Berufseinstieg – eine Herausforderung - phzh.ch · 3 Überblick A Der Einstieg von Lehrpersonen...
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Berufseinstieg – eine Herausforderung
Vortrag an der Summer School der PH Niederösterreich und der Uni Klagenfurt
Schlosshotel Ilghauser am Mattsee bei Salzburg 8. Juli 2015
Manuela Keller-Schneider, Prof. Dr. phil.
Einstieg
«Endlich kann ich selber bestimmen, wie ich eine Klasse unterrichten und führen möchte!» (Sandra Gloor, September 2004, zu Beginn des ersten Berufsjahres, vgl. Keller-Schneider 2009, 41) «Die tausend Dinge, die ich beachten muss und dabei noch ruhig das Ganze überblicken soll, strapazieren mich arg.» (Barbara Binder, Oktober 2008, zu Beginn des ersten Berufsjahres; vgl. Keller-Schneider 2010a, 9)
«Ich habe in der Ausbildung ja sehr viel gelernt und gearbeitet - doch so viel, wie in den letzten drei Monaten – noch nie in meinem Leben! Ich wusste gar nicht, dass ich so viel arbeiten kann und dass es mir erst noch Freude bereitet.» (Nora Maag, 2004, zu Beginn des ersten Berufsjahres; vgl. Keller-Schneider 2010a, 13)
«Wenn ich dann mehr Erfahrung habe, wird es bestimmt besser gehen.» (eine Berufseinsteigerin zu Beginn ihrer Berufstätigkeit; vgl. Keller-Schneider in Vorbereitung)
Prof. Dr. M. Keller-Schneider 2 Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015
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Vorbemerkungen
Lehrer/innenausbildung in der Schweiz: • Kindergarten und Primarstufe: BA • Sekundarstufe: MA an der PH, FW an der Uni, FD und EW an der PH • Gymnasium: Fachstudium plus Lehrerausbildung 2 Semester Teilzeit
Berufseinführung nach Ausbildungsabschluss (Berufstätigkeit eigenverantwortlich): • Keine Beurteilung (d.h. keine Junglehrer/innen) • Lokales Mentorat für alle: kollegiale Begleitung durch Lehrperson am Arbeitsort • Supervision an der PH (fakultativ) • Kurse zu Berufseinstiegsthemen (fakultativ) • 3-wöchige WB an der PH, die Studierenden übernehmen die Klassen
Anstellung • Durch Schulleitung und kommunale Behörde • Keine Verbeamtung, Stelle gegenseitig kündbar • Periodische Beurteilung (lohnwirksam)
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Berufseinstieg – eine Herausforderung!
Welche Anforderungen müssen bewältigt werden? Professionalisierung erforderlich, d.h. lernen geht weiter. Wer oder was hilft dabei? Sind Berufseinsteigende genügend gut ausgerüstet? Was können Mentor/innen beitragen? Wodurch wird das Gelingen begünstigt?
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Überblick
A Der Einstieg von Lehrpersonen in die eigenverantwortliche Berufstätigkeit 1. Berufseinstieg – eine berufsbiografische Phase 2. Kompetenz von Berufseinsteigenden B Anforderungswahrnehmung und die Bedeutung von individuellen Ressourcen 3. Entstehung von Handlungskompetenz 4. Beanspruchung im Berufseinstieg als Triebfeder? C Kompetenzentwicklung und die Bedeutung der Nutzung von sozialen Ressourcen –
Kooperation unter Lehrpersonen 5. Soziale Ressourcen im Kontext von Berufseinführungsangeboten 6. Kooperationspartner/innen als soziale Ressourcen D Abschluss und Folgerungen
Prof. Dr. M. Keller-Schneider 5 Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015
A Der Einstieg von Lehrpersonen in die eigenverantwortliche Berufstätigkeit 1. Berufseinstieg – eine berufsbiografische Phase Zentrale Merkmale und Anforderungen • Sprunghaft zunehmende Komplexität der Anforderungen und der Verantwortung • Die Dynamik der Gesamtheit ist im Ausbildungskontext nicht vorwegnehmbar • Kein schrittweises Einsteigen in den Lehrberuf • Umgang mit Anforderungen und Ressourcen erfolgt in Eigenverantwortung
• Vermittlungskompetenz als Initiieren und Begleiten von Lernprozessen • Lern- und Klassenkultur aufbauen • Rollenfindung und Identitätsentwicklung • Elternkontakte in professioneller Kommunikation gestalten • Positionierung im Schulteam und in der Institution
• Start in eine neue Lebensphase (Primärverantwortung, kaum Peergruppe)
! Eine Ausbildung kann Grundlagen legen – der Berufseinstieg muss individuell gemeistert werden
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(Keller-Schneider 2010a, Kapitel 1 und Kapitel 5)
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Ausgewählte Forschungsschwerpunkte – ein Überblick
• 70er Jahre: Einstellungswandel während dem Studium, bekannt als «Konstanzer Wanne», der dem Druck der eigenverantwortlichen Berufstätigkeit nicht standhält ! Sozialisation (Müller-Fohrbrodt & Dann 1978).
• 80er Jahre: Problemfelder und Anfangsschwierigkeiten identifizieren ! Unterstützung und Kompensation von Defiziten (Veenman 1984, Hirsch 1990, Martinuzzi 2007).
• 90er Jahre: Bedeutung des Berufseinstiegs im biografischen Verlauf, Berufseinstieg als berufsbiografische Phase identifiziert ! Berufsphasenspezifische Weiterbildung (Fuller& Brown 1975, Hirsch 1990, Huberman 1991, Sikes et al. 1991, Terhart et al. 1994).
• Ab 2000: Kompetenzorientierte Studien: Wissen, Kompetenz, Handlungskompetenz (Baumert & Kunter et al. 2011, Blömeke et al. 2008) Berufseinstieg als Entwicklungsaufgabe, Bewältigung weiterer Schritte in der Kompetenzentwicklung (Hericks 2006, Keller-Schneider 2010, Keller- Schneider & Hericks 2011).
! Professionalisierung in der eigenverantwortlichen Berufstätigkeit
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(Keller-Schneider, 2010a, Kapitel 1)
Modelle der Berufseinführung
1. Anpassung durch Übernahme der vorherrschenden Werte, Normen und Einstellungen, rasche Funktionsfähigkeit im System Schule
2. Unterstützung der berufseinsteigenden Lehrperson in einer Lebens- und Berufsphase, die strukturell bedingt als schwierig erscheint.
3. Verlängerung der Ausbildung: Verbesserung des Theorie-Praxisbezuges durch Verschiebung von Ausbildungsinhalten in die Zeit der Berufstätigkeit.
4. Die professionelle Entwicklung der Berufseinsteigenden einleiten. (EDK 1996)
Professionelle Entwicklung Professionelle Entwicklung
4. Professionelle Entwicklung
3. Verlängerte Ausbildung 2. Unterstützung
1. Einfindung
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Noviz/in regelgeleitetes
Wissen, isolierte Teilbereiche
Die zu bewältigende Situation führt zu
Kompetenzerweiterung und zur Verdichtung von
Wissen und Können
Kompetenzentwicklung als Genese von Handlungskompetenz erfolgt in qualitativ sich unterscheidenden Stufen einer Umstrukturierung des Denkens (Dreyfus/Dreyfus 1986, Bromme 1992, Berliner 1992, 2001, Neuweg 2004)
Fortgeschrittene Regeln als Richtlinien,
mehrere Aspekte gleichzeitig wahrnehmen
Expert/in Wesentliches erkennen,
holistische Situationseinschätzung,
intuitives Handeln
Gewandtes Können Komplexitätsreduktion in der
Situationswahrnehmung ermöglicht Routinebildung
Kompetenz Ziele, Pläne und
Perspektiven eröffnen neue Dimensionen
Keller-Schneider, 2010a, 60) 9
2. Kompetenz von Berufseinsteigenden Phasen der Kompetenzentwicklung
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Struktur der Anforderungen an die Klassenführung
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Strukturmatrix der Faktoranalysen, nach Berufsphasen getrennte Gruppen Stud.
(47%) Berufseinsteigende
(Varianz 53%) Erfahrene
(Varianz 63%)
1 1 2 3 1 2 3 Unterrichtseffizienz erreichen .67 .66 - .26 .44 - .49
Unterrichtsfluss ermöglichen
Abläufe ritualisieren .67 .73 .66 Hausaufgaben organisieren .52 .63 .79 Lärmpegel definieren .69 .25 .41 .74 Klima aufbauen .79 .86 - .80
indirekte Führungs-aufgaben ausüben
Dynamik lenken .75 .83 - .77 Mit Leistungsbereitschaft umgehen .58 .34 .35 - .71 Arbeitsform sichern .72 .60 - .66 Störungen minimieren .73 .59 - .70 Strukturen geben .76 .45 - .34 .67 - .32
direkte Führungsaufgaben ausüben
Verhaltenserwartungen formulieren .79 .30 .26 - .44 .70 erwünschtes Verhalten loben .64 - .78 .82 Führungsverantwortung ausüben .69 - .69 .76 Konflikte besprechen .59 .57 - .34 .57
!Keller-Schneider, 2015b im Druck)
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Kompetenz im Übergang Studium – Beruf
In welchen Phasen stehen Berufseinsteigende bezogen auf unterschiedliche Anforderungen? In welchen Bereichen sind Berufseinsteigende kompetent? Welche Anforderungen beansprucht sie?
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Fortgeschrittene Regeln als Richtlinien,
mehrere Aspekte gleichzeitig wahrnehmen
Noviz/in regelgeleitetes
Wissen, isolierte Teilbereiche
Kompetenz Ziele, Pläne und
Perspektiven eröffnen neue Dimensionen
Die zu bewältigende Situation führt zu
Kompetenzerweiterung und zur Verdichtung von
Wissen und Können
Übergang in die Rolle als Mentor/in
In welchen Phasen stehen Sie bezogen auf einzelne berufliche Anforderungen? In welchen Bereichen sind Sie kompetent? Welche Anforderungen beansprucht Sie? In welchen Phasen stehen Sie bezogen auf Ihre aufgaben als Mentor/in? In welchen Bereichen sind Sie kompetent? Welche Anforderungen beansprucht Sie?
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Kompetenz Ziele, Pläne und
Perspektiven eröffnen neue Dimensionen
Gewandtes Können Komplexitätsreduktion in der
Situationswahrnehmung ermöglicht Routinebildung
Expert/in Wesentliches erkennen,
holistische Situationseinschätzung,
intuitives Handeln
Die zu bewältigende Situation führt zu
Kompetenzerweiterung und zur Verdichtung von
Wissen und Können Fortgeschrittene Regeln als Richtlinien,
mehrere Aspekte gleichzeitig wahrnehmen
Noviz/in regelgeleitetes
Wissen, isolierte Teilbereiche
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• Welche Anforderungen nehmen Berufseinsteigende als Herausforderungen wahr? • Wie zeigt sich die latente Struktur der zu bewältigenden Anforderungen? • Wie schätzen Berufseinsteigende die eigene Kompetenz ein? • Wie kann die Bewältigung reguliert werden? !Studie EABest (Keller-Schneider 2010):
1. Vorstudie: Itemgenerierung 2. Hauptstudie: Befragung von berufseinsteigenden und erfahrenen Lehrpersonen mittels
Fragebogen 3. Modellbildung und Prüfung nach mitwirkenden Faktoren.
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2. Studie EABest – Einblick und Ergebnisse Das Forschungsprojekt EABest
Zeitschrift für die Grundschule, 2010b Heft 2 Zeitschrift PADUA, 2011b Heft 4
Strukturierung der Anforderungen im Berufseinstieg
Prof. Dr. M. Keller-Schneider 14
identitätsstiftende Rollenfindung eigene Ansprüche regulieren sich abgrenzen Ressourcen erschliessen Rollenklarheit aufbauen
adressatenbezogene Vermittlung
Individuelle Passung erreichen Eigenverantwortlichkeit fördern
Sch. beurteilen, fördern Elternkontakte aufbauen
mitgestaltende Kooperation
Positionierung im Team erreichen Zusammenarbeit Vorgesetzte
Institutionelle Möglichkeiten Berufspolitische Aspekte kennen
anerkennende Führung Klassendynamik lenken Direkte Führung ausüben
Unterricht Zielbezogene Planung
Transparenz Planung grosser Zeiträume
Lehrplan umsetzen Lernkontrollen zielbezogen
Unterrichtseffizienz Abläufe ritualisieren
Komplexität anpassen Selbstbeurteilung fördern
Arbeitsform, Lärmpegel definieren Schulexterne Anlässe
Berufsaufgabe Professionalitätsentwicklung
Vorstellungen klären Berufszufriedenheit
Berufsaufgabe insgesamt
(Keller-Schneider 2010, 214; Erläuterungen 186ff.)
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015
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1 2 3 4 5 6
Umgang mit eigenen Ansprüchen
Eigene Ressourcen nutzen und schützen
Möglichkeiten und Ressourcen erschliessen
Individuelle Passung des Unterrichts erreichen
Eigenverantwortlichkeit fördern
Lernen und Leistung beurteilen und fördern
Elternkontakte aufbauen
Klassenkultur lenken
Direkte Führung ausüben
Positionierung im Team erreichen
Zusammenarbeit mit Vorgesetzten aufbauen
Schulinterne und -externe Möglichkeiten nutzen
Gesamt
Rol
lenf
indu
ng
Verm
ittlu
ng
Kla
ssen
-fü
hrun
g K
oope
ratio
n
Kompeteenz in der Bewältgigung von Berufsanforderungen Berufseinsteigende (n=272)
Wie kompetent erachten sich Berufseinsteigende?
Prof. Dr. M. Keller-Schneider 15
Berufseinsteigende erachten sich in der Bewältigung der Berufsanforderungen kompetent.
(Keller-Schneider 2010a.)
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«Endlich kann ich selber bestimmen, wie ich eine Klasse unterrichten und führen möchte!»
3 3.5 4 4.5 5 5.5 6
Umgang mit eigenen Ansprüchen
Eigene Ressourcen nutzen und schützen
Möglichkeiten und Ressourcen erschliessen
Individuelle Passung des Unterrichts erreichen
Eigenverantwortlichkeit fördern
Lernen und Leistung beurteilen und fördern
Elternkontakte aufbauen
Klassenkultur lenken
Direkte Führung ausüben
Positionierung im Team erreichen
Zusammenarbeit mit Vorgesetzten aufbauen
Schulinterne und -externe Möglichkeiten nutzen
Studierende
Berufseinsteigende
Erfahrene
Vergleich: Studierende – Berufseinsteigende – Erfahrene
Prof. Dr. M. Keller-Schneider 16
Querschnittdaten: 180 Stud. Ende Studium 272 Berufseinsteigende 266 Erfahrene L (Keller-Schneider in Vorb.)
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B Professionalisierung: Anforderungswahrnehmung und die Bedeutung von individuellen Ressourcen 3. Entstehung von Handlungskompetenz Komponenten der Handlungskompetenz Wissen allein genügt nicht, um Handlungskompetenz zu erwerben, weitere Komponenten wirken mit (Deci/Ryan 1993, Heckhausen/Schultz 1995, Keller-Schneider 2013)
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Profes s ions - w is s en
t v a io n a l
t
Selb s tregu la tiv e
F撹igk e i t en
Handlungs- - Kompetenz
motivationale Orientierung
Überzeugungen Werthaltungen
selbstregulative Fähigkeiten
Professions-wissen
P� d a go - g i sches Wi ssen
Fa ch - w i ssen
- .
Or g a n i s a - ti ons - w i ssen
(L e r n ) - B e ratu ngs -
w i ssen Motivationale Orientierung
Pädago- gisches Wissen
Fach- Wissen
Fach- didaktisches curriculares
Wissen
Organi- sations- Wissen
Beratungs- Wissen
Kompetenzkomponentenmodell der Coactiv-Studie, Baumert/Kunter 2006; vgl. Keller-Schneider 2011b
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Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015 Prof. Dr. M. Keller-Schneider 18
Wissen Anforderungen
Individuelle Lehrperson
Ressourcen
Bewältigung
Individ. Ressourcen • Motive, Ziele • Kompetenz • Überzeugungen • Selbstregulation
Wahrnehmung und Deutung der handelnden Person
Kompetenz– entwicklung
Herausforderung • phasenspezifisch • subjektiv • situativ
Bewälti-gung
aktivierbare soziale
Ressourcen
ja
bedeutsam ? bewältigbar ?
nein
Keller-Schneider 2011, 125
Anforderungswahrnehmung und Kompetenzentwicklung Die subjektive Wahrnehmung von Anforderungen ist Triebfeder der Kompetenzentwicklung (Lazarus/Launier 1981, Hobfoll 1989, Buchwald/Hobfoll 2004)
«Ich habe in der Ausbildung ja sehr viel gelernt und gearbeitet - doch so viel, wie in den letzten drei Monaten – noch nie in meinem Leben! Ich wusste gar nicht, dass ich so viel arbeiten kann und dass es mir erst noch Freude bereitet.»
«Ich habe in der Ausbildung ja sehr viel gelernt und gearbeitet - doch so viel, wie in den letzten drei Monaten – noch nie in meinem Leben! Ich wusste gar nicht, dass ich so viel arbeiten kann und dass es mir erst noch Freude bereitet.»
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Kompetenzentwicklung und die Bedeutung von Erfahrung
Erfahrungen machen bedeutet somit • sich Anforderungen aussetzen • sich in eine Ungewissheit einlassen • das nicht vorhersehbare Ergebnis dieser Erfahrung als Erkenntnis in die
bestehende Denkstruktur integrieren «Erfahrung-machen heisst demnach, Erkenntnisse erwerben, die im konstruktivistischen Sinn in die bestehenden Denkstrukturen integriert als veränderte Disposition für nächste Anforderungen bereit stehen.» (Keller-Schneider 2010, 115)
Das Subjekt ist Architekt und Konstrukteur seiner Biografie, nicht Opfer seiner Lebensumstände. (Keller-Schneider 2010, 102)
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«Wenn ich dann mehr Erfahrung habe, wird es bestimmt besser gehen.» (eine Berufseinsteigerin zu Beginn ihrer Berufstätigkeit) – ohne Beanspruchung geht das nicht.
Sichtweisen klären
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Überzeugungen Wie Lernen Schüler/innen? Was brauchen sie dazu? Was kann eine Lehrperson beitragen? Was ist guter Unterricht? Was funktioniert? ...
Ziele und Motive Was ist Ihnen als Lehrperson wichtig? Was möchten Sie erreichen? Was möchten Sie sicher stellen? Was möchten Sie ermöglichen? ...
Selbstregulation Was möchten Sie tun, um dies zu erreichen? Wieviel Engagement erwarten Sie von sich? Woran erkennen sie, dass es sich lohnt? ...
Pädagogisch-psychologisches Wissen fachunabhängig und fachübergreifend ...
Fachwissen Wissen über die Sache? ...
Fachdidaktisches Wissen fachspezifische Aspekte der Vermittlung von Fachwissen ...
Mehrperspektivesche Analyse einer konkreten Begebenheit:
Situation Beschreibung einer konkreten Begebenheit
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015 Prof. Dr. M. Keller-Schneider 20
Keller-Schneider, 2015a; 9)
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1 2 3 4 5 6
Umgang mit eigenen Ansprüchen
Eigene Ressourcen nutzen und schützen
Möglichkeiten und Ressourcen erschliessen
Individuelle Passung des Unterrichts erreichen
Eigenverantwortlichkeit fördern
Lernen und Leistung beurteilen und fördern
Elternkontakte aufbauen
Klassenkultur lenken
Direkte Führung ausüben
Positionierung im Team erreichen
Zusammenarbeit mit Vorgesetzten aufbauen
Schulinterne und -externe Möglichkeiten nutzen
Gesamt
Rol
lenf
indu
ng
Verm
ittlu
ng
Kla
ssen
-fü
hrun
g K
oope
ratio
n
Kompeteenz in der Bewältgigung von Berufsanforderungen Berufseinsteigende (n=272)
4. Beanspruchung im Berufseinstieg als Triebfeder
Prof. Dr. M. Keller-Schneider 21
Mittelwert der Gesamtbeanspruchung
(Keller-Schneider 2010a, 203) Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015
«Die tausend Dinge, die ich beachten muss und dabei noch ruhig das Ganze überblicken soll, strapazieren mich arg.»
3 3.5 4 4.5 5 5.5 6
Umgang mit eigenen Ansprüchen
Eigene Ressourcen nutzen und schützen
Möglichkeiten und Ressourcen erschliessen
Individuelle Passung des Unterrichts erreichen
Eigenverantwortlichkeit fördern
Lernen und Leistung beurteilen und fördern
Elternkontakte aufbauen
Klassenkultur lenken
Direkte Führung ausüben
Positionierung im Team erreichen
Zusammenarbeit mit Vorgesetzten aufbauen
Studierende
Berufseinsteigende
Erfahrene
Beanspruchung – Studierende – Best – Erfahrene im Vergleich
Prof. Dr. M. Keller-Schneider 22
(Keller-Schneider in Vorb.)
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015
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Regulation von Kompetenz und Beanspruchung
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015 Prof. Dr. M. Keller-Schneider 23
Wissen Anforderungen
Individuelle Lehrperson
Ressourcen
Bewältigung
Individ. Ressourcen • Motive, Ziele • Kompetenz • Überzeugungen • Selbstregulation
Wahrnehmung und Deutung der handelnden Person
Kompetenz– entwicklung
Herausforderung • phasenspezifisch • subjektiv • situativ
Bewälti-gung
aktivierbare soziale
Ressourcen
ja
bedeutsam ? bewältigbar ?
nein
Berufszufrie-denheit
Berufszufriedenheit – trotz oder durch Beanspruchung?
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Anfang 1. Jahr Ende 1. Jahr
Berufszufriedenheit
Rollenfindung_b Vermittlung_b Führung_b Kooperation_b
n.s..
Bewältigung beansprucht Rollenfindung_b Vermittlung_b Führung_b Kooperation_b
r2 = 12%*.
β = -.25*
β = .25* β = -.16 β = -.13
r2 = 29%*** Rollenfindung_g Vermittlung_g Führung_g Kooperation_g
Bewältigung gelingt
β = .25* β = .25* β = .16* β = -.05 Rollenfindung_g
Vermittlung_g Führung_g Kooperation_g
r2 = 54%**
β = .43***
β = .10 β = .25*
β = .16 (Keller-Schneider in Vorb.)
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015 Prof. Dr. M. Keller-Schneider
13
3 3.5 4 4.5 5 5.5 6
Umgang mit eigenen Ansprüchen
Eigene Ressourcen nutzen und schützen
Möglichkeiten und Ressourcen erschliessen
Individuelle Passung des Unterrichts erreichen
Eigenverantwortlichkeit fördern
Lernen und Leistung beurteilen und fördern
Elternkontakte aufbauen
Klassenkultur lenken
Direkte Führung ausüben
Positionierung im Team erreichen
Zusammenarbeit mit Vorgesetzten aufbauen
Schulinterne und -externe Möglichkeiten nutzen
Rollenfindung
Vermittlung
Klassen-
führung K
ooperation
Relevanz
Kom
petenz B
eanspruchung
Regulation von Kompetenz und Beanspruchung
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015 Prof. Dr. M. Keller-Schneider 25
(Keller-Schneider 2015a,5)
Kernanforderungen der Berufseinstiegsphase: Bewältigung relevant ! zu investierenden Ressourcen entsprechen/übersteigen vorhandene ! Kompetenzentwicklung erforderlich. Ressourcenbereiche: Bewältigung relevant ! Kompetenz vorhanden ! Beanspruchung gering ! stärkende Ressource
C Kompetenzentwicklung und die Bedeutung von sozialen Ressourcen Soziale Ressourcen Die Aktivierung von sozialen Ressourcen kann zur Bewältigung von Berufsanforderungen beitragen. Dabei zeigen sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Zugänge: • Kooperation in einem Auftragsverhältnis • Kooperation unter Gleichgestellten
5. Soziale Ressourcen im Kontext von Berufseinführungsangeboten 6. Kooperationspartner/innen als soziale Ressourcen
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015 Prof. Dr. M. Keller-Schneider 26
Wissen Anforderungen
Individuelle Lehrperson
Ressourcen
Bewältigung
Individ. Ressourcen • Motive, Ziele • Kompetenz • Überzeugungen • Selbstregulation
Wahrnehmung und Deutung der handelnden Person
Kompetenz– entwicklung
Herausforderung • phasenspezifisch • subjektiv • situativ
Bewälti-gung
aktivierbare soziale
Ressourcen
ja
bedeutsam ? bewältigbar ?
nein
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Berufseinstieg – zum Begriff und seiner Verwendung In der Schweiz ist damit der Einstieg in die eigenverantwortliche Berufstätigkeit gemeint, d.h. ohne einen Ausbildungsauftrag erfüllen zu müssen und ohne spezifische Beurteilung.
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Einphasiges Studium mit
integrierter Praxis
Ausbildung laufend angeschlossen
Berufseinstieg mit Eigenverant-
wortung
1. Phase: Studium
2. Phase Referendariat und Studienseminare
Berufseinstieg mit Eigenverant-
wortung
Einphasiges Studium mit Praxis
Berufseinstieg mit Eigenverant-
wortung
CH D A
5. Soziale Ressourcen im Kontext von Berufseinführungs- angeboten
Induktionsphase
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015 Prof. Dr. M. Keller-Schneider
Prof. Dr. M. Keller-Schneider 28
0 5 10 15 20 25 30 35
Klassenführung und Führungsstil
Rollenfindung und Berufsidentität
Lernprozesse fördern und beurteilen
Elternkontakte aufbauen und pflegen
Kooperation in der Schuleinheit
Unterrichtsdurchführung
Vorarbeiten zum Unterricht
Vergleich der inhaltichen Schwerpunkte der Angebote in#Prozenten#je#Angebot##
externe Gruppensupervision kollegiale Begleitung am Arbeitsort
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015
! Nicht das Bedürfnis an Begleitung ist ausschlaggebend, sondern die Passung zw. den Personen und die Einstellung bezüglich Kooperation
! Kooperative nicht defizitäre Ausrichtung (Keller-Schneider 2009)
Schwerpunkte in externer Gruppensupervision und kollegialer Begleitung
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Intensität der Nutzung: externe Gruppensupervision und lokale Begleitung
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! Reflexionsorientierung zunehmend
«Ich hatte im ersten Jahr gar keine Zeit, die Angebote zu nutzen, auch wenn es gut gewesen wäre.»
1
2
3
4
Anfang 1. Jahr Ende 1. Jahr
Intensität der Nutzung 1=gering bis 4=hoch
kollegiale Begleitung vor Ort
externe Gruppensupervision (Anfang <* Ende)
(Keller-Schneider 2008)
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015 Prof. Dr. M. Keller-Schneider
Einschätzung der Bedeutung der Angebote
Prof. Dr. M. Keller-Schneider 30
Typ II unterscheidet sich von Typ III bezüglich: • Passung zw. Best und lokaler
Begleitperson bzw. externer Supervisor/in
• Bedeutsamkeit von Kooperation ! Nicht das Bedürfnis an Begleitung
ist ausschlaggebend, sondern die Passung zw. den Personen und die Einstellung bezüglich Kooperation
! Kooperative nicht defizitäre Ausrichtung
-1.5
-1
-0.5
0
0.5
1
1.5
Typ I (n=43) Typ II (n=57) Typ III (n=31)
Typen der Gewichtung der Angebote (in z-Werten)
kollegiale Begleitung vor Ort
externe Supervision
Kurse für Berufseinsteigende
(Keller-Schneider in Vorb.)
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Anforderungsbereiche und Unterstützungswünsche
in Keller-Schneider 2015a, S. 6
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Anforderungsbereich Unterstützung gewünscht (in %) BEF intern BEF extern andere Umgang mit eigenen Ansprüchen (5) 11% 7% 12% Eigene Ressourcen nutzen und schützen (4) 9% 6% 12% Möglichkeiten und Ressourcen erschliessen (4) 10% 8% 13% Individuelle Passung des Unterrichts erreichen (5) 21% 15% 15% Eigenverantwortlichkeit fördern (4) 18% 11% 9% Lernen und Leistung beurteilen und fördern (5) 29% 12% 8% Elternkontakte aufbauen (5) 12% 10% 12% Klassenkultur lenken (.5) 15% 11% 11% Direkte Führungsaufgaben ausüben (4) 9% 6% 12% Positionierung im Team erreichen (5) 12% 5% 8% Zusammenarbeit mit Vorgesetzten aufbauen (4) 9% 6% 12% Schulinterne und -externe Möglichkeiten nutzen (5) 22% 7% 15%
Nutzung des lokalen Mentorats: Themen im 1. Berufsjahr
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015
0
50
100
150
200
250
Quintal 1 Quintal 2 Quintal 3 Qunital 4 Quintal 5
Anz
ahl N
ennu
ngen
Entwicklungsaufgaben im Verlauf des Berufseinstieges
Personenbezogen
Unterricht
Interaktion Eltern und Lernende System Schule
Klassenführung
Rollenfindung Vermittlung
Kooperation
Prof. Dr. M. Keller-Schneider 32
17
Die Rolle von Mentor/innen: Angebot oder Auftrag?
Ausbildung Weiterbildung Supervision Ps. Beratung Psychotherapie
fachlich
Berufsrolle
persönliche Aspekte
des Berufs
persönliche Belange
intern extern
Kolleg/in Intervision Freundschaft pe
rson
nah
pe
rson
fern
er
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015 Prof. Dr. M. Keller-Schneider 33
«Mentor/in» in der Ausbildung und im Berufseinstieg
Ausbildung • Institution stellt bereit • Auftrag von Ausbildungsinstitution • Verantwortung für Qualität und
Passung der formalen Bildungsangebote sicher stellen
• Ausbildungsziele vermitteln • Formelle Beziehung • Aufgabe durch Qualifikation beendet • Qualifikations- und Selektionsauftrag • Institutionell gegeben
Berufseinstieg • Institution stellt bereit • Auftrag von Berufseinsteiger/in • Bereitschaft und Interesse zeigen
vvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvvv
• Ansprechperson sein • Kollegiale Beziehung • Aufgabe durch Zeitrahmen begrenzt • Begleitauftrag • Fakultativ nutzbar
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! Hauptunterschied liegt im ‚Auftraggeber‘ und damit im Grad der Abhängigkeit der Mentee von der Mentor/in (vgl. dazu auch Kosinar 2014)
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015 Prof. Dr. M. Keller-Schneider
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Rolle als Mentor/in klären
Klärung der Rolle • Positionierung zwischen Ausbildung (obligatorisch, mit Beurteilung) und Begleitung
(fakultatives Angebot ohne Beurteilungsauftrag) • Positionierung zwischen intern – extern • Konkretisierung von Auftrag und damit einhergehend der Zugangsebene
Klärung des Bedarfs: • Wer hat ein Anliegen? (Spielraum auch in Abhängigkeit des Auftrags)
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6. Kooperationspartner/innen als soziale Ressourcen Kooperation und ihre unterschiedlichen Formen Kooperation kann zu einem erweiterten Spektrum von Möglichkeiten führen, wenn ... Kooperation kann zur Entlastung führen, wenn ... Kooperation kann zur Belastung werden, wenn ... Kooperation kann zur Einengung werden, wenn ... Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt RUMBA Ressourcenentwicklung im Umgang mit Berufsanforderungen (Keller-Schneider/Albisser) Professionalität und Kooperation in Schulen
Summer School PH Niederösterreich/Uni Klagenfurt 9. Juli 2015 Prof. Dr. M. Keller-Schneider 36
(Keller-Schneider/Albisser/Wissinger 2013)
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Formen der Kooperation
vgl. auch Little 1990, Gräsel et al. 2006, Fussangel 2011, Keller-Schneider/Albisser 2012
Kooperations-formen Austausch Arbeitsteilung Ko-Konstruktion
Kooperation kann in unterschiedlich komplexen und ressourcenverändernden Formen getätigt werden.
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Formen der Kooperation und Kooperationspartner/innen
Kooperations-formen Austausch Arbeitsteilung Gemeinsame Planung Diskussion päd. Fragen Gemeinsam verantworteter Unterricht
vgl. auch Little 1990, Gräsel et al. 2006, Fussangel 2011, Keller-Schneider/Albisser 2012
Kooperation kann in unterschiedlich komplexen und ressourcenverändernden Formen getätigt werden. Die unterschiedlichen Kooperationsformen ermöglichen Kooperation über Funktionen, Klassen-, Kind- und Fachbezügen hinweg.
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Formen der Kooperation und ihre Möglichkeiten
Kooperations-formen
Ermöglicht Erweiterung
von ind. u koll. Ressourcen
Erfordert gemeinsame
Ziele
Erfordert Tätigkeit mit
denselben Sch
Führt in Kokonstruktion
zu neuen Lösungen
Austausch ja nein nicht zwingend nein
Arbeitsteilung nein nicht zwingend nein nein
Gemeinsame Planung ja ja nein ja
Diskussion päd. Fragen ja nicht zwingend nein ja
Gemeinsam verantworteter Unterricht
ja ja ja ja
Keller-Schneider/Albisser in Vorbereitung
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Befunde
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• Kooperation kann in unterschiedlich komplexen und ressourcenverändernden Formen getätigt werden (Little 1990, Gräsel et al. 2006, Keller-Schneider/Albisser 2012, 2013b).
• Bei verordneter Kooperation kann auf einfache Formen ausgewichen werden • Die unterschiedlichen Kooperationsformen ermöglichen Kooperation über Funktionen,
Klassen-, Kind- und Fachbezügen hinweg (Keller-Schneider/Albisser 2013).
• Kooperation erfolgt zwischen ‚gleich-starken‘ Partner/innen.
• Lehrpersonen mit geringen individuellen Ressourcen verfügen über ungünstige Voraussetzungen, um soziale Ressourcen zu aktivieren und in eine Kooperation zu treten.
! Professionelle Begleitung ist erforderlich.
Kooperieren ist nicht mit Helfen gleichzusetzen Begleiten ist nicht mit Helfen gleichzusetzen
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Ausgestaltung der Rolle
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Balance zwischen zwei Stärken
zuwenden zutrauen
überbehüten wegschauen Extremwerte
+ –
?
Übertreibung Übertreibung
Balance zwischen zwei Stärken
eigenständig kooperativ
abgekapselt abhängig Extremwerte
+ –
?
Übertreibung Übertreibung
Ausgestaltung der Zusammenarbeit
Keller-Schneider, 2016 in Vorb.
Rolle als Mentor/in
Kooperation du Interaktion klären
Klärung der Kooperation Klärung der möglichen Kooperationsformen einer Kooperation (Spielraum auch in Abhängigkeit des Auftrags) • Austausch (Ressourcen bereichernd): einseitig? gegenseitig? • Arbeitsteilung (Ressourcen schonend): wessen Arbeit steht dabei im Fokus? • Konkonstruktive Kooperation (Ressourcen generierend): gemeinsam etwas Neues schaffen
Klärung von Grundhaltungen
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D Abschluss
• Berufseinsteigende erachten sich durchschnittlich als kompetent, die beruflichen Anforderung zu bewältigen.
• Individuelle Ressource und aktivierbare soziale Ressourcen tragen zu Bewältigung bei.
• Kompetenzerwerb geht mit Beanspruchung einher.
• Handlungen müssen mit den eigenen Werten und Überzeugungen übereinstimmen, d.h. Tipps und Ratschläge im Sinne von ‚vormachen – nachmachen‘ genügen nicht.
• Berufseinsteigende sind Innovationspotential für Kollegien.
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Ich wusste gar nicht, dass ich so viel arbeiten kann und dass es mir erst noch Freude bereitet.»
Folgerungen für Mentor/innen Mentorat während der Ausbildung? Z.B. Praktikum, Induktion
Mentorat nach Abschluss in der Phase der selbst zu verantwortenden Berufstätigkeit
Auftrag klären:
Der Auftrag hat eine direkte Auswirkung auf die professionelle Beziehung
! Auftrag zur Ausbildung: asymmetrisches Gefüge ! Auftrag zur Begleitung: symmetrisches Gefüge ! Auftrag zur Begleitung und (versteckter) Überprüfung: asymmetrisches Gefüge
Der Auftrag soll keine Auswirkung auf die emotionale Beziehung haben:
! Wertschätzung ! Respekt ! Empathie
Der Auftrag hat Auswirkung auf die Möglichkeit einer freundschaftlichen Beziehung
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Folgerungen für Berufseinsteigende ! Tatsache akzeptieren, dass Berufseinstieg eine Entwicklungsaufgabe ist, die von allen aktiv
angegangen werden muss. ! Mit den eigenen Ressourcen haushälterisch umgehen, d.h. diese gezielt nutzen. ! Den Schülerinnen und Schülern erläutern, was von ihnen erwartet wird ! Stärkungs-Brille aufsetzen: Was ist gut gelungen? Was kann ich wieder einmal tun? ! Reservoir als ‚Schatzkästchen‘ mit Perlen anlegen ! Auch mit den Schüler/innen besprechen: „Worauf können wir bauen?“
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Gut gerüstet Stärken nutzen
– und dabei helfen, diese zu erkennen
Folgefrage für eine Masterarbeit
Forschungsfragen: • WIE zeigt sich etwas? • Welche Unterschiede ergeben sich? • Welche Zusammenhänge können identifiziert werden?
Befunde im Sinne von Klarheiten (Ausgangslage)
Daraus hervorgehende Unklarheiten (weiterführende Forschungsfragen)
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Literatur (1) Baumert, J. & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften.
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Unter-richten als Beruf. Neuere amerikanische und englische Arbeiten zur Berufskultur und Berufsbiographie von Leh-rern und Lehrerinnen. Köln, Wien: Böhlau, S. 231-248 (= übersetztes Schlusskapitel aus Sikes/Measor/Woods 1985).
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Herausforderungen im Berufseinstieg – Konkretisierung
In welchen Situationen kann sich das zeigen? 1. Konkrete Erlebnisse sammeln 2. Den Kern der Anforderung herausarbeiten
Wie kann diese Herausforderung angegangen werden? 1. Beschreibung: Was hat sich ereignet – Situation beschreiben 2. Wie erklären sie sich das? ! Mehrere Möglichkeiten zusammentragen, ergänzen 3. Welche Erklärung scheint Ihnen plausibel? 4. Gehen wir davon aus: Wenn das nun aus diesen Gründen erfolgt sein kann, wie
können sie darauf einwirken, sodass die Situation entwicklungs- und Förderbezogen gelöst werden kann?
5. Welche Erklärung könnte auch plausibel sein? Wie könne man handeln, wenn diese Erklärung als sinnvoll erachtet wird?
Mehrere Handlungsmöglichkeiten sammeln, der Bezug zur Erklärung der Situation sicher Plausibilität ! Gewichtung der Möglichkeiten durch Berufseinsteigende, nicht durch Mentor/in
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