz

    mit Mycelresten auf Agar beimpft). Das Problem hierbeiist, da die geringe Mycelmenge aus einer oder ausmehreren Petrischalen z.B. einen Strohballen oder einenBeutel Kompost nur sehr langsam durchwachsenwrde. Somit bekommen Konkurrenten - Pilze undBakterien - die Chance, das Substrat schneller zubesiedeln, als das Mycel. Deshalb wird in der Pilzzuchterst ein weiterer Schritt eingelegt: das Mycel wird aufGetreide vermehrt.

    Herstellung und Sterilisationder Getreidemischung

    Gleich ob Roggen, Dinkel, Gerste oder Weizen: sie allesind gleich gut fr die Herstellung von Getreidebrutgeeignet. Roggen ist in Biolden am preiswertesten zuhaben und stellt die in der Pilzzucht am meisten ver-

    wendete Getreidesorte dar. Wer Pilze in Schalenoder Glsern zchten, oder Holz beimpfen will, derkommt mit Roggen alleine gut klar. Wer dieertragreichere Kompost-Kultur versuchen will, dem seidie Verwen

    dung eines Gemisches von ca. 40 % Sittichfutter (sieheauch 4.2 - Materialien) und ca. 60 % Roggen empfoh-len.

    Je nach Gre des Einmachglases wird ein anderesMischungsverhltnis von Getreide zu Wasser verwen-det:

    Gre des Einmachglases Getreidemenge Wassermenge

    1,001 225 g 275 ml

    0,751 172 g 228 m1

    0,501 120 g 180 ml

    Man gibt die angegebenen Mengen Wasser undGetreide zusammen mit einem halben bis einem

    gestrichenen Teelffel Gips in das Einmachglas undrhrt kurz um.

    Dann schneidet man ein Stck Alufolie so zurecht,da es an allen Seiten etwa 4 cm grer ist, als derDurchmesser des Ein