Besser gemeinsam - 7-it · sind mit dieser Rechtsform gewisse nicht-kapitalistische Merkmale...

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Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 10/2012 52 EXISTENZGRÜNDUNG & UNTERNEHMENSFÖRDERUNG l GENOSSENSCHAFTEN Flexibilität, Haftungsbeschränkung, Mitarbeiterbeteili- gung, Sicherheit vor Übernahmen: Drei Unternehmens- beispiele belegen, dass die Rechtsform der eingetrage- nen Genossenschaft bei vielen unternehmerischen Herausforderungen nicht zu unterschätzende Vorteile bietet. EVA ELISABETH ERNST Besser gemeinsam ALS „VIRTUELLES UNTERNEHMEN ohne ei- gene Geschäftsräume und angestellte Mit- arbeiter“ beschreibt Vorstand Horst Härtel die 7-it Informations-Management & Servi- ces eG. Ganz und gar nicht virtuell sind je- doch die Umsätze, die das 2002 gegründete Systemhaus erwirtschaftet: Sie liegen der- zeit im oberen sechsstelligen Bereich, Ten- denz stark steigend. Dass die 7-it ohne auf- wendige Infrastruktur auskommt, ist auf die Unternehmenshistorie, aber auch auf die Rechtsform zurückzuführen: Im Jahr 2000 plante IT-Experte Horst Härtel, sich selbstständig zu machen. Da sich Marke- ting und Kundenakquise auch in dieser Branche für Einzelkämpfer eher schwierig gestalten und viele Kunden zudem lieber mit größeren Organisationen zusammen- arbeiten, suchte und fand er sechs weitere IT-Experten zur Gründung eines gemein- samen Unternehmens. Der Name spiegelt dies wider: „7-it“ steht als Kürzel für „sie- ben IT-Berater“. „Da wir den Gründungsaufwand und das Haftungsrisiko minimieren wollten, entschieden wir uns nach aufwendigen Re- cherchen für die Rechtsform der eingetra- genen Genossenschaft“, berichtet Härtel. Schließlich basiere die Genossenschafts- idee nicht zuletzt auf den Prinzipien Selbst- hilfe, Selbstverantwortung und Selbstver- waltung. Für ein Netzwerk selbstständiger IT-Berater, die gemeinsame Sache machen wollten, erschien auch dieser Aspekt durchaus passend. Derzeit gibt es in Deutschland rund 7 600 Genossenschaften mit knapp 20 Millionen Mitgliedern und insgesamt 862 500 Beschäftigten. Die be- kanntesten Genossenschaften dürften die Volks- und Raiffeisenbanken sein, aber auch die Handelshäuser Edeka und REWE sind genossenschaftlich organisiert. Be- sonders weit verbreitet sind Genossen- schaften im landwirtschaftlichen Bereich. Dort liegen auch starke Wurzeln der Ge- nossenschaften, wie Professor Stephan Götzl, Präsident des Genossenschaftsver- bands Bayern (GVB) betont (siehe Inter- view Seite 55). Derzeit stärken vor allem Energiegenossenschaften den Trend zu genossenschaftlichen Neugründungen. Dass sich Menschen freiwillig zu einer Ge- nossenschaft zusammenschließen, weil sie bestimmte Ziele gemeinsam besser errei- chen können, bildet eines der Grundprinzi- pien des Genossenschaftswesens. Darauf lässt sich durchaus eine klassische unter- nehmerische Tätigkeit aufbauen. Dennoch sind mit dieser Rechtsform gewisse nicht- kapitalistische Merkmale verbunden, die den wirtschaftlichen Erfolg allerdings ganz und gar nicht untergraben, sondern ihn nur etwas anders definieren. Genos- senschaften verfolgen generell das Ziel der wirtschaftlichen Förderung ihrer Mitglie- der – und nicht die Gewinnmaximierung. Ausgeprägt ist zudem ihr demokratischer Charakter: Das Stimmrecht ist unabhängig von der Höhe des eingebrachten Kapitals. Es gilt: ein Mensch – eine Stimme. Die vie- len Genossenschaftsunternehmen bilden den besten Beweis dafür, dass sich unter diesen Voraussetzungen bestens agieren lässt. So ist die 7-it eG mittlerweile auf 23 Mitglieder angewachsen, darunter IT-Frei- berufler, selbstständige Gewerbetreiben- de, Personen- und Kapitalgesellschaften. Weitere Mitglieder sind laut Härtel übri- gens ausdrücklich willkommen. Die opera- tive Zusammenarbeit ist unkompliziert: „Jeder von uns hat sein eigenes Büro. Für die interne Kommunikation nutzen wir mo- derne Informations- und Kommunikations- technik, wie etwa ein Web-basiertes Daten- archiv.“ Auch wenn Härtel die Gründungs- formalitäten der Genossenschaft als un- kompliziert beschreibt, in die Satzung und in die Festlegung der Entgeltregeln inves- tierten die Gründer der 7-it viel Zeit, um eine transparente und faire Lösung zu fin- den. Derzeit gehen zehn Prozent des Um- satzes, der mit einem Auftrag an die 7-it erwirtschaftet wird, an die Genossen- schaft. 70 bis 80 Prozent der Auftragssum- me werden nach einem vorab definierten Schlüssel an die beteiligten Dienstleister verteilt. Die restlichen zehn bis 20 Prozent erhalten die Personen, die den Auftrag ver- mittelt, also die Vertriebsleistung erbracht haben. Die Zahlungen an die Mitglieder fließen erst dann, wenn der Kunde bezahlt hat. Die Genossenschaftssatzung der 7-it lässt darüber hinaus zu, dass die Mitglie- der bei jedem Auftrag entscheiden können, ob sie ihn über die Genossenschaft oder in Eigenregie abwickeln möchten. „Um Rosi- nenpickereien zu vermeiden, darf ein Mit- glied für einen Kunden, der bereits mit der 7-it zusammengearbeitet hat, allerdings keine Individualaufträge mehr abwickeln“, erklärt Härtel. Diese Möglichkeit, eine Blechblasintrumentehersteller Miraphone: Mitarbeiter halten Genossenschaftsanteile.

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EXISTENZGRÜNDUNG & UNTERNEHMENSFÖRDERUNG l GENOSSENSCHAFTEN

Flexibilität, Haftungsbeschränkung, Mitarbeiterbeteili-gung, Sicherheit vor Übernahmen: Drei Unternehmens-beispiele belegen, dass die Rechtsform der eingetrage-nen Genossenschaft bei vielen unternehmerischen Herausforderungen nicht zu unterschätzende Vorteile bietet. EVA ELISABETH ERNST

Besser gemeinsamALS „VIRTUELLES UNTERNEHMEN ohne ei-gene Geschäftsräume und angestellte Mit-arbeiter“ beschreibt Vorstand Horst Härtel die 7-it Informations-Management & Servi-ces eG. Ganz und gar nicht virtuell sind je-doch die Umsätze, die das 2002 gegründete Systemhaus erwirtschaftet: Sie liegen der-zeit im oberen sechsstelligen Bereich, Ten-denz stark steigend. Dass die 7-it ohne auf-wendige Infrastruktur auskommt, ist auf die Unternehmenshistorie, aber auch auf die Rechtsform zurückzuführen: Im Jahr 2000 plante IT-Experte Horst Härtel, sich selbstständig zu machen. Da sich Marke-ting und Kundenakquise auch in dieser Branche für Einzelkämpfer eher schwierig gestalten und viele Kunden zudem lieber mit größeren Organisationen zusammen-arbeiten, suchte und fand er sechs weitere IT-Experten zur Gründung eines gemein-samen Unternehmens. Der Name spiegelt dies wider: „7-it“ steht als Kürzel für „sie-ben IT-Berater“.

„Da wir den Gründungsaufwand und das Haftungsrisiko minimieren wollten, entschieden wir uns nach aufwendigen Re-cherchen für die Rechtsform der eingetra-genen Genossenschaft“, berichtet Härtel. Schließlich basiere die Genossenschafts-idee nicht zuletzt auf den Prinzipien Selbst-

hilfe, Selbstverantwortung und Selbstver-waltung. Für ein Netzwerk selbstständiger IT-Berater, die gemeinsame Sache machen wollten, erschien auch dieser Aspekt durchaus passend. Derzeit gibt es in Deutschland rund 7 600 Genossenschaften mit knapp 20 Millionen Mitgliedern und insgesamt 862 500 Beschäftigten. Die be-kanntesten Genossenschaften dürften die Volks- und Raiffeisenbanken sein, aber auch die Handelshäuser Edeka und REWE sind genossenschaftlich organisiert. Be-sonders weit verbreitet sind Genossen-schaften im landwirtschaftlichen Bereich. Dort liegen auch starke Wurzeln der Ge-nossenschaften, wie Professor Stephan Götzl, Präsident des Genossenschaftsver-bands Bayern (GVB) betont (siehe Inter-view Seite 55). Derzeit stärken vor allem Energiegenossenschaften den Trend zu genossenschaftlichen Neugründungen. Dass sich Menschen freiwillig zu einer Ge-nossenschaft zusammenschließen, weil sie bestimmte Ziele gemeinsam besser errei-chen können, bildet eines der Grundprinzi-pien des Genossenschaftswesens. Darauf lässt sich durchaus eine klassische unter-nehmerische Tätigkeit aufbauen. Dennoch sind mit dieser Rechtsform gewisse nicht-kapitalistische Merkmale verbunden, die den wirtschaftlichen Erfolg allerdings ganz und gar nicht untergraben, sondern ihn nur etwas anders definieren. Genos-senschaften verfolgen generell das Ziel der wirtschaftlichen Förderung ihrer Mitglie-der – und nicht die Gewinnmaximierung. Ausgeprägt ist zudem ihr demokratischer Charakter: Das Stimmrecht ist unabhängig von der Höhe des eingebrachten Kapitals. Es gilt: ein Mensch – eine Stimme. Die vie-len Genossenschaftsunternehmen bilden

den besten Beweis dafür, dass sich unter diesen Voraussetzungen bestens agieren lässt. So ist die 7-it eG mittlerweile auf 23 Mitglieder angewachsen, da runter IT-Frei-berufler, selbstständige Gewerbetreiben-de, Personen- und Kapitalgesellschaften. Weitere Mitglieder sind laut Härtel übri-gens ausdrücklich willkommen. Die opera-tive Zusammenarbeit ist unkompliziert: „Jeder von uns hat sein eigenes Büro. Für die interne Kommunikation nutzen wir mo-derne Informations- und Kommunikations-technik, wie etwa ein Web-basiertes Daten-archiv.“ Auch wenn Härtel die Gründungs-formalitäten der Genossenschaft als un-kompliziert beschreibt, in die Satzung und in die Festlegung der Entgeltregeln inves-tierten die Gründer der 7-it viel Zeit, um eine transparente und faire Lösung zu fin-den. Derzeit gehen zehn Prozent des Um-satzes, der mit einem Auftrag an die 7-it erwirtschaftet wird, an die Genossen-schaft. 70 bis 80 Prozent der Auftragssum-me werden nach einem vorab definierten Schlüssel an die beteiligten Dienstleister verteilt. Die restlichen zehn bis 20 Prozent erhalten die Personen, die den Auftrag ver-mittelt, also die Vertriebsleistung erbracht haben. Die Zahlungen an die Mitglieder fließen erst dann, wenn der Kunde bezahlt hat.

Die Genossenschaftssatzung der 7-it lässt darüber hinaus zu, dass die Mitglie-der bei jedem Auftrag entscheiden können, ob sie ihn über die Genossenschaft oder in Eigenregie abwickeln möchten. „Um Rosi-nenpickereien zu vermeiden, darf ein Mit-glied für einen Kunden, der bereits mit der 7-it zusammengearbeitet hat, allerdings keine Individualaufträge mehr abwickeln“, erklärt Härtel. Diese Möglichkeit, eine

Blechblasintrumentehersteller Miraphone: Mitarbeiter halten Genossenschaftsanteile.

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GENOSSENSCHAFTEN l EXISTENZGRÜNDUNG & UNTERNEHMENSFÖRDERUNG

Doppelstrategie zu fahren, bildet einen we-sentlichen Pluspunkt für die Mitglieder. Mindestens genauso wichtig ist ihnen je-doch die Vermarktung als Systemhaus, in-klusive gemeinsamem Internet-Auftritt. „Viele Kunden erwarten einen Ansprech-partner für alle Fragen zu ihren mitunter recht heterogenen IT-Landschaften“, sagt Härtel. „Damit tun sich Einzelkämpfer im-mer schwer.“ Durch die Arbeitsteilung in-nerhalb der Genossenschaft lassen sich selbst größere Projekte stemmen, zudem ist für Stellvertreter bei Urlaub oder Krank-heit gesorgt. Nicht zu unterschätzen sind auch die Kosteneinsparungen bei der Be-triebshaftpflicht sowie bei Einkauf und Nutzung von Hard- und Software. „Außer-dem geben wir uns gegenseitig Unterstüt-zung bei technischen Fragen und veran-stalten einmal jährlich ein Wochenendse-minar, bei dem wir über IT-Strategien und unsere geschäftliche Weiterentwicklung diskutieren.“ Der kollegiale Austausch sei wichtig – insbesondere, wenn einem im Home-Office die sprichwörtliche Decke auf den Kopf falle.

So sehr Härtel von den Vorteilen einer Genossenschaft überzeugt ist, zwei Aspek-te will er dennoch nicht unter den Tisch fallen lassen: „Nicht jeder passt in eine Ge-nossenschaft. So sind insbesondere Perso-nen, denen die Genossenschafts-Idee einer Wertegemeinschaft fremd ist, die keine guten Teamarbeiter sind oder eine mög-lichst hohe Rendite ihrer Einlage erzielen wollen, ungeeignet.“ Zudem müsse eine Genossenschaft wie die 7-it anders geführt werden als ein klassisches Unternehmen: „Als Vorstand sind wir gegenüber den Mit-gliedern nämlich nicht weisungsbefugt, wenn es um die Annahme oder Ablehnung von Aufgaben und Aufträgen geht.“

Bei der Miraphone eG sieht das etwas anders aus. Bei dem Hersteller hochwerti-ger Blechblasinstrumente aus Waldkrai-

burg sind die Mitglieder ausschließlich Mitarbeiter des Unternehmens. Insgesamt 84 Mitarbeiter beschäftigt Miraphone der-zeit, davon halten 60 Genossenschaftsan-teile. Bis auf die Auszubildenden kann je-der Mitarbeiter einen Antrag auf Aufnah-me in die Genossenschaft stellen. „Ent-spricht die Arbeitsleistung oder die persön-liche Einstellung eines Mitarbeiters jedoch nicht dem Gesamtinteresse unserer Ge-nossenschaft, lehnen wir einen Antrag durchaus auch ab“, erklärt Vorstand Josef Lindlmair. Die Miraphone-Mitglieder er-halten neben ihrem regulären Gehalt eine Verzinsung ihrer Genossenschaftsanteile aus dem Gewinn des Unternehmens. „Für uns stellt die Rechtsform der Genossen-schaft letztlich auch eine unkomplizierte Form der Mitarbeiterbeteiligung dar“, sagt der Miraphone-Vorstand. Er ist davon überzeugt, dass dies die Motivation, aber auch die Bindung der Mitarbeiter ans Un-

ternehmen spürbar stärkt: Bei Miraphone tendiert die Fluktuation gegen null, die durchschnittliche Beschäftigungsdauer liegt bei über zwanzig Jahren. „Und jeder weiß“, betont Lindlmair, „dass die Höhe der Dividende von seiner eigenen Arbeits-leistung abhängt.“

Die Genossenschaft wurde im Jahr 1946 von 13 Instrumentenbauern aus Graslitz in Böhmen gegründet und entwickelte sich zu einem weltweit bekannten Hersteller für Profi-Instrumente, die höchste Qualitäts-ansprüche erfüllen. Bereits drei Jahre nach der Gründung wurden die ersten Ins-trumente aus Waldkraiburg in die USA ver-kauft. Derzeit liegt die Exportquote bei

»Da wir den Gründungsaufwand und das Haftungsrisiko minimieren wollten, entschie-den wir uns für die Rechtsform der eingetra-genen Genossenschaft.« HORST HÄRTEL, VORSTAND 7-IT INFORMATIONS-

MANAGEMENT & SERVICES EG

Plant die Gründung einer Genossenschaft: Johannes Freiherr von Perger, Frau Paula

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über 60 Prozent. „Wir betrachten uns als Manufaktur und decken die gesamte Wert-schöpfungskette intern ab“, sagt Lindlmair. Mit dieser Strategie setzt sich das mittel-ständische Unternehmen gegen große in-ternationale Mitbewerber durch. „Als Ein-zelkämpfer haben Instrumentenbauer heu-

te nur in sehr eng begrenzten Nischen eine Chance“, berichtet der Miraphone-Vor-stand. Außerdem sorgt die unternehmeri-sche Rechtsform dafür, dass die Übernah-me einer Genossenschaft durch Großun-ternehmen so gut wie ausgeschlossen ist. Dass eine Genossenschaft nicht zum Spe-

Rechtsform Genossenschaft: Die Besonderheiten

Unternehmen mit der Rechtsform eG – ein-getragene Genossenschaft – unterscheiden sich in einigen Punkten von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und Akti-engesellschaften (AG). Die wichtigsten Merkmale der eG in komprimierter Form:

Unkomplizierte Gründung: Eine eingetrage-ne Genossenschaft kann durch mindestens drei Personen (auch juristische!) gegründet werden, die sich gemeinsam unternehme-risch betätigen wollen. Den rechtlichen Rah-men stecken das Genossenschaftsgesetz und die Unternehmenssatzung, die wird bei der Gründungsversammlung beschlossen und von allen Mitgliedern unterzeichnet. Da-nach werden Vorstand und Aufsichtsrat aus dem Kreis der Mitglieder gewählt. Bei einer Gründungsprüfung werden die wirtschaftli-chen und persönlichen Verhältnisse durch einen Genossenschaftsverband geprüft. Zur Eintragung beim Registergericht reicht der Vorstand die Unterlagen über einen Notar ein. Bei einer Genossenschaft ist kein Min-destkapital vorgeschrieben.Gestaltungsfreiheit: Die Satzung einer Ge-nossenschaft kann mit hoher Flexibilität ge-staltet werden. Sie regelt insbesondere die Rechte und Pflichten der Mitglieder, die Ver-antwortung von Vorstand und Aufsichtsrat, die Höhe des Geschäftsanteils sowie die Be-grenzung der Haftung. Ein Mitglied, eine Stimme: In der General-versammlung hat jedes Mitglied eine Stimme

– unabhängig von der Anzahl der Genossen-schaftsanteile, die eine Person hält. Die Ge-neralversammlung wählt den Vorstand, der die operativen Geschäfte führt, sowie den Aufsichtsrat als Kontrollgremium. Haftung: Wie bei Kapitalgesellschaften ist die Haftung auch bei der eG beschränkbar. Die Mitglieder haften dann nur in Höhe der Einlagen. Nutzen- statt Gewinnmaximierung: Bei einer eG besteht das Unternehmensziel darin, die Mitglieder mittels des gemeinsamen Ge-schäftsbetriebs zu fördern. Bei Aktiengesell-schaften liegt der Fokus dagegen grundsätz-lich auf der Maximierung des Aktienwerts (Shareholder Value), bei einer GmbH geht es meist um eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals.Einfacher Ein- und Ausstieg: Zum Ausstieg eines Genossenschaftsmitglieds genügt ein formloser schriftlicher Antrag sowie die Zu-stimmung durch den Vorstand. Die Einlage wird in der beim Eintritt geleisteten Höhe zu-rückerstattet. Ein durch die Genossenschaft veranlasster Ausschluss von Mitgliedern ist allerdings nur unter eng begrenzten Voraus-setzungen möglich. Rund um die Gründung beraten die Genos-senschaftsverbände zu betriebswirtschaftli-chen und rechtlichen Fragen.Externe Prüfung: Die Jahresabschlüsse je-der Genossenschaft werden mindestens alle zwei Jahre von einem gesetzlichen Prü-fungsverband geprüft.

kulationsobjekt taugt, war auch für Johan-nes Freiherr von Perger, Inhaber von Per-ger Säfte aus Breitbrunn am Ammersee, ein wichtiges Argument dafür, sein Famili-enunternehmen in eine Genossenschaft zu transferieren. Im Herbst 2011 begann von Perger mit den Vorbereitungen für die Gründung. Auf mehreren Informationsver-anstaltungen informierte er Interessierte über das Konzept und die Zukunftspläne der Bio-Kelterei – offenbar äußerst über-zeugend: Bereits zwei Monate vor der Gründungsversammlung war knapp die Hälfte der Anteile à 500 Euro verkauft. Ins-gesamt strebt von Perger einen Erlös von 300 000 Euro an. Das frische Kapital will er zur Tilgung von Bankverbindlichkeiten, aber auch für Investitionen in umwelt-freundliche Produktionsanlagen sowie zur Vergrößerung der Eigenanbauflächen ein-setzen. Dass er dann nicht mehr Herr im einst eigenen Haus ist und das Unterneh-men vielleicht nicht mehr ganz so flexibel führen kann, darüber ist er sich im Klaren: „Wenn’s dumm läuft, kann mich die Haupt-versammlung sogar als Vorstand abwäh-len“, sagt von Perger.

Auch er sieht die Genossenschaft als be-sonders nachhaltige und insolvenzsichere Wirtschaftsform, die mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit bietet, un-abhängig zu bleiben und ihre Interessen zu verwirklichen. Sein Fazit: „Genossenschaf-ten liegen im Trend.“

➜ IHK-ANSPRECHPARTNER Claudia Schlebach, Tel. 089 [email protected]