Berufsunteroffiziersschule - Federal Council

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VIELFALT IN DER EINHEIT 10 I 2019 Weiterentwicklung der Armee Berufsunteroffiziersschule 2 Jahre Zentralschule ZS/HKA 1819 2019 Historischer Reiseführer

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10/2019 l 200 Jahre Zentralschule ZS/HKA l 1VIELFALT IN DER EINHEIT

10 I 2019

Weiterentwicklung der Armee

Berufsunteroffiziersschule

2Jahre Zentralschule ZS/HKA1819 2019

Historischer Reiseführer

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2 l 200 Jahre Zentralschule ZS/HKA l 10/2019

Herausgeber:Kommando Höhere Kaderausbildung der Armee HKA6000 Luzern 30

Redaktion:Michael Arnold, Leiter Wissenschaftlicher Dienst HKA, LuzernDr. Walter Troxler, MILAK an der ETH Zürich, BirmensdorfDr. Urs Burkart, Stab HKA, Luzern

Elektronische Version verfügbar unter:www.armee.ch/200-jahre-zs

Luzern, im Oktober 2019

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Armee als «Rückversicherung» Bild Titelseite

Knapp zwei Monate nach der Bergsturzkatastrophe vom August 2017 verfügten die evakuierten Einwohner Bondos wieder über einen sicheren Dorfzugang. Ein Kata-strophenhilfe-Bereitschaftsverband der Armee errichtete auf der Höhe von Spino eine 46 m lange Unterstützungsbrücke über die Mera. Im März 2019 wurde diese zurück-gebaut (Bild) und durch eine Mabey-Militärbrücke ersetzt, die wahrscheinlich bis 2023 stehen bleiben dürfte – ein alternativer Zugang und letzter Fluchtweg für alle Fälle.

Die unstabile Nordflanke des Pizzo Cengalo (3369 m) hatte schon länger Sorgen bereitet. Im Dezember 2011 blieb ein erster grosser Bergsturz lokal liegen. 2012 ent-wickelte sich in einem Gewitter daraus ein Murgang (Schutt- und Schlammlawine). Er drang im Bett der Bondasca (5 km, 1000 m Gefälle) bis nach Bondo vor. Zum Schutz wurden danach Verbauungen am östlichen Dorfende (Mauer, Rückhaltebecken) so-wie Alarmsysteme bis zur Absturzstelle hinauf errichtet. Man rechnete mit einer Vor-warnzeit von vier Minuten. Im August 2017 kündigte sich erneut ein Bergsturz an.

Am Morgen des 23. August 2017, um 09.30 Uhr, ging der Alarm los. Die Verkehrs-ampeln im Tal schalteten automatisch auf Rot. In Eile konnten sich betroffene Dorf-bewohner in Sicherheit bringen. Überraschenderweise trat sofort ein Murgang ein, stürzten doch drei Millionen Kubikmeter Fels nicht wie angenommen in Teilen, son-dern als Ganzes und auf Eis ab. Wochenlang erfolgten weitere Murgänge. Das Rück-haltebecken war bald zugeschüttet und fiel in seiner wichtigen Funktion aus. Die Verwüstung breitete sich aus, Bondo war abgeschnitten.

In der anrollenden Hilfsaktion leistete die Armee von Anfang an wichtige Unterstüt-zungsarbeit beim sofortigen Wiederaufbau des Beobachtungs- und Alarmsystems, bei der Telekommunikation sowie im Bau einer Notstrasse und Notbrücke. Nur so konnte man mit Hilfe von schwerem Baugerät so rasch wie möglich das Rückhaltebecken räu-men. Gemeindepräsidentin und Einsatzleiter waren sich einig: «Die Armee ist unsere Rückversicherung: Ohne Armee oben auf dem Berg kann im Tal nicht gearbeitet wer-den». Am Vorabend der WEA 2018 haben sich Armee und insbesondere ihre durch Berufsunteroffiziere technisch ausgebildeten Einsatzkräfte glänzend bewährt.

3) Gebirgsspezialist auf dem Beobachtungsposten: Teil der Alarmorganisation im Val Bondasca 2017.

2) Abgeschnitten nach verheerenden Murgängen: Links Promontogno mit aufgestauter Mera, rechts Bondo.

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Historisches«Die Weiterentwicklung der Armee ist ein ständiger Prozess. Aufgelaufene Män-gel zwingen sie ebenso dazu wie veränderte Bedürfnisse und Rahmenbedingun-gen. (…) Bewaffnete Konflikte in Europa sind nicht für immer auszuschliessen. Die Armee ist das einzige Mittel, um einen militärischen Angriff abzuwehren. Ein Ver-zicht auf diese Fähigkeit würde die Handlungsfreiheit der Schweiz stark einschrän-ken. Deshalb bleibt Verteidigung die Kernfähigkeit der Armee.» (Armeebericht 2010, Bundesblatt S. 8949).

Vom Armeebericht 2010 zur WEA

Der Weg hin zur Startkonfiguration der Weiter-entwicklung der Armee (WEA) vom 1. Januar 2018 war beschwerlich. Armeeaufträge, Doktrin, Material, Personal und Finanzen gerieten seit 2004 (Armee XXI) zunehmend ins Ungleichge-wicht. Die Anpassungen im Entwicklungsschritt (ES) 08-11 waren zwar notwendig, konnten aber keine grundlegende Besserung bringen. Zur Sys-temkrise zitierte die NZZ am 12. Oktober 2010, kurz nach dem Erscheinen des Armeeberichtes, den Chef VBS: «Der Reform-Marathon und die finanzielle Auszehrung brachten die Armee an den Rand des Kollapses.»Der Armeebericht zeigte die Entwicklung der letz-ten Dekaden auf, benannte die Mängel, bezeich-nete die erforderlichen Leistungen der Armee und machte Vorschläge für deren Weiterentwicklung. Auch Mitarbeiter der HKA waren zu dessen Er-arbeitung nach Bern abkommandiert worden. Die Kaderausbildung stand solide da, die HKA hatte

ihre «Hausaufgaben» gemacht. Doch die Alimen-tierung mit Miliz-Kadern auf allen Stufen zeigte Defizite: z.B. zu wenig Zugführer pro Jahr, zu wenig Stabsoffiziere in Truppenkörpern.

Der Armeebericht galt vielerorts als Spiegel fast zwanzigjähriger Fehlentwicklungen und Versäum-nisse. Zusatzberichte zeigten dem Parlament (Kosten-) Optionen auf. Die zentrale Frage, wie viel die Armee kosten dürfe, wurde allerdings politisch weiter hin- und hergeschoben. Klar war, dass die Armeebestände und damit die Ver-teidigungskräfte erneut stark reduziert werden mussten, wogegen zum Teil heftige Opposition erwuchs. Mit grosser Mühe gelang es, eine mehr-heitsfähige Vorlage für die WEA durchzubringen: 100‘000 Mann Sollbestand, 5 Milliarden jährliches Budget, 5 Millionen Diensttage jährlich.Die vier Kernpunkte der Weiterentwicklung der Armee sind: höhere Bereitschaft, effektivere Ka-derausbildung, vollständige Ausrüstung und re-gionale Verankerung.

4) Aufgelöst mit ES 08-11: Infanteriebrigade 4; Panzersappeurbataillon 4 bei der letzten Fahnenabgabe 2010.

5) Neu seit dem Entwicklungsschritt 08-11: Nicht nur diffuse Aufträge, sondern klares Leistungsprofil der Armee.

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Einsatz Unterstützung Ausbildung

Neue Strukturen, Kommando Ausbildung

Zum dritten Mal in rund 20 Jahren stand eine tief-greifende Armeereform an. Vom Teilstreitkräfte-modell XXI mit einer selbständigen HKA wurde Abschied genommen. Die sechs Infanteriebriga-den und die Reserveverbände wurden aufgelöst bzw. umgegliedert. Von 177 Truppenkörpern ver-blieben deren 109. Die geschrumpften Einsatz-kräfte in Heer, Luftwaffe und Territorialdivisionen gingen unter das neu gebildete Kommando Ope-rationen. Das Heer umfasst noch drei Mechani-sierte Brigaden mit total zwei Panzer- und vier Mechanisierten Bataillonen sowie vier Artillerie-abteilungen als Kern. Die 17 Infanteriebataillone, 4 Genie- und 4 Rettungsbataillone wurden den regional aufgestellten Territorialdivisionen für Si-cherungs- und Unterstützungsaufgaben zugeteilt.

Die HKA, fünf Lehrverbände, das Ausbildungs-zentrum der Armee sowie das Personelle der Armee wurden dem neu gebildeten Kommando Ausbildung unterstellt. Sollte mit der Bildung des Kommandos Operationen Planung und Führung aller Einsätze aus einer Hand erfolgen, so verfolg-te man ein analoges Ziel bei der Ausbildung: Für Steuerung, Planung und Durchführung der Aus-bildung zum Erreichen der Grundbereitschaft von Mannschaft, Kadern, Verbänden und Stäben soll-te ein Chef verantwortlich sein.

Die HKA verblieb dabei grundsätzlich in ihrer Kon-figuration inkl. Operative Schulung, musste aber nach dem zehnprozentigen Aderlass von 2010 erneut Personal abbauen – bei gleichbleibender Leistung. Neu zur HKA stiess das Zentrum Füh-rungsausbildung (ZFA), das Führungszertifikate für untere und mittlere Kader ermöglicht.

Integration der Berufsunteroffiziers-schule der Armee (BUSA)

Die BUSA trat mit der Armee XXI (2004) unter das neue Kommando HKA. 1975 als Zentrale Ins-truktorenschule (ZIS) gegründet, ist sie die jüngste «Tochter» der HKA. Die Tatsache, dass ihre Ge-schichte nicht bis ins 19. Jh. zurückreicht, unter-streicht die geringe Bedeutung, die lange Zeit zu Unrecht der Ausbildung der Unteroffiziere bzw. Berufsunteroffiziere beigemessen wurde. Dabei war schon bald nach der Gründung der Eidg. Central-Militärschule klar, dass auch Unteroffiziere zentral ausgebildet werden sollten; immerhin be-stand 1819 das Gros der Einrückenden aus Unter-offizieren. Zudem: Ohne professionelle Instrukto-ren konnten in der Miliz kaum Fortschritte gemacht werden. Doch erst langsam wuchsen aus den an-fänglichen nebenamtlichen Exerziermeistern 1874 die Hilfsinstruktoren (Gehilfen von Offizieren) und 1928 die Instruktions-Unteroffiziere hervor.

Auch die zunehmende Technisierung der Armee förderte deren Bedarf. 1955 eröffnete die Ab-teilung für Infanterie eine 18 Monate dauernde Instruktorenschule mit dem Ziel, «Offiziere und Unteroffiziere auf ihre Lehrtätigkeit vorzuberei-ten und ihre allgemeinen militärischen Kenntnis-se besser zu fundieren.»Ab 1975 wurde mit der Schaffung der ZIS die Ausbildung der Berufsunteroffiziere selbständig geführt. Sie wurde direkt dem Ausbildungschef der Armee unterstellt; erster Kommandant war Major i Gst Eugène Scherrer. Als Standort machte Herisau das Rennen. Im Gegensatz zum zentraler gelegenen Aarau, gab es keine Fragezeichen zur Infrastruktur – und die Politik war von Anfang an dem Projekt gut gesinnt.

7) Oberst Heinrich Oskar Bächtold: Chef Sektion Instruktionspersonal, Gruppe für Ausbildung.

6) Neue Gliederung VBS / Verteidigung: Drei Hauptbereiche; HKA neu im Kommando Ausbildung.

Er sah die Problematik mit den Gegnern des Projektes ZIS – und bezog mit Erfolg in die Bedarfs-analyse und Entwicklung die Hochschule St. Gallen ein.(BUSA, S. 25).

KommandoOperationen

Logistikbasisder Armee

Führungs-unterstützungs-

basis

KommandoAusbildung

Armeestab

Chef der Armee

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Bedeutung«Unteroffiziere und Offiziere sollen in Zukunft mehr und früher selber führen; die Verantwortung für die Ausbildung soll stärker als bisher bei der Miliz liegen. Das er-höht den Wert einer militärischen Kaderausbildung für die Betroffenen ebenso wie für ihre Arbeitgeber. (…) Die Weiterentwicklung der Armee hängt davon ab, dass genügend qualifizierte Milizkader gewonnen werden können. Bei den Unteroffi-zieren bestehen diesbezüglich keine Probleme.» (Bericht des Bundesrates zur WEA, 02.09.2014, Bundesblatt S. 6978).

8) Excellence-Rezertifizierungs-Bewerbung 2019: Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile.

9) Partnerschaft mit der Universität Luzern: CAS Decision Making and Leadership, Airolo 2018.

HKA – Perle der Armee

In den Jahren der Selbständigkeit 2004 bis 2017 konnte sich die HKA mit ihren Teilschulen ein weitherum anerkanntes Profil geben. Man arbei-tete konsequent an der Aktualisierung bzw. Op-timierung der Hauptprodukte (Lehrgänge, Kurse, Schulungen, Simulationen), an den erheblichen Beiträgen zur Forschung (MILAK) sowie zur Dok-trinentwicklung WEA (Führungsreglemente der Ar-mee), der Excellence-Kultur (Zertifizierung EFQM), der Anerkennung in der Bildungslandschaft – und insbesondere auch an der mittelfristigen Weiter-entwicklung der HKA selbst. Der Chef der Armee bezeichnete deshalb die HKA respektvoll als «Perle der Armee». In der Tat wa-ren die Rückmeldungen, z.B. aus Lehrgängen und von Truppenkommandanten, erfreulich positiv.

All dies stärkte die HKA, sodass sie den Start in die WEA und die damit verbundene Neuunterstellung problemlos bewerkstelligen konnte.

Bildungslandschaft: Anerkennung

Die Anerkennung der militärischen (Führungs-) Ausbildung in Bildung und Wirtschaft entspringt einem politischen Postulat von 1997: zivile Aus-weise für militärische Ausbildung, Samuel Schmid/BE. Es war auch Bundesrat Schmid, der 2007 am AAL anwesend war, als die ersten Kooperations-verträge mit Hochschulen unterschrieben wurden. Bis heute geht es darum, die im Militär erworbene Führungskompetenz zum Benchmark für Zivile zu machen, die wehrpflichtigen Milizkader mit sicht-barem Mehrwert für die Arbeitgeber auszustatten und durch konkrete Partnerschaften mit Bildungs-institutionen studierenden Kader die Anrechnung von Credit Points zu ermöglichen. Die HKA hat diese wichtige Aufgabe nach wie vor im Pflichtenheft, baut die Anrechnung laufend aus und geht auch Kooperationen für gemein-same Studiengefässe ein. Bildungs- und Kompe-tenznachweise sowie Ausbildungsgutschriften er-gänzen die Anerkennung.

Bewerbung 2019 Recognised for Excellence (R4E) l 1

Bewerbung 2019 Recognised for Excellence (R4E)

Höhere Kaderausbildung der Armee HKA

HKA.

für Kader von morgen

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10) Anstehender Ersatz von Grosssystemen: Feuernde Panzerhaubitze M 109, rund 50 Jahre in Betrieb.

Herausforderungen an der BUSA

Die HKA unterstützt die Umsetzung der WEA, in-dem sie ihren Ausbildungs- und Forschungsauftrag vollumfänglich erfüllt, weiter optimiert und bei den Kadern eine positive Einstellung zur «Armee in Transformation» erzeugt. Dies gelingt insbesonde-re gut bei der Ausbildung der Berufsunteroffiziere: «Vertrauen schenken – Verantwortung überneh-men – auf Erreichtes stolz, für Veränderungen offen sein», nach dem Leitspruch der BUSA, die auch «Mutterhaus» aller Berufsunteroffiziere ist.

Seit 2008 hat der Kommandant BUSA den Rang eines Brigadiers. Die Wertschätzung gegenüber dieser Schule gilt auch für ihren Leistungsausweis: Grund- und Weiterausbildung der Berufsunterof-fiziere national und international, Kompetenzzen-trum für Sport und Landessprachen – mit bester Reputation. So ist die BUSA u.a. zuständig für die Internationalen Führungslehrgänge, in denen Un-teroffiziere der Partnership for Peace- und NATO- Staaten ausgebildet werden.

Die BUSA erfüllt ihren Auftrag in einem gesell-schaftlichen Umfeld, das für den (mangelnden) militärischen Berufskadernachwuchs nicht das günstigste ist. Neben den Berufsoffizieren braucht es zwingend die Berufsunteroffiziere, damit die Ausbildung der Miliz in den Rekruten- bzw. Ka-derschulen sowie in Kursen der Armee sicherge-stellt ist. Sorgfältige Auswahl, hochwertige und praxisnahe Ausbildung, zivile Zertifizierung sowie Verankerung in einem attraktiven Berufsbild be-zeichnen die Herausforderungen. Das Berufsbild ist ein komplexer Schlüsselfaktor, auf den die BUSA allerdings nur beschränkt Einfluss hat.

11) Beförderung von Absolventen der BUSA: Adjutant-Unteroffizier, nach zwei Jahren Grundausbildung.

WEA – Umsetzung mit Fragezeichen

Die Umsetzung der WEA startete mit dem An-spruch, dass für alle anstehenden Herausforde-rungen eine Lösung gefunden werden kann. Während organisatorische Vorhaben wie Neustruk-turierung, Regionalisierung oder Bereitschaftser-höhung gut vorankamen, mehrten sich die Zweifel, dass die materielle Komponente (vollständige Ausrüstung und Ersatz von Grosssystemen) im vorhandenen Finanzrahmen geschultert werden könnte. Erst die geplante Zuwachsrate des Armee-budgets von jährlich real 1,4% ab Anfang der 2020er Jahre bedeutete eine beachtliche Trend-wende im Hinblick auf die notwendigen Investitio-nen, z.B. in ein neues Kampfflugzeug.

Auch die personellen Sorgen sind nicht zu unter-schätzen. Die entscheidende Frage lautet: Können die (ohnehin knapp bemessenen) Bestände ge-halten werden? Mit Sicherheit nicht, wenn die Übertritte in den Zivildienst weiterhin fast ein Drittel des Rekrutenjahrganges ausmachen. «Wir wissen schon jetzt, dass der Armeebestand im Jahr 2023 nur noch 115’000 betragen wird. Dann wird es in den Wiederholungskursen kritischer. Es gibt ein Bereitschaftsproblem: Wir können nicht üben, wie wir es eigentlich müssten. Zudem wird es demotivierend für diejenigen, die noch bereit sind Militärdienst zu leisten – insbesondere für jene, die weitermachen möchten», so der Chef der Armee in einem Interview (Luzerner Zeitung, 10.09.2019). Die Politik arbeitet gegenwärtig daran, die Hürde für den Zivildienst – eigentlich ein ziviler Ersatzdienst – deutlich zu erhöhen. Es geht auch um die Frage, wer in Zukunft welche Art von Dienstpflicht zu erfüllen hat.

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12) Herisau: Standort der Berufsunteroffiziersschule seit 1975.

13) Unteroffiziere in der Armee: Nicht nur Chefs, sondern auch «Techniker» in Uniform, um 1980.

«Wunsch: So möge uns die Zukunft viele humorvolle, pfiffige und praktisch veranlag-te Unteroffiziere bescheren. Unteroffiziere, die das Soldatenhandwerk beherrschen und ihre Führungsverantwortung wahrnehmen, um die Kultur des Unteroffizierskorps zu stärken. Darum zitiere ich gerne Augustinus von Hippo: Ihr seid die Zeit. Seid Ihr gut, sind auch die Zeiten gut». (Rückgrat der Armee, S. 10).

Sichtbare Spuren

Der Unteroffizier in der Armee

Offiziere und Unteroffiziere bilden das militärische Kader. Die Unteroffiziere sind die unmittelbaren Vorgesetzten der Mannschaft. Sie führen Gruppen, sind enge Mitarbeitende von Offizieren in der Ein-heit und können als Spezialisten auch in Stäben eingesetzt werden. Ihnen obliegt insbesondere die Ausbildung an Waffen, Geräten und Fahrzeugen. Die Schweizer Armee, Stand 2018, zählt insgesamt 17’000 Unteroffiziere aller neun Gradstufen. Bei-spiele: Die Wachtmeister führen Gruppen, Ober-wachtmeister sind Zugführer-Stellvertreter, Fourie-re leiten den Kommissariatsdienst, Feldweibel sind technische Unteroffiziere, Hauptfeldweibel leiten den Dienstbetrieb, noch höhere Chargen bis zum Chefadjutant arbeiten in Stäben bzw. als zugeteilte Höhere Unteroffiziere bei Höheren Stabsoffizieren. Umfang und Ausprägung des Unteroffizierskorps lassen nur einen Schluss zu: Unteroffiziere bilden das Rückgrat der Armee. Dabei ist das Vertrauen der Truppe in ihre unmittelbaren Vorgesetzten ent-scheidend.

Berufsunteroffiziere

Bis 2017 bildete die BUSA insgesamt 1600 Berufs-unteroffiziere aus. Selektionsbedingungen sind u.a.: minimal Berufslehre und Unteroffizier, gute körperliche Leistungsfähigkeit sowie Kenntnis einer zweiten Landessprache. In einer Zulassungs-prüfung inkl. Assessment wird dies getestet. Der Grundausbildungslehrgang (GAL) dauert dann zwei Jahre, schliesst mit einem Diplom (Eidg. dipl. Berufsunteroffizier) und der Beförderung zum Adjutant-Unteroffizier ab. Der Unterrichtsstoff ist breit gefächert, doch klare Schwergewichte sind: Führung, Ausbildung zum Ausbilder, Sprachen, berufliche Fachkompetenz, Sport, Praktikum, Waffen und Geräte sowie Gefechtstechnik und -methodik. Angeboten werden zudem Weiteraus-bildungskurse, so z.B. alle Module des Schweize-rischen Verbandes für Weiterbildung (SVEB) für den Abschluss «Eidg. Fachausweis Ausbilder/in». Der aktuelle Stellenplan sieht 982 Berufsunterof-fiziere vor. Der jährliche Rekrutierungsbedarf be-trägt 38 (bei den Berufsoffizieren 33).

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Geheimtipp: Weg der Felddivision 7 von Appenzell nach Herisau (Fortsetzung bis Bischofszell)

Route: Bahnhof Appenzell bis Bahnhof Herisau; vgl. Beschrieb untenRoutenart: leichte WanderungZeitbedarf: ca. 5 Stunden, 200 m Aufstieg, 200 m AbstiegLandeskarte: 1:50´000, Blatt 227 Appenzell

Besonderes

1988 feierte die Felddivision 7 ihr 50-jähriges Be-stehen. Sie wurde mit der Truppenordnung 1938 am Vorabend des Zweiten Weltkrieges aufgestellt. Zum Jubiläum schenkte sie der Nachwelt ein le-senswertes Erinnerungsbuch und einen interessan-ten Wanderweg, der von Appenzell über Herisau nach Bischofszell führt. Er verbindet damit die Kan-tone, die den Hauptteil der Truppen der Division stellten: Beide Appenzell, St. Gallen und Thurgau. Der vorliegende Ausschnitt der insgesamt rund 40 km langen Strecke liegt im Südosten, im Appen-zeller Voralpenland. Stationen:➀ Innerrhoder Landsgemeindeplatz im Dorfkern: Die Lands-

gemeinde wird für 1411 erstmals schriftlich bezeugt, Zei-chen auch der Befreiung von der äbtischen Herrschaft.

➁ Münzmühle oder Geissermühle: 1737–1742 Münzstätte für die Innerrhoder Münzen.

➂ Ronis: Hofsiedlung, erstmals um 1200 bezeugt; Kapelle zum Guten Brunnen mit naher Quelle (1629).

➃ Enggenhütten: Weiler am alten Saumweg mit Kapelle (1688), Schulhaus und Wirtschaft.

➄ Buechbach: scheidet seit der Landesteilung von 1597 das reformierte Ausserrhoden vom katholischen Innerrhoden.

➅ Stein: schöner Dorfkern von Mitte 18. Jh., jüngste Ausser- rhoder Gemeinde (Lostrennung von Hundwil 1748/49). ➆ Hundwil: 981 erstmals erwähnt; führende Rolle in den

Appenzeller Befreiungskriegen 1401–1429, Tagungsort der Ausserrhoder Landsgemeinde (1997 abgeschafft), schöner Landsgemeindeplatz im Dorfzentrum («gestrickte» Holz-giebelhäuser: Wohnhäuser mit Anbau).

➇ Alte Tobelbrücke: gedeckte Holzbrücke («Hüslibrogg») von 1779 über die Urnäsch; Inschriften im Dachgebälk erzählen ihre Geschichte.

➈ Lutzenland: trigonometrischer Punkt der Landesvermes-sung, Aussichtspunkt, ehemaliger Standort einer der Hoch-wachten (militärische Alarmorganisation mit Feuerzeichen).

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Der Militär-Campus Luzern

Seit den ersten Lehrgängen der SKS 1995 auf der Luzerner Allmend sollten nach dem Willen der Kommandanten Präsenz markiert und zentrale Botschaften der Armee, beispielsweise zum Wert des Milizsystems und zur Kadergewinnung, ver-mittelt werden. Informationsveranstaltungen für Wirtschaftsvertreter, Abendveranstaltungen mit Referaten sowie Kontakte innerhalb der Bildungs-landschaft gehörten dazu. Mit der Zeit entstand ein festes Netzwerk, insbesondere mit der Grün-dung der Universität Luzern im Jahre 2000 und der Neuformierung der Hochschule für Wirtschaft Luzern. Das Kommando AAL/HKA integrierte sich sofort in den neu geschaffenen hochschul-übergreifenden «Campus Luzern». 2012 entwi-ckelte sich daraus der «Militär-Campus Luzern», der nebst der HKA von den militärischen Vereinen in der Region Luzern getragen wird. Die jährlichen Ausbildungsangebote am AAL um-fassen Themen wie: Sicherheitspolitik, Armee, Füh-rung, Militärgeschichte, Militärgeographie, mo-derne Ausbildung inkl. Führungssimulator, sowie Exkursionen mit militärischen, historischen, wirt-schaftlichen und kulturellen Themen.

15) Frauen als Berufsmilitärs: In Ausbildung und Einsatz hochbewährt, 2018.

14) Exkursion Militär-Campus Luzern 2014: Zu Gast bei den SBB; Thema Notfallorganisation.

Anmerkungen und LiteraturBibliothek am Guisanplatz / Müller Philippe (Hrg.); Das Rückgrat der Armee – die

Unteroffiziere der Schweizer Armee und ihr Wirken von 1798 bis heute. Schrif-tenreihe BiG Nr. 61, Bern 2017.

Kommando BUSA; 25 Jahre Berufsunteroffiziersschule der Armee 1975–2000, Herisau 2000.

Kommando Felddivision 7; Wanderweg F Div 7 von Appenzell nach Bischofszell. 1988. Archiv HKA.

Frauen in der Armee

Die Schweiz kennt die allgemeine Wehrpflicht für Männer. Frauen können freiwillig Militärdienst leisten. Der Frauenanteil in der Armee machte im März 2019 nur 0,8% aus, d.h. 1106 Frauen, davon wiederum immerhin 16 Prozent in Kampf-truppen. Dabei umfasst der Kaderanteil sage und schreibe rund 60% (Männer: rund 30%). Auch wegen ihres doppelten Kaderanteils, der vor allem auf eine konkrete Motivation zurückzuführen ist, sind Frauen in der Armee eine interessante Option. Dieser Effekt könnte noch verstärkt werden, weil seit 2019 erstmals eine Frau das Verteidigungs-department führt.Militärkreise halten es für möglich, den Frauen-anteil zu verdreifachen. Es geht aber nicht einfach darum, Bestandes- bzw. Kaderlücken zu füllen, sondern um das Einbinden der vielen Fähigkeiten, die Frauen mit sich bringen, und um die Veran-kerung der Armee in der ganzen Bevölkerung. Das Berufsmilitärkorps zählt aktuell 42 Frauen: 25 Berufsoffiziere (2,9% aller Berufsoffiziere), 9 Berufsunteroffiziere (0,9%), 1 Höherer Stabs-offizier (2%) und 7 Berufsmilitärpiloten (2,7%).

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Bilderverzeichnis /Quelle

1) Armee als Rückversicherung: Brückenersatz in Bondo, März 2019. Quelle: Verteidigung.

2) Abgeschnitten nach verheerenden Murgängen: Links Promontogno mit aufgestauter Mera, rechts Bondo.

Quelle: www.nzz.ch/schweiz/bondo-ld.1411021 (Bild: Marco Giacometti /zvg).

3) Gebirgsspezialist auf dem Beobachtungsposten: Teil der Alarmorganisation im Val Bondasca 2017.

Quelle: Verteidigung.

4) Aufgelöst mit ES 08-11: Infanteriebrigade 4; Panzersappeurbataillon 4 bei der letzten Fahnenabgabe 2010. Quelle: Tagesanzeiger, 01.04.2011, Bild: Keystone.

5) Neu seit dem Entwicklungsschritt 08-11: Nicht nur diffuse Aufträge, sondern klares Leistungsprofil der Armee. Quelle: Verteidigung.

6) Neue Gliederung VBS / Verteidigung: Drei Hauptbereiche; HKA neu im Kommando Ausbildung. Quelle: Verteidigung.

7) Oberst Heinrich Oskar Bächtold: Chef Sektion Instruktionspersonal, Gruppe für Ausbildung. Quelle: Archiv HKA.

8) Excellence-Rezertifizierungs-Bewerbung 2019: Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile. Quelle: Bewerbung 2019 (Recognised for Excellence EFQM) der HKA.

9) Partnerschaft mit der Universität Luzern: CAS Decision Making and Leadership, Airolo 2018. Quelle: Bild Universität Luzern.

10) Anstehender Ersatz von Grosssystemen: Feuernde Panzerhaubitze M 109, rund 50 Jahre in Betrieb. Quelle: Aargauer Zeitung, 23.07.2010. Bild: Gaetan Bally/Keystone.

11) Beförderung von Absolventen der BUSA: Adjutant-Unteroffizier, nach zwei Jahren Grundausbildung. Quelle: St. Galler Tagblatt, 12.12.2013: Foto: Martin Schneider.

12) Herisau: Standort der Berufsunteroffiziersschule seit 1975. Quelle: Archiv HKA.

13) Unteroffiziere in der Armee: Nicht nur Chefs, sondern auch «Techniker» in Uniform, um 1980. Quelle: Bibliothek am Guisanplatz / Müller Philippe (Hrg.); Das Rückgrat der Armee – die Unteroffiziere der Schweizer Armee und ihr Wirken von 1798 bis heute. Schriftenreihe BiG Nr. 61, Bern 2017, S. 52.

14) Exkursion Militär-Campus Luzern 2014: Zu Gast bei den SBB; Thema Notfallorganisation. Quelle: Foto HKA.

15) Frauen als Berufsmilitärs: In Ausbildung und Einsatz hochbewährt, 2018. Quelle: Armeestab, Personal Verteidigung.

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12 l 200 Jahre Zentralschule ZS/HKA l 10/2019

Höhere Kaderausbildung der Armee HKAMurmattweg 6, 6000 Luzern 30, Tel. +41 58 469 45 00www.armee.ch/hka

Recognised for Excellence5 Star - 2019