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  • 345eb 106 (2008) Heft 8-9

    Hochgeschwindigkeitszge Velaro fr RusslandAndreas Lipp und David John, Erlangen; Rdiger Mangler, Krefeld; Aleksander S. Nazarov, Oleg N. Nazarov und Vitali P. Shilkin, Moskau

    Acht zehnteilige Hochgeschwindigkeitszge der Velaro-Familie werden ab Dezember 2008 nach Russland geliefert. Die zwei Triebzug-Varianten als Ein- und Zweisystemzge mit ver-teilter Traktion werden auf konventionellen Strecken verkehren. Die technische Ausfhrung ist von den Besonderheiten des Einsatzlandes geprgt worden. Vor allem die schneereichen und extrem kalten Winter erforderten besondere Manahmen bei Belftung und Heizung, bei hoch beanspruchten Materialien und hinsichtlich der Zuverlssigkeit von Komponen-ten.

    High spead trains Velaro for RussiaFrom December 2008 on, eight ten-piece high-speed trains from the Velaro family from Siemens will be delivered to Russia. The two electrical multiple unit versions single and double system trains equipped with distributed traction will be put into service on the existing Moscow St. Petersburg and Moscow Nizhni Novgorod lines. The technical design and the special features for deployment in Russia are described.

    Trains grande vitesse Velaro pour la Russie partir de dcembre 2008, huit trains grande vitesse, composs chacun de dix voitures, de la gamme Velaro de Siemens, seront livrs la Russie. Les deux versions de trains automoteurs un ou deux systmes avec traction distribue doivent tre affectes aux liaisons dj existantes entre Moscou et Saint-Ptersbourg et entre Moscou et Nijni-Novgorod. La ralisation technique ainsi que les particularits de la mise en place en Russie seront dtailles.

    1 Einfhrung

    Nach Abschluss eines Vertrags ber die erste Etappe der Pro-jektierung von Zgen des Hochgeschwindigkeitsverkehrs (HGV) fr Russland im April 2005 hat die russische Eisen-bahn OAO RZD im Mai 2006 die Siemens AG mit dem Bau und der Lieferung von acht Hoch geschwindigkeitszgen vom Typ Velaro (Bild 1) be auftragt. Im April 2007 wurde fr diese Zge ein Vertrag ber deren Instandhaltung fr 30 Jahre unterzeichnet.

    Die Technik der Zge basiert auf der Siemens-Velaro-Plattform, die eine Weiterentwicklung der Triebzge ICE 3 der Deutschen Bahn ist. Mit diesen seit Jahren in Betrieb befindlichen Zgen und dem Velaro E in Spanien kann der Hersteller groe Erfahrung beim Bau und dem Betrieb von HGV-Zgen mit verteilter Trakti-onsausrstung [1] vorweisen. Die neuen Zge Velaro RUS sind an die Einsatzbedingungen und klimatischen Verhltnisse in Russland angepasst und ihre Konstruk-tion bercksichtigt alle Anforderungen der russischen Normen.

    Die Rohbaufertigung des ersten Wagens hat im Juni 2007 begonnen.

    Der erste Zug wird im Dezember 2008 zur Inbetrieb-setzung und fr die anschlieenden Abnahme- und

    Zulassungsprfungen nach Russland transportiert. Die Inbetriebsetzung ndet vorwiegend im Depot in St. Pe-tersburg statt. Die Prfungen werden zwischen Moskau und St. Petersburg, auf dem Testring in Cherbinka der Moskauer Eisenbahn und auf der Schnellfahrstrecke Be-lorechenskaya Maykop auf der Sdkaukasischen Eisen-bahn statt nden.

    Nach Abschluss der Tests beginnt der Passagierbetrieb der Zge im Dezember 2009.

    Fahrzeugtechnik

    Bild 1: Auendesign des Triebzugs Velaro RUS.

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    2 Besonderheiten des Betriebs in Russland

    Vier der acht Zge sind fr den Betrieb im Netz mit DC 3 kV, die anderen vier fr DC 3 kV und AC 25 kV 50 Hz kon-zipiert. Dementsprechend werden die einen kurz B1 und die Zge fr die beiden Systeme B2 bezeichnet. Die we-sentlichen technischen Daten der beiden Zugtypen sind in Tabelle 1 aufgelistet.

    Die Hauptstrecke von Moskau nach St. Petersburg, die mit DC 3 kV elektri ziert und 645 km lang ist, soll mit bis zu 250 km/h befahren werden. Die Reisezeit ist aufgrund bestehender Geschwindigkeitsbeschrnkungen mit rund 3 h 45 min geplant. Die Zweisystemzge werden vorzugs-weise auf der 436 km langen Strecke von Moskau nach Nizhni Novgorod mit einer Maximalgeschwindigkeit von 160 km/h eingesetzt.

    Die Anforderungen an die Zge wurden mit der Techni-schen Aufgabenstellung zwischen dem Hersteller und der OAO RZD abgestimmt und festgeschrieben. Des Weiteren hat die RZD russische Institute beauftragt, die Projektie-rung und die Umsetzung der Anforderungen zu begleiten und zu prfen. Das hat zur Folge, dass diese Institute bei der Festlegung der Konstruktion und bei der Abnahme stark eingebunden sind.

    Fr den Velaro RUS sind neben den europischen Nor-men auch die russischen Normen einzuhalten. Weiterhin mssen neben dem Gesamtzug auch die einzelnen Kom-ponenten eine Zulassung erhalten. Dieses erfordert in

    vielen Fllen hohen Dokumentations- und Prfumfang. In Russland mssen die Zge bis zu einer Umgebungstem-peratur von 40 C uneingeschrnkt fahren knnen. Alle Komponenten mussten hierauf berprft und daraufhin gegebenenfalls ertchtigt werden. Es werden fr diese Temperaturbereiche speziell geeignete Materialien ein-gesetzt, um so weitestgehend ohne zustzliche Heizun-gen auszukommen. Um eventuellen Problemen mit Flug-schnee zu begegnen, wird die bentigte Khlluft fr die Traktionskomponenten im Winterbetrieb ber Luftkanle vom Dach aus in die Bodenwanne geleitet.

    Bezglich elektromagnetischer Vertrglichkeit (EMV) werden sehr harte Anforderungen an die Triebzge ge-stellt. Die Grenzwerte liegen deutlich unter denen der europischen Norm. Daher musste eine Vielzahl von EMV-Manahmen wie EMV-Filter und Schirmungen umgesetzt werden.

    In Russland ist es erforderlich, dass bei Strecken von mehr als 3 h Fahrt der Triebfahrzeugfhrer den Zug auch im Stehen bedienen knnen muss. Die Kopfform des Ve-laro RUS musste so angepasst werden, dass ein 190 cm groer Triebfahrzeugfhrer den Zug stehend steuern kann. Zustzlich wurde im Fhrerraum ein Arbeitsplatz fr den in Russland erforderlichen so genannten Beifahrer geschaffen.

    Zur Ausleuchtung der Strecke mussten wesentlich str-kere Scheinwerfer in den Kopf des Zuges integriert wer-den als bisher blich.

    Fr die in Russland grere Spurweite und um den Gegebenheiten der Gleislage Rechnung zu tragen, wurde das Drehgestell der Velaro-Familie weiterentwickelt. Das Radpro l bercksichtigt das russische Schienenpro l und ist zum anderen fr Hochgeschwindigkeit geeignet.

    Die russische Betriebsleittechnik Klub-U und der russi-sche Zugfunk wurden integriert und in diesem Zusammen-hang weiterentwickelt. Fr die Belange der Betriebsleit-technik wird ein Display verwendet. Fr den Zugfunk des Triebfahrzeugfhrers und Beifahrers wird ein Dreibandsys-tem eingesetzt, welches die traditionellen russischen Fre-quenzen bei 2 MHz und 160 MHz sowie die Frequenz des Tetra bei 460 MHz benutzt. Beim Zugkommandanten ist ein Zweibandsystem mit 160 MHz und 460 MHz eingebaut. Beide Systeme, Klub-U und Zugfunk im Endwagen, wur-den zu Diagnosezwecken ber eine spezielle Schnittstelle an die Fahrzeugsteuerung angeschlossen.

    3 Struktur und Ausstattung der Fahrgastbereiche

    3.1 Zugkonstellation

    Der Velaro RUS besteht aus zehn Wagen; deren Anord-nung im Zugverband zeigt Bild 2. Zwei Wagen, die Endwa-gen, sind als Business-Klasse de niert, die brigen als Tou-ristenklasse. Insgesamt werden sieben Wagentypen, sechs je Zugtyp, unterschieden. Deren Bezeichnung orientiert

    Fahrzeugtechnik

    Tabelle 1: Wesentliche technische Daten der beiden Zugtypen des Velaro RUS.

    Zugtyp B1 B2

    Spurweite mm 1 520

    Fubodenhhe ber SO mm 1 360

    bedienbare Bahnsteighhen mm 1 100 1 300

    Zuglnge mm 250 000

    Wagenkastenlnge Endwagen mm 25 535

    Wagenkastenlnge Mittel-wagen

    mm 24 175

    Wagenbreite mm 3 265

    Wagenkastenmaterial Aluminium-Legierung

    Zugmasse besetzt t 662 678

    maximal zulssige Radsatzlast kN 170 180

    Netz-Nennspannung kV DC 3 AC 25 + DC 3

    Anfahrbeschleunigung bis 60 km/h bei besetztem Zug

    m/s2 0,43 0,42

    maximale Traktionsleistung am Rad im Fahren und Bremsen

    MW 8

    maximale Anfahrzugkraft kN 328

    maximale Betriebsgeschwin-digkeit

    km/h 250

    Anzahl Sitzpltze Business Tourist

    StckStck

    104500

    Auentemperaturbereich C (-50) - 40 + 40

    Betriebseinsatzdauer Jahre 30

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    sich an den im Wagen angeordneten Hauptkomponenten von Traktion und Bordnetz. Bei der Projektierung wurde groer Wert auf Modularisie-rung gelegt. Der Einsystemzug B1 kann weitestgehend durch Weglas-sen von bei ihm nicht bentigten Traktionskomponenten aus dem Zweisystemzug gebildet werden.

    Da die Komponenten der Trak-tions- und Hilfsbetriebeausrstung im Unter ur- und Dachbereich des gesamten Zuges untergebracht sind, wird der Innenraum ber die gesamte Zuglnge fr die Passagiere und das Zugpersonal genutzt.

    3.2 Innengestaltung

    Die Aufteilung der Innenausrstung der unterschiedli-chen Wagen des Zuges geht aus der Grundrissdarstellung von Bild 3 hervor.

    In einem Mittelwagen im zentralen Bereich des Zuges be nden sich das Restaurant und ferner das Abteil des Zugbegleiters, in dem auch ein Arbeitsplatz des Sicher-heitspersonals eingerichtet ist. Der Restaurantwagen ist als Raucherwagen konzipiert.

    Im Zug sind, verteilt auf die Mittelwagen, 13 Standard-WCs angeordnet. Ein Universal-WC ist fr Behinderte ausgelegt und be ndet sich in der Nhe des Behinderten-platzes in der Mitte des Zuges.

    Die 1 310 mm x 660 mm groen Seitenfenster im Passa-gierbereich besitzen eine nicht-ffnungsfhige Isolierver-glasung und sind mit Sonnenrollos versehen.

    Zustzlich zu den Kleiderhaken zwischen den Fenstern be nden sich mittig in acht Wagen Garderoben. In drei Wagen sind Schuhputzautomaten angeordnet.

    Gegen die Seiten- und Deckenwnde gerichtete Strah-ler bewirken eine indirekte Beleuchtung; das dadurch gestreute Licht entwickelt fr die Passagiere ein angeneh-mes Raumemp nden in den Wagen. Zustzlich sind alle Sitzpltze mit Leseleuchten ausgestattet.

    Die Innentren zum bergang zwischen den Wagen und zu den Ein-/Ausstiegsbereichen sind aus durchsichti-gem Sicherheitsglas ausgefhrt.

    An den Groraumbereichen aller Wagen sind Flchen zum Abstellen von groen Gepckstcken freigehalten. Oberhalb der Fenster be nden sich ber die gesamte Ln-ge des Sitzbereichs in den Grorumen Gepckablagen.

    Alle Sitze im Passagierbereich sind konstruktiv mit verstellbaren Rckenlehnen sowie mit Klapptischen, Arm-lehnen und Fusttzen ausgefhrt. Sie besitzen aus-tauschbare Schutzbezge fr Nackensttzen. Die Sitze der Businessklasse sind mit Leder, die Sitze der Touristen-klasse mit Stoff bezogen.

    Auf Bild 4 ist der Passagierbereich mit Blick zum Fhrer-raum zu sehen. Der Triebfahrzeugfhrer kann die Scheibe der Rckwand seiner Kabine je nach Bedarf durchsichtig oder trb schalten.

    Der schwimmend gelagerte, trittschallarme Fuboden aller Passagierrume hat einen Teppichbelag. Die Seiten-wnde bestehen aus kratz- und stofestem glasfaserver-strktem Kunststoff mit abgerundeten Ecken. Alle Innen-teile sind p egeleicht ausgefhrt.

    Die Klimaanlage ist am Wagenende im Dach eines je-den Wagens angeordnet. Im Unter urbereich be ndet sich ein Lfter zur Fortluftfrderung. Die Klimaanlage sorgt durch eine optimale Luftfhrung und Luftverteilung fr eine angenehme Heizung im Winter und Khlung im Sommer. Dies wird dadurch erreicht, dass durch Umschal-tungen in den Luftkanlen die kalte Luft im Sommer von oben und unten in den Wagen eingelassen wird und im Winterbetrieb die erwrmte Luft nur seitlich und unten

    Bild 2: bersicht ber die Wagenreihung beim Einsystemzug B1 und beim Zweisystemzug B2.SR B Stromrichter-Endwagen, BusinessklasseDR T Drosselwagen mit Netz ltern, TouristenklasseMW T Mittelwagen bei B1TR T Transformatorwagen bei B2SR T Stromrichter-MittelwagenBAT T Mittelwagen mit BatterieBAT R Mittelwagen mit Batterie und Restaurant

    Bild 3: Schematische Darstellung des Innenraumes der zehn Fahr-zeuge des Velaro RUS; die letzten vier Einzelfahrzeuge gleichen im Grundriss den ersten vier und sind nicht gezeichnet.1 Einstiegsraum2 Businessklasse3 Touristenklasse4 Standard-WC

    5 Universal-WC6 Garderobe7 Gepckabstellplatz

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    eingeblasen wird. Eine Fahrgastraum-Innentemperatur von 22 C lsst sich bei Auentemperaturen von -40 C bis +27 C sicherstellen.

    Im Luftstrom der Klimaanlage liegen ein Auenluft-grob lter, ein Mischluft lter sowie eine Entkeimungsein-richtung.

    Die beiden Fhrerrume haben ein separates Klimage-rt sowie Zusatzheizungen in den Funischen und im Fuboden.

    Ein Modell des Endwagens in Originalgre war im Jahre 2006 in St. Petersburg auf dem Moskauer Bahnhof ausgestellt.

    3.3 Fahrgastinformation und zuginterne Kommunikation

    Das Fahrgast-Informationssystem dient der optischen und akustischen Information der Passagiere und zur Kommu-nikation des Zugpersonals. Dazu gibt es in allen Wagen eine Sprechstelle, auf die der Zugbegleiter fr Durchsa-gen im Wagen Zugriff hat. Zustzlich be ndet sich je eine Sprechstelle in den Endwagen fr den Triebfahrzeugfh-rer und im Zugkommandantenabteil, von denen aus zug-weit Durchsagen gemacht werden. Eine Kommunikation zwischen den Sprechstellen ist entsprechend den festge-legten Prioritten mglich.

    Der Zugkommandant hat Zugriff auf die Zentrale des Fahrgast-Informationssystems. Diese steuert die Auen- und Innenanzeigen (Bild 5), auf denen die Passagiere die fr sie jeweils erforderliche Information erhalten.

    Eine Videoberwachung innerhalb der Passagierrume und auerhalb des Zuges wurde implementiert.

    3.4 Gastronomische Versorgung

    Im Restaurantwagen be ndet sich eine Galley mit dem Bistro (Bild 6). Hier werden die Speisen fr die Gste an-gerichtet und es ndet der Verkauf statt. Im Restaurant-wagen be nden sich Pltze vis vis mit Tischen und zwei Stehtische.

    Die Passagiere der Businessklasse werden mit Tablett-service ber khlbare Trolleys versorgt. In der Touris-tenklasse werden vor der Abfahrt Lunchpakete auf die Sitzpltze verteilt und unterwegs weitere Waren mit Verkaufstrolley(s) zu den Fahrgsten gebracht.

    Durch die Galley knnen auf diese Weise bis zu 250 Personen der Touristenklasse und alle Passagiere der Busi-nessklasse mit Essen und Trinken versorgt werden.

    4 Wagenkasten

    Der Wagenkastenrohbau hat eine vollstndig tragende Leichtbaustruktur in Aluminium-Integralbauweise, aus Gro-strangpro len verschweit. Der Kopfbereich der Endwagen besteht aus geformten Pro len und Blechen ebenfalls einer Aluminiumlegierung, die miteinander verschweit sind. Dort an den Zugenden wurde auf 1 100 mm Hhe die bei den rus-sischen Bahnen gebruchliche SA3-Kupplung integriert.

    Am Rohbau werden ber Anschweipunkte, angenie-tete Teile und C-Schienen in den Aluminium-Pro len die einzelnen Baugruppen des Zuges befestigt.

    Die Anforderungen aus russischen Normen an die Fes-tigkeit des Wagenkastens und der Kupplung wurden be-rcksichtigt und in einem Au aufversuch nachgewiesen.

    Die Festigkeit im Bereich des Fahrgastraumes und Fhrerraumes ist auf eine normative Belastung von 2 000 kN ausgelegt. Die Verformungs- oder Opferbereiche auerhalb der Fahrgastrume wurden fr eine normative Belastung von 1 500 kN ausgelegt.

    Zum Schutz gegen Auswirkungen von Sten be ndet sich unterhalb der Frontscheibe unter dem verkleideten Teil des Kopfes ein durch einen Brstungstrger verstrktes Querschott, das als Absttz che fr Stoverzehrelemen-te dient. Gemeinsam mit den Energieverzehrelementen in der Kupplung kann eine Kollisionsenergie von zirka 2 MJ

    Bild 4: Innenraumgestaltung im Endwagen mit Blick auf die Trieb-fahrzeugfhrer-Kabine.

    Bild 5: Beispiele fr eine Zugdatenanzeige innen (links) und auen (rechts).

    Bild 6: Bistrobereich.

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    aufgenommen werden. Ein Unterfahrschutz aus Abstt-zungen ist zustzlich in der Lage, Energie zu absorbieren.

    Die verwendete dreifache Lackbeschichtung ist witte-rungsbestndig und bestndig gegenber den auftreten-den Temperaturschwankungen. Die Innenseite des Wa-genkastens ist mit einer Spritzbeschichtung gegen Lrm und Vibrationen versehen.

    Die guten thermischen Eigenschaften des Wagenkas-tens mit einem Wrmekoef zienten k = 1,20 W/(mK) whrend der Fahrt werden erreicht durch spezielle Ma-nahmen der Spritzbeschichtung und Wrmedmmung in-nen sowie eine thermische Entkopplung der Kltebrcken am Wagenkasten.

    Die Auentren der Wagen sind elektrisch bettigte ein gelige Horizontal-Schwenkschiebetren mit lichter Durchgangsbreite von 900 mm und lichter Durchgangs-hhe von 2 050 mm. Whrend der Fahrt schlieen die Trbltter auenhautbndig mit dem Wagenkasten ab. Sie knnen durch Knopfdruck im Stand bettigt werden, wenn sie vom Triebfahrzeugfhrer freigegeben sind, und ffnen in Richtung der Drehgestelle. Sie bieten die Mg-lichkeit der Notffnung von auen, aber auch einer Ver-riegelung von innen.

    Die Wagenbergnge werden durch witterungsfeste Faltenblge komplett umschlossen, die auch die Kupp-lung einschlieen, womit sich ein vollstndig geschtzter bergang zwischen den Wagen ergibt. Die Kupplungsh-he zwischen den Wagen betrgt 995 mm.

    5 Bremssystem und Druckluftausrstung

    Der Velaro RUS besitzt eine pneumatische Reibungsbrem-se mit Radscheibenbremsen an den Triebdrehgestellen und je drei Wellenscheibenbremsen auf jeder Radsatz-welle der zwlf Laufdrehgestelle. Zustzlich werden die acht Triebdrehgestelle durch generatorischen Betrieb der Fahrmotoren gebremst. Fr die elektrische Bremse ist eine hhere Reibwertausnutzung, nmlich maximal 0,15, als fr die pneumatische Bremse erlaubt.

    Bei voll besetztem Zug und einem angenommen Reib-wert von 0,13 im unteren Geschwindigkeitsbereich knnen Bremswege von 2 430 m aus 250 km/h und von 1 000 m aus 160 km/h bei ausschlielicher Verwendung der pneumati-schen Reibungsbremse sicher eingehalten werden.

    In jedem SR T-Wagen be ndet sich ein Luftkompressor. Die lfreien, speziell fr den Einsatz unter russischen Be-dingungen quali zierten Kompressoren versorgen neben der Bremse unter anderem auch die Luftfedern der Dreh-gestelle, die Klimasteuerung, die Trsteuerung, die Schei-benwaschanlage, die Stromabnehmer und das Typhon. Die Druckluft wird durch die Hauptluftbehlterleitung auf die zahlreichen Luftbehlter im Zug verteilt.

    Die Bremssteuerung funktioniert nach dem Prinzip der indirekten Bremse mit rein pneumatischer Energieversor-gung; daher ist ein eventuelles Abschleppen des Zuges auch ohne elektrische Energie mglich. Zur Verbesserung der Dynamik der Steuerung der indirekten Bremse sind

    im Zug elektropneumatische Steuerleitungen und Steuer-ventile mit elektropneumatischem Zusatz vorhanden.

    Die Bremse wird normalerweise vom Triebfahrzeug-fhrer durch einen stufenlos wirkenden Bremskraftsteller bettigt. Sie kann jedoch in Ausnahmefllen auch mit einem Hilfs-Fhrerbremsventil oder bei Notbremse durch einen Schlagtaster im Fhrerraum oder im Zugkomman-dantenabteil oder durch das Sicherheitssystem Klub-U berbrckt werden. Die Notbremse, die in jedem Wagen an mindestens zwei Stellen bettigt werden kann, wirkt ber die Fahrzeugsteuerung; sie kann daher nach Ausl-sung durch einen Fahrgast vom Triebfahrzeugfhrer bei Bedarf unwirksam geschaltet werden.

    Jeder Wagen besitzt ein Bremssteuergert (BSG). Ein Master-Bremssteuergert im Endwagen koordiniert die Aufteilung und den Ablauf der Bremsung zwischen den un-terschiedlichen Wagen und den beiden Bremssystemen, je nach Verfgbarkeit und Anforderung an das Bremssystem.

    In allen Wagen be nden sich Federspeicherbremsen als Parkbremse im Stand.

    6 Zug- und Fahrzeugsteuerung

    Die elektronische Fahrzeugsteuerung als das Gehirn des Zuges steuert zentral die wichtigsten Vorgnge im Zug und bernimmt berwachungs- und Diagnoseaufgaben. Neben der elektronischen Steuerung gibt es zahlreiche fest verdrahtete Signalstromkreise oder Sicherheitsschlei-fen, die insbesondere in Ausnahmesituationen noch fr den Fortbestand lebensnotwendiger Funktionen sorgen oder Bremsungen auslsen knnen.

    Basis fr die elektronische Fahrzeugsteuerung ist das TCN (Train Communication Network), ein genormtes, hierarchisches und zweistu ges Kommunikationsnetz-werk (Bild 7). Das Netzwerk besteht aus dem Zugbus WTB (Wired Train Bus) und dem Fahrzeugbus MVB (Multifunk-tion Vehicle Bus). Bei beiden Systemen werden ein seriel-ler Datenbus verwendet sowie verdrillte und geschirmte Zweidrahtleitungen, die beim MVB zum Erreichen einer Redundanz jeweils doppelt ausgefhrt sind, also mit 2x2 Leitern in einem MVB-Kabel.

    Aus Redundanz- und Brandschutzgrnden werden die Buskabel rumlich voneinander getrennt durch den gan-zen Zug verlegt. Der Zugbus WTB verbindet die einzelnen Fahrzeugbus-Einheiten, die Traktionseinheiten, miteinan-der. Er sorgt fr den Datenaustausch zwischen fhrender und gefhrter Einheit sowie die unabhngige Kommuni-kation zwischen den MVB-Einheiten.

    Innerhalb der MVB-Einheit werden die Daten des jewei-ligen als Master geschalteten Zentralen Steuergerts (ZSG) im Endwagen ber den separat vorhandenen, redundant aufgebauten Fahrzeugbus an die Subsysteme der einzel-nen Wagen der jeweiligen Traktionseinheit bertragen. Endwagen, Transformatorwagen, Stromrichterwagen und Mittelwagen sind leittechnisch eine MVB-Einheit.

    Eine MVB-Einheit ist aus einzelnen MVB-Segmenten aufgebaut, die in den Wagen ber MVB-Repeater an den

  • Fahrzeugtechnik

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    Backbone geschaltet werden. Der Backbone ist die Basis-MVB-Verbindung zwischen den einzelnen Wagen einer Traktionseinheit. Mit Ausnahme des Endwagens, in dem aus Redundanzgrnden zwei Segmente eingebaut sind, wird ein Wagen als MVB-Segment realisiert.

    An den MVB sind alle elektronischen Gerte eines Wa-gens angeschlossen. Gerte, die eine MVB-Schnittstelle haben, kommunizieren direkt ber den Bus mit anderen Systemen im Zug. Gerte ohne MVB-Schnittstelle sind ber spezielle KLIP-Baugruppen an den Bus angeschlos-sen. Dadurch ist die bertragung digitaler und analoger Signale ber den Bus mglich.

    Die zentrale Steuerung des Zuges und die Traktions-steuerung werden durch Steuergerte des Siemens Bahn-Automatisierungs-Systems (Sibas) [2] durchgefhrt. Sibas-Steuergerte bilden ein modulares System, welches nach konkreten Bedrfnissen der Anwendung aus Baugruppen zusammengesetzt wird.

    Alle komplexen elektronischen Gerte fhren eine Eigendiagnose durch, deren Ergebnis sie ber den MVB an die zentrale Diagnose des Fahrzeugs bergeben. Das Instandhaltungspersonal kann detaillierte Diagnoseda-ten ber eine serielle Schnittstelle direkt am Gert aus-lesen. Die zentralen Diagnosedaten werden je nach Art der Information an den Triebfahrzeugfhrer oder den Zugkommandanten ber das HMI-Display angezeigt. Weiterhin werden Daten, die fr die Instandhaltung des Zuges relevant sind, noch whrend der Fahrt ber GSM an die Instandhaltungsstelle geschickt, damit diese bereits vor Eintreffen des Zuges Manahmen fr eine Korrektur oder den Austausch defekter Bauteile treffen kann.

    Das ZSG bernimmt die wichtigsten berwachungs- und Diagnose-Funktionen fr den Gesamtzug. Dazu zhlen:

    berwachung und Ansteuerung der Hochspannungs- schalter und Stromabnehmer

    Bild 7: Prinzipschaltbild der Fahrzeugsteuerung je Halbzug in der Aufteilung auf die einzelnen Wagen nach Bild 2.SR B, DR T, MW T bei B1 oder TR T bei B2, SR T, BAT T oder BAT R, je nach Zughlfte.BMA Brandmeldeanlagebrige Komponenten siehe im Text

    Bild 8: Prinzipschaltbild und Anordnungsschema fr die Traktionskomponenten im Zweisystemzug.1 Traktionscontainer2 Traktionsmotoren

    3 Netz lter4 Transformator

    5 Heizwicklung6 Bremswiderstand

    7 DachlinieDC, AC Stromabnehmer + Hauptschalter DC-, AC-Betrieb

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    Bild 9: Prinzipschaltbild einer Leistungseinheit.HS HauptschalterNTS NetztrennschalterVLE VorladeeinheitVLW Vorladewiderstand4QS Vierquadrantensteller

    CSK SaugkreiskondensatorLSK SaugkreisdrosselBST BremsstellerESE ErdschlussberwachungseinheitCD Zwischenkreiskondensator

    PWR Pulswechselrichter1 zum zweiten Traktionsstromrichter2 zur Heiz-/Ausgleichsstromschiene3 zum EVB

    Auswertung der Netzspannungs-Fhlsysteme bei den ZweisystemzgenTraktions-Sollwertvorgabe fr die Antriebssteuerger- te (ASG)Bordnetzsteuerung Befehls- und Steuervorgabe fr diverse Steuergerte, wie Trsteuerung, Bremssteuerungberwachung der Sicherheitsschleifen, Brandmeldean- lage und DrehgestelldiagnoseRangierung digitaler oder analoger Ein- und Ausgaben ber die dezentralen Ein- und Ausgabestationen Sibas-KLIP und MVB-Compact-I/OSteuerung der Betriebszustnde des Zuges Eigendiagnose und Diagnose der Kommunikation am Zug- und FahrzeugbusKon gurationsermittlung und -berprfung im Triebzug

    Hinzu kommt die berprfung der Zulssigkeit von Be-dienhandlungen des Triebfahrzeugfhrers, bei der unzuls-sige Systemzustnde berwacht oder verriegelt werden.

    7 Traktionsausrstung

    7.1 Funktionale Strukturierung der Ausrstung

    Die Traktionskomponenten des Velaro RUS [3] sind ber alle zehn Wagen des Zuges verteilt (Bild 8). Jede Zughlfte besitzt eine autarke Traktionsanlage, die wiederum ber zwei identische Leistungseinheiten (Bild 9) verfgt. Zu jeder Leistungseinheit gehren jeweils ein Traktionsstromrichter einschlielich ASG, vier parallel geschaltete Fahrmotoren,

    eine Bremswiderstandseinheit sowie der Anschluss der Bordnetz-Energieversorgung am Traktionszwischenkreis. Bei Ausfall einer Leistungseinheit wird diese ohne Ein uss auf die noch verbleibenden Anlagen ausgruppiert, sodass der Zug seine Fahrt mit 75 % der installierten Traktions- und elektrischen Bremsleistung fortsetzen kann.

    Durch die gleichmig ber den gesamten Unter ur-bereich verteilte Anordnung der Leistungseinheiten wird zum einen eine gleichmige Gewichtsverteilung ber den gesamten Triebzug erreicht; die damit verbundene geringe-re maximale Radsatzlast schont den Gleiskrper und senkt den Instandhaltungsaufwand an Fahrwerk und Strecke. Zum anderen wird durch den Antrieb von 16 Radstzen das verfgbare Kraftschlusspotenzial optimal genutzt.

    Nach dem Zugkraftdiagramm F(v) in Bild 10 betrgt die maximale Traktionsleistung am Rad 8 MW. Die Abnahme der entsprechenden Leistung an der Oberleitung bei bis zu 250 km/h stellt im DC-Betrieb eine groe Herausforde-rung fr die Stromabnehmer dar.

    Zum Vergleich zeigt Bild 11 Bremskraftdiagramme F(v) des Zuges.

    7.2 Hochspannungs-Dachausrstung

    7.2.1 bersicht

    Die Hochspannungsausrstungen des Zweisystemzuges einerseits fr AC 25 kV 50 Hz und andererseits fr DC 3 kV sind elektrisch komplett getrennt und auf vier der zehn Wagen installiert.

    Fr das AC-System ist der Zug mit zwei Stromabneh-mern ausgerstet, die auf beiden Transformatorwagen angeordnet und ber eine Dachleitung miteinander ver-

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    bunden sind. Im Normalbetrieb wird nur mit einem geho-benen Stromabnehmer gefahren. Die Dachleitung zweigt hinter jedem Hauptschalter ab und ist im Fehlerfall durch die Hauptschalter geschtzt.

    Fr das DC-System gibt es vier Stromabnehmer, je zwei auf beiden Drosselwagen. Im Normalbetrieb wird mit zwei ge-hobenen Stromabnehmern gefahren. Die beiden Zughlften werden getrennt mit Energie versorgt; es gibt hierfr keine Hochspannungsleitung zwischen den Drosselwagen.

    Bei der Steuerung der Hochspannungsanlage wird beson-ders auf die Redundanzanforderung geachtet. Da im AC-Sys-tem die beiden Zughlften elektrisch miteinander verbunden sind, wird im Fehler- oder Brandfall die Fahrfhigkeit des kom-pletten Triebzuges sichergestellt, indem die betroffene Zug-hlfte mittels Dachtrennschalter elektrisch abgetrennt wird.

    Im DC-System kann bei Ausfall eines Stromabnehmers der zweite auf demselben Wagen benutzt werden.

    Wegen der niedrigen EMV-Grenzwerte nach russischer Norm GOST 29205 sind fr den DC- und den AC-Betrieb in der Hochspannungsanlage spezielle Drosseln und Kon-densatoren installiert.

    Die gesamte Hochspannungsausrstung auf dem Dach ist den vorkommenden tiefen Temperaturen besonders ausge-setzt. Um die Funktionalitt und Festigkeit auch bei 50 C noch zu gewhrleisten, mussten Materialien von Teilkompo-nenten durch hierfr geeignete Werkstoffe ersetzt werden.

    7.2.2 Stromabnehmer

    Auf dem Velaro RUS wird im AC-Betrieb der Stromabneh-mer SSS400+ aus der erfolgreichen Siemens/Schunk-Strom-abnehmerfamilie eingesetzt, der fr Geschwindigkeiten bis ber 400 km/h und fr beide Fahrtrichtungen verwendet werden kann. Gerade an den Stromabnehmer werden bei Hochgeschwindigkeitsfahrten ganz besonders hohe Anfor-derungen hinsichtlich des dynamischen Verhaltens und der Aerodynamik gestellt. Die Wippenbreite wurde an die russi-schen Gegebenheiten angepasst und betrgt 1 950 mm.

    Im DC-Betrieb werden Stromabnehmer SSS87 mit DC-Schlei eisten verwendet. Dieser Typ ist seit Jahren auf dem deutschen Hochgeschwindigkeitszug ICE T, BR 411/415 der DB AG, im Einsatz. Die Wippenbreite betrgt 2 000 mm.

    7.2.3 Hauptschalter

    Fr das AC-System wird ein neu entwickelter Vakuum-Hauptschalter mit der Bezeichnung MACS von Secheron ein-gesetzt (Bild 12). Er wird nicht mit Druckluft bettigt, son-dern besitzt einen elektrischen Antrieb. Der MACS ist eine Weiterentwicklung des jahrelang erfolgreichen Hauptschal-ters BVAC. Das maximale Ausschaltvermgen betrgt 18 kA. Wegen des Betriebs bei Temperaturen von bis zu 50 C ist innerhalb des Hauptschalters eine Heizung integriert.

    Ein Erdungstrennschalter fr die Hochspannungsanla-ge bildet zusammen mit dem Hauptschalter eine Einheit.

    Im DC-Netz wird weiterhin der bewhrte Hauptschalter UR 26 von Secheron verwendet, der unter ur eingebaut ist.

    7.3 Haupttransformator

    Fr den Betrieb im AC-Netz hat der Velaro RUS zwei Haupttransformatoren, die unter ur in den Wagen TR T angeordnet sind. Jeder Transformator ist mit einer Bemes-sungsleistung von 5 460 kW bereits fr einen spteren Be-trieb mit bis zu 300 km/h ausgelegt. Sekundrseitig besitzt der Transformator vier Traktionswicklungen von je 1 550 V 1 300 kVA und eine Heizwicklung von 2 990 V 260 kVA.

    Die Streuinduktivitten des Transformators sind so projektiert, dass die Grenzwerte fr die Strstrme ohne zustzliche Netz lter eingehalten werden.

    Die Khlanlage ist mit dem Transformator in einem gemeinsamen Tragrahmen starr befestigt. Dieser Tragrah-men wird dann am Fahrzeug elastisch aufgehngt.

    Die Khlanlage besteht aus Wrmetauscher, Schmutz-abscheidegitter und zwei polumschaltbaren Lftern. Durch

    Bild 10: Zugkraftdiagramm fr beide Zugtypen.1 100 % Traktion, maximal 8

    MW am Rad2 75 % Traktion3 50 % Traktion

    4 25 % Traktiona Ebeneb Steigung 1 %

    Bild 11: Bremskraftdiagramm fr beide Zugtypen bei Rekuperation und zum Vergleich bei Einsatz der Bremswiderstnde (*).1 100 % Netzbremse, maximal

    8 MW am Rad2 75 % Netzbremse

    3 50 % Netzbremse4 25 % Netzbremse

  • Fahrzeugtechnik

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    die Polumschaltung und einzelnes Zu- und Wegschalten der Lfter wird das Niveau der Geruschemission gering gehalten sowie eine bedarfsabhngige Khlung im Winter-betrieb ermglicht. Als Khlmittel wird ein Minerall ver-wendet, das bei 50 C noch eine hohe Viskositt aufweist.

    7.4 DC-Netz lter

    Um die Anforderungen an die zulssige Strstromemissi-on sowie die Eingangsimpedanz einzuhalten, werden im DC-Betrieb Netz lter wirksam (Bild 9). Jedem Traktions-stromrichter ist ein eigenes Filter zugeordnet.

    Besonders die Minimierung der Rckwirkungen im nie-derfrequenten Bereich um 25 Hz und 50 Hz stellten bei der Auslegung des Filters eine hohe Herausforderung dar. Die beiden magnetisch voneinander entkoppelten Eisenkern-drosseln sind fr einen Nennstrom von 740 A ausgelegt und in einem separaten, forciert belfteten Container in den DR-T-Wagen (Bild 2) untergebracht. Die zugehrigen Filterkondensatoren be nden sich im Traktionsstromrich-ter und werden im AC-Betrieb als Saugkreis- und zustzli-cher Zwischenkreiskondensator genutzt.

    7.5 Traktionsstromrichter

    Vier Stromrichter sind unter ur in den Stromrichterwa-gen SR B und SR T angeordnet (Bild 8). Der Traktionsteil besteht aus zwei Vierquadrantenstellern, Spannungszwi-schenkreis, einem Pulswechselrichter, einem Bremssteller und einem Saugkreis.

    Als Leistungshalbleiter werden 6,5-kV-IGBT in den vielfach eingesetzten wassergekhlten Phasen-Bausteinen verwen-det, die eine kompakte Bauweise des Stromrichters bei ge-ringem Gewicht erlauben. Die Steuerung und Regelung des Stromrichters bernimmt ein ASG der neuesten Generation.

    Die Khlanlage des Stromrichters wurde den hohen Be-triebsanforderungen angepasst, indem der Antifrogen-N-Anteil erhht wurde. Die Saugkreisdrossel ist im Abluftbe-reich in die Khlanlage integriert. Die Khlanlage besitzt zwei polumschaltbare Lfter, die eine bedarfsabhngige Khlung im Winterbetrieb ermglichen und dadurch wie-derum die Geruschemission gering halten. Der Ausfall eines Lfters fhrt zu Leistungsreduktionen, nicht jedoch zum Abschalten des gesamten Stromrichters.

    7.6 Antrieb

    Der Velaro RUS wird von insgesamt 16 Antriebseinhei-ten, bestehend aus Fahrmotor, Kupplung und Getriebe angetrieben (Bild 13), die sich alle in den vier Stromrich-terwagen be nden (Bild 8). Je zwei Fahrmotoren sind im Triebdrehgestell in Fahrzeugquerrichtung an einem Motortrger befestigt. Diese Motortrger sind ber eine querelastische Entkopplung im Drehgestellrahmen einge-baut. Dies fhrt zu einer Reduzierung der ungefederten Massen und dadurch zu einer Erhhung des Fahrkomforts sowie einer Minderung der Beanspruchung des Oberbaus.

    Der Fahrmotor ist als vierpolige Drehstrom-Asynchron-maschine mit K glufer ausgefhrt. Seine Bemessungs-leistung betrgt 510 kW.

    Die beiden Fahrmotoren eines Drehgestells werden durch einen gemeinsamen Lfter gekhlt, der in der Bodenwanne des Wagenkastens angeordnet ist und die Khlluft seitlich aus der Bodenwanne ansaugt. Die Luft wird durch in den Wagenboden integrierte Kanle geleitet und strmt ber Faltenblge zu den Fahrmotoren im Drehgestell.

    Die betrieblich auftretenden Relativbewegungen zwischen Fahrmotor und achsreitendem Getriebe werden durch eine Bogenzahnkupplung ausgeglichen. Unter Bercksichtigung der maximal zulssigen Drehzahl des Fahrmotors wurde zum Erreichen der spter vorgesehenen Hchstgeschwindigkeit von 300 km/h die Getriebebersetzung auf 3,033 festgelegt.

    7.7 Bremswiderstand

    Der Velaro RUS verfgt ber eine rheostatische Bremse mit insgesamt 3 600 kW Leistung am Rad (Bild 11), die allerdings nur dann einsetzt, wenn die elektrische Bremse angefordert wurde und das Netz aber, kurzzeitig oder dauernd, eine Energierckspeisung nicht oder nur begrenzt zulsst.

    Bild 12: AC-Vakuum-Hauptschalter MACS von Secheron.

    Bild 14: Bremswider-stand.

    Bild 13: Prinzipdarstellung der Antriebseinheit.1 Fahrmotor2 Bogenzahnkupplung

    3 Getriebe4 Bremszange

  • Fahrzeugtechnik

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    Je zwei forciert belftete Bremswiderstnde (Bild 14) sind in einem Gehuse auf dem Dach der beiden Batte-riewagen angeordnet. Jedem Traktionsstromrichter ist ein Bremswiderstand zugeordnet. Die Bremswiderstnde werden auch zur Begrenzung von berspannungen im Traktionszwischenkreis verwendet.

    8 Bordnetzversorgung

    8.1 Versorgungsstruktur

    Das komplette Bordnetz mit den Hilfsbetrieben unter ande-rem fr Traktion, Heizung, Klima, Beleuchtung und Druckluft-erzeugung, wird unabhngig vom Fahrleitungsnetz aus den Zwischenkreisen der Traktionsstromrichter gespeist (Bild 15). Bei Durchfahrt von Trennstellen zwischen AC- und DC-Netz kann das komplette Bordnetz ohne Umschaltung weiterver-sorgt werden, indem die Fahrmotoren die hierfr erforderli-che elektrische Energie im Rckspeisebetrieb liefern (Bild 9).

    Sehr wichtig ist die hohe Verfgbarkeit des Bordnetzes, besonders auch bei Temperaturen bis -50 C. Daher ist die Bordnetzversorgung des Zuges auf zwei Einfach-Energie-versorgungsblcke (EVB) und zwei Doppel-EVB verteilt (Bild 16). Jeder EVB hat eine Ausgangsleistung von 160 kVA, somit betrgt die gesamte installierte Bordnetz-Versor-gungsleistung 960 kVA. Die Ausgangsspannungen der sechs EVB sind synchronisiert und erlauben somit Durchkupp-lung und gleichzeitige Speisung der 3AC-Zugsammelschie-ne. Die Versorgungsspannung betrgt 3AC 440 V 60 Hz.

    Bild 16: Prinzipschaltbild des Einfach- (oben) und Doppel-Energiever-sorgungsblocks (unten).

    Bild 15: Bordnetzversorgung.TSR Traktionsstromrichter D-EVB Doppel-Energieversorgungsblock BLG Batterieladegert Bat Batteriebrige Abkrzungen siehe Bild 2 und Text

  • Fahrzeugtechnik

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    Bild 17: Einfach-Energieversorgungsblock 160 kVA.

    Bei Ausfall eines EVB knnen smtliche Hilfsbetriebe ohne Leistungseinbue weiterbetrieben werden.

    Die Heizung wird zu einem Teil aus dieser Zugsammel-schiene und zum anderen Teil aus dem Netz gespeist, bei DC-Betrieb direkt und bei AC-Betrieb aus der Heizwick-lung des Transformators. Das Heizungssystem wurde dazu aus Redundanzgrnden fr eine zustzliche Heizspan-nung von 3 kV ausgelegt, um auch bei Ausfall des Bord-netzes die Heizung zu ermglichen.

    Das batteriegepufferte DC-110-V-Netz fr die Steuer-ebene wird ber zwei Batterieladegerte mit je 60 kW, die ber das AC-Bordnetz gespeist werden, versorgt.

    Eine Fremdeinspeisung ist zentral an den beiden Dop-pel-EVB mglich. Zur Erhhung der Leistung fr Heizung/Klima kann jeder Wagen auch separat an die Fremdein-speisung geschaltet werden.

    8.2 Energieversorgungsblock

    Der EVB des Velaro RUS ist in IGBT-Technologie mit Luft-khlung ausgefhrt (Bild 17). Im Parallelbetrieb versorgen alle sechs PWR die leistungsstarke 3AC-Sammelschiene. Die ntige Potenzialtrennung wird mittels eines 3AC-Transformators mit Sinus- und EMV-Filter am Ausgang re-alisiert. Jeder EVB besitzt eine eigene Vorladeeinrichtung und kann im Fehlerfall ausgruppiert werden, ohne die weiteren EVB und Traktionsstromrichter zu beein ussen.

    Die EVB werden mit der Mikroprozessor-Kompaktsteu-erung Sibcos gesteuert.

    Eine spezielle Herausforderung, die bei der Ausle-gung des Bordnetzumrichters mit bercksichtigt werden musste, ist der Hochlauf und Betrieb des Umrichters bei Auentemperaturen von bis zu 50 C. Hierzu mussten fr einige mechanische Komponenten speziell ertchtigte Ausfhrungen fr niedrige Temperaturklassen gewhlt werden. Der EVB besitzt keine Zusatzheizung. Daher ms-sen fr das Abstellen des Zuges unter 40 C bestimmte Bedingungen eingehalten werden, zum Beispiel darf der Triebzug hier nur aufgerstet oder in einer Zughalle ab-gestellt werden.

    9 Ausblick

    Mit den Triebzgen Velaro-RUS wird die russische Ei-senbahngesellschaft OAO RZD in Russland den HGV mit

    250 km/h einfhren. Spter soll die maximale Geschwin-digkeit auf 300 km/h oder mehr erhht werden.

    Velaro, Sibas, Sibcos sind eingetragene Markenzeichen der Siemens AG. ICE ist ein eingetragenes Markenzeichen der Deutschen Bahn AG.

    Literatur[1] Brockmeyer, A.; Gerhard, T.; Lbben, E.: Vom ICE S zum Velaro:

    10 Jahre Betriebserfahrung mit Hochgeschwindigkeits-Trieb-wagen. In: Elektrische Bahnen 105 (2007), H. 6, S. 362368.

    [2] N. N.: Sibas 32 Das Steuerungssystem fr alle Schienenfahr-zeuge. Druckschrift von Siemens Transportation Systems.

    [3] Horstmann, D.; Budzinski, F.; Pirwitz, J.: Die Mehrsystemtrak-tionsausrstung des Hochgeschwindigkeitszuges Velaro fr Russland. ETG-Fachbericht Nr. 107 (2007), S. 403 ff.

    Dr. Dipl.-Ing. Andreas Lipp (47), Studium Industrielle Elektronik am Kiewer Polytechnischen Institut; seit 2005 Technischer Projektleiter Hochgeschwindigkeitszge fr Russland.

    Adresse: Siemens AG, I MO TR HI RUS, Werner-von-Siemens-Str. 69, 91052 Erlangen, Deutschland; Fon: +49 9131 7-28372, Fax: -27529; E-Mail: [email protected]

    Dipl.-Ing. Dipl.-Phys David John (47), Studium Physik an der TU Dresden; seit 2006 Direktor Hochgeschwindigkeitszge und Schnellzge fr Russland.

    Adresse: siehe oben; Fon: +49 9131 7-44466, Fax: -27529; E-Mail: [email protected]

    Dipl.-Ing. Rdiger Mangler (35), Studium Maschinenbau an TU Dresden und Universit de Bordeaux; seit 2005 Engineering-Projektleiter Hoch-geschwindigkeitszge fr Russland.

    Adresse: Siemens AG, I MO TR DH, Duisburger Str. 145, 47829 Krefeld, Deutschland;Fon: +49 2151 450-83 80, Fax: -1660; E-Mail: [email protected]

    Dipl.-Ing. Aleksander S. Nazarov (50), Studium Eisenbahnwesen am Moskauer Institut fr Ingenieure des Transportwesens; seit 2005 1. Stellvertreter fr technische Politik und Projektleiter Hochge-schwindigkeitszge Siemens von Seiten OAO RZD, Moskau.

    Adresse: OAO RZD Moskau, 1. Stellvertretender Leiter des Departments fr technische Politik, Novaya Basmannaya, 2, 107174 Moskau, Russland; Fon: +7 495 262-1895, Fax: 5499; E-Mail: [email protected]

    Dr.-Ing. Oleg N. Nazarov (43), Studium Traktionsfahrzeuge am Moskauer Institut fr Ingenieure des Transportwesens; seit 2002 Abteilungsleiter Triebzge des Allrussischen Eisenbahninstituts fr Transport, Moskau.

    Adresse: VNIIZhT Moskau, stellvertretender Direktor VNIIZhT, 3 Mytixhinskaya, 10, 129851 Moskau, Russland; Fon: +7 495 687-6472, Fax: -6456; E-Mail: [email protected]

    Full Ph. Dr. Tech. Vitali P. Shilkin (46), Studium Kettenfahrzeuge an der Moskauer staatlichen Hochschule N. E. Baumann; seit 2007 Stellver-tretender Direktor fr Hochgeschwindigkeitsverkehr und Triebzge OAO RZD, Moskau.

    Adresse: OAO RZD, Olkhovskii per. d.205, 105066 Moskau, Russland; Fon: +7 495 262-6831, Fax: -1210; E-Mail: [email protected]