Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei...

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Universität Erfurt Erfurt School of Education Mitarbeitergebäude 1 Nordhäuser Straße 63 99089 Erfurt Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen Umsetzung in der beruflichen Fachrichtung Metalltechnik Magisterarbeit für den Studiengang: Magister: Lehramt berufsbildende Schulen Erstgutachter: Prof. Dr. Waldemar Bauer Zweitgutachter: Dipl.-Kml. Jeanette König-Wendel Name: Graul, Erik Adresse: Schmidtstedter Straße 28 99084 Erfurt Matrikel: 39580 E-Mail: [email protected] Telefon: 0176 / 81314381 Eingereicht am: 09.07.2018

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Universität Erfurt

Erfurt School of Education

Mitarbeitergebäude 1

Nordhäuser Straße 63

99089 Erfurt

Berufsbildung 4.0 –

Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen

Umsetzung in der beruflichen Fachrichtung Metalltechnik

Magisterarbeit für den Studiengang: Magister: Lehramt – berufsbildende Schulen

Erstgutachter: Prof. Dr. Waldemar Bauer

Zweitgutachter: Dipl.-Kml. Jeanette König-Wendel

Name: Graul, Erik

Adresse: Schmidtstedter Straße 28

99084 Erfurt

Matrikel: 39580

E-Mail: [email protected]

Telefon: 0176 / 81314381

Eingereicht am: 09.07.2018

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II

Abstract

Die vorliegende Magisterarbeit gibt einen Überblick über die aktuellen, im industriellen

Umfeld ablaufenden Veränderungen, die gemeinsprachlich als „Industrie 4.0“ bezeichnet

werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche Bildung im gewerblich

technischen Bereich.

Als erstes Ergebnis der Arbeit konnte zunächst eine begriffliche Abgrenzung des Begriffes

„Industrie 4.0“ gegenüber dem Begriff der „Digitalisierung“ vorgenommen werden. Die Suche

nach neuen Inhalten, die sich für die berufliche Bildung ergeben, erfolgte auf Grundlage von

Analyse und Vergleich mehrere aktueller Studien auf dem Gebiet der „Berufsbildung 4.0“

Dabei stellte sich als zweites zentrales Ergebnis der Arbeit heraus, dass der Prozessbezug des

didaktischen Handelns als neuer Leitgedanken fungieren könnte. Der Prozessbezug bildet somit

das didaktische Korrelat zur Leitidee der Vernetzung, die den Kern von Industrie 4.0 ausmacht.

Um den gewonnenen Erkenntnissen eine praktische Relevanz zu verleihen, wurde ein

exemplarisches didaktisches Konzept entwickelt, das als Grundlage für tatsächliche

Ausbildungssituationen im Kontext von Industrie 4.0 dienen könnte.

Das didaktische Konzept verbindet die technologisch-fachlichen Erkenntnisse aus dem ersten

Teil der Arbeit mit dem aus berufspädagogischer Perspektive entfaltetem Verständnis des

Begriffs „Berufsbildung 4.0“ aus dem zweiten Teil. Neben dem eigenen Erkenntnisgewinn

wurde sich dadurch erhofft einen Beitrag zum wissenschaftsgeleitetem Handeln der Akteure

schulischer und betrieblicher Ausbildung zu leisten.

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III

Inhalt

ABSTRACT II

ABBILDUNGSVERZEICHNIS V

TABELLENVERZEICHNIS V

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS V

1 EINLEITUNG 7

2 INDUSTRIE 4.0 – ZUR GENESE DES BEGRIFFS 9

2.1 Die Revolutionierung der industriellen Produktion seit dem 18. Jahrhundert 10

2.2 Basistechnologien der vierten industriellen Revolution 14

2.2.1 Cyber-Physische Systeme 14

2.2.2 Das Internet der Dinge 16

2.2.3 Big Data 17

2.3 Begriffliche Abgrenzung 18

3 BERUFSBILDUNG 4.0 – REAKTIONEN DER BERUFLICHEN BILDUNG 23

3.1 Ermittlung zukünftiger Qualifikationsanforderungen 23

3.2 Novellierung der Ordnungsmittel für industrielle Metall- und Elektroberufe 2017/18 31

3.2.1 Rahmenlehrplan 32

3.2.2 Ausbildungsordnung 35

3.3 Praxisbeispiele 36

3.4 Begriffliche Eingrenzung 37

4 KONZEPTIONELLE ENTWICKLUNG EINES INDUSTRIE 4.0 LEHR-

LERNARRANGEMENTS 39

4.1 Lernträger „Industrie 4.0-Demonstrator“ 40

4.2 Didaktische Modellbezüge 41

4.2.1 Konzept der Handlungsorientierung 41

4.2.2 Konzept des lebenslangen Lernens 42

4.2.3 Gestaltungsorientierter Ansatz der Technikdidaktik 44

4.3 Kompetenzdimensionen 45

4.4 Strukturierung der Inhalte 46

4.5 Zusammenfassung 49

5 DISKUSSION & FAZIT 50

SELBSTSTÄNDIGKEITSERKLÄRUNG 53

LITERATURVERZEICHNIS 54

ABBILDUNGSNACHWEIS 59

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IV

ANLAGENVERZEICHNIS 59

ANHANG 60

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V

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Schematischer Aufbau eines CPS 14

Abbildung 2: Relativer Vergleich der Google Suchanfragen für "Industrie 4.0" und

"Digitalisierung“ 18

Abbildung 3: Relevanz der M+E Berufe zu Industrie 4.0 25

Abbildung 4: Industrie 4.0 relevante Kompetenzen des Projekts "Industrie 4.0@SPE" 28

Abbildung 5: Verteilung der Änderungen im Rahmenlehrplan nach Kategorien 33

Abbildung 6: Schematischer Ablaufplan zur Erstellung eines didaktischen Konzeptes 40

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Systematisierung der Kompetenzen als Ergebnis der acatech

Kompetenzentwicklungsstudie 26

Tabelle 2: Vergleich der Studienergebnisse bzgl. der Qualifikationsanforderungen (Teil 1) 29

Tabelle 3: Vergleich der Studienergebnisse bzgl. der Qualifikationsanforderungen (Teil 2) 30

Tabelle 4: Inhaltsmatrix für Industrie 4.0 Lehr-Lernarrangement 47

Tabelle 5: Impulsfragen für ein mehrdimensionales Technikverständnis 48

Abkürzungsverzeichnis

APRANET Advanced Research Projects Agency Network

bitkom Bundesverband für Informationswirtschaft, Telekomunikation und

neue Medien e.V.

CPS Cyber-physisches System

DNC Distributed Numerical Control

ERP Enterprise-Resource-Planning

IPv4 Internet Protocol Version 4

IPv6 Internet Protocol Version 6

IT Informationstechnik

ITB Institut Technik und Bildung in Bremen

KMU Kleine und mittlere Unternehmen

MES Manufacturing Execution System

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RFID Radio Frequency Identification

SAP Früher: Systemanalyse und Programmentwicklung GbR

VDI Verein Deutscher Ingenieure

VDMA Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer

ZVEI Zentralverband Elektrotechnik und Elektroindustrie

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1 Einleitung

65 % aller Kinder, die heute in die Grundschule eintreten, werden später in Berufen arbeiten,

die heute noch nicht existieren. Zu diesem Ergebnis kommt die Marktforschungsstudie „A

Skills Revolution – from consumers of work to builders of talent“ die von der ManpowerGroup

in Auftrag gegeben wurde. Zur Erhebung der Daten wurden 18.000 Arbeitgeber in 43 Ländern

befragt, wie sich die Digitalisierung der Arbeitswelt möglicherweise auf die Personalsituation

in ihren Unternehmen auswirken könnte. (vgl. ManpowerGroup, 2017, S. 6)

In einem Zwischenbericht der Kompetenzentwicklungsstudie Industrie 4.0, die von der acatech,

der deutschen Akademie der Technikwissenschaften, durchgeführt wurde, gaben 77,9% der

größeren Betriebe und 56,7% der KMU1 an, zukünftig in mehreren Unternehmensbereichen auf

Industrie 4.0 Lösungen zu bauen und die Chancen, die die Digitalisierung der Industrie mit sich

bringt, ausnutzen zu wollen. (vgl. Acatech, 2016, S. 12)

Spätestens seit der öffentlichkeitswirksamen Verbreitung des Begriffes „Industrie 4.0“ im Jahr

2011 wird immer deutlicher, dass Veränderungen im industriellen Umfeld ablaufen, deren

Wirkung so hoch eingeschätzt wird, dass von einer industriellen Revolution die Rede ist. (vgl.

Kagermann, Lukas, & Wahlster, 2011) Die Google-Suche nach dem Begriff „Industrie 4.0“

liefert mittlerweile mehr als 35 Mio. Ergebnisse. Wenige Tage nach dem äußerst knappen 2:1

der deutschen Nationalmannschaft im Gruppenspiel gegen Schweden liefert die Suche nach

dem Schützen des Siegtreffers in der 95. Minute „Toni Kroos“ lediglich 25 Mio. Ergebnisse2.

Ein breites mediales Interesse am Umschwung der industriellen Fertigung in Deutschland

scheint also gegeben. Wenn der flächendeckende Einzug von Informations- und

Kommunikationstechnologie in fertigende Unternehmen tatsächlich eine derart tiefgreifende

Veränderung bedeutet, dann scheint es nur logisch, dass ähnlich tiefgreifende Veränderungen

auf den Bereich der gewerblich technischen Berufsausbildung zukommen müssten.

Die vorliegende Magisterarbeit soll einen Beitrag leisten, den augenblicklich ablaufenden

Wandel in der Arbeitswelt bezüglich der Informations- und Kommunikationstechnologien zu

eruieren, dessen Bedeutung für die berufliche Bildung zu identifizieren und eine konzeptuelle

Möglichkeit aufzeigen, neue Inhalte zu integrieren.

1 Kleine und mittlere Unternehmen (Jahresumsatz < 50 Mio. Euro) 2 Stand: 26.06.2018

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Zur strukturierten Bearbeitung dieses Themenbereichs wurde folgende Kernthese aufgestellt:

Durch die Veränderungen der Arbeitswelt, die gemeinsprachlich als „vierte

industrielle Revolution“ bezeichnet werden, ergeben sich neue, innovative

ausbildungsrelevante Inhalte. Noch bedeutender als die Inhalte selbst wird aber die

Entwicklung von schülerzentrierten, eigenaktiven und individuell anpassbaren

Lernarrangements sein, um die Befähigung zum lebenslangen Lernen als zentrales

Ziel zu etablieren.

Zunächst sollen Herkunft und Inhalt des Begriffs „Industrie 4.0“ genauer untersucht werden.

Die Untersuchung der Fragen, was den Kern von „Industrie 4.0“ ausmacht und woher der

revolutionäre Charakter dieser Technologien kommt, soll dazu dienen, eine begriffliche

Abgrenzung gegenüber dem Begriff der „Digitalisierung“ vorzunehmen. Als Reaktion auf die

Veränderungen in Industrie und Gesellschaft hat das Bundesministerium für Bildung und

Forschung in Kooperation mit dem Bundesinstitut für berufliche Bildung im Sommer 2016 die

gemeinsame Initiative „Berufsbildung 4.0“ ins Leben gerufen. In einem weiteren Abschnitt soll

deshalb untersucht werden, welche Bemühungen und Initiativen bereits ergriffen wurden, um

die berufliche Bildung auf Digitalisierung und Industrie 4.0 einzustellen. Die Erkenntnisse

sollen schließlich in ein exemplarisches didaktisches Konzept einfließen, welches versuchen

soll, die inhaltlichen Komponenten des Industrie 4.0-Begriffs mit den didaktischen

Grundgedanken der Berufsbildung 4.0 zu verbinden.

Abschließend soll die aufgestellte These auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse

diskutiert werden, um zu einem reflektierten Urteil zu gelangen.

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2 Industrie 4.0 – Zur Genese des Begriffs

Kurz vor Beginn der Hannover Messe im Jahre 2011 veröffentlichten Henning Kagermann,

Wolf-Dieter Lukas und Wolfgang Wahlster einen Artikel in den VDI3 Nachrichten, in dem sie

darauf aufmerksam machten, wie sich die industrielle Produktion in Deutschland und der

ganzen Welt in Zukunft verändern wird. Aufbauend auf der Entwicklung von eingebetteten

Systemen wird ein Paradigmenwechsel in der Industrie vorausgesagt, infolgedessen erstmals

das entstehende Produkt selbst in den Fertigungsprozess eingreifen kann. Hohe Flexibilität,

dezentrale Steuerung der Prozesse und erhebliche Optimierungen im Bereich von Fertigungs-

und Logistikprozessen werden als Folgen genannt. Dieser einschneidende Paradigmenwechsel,

der für Deutschland als eine der führenden Technologienationen einen enormen

wirtschaftlichen Aufschwung bedeuten könnte, läutet, nach Meinung der Autoren, die vierte

industrielle Revolution ein. (vgl. Kagermann, Lukas, & Wahlster, 2011)

Auf eine Handlungsempfehlung der Promotorengruppe „Kommunikation“ der

Forschungsunion Wirtschaft – Wissenschaft hin, hat die Bundesregierung das Projekt

„Industrie 4.0“ als eines von zehn Zukunftsprojekten in ihre Hightech – Strategie

aufgenommen. Ziel dieses Zukunftsprojektes sollte es sein, die Rolle der

Technologieführerschaft im Bereich von eingebetteten Systemen zu übernehmen, diese neuen

Technologien zur Stärkung der Wirtschaftsleistung und Wettbewerbsfähigkeit zu nutzen, aber

auch gesellschaftspolitische Potentiale in den Bereichen Ressourceneffizienz, Mobilität und

Arbeitsplatzgestaltung zu identifizieren. (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung,

2012, S. 52 ff.)

Die erstmalige öffentliche Erwähnung und die Verbreitung des Begriffs „Industrie 4.0“ durch

das starke Medieninteresse an der Hannover Messe, sowie die Aufnahme in die Hightech

Strategie der Bundesregierung, können als Ursprünge des Industrie 4.0 - Begriffs gesehen

werden. Im Folgenden soll auf der Grundlage der historischen Ereignisse der letzten 300 Jahre

untersucht werden, warum von einer industriellen Revolution gesprochen werden kann und aus

welchen Gründen der aktuelle Umbruch in der industriellen Produktion als der vierte seiner Art

bezeichnet wird.

Um die Bedeutung des Industrie 4.0 - Begriffs noch weiter zu ergründen, sollen im Anschluss

daran die Schlüsseltechnologien dargestellt werden, die das Wesen dieser etwaigen vierten

industriellen Revolution ausmachen.

3 Verein Deutscher Ingenieure

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2.1 Die Revolutionierung der industriellen Produktion seit dem 18. Jahrhundert

Etwa auf die Mitte des 18. Jahrhunderts wird ein Umwälzungsprozess datiert, der die damalige

Gesellschaft Europas stark beeinflusst hat. Dieser, als „Industrielle Revolution“ bezeichnete

Prozess, hat dazu geführt, dass sich die Gesellschaft von einer Agrar- zur Industriegesellschaft

gewandelt hat. Als entscheidender Katalysator für diesen Prozess wird immer wieder die

Dampfmaschine genannt, die ursprünglich von Denis Papin erfunden, jedoch 1769

entscheidend von James Watt optimiert und patentier wurde. (vgl. Roth, 2016, S. 5) Als weitere

entscheidende Schlüsseltechnologie für die erste industrielle Revolution wird außerdem der

erste mechanische Webstuhl genannt, der 1784 von Edmond Cartwright entwickelt wurde. (vgl.

Siepmann, 2016, S. 19)

Der 1769 von Richard Arkwright entwickelte „Waterframe“ war eine durch Wasserkraft

angetriebene Spinnmaschine, die es ermöglicht, den Spinnprozess komplett zu mechanisieren.

Der Engpass an Garn, der durch die erhöhte Nachfrage der Weber entstand und als

„Garnhunger“ bezeichnet wurde, konnte so überwunden werden.

Das plötzliche Vorhandensein dreier neuer Technologien ist allerdings nicht zwangsläufig ein

Garant für einen derart hohen Anstieg an Produktionskapazitäten, der den Begriff „Revolution“

rechtfertigen würde. Da der Wasserkraft betriebene Waterframe von Arkwright den äußeren

Bedingungen der Natur, wie zugefrorenen Flüssen im Winter oder geringen Wasserstand im

Sommer, unterlegen war, war es erst die Verknüpfung der Technologien, die den eigentlichen

Fortschritt bedeutete. Einen großen Fortschritt im Maschinenbau bedeutete die Verhüttung von

Eisenerz und Koks, die ab 1760 für eine enorme Steigerung in der Stahlproduktion sorgte. Für

die Logistik, für die die Herausforderung bestand, die immer größere werdende Menge an

Gütern zu transportieren, war die erste Eisenbahnlinie von Stockton nach Wellington

entscheidend, die 1825 eingeweiht wurde. (vgl. Röben, 2017, S. 27)

Es lässt sich also festhalten, dass die bloße Zurückführung einer industriellen Revolution auf

die Dampfmaschine von James Watt entschieden zu kurz gegriffen ist, denn die Einführung

dieser einen, von anderen Faktoren isolierten, Innovation brachte noch keinen revolutionären

Umschwung. Vielmehr war die Verzahnung mehrerer technischer Fortschritte in verschiedenen

Sektoren der Auslöser für einen Revolutionsprozess, der beinahe 100 Jahre andauerte. Als

wichtigste dieser Fortschritte sind die Entwicklung mechanischer Arbeitsmaschinen, die

Steinkohle als Energieträger, die Dampfmaschine als Energieumwandler und die

Eisenerzeugung auf Steinkohlebasis zu nennen.

(vgl. Paulinyi, 1991, S. 278)

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Die grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen, die dieser technische Fortschritt nach

sich zog, sind schließlich die endgültige Legitimation des Begriffes „Revolution“. Durch den

gesteigerten Bedarf an industriellen Arbeitskräften entstand ein signifikanter Rückgang der

Beschäftigungsverhältnisse im Handwerk und der Landwirtschaft. Die neue

Gesellschaftsschicht der Fabrikarbeiter sorgte für ein starkes Wachstum der urbanen Räume.

Die Industrialisierung der Arbeit, die Verbesserung der Transportsysteme und die Erhöhung

der Produktivität von Grundversorgungsmitteln wie Nahrung und Kleidung sorgte für einen

sprunghaften Anstieg der Bevölkerungszahlen zwischen dem 18. Und 19. Jahrhundert. (vgl.

Bauernhansel, ten Hompel, & Vogel-Heuser, 2014, S. 5)

Die Schlüsseltechnologien bzw. -innovationen, die mit der zweiten industriellen Revolution in

Verbindung gebracht werden, können nicht derart präzise identifiziert werden, wie es bei der

ersten industriellen Revolution der Fall ist. Sehr häufig werden jedoch die Einführung des

permanenten Fließbandes 1913 zur Fertigung des Ford Modell T sowie die arbeitsteilige

Produktion nach Frederic W. Taylor als Startpunkte der zweiten industriellen Revolution

genannt. (vgl. u.a. ebd. S. 6; Kagermann, Lukas, & Wahlster 2011; Siepmann, 2016 S. 19)

Röben nennt als Schwerpunkte der Industrialisierung, während des Übergangs vom 19. ins 20.

Jahrhundert, die Entstehung der elektrotechnischen Industrie und den Übergang zur

Massenfertigung in der chemischen Industrie. Die Inbetriebnahme des ersten

Starkstromkraftwerkes 1882 in New York hatte die beginnende Verbreitung der Elektrizität als

Energieträger zur Folge. In Verbindung mit der Einführung von Elektromotoren konnte im

weiteren Verlauf der Geschichte eine erste Dezentralisierung der Energieversorgung von

Produktionsstätten erreicht werden. Ein weiterer wichtiger Katalysator der zweiten

industriellen Revolution ist für Röben die Industrialisierung des Erfindertums. Der technische

Fortschritt hing nicht mehr nur allein von individuellen Erfinderpersönlichkeiten ab, sondern

wurde durch die Gründung von Forschungslaboren institutionalisiert. Besonders in

Deutschland und Frankreich hatte die Etablierung von Forschungsinstituten eine erhebliche

Auswirkung auf die Entwicklung der Chemieindustrie, die naturwissenschaftliche Erkenntnisse

aus der Forschung direkt in neue Produkte, wie beispielsweise synthetische Farben, umsetzen

konnte. (vgl. Röben, 2017, S. 31 ff.)

Das Wesen der zweiten industriellen Revolution hat sich demzufolge längst nicht nur durch die

Einführung der Fließbandfertigung entfaltet. Umfassender betrachtet ist es vielmehr der Einzug

der Wissenschaft in die industrielle Produktion, die in dieser Zeit das Volumen der

Wertschöpfung ansteigen lies. Dabei ist anzumerken, dass nicht nur die Einführung und

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Expansion von Lehrstühlen für Maschinenbau, Elektrotechnik oder Chemie an technischen

Universitäten gemeint ist, sondern dass auch Erkenntnisse der Arbeitspsychologie und der

Betriebswirtschaftslehre (wissenschaftliche Betriebsführung nach Taylor) Einfluss auf die

industrielle Produktion hatten.

Die Ablösung der Elektronenröhre durch den Transistor stellt für Röben den Auslöser für die

dritte industrielle Revolution dar. Die intensive Forschung an der Halbleitertechnologie in den

Bell Laboratorien, die den Transistor als technisches Artefakt und Forschungsergebnis

hervorbrachten, sind demnach ein weiterer Beleg für die Industrialisierung von Forschung und

Erfindertum. Die Bell Laboratorien, die 1925 von der Firma Western Electric gegründet

wurden, forschten im Bereich Telekommunikation und Elektrotechnik zur Verbreitung des Bell

Telefonsystems in den USA. William B. Shockley, John Bardeen und Walter Brattain erhielten

1956 den Physik - Nobelpreis für die Entdeckung des Transistoreffektes im Jahre 1947.

Besonders das Anwerben der Festkörperphysiker Shockley und Bardeen, die aus dem

universitären Forschungskontext in eine Institution mit überwiegend wirtschaftlichem Interesse

wechselten, kann als weiterer Beleg für die ökonomisch motivierte Forschungskultur des frühen

20. Jahrhunderts angesehen werden. (vgl. Röben, 2017, S. 37 f.)

Auch wenn die Entwicklung des Transistors die Verbreitung des Computers im heute gekannten

Ausmaß erst ermöglichte, so sehen die Schöpfer des Industrie 4.0 - Begriffs die eigentliche

dritte industrielle Revolution erst im Einzug von IT und Automationsprozessen in der

industriellen Massenproduktion. (vgl. Kagermann, Lukas, & Wahlster, 2011)

Ein beeindruckendes Beispiel hierfür ist die Firma SAP, die 1972 im baden-württembergischen

Weinheim gegründet wurde. Die Systemanalyse und Programmentwicklung GbR entwickelt

zunächst Programme, die Buchhaltung und Lohnabrechnungen per Großrechner ermöglichen

sollten und baut das standardisierte und modularisierte Softwaresystem mit Komponenten zur

Produktionsplanung, Logistik und Materialwirtschaft immer weiter aus. (vgl. SAP SE, 2017)

Heute ist SAP mit mehr als 80.000 Mitarbeitern weltweit und einem Jahresumsatz von 23

Milliarden Euro der viertgrößte Softwarehersteller der Welt. (vgl. SAP SE, 2018, S. 4 ff.)

Eine weitere technische Innovation des 20 Jahrhunderts, die die industrielle Wertschöpfung

massiv beeinflusst hat, ist die rasante Verbreitung des Internets. Als gemeinsames Projektes des

MIT und des amerikanischen Verteidigungsministeriums wurde 1969 das aus vier in den USA

verteilten Großrechnern bestehende APRANET in Betrieb genommen. Die Verbreitung des

Internets revolutionierte allerdings mehr als nur die Produktion in Unternehmen, die

Kommunikation zwischen Geschäftspartnern sowie die Vertriebsmöglichkeiten für Produkte.

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Der gesamtgesellschaftliche Einfluss des weltweiten Computernetzwerkes lässt sich an

geschätzten 3,4 Milliarden Nutzern weltweit und rund 280 Milliarden täglich versendeten E-

Mails im Jahr 2017 ablesen. (vgl. Statista, kein Datum)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die dritte industrielle Revolution in den Zeitraum des

digitalen Zeitalters fällt, welches durch die Erfindung des Computers und der Verbreitung des

Internets begann. Obwohl der Transistor zweifelsohne die Basis für die Computer -

Technologie bildet, sind in diesem Stadium der Industrialisierung jedoch Softwarelösungen,

speicherprogrammierbare Steuerungen und robotergestützte Fertigungssysteme die

Technologien, die einen deutlichen Anstieg der Wertschöpfung mit sich bringen.

Zwischen der zunehmenden Automatisierung der Produktion und den sozioökonomischen

Veränderungen gegen Ende des 20. Jahrhunderts lässt sich ein Bedingungszusammenhang

erkennen. Durch die zunehmende Befriedigung der Grundbedürfnisse einer

Wohlstandsgesellschaft entstand ein neues Qualitätsbewusstsein sowie ein Bedürfnis von

Individualisierung der Konsumenten. Der Wandel vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt, der

ein neues Maß an Kundenorientierung mit sich brachte, konnte und kann bis heute durch einen

hohen Grad an Automation und Flexibilität der Produktionsanlagen mitgetragen werden. (vgl.

Bauernhansel, ten Hompel, & Vogel-Heuser, 2014, S. 7 f.) Diese Flexibilität und

Kundenorientierung kann im Vergleich mit der Zeit der zweiten industriellen Revolution als

ein industrieller Paradigmenwechsel identifiziert werden. Schließlich vertrat Henry Ford nur

wenige Jahrzehnte zuvor die Ansicht: „Any customer can have a car painted any colour that

he wants, so long as it is black.” (Ford, 1922, S. 45)

Folglich kann festgehalten werden, dass jene Umbrüche in der industriellen Produktion der

letzten Jahrhunderte, die als industrielle Revolutionen bezeichnet werden, stets mit dem

Aufkommen und der Implementierung neuer Technologien in Zusammenhang gebracht werden

können. Dabei bestand und besteht auch immer ein direkter, wechselseitiger Zusammenhang

mit sozioökonomischen und gesellschaftlichen Wandlungsprozessen. Da Deutschland nach

Aussage von Kagermann, Lukas und Wahlster an der Schwelle von der dritten in die vierte

Revolution steht und auch um den Begriff „Industrie 4.0“ greifbarer zu machen, soll im

Folgenden untersucht werden, welche Schlüsseltechnologien den Paradigmenwechsel in der

Industrie auslösen sollen und welcher wirtschaftliche Nutzen sich durch ihre Einführung erhofft

wird.

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2.2 Basistechnologien der vierten industriellen Revolution

Bereits in dem Artikel, dem die erstmalige Veröffentlichung des Begriffs „Industrie 4.0“

zugeschrieben wird, werden wichtige Technologien genannt, die den Weg in ein neues

Industriezeitalter ebnen sollen. Konkret heißt es dort: „Die dritte industrielle Revolution, die

durch neue Materialen, Robotereinsatz und zentrale Steuerungssysteme geprägt war, wird in

der nächsten Dekade mit dem Internet der Dinge auf der Basis Cyber-Physischer Systeme

abgelöst[…]“ (Kagermann, Lukas, & Wahlster, 2011) Auch in der kurz darauf veröffentlichten

High – Tech Strategie der Bundesregierung tauchen die Begriffe „Cyber-Physische Systeme“

und „Internet der Dinge“ immer wieder auf. Die Forschung auf diesen Gebieten wird als

entscheidender Erfolgsfaktor für das Erreichen der Ziele des Zukunftsprojektes Industrie 4.0

gesehen. (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2012, S. 52 f.)

2.2.1 Cyber-Physische Systeme

Wenn man versucht eine Technologie zu identifizieren, die für Industrie 4.0 einen ähnlich

hohen Stellenwert hat, wie die Dampfmaschine für die erste industrielle Revolution, so stößt

man innerhalb der Literatur immer wieder auf Cyber-Physische Systeme, kurz CPS. (vgl. u. a.

Andelfinger & Hänisch, 2017 S. 3; Siepmann, 2016 S. 22; Bauernhansel & ten Hompel, 2014

S. 15f; Gorldt, 2017 S. 97)

Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich bei Cyber-Physischen Systemen um Gegenstände aus

Alltag, Technik und Umwelt, die mit Informationstechnologie versehen werden. Durch

Sensorik werden Daten aus der Umwelt erfasst, innerhalb des CPS werden die Daten verarbeitet

und schließlich wird durch Aktoren reaktiv in die Umwelt eingegriffen. (vgl. Veigt, Lappe,

Hribernik, & Scholz-Reiter, 2013, S. 15)

Abbildung 1: Schematischer Aufbau eines CPS

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Die Verbindung von Computertechnologie mit physischen Gegenständen ist bereits seit

mehreren Jahren ein verbreitetes Interessenfeld. So sind beispielsweise Förderbänder,

Bearbeitungsmaschinen oder sogar Alltagsgegenstände, wie Waschmaschinen, mit Sensoren

und Prozessoren ausgestattet, die den Zustand der Maschine überwachen und bei einer

Veränderung der äußeren Einflüsse reagieren.

Der entscheidende Unterschied zwischen diesen eingebetteten Systemen und Cyber-Physischen

Systemen ist, dass CPS auf mehreren Kognitionsebenen reagieren können. Diese drei Ebenen

werden mit „nicht kognitiv“, „assoziativ“ und „kognitiv“ bezeichnet. (vgl. Gausemeier,

Dumitrescu, Jaspernite, & Kühn, 2016, S. 8 f.)

Wodurch eingebettete Systeme von CPS abzugrenzen sind, soll durch folgendes Beispiel

verdeutlicht werden: In einer Waschmaschine befindet sich an der Ladeluke ein Schalter, der

als Schließer fungiert. Das bedeutet, solang die Tür geöffnet ist, kann das Waschprogramm

nicht gestartet werden. Da diese Regulierung des Maschinenzustandes auf das simple Öffnen

und Schließen eines Schaltkreises aufbaut, würde man sie als „nicht kognitiv“ bezeichnen. Des

Weiteren hat die Maschinen Sensoren an der Trommel, die das eingefüllte Gewicht messen und

daraufhin eine Wasserfüllmenge festlegen. Diese Entscheidung kann als „assoziativ“

eingestuft werden, da ein Sensor eine Eingangsgröße aufnimmt, der Prozessor eine Sollgröße

berechnet und diese an einen Aktor weiterleitet.

Als Beispiel für ein CPS mit Industrie 4.0 Technologie ist eine Fräsmaschine denkbar, die durch

mehrere Sensoren den Schwingungszustand des Fräsers misst. Durch das permanente Sammeln

dieser Schwingungsdaten während der Betriebszeit, kann der Prozessor in der Maschine

berechnen, wann der Fräser vermutlich ausgetauscht werden muss. Die Fähigkeit, Daten zu

sammeln, zu verarbeiten und darauf basierend Entscheidungen zu treffen, kann der „kognitiven

Regulierung“ zugesprochen werden. Sie wird auch als „Machine Learning“ bezeichnet und ist

eng mit dem Forschungsgebiet der künstlichen Intelligenz verbunden.

Im weiteren Verlauf kann die Software der Maschine über eine Internetverbindung auf die

Terminkalender aller Mitarbeiter der Instandhaltung zugreifen und sucht sich selbstständig

einen Mitarbeiter, der zu dem errechneten Zeitpunkt verfügbar ist, an dem der Fräser getauscht

werden muss und stellt den Termin für den Fräserwechsel ein. Da alle Maschinen der

Produktion miteinander kommunizieren können, gibt die Fräsmaschine gleichzeitig ein Signal,

dass sie während des Wartungszeitraumes nicht für die Bearbeitung weiterer Bauteile zur

Verfügung steht. An diesem Beispiel wird ein weiterer entscheidender Fortschritt von CPS

gegenüber eingebetteter Systeme deutlich. CPS sind in der Lage sowohl untereinander, als auch

über Mensch-Maschine Schnittstellen zu kommunizieren. Begreift man das Internet weniger

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als Medium und mehr als Technologie, so ergeben sich aus der Kommunikationsfähigkeit von

Cyber-Physischen Systemen einige Aspekte, die ebenfalls als Basistechnologien für Industrie

4.0 verstanden werden können und deshalb in aller Kürze erläutert werden sollen.

2.2.2 Das Internet der Dinge

Wie bereits unter 2.1 erwähnt, war und ist das Internet ein bedeutender Innovationstreiber des

späten 20. Jahrhunderts. Wenn nun in Zukunft immer mehr physische Gegenstände (Autos,

Uhren, Heizungssteuerungen und auch Produktionsanlagen) mit kommunikationsfähiger

Informationstechnologie versehen werden, dann wird eine Weiterentwicklung des Internets als

Kommunikationskanal unumgänglich.

Seit etwa 30 Jahren wird der IPv4 Adressraum als Standard verwendet, um internetfähigen

Geräten eine Adresse zuzuweisen. Eine solche Adresse besteht aus 32 Bit, was eine Mächtigkeit

des Adressraumes von 232 bedeutet. Da diese „lediglich“ 4,29 Milliarden Adressen aber als

bereits vergeben gelten, wird aktuell jedem Haushalt nur eine öffentliche IPv4 Adresse

zugewiesen. Allen in diesem Haushalt (oder Produktionsstandort) angeschlossenen Geräten

wird daraufhin eine interne, private Adresse zugewiesen. Durch die schrittweise

Implementierung des IPv6 Standards soll es durch 2128 verfügbare Adressen möglich werden,

jedem internetfähigen Gegenstand eine öffentliche-IP Adresse zuzuweisen. Dieses neue

Internet, in dem physische Dinge direkt über eine eigene IP-Adresse angesprochen und ggf.

gesteuert werden können, wird als „Internet der Dinge“ (Internet of Things – IoT) bezeichnet.

(vgl. Quast, 2016, S. 27)

Google erhebt seit 2010 Daten darüber, wie viele Zugriffe die Webseite von Geräten erhält, die

den IPv6 Standard nutzen. Demzufolge sind aktuell 38% der deutschen IP-Adressen nach dem

IPv6 Protokoll klassifiziert4. (vgl. Google LLC, 2018)

Trotz der bisher eher mäßigen Verbreitung schreibt das Bundesministerium für Bildung und

Forschung dem „Internet der Dinge“ eine wichtige Rolle im Zukunftsbild Industrie 4.0 zu.

Durch die Vernetzung von Produktionsanlagen erhofft man sich die Überwachung und

Steuerung von Prozessen in Echtzeit, sowohl am eigenen Standort als auch über große

Entfernung und auf internationaler Ebene. Als weiteren Vorteil wird im Zukunftsbild Industrie

4.0 die Möglichkeit der horizontalen Integration genannt. Mehrere Unternehmen könnten sich

über das „Internet der Dinge“ zu Wertschöpfungsnetzwerken vernetzen, um so für eine

optimale Ausnutzung der Ressourcen zu sorgen. Intelligente CPS haben in diesem Zukunftsbild

4 Stand: Mai 2018

Page 17: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

17

die Aufgabe, autonom zu agieren und dezentral die Produktionskapazitäten zu verteilen. (vgl.

Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2013, S. 6)

2.2.3 Big Data

Geht man davon aus, dass in den nächsten Jahren tatsächlich alle nur denkbaren

Alltagsgegenstände mit dem Internet verbunden sein werden, dann ergibt sich der exponentielle

Anstieg der produzierten und verbreiteten Daten als nur allzu logische Konsequenz.

Die weltweit produzierte Datenmenge ist so groß, dass es schlicht nicht möglich ist, verlässliche

Zahlen über die jährlich produzierte Menge an digitalen Daten zu finden.

„Big Data“ beschreibt daher weniger eine Technologie, sondern eher eine Herausforderung, die

dadurch entsteht, dass eine enorme Menge an unsortierten Daten strukturiert und verarbeitet

werden muss, um daraus einen individuellen Nutzen zu ziehen. Ein weniger bekannter, aber

synonymer Begriff ist das „Data Mining“. Es geht dabei darum, eine möglichst große Menge

an Daten zu bekommen und mittels softwarebasierter Auswertungsmethoden Aussagen über

diese Daten treffen zu können. (vgl. Bauernhansel, ten Hompel, & Vogel-Heuser, 2014, S. 44)

Ein sehr prominentes Beispiel für die Big Data Analyse ist die Firma Cambridge Analytica. Im

Sommer 2014 entwickelte ein Mitarbeiter der Firma eine Facebook App, die den Nutzern der

App nach der Teilnahme an kurzen Umfragen eine Art digitale Persönlichkeit aufzeigen sollte.

Im Rahmen der Datenschutzrichtlinien von Facebook konnte die App so nicht nur auf die

Nutzerdaten der Teilnehmer, sondern auch auf die Daten aller ihrer Freunde zugreifen. Die so

erhaltenen etwa 87 Millionen Datensätze konnten anschließend analysiert und in

psychologischen Profilen verwertet werden. Bis heute ist umstritten, inwieweit Cambridge

Analytica am Wahlsieg von Donald Trump im Jahr 2016 beteiligt war. (vgl. Riley, Frier, &

Baker, 2018)

Im März 2018 veröffentlichte der Guardian ein Interview mit einem ehemaligen Mitarbeiter der

„Vote Leave“ - Kampagne. Die Kampagne hatte zum Ziel, im Vorfeld des Brexit Referendums

im Jahre 2016, Bürger des Vereinten Königreichs dazu zu bewegen, für einen Austritt

Großbritanniens aus der EU zu stimmen. Knapp vier Millionen Pfund des Wahlkampfbudgets

wurden, nach Aussagen des ehemaligen Mitarbeiters, an eine kanadische Firma überwiesen, die

sich mit der Analyse von Nutzerdaten beschäftigte und eng mit Cambridge Analytica

zusammenarbeitete. Die Daten wurden daraufhin genutzt, um „überzeugbare“ Bürger zu

identifizieren und die Bemühungen der Kampagne auf diese Personengruppe zu fokussieren.

(vgl. Cadwalladr, 2018)

Page 18: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

18

Ein Beispiel aus dem industriellen Umfeld ist das vom Bundesministerium für Bildung und

Forschung geförderte Projekt „iPRODICT“. Der Stahlproduzent Saarstahl AG, der als

Praxispartner des Projektkonsortiums gewonnen werden konnte, erfasst im Jahr mehr als 100

Terrabyte an Daten zur Prozess- und Qualitätsüberwachung. Ziel des Projektes ist es, die große

Datenmenge zur Optimierung von Prozess- und Geschäftsabläufen zu nutzen. Durch das

algorithmengestützte Suchen von Mustern und deren Verknüpfung mit auftretenden

Qualitätsabweichungen sollen Störungen im Produktionsprozess erkannt werden, bevor diese

tatsächlich eintreten. Kann eine zuverlässige Prognose über die zu erwartende

Qualitätsabweichung getroffen werden, so sollen die entsprechenden Prozessparameter

automatisch nachjustiert werden. Durch die Big Data Analyse der Daten wird sich erhofft, dass

bereits bestehende Sensornetzwerk nicht mehr ausschließlich zur Prozessüberwachung nutzen

zu können, sondern eine aktive und autonome Prozesssteuerung zu etablieren, die

Entscheidungen auf Grundlage einer breiten Datenbasis trifft. (vgl. iPRODICT, 2015)

Trotz der Tatsachen, dass Cambridge Analytica im Mai 2018 Insolvenz angemeldet hat und

noch kein Abschlussbericht des iPRODICT Projektes vorliegt, lassen die gezeigten Beispiele

dennoch den Schluss zu, dass in der softwaregestützten Analyse großer Datenmengen ein

außerordentliches Potential liegt. Wird im Kontext von Industrie 4.0 von „Big Data“

gesprochen, dann ist damit die Offenlegung und Nutzbarmachung dieses Potentials gemeint.

2.3 Begriffliche Abgrenzung

Mit der Website Google Trends ist es möglich, die relative Häufigkeit verschiedener

Suchbegriffe miteinander zu vergleichen.

Abbildung 2: Relativer Vergleich der Google Suchanfragen für "Industrie 4.0" und "Digitalisierung“

Page 19: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

19

Aus Abbildung 2 lässt sich ablesen, dass der Begriff der Digitalisierung schon länger verwendet

wird als die vergleichsweise junge Bezeichnung „Industrie 4.0“. Des Weiteren lässt sich

erkennen, dass eine scheinbare Korrelation zwischen der Verbreitung der beiden Begriffe

besteht, denn nach der Veröffentlichung des Begriffs „Industrie 4.0“ in den frühen 2010er

Jahren, stieg die Anzahl der Google Suchanfragen für „Digitalisierung“ in ähnlicher Weise an.

Obwohl der Digitalisierungsbegriff äußerst vielschichtig ist und seine Definition häufig einen

konkreten Kontext voraussetzt, lässt sich „Digitalisierung“ als eine Art Übersetzungsprozess

verstehen. Dabei werden Informationen jeglicher Art in digitale Signale übersetzt, die von

Computern verarbeitet werden können. (vgl. Neugebauer, 2018, S. 9) Beispielsweise wurden

vor noch nicht allzu langer Zeit Fotografien zunächst durch eine definierte Belichtungszeit auf

einem Negativfilm festgehalten, um später durch einen fotochemischen Prozess auf Papier

gespeichert zu werden. Heute werden Fotografien durch lichtempfindliche Sensoren

aufgenommen, die das Licht, das durch die Linse dringt, nach Wellenlängen unterscheiden, in

binäre Signale umwandeln und anschließend auf Speichermedien festhalten. Die Verdrängung

des herkömmlichen Entwicklungsprozesses durch die neue Technologie wird deshalb als

„Digitalisierung der Fotografie“ bezeichnet.

Eng verbunden mit dem Begriff der Digitalisierung scheint ebenfalls die Verbreitung der

Medien, die die digitalen Informationen wieder in eine für den Menschen wahrnehmbare Form

zurückübersetzen. Ein Tablet kann beispielsweise als Konsummedium für audiovisuelle Daten

angesehen werden, gleichzeitig ist es aber auch in der Lage, die Handschrift des Nutzers in

digitale Daten umzuwandeln, die von Prozessoren weiterverarbeitet werden können.

Wolf und Strohschen wählen daher eine etwas weiter gefasste Definition für den

Digitalisierungsbegriff: „Wir sprechen von Digitalisierung, wenn analoge

Leistungserbringung durch Leistungserbringung in einem digitalen, computerhandhabbaren

Modell ganz oder teilweise ersetzt wird.“ (Wolf & Strohschen, 2018) Diese Definition erlaubt

die Annahme, dass auch von Digitalisierung gesprochen werden kann, wenn Daten aus der

realen Welt in binäre Signale umgewandelt werden, ohne dass sie später wieder in eine für den

Menschen wahrnehmbare Form gebracht werden. Empfänger der erwähnten

Leistungserbringung kann demzufolge auch ein anderes technisches System sein.

Als Gemeinschaftsprojekt der Wirtschaftsverbände BITKOM, ZVEI und VDMA wurde 2013

die Plattform Industrie 4.0 gegründet. Die Plattform, die mittlerweile von den

Bundesministerien für Wirtschaft und Energie, Bildung und Forschung sowie weiteren

Repräsentanten aus Wirtschaft und Industrie geleitet wird, hat das Ziel, Forschungen im Bereich

von Industrie 4.0 zu koordinieren und die Ergebnisse für deutsche Unternehmen zur Verfügung

Page 20: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

20

zu stellen. Zur Definition des Begriffs „Industrie 4.0“ heißt es auf der Webseite: „In der

Industrie 4.0 verzahnt sich die Produktion mit modernster Informations- und

Kommunikationstechnik. Treibende Kraft dieser Entwicklung ist die rasant zunehmende

Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Sie verändert nachhaltig die Art und Weise,

wie zukünftig in Deutschland produziert und gearbeitet wird […].“ (Plattform Industrie 4.0,

2018)

Die Definition, die in ihrer vollen Länge etwa eine DIN A4 Seite füllt, lässt erkennen, dass

Digitalisierung und Industrie 4.0 in enger Verbindung stehen. Die Digitalisierung von

Wirtschaft und Gesellschaft wird als treibende Kraft für das Voranschreiten von Industrie 4.0

genannt. Industrie 4.0 aber lediglich als Digitalisierung in der industriellen Produktion zu

bezeichnen, wäre deutlich zu kurz gegriffen. Die weiter oben erörterten Veränderungen, die als

„Digitalisierung“ bezeichnet werden und schon seit vielen Jahren in allen gesellschaftlichen

Bereichen wiederzufinden sind, können im industriellen Umfeld bereits im Zeitraum der dritten

industriellen Revolution beobachtet werden (vgl. 2.1). Bereits durch die Einführung von

Computern zu Fertigungsplanung, speicherprogrammierbaren Steuerungen zur

Fertigungssteuerung und Robotern zur eigentlichen Fertigung wurde „analoge

Leistungserbringung durch Leistungserbringung in computerhandhabbaren Modellen“ ersetzt.

Das, was den Kern von Industrie 4.0 bedeutet, das eigentlich Revolutionäre, ist also nicht die

Digitalisierung, sondern die Vernetzung.

Wenn im Rahmen dieser Arbeit der Begriff „Industrie 4.0“ verwendet wird, dann ist damit

folgendes gemeint:

„Die Etablierung von vernetzten Cyber-Physischen Systemen, dem Internet der

Dinge und weiteren Informations- und Kommunikationstechnologien im Umfeld der

industriellen Produktion mit dem Ziel der Optimierung und Flexibilisierung der

gesamten Wertschöpfungskette.“

Wenngleich es nur offensichtlich scheint, dass die Einführung von modernsten Informations-

und Kommunikationstechnologien die Industrie in Deutschland nachhaltig verändern wird, so

ist die Bezeichnung „vierte industrielle Revolution“ nicht unumstritten. Die Technologien, die

als Schlüsseltechnologien für diese industrielle Revolution angesehen werden, können ebenso

als Weiterentwicklung bereits bekannter (Automatisierungs-) Technologien eingeordnet

werden. So kommen Barthelmäs et al. zu dem Schluss, dass es sich bei den aktuellen

Entwicklungen eher um eine Evolution handelt und wenn man überhaupt von einer industriellen

Page 21: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

21

Revolution sprechen sollte, der Begriff „Industrie 3.1“ angebrachter wäre. (vgl. Barthelmäs,

Haußmann, Kupke, Schneider, & Selbach, 2017, S. 52 f.) Dieser Meinung schließen sich

Hartmann et al. an. In ihrem Beitrag zur Einschätzung der Relevanz von Industrie 4.0 erfüllt

der Themenkomplex alle Kriterien eines Hypes. Ferner heißt es dort: „Es wäre vermessen im

Kontext von Industrie 4.0 von einer technologischen Revolution zu sprechen. Vielmehr handelt

es sich um eine konsequente Weiterentwicklung, einer Evolution, der einzelnen

Technologiebereiche.“ (Hartmann, Apt, Shajek, Stamm, & Wischmann, 2017, S. 58)

Hirsch-Kreinsen wiederum spricht von „disruptiven Prozessinnovationen“ (Hirsch-Kreinsen,

2014, S. 5), und legt dabei ein besonderes Augenmerk auf die völlige Neuartigkeit der

Beziehung zwischen Mensch und Technik, die durch mehr oder minder intelligente Maschinen

entstehen wird. (ebd. S. 9 f.)

Röben mahnt schließlich zur Geduld, da die vierte industrielle Revolution die erste sei, die

ausgerufen wird, bevor sie überhaupt erfolgt. Er erklärt, dass eine neue industrielle Revolution,

so es denn überhaupt eine geben wird, erst festgestellt werden kann, sobald sich das

spektakuläre Interesse an dem Thema gelegt hat und somit ein rationaler, retrospektiver Blick

auf die neuen Strukturen freigegeben wird. (vgl. Röben, 2017, S. 44)

Neben dem Inhalt des Industrie 4.0 – Begriffs, der weiter oben bereits umrissen wurde, lässt

sich bezüglich der Charakteristik des Begriffes festhalten, dass der Revolutionscharakter

tendenziell eher fraglich erscheint. Vielmehr handelt es sich um eine Art Label, das ein

Konglomerat aus Technologien sowie alle Implementierungsbemühungen dieser Technologien

zusammenfasst.

Im Jahr 2018 können internationale Wirtschaftsstrukturen Länder- und Kontinentalgrenzen

ohne weiteres überwinden. Um ein tieferes Verständnis für den Industrie 4.0 - Begriff zu

erhalten, scheint es deshalb sinnvoll, zumindest einen oberflächlichen Blick darauf zu werfen,

wie andere strukturstarke Wirtschaftsregionen der Welt mit der Digitalisierung und Vernetzung

der industriellen Produktion umgehen und welche langfristigen Ziele damit erreicht werden

sollen.

In einem Verbundprojekt des Heinz-Nixdorf-Institutes der Universität Paderborn, der RWTH

Aachen und dem Karlsruher Institut für Technologie wurde eine Art internationaler Benchmark

erstellt, der die Industrie 4.0 - Entwicklungen in einem internationalen Kontext beleuchten soll.

Es wurde unter anderem festgestellt, dass im europäischen Raum die innovativen Technologien,

die in der Industrie Einzug halten, das übergeordnete Ziel einer humanzentrierten Arbeitswelt

verfolgen. Der Aufbau und Erhalt nachhaltiger Arbeitsplätze, die Wiederherstellung der

Page 22: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

22

Wettbewerbsfähigkeit als Produktionsstandort und die Steigerung der Produktivität werden

darunter verstanden.

In den USA, wo der Begriff „Industrie 4.0“ weitgehend unbekannt ist, verfolgt man vorrangig

das Ziel, durch die digitale Transformation der Arbeitswelt gänzliche neue Geschäftsmodelle

mit Dienstleistungscharakter aufzubauen. „Smart Services“, „Internet of Things“ und „Big Data

– Analytics“ sind die Schlagworte, die in den Vereinigten Staaten die aktuellen Entwicklungen

im Bereich der digitalisierten Wertschöpfung beschreiben. In China sollen die neuen

Technologien dazu genutzt werden, den Automatisierungsgrad bereits bestehender

Produktionsstätten zu erhöhen und dort vernetzte Systeme einzusetzen, wo sich damit eine

deutliche Verringerung der Produktionszeit für Güter erreichen lässt. Der Erhalt der globalen

Führungsrolle im Bereich der Produktion ist das übergeordnete Ziel. Besonders die starken

Maschinenbau- und Elektronikindustrien in Japan und Südkorea konzentrieren ihre

Bemühungen in Richtung der vernetzten Produktionssysteme. Der Aufbau und die Vernetzung

von flächendeckend verteilten Smart Factories, die (teil-) autonom produzieren, reagieren und

kommunizieren wird angestrebt. Als weiteres Geschäftsfeld ergibt sich demnach die

kommerzielle Nutzung funktionierender Modelle, sobald diese erfolgreich im eigenen Konzern

getestet wurden. Das übergeordnete Ziel des hohen Grades an Automatisierung und Autonomie

ist das Vermeiden von Produktivitätsverlusten, die aufgrund des rasant voranschreitenden

demografischen Wandels in diesen Ländern befürchtet werden. (vgl. Gausemeier & Klocke,

2016, S. 33 ff.)

Im vorangegangen Kapitel konnte aufgezeigt werden, wo der Begriff „Industrie 4.0“ seinen

Ursprung genommen hat und warum seine Schöpfer von einer „vierten industriellen

Revolution“ sprechen. Nachdem die Schlüsseltechnologien, die der Begriff beschreibt, in

konzentrierter Weise erläutert wurden, war es nötig, den Begriff von der „Digitalisierung“

abzugrenzen und eine Begriffscharakteristik zu vereinbaren, da die Bezeichnung „Revolution“

durchaus infrage zu stellen ist. Durch eine Übersicht einiger weniger Beispiele für die

Wahrnehmung von Industrie 4.0 aus dem international Kontext konnte abschließend ein

umfassendes und tiefgreifendes Bild des Begriffes „Industrie 4.0“ skizziert werden.

Page 23: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

23

3 Berufsbildung 4.0 – Reaktionen der beruflichen Bildung

Als Reaktion auf die Veränderungen in der Arbeitswelt, die als „Industrie 4.0“ bezeichnet

werden, haben das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das Bundesinstitut für

berufliche Bildung im Sommer 2016 die gemeinsame Dachinitiative „Berufsbildung 4.0“ ins

Leben gerufen. Die Initiative verfolgt im Wesentlichen zwei Hauptziele. Zum einen soll eine

Plattform geschaffen werden, auf der die Forschungsergebnisse zusammenlaufen, die die

Thematik Industrie 4.0 und Digitalisierung in der beruflichen Bildung betreffen. Durch das

Filtern und Prüfen der Ergebnisse auf ihren Wert für allgemeingültige Aussagen und Impulse

für die berufliche Bildung sowie die öffentlichkeitswirksame Einbringung in der digitalen

Agenda der Bundesregierung wird sich die Reichweitenmaximierung einzelner

Forschungsergebnisse erhofft. Das zweite Hauptziel der Initiative besteht in der aktiven

Steuerung der Entwicklung der beruflichen Bildung bezüglich der Digitalisierung. Innerhalb

verschiedener Förderlinien werden gezielt Projekte unterstützt, die beispielsweise die

zukünftigen Qualifikationsbedarfe ermitteln, auf eine explizite Unterstützung von KMUs

abzielen oder den Schwerpunkt der Kompetenzorientierung und -messung in einen digitalen

Kontext setzen.

Im folgenden Kapitel sollen einzelne Projekte der Dachinitiative Berufsbildung 4.0 näher

beleuchtet werden, um einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu erhalten, die

die Industrie 4.0 relevanten Inhalte in einen berufspädagogischen Kontext setzt. Erste

Ergebnisse dieser Forschung sind die sich aktuell in Überarbeitung befindlichen

Rahmenlehrpläne für die industriellen Metall- und Elektroberufe5. Neben den aktuellen

Forschungsergebnissen könnte ein hermeneutischer Blick auf die Entwürfe der überarbeiteten

Ordnungsmittel ebenfalls dazu beitragen, eine begriffliche Eingrenzung der Bezeichnung

„Berufsbildung 4.0“ vorzunehmen.

3.1 Ermittlung zukünftiger Qualifikationsanforderungen

Geht man davon aus, dass die bereits vorgestellten Technologien einen Wandel der industriellen

Produktion nach sich ziehen, dann liegt es auf der Hand, dass besonders auf das Personal auf

Facharbeiterebene neue Anforderungen zukommen werden. Da die Vermittlung beruflicher

Handlungskompetenz eine der Kernaufgaben beruflicher Bildung ist, liegt das

5 Stand: Mai 2018

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24

Hauptaugenmerk der aktuellen Forschung auf der Frage: Welche Inhalte, Fähigkeiten und

Kompetenzen müssen in die berufliche Bildung aufgenommen werden, um auch zukünftig den

Aufbau beruflicher Handlungskompetenz zu gewährleisten?

Um die Frage zumindest in Ansätzen beantworten zu können, sollen im Folgenden mehrere

ausgewählte Studien vorgestellt und ihre Ergebnisse miteinander verglichen werden.

Im April 2016 wurde eine vom Verband der Bayrischen Metall- und Elektro Arbeitgeber in

Auftrag gegebene und der Universität Bremen durchgeführte Studie veröffentlicht, die sich mit

der durch Industrie 4.0 bedingten Veränderung der Arbeits- und Ausbildungswelt beschäftigte.

Die Studie verfolgte unter anderem die Ziele, diejenigen Berufe zu identifizieren, die bereits

zum jetzigen Zeitpunkt von den Entwicklungen im Kontext von Industrie 4.0 betroffen sind,

Kompetenzenzanforderungen zu benennen, die zukünftig in Aus- und Weiterbildung einen

erhöhten Stellenwert erhalten werden und abzuschätzen, inwieweit sich die

Beschäftigungsstruktur innerhalb von industriellen Unternehmen zukünftig verschieben wird.

(vgl. bayme vbm, 2016, S. 17 ff.)

Ein zentrales Ergebnis der Studie besagt, dass auch zukünftig Arbeitskräfte mit gewerblich

technischer Berufsausbildung und darauf aufbauenden, fachspezifischen Weiterbildungen sehr

gute Beschäftigungschancen haben werden. Eine Befragung von Führungskräften ergab, dass

die Anzahl der genannten Fachkräfte stabil bleiben oder sogar ansteigen wird, wenn sie in

Industrie 4.0 relevanten Schwerpunkten qualifiziert sind. Arbeitsplätze für un- und angelernte

Arbeitskräfte werden dagegen deutlich zurückgehen und in hochautomatisierten

Produktionsstätten gänzlich verschwinden (vgl. ebd. S. 3). Dieses Forschungsergebnis

widerspricht der berühmten These von Frey und Osborne, die davon ausgeht, dass 47% aller

Jobs innerhalb der nächsten Jahre durch Roboter und automatisierte Anlagen ersetzt werden.

(vgl. Frey & Osborne, 2013, S. 44) Des Weiteren lässt sich aus diesem Forschungsergebnis der

- auch zukünftig - hohe Stellenwert der beruflichen Ausbildung ableiten, denn die guten

Beschäftigungsmöglichkeiten sind an die Bedingung einer fundierten fachlichen Ausbildung

geknüpft.

Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie ist die Identifikation von Industrie 4.0 relevanten

Kompetenzen, die durch Befragungen, Workshops und Fallstudien ermittelt wurden. Unter

anderem werden hier genannt:

• Produktionsnetzwerke und -systeme analysieren, überwachen, optimieren und

erweitern

• IT-gestützte Assistenz- und Diagnosesysteme anwenden und mitgestalten

Page 25: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

25

• Daten aus der Produktion analysieren, interpretieren und dokumentieren

• Prozesszusammenhänge mit allen vor- und nachgelagerten Bereichen und deren

Vernetzung verstehen und optimieren

• Anlageninbetriebnahme durchführen und Prozessoptimierung sicherstellen

• Störungsbehebung durchführen und Anlagen in Stand halten (vgl. bayme vbm, 2016, S.

88 ff.)

Die gesammelten Anforderungen an zukünftige Facharbeiter im industriellen Umfeld wurden

anschließend geclustert und zu generischen Handlungsfeldern für Industrie 4.0

zusammengefasst. Die Deckungsanalyse der ermittelten Handlungsfelder mit den

Ordnungsmitteln der bestehenden Metall- und Elektroberufe mündete in der Erstellung eines

„Berufe Atlas“ der zeigt, welche M+E Berufe bereits 2016 einen Bezug zu Industrie 4.0 haben.

Abbildung 3: Relevanz der M+E Berufe zu Industrie 4.0

Abbildung 3 (bayme vbm, 2016, S. 144) zeigt, dass es sowohl unter den Metall- als auch unter

den Elektroberufen Tätigkeitsprofile gibt, die bereits jetzt einen sehr starken Bezug zu Industrie

4.0 relevanten Themen und Inhalten haben.

In den Handlungsempfehlungen der Studie wird deshalb davon abgeraten, einen gänzlichen

neuen Beruf zu schaffen, der das komplette Handlungsfeld von Industrie 4.0 abdeckt, sondern

die bestehenden Berufe zu überarbeiten. Zwar werden innerhalb der Studie Inhalte und

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26

Kompetenzen benannt, jedoch sollen die bestehenden Berufsbilder nicht lediglich um Industrie

4.0 relevante Inhalte ergänzt werden. Bei der Überarbeitung der Ordnungsmittel wird eine

prozess- und digitalisierungsorientierte Neuausrichtung gefordert. (vgl. ebd. S. 3)

Die deutsche Akademie der Technikwissenschaften führte im Zeitraum vom Juni 2015 bis

November 2016 ebenfalls ein Projekt zur Ermittlung von zukünftig benötigten Industrie 4.0

relevanten Kompetenzen durch. Methodisch basiert die „Kompetenzentwicklungsstudie

Industrie 4.0“ auf online-Befragungen von Unternehmen bzw. Entscheidern in den

Unternehmen sowie auf Experteninterviews. (vgl. acatech, 2016, S. 6)

Initiative Unternehmensspezifische

Kompetenzen

Fähigkeit der Beschäftigten

Technologie- /

Datenorientiert

• Datenauswertung und -analyse

• IT-Sicherheit

• Cloud-Architekturen

• Künstliche Intelligenz

• User-Support / Service Technik

• Interdisziplinäres Denken und

Handeln

• Beherrschung komplexer

Arbeitsinhalte

• Fähigkeit zum Austausch mit

Maschinen

• Problemlösungs- und

Optimierungskompetenz

Prozess-/

Kundenorientiert

• Prozessmanagement

• Kundenbeziehungsmanagement

• IT – Geschäftsanalysen

• eCommerce / Online Marketing

• Beratung

• Zunehmendes Prozess Know-

How

• Mitwirkung an

Innovationsprozessen

• Fähigkeit zur Koordination von

Arbeitsabläufen

• Dienstleistungsorientierung

Infrastruktur- /

Organisations-

orientiert

• Umgang mit spezifischen IT-Systemen

• Netzwerk Datenbankadministration

• IT-Architekturen

• Datenschutz

• Führungskompetenz

• Eigenverantwortliche

Entscheidungen

• Sozial- /

Kommunikationskompetenz

Tabelle 1: Systematisierung der Kompetenzen als Ergebnis der acatech Kompetenzentwicklungsstudie

Tabelle 1 (acatech, 2016, S. 18) zeigt ein Teilergebnis der Studie. Als unternehmensspezifische

Kompetenzen gelten dabei die Kompetenzen, die die befragten Unternehmen zukünftig

benötigen werden und entweder über eigenes Personal, durch technologische Investitionen oder

durch Einkauf von Dienstleistungen abdecken können. Unter „Fähigkeit der Beschäftigten“

werden innerhalb der Studie diejenigen Bereiche verstanden, in denen beim eigenen Personal

der Unternehmen zukünftig Entwicklungsbedarf bestehen wird. Im weiteren Verlauf der

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27

Befragung sollte von den Unternehmen angegeben werden, welche der Kompetenz die höchste

Priorität aufweist. Auf Seiten der unternehmensspezifischen Kompetenzen erhielten

Datenauswertung und -analyse (60,6%) sowie Prozessmanagement (53,7%) die höchste

Priorität. Bezüglich des Entwicklungsbedarfs der Beschäftigten wurden „Interdisziplinäres

Denken und Handeln“ (61,1%) sowie „Zunehmendes Prozess Know-How“ (56,2 %) als am

wichtigsten eingeschätzt. (vgl. ebd. S. 19)

Die vom BMBF geförderte Forschungsinitiative „Früherkennung von

Qualifikationserfordernissen im Netz“ (FreQueNz) bündelt Programme und

Forschungsprojekte, die zukünftige Qualifikationsbedarfe für verschiedene

Wirtschaftsbereiche ermitteln. Im Zeitraum von April 2009 bis 2010 wurde ein Projekt des

Forschungsinstitutes für betriebliche Bildung in Nürnberg durchgeführt, das diesen

Qualifikationsbedarf für den Bereich der industriellen Produktion zu ermitteln versuchte. Da

der Begriff „Industrie 4.0“ noch nicht öffentlichkeitswirksam geprägt war, wurden die

Veränderungen der industriellen Produktion auf Grundlage des Internets der Dinge eruiert. Das

methodische Vorgehen des Projektes war in drei Schritte gegliedert. Zunächst wurden auf Basis

von Literatur- und Dokumentenanalyse sowie durch Expertenworkshops Anwendungsbereiche

für das Internet der Dinge ermittelt. Durch Experteninterviews, betriebliche Fallstudien und

Beobachtung von Versuchsanlagen wurden aus den Anwendungsbereichen im zweiten Schritt

Anforderungsprofile abgeleitet. In Stufe drei wurden dann schließlich aus den

Anforderungsprofilen Qualifikationsanforderungen abgeleitet und durch Workshops auf

Plausibilität geprüft. (vgl. Zeller, Achtenhagen, & Föst, 2010, S. 17 f.)

Die ermittelten Qualifikationsanforderungen wurden in fachliche und überfachliche

Qualifikationen eingeteilt und anschließend geclustert. Als Ergebnis der Studie lassen sich

folgende überfachliche Qualifikationsbereiche festhalten:

• Fähigkeiten und Methodenkenntnisse, die es erlauben sich einen schnellen Überblick

über die gesamten Produktionsabläufe zu verschaffen

• Analysefähigkeiten und Kompetenzen zum Umgang mit abstrakten Informationen

• Fähigkeiten zur selbstständigen zeitnahen Informationsbeschaffung aufgrund sich

schnell wandelnder Technologie- und Softwaresysteme

• Organisation von Problemlösungsprozessen und Nutzung neuer Kommunikationswege

• Stressbewältigung

• Teamfähigkeit (Zeller, Achtenhagen, & Föst, 2010, S. 86 f.)

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28

Die Siemens AG hat in ihrem hausinternen Projekt „Industrie 4.0@SPE“ untersucht, welche

Industrie 4.0 relevanten Kompetenzen für die zukünftige Fachkräfteentwicklung von

Bedeutung sein werden. (vgl. Kunz, 2015, S. 33)

Die Firma Siemens Professional Education ist einer der größten Ausbildungsbetriebe

Deutschlands, die sogar ein eigenes modular aufgebautes Ausbildungssystem eingeführt hat.

Des Weiteren stellt Siemens den Anspruch an sich selbst, einer der Leitanbieter für Industrie

4.0 Technologien zu werden, was eine hohe Relation der ermittelten Kompetenzen mit der

industriellen Praxis vermuten lässt. Das methodische Vorgehen innerhalb der Studie wird im

zitierten Artikel nicht explizit erklärt. Es ist jedoch zu vermuten, dass die Schwerpunkte für

zukünftige Ausbildungsprogramme aus den Industrie 4.0 Technologiefeldern abgeleitet

wurden, an denen innerhalb der Siemens AG mit dem größten Interesse geforscht wird.

Wenngleich die Wissenschaftlichkeit der Studie durchaus infrage zu stellen ist, so ergibt sich

aus der besonderen Korrelation von beruflicher Bildung und Nähe zum realen industriellen

Umfeld dennoch ein Interesse am Ergebnis.

Abbildung 4: Industrie 4.0 relevante Kompetenzen des Projekts "Industrie 4.0@SPE"

Beim Blick auf Abbildung 4 (Kunz, 2015, S. 33) fällt zunächst auf, dass es sich eher um

Schlagworte, die Inhalte repräsentieren, als um tatsächliche Kompetenzen handelt.

Nichtsdestotrotz lassen die formulierten Schlagworte eine Ähnlichkeit mit den in den anderen

erwähnten Studien definierten Qualifikationsanforderungen erkennen. Ein Vergleich der

Studienergebnisse könnte Aufschluss darüber bringen, welche inhaltlichen Schwerpunkte

aufgrund von Mehrfachnennungen als besonders relevant eingeschätzt werden können.

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Bayme VBM Studie

(2016)

Acatech Kompetenzen für

Industrie 4.0 (2016)

FreQuenz: Früherkennung von

Qualifikationserfordernissen

(2010)

Industrie 4.0@SPE

(2015)

Syst

embez

ug

Produktionsnetzwerke und -

systeme analysieren,

überwachen, optimieren und

erweitern

Mitwirkung an

Innovationsprozessen

Fähigkeiten und

Methodenkenntnisse, die es

erlauben, sich einen schnellen

Überblick über gesamte

Produktionsabläufe zu

verschaffe

Embedded Systems

Identifikatiosnsysteme

Sensorik / Aktorik

Robotik

Infrastruktur- und

Verbindungstechnik

Anal

yse

-

bez

ug

Daten aus der Produktion

analysieren, interpretieren

und dokumentieren

Datenauswertung und -analyse Analysefähigkeiten und

Kompetenzen zum Umgang mit

abstrakten Informationen

Datenbanken

Netzwerk

Datenbankadministration

Data Analytics

Wissensmanagement

Cloud-Computing

Dat

enbez

ug

IT-gestützte Assistenz- und

Diagnosesysteme anwenden

und mitgestalten

IT Geschäftsanalysen Fähigkeit zur selbstständigen,

zeitnahen

Informationsbeschaffung

aufgrund sich schnell

wandelnder Technologie und

Softwaresysteme

Medienkompetenz

Umgang mit spezifischen IT

Systemen

IT Architekturen

Fähigkeit zum Austausch mit

Maschinen

Pro

zess

bez

ug

Prozesszusammenhänge mit

allen vor- und nachgelagerten

Bereichen und deren

Vernetzung verstehen und

optimieren

Prozessmanagement Fähigkeiten und

Methodenkenntnisse, die es

erlauben, sich einen schnellen

Überblick über gesamte

Produktionsabläufe zu

verschaffe

Prozessmanagement

Interdisziplinäres Denken und

Handeln

Systemisches Denken

Lean Management

Beherrschung komplexer

Arbeitsinhalte

Zunehmendes Prozess Know-

How

Fähigkeit zur Koordination von

Arbeitsprozessen

Tabelle 2: Vergleich der Studienergebnisse bzgl. der Qualifikationsanforderungen (Teil 1)

Page 30: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

30

Bayme VBM Studie

(2016)

Acatech Kompetenzen für

Industrie 4.0 (2016)

FreQuenz – Früherkennung von

Qualifikationserfordernissen

(2010)

Industrie 4.0@SPE

(2015)

Anlageninbetriebnahme

durchführen und

Prozessoptimierung

sicherstellen

Projektmanagement

Pro

ble

m-

bez

ug

Störungsbehebung

durchführen und Anlagen in

Stand halten

Problemlösungs- und

Optimierungskompetenz

Organisation von

Problemlösungsprozessen und

Nutzung neuer

Kommunikationswege

Selbstgesteuertes Lernen

Stressbewältigung Selbstmanagement

Führungskompetenz Teamfähigkeit

Eigenverantwortliche

Entscheidungen

Sozial- /

Kommunikationskompetenz

IT Sicherheit Server- und

Speichertechnologien Cloud Architekturen

Künstliche Intelligenz Netzwerktechnik

User Support / Service Technik IS/DS und Security

Kundenbeziehungsmanagement Anwendungsentwicklung

eCommerce / Online Marketing Softwareentwicklung

Beratung Netzwerkprotokolle / IP

Adressierung Datenschutz

Dienstleistungsorientierung Geschäftsmodellentwicklung

und -planung

Visualisierung

PLM Software Tabelle 3: Vergleich der Studienergebnisse bzgl. der Qualifikationsanforderungen (Teil 2)

Page 31: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

31

Tabelle 2 und Tabelle 3 zeigen eine Gegenüberstellung der Industrie 4.0 relevanten Inhalte,

Qualifikationen und Kompetenzen, die im Kontext der Projekte „Industrie 4.0 - Auswirkungen

auf Aus- und Weiterbildung in der M+E Industrie (bayme vbm)“, „Kompetenzen für Industrie

4.0 (acatech)“, „Internet der Dinge in der industriellen Produktion (FreQueNz)“ und „Industrie

4.0@SPE (Siemens AG)“ ermittelt wurden. Die ermittelten Schwerpunkte wurden in einer Art

Clusteranalyse neu angeordnet, nach Sinnverwandheit sortiert und zur besseren Übersicht

farblich voneinander abgegrenzt.

Bereits auf den ersten Blick fällt auf, dass es innerhalb der untersuchten Studien einen hohen

Überdeckungsgrad gibt. In allen vier Studien werden Ausbildungsschwerpunkte mit

• Systembezug

• Analysebezug

• Datenbezug

• Prozessbezug und

• Bezug zur Problemlösefähigkeit

genannt. Der Kompetenzcluster mit Bezug zum Verstehen, Analysieren und Optimieren von

Prozessen weist dabei die meisten Überdeckungen auf.

Ein ebenfalls interessantes Ergebnis ist die Tatsache, dass die inhaltlichen Schlagworte, die die

Bereiche der Selbst- und Sozialkompetenz tangieren, nur vereinzelt auftauchen. Die Fragen,

wie die Ansprüche an Teamfähigkeit, Kommunikation und die Wahrnehmung der eigenen

Arbeit durch die Entwicklung von Industrie 4.0 verändert werden, sind innerhalb der

vorgestellten Studien offensichtlich von eher niedriger Priorität.

Die Clusteranalyse der vorgestellten Studien lässt momentan den Schluss zu, dass die sechs

genannten Schwerpunktbezüge den Kern der zukünftigen Anforderungen an Adressaten von

Aus- und Weiterbildung bilden werden. Eine besondere Rolle dürfte dabei der

Prozessorientierung zukommen, die als eine Art Leitgedanke zukünftiger Bildungsmodelle und

-angebote im gewerblich technischen Bereich fungieren könnte.

3.2 Novellierung der Ordnungsmittel für industrielle Metall- und Elektroberufe

2017/18

Als Reaktion auf die Entwicklungen und technologischen Fortschritte in der industriellen

Produktion, haben sich die Verbände Gesamtmetall, VDMA, ZVEI und IG Metall im Frühjahr

2016 dazu entschlossen, die zukünftigen Anforderungen und beruflichen Perspektiven im

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32

Kontext von Industrie 4.0 zu untersuchen und eine Novellierung der Ausbildungsordnungen

und Rahmenlehrpläne für die industriellen Metall- und Elektroberufe anzustoßen.

Zu Beginn des Bearbeitungszeitraumes dieser Arbeit war noch unklar, wann diese

überarbeiteten Ordnungsmittel veröffentlicht werden. Mittlerweile6 ist jedoch davon

auszugehen, dass sie zum 1. August 2018 in Kraft treten und somit für alle ab diesem Datum

beginnenden Ausbildungsverhältnisse verbindlich werden. Glücklicherweise wurde zum

Zwecke der Bearbeitung des Themas dieser Arbeit von einem Mitglied des Rahmenlehrplan-

ausschusses ein später Entwurf der Ausbildungsordnungen und des Rahmenlehrplanes für die

Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker bereitgestellt.

Zur Klärung des Begriffs „Berufsbildung 4.0“ scheint es zweckmäßig, diese Entwürfe genauer

zu untersuchen um festzustellen, wie die Ergebnisse der in 3.1 vorgestellten Studien Eingang

in die Ordnungsmittel gefunden haben.

3.2.1 Rahmenlehrplan

Im ersten Schritt wurden, exemplarisch am Entwurf des Rahmenlehrplanes für

Zerspanungsmechaniker, zunächst alle Formulierungen, die neu in den Rahmenlehrplan

aufgenommen wurden, in einer Übersicht zusammengefasst. Anschließend wurde versucht, die

neuen Formulierungen im Rahmenlehrplan den Bezugsschwerpunkten, die in 3.1 definiert

wurden, zuzuordnen. Zusätzlich zu den erwähnten Bezugsschwerpunkten wurde die Kategorie

„Digitalisierung“ hinzugefügt. Wenn bei der Zuordnung die Kategorie „Digitalisierung“

bedient wird, dann ist damit der Definition von Wolf und Strohschen folgend gemeint, dass

eine analoge Leistungserbringung durch eine Leistungserbringung in einem digitalen,

computerhandhabbaren Modell ganz oder teilweise ersetzt wird. Ein Beispiel dafür ist die

Formulierung „Die Schülerinnen und Schüler dokumentieren und präsentieren die

Arbeitsergebnisse“, die im aktuellen Rahmenlehrplan auftaucht (Kultusministerkonferenz,

2004, S. 9) und im überarbeiten Rahmenlehrplan durch die Formulierung „…insbesondere

unter Verwendung digitaler Medien“ ergänzt wird. Zusätzlich dazu war es noch notwendig die

Kategorie „IT-Sicherheit“ einzuführen. Damit sind alle Kenntnisse und Fähigkeiten gemeint,

die den vertrauenswürdigen Umgang mit Daten, Fragen des Urheberrechts oder der Sicherheit

von Datenstrukturen gegen Fremdzugriff betreffen. Die gesamte Übersicht der Änderungen im

Rahmenlehrplan, sowie die Zuordnung zu den Bezugsschwerpunkten, befindet sich im Anhang

dieser Arbeit unter Anlage 1.

6 Stand: Juni 2018

Page 33: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

33

Bereits auf den ersten Blick fällt auf, dass es sich bei den Änderungen im Rahmenlehrplan fast

ausschließlich um Ergänzungen handelt. Lediglich der inhaltsbezogene Schwerpunkt „DNC

Betrieb“ wurde gestrichen und durch die Inhalte „ERP-Systeme und MES“ ersetzt. Alle

anderen vorgenommenen Änderungen sind entweder Umformulierungen bereits vorhandener

Schwerpunkte oder Ergänzungen zum aktuell gültigen Inhalt. Als ein erstes Ergebnis der

Untersuchung des überarbeiteten Lehrplanes lässt sich also festhalten, dass sich dessen Umfang

vergrößert hat und nahezu keine Schwerpunkte zugunsten neuer Industrie 4.0 relevanter Inhalte

gestrichen wurden.

Des Weiteren lässt sich eine vermehrte Häufigkeit der Kategorie „Digitalisierung“ innerhalb

des ersten Drittels der Lernfeldformulierungen ausmachen. Das bedeutet, dass zukünftig bereits

in der frühen Phase der Ausbildung darauf geachtet wird, das grundlegende berufliche

Kenntnisse im digitalen Kontext vermittelt werden. Ein Beispiel ist die Formulierung aus

Lernfeld 2 (Fertigen von Bauelementen mit Maschinen) „Sie erstellen und ändern

Teilzeichnungen und die dazugehörigen Arbeitspläne auch mit Hilfe von

Anwendungsprogrammen“ (Kultusministerkonferenz, 2004, S. 10), die ergänzt wurde um:

„zum rechnerunterstützten Zeichnen.“ Ein weiteres Beispiel ist eine Formulierung aus Lernfeld

4 (Warten technischer Systeme), die neu zur Zielformulierung des Lernfeldes hinzugekommen

ist: „Die Schülerinnen und Schüler nutzen digitale Informationsquellen.“

Abbildung 5: Verteilung der Änderungen im Rahmenlehrplan nach Kategorien

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Abbildung 5 (eigene Darstellung) zeigt, wie sich die Änderungen im Rahmenlehrplan auf die

im Vorfeld definierten Kategorien verteilen. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich die Mehrzahl

der Neuerungen der Kategorie der Digitalisierung zuordnen lassen. Allerdings scheint die

Notwendigkeit der Vielzahl der Ergänzungen in diese Richtung durchaus diskutabel. So bietet

die Formulierung „[…] legen die in ihrem Verantwortungsbereich liegenden

Wartungsmaßnahmen fest, führen sie unter Beachtung der Bestimmungen der Arbeits- und des

Umweltschutzes durch und dokumentieren sie.“ (Kultusministerkonferenz, 2004, S. 14) die

Möglichkeit, die geforderte Dokumentation in digitaler Form durchzuführen. Sie wurde aber

dennoch in der Überarbeitung durch die Worte „auch digital“ erweitert. Gelegentlich drängt

sich der Eindruck auf, als würde die traditionell eher offene Zielformulierung der Lernfelder

durch die explizite Forderung nach digitaler Informationsbeschaffung, Dokumentation oder

Ergebnispräsentation eingeschränkt. Außerdem steht zu vermuten, dass die offene

Formulierung ohnehin in naher Zukunft dazu geführt hätte, dass eben genannte Tätigkeiten in

digitaler Form absolviert werden.

Auch bei dieser Analyse lässt sich feststellen, dass der Bezug der Inhalte zum gesamten

Fertigungsprozess einen hohen Stellenwert hat. Wenn die Kategorie „Prozessbezug“ bedient

wird, dann sind damit die technologischen Inhalte, Kenntnisse und Fähigkeiten gemeint, die

dazu dienen den gesamten Fertigungsprozess nachzuvollziehen. Dazu zählen in diesem

Zusammenhang auch die Schwerpunkte, die das Thema Vernetzung betreffen. So wurde im

Zuge der Novellierung der Ordnungsmittel beispielsweise die Formulierung „Die Schülerinnen

und Schüler arbeiten in vernetzten Fertigungssystemen (Datenbanken, CAD/CAM-Kopplung)“

unter dem Kapitel „Berufsbezogene Vorbemerkungen“ als eines der Kernziele des Lehrplans

aufgenommen.

Unter den Änderungen im Rahmenlehrplan, die der Kategorie Systembezug zugeordnet

wurden, sind alle Schwerpunkte zu verstehen, die den Fokus auf einzelne Teilsysteme des

Produktionsprozesses legen. Beispiele hierfür sind: „Die Schülerinnen und Schüler

analysieren, programmieren und parametrieren berufsspezifische steuerungstechnische

Systeme auch mit Hilfe von Simulationsprogrammen.“ Oder die Inhalte „Analoge, digitale und

intelligente Sensoren und Aktoren“

Die Grafik lässt erkennen, dass keine der im Rahmenlehrplan vorgenommenen Überarbeitung

der Kategorie „Bezug zu Problemlösefähigkeit“ zugeordnet werden konnte, obwohl in allen

vier vorgestellten Studien zukünftige Qualifikationsanforderungen in diesem Bereich gesehen

werden. Dazu ist zu bemerken, dass die Entwicklung einer beruflichen Handlungskompetenz,

die dazu befähigt berufliche Probleme selbstständig und sachgerecht zu lösen und das Ergebnis

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35

zu reflektieren, schon seit der Neuordnung der Metall- und Elektroberufe im Jahre 2004 das

didaktische Leitziel des Unterrichts ist. (vgl. Kultusministerkonferenz, 2004, S. 4 f.) Die

Orientierung des Unterrichts an exemplarischen beruflichen Problemstellungen sowie an der

sachgerechten und reflektierten Lösung eben dieser ist also schon seit mehr als einem Jahrzehnt

ein Grundsatz des Curriculums. Das Ausbleiben von Änderungen innerhalb der aktuellen

Novellierung ist also keinesfalls mit fehlender Problemorientierung des überarbeiteten

Rahmenlehrplans gleichzusetzen.

3.2.2 Ausbildungsordnung

Bei einem Blick auf den Entwurf des Dokumentes, welches die überarbeiteten

Ausbildungsordnungen für die industriellen Metallberufe enthält, wird zunächst ersichtlich,

dass auch hier größtenteils Ergänzungen vorgenommen wurden. Für alle Ausbildungsberufe

wurde das Ausbildungsberufsbild durch die Position „Gegenstand der Berufsbildung sind

mindestens folgende Qualifikationen: […] 5.) Digitalisierung der Arbeit, Datenschutz und

Informationssicherheit.“ ergänzt. Die Vermittlung der als gemeinsame Kernqualifikation

eingestuften Inhalte soll laut der zeitlichen Gliederung während der gesamten Ausbildungszeit

vermittelt werden. Ein Screenshot der detailliert ausformulierten Qualifikationen der neuen

Berufsbildposition befindet sich im Anhang dieser Arbeit unter Anlage 2. Bei genauerer

Betrachtung der Teilqualifikationen, die unter dieser Berufsbildposition zusammengefasst sind,

lässt sich feststellen, dass sie den 3.2.1 eingeführten Schwerpunktkategorien „Digitalisierung“

und „IT-Sicherheit“ zugeordnet werden können. Einige Formulierungen erinnern stark an die

im Rahmenlehrplan verwendeten Darstellungen. Beispiele hierfür sind: „a) auftragsbezogene

und technische Unterlagen unter Zuhilfenahme von Standardsoftware erstellen“, „d)

Vorschriften zum Datenschutz anwenden“ oder „g) digitale Lernmedien nutzen“

Eine gravierendere Ergänzung ist die Aufnahme von fakultativen Zusatzqualifikationen in die

Ausbildungsordnung. Das bedeutet, dass jeder Auszubildende die Möglichkeit hat, in

Absprache mit dem Ausbildungsbetrieb Qualifikationen zu erwerben, die über die im

Berufsbild genannten Qualifikationen hinausgehen. Inhalt und Prüfungsmodalitäten werden

dabei durch die Ausbildungsordnung festgelegt. Die Themenschwerpunkte der

Zusatzqualifikationen, die sich im untersuchten Entwurf finden lassen lauten:

Systemintegration, Prozessintegration und Additive Fertigungsverfahren. Auf der Webseite der

Industrie- und Handelskammer München & Oberbayern wurde zu Informationszwecken ein

Artikel über die geplante Novellierung der Ordnungsmittel veröffentlicht. Dort wird zusätzlich

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36

zu den genannten Zusatzqualifikationen noch der Themenschwerpunkt „IT-gestützte

Anlagenänderung“ aufgeführt. (vgl. IHK München, 2018)

Zusammenfassend führt die Analyse des Entwurfes für eine neue Ausbildungsordnung zu

folgenden Erkenntnissen:

• Ähnlich wie im Rahmenlehrplan hat der Schwerpunkt der Digitalisierung einen hohen

Stellenwert. Das Ersetzen und Ergänzen bisheriger Arbeits- und Geschäftsprozesse

durch digitale Medien und Hilfsmittel berührt dabei auch Themen des Datenschutzes

und der Sicherheit von IT Infrastrukturen.

• Die durch die Analyse ausgewählter Studien identifizierten Schwerpunkte mit Prozess-

und Systembezug wurden als Zusatzqualifikationen in die Ausbildungsordnung

aufgenommen, was deren Relevanz für die zukünftige industrielle Fertigung

unterstreicht.

• Zusätzlich zu den bereits konstatierten Themenschwerpunkten wurden noch die

Inhaltsfelder „Additive Fertigung“ und „IT-Gestützte Anlagenänderung“

aufgenommen, wobei die tatsächliche Aufnahme in die Ausbildungsordnung bei

letzterem noch unklar ist.

3.3 Praxisbeispiele

Die Suche nach Betrieben, in denen bereits jetzt Industrie 4.0 relevante Inhalte in der

gewerblich technischen Ausbildung vermittelt werden, gestaltet sich schwieriger als zunächst

angenommen. Nichtsdestotrotz sollen an dieser Stelle zwei Projekte der Firmen Siemens und

Trumpf vorgestellt werden, die zumindest einen exemplarischen Einblick in die

Strahlungswirkung des Themas Berufsbildung 4.0 für die Praxis geben.

Das bereits erwähnte Projekt Industrie 4.0@SPE beinhaltete im Anschluss an die Feststellung

der zukünftigen Qualifikationsanforderungen ebenfalls die Implementierung von Projekten in

den verschiedenen Ausbildungsstandorten der Siemens AG. In einer Handreichung der IG

Metall, die im November 2016 veröffentlicht wurde, wird eines dieser Projekte als Best Practice

Beispiel vorgestellt. Der Ausbildungsleiter des Standortes Berlin erklärt, dass die

Auszubildenden die Projektaufgabe bekommen haben, eine Simulationsstrecke zu entwickeln,

aufzubauen und in Betrieb zunehmen. Der Prozess beinhaltet dabei vom SAP gesteuerten

Auftragseingang über die Herstellung, den Transport und den Versand der Fertigteile bis hin

zur automatischen Rechnungslegung alle Prozessschritte, die in einer realen, vernetzten

Fertigung ebenfalls zu implementieren wären. Die Gesamtheit des Prozesses bzw. die

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37

Vernetzung der Teilsysteme werden in diesem Zusammenhang mehrmals als der eigentliche

Kern von Industrie 4.0 benannt. (vgl. IG Metall, 2016, S. 10)

Ebenfalls sehr interessant ist die Aussage des Ausbilders, dass die Auszubildenden als „Digital

Natives“ durchaus über Interessen und Fähigkeiten verfügen, die ihnen dem Umgang mit

digitalen Medien ermöglichen. Als Punkte an denen gearbeitet werden muss, werden allerdings

die Themen wie Konfliktmanagement, Teamfähigkeit, Lernmanagement aber vor allem auch

der vertrauensbewusste Umgang mit Daten und Informationen genannt. Zur Erfüllung der

Datenschutzrichtlinien und der firmeninternen Regelungen ist es deshalb notwendig das

Verständnis dafür aufzubauen, dass Firmen und Konzerne anders mit Daten umgehen müssen

als Privatpersonen. (vgl. ebd. S. 11)

Während der Didacta Messe 2018 in Hannover stellte ein Team der Ausbildungsabteilung der

Trumpf GmbH und Co. KG Projekte vor, die ebenfalls als Best Practice Beispiele dienen

können. Im Anschluss daran konnte mit der Ausbildungsabteilung des Konzerns ein Termin für

ein Telefointerview vereinbart werden, um etwas darüber zu erfahren, welche Schwerpunkte

Trumpf bei der Ausbildung im Kontext von Industrie 4.0 setzt. Als Grund für die Einführung

von Industrie 4.0 relevanten Inhalten in die Ausbildung gab der Interviewpartner, ähnlich wie

die Siemens AG, die potentielle technologische Vorreiterrolle des Konzerns an. Man hatte

demzufolge Angst, den technologischen Anschluss zu verpassen, wenn man auf die

Überarbeitung der Ordnungsmittel wartet und nicht selbst die Initiative ergreift. Genannt

wurden ebenfalls die Datensicherheit und der verantwortungsbewusste Umgang mit Medien als

äußerst bedeutsame Themenfelder für die Neuausrichtung der Berufsausbildung. Workshops

zu diesen Themen werden innerhalb des Konzerns für alle Ausbildungsberufe, dualen

Studenten und auch Facharbeiter angeboten. Neben der System- und Prozessintegration, die bei

Trumpf ebenfalls in Projektform vermittelt werden, wird dem Schwerpunkt der additiven

Fertigung hier eine besondere Bedeutung beigemessen. Diese Tatsache liegt darin begründet,

dass Trumpf bereits heute einer der wichtigsten deutschen Anbieter für laserbasierten 3D

Metalldruck ist und zukünftig dieses Marktsegment verstärkt ausbauen will. Ein Protokoll des

gesamten Gespräches befindet sich im Anhang dieser Arbeit unter Anlage 3.

3.4 Begriffliche Eingrenzung

In den vorangegangenen Kapiteln konnte ein Überblick über die aktuellen Entwicklungen des

gewerblich technischen Bereiches der beruflichen Bildung gewonnen werden. Anhand eines

Vergleiches mehrerer Studien zur Ermittlung zukünftiger Qualifikationsbedarfe wurden

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Bezugsschwerpunkte identifiziert, an denen sich berufliche Bildung in den Bereichen Metall-

und Elektrotechnik zukünftig orientieren wird. Diese Bezugsschwerpunkte lassen sich auch in

den Entwürfen der vermutlich ab August 2018 öffentlichen Ordnungsmittel wiederfinden.

Zusätzlich dazu fanden aber auch Inhalte, die die Digitalisierung der beruflichen Bildung

fördern, Einzug in die Ordnungsmittel. Die Firmen Siemens und Trumpf haben aufgrund ihrer

Position im Spitzenfeld der Anbieter für Technologien zur vernetzten Fertigung bereits

begonnen, Industrie 4.0 relevante Inhalte in ihre Ausbildungspraxis zu integrieren. Die

Aussagen von Ausbildungspersonal dieser beiden Firmen bestätigten die bereits definierten

Bezugsschwerpunkte nochmals. Diese Erkenntnisse lassen folgende begriffliche Eingrenzung

zu:

Berufsbildung 4.0 beschreibt den ordnungsmittelgeleiteten Einzug digitaler Medien,

Anwendungen und Hilfsmittel in die berufliche Bildung. Es soll damit ein realitätsnaher Bezug

zu Geschäfts- und Arbeitsprozessen hergestellt werden, in denen immer häufiger digitale

Arbeitsmittel verwendet werden. Als besonders bedeutungsschwerer Themenkomplex gilt

dabei die Daten- und Informationssicherheit, die das Verständnis für einen

verantwortungsbewussten Umgang mit Handlungsprodukten der digitalen Arbeitswelt fördert.

In den Fachbereichen Metall- und Elektrotechnik bedeutet Berufsbildung 4.0 außerdem die

Integration der Technologien und Verfahren, die innerhalb der industriellen Fertigung als

Industrie 4.0 bezeichnet werden. Das Verständnis der gesamten Wertschöpfungskette als

vernetzter Prozess kann in diesem Zusammenhang als ein neues pädagogisches Paradigma

angesehen werden. Die Vermittlung technologischer Grundlagen wie beispielsweise

intelligente Sensoren und Aktoren, Identifikationssysteme oder Cyber-physischen Systemen

bilden einen zweiten Schwerpunkt, der den inhaltlichen Bezug zu den einzelnen Systemen der

vernetzten Wertschöpfungskette setzt. Der dritte inhaltliche Schwerpunkt behandelt schließlich

das Erfassen, Interpretieren, Sichern und zugänglich machen von Daten. Dieser Schwerpunkt

impliziert den Aufbau von Kompetenzen, die zur Analyse abstrakter Datenstrukturen

befähigen.

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39

4 Konzeptionelle Entwicklung eines Industrie 4.0 Lehr- Lernarrangements

Das Förderprogramm JOBSTARTERplus verfolgt das Ziel, die duale Berufsausbildung in

Deutschland zu stärken und für junge Menschen attraktiver zu gestalten. Diesem Ziel folgend

wurden seit 2006 bereits 490 Projekte in ganz Deutschland durch das Bundesministerium für

Bildung und Forschung gefördert. Die Themenschwerpunkte des Programms sind „Betriebe

unterstützen, Ausbildung gestalten, Fachkräfte gewinnen“, wobei der Großteil der Projekte

KMUs als Zielgruppe definiert. (vgl. JOBSTARTERplus, 2018)

Eines der durch das Förderprogramm JOBSTARTERplus unterstützten Vorhaben ist das

Projekt „A4.0 – betriebliche Bildung für die Industrie 4.0“ des VHS Bildungswerkes am

Standort Gotha. Ziel des Projektes ist es unter anderem, Entscheider und Ausbildungspersonal

von kleinen und mittleren Unternehmen im Raum Westthüringen für das Thema Industrie 4.0

zu sensibilisieren und bei der Implementierung zu unterstützen. Um bei einem Erstkontakt ein

erstes Grundverständnis für das Thema Industrie 4.0 und vernetzte Fertigung vermitteln zu

können, wurde in Kooperation mit dem Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum in Ilmenau ein aus

mehreren vernetzten Systemsimulatoren bestehender Demonstrator entwickelt und in Betrieb

genommen.

Ein weiteres Ziel des Projektes ist es, das Ausbildungspersonal der teilnehmenden Betriebe aus

der Metall- und Elektroindustrie dabei zu unterstützen ihre Ausbildungsstrukturen didaktisch,

methodisch und inhaltlich auf die sich verändernden Anforderungen anzupassen. (vgl. VHS

Bildungswerk, 2018)

Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, den bereits aufgebauten Demonstrator als Lernträger

zu verwenden. Es sollte ein exemplarisches didaktisches Konzept entstehen, dass in weiteren

Ausbilder-Workshops als Referenz und Diskussionsgrundlage dienen kann. Ein weiterer

denkbarer Anwendungsfall ist die praktische Erprobung und Evaluation des Konzeptes in

Gruppen von Auszubildenden der VHS Bildungswerke GmbH.

In diesem Kapitel sollen die Erkenntnisse zum Thema Industrie 4.0 und Berufsbildung 4.0, die

im Laufe dieser Arbeit gewonnen werden konnten, in ein solches exemplarisches, didaktisches

Konzept für die Vermittlung von Industrie 4.0 relevanten Inhalten einfließen.

Zur Strukturierung des Konzeptes wurde ein Ablaufplan festgelegt, der die Elemente des

didaktischen Konzeptes enthält, gliedert und mit Leitfragen versieht um die Planung der

Lerneinheit zu vereinfachen.

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Die Reihenfolge der Ablaufschritte ist dabei durchaus diskutabel und von der jeweiligen

Ausgangssituation abhängig. Beispielsweise war der Lernträger in diesem Fall durch die

Bedingungen im VHS Bildungswerk Gotha vorgegeben. Steht eine große Auswahl an

Lernträgern zur Verfügung, wäre es unter Umständen zielführender zunächst die Inhalte und

dann den Lernträger zu definieren.

4.1 Lernträger „Industrie 4.0-Demonstrator“

Der erwähnte Demonstrator besteht im wesentlichen aus vier Arbeitsplätzen, die mit

Informations- und Kommunikationstechnologie ausgestattet sind und durch deren Vernetzung

sich der Fertigungsprozess eines Schraubendrehers simulieren lässt.

Station 1 (Konfigurator): An dieser Station wird durch eine Kamera ein Schraubenkopf

visuell erfasst. Über eine Benutzeroberfläche lassen sich Parameter wie Schwertlänge,

Grifflänge und –durchmesser des zum Schraubenkopf passenden Schraubendrehers festlegen.

5 Zusammenfassen der Überlegungen

Wie können die bisherigen Überlegungen in eine übersichtliche Form gebracht werden?

4 Inhalte strukturieren

Welche Inhalte sollen mithilfe des Konzeptes vermittelt werden?

Wie werden diese strukturiert? Wodurch werden sie legitimiert?

3 Kompetenzdimensionen definieren

Welche Kompetenzen sollen mit dem Konzept angesprochen und entwickelt werden?

2 Didaktische Modellbezüge suchen

Welche (fach-) didaktischen Modelle passen zum Thema und können als Orientierung für

Handlungsentscheidungen dienen?

1 Lernträger auswählen und analysieren

Welche Baugruppe / Welcher Prozess / Welches Problem eignet sich, um als Grundlage für

die Vermittlung von Inhalten zu fungieren?

Abbildung 6: Schematischer Ablaufplan zur Erstellung eines didaktischen Konzeptes

Page 41: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

41

Durch die Eingabe der Kundendaten und eine Bestätigung wird die Bestellung des Werkzeuges

ausgelöst. Ein Drucker gibt einen QR Code aus, auf dem alle relevanten Auftragsdaten

gespeichert sind.

Station 2 (Fertigungsleitstand): Auf der Benutzeroberfläche dieser Station sind die wartenden

Aufträge sowie die zur Verfügung stehenden Produktionskapazitäten der Zulieferer visualisiert.

Der Bediener teilt die beiden Unteraufträge (Fräsen des Schraubendreher-Schwertes und 3D-

Druck des Griffes) auf die Produktionskapazitäten der Zulieferer auf und erteilt damit den

Auftrag zur Einzelteilfertigung. Die geplante Durchlaufzeit der Einzelteile sowie die

planmäßige Fertigstellung werden ebenfalls visualisiert.

Station 3 (Montage): Die Einzelteile des Schraubendrehers werden in einem Ladungsträger

zur Montagestation gebracht. Nachdem der QR Code eingescannt wurde, wird ein Pick-by-

Light Lagersystem aktiviert. Sobald die Software erkannt hat, um welchen Auftrag es sich

handelt, wechseln die Signallampen derjenigen Boxen, aus denen man Einzelteile für die

Montage benötigt von rot auf grün. Der eigentliche Montageprozess wird durch ein Step by

Step Video auf einem Bildschirm visuell unterstützt. Während der Montage werden die Daten,

die auf dem QR Code gespeichert sind, auf einen RFID Chip überschrieben, der in den Griff

des Schraubendrehers eingesetzt wird.

Station 4 (Qualitätskontrolle): Der fertig montierte Schraubendreher wird zunächst in der

Nähe eines RFID Lesegerätes platziert um die Auftragsdaten an das Qualitätskontrollsystem zu

übertragen. Über ein Kamerasystem, unter dem der Schraubendreher plaziert wird, werden die

Bauteilmaße erfasst und mit den eingelesenen Daten verglichen. Entsprechen alle Kriterien den

Soll - Daten, erscheinen auf dem Bildschirm der Station grüne i.O. – Felder hinter dem

Parameter und der Schraubendreher wird freigegeben.

4.2 Didaktische Modellbezüge

Die Suche nach Modellen der allgemeinen Didaktik und der Fachdidaktik des jeweiligen

Gegenstandsbereiches erlaubt sowohl eine wissenschaftlich fundierte didaktische

Grundausrichtung des Konzeptes, als auch das Erzeugen einer Entscheidungsbasis für Fragen

auf inhaltlicher und methodischer Ebene.

4.2.1 Konzept der Handlungsorientierung

Die Orientierung an beruflichem Handeln gilt innerhalb der beruflichen Bildung als globale

Leitidee. Innerhalb der Rahmenvereinbarung über die Berufsschule, die von der

Kultusministerkonferenz herausgegeben wird, wird die Ermöglichung des Erwerbs beruflicher

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Handlungskompetenz als erstes Ziel der Berufsschule genannt. (vgl. Kultusministerkonferenz ,

2015)

Das Berufsbildungsgesetz beschreibt die Heranführung, den Erwerb und den Erhalt beruflicher

Handlungsfähigkeit als Ziele von Berufsausbildungsvorbereitung, Berufsausbildung und

beruflicher Fortbildung. (§1 Abs. 2-4 BBiG)

Didaktischer Ausgangspunkt für die berufliche Bildung sind also Situationen, die einen Bezug

zur beruflichen Wirklichkeit haben und deren Bewältigung durch Handeln erfolgt, dass

möglichst durch die Auszubildenden selbst ausgeführt oder gedanklich nachvollzogen werden

soll. Das Modell der vollständigen Handlung gibt dabei durch die Phasen Informieren, Planen,

Entscheiden, Durchführen, Kontrollieren, Bewerten einen möglichen Rahmen vor, in dem diese

Handlungen ablaufen sollen. Durch diesen Grundgedanken rückt der Auszubildende weiter in

das Zentrum des didaktischen Handelns, wodurch man sich, kombiniert mit dem erhöhten

Bezug zum beruflichen Alltag, eine Motivationssteigerung erhofft. Weitere Ziele dieses

Konzeptes sind erleichterte Transfer- und Anwendungsprozesse für reale Problemstellungen im

Beruf sowie die Ausprägung einer gewissen Selbstständigkeit in Bezug auf das Aneignen neuer

Kenntnisse und Fähigkeiten. (vgl. Nickolaus, 2014, S. 77 ff.)

Wenn demzufolge das didaktische Prinzip der Handlungsorientierung in ein Industrie 4.0 Lehr-

Lernarrangement einfließen soll, so ist darauf zu achten, dass sich die Problemstellungen an

realen beruflichen Situationen orientieren. Die Auszubildenden sollen demnach in die Lage

versetzt werden, diese Problemstellungen selbstständig und möglichst nach den Phasen der

vollständigen Handlung zu bearbeiten.

4.2.2 Konzept des lebenslangen Lernens

Der Ansatz des lebenslangen Lernens geht davon aus, dass sich die Anforderungen an die

Facharbeit im Laufe eines Berufslebens so oft und schnell weiterentwickeln, dass die

Kenntnisse und Fähigkeiten, die während der Erstausbildung vermittelt werden, nicht

ausreichen, um die berufliche Handlungsfähigkeit über die gesamte Dauer dieses Berufslebens

aufrecht zu erhalten. Diesem Ansatz folgend ist der Aufbau sogenannter Metakognitionen ein

bedeutendes Ziel der beruflichen Bildung. Dazu zählen Kompetenzen wie

Wissensmanagement, Lernstrategien, die bewusste Steuerung von Lernprozessen,

Transfertechniken sowie der reflexive Umgang mit erworbenem Wissen. (vgl. Achtenhagen &

Lempert, 2000, S. 12)

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43

Die Vorsilbe „Meta“ lässt sich demzufolge vereinfacht so interpretieren, dass Auszubildende

während der Ausbildung auch lernen sollen, wie man lernt. Eine nochmals andere Deutung des

Ansatzes wäre: Auszubildenden wird es während ihrer Ausbildung ermöglicht, Kenntnisse und

Fähigkeiten aufzubauen, die ihnen den Aufbau neuer Kenntnisse und Fähigkeiten über den

gesamten Zeitraum ihres Berufslebens ermöglichen.

Um zu entscheiden, ob man den Gedanken des lebenslangen Lernens in ein Konzept für ein

Industrie 4.0 Lehr- Lernarrangement aufnehmen sollte, gilt es zunächst zu untersuchen, ob die

technologische Entwicklung und damit die Veränderungen in beruflichen

Anforderungsprofilen wirklich so hochfrequent vonstattengehen, wie von den Vertretern des

Ansatzes behauptet. Dazu sei auf die bereits in der Einleitung erwähnte Studie „A Skills

Revolution – from consumers of work to builders of talent“ verwiesen. Man kommt hier zu

dem Ergebnis, dass 65% aller Kinder, die heute in die Grundschule eintreten, später in Berufen

arbeiten werden, die heute noch nicht einmal existieren. (vgl. ManpowerGroup, 2017, S. 12)

Ein weiteres Ergebnis des bereits erwähnten Projektes Industrie 4.0@SPE besagt, dass 83% der

Produkte, die aktuell bei Siemens gefertigt werden, jünger als fünf Jahre sind. Diese Tatsache

stellt die Ausbildungsabteilung nach eigenen Angaben vor die Herausforderung, dass man noch

gar nicht eindeutig wisse, für welche zukünftigen Aufgaben man die Jugendlichen konkret

ausbildet. (vgl. IG Metall, 2016, S. 13)

Auch wenn die angeführten Beispiele eher Prognosen und Abschätzungen als wissenschaftlich

fundierte Forschungsergebnisse sind, lassen sie dennoch einen gewissen Trend erkennen. Der

Eindruck, dass die Entwicklungszyklen industrierelevanter Technologien immer kürzer

werden, bestätigt sich ebenfalls bei einem Blick auf die Entwicklungen innerhalb der Industrie

seit dem 18. Jahrhundert (vgl. 2.1). Auch hier wird deutlich, dass die Zeiträume vom Ausruf

einer „industriellen Revolution“ bis zur nächsten, tendenziell immer kleiner werden.

Die Notwendigkeit zur Verfolgung des Ansatzes des lebenslangen Lernens innerhalb eines

didaktischen Konzeptes für ein Industrie 4.0 Lehr- Lernarrangement ist also durchaus gegeben.

Bei der Entscheidung für inhaltliche und methodische Schwerpunkte sollte demnach darauf

geachtet werden, dass den Auszubildenden die Möglichkeit gegeben wird, selbstständig nach

Informationen zu suchen, diese aufzubereiten, zu reflektieren und den Transferwert für die

berufliche Praxis einzuschätzen. Diese Prämisse folgt dabei ebenfalls der Forderung nach

Selbstständigkeit, die im Konzept der Handlungsorientierung formuliert wurde.

Page 44: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

44

4.2.3 Gestaltungsorientierter Ansatz der Technikdidaktik

Der seit den 1980er Jahren am ITB7 in Bremen entwickelte Ansatz der gestaltungsorientierten

Berufsbildung fordert ein mehrdimensionales Technikverständnis. Felix Rauner, der häufig als

maßgeblicher Urheber des Modells gilt, geht dabei davon aus, dass Technik gestaltbar und

gleichzeitig ein Mittel zur (Mit-) Gestaltung der Umwelt ist. Kompetentes berufliches Handeln

sei demzufolge mehr, als nur das das Durchlaufen von organisierten und zweckrationalen

Handlungsschritten (Modell der vollständigen Handlung) (vgl. Berben, 2008, S. 206)

Rauner entfaltet deshalb fünf Kategorien, die zur Vermittlung eines tieferen

Technikverständnisses zu berücksichtigen seien. Diesem Modell folgend, sollen technische

Inhalte in der beruflichen Bildung stets auch unter den Gesichtspunkten: Ökologie,

Gesellschaftliche Arbeit, Technologie, historische Gewordenheit und Gebrauchswert

betrachtet werden. (vgl. Rauner, 1995, S. 5)

Die Berücksichtigung dieses Ansatzes in einem didaktischen Konzept für ein Industrie 4.0

Lehr- Lernarrangement scheint durchaus angemessen. Im Verlauf dieser Arbeit konnte bereits

angedeutet werden, dass die durch Informations- und Kommunikationstechnologie bedingten

Veränderungen in der industriellen Produktion keinesfalls auf diese beschränkt sind. Die als

„Industrie 4.0“ bezeichneten Veränderungen lassen sich auch in anderen gesellschaftlichen

Bereichen beobachten. Dass die Digitalisierung einen starken Einfluss auf die (berufliche)

Bildung hat, lässt sich unter anderem bei einem Blick auf die überarbeiteten Ordnungsmittel

bestätigen (vgl. 3.2). Da davon auszugehen ist, dass die Digitalisierung ebenfalls Einfluss auf

das Selbstverständnis von Arbeit, der Umwelt und die Gesellschaft als solche hat, scheint es

nur angemessen, das Technologieverständnis um die von Rauner formulierten Kategorien zu

erweitern.

Der verantwortungsvolle und reflektierte Umgang mit diesen Technologien, sowie die

Einschätzung deren Wert für Gesellschaft und Umwelt kann als Konsequenz dieses

mehrdimensionalen Verständnisses angestrebt werden.

Nickolaus kritisiert an diesem Konzept, dass durch die Anreicherung der curricularen Inhalte

um die oben genannten Kategorien ein deutlich kleineres Zeitkontingent für die

Auseinandersetzung mit Vertiefungswissen zur Verfügung steht. (vgl. Nickolaus, 2014, S. 71)

7 Institut Technik und Bildung

Page 45: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

45

Da das Konzept der Gestaltungsorientierung für den Themenkomplex Industrie 4.0 und

Digitalisierung äußerst angemessen scheint, soll es als Orientierung für Verständnisfragen

dienen. Dabei ist darauf zu achten, eine übersteigerte Anreicherung der Inhalte zu vermeiden.

4.3 Kompetenzdimensionen

Um im weiteren Verlauf der Planung Entscheidungen über die Auswahl von Inhalten und

Methoden treffen zu können, gilt es zunächst zu definieren, welche Kompetenzen durch die

Arbeit an und mit dem Demonstrator gefördert werden sollen. Dabei wurde die häufig zitierte

Kompetenzdefinition von Weinert zugrunde gelegt. Demnach sind Kompetenzen: „die bei

Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten,

um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen

und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen

erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Weinert, 2001, S. 27 f.)

Dem Konzept der Handlungsorientierung folgend, ist wie bereits erwähnt, die Ausprägung

einer beruflichen Handlungskompetenz das Leitziel beruflicher Bildung. Die berufliche

Handlungskompetenz entfaltet sich laut den Handreichungen der Kultusministerkonferenz in

den Dimensionen Fachkompetenz, Selbstkompetenz und Sozialkompetenz. Als

Querschnittskompetenzen, die stets immanenter Bestandteil von Fach- Selbst- und

Sozialkompetenz sind, werden zusätzlich: Methodenkompetenz Kommunikative Kompetenz

und Lernkompetenz definiert. (vgl. Kultusministerkonferenz, 2011, S. 14 f.) Aus Gründen der

Übersichtlichkeit wird an dieser Stelle auf eine tiefere Definition der genannten Kompetenzen

verzichtet.

Wie in 3.4 eruiert, bedeutet Berufsbildung 4.0 jedoch nicht nur die inhaltliche Dimension von

Industrie 4.0 mit didaktischen Mitteln der beruflichen Bildung zu verknüpfen. Wenn ein Lehr-

Lernarrangement mit dem Themenschwerpunkt Industrie 4.0 erarbeitet werden soll, so gilt es

ebenfalls den Aspekt der Digitalisierung der beruflichen Bildung mit einzubeziehen.

Als Orientierung für alle Akteure, die an allgemeiner, beruflicher und akademischer Bildung

beteiligt sind, wurde im Dezember 2016 die KMK Strategie „Bildung in der digitalen Welt“

veröffentlicht. In diesem Dokument wurden sechs Kompetenzbereiche definiert, die dazu

dienlich sein sollen, Bildungsangebote und Curricula mit Bezug zur Digitalisierung

auszurichten. Diese Kompetenzbereiche sind:

I. Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren

Page 46: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

46

II. Kommunizieren und Kooperieren

III. Produzieren und Präsentieren

IV. Schützen und sicher Agieren

V. Problemlösen und Handeln

VI. Analysieren und Reflektieren (vgl. Kultusministerkonferenz, 2016, S. 15 ff.)

Erweitert man die Kompetenzen, die zum Erwerb beruflichen Handlungsfähigkeit dienen

sollen, um die Kompetenzdimensionen, die zu einem sicheren und reflektierten Handeln in der

digitalen Welt befähigen sollen, ergeben sich insgesamt zwölf Kompetenzbereiche. Alle diese

Dimensionen in nur einem Konzept bedienen zu wollen, kann durchaus als überambitioniert

bezeichnet werden. Nichtsdestotrotz sollen die genannten Kompetenzbereiche im weiteren

Verlauf zumindest als Orientierung dienen und inhaltliche und methodische Entscheidungen

legitimieren.

4.4 Strukturierung der Inhalte

In Kapitel 3 konnte die besondere Rolle des Prozessverständnisses für die Berufsbildung 4.0

herausgearbeitet werden. Die Prozessschritte, die der Demonstrator abbildet, wurden deshalb

als ein erster Bezugsrahmen für die Strukturierung der Lerninhalte gewählt. Der Bezug zur

Handlungsorientierung konnte hergestellt werden, indem die Prozessschritte des Demonstrators

mit den Handlungsphasen des Modells der vollständigen Handlung verknüpft wurden. Die

Schwerpunktbereiche Prozessbezug, Systembezug und Datenbezug, die ebenfalls in Kapitel 3

identifiziert werden konnten, bilden einen weiteren Bezugsrahmen zur Strukturierung der

Inhalte. Tabelle 4, die eine geordnete Inhaltsmatrix darstellt, konnte anschließend mit Inhalten

gefüllt werden, die den geänderten Ordnungsmitteln und der technischen Architektur des

Demonstrators entwachsen.

Tabelle 5 zeigt den Bezug zum gestaltungsorientierten Ansatz der Technikdidaktik. Ausgehend

von den sechs vorgestellten Dimensionen wurden zu jedem der inhaltlichen

Schwerpunktbereiche Leitfragen, die zum Beispiel als Impulse in Fachgesprächen oder

Arbeitsaufträgen verstanden werden können, formuliert.

Page 47: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

47

Informieren Planen Entscheiden Ausführen Kontrollieren Bewerten

Konfigurator Fertigungsleitstand Montage Qualitätskontrolle

Iden

tifi

kat

ion

von O

pti

mie

rungsp

ote

nti

al

Pro

zess

bez

ug

• Auftragseingang in

ERP Systemen

• Parametrisierung in

CAD Systemen

• Kommunikationswege

zwischen Kunde und

Auftragnehmer

• Horizontale Integration

• Cyber-Physische

Produktionssysteme

• Kommunikation mit

CAQ Systemen

Syst

emb

ezu

g • Optische

Identifikationssysteme

• Condition Monitoring

• Verbeugende

Instandhaltung

• Intelligente Sensoren

• Additive Fertigung

• Assistenzsysteme

• Augmentet Reality

• Digitale Messmittel

• Prüfstrategien

Date

nb

ezu

g • Datenschutz bei Online

Bestellung (DSGVO)

• QR Code

• Auftragsdaten, die für

Prozess relevant sind

• Cloud-Computing

• IT Sicherheit in

vernetzten

Produktionssystemen

• RFID Technologie • CAQ

• Datenmanagement

Tabelle 4: Inhaltsmatrix für Industrie 4.0 Lehr-Lernarrangement

Page 48: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

48

Prozessbezug Systembezug Datenbezug

Technologie Welche Aufgaben erfüllen ERP

Systeme?

Welche Technologien lassen sich als

Industrie 4.0 Schlüsseltechnologien

ausmachen?

Welche Technologien dienen zur

Erfassung von Produktionsdaten?

Wirtschaftlichkeit und Kosten Welchen Nutzen / Kosten sehen

Unternehmen im Einsatz vernetzter

Prozesse?

Welche Kosten / Nutzen entstehen bei

der Online Konfiguration und Bestellung

von Produkten für den Auftragnehmer

Historisch- politische

Gewordenheit

Wie haben sich Fertigungsprozesse von

Einzelteilfertigung über Taylorismus bis

zu Industrie 4.0 entwickelt?

Was unterscheidet eine konventionelle

Zug- und Leitspindel Drehmaschine von

einem Cyber-Physischen System?

Daten werden oftmals als „Gold des 21.

Jahrhunderts“ bezeichnet. Was könnte

mit dieser Bezeichnung gemeint sein?

Ökologie Was bedeutet vernetzte Fertigung in

Bezug auf Ressourcennutzung?

Kann man vorbeugende Instandhaltung

und Condition Monitoring eher als

Verschwendung oder als Optimierung

von Ressourcen ansehen?

Welche ökologischen Folgen hat die

Speicherung von Daten in Datenbanken /

Clouds gegenüber der Speicherung in

Archiven.?

Gebrauchswert und

Nützlichkeit

Welchen Nutzen haben Endverbraucher

durch den Einsatz von Industrie 4.0?

(Mass Customization)

Gesellschaftliche Arbeit Welche Chancen und Risiken bringen

vernetzte Produktionsprozesse für den

Arbeitsmarkt?

Tragen Assistenzsysteme eher zur

Vereinfachung oder zur Komplexierung

der Erwerbsarbeit bei?

Welche möglichen Chancen und Risiken

bringen Systeme zur Ferndiagnose und -

steuerung bezüglich der Work- Life

Balance?

Tabelle 5: Impulsfragen für ein mehrdimensionales Technikverständnis

Page 49: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

49

4.5 Zusammenfassung

Schlussendlich wurde versucht, sämtliche bis zu diesem Zeitpunkt erarbeiteten Erkenntnisse in

insgesamt fünf Dokumente zusammenzufassen. Dabei wurde zunächst für jede der

Arbeitsstationen des Demonstrators eine Art Visualisierung der Prozessschritte vorgenommen.

Anschließend wurden mögliche Arbeitsaufträge modelliert und schlussendlich die in den

jeweiligen Stationen geförderten Kompetenzen formuliert. Die fünf Übersichtsblätter befinden

sich im Anhang dieser Arbeit unter Anlage 4 -8.

Methodisch ist das Konzept bewusst eher offen formuliert. Auch wenn sich aufgrund der

Mobilität des Demonstrators und der Nähe zum tatsächlichen Arbeitsprozess die

Lerninselmethode anbietet, ist Verwendung dieser Methode keineswegs zwingend. Im Bereich

der Mesomethodik wurden die Arbeitsaufträge so formuliert, dass sie zum

eigenverantwortlichen Handeln anregen sollen. Innerhalb der jeweiligen Stationen sind es

demzufolge die Auszubildenden selbst, die sich Informationen beschaffen, sich gegenseitig

präsentieren und gegebenenfalls mögliche Lösungen untereinander diskutieren. Was den

Bereich der Mikromethoden betrifft, so liegt deren Auswahl im Ermessen des Ausbilders. Da

es sich bei Mikromethoden um didaktisches Handeln in sehr engen sozialen Räumen handelt,

wird hierbei besonders deutlich, dass eine Zielgruppenanalyse für fundierte methodische

Entscheidungen zwingend notwendig ist. Das erstellte didaktische Konzept hat allerdings nicht

den Anspruch eine vollends ausformulierte, auf zeitliche, personelle und räumliche Ressourcen

abgestimmte Handlungsanleitung zu sein. Vielmehr geht es darum eine Möglichkeit

aufzuzeigen, aus welchen Überlegungen und didaktischen Arbeitsschritten heraus ein solche

Handlungsanleitung entstehen könnte. Da das erarbeitete Konzept an keine definierte

Zielgruppe adressiert ist, sind keine methodischen Festlegungen getroffen worden, wurden

keine expliziten Lernziele formuliert und infolge dessen auch kein Evaluationsbogen erstellt.

Die Schritte müssten situations- und ressourcengerecht durch den Ausbilder erfolgen.

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50

5 Diskussion & Fazit

Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit den Auswirkungen der als „Industrie 4.0“

bezeichneten Entwicklungen in der industriellen Fertigung auf die berufliche Bildung. Die

Diskussionsgrundlage sollte dabei folgende Kernthese bilden:

Durch die Veränderungen der Arbeitswelt, die gemeinsprachlich als „vierte

industrielle Revolution“ bezeichnet werden, ergeben sich neue, innovative

ausbildungsrelevante Inhalte. Noch bedeutender als die Inhalte selbst wird aber die

Entwicklung von schülerzentrierten, eigenaktiven und individuell anpassbaren

Lernarrangements sein, um die Befähigung zum lebenslangen Lernen als zentrales

Ziel zu etablieren.

In Kapitel 2 konnte ausführlich dargestellt werden, dass aktuell zahlreiche Technologien

entwickelt und implementiert werden, die erheblichen Einfluss auf die produzierende Industrie

in Deutschland haben. Die Schwerpunkte Cyber-Physische Systeme, das Internet der Dinge und

Big Data konnten dabei als Schlüsseltechnologien herausgearbeitet und exemplarisch erläutert

werden. Aktuell befindet sich eine Ansammlung an Technologien, die allgemein als Industrie

4.0 bezeichnet wird, in Entwicklung und Implementierung, die definitiv neue Inhalte in der

gewerblich technischen Berufsausbildung nach sich ziehen werden. Eine genauere

Untersuchung von Genese und Inhalt des Begriffs haben allerdings gezeigt, dass es sich dabei

nicht „nur“ um neue Technologien handelt, sondern, dass der Gedanke der vernetzten

Wertschöpfungskette als zentrales Industrie 4.0-Paradigma ebenfalls ein wichtiger Inhalt für

die Berufsbildung sein wird. Ein Blick auf die historischen Entwicklungen der Industrie in den

letzten Jahrhunderten hat gezeigt, dass Forschung und Entwicklung seit mehr als 100 Jahren

immanenter Bestandteil der Wirtschaft sind. Diese Tatsache führte zu dem Schluss, dass die

Bezeichnung „vierte industrielle Revolution“ durchaus infrage gestellt werden kann.

Der erste Teil der aufgestellten These konnte demzufolge mit Einschränkungen verifiziert

werden. Wie in Kapitel 3 nochmals sehr deutlich geworden ist, ergeben sich, aufbauend auf

Industrie 4.0, zahlreiche innovative und ausbildungsrelevante Inhalte. Ob es sich dabei jedoch

um eine wirkliche Revolution oder nur um eine konsequente Weiterentwicklung bereits

bekannter und etablierten Technologien handelt, bleibt abzuwarten.

Im zweiten Teil der These wird die Behauptung aufgestellt, dass die Befähigung zum

lebenslangen Lernen ein zentrales Ziel der Berufsbildung im Zusammenhang mit Industrie 4.0

Page 51: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

51

werden wird. Zur Untersuchung dieser Aussage folgten Sichtung und Vergleich mehrerer

Studien, sowie eine Analyse der überarbeiteten Ordnungsmittel für die industriellen

Metallberufe. Dabei konnte herausgearbeitet werden, dass sich neben konkreten neuen Inhalten

auch etwa vier bis fünf übergeordnete Schwerpunktfelder identifizieren lassen, die in allen

untersuchten Veröffentlichungen auftauchen. Als wichtigster Schwerpunkt hat sich dabei der

Prozessbezug herausgestellt, der aller Wahrscheinlichkeit nach als Leitgedanken der

curricularen Arbeit sowie des pädagogischen Handelns fungieren wird. Aufbauend auf diese

Analysen konnte folgende zentrale Erkenntnis dieser Arbeit gewonnen werden:

Wenn der Leitgedanke der Vernetzung den Kern von Industrie 4.0 darstellt, dann kann

der Prozessbezug als gültiges Korrelat für die Berufsbildung 4.0 bezeichnet werden.

Der Gedanke des lebenslangen Lernens ist schon seit längerer Zeit fester Bestandteil der

didaktischen Grundkonzeption der beruflichen Bildung. Im Modell der beruflichen

Handlungskompetenz finden sich im Bereich der Methodenkompetenz die Kenntnisse und

Fähigkeiten, die den Auszubildenden dazu befähigen sollen, sich neue Kenntnisse, Fertigkeiten

und Fähigkeiten selbst anzueignen. (vgl. z.B. Schelten, 2004, S. 172) Der Grundsatz des

lebenslangen Lernens ist also bereits Teil des Gegenstandsbereiches didaktischen Handelns im

berufsbildenden Bereich. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Bedeutung dieses

Grundsatzes durch die Einführung von Berufsbildung 4.0 auf- oder abgewertet wird. Der zweite

Teil der aufgestellten These muss demnach, wenn auch nicht falsifiziert, zumindest relativiert

werden. Die Entwicklung von schülerzentrierten, eigenaktiven und individuell anpassbaren

Lehr- Lernarrangements, die zum lebenslangen Lernen befähigen, behält nach wie vor ihre

Relevanz. Als neuer didaktischer Leitgedanke ist der Bezug zum vernetzten Fertigungsprozess

zu nennen, der dazu beitragen soll, über den eigenen Arbeitsplatz hinaus, die Peripherien und

Abhängigkeiten innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette zu erfassen.

Aufbauend auf die Erkenntnisse des theoretischen Teils dieser Arbeit und der Diskussion der

Kernthese konnte ein exemplarisches didaktisches Konzept entwickelt werden. So wurde eine

Möglichkeit aufgezeigt wie, in Übereinkunft mit den neu geforderten Inhalten der

Ordnungsmittel sowie bereits etablierten und neueren didaktischen Grundsätzen, Berufsbildung

4.0 konkret gestaltet werden könnte. Auf Grundlage des vorgestellten Demonstrators und der

damit weitläufig vorgegebenen Inhalte konnten die Konzepte der Handlungsorientierung, des

lebenslangen Lernens, des gestaltungsorientierten Ansatzes, sowie die KMK Anforderungen

der digitalen Kompetenzdimensionen verknüpft werden. Im weiteren Verlauf würden nun die

Schritte der Erprobung und Evaluation mit Auszubildenden erfolgen. Ebenfalls denkbar ist die

Page 52: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

52

Aufbereitung und Anpassung des Konzeptes für Ausbilderworkshops im Rahmen des Projektes

A4.0 oder ähnlicher Formate.

Durch die Erstellung dieser Magisterarbeit erfolgte eine grundlegende Auseinandersetzung mit

dem Thema Industrie 4.0 und dessen tendenziellen Einflüssen auf die berufliche Bildung im

gewerblich technischen Bereich. Es bleibt zu hoffen, dass die vorliegende Arbeit und das

didaktische Konzept als Essenz der gewonnenen Erkenntnisse eine gewisse Relevanz erhält und

einen Beitrag dazu leisten kann, die Akteure der beruflichen Bildung bei ihrer täglichen Arbeit

zu unterstützen.

Page 53: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

53

Selbstständigkeitserklärung

Ich versichere an Eides statt, durch meine eigenhändige Unterschrift, dass ich die vorliegende

Magisterarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe angefertigt habe. Alle Stellen, die wörtlich

oder dem Sinn nach auf Publikationen oder Vorträgen anderer Autoren beruhen, sind als solche

kenntlich gemacht. Ich versichere außerdem, dass ich keine andere als die angegebene Literatur

verwendet habe. Diese Versicherung bezieht sich auch auf alle in der Arbeit enthaltenen

Zeichnungen, Skizzen, bildlichen Darstellungen und dergleichen.

Diese Arbeit wurde bisher keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht

veröffentlicht.

_____________________ _____________________

Erfurt, den TT.MM.JJJJ Erik Graul

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58

Veigt, M., Lappe, D., Hribernik, K. A., & Scholz-Reiter, B. (2013). Entwicklung eines Cyber-

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59

Abbildungsnachweis

Abbildung 1: (Veigt, Lappe, Hribernik, & Scholz-Reiter, 2013, S. 15)

Abbildung 2: https://trends.google.de/trends/explore?date=all&geo=DE&q=Industrie%2

04.0,%2Fm%2F0227jd (abgerufen am 15.05.2018)

Abbildung 3: (bayme vbm, 2016, S. 144)

Abbildung 4: (Kunz, 2015, S. 33)

Abbildung 5: Eigene Darstellung

Abbildung 6: Eigene Darstellung

Anlagenverzeichnis

Anlage 1: Änderungen im Rahmenlehrplan für die Ausbildung zum

Zerspanungsmechaniker (Novellierung 2017)

60

Anlage 2: Screenshot der neuen Berufsbildposition „Digitalisierung der Arbeit,

Datenschutz und Informationssicherheit“ aus einem Entwurf der

neuen Ausbildungsordnung 62

Anlage 3: Gedächtnisprotokoll zum Telefongespräch von 29.03.2018 63

Anlage 4: Zusammenfassung von Station 1 (Konfigurator) 65

Anlage 5: Zusammenfassung von Station 2 (Fertigungsleitstand) 66

Anlage 6: Zusammenfassung von Station 3 (Montage) 67

Anlage 7: Zusammenfassung von Station 4 (Qualitätskontrolle) 68

Anlage 8: Zusammenfassung von Station 5 (Prozessoptimierung) 69

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60

Anhang

Anlage 1: Änderungen im Rahmenlehrplan für die Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker (Novellierung 2017)

Stelle im Dokument Formulierung Einordung

S.6 f.

(Ziele des

Rahmenlehrplans)

… arbeiten und kommunizieren im Rahmen der beruflichen Tätigkeit inner- und außerbetrieblich sowie interdisziplinär mit anderen Personen,

auch aus anderen Kulturkreisen. Sie arbeiten darüber hinaus teamorientiert und beherrschen den Umgang mit den jeweils aktuellen

Informations- und Kommunikationsmitteln.

Sozialkompetenz

Digitalisierung

… berücksichtigen den Datenschutz und die Informationssicherheit bei der Arbeit mit und in digitalen Systemen, IT - Sicherheit

… durch maschinelle spanabhebende (subtraktive und additive) Fertigungsverfahren

… arbeiten in vernetzten Fertigungssystemen (Datenbanken, CAD/CAM-Kopplung) Prozessbezug

…verwenden digitale Werkzeuge (MES-, ERP-Systeme) Prozessbezug

S. 9 (LF 1) die Arbeitsergebnisse insbesondere unter Verwendung digitaler Medien. Digitalisierung

Sie beachten die Bestimmungen des Arbeits- und des Umweltschutzes und berücksichtigen die Bestimmungen des Urheberrechts. IT - Sicherheit

S. 10 (LF 2) Zur Beschaffung von Informationen nutzen sie auch audiovisuelle und virtuelle Hilfsmittel Digitalisierung

auch mit Hilfe von Anwendungsprogrammen zum rechnerunterstützten Zeichnen. Digitalisierung

Inhalte: Technische Zeichnungen und Informationsquellen auch in digitaler Form Digitalisierung

S. 11 (LF 3) wenden Informationen aus technischen, auch digitalen, Unterlagen an. Digitalisierung

produktbezogen aus und organisieren einfache Montagearbeiten im Team, auch in digitaler Form. Digitalisierung

Inhalte: Teil-, Gruppen- und Gesamtzeichnungen, Anordnungspläne, auch in digitaler Form Digitalisierung

S. 12 (LF 4) Die Schülerinnen und Schüler nutzen digitale Informationsquellen. Digitalisierung

Sie beachten die Bestimmungen des Arbeits- und Umweltschutzes sowie der IT-Sicherheit. IT - Sicherheit

S. 13 (LF 5)

Sie nutzen technische, auch digitale Informationsquellen und Anwendungsprogramme. Digitalisierung

Die Schülerinnen und Schüler verwenden aktuelle Anwenderprogramme zum Erstellen von Rüst- bzw. Einrichteplänen. Digitalisierung

… und präsentieren diese auch mit Hilfe digitaler Medien in einem Arbeitsplan. Digitalisierung

… Prüfvorschriften angewendet und die Ergebnisse auch digital dokumentiert. Digitalisierung

Die Schülerinnen und Schüler beachten die Bestimmungen des Arbeits- und Umweltschutzes sowie der IT-Sicherheit. IT - Sicherheit

Inhalte: Rüstplan

S. 15 (LF 6)

Sie nutzen die Möglichkeiten von Diagnosesystemen und interpretieren Funktions- und Fehlerprotokolle, auch durch Ferndiagnose. Analysebezug

… führen sie unter Beachtung der Bestimmungen der Arbeits- und des Umweltschutzes durch und dokumentieren sie auch digital. Digitalisierung

Inhalte: Ereignisorientierte- und Vorausschauende Instandhaltung Prozessbezug

Inhalte: Condition Monitoring Analysebezug

S. 16 (LF 7)

Die Schülerinnen und Schüler analysieren, programmieren und parametrieren berufsspezifische steuerungstechnische Systeme auch mit Hilfe

von Simulationsprogrammen

Systembezug

… vervollständigen technische Dokumentationen und präsentieren ihre Ergebnisse auch digital. Digitalisierung

Inhalte: Analoge, digitale und intelligente Sensoren und Aktoren Systembezug

… und dokumentieren die ermittelten Prüfergebnisse unter Verwendung aktueller Anwendungsprogramme. Datenbezug

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S. 17 (LF 8) Inhalte: Tool Managementsystem, Werkzeug-Voreinstellung Systembezug

Inhalte: Identifikation von Werkzeugen Systembezug

S. 18 (LF 9)

… definieren produktbezogene Prüfmerkmale, erstellen unter Verwendung aktueller Anwendungsprogramme einen Prüfplan, ordnen Prüfmittel

zu und wählen produktbezogene Prüfverfahren aus.

Digitalisierung

… beachten bei der Prüfung geltende Prüfvorschriften und vervollständigen Prüfprotokolle in Datenbanken. Datenbezug

Inhalte: Digitale Messmittel Systembezug

Inhalte: Prüfstrategien Analysebezug

S. 19 (LF 10)

Dabei nutzen sie aktuelle Diagnosesysteme. Datenbezug

Sie erfassen Messdaten auch in digitaler Form, werten diese mit Hilfe von Anwendersoftware aus ermitteln und protokollieren Messdaten,

werten Messreihen aus, interpretieren und präsentieren die Ergebnisse.

Datenbezug

Inhalte: Condition-Monitoring Analysebezug

Inhalte: Vorausschauende Instandhaltung Prozessbezug

Inhalte: Tool Managementsystem Systembezug

Inhalte: ERP-Systeme und MES Prozessbezug

S. 20 (LF 11)

bereiten auftragsbezogen einen rechnergestützten Fertigungsprozess vor, organisieren und überwachen auch unter Anwendung eines MES, den

Fertigungsablauf.

Prozessbezug

Dazu nutzen sie auch rechnergestützte Qualitätsmanagement-systeme. Digitalisierung

präsentieren Lösungs- und Arbeitsergebnisse in auftragsbezogenen, digitalen Unterlagen. Digitalisierung

Inhalte: ERP-Systeme und MES Prozessbezug

Inhalte: Vernetzung und mobile Kommunikation Prozessbezug

Inhalte: optische und elektronische Identifikationssysteme Systembezug

S. 21 (LF 12)

Dazu analysieren sie die Auftragsunterlagen und legen […] die Bearbeitungsstrategie auch unter Verwendung von Datenmanagementsystemen

fest.

Analysebezug

Dazu nutzen sie unterschiedliche digitale Informationsmedien. Digitalisierung

Inhalte: CAD/CAM/CAQ - Technik Digitalisierung

Inhalte: Messmaschinen digitale Messmittel Digitalisierung

S. 22 (LF 13)

Inhalte: DNC- Betrieb ERP-Systeme, MES

Prozessbezug

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Anlage 2: Screenshot der neuen Berufsbildposition „Digitalisierung der Arbeit,

Datenschutz und Informationssicherheit“ aus einem Entwurf der neuen

Ausbildungsordnung

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Anlage 3: Gedächtnisprotokoll zum Telefongespräch von 29.03.2018

Gesprächspartner: Frau A., Ausbildungsabteilung Trumpf GmbH +Co. KG

I: Hallo Frau . zunächst einmal vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen um mit mir im

Rahmen meiner Masterarbeit über das Thema Industrie 4.0 in der gewerblich –

technischen Ausbildung zu sprechen.

A: Sehr gerne, wir Ausbilder sind auch immer froh, wenn sich hin und wieder mal junge Leute

dazu entscheiden frischen Wind in die Berufsschulen zu bringen.

Was war der Anstoß, der bei Ihnen in der Firma dafür gesorgt hat Industrie 4.0 relevante

Inhalte in die betriebliche Ausbildung aufzunehmen?

A: Trumpf hat in den letzten Jahren den Bereich der vernetzten Fertigung massiv ausgebaut

und die Zukunftsstrategie auf diesen Markt ausgelegt. Es wurde relativ schnell klar, dass die

Ordnungsmittel der Ausbildungsberufe nicht genügend Themen beinhalten um die

Anforderungen auf diesem Bereich abzudecken. Seit Anfang 2016 wird kontinuierlich daran

gearbeitet, I4.0 Inhalte in die Ausbildung aufzunehmen oder aber bereits bestehende Projekte

durch Einsatz neuer (anderer) Medien I4.0 relevanter zu gestalten. So wird beispielsweise mit

Tablets oder Smartphone gearbeitet oder Arbeitsergebnisse müssen digital dokumentiert oder

präsentiert werden.

I: Wie werden I4.0 Inhalte konkret bei Ihnen vermittelt?

A: Zunächst wurden betriebsintern die Bedarfe ermittelt um festzustellen, welche Themen für

wen besonders wichtig sind. Es gibt für alle Auszubildenden und DHBW Studenten

beispielsweise Workshops und Seminare zum Thema Datensicherheit und Umgang mit

Medien. Die Affinität zu digitalen Medien ist definitiv da. Es gibt allerdings Bedarfe bei der

Festigung mit dem verantwortungsbewussten Umgang. Diese Workshops sind verpflichtend

für alle Azubis, auch die aus dem nichttechnischen Bereich.

Weitere wichtige Punkte sind die Prozess- und Systemintegration. Die sind besonders für

Industriemechaniker und Mechatroniker interessant. Die Schulung läuft dann so, dass die

Azubis in den jeweiligen Abteilungen wie der IT oder Anwendungsentwicklung mitlaufen und

so ein Verständnis für vernetzte Fertigung entwickeln.

Ein ebenfalls sehr wichtiger Punkt für uns ist das Thema der additiven Fertigung, weil der

Metalldruck für uns ebenfalls ein starkes Marktsegment bildet.

I: Der Industriemechaniker und der Mechatroniker sind also die Berufe, die am stärksten

von der Industrie 4.0 - Entwicklung betroffen sind?

A: Ja, das liegt aber daran, dass das die Berufe sind, die wir besonders hier am Standort

Ditzingen am stärksten Ausbilden. Aktuell denken wir darüber nach, die Kapazität der IT

Berufe zu erhöhen, besonders auch im Bereich der Anwendungsentwicklung. Den Elektroniker

bilden wir zu Zeit gar nicht aus, denken aber auch darüber nach, diesen Beruf wieder mit

aufzunehmen.

Der Maschinen und Anlagenführer ist ein Beruf, der zumindest bei uns hier am Standort

Ditzingen gerade ausläuft. Das liegt daran, dass dieser Standort immer mehr zum Technologie-

und Innovationszentrum innerhalb der Trumpf Gruppe wird und der Maschinen und

Anlagenführer mit dem Anforderungsniveau nicht mehr mithalten kann. Auch wenn wir uns

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bemühen einfache Berufe auszubilden, werden die auf lange Sicht wahrscheinlich fast komplett

entfallen.

Was den Bereich unserer dualen Studenten betrifft, da haben wir die Kapazität der IT

Studiengänge gerade verfünffacht.

I: Welche Ansatzpunkte verfolgen Sie aktuell um die Ausbildung weiter auf die I4.0

Entwicklungen anzupassen?

A: Wir sind eigentlich permanent dabei, die Projekte, die wir in unserer Ausbildung bereits

haben durch digitale Medien oder Einbindung von digitalen Inhalten zu erweitern.

Ein Mitarbeiter von uns war als Bundessachverständiger bei der Neuordnung der Metall- und

Elektroberufe dabei und aktuell sind wir dabei die neuen Inhalte, die wir noch nicht abdecken

mit in unsere Ausbildung einfließen zu lassen. Dazu haben wir vor kurzem eine Stelle zum HR-

Experten für vernetzte Industrie ausgeschriebene, also sowas wie einen „Industrie 4.0

Ausbilder“

Vielen Dank für das Gespräch

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Anlage 4: Zusammenfassung von Station 1 (Konfigurator)

8 DKB: Digitaler Kompetenzbereich

Industrie 4.0 Projekt:

Vernetzte Fertigung eines

Schraubendrehers

Station 1: Konfigurator

Arbeitsschritte:

Mögliche Arbeitsaufgaben:

- Brainstorming: Sammeln Sie als Gruppe alle Schritte, die ihrer Meinung nach zu einem Fertigungsprozess für einen

Schraubendreher gehören und bringen Sie die Schritte in eine Struktur ihrere Wahl (Mindmap, Flussdiagramm… )

- Analyse: Untersuchen sie die Eingabemaske des Konfigurators auf Stärken und Schwächen, welchen Nutzen / Kosten bringt

diese Art der Bestellung für Kunde und Auftragnehmer? (Denken sie dabei auch über Fragen des Datenschutzes nach)

- Gruppenarbeit 1: Suchen Sie nach Informationen über das verbaute, digitale Bilderfassungssystem. Welche Stärken und

Schwächen haben Systeme dieser Art? Gibt es unter Umständen andere Möglichkeiten die Schraubenkopfgeometrie an den

Konfigurator zu übertragen? (Fotos mit dem Smartphone, händische Eingabe, 3D Scanner…). Präsentieren Sie anschließend

ihre Ergebnisse in einer frei wählbaren Form.

- Gruppenarbeit 2: Erstellen Sie eine CAD Zeichnung von dem Schraubendreher, der benötigt wird um den vorgegeben

Schraubkopf zu lösen. Makieren Sie alle Maße der Zeichnung, die sich als Parameter in die Eingabemaske eintragen lassen.

Welchen Einfluss haben optische Erkennungssysteme auf die Arbeitswelt (z. B. das Berufsbild des technischen Zeichners? )

Präsentieren Sie im Anschluss Ihre Ergbenisse gegenüber der anderen Gruppe in einer frei wählbaren Form)

Stellen Sie am Ende der Bearbeitungseinheit ihre Handlungsergebnisse allen Kursteilnehmern digital zur Verfügung (z.B. in

einer Cloud). Achten Sie dabei auf Grundregeln des Urheberrechtes.

Geförderte Kompetenzen: Methodenkompetenz: Die Auszubildenen nutzen die Methode des Brainstormings um sich selbst einen ersten Zugang zum

Thema Fertigungsprozesse zu verschaffen.

Fachkompetenze: Die Auszubildenden entwickeln die Bereitschaft und Fähigkeit den Einfluss optischer Identifikationssysteme

auf computergestützes Design und computergestützte Fertigung einzuschätzen.

Kommunikative Kompetenz: Die Auszubildenen entwickeln die Bereitschaft und Fähigkeit sich innerhalb ihrer Gruppe über

Ergebnisse ausztauschen und diese kritisch zu reflektieren.

DKB I (Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren): Die Auszubildenen suchen, filtern und bereiten Informationen aus digitalen

Medien auf.

DKB II (Entwickeln und Produzieren):8 Die Auszubildenden führen Inhalte aus verscheiedenen Formaten zusammen,

verarbeiten sie weiter und präsentieren (veröffentlichen) diese anschließend.

Konfigurator

Start Schraubenkopf

erfassen

Parameter

übernehmen?

Kundendaten

eintragen

Selbst

konfigurieren

Bestellung

auslösen

QR Code

drucken Ja

Nein

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Anlage 5: Zusammenfassung von Station 2 (Fertigungsleitstand)

9 DKB: Digitaler Kompetenzbereich

Industrie 4.0 Projekt:

Vernetzte Fertigung eines

Schraubendrehers

Station 2: Fertigungsleitstand

Arbeitsschritte:

Mögliche Arbeitsaufgaben:

- Analyse: Untersuchen sie die Prozessschritte innerhalb des Arbeitsplatzes „Fertigungsleitstand“ welche Schritte könnten

dabei von Informations- und Kommunikationstechnologie (z.B. einer Software) übernommen werden?

- Gruppenarbeit 1: In diesem Beispiel teilen sich mehrere Firmen ihre Produktionskapazitäten. Man spricht dabei von

„horizontaler Integration“ Suchen Sie nach Informationen, die diesen Begriff genauer Erklären. Stellen sie Vor- und

Nachteile dieses Modells gegenüber herkömmlichen Produktionsstrategien heraus. (Denken Sie dabei neben wirtschaftlichen

Faktoren auch an ökologische Ressourcennutzung, Datenschutz oder Auswirkungen auf die Beschäftigten der Unternehmen)

Präsentieren Sie anschließend Ihre Ergebeisse gegenüber dem Rest der Teilnehmergruppe.

- Gruppenarbeit 2: In diesem Beispiel sind die Produktionsmaschinen der Unternehmen als „cyber-physische Systeme“

miteinander vernetzt. Suchen Sie nach Informationen, die diesen Begriff genauer erklären. Untersuchen sie, was eine

klassische Bearbeitungsmaschine (z. B. Zug- und Leitspindeldrehmaschine) von einem cyber Phyischen System

unterscheidet. Präsentieren Sie anschließend Ihre Ergebnisse gegenüber dem Rest der Teilnehmergruppe.

- Gruppenarbeit 3: In diesem Beispiel wird der Griff des Schraubendrehers mittels 3D Druck hergestellt, einem additiven

Fertigungsverfahren. Suchen Sie nach Informationen, die das Verfahren 3D Druck genauer erläutern. Welche anderen

additiven Fertigungsverfahren gibt es? Welche Vor- und Nachteile bietet der 3D Druck des Griffes gegenüber einem anderen

Verfahren (z.B. Fräsen)? Präsentieren Sie anschließend Ihre Ergebnisse gegenüber dem Rest der Teilnehmergruppe.

Stellen Sie am Ende der Bearbeitungseinheit ihre Handlungsergebnisse allen Kursteilnehmern digital zur Verfügung (z.B. in

einer Cloud) achten Sie dabei auf Grundregeln des Urheberrechtes.

Geförderte Kompetenzen:

Fachkompetenzen: -Die Auszubildenden entwickeln die Bereitschaft und Fähigkeit

- Anwendungsfälle für Cyber-Physische Systeme zu identifizieren und reflektieren deren Einsatz kritisch.

- Anwendungsfälle für additive Fertigungsverfahren zu identifizieren und reflektieren deren Einsatz kritisch.

Kommunikative Kompetenz: Die Auszubildenen entwickeln die Bereitschaft und Fähigkeit sich innerhalb ihrer Gruppe über

Ergebnisse ausztauschen und diese kritisch zu reflektieren.

DKB9 I (Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren): Die Auszubildenen suchen, filtern und bereiten Informationen aus digitalen

Medien auf.

DKB II (Entwickeln und Produzieren): Die Auszubildenden führen Inhalte aus verscheiedenen Formaten zusammen,

verarbeiten sie weiter und präsentieren (veröffentlichen) diese anschließend.

DKB IV (Schützen und sicher agieren): Die Auszubildenden hinterfragen die Vernetzung mittels horizontaler Integration und

schätzen Chancen und Risiken der digitalen Kommuikation ein.

Fertigungsleit-stand

QR Code

Einscannen

Produktions-

kapazitäten prüfen

Unterauftrag „3D

Druck“ zuweisen

Unterauftrag

„Fräsen“ zuweisen

Unteraufträge

auslösen

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Anlage 6: Zusammenfassung von Station 3 (Montage)

10 DKB: Digitaler Kompetenzbereich

Industrie 4.0 Projekt:

Vernetzte Fertigung eines

Schraubendrehers

Station 3: Montage

Arbeitsschritte:

Mögliche Arbeitsaufgaben:

- Analyse: Untersuchen sie die Prozessschritte innerhalb des Arbeitsplatzes „Montage“ welche Schritte könnten dabei von

Informations- und Kommunikationstechnologie (z.B. Roboter) übernommen werden?

- Gruppenarbeit 1: In diesem Beispiel wird ein „Pick by Light Lager“, welches von einer Videoanimation unterstützt wird,

verwendet. Suchen sie nach Informationen die den Begriff „Pick by Light Lager“ genauer erklären. Welche anderen solcher

Assitenzsysteme wären für diesen Anwendungsfall denkbar? (Denken Sie auch daran, wie sich Assistenzsysteme auf das

zukünftige Bild gewerblicher Arbeit auswirken könnte). Präsentieren Sie anschließend Ihre Ergebnisse gegenüber dem Rest

der Teilnehmergruppe.

- Gruppenarbeit 2: In diesem Beispiel werden zunächst QR Codes und danach RFID Chips als Identifikationsmedien genutzt.

Teilen Sie zunächst ihre Gruppe auf und suchen sie nach Informationen, die die Begriffe QR Codes und RFID näher erklären.

Schließen sich sich anschließend wieder zusammen und diskutieren sie über Vor- und Nachteile dieser beiden Technologien.

Präsentieren Sie anschließend Ihre Ergebnisse gegenüber dem Rest der Teilnehmergruppe und diskutieren Sie die Aussage

„Kommunikation über RFID ist die wichtigste Technologie im Kontext von Industrie 4.0“

Stellen Sie am Ende der Bearbeitungseinheit ihre Handlungsergebnisse allen Kursteilnehmern digital zur Verfügung (z.B. in

einer Cloud) achten Sie dabei auf Grundregeln des Urheberrechtes.

Geförderte Kompetenzen:

Fachkompetenzen: -Die Auszubildenden entwickeln die Bereitschaft und Fähigkeit

- den Einsatz digitaler Assistenzsysteme kritisch zu reflektieren

- die Vor- und Nachteile von Identifikationssystemen zu dikutieren

Selbstkompetenz: Die Auszubildenen entwickeln die Bereitschaft und Fähigkeit eine Meinung bezüglich der Digitalisierung der

Arbeitswelt zu bilden und sich entsprechend zu positionieren und zu verhalten.

DKB10 I (Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren): Die Auszubildenen suchen, filtern und bereiten Informationen aus

digitalen Medien auf.

DKB V (Problemlösen und Handeln): Die Auszubildenden suchen nach digitalen und/oder automatisierten Lösungen um den

Prozess der Montage zu optimieren und reflektieren ihre Vorschläge.

Montage

QR Code

Einscannen

Montageanimation

Starten

Schwert in Griff

einsetzen

RFID beschreiben

& einsetzen

Orientierungsstifte

einsetzen

Griff verkleben

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Anlage 7: Zusammenfassung von Station 4 (Qualitätskontrolle)

11 DKB: Digitaler Kompetenzbereich

Industrie 4.0 Projekt:

Vernetzte Fertigung eines

Schraubendrehers

Station 4: Qualitätskontrolle

Arbeitsschritte:

Mögliche Arbeitsaufgaben:

- Analyse: Untersuchen sie die Prozessschritte innerhalb des Arbeitsplatzes „Qualitätskontrolle“. An welchen Stellen wäre

eine direkte informationstechnische Rückkopplung in den Fertigungsprozess sinnvoll?

- Analyse: Diskutieren Sie die Aussage: „Die Qualitätskontrolle am Ende des Fertigungsprozesses ist wenig sinnvoll, weil es

da ja eh schon zu spät ist.“

- Gruppenarbeit 1: In diesem Beispiel wird ein ein optisches Kamerasystem verwendet um die Bauteilgeometrie zu erfassen.

Suchen Sie nach Informationen, die darüber Aufschluss geben, welche Stärken und Schwächen eine Messung nach dieser

Methode mit sich bringt. Welche anderen (digitalen) Messverfahren wären sinnvoll? Präsentieren Sie anschließend Ihre

Ergebnisse gegenüber dem Rest der Teilnehmergruppe.

- Gruppenarbeit 2: Ein Schlagwort, dass im Zusammenhang mit Industrie 4.0 sehr häufig auftaucht ist „Big Data“. Suchen

Sie nach Informationen, die diesen Begriff genauer erläutern. Welche Chancen könnten sich aus einer Big Data Analyse für

die Fertigungssteuerung ergeben? Denken Sie in diesem Zusammengang auch über Schlagworte wie „sichere

Kommunikationswege, Datenbanken, Sensoren und Aktoren“ nach.

Stellen Sie am Ende der Bearbeitungseinheit ihre Handlungsergebnisse allen Kursteilnehmern digital zur Verfügung (z.B. in

einer Cloud) achten Sie dabei auf Grundregeln des Urheberrechtes.

Geförderte Kompetenzen:

Fachkompetenzen: -Die Auszubildenden entwickeln die Bereitschaft und Fähigkeit

- die Grundzüge digitaler Messtechnologien nachzuvollziehen.

- die Potentiale von Big Data Analyse in vernetzter Fertigung zu identifizieren und den Einsatz dieser

Technologie kritisch zu reflektieren.

Sozialkompetenz: Die Auszubildenen entwickeln die Bereitschaft und Fähigkeit in einer Gruppe verschiedene Standpunkte und

Lösungsansätz zu diskutieren und zu reflektieren.

DKB11 I (Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren): Die Auszubildenen suchen, filtern und bereiten Informationen aus

digitalen Medien auf.

DKB V (Problemlösen und Handeln): Die Auszubildenden suchen nach digitalen Messmethoden und reflektieren deren

möglichen Einsatz in der aufgezeigten Ausgangssituation kritisch.

Qualitäts-kontrolle

RFID Chip

einlesen

Bauteil unter Optik

positionieren

Messung starten Messwerte

i.O.?

Bauteilfreigabe Ende

Prozessschritt

identifizieren

Fehler im Prozess

abstellen

Ja

Nein

Page 69: Berufsbildung 4.0 Chancen und Herausforderungen bei der ... · Chancen und Herausforderungen bei der konzeptionellen ... werden und deren zu erwartende Auswirkungen auf die berufliche

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Anlage 8: Zusammenfassung von Station 5 (Prozessoptimierung)

12 DKB: Digitaler Kompetenzbereich

Industrie 4.0 Projekt:

Vernetzte Fertigung eines

Schraubendrehers

Station 5: Prozessoptimierung

Arbeitsschritte:

Mögliche Arbeitsaufgaben:

- Analyse: Teilen Sie sich zunächst in 4 Gruppen und suchen Sie nach Optimierugspotential innerhalb der 4 Arbeitsstationen,

die der Demonstrator simmuliert. Denken Sie dabei an Schlagworte wie: technische Umsetzung, Automatisierung,

Datenschutz, Umweltschutz, Arbeitsschutz, sowie Kosten und Nutzen. Wählen Sie zur Identifikation der

Optimierungspotentiale eine geeigente Methode (z. B. Brainstormin, Fischgräten- Diagramm…)

- Dikussion: Diskutieren Sie Ihre Ergebnisse innerhalb der Teilnehmergruppe. Lassen sich auch Optimierungspotentiale

finden, die den gesamten Prozess betreffen? (z.B. Kommunikationswege zwischen den Stationen, Erweiterung / Reduktion

des Prozesses)

Stellen Sie am Ende der Bearbeitungseinheit ihre Handlungsergebnisse allen Kursteilnehmern digital zur Verfügung (z.B. in

einer Cloud) achten Sie dabei auf Grundregeln des Urheberrechtes.

Geförderte Kompetenzen:

Fachkompetenz: Die Auszubildenden entwickeln die Bereitschaft und Fähigkeit methodengeleitet und sachgerecht

Optimierungsprobleme im Produktionsprozess zu lösen.

Methodenkompetenz: Die Auszubildenden entwickeln die Bereitschaft und Fähigkeit Methoden zur Prozessanalyse

anzuwenden.

Sozialkompetenz: Die Auszubildenen entwickeln die Bereitschaft und Fähigkeit in einer Gruppe verschiedene Standpunkte und

Lösungsansätz zu diskutieren und zu reflektieren.

DKB12 I (Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren): Die Auszubildenen suchen, filtern und bereiten Informationen aus

digitalen Medien auf.

DKB VI (Analysieren und Reflektieren): Die Auszubildenden analysieren den Einsatz digitaler Werkzeuge und

Produktionssysteme, reflektieren deren Einsatz für den simulierten Prozess und diskutieren Alternativen.

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