Betriebsfestigkeitsnachweis nicht katalogisierter ... · Dynamisch belastete Strukturen im...

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Betriebsfestigkeitsnachweis nicht katalogisierter Kerbfälle im Stahlbau mit der Finite Element Methode Dr.-Ing. Wolfgang Schneider FIDES DV-Partner, Mainz SOFiSTiK Seminar 2002 19./20. April 2002 / Nürnberg

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Betriebsfestigkeitsnachweis nicht katalogisierter Kerbfälle im Stahlbau

mit der Finite Element Methode

Dr.-Ing. Wolfgang Schneider

FIDES DV-Partner, Mainz

SOFiSTiK Seminar 2002 19./20. April 2002 / Nürnberg

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Zusammenfassung Dynamisch belastete Strukturen im Stahlhochbau kommen vor allem im Kranbau (DIN 4132, DIN 15018) vor, sowie bei freistehenden Schornsteinen aus Stahl (DIN 4131) und Antennentrag-werken (DIN 4133) durch wirbelerregte Querschwingungen. Daher gibt es für diese typischen Strukturen spezielle Normen zur Festigkeitsberechnung. In diesen Normen wird auf die typischen Konstruktionsdetails der Strukturen eingegangen, um mit vereinfachten Rechenmethoden, wie der Stabtheorie, auch komplexere Anschlüsse und Details berechnen zu können. In diesem Aufsatz werden die Grundlagen des allgemeinen Verfahrens zur Auslegung eines dyna-misch beanspruchten Bauteils beschrieben, welches nicht oder nicht nur über vereinfachte Rechen-methoden wie der Stabtheorie sondern auch mit der Methode der Finiten Elemente berechnet wird. Die dazu notwendigen Festigkeitskenngrößen werden aus den bestehenden Normen entnommen, so dass eine Struktur nach einer Norm und damit mit einem Sicherheitskonzept nachgewiesen werden kann.

Einleitung Im Gegensatz zu Strukturen unter vorwiegend ruhender Belastung muss für dynamisch belastete Bauteile eine Dauerfestigkeitsberechnung erfolgen, da Bauteile unter Wechsellasten in Abhängig-keit vom Spannungsniveau und der Lastspielzahl niedrigere Festigkeiten aufweisen als unter stati-schen Lasten. Dies macht sich bei Überschreiten der Dauerfestigkeit durch das Versagen des Bau-teils nach einer bestimmten Lastspielzahl bemerkbar. Um Konstruktionen dauerfest auszulegen, die sich nicht eindeutig den Konstruktionsdetails der Kranbahnen, Schornsteinen und Antennen zuord-nen lassen, kann eine Spannungsanalyse mit der Finiten Element Methode erfolgen. Dabei werden die Spannungen aus den dynamischen und ständigen Lasten ermittelt. Diese müssen den zulässigen Spannungen der Dauerfestigkeit gegenübergestellt werden. Für die Ermittlung der wirkenden Spannungen in einem Stahltragwerk ist besonders die Methode der Finiten Elemente geeignet. Hierbei wird die echte Geometrie der Konstruktion mit Hilfe der Elemente beliebig genau abgebildet und mit den wirkenden Kraft- und Verschiebungsrandbedin-gungen und der Elastizitätstheorie die Spannungen der Konstruktion ermittelt. Je genauer und feiner die Abbildung der Geometrie erfolgt, um so genauer lässt sich die Verteilung der Spannungen im Tragwerk ermitteln. Bei komplexen Geometrien und Belastungen lässt sich mit den vereinfachten Methoden, wie Stabwerksberechnungen oft gar keine quantitative Aussage über die maximalen Spannungen machen. Für ausgewählte Geometrien lassen sich jedoch Faktoren er-mitteln, die die Erhöhung der Nennspannung aus der Stabtheorie auf die maximalen Spannungen beschreiben. Diese besonderen Geometrien fanden als Kerbfälle Einzug in die oben erwähnten Normen für die Berechnung von schwingbeanspruchten Bauteilen im Stahlbau. Dabei wurden häu-fig vorkommenden Geometrien und Konstruktionsdetails berücksichtigt und katalogisiert. So gibt es für Systeme, wie Antennen, Stahlschornsteine und Kranbahnen Normen, die die dort ty-pischen Konstruktionsdetails durch Kerbfallkataloge berücksichtigen. Für Bauteile, die ebenfalls schwingbeansprucht sind, aber weder Antenne, Stahlschornstein oder Kranbahn sind, muss der In-genieur sich für eine passende Norm entscheiden, um dort ein geeignetes Konstruktionsdetail aus den bestehenden Kerbfallkatalogen aussuchen, was jedoch nicht immer zum Erfolg führt. Ist ein Detail nicht im Kerbfallkatalog enthalten, müssen andere Wege gefunden werden, dies nachzuwei-sen. Da im Allgemeinen innerhalb einer Struktur nicht beliebig die Normen zum Nachweis gewech-selt werden dürfen, sollte eine Norm gewählt werden, die ein breites Spektrum an Konstruktionsde-tails in Form von Kerbfallkatalogen mitbringt, um mit vereinfachten Verfahren einen Großteil der notwendigen Nachweise zu führen und außerdem den Einsatz der Finiten Element Methode für komplexere Konstruktionsdetails ermöglicht.

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Berechnungsmethoden Da dynamisch belastete Bauteile vor allem im Maschinenbau eine Rolle spielen, sind dort die Grundlagen der allgemeinen Berechnungsmethoden gelegt worden. Die Begriffe, die dabei verwen-det werden findet man im Stahlhochbau teilweise unter anderem Namen wieder. Bei der Beschrei-bung der prinzipiellen Vorgehensweise werden die Begriffe aus dem allgemeinen Maschinenbau verwendet. Bei der Anwendung der Normen des Stahlhochbaus werden die equivalenten Begriffe aus den Normen eingeführt.

Begriffe Die bei statischer Belastung wichtigen Festigkeitsarten, wie Bruchfestigkeit und Fließgrenze, sind bei dynamische belasteten Bauteilen nicht mehr maßgebend. Für diese ist die Dauerfestigkeit ent-scheidend, die für die verschiedenen Werkstoffe unter unterschiedlichen Beanspruchungs- und Be-lastungsarten im Dauerschwingversuch an runden polierten Probestäben von 10 mm Durchmesser ermittelt worden ist. Wird ein solcher Probestab einer hohen Wechselbelastung ausgesetzt, so tritt nach einer bestimmten Lastspielzahl N der Dauerbruch ein. Setzt man den Versuch mit weiteren Probestäben gleicher Ab-messung und aus gleichem Material bei kleiner werden Belastungen fort, dann erreicht man bis zum Einsetzen des Bruches eine immer höhere Lastspielzahl. Bei genügend kleiner Belastung tritt schließlich nach Erreichen einer bestimmten Lastspielzahl, der Grenzspielzahl, auch bei weiteren Lastwechseln kein Bruch mehr ein. Die dieser Belastung entsprechende Spannung ist die Dauerfes-tigkeit σD des Werkstoffes. Stellt man die im Versuch festgestellte Spannung in Abhängigkeit der erreichten Lastspielzahl dar, ergibt sich eine Grenzspannungslinie, die auch Wöhlerlinie bezeichnet wird.

Abbildung 1: Wöhlerlinie für Stahl

Die Grenzlastspielzahl liegt für Stahl bei etwa 10 Mio. Die Grenzspannungen vor Erreichen dieser Lastspielzahl werden als Zeitfestigkeit bezeichnet, da sie nur für eine bestimmte Zeit, der Lastspiel-zahl entsprechend, keinen Dauerbruch hervorrufen. Je nach der Belastung, für die diese Dauerfestigkeitswerte ermittelt sind, unterscheidet man die Schwellfestigkeit, Wechselfestigkeit oder allgemein der Dauerfestigkeit. Nach Art der Belastung, wie Zug, Druck und Biegung unterscheidet man noch die Zugschwellfestigkeit, Druckschwellfes-tigkeit, die Biegeschwellfestigkeit, die Zugdruckwechselfestigkeit und die Biegewechselfestigkeit. Im Bereich der Schubspannungen gibt es ebenfalls Schwell- und Wechselfestigkeiten.

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Abbildung 2: Entstehung eines Dauerfestigkeitsschaubildes

Ein letzter wichtiger Begriff ist die Ausschlagsspannung σA . Sie ist die höchste Spannung, die ein glatter polierter Probestab von 10 mm Durchmesser bei dynamischer Belastung um eine ruhende Mittelspannung σm nach beiden Seiten gerade noch beliebig lange ohne Bruch oder schädigende Verformung ertragen kann. Stellt man diese Ausschlagsspannung in Abhängigkeit der Mittelspan-nung in einem Diagramm für die verschiedene Beanspruchungsarten dar, so erhält man ein Dauer-festigkeitsschaubild nach Smith, wie sie den spezifischen Normen der Werkstoffe, z.B. DIN 17100 für Stahl, zu entnehmen sind:

Abbildung 3: Smith-Diagramm für Baustahl nach DIN 17100 für Zug/Druck und Biegung

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Beeinflussung der Dauerfestigkeit Die Dauerfestigkeitsschaubilder gelten nur für die idealen Voraussetzungen des glatten polierten Stabes mit 10 mm Durchmesser. Anhand dieser Definition lassen sich schon die Größen erkennen, die einen Einfluss auf die Dauerfestigkeit haben: glatt, poliert und Durchmesser sind ein Synonym für Kerbwirkung, Rauhigkeit und Größe des real zu untersuchenden Bauteils.

Kerbwirkung Unter Kerbwirkung versteht man die festigkeitsmindernde Wirkung insbesondere durch äußere Querschnittsveränderungen am Bauteil zum Beispiel durch Nuten, Steifen, Wellenabsätze, Bohrun-gen und der gleichen. Außer diesen konstruktiven Kerben können auch innere Kerben durch Mate-rialeinschlüsse oder Schweißnähte die Festigkeit des Bauteils abmindern, was sich zum Beispiel durch Terrassenbrüche bemerkbar macht (vgl. [5]).

Nennspannung Unter Nennspannung σn versteht man die über die Querschnittfläche gleichmäßig bzw. linear ver-teilte Spannung, die sich aus den Formeln der elementaren Festigkeitslehre ergeben:

AF

z =σ ;b

bb W

M=σ

Diese Spannungsverteilung ergibt sich in praktisch kerbfreien Bauteilen. Denkt man sich nun bei gekerbten Bauteilen die Spannung gleichmäßig über den Querschnitt verteilt, so erhält man die Nennspannung σn.

Abbildung 4: Entstehung der max. Spannungen durch die Kerbwirkung

Bei einer Kerbe werden die Kraftlinien gewissermaßen um diese herumgelenkt. Damit entfallen auf einen Anteil der Querschnittsfläche an den Kerbstellen mehr Kraftlinien als auf die übrigen Flä-chenanteile, was einer Spannungserhöhung an diesen Stellen entspricht. Je schärfer die Kerbe desto höher die dadurch hervorgerufene Spannungsspitze σmax . Die Höhe der Spannungsspitze gegenüber der Nennspannung kann durch eine Formziffer αk erfasst werden:

nkσασ =max Die Formziffer ist nicht nur von der Form der Kerbe sondern auch von der Beanspruchungsart ab-hängig. Außerdem sind verschiedene Werkstoffe unterschiedlich empfindlich für Kerben. Gleichar-tige Kerben wirken sich in Bauteilen aus spröden Werkstoffen, wie Guss, Glas oder Federstahl we-sentlich ungünstiger aus als bei solchen aus elastischen Werkstoffen wie Gummi, oder weichem Stahl. Die Empfindlichkeit wird durch eine Kerbempfindlichkeitsziffer ηk berücksichtigt.

σmax σn

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Kerbwirkungszahl Die festigkeitsmindernde Gesamtwirkung einer Kerbe wird also durch deren Formziffer und die Art des Werkstoffes bestimmt. Aus diesen ergibt sich die Kerbwirkungszahl βk:

)1(1 −⋅+= kkk αηβ Da zum Teil die Formziffer und die Kerbempfindlichkeit von einander abhängen ist im Zweifelsfall die Kerbwirkungszahl mit Versuchen zu bestimmen. Dabei ergibt das Verhältnis aus Nenndauerfes-tigkeit σnD und tatsächlicher Dauerfestigkeit σD die Kerbwirkungszahl:

1>=nD

Dk σ

σβ

Oberfläche und Größe des Bauteils Damit die Kerbwirkungszahl nur die festigkeitsmindernde Wirkung der Kerbe beschreibt, muss die Oberfläche und Größe des Bauteils der des Probestabes von 10 mm Durchmesser entsprechen. Die Oberflächenrauhigkeit kann durch einen Oberflächenbeiwert CO berücksichtigt werden, der bei 1,0 für polierte Oberflächen liegt und bei rauen Oberflächen mit Walz- oder Gusshaut bis auf 0,5 ab-fällt. Die Abminderung der Dauerfestigkeit durch die Größe des Bauteils wird durch einen weiteren Bei-wert CD berücksichtigt. Dabei führt die Biegebeanspruchung bei dickeren Bauteilen zu stärkeren Abminderungen als die reine Zugbeanspruchung.

Weitere Einflussgrößen Außer den bisher dargestellten Einflüssen haben die Korrosion und die Temperatur ebenfalls einen Einfluss auf die Dauerfestigkeit. Die Temperatur lässt sich durch temperaturabhängige Dauerfestig-keitsschaubilder berücksichtigen. Die Korrosion ist rechnerisch praktisch nicht erfassbar, könnte jedoch als eine Form der Oberflächenrauhigkeit im Oberflächenfaktor CO berücksichtigt werden.

Gestaltfestigkeit Die verschiedenen Einflüsse auf die Dauerfestigkeit eines realen Bauteils lassen sich also allgemein über Einflussfaktoren und die Kerbwirkungszahl formulieren. Die dadurch entstehende Gestaltfes-tigkeit entspricht der Dauerfestigkeit eines beliebig gestalteten Bauteils unter Nennspannungen.

k

ODDG

CCβ

σσ =

mit σG Gestaltfestigkeit des Bauteils σD Dauerfestigkeit des Materials (σW nach DIN 17100) CD Größeneinflussfaktor CO Oberflächeneinflussfaktor βk Kerbwirkungszahl Die Dauerfestigkeit σD ist charakteristisch für den Werkstoff und wird in der DIN 17100 als Schwingfestigkeit σW bezeichnet.

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Bemessung nach dem Nennspannungskonzept In den Normen DIN 4131, DIN 4132 und DIN 4133 werden die Bauteile nach dem Nennspan-nungskonzept bemessen, dass heißt, die Bauteilspannungen werden für kerbfreie glatte Oberflächen ermittelt. Diese Nennspannungen werden mit reduzierten zulässigen Betriebsfestigkeiten vergli-chen. Über Kerbfallkataloge wird ein Kerbfall ermittelt, der den Einfluss der Kerbform, Ausführung der Schweißnaht, Oberflächenrauhigkeit, Beanspruchungsart und Bauteildicke berücksichtigt. Mit diesen Kerbfällen wird je nach Beanspruchungsgruppe (Lastspielzahl), Werkstoff und Mittel- bzw. Ausschlagsspannung eine Betriebsfestigkeit ermittelt. Diese Dauerfestigkeit, Betriebsfestigkeit, Schwingfestigkeit oder Gestaltfestigkeit des Bauteils muss an der nachzuweisenden Stelle größer sein als die Nennspannung im Bauteil.

Anwendung des Nennspannungskonzeptes mit AQB Will man mit Hilfe einer Stabwerksberechnung nach dem Nennspannungskonzept einen Betriebs-festigkeitsnachweis durchführen, sind die Hauptlasten mit ihrem ständigen Anteil und dem dynami-schen Anteil zu untersuchen. Dazu definiert man bei der Querschnittseingabe mit AQUA Span-nungspunkte, die für eine Betriebsfestigkeitsuntersuchung des Querschnitts maßgebend sind. Die Spannungspunkte werden mit dem Kennwort QSP definiert und können eine Ziffer oder Zeichen als Bezeichnung erhalten. Im Folgenden ist ein Ausschnitt aus einer AQUA-Eingabe dargestellt, der den Spannungspunkt mit der Bezeichnung „Naht“ im aktuellen Querschnitt definiert. Die Auswer-tung der Betriebsfestigkeit soll für Beanspruchungsgruppe B2 und Kerbfall K4 erfolgen: +PROG AQUA . . . $ --- Spannungspunkt für den Betriebsfestigkeitsnachweis $ Ort : Obere Schweißnaht Steg/Flansch $ Beanspruchungsgruppe : B2 $ Kerbfall nach DIN 4132 : K4 qsp NAHT 0.000 -0.515 SIGC B2K4 ENDE

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Im Statikprogramm (ASE oder STAR) werden dann die Schnittgrößen aus den Hauptlasten ermit-telt. Mit dem Querschnittsbemessungsprogramm AQB wird der allgemeine Spannungsnachweis, sowie der Betriebsfestigkeitsnachweis angefordert. Dabei kann man die Namen der Spannungs-punkte zur Auswahl vorgeben. Im folgenden Beispiel wurde der Spannungspunkt „NAHT“ explizit ausgewählt: +PROG AQB kopf Betriebsfestigkeitsnachweis in den Spannungspunkten ECHO VOLL NEIN echo span 9 NAHT steu achs 2 steu ausn stab 1 20 1 lf 1,2,10 SPAN E FF37 ende Als Resultat erhält man eine Liste der Spannungsergebnisse mit Ausnutzungsgraden. Die wichtigs-ten Ergebnisse für den Spannungspunkt mit dem Namen „NAHT“ sind unterstrichen: ... Spannungen [MPa = MN/m2 = N/mm2] Stab x[m] NQ LF M A sig- sig+ tau sig-I sig-II sig-v 12 0.40000 1 MIN 1 -213.8 49.3 1.3 49.3 -213.8 49.3 MAX 1 -48.8 240.5* 3.8 240.5 -48.9 240.5* MIN Pkt NAHT -84.6 0.3 0.0 -84.7 1.5 MAX Pkt NAHT -1.4 1.7 0.1 -1.5 84.7 DIF Pkt NAHT 83.2 1.4 0.0 83.2 83.2 FAK Pkt NAHT 0.02 0.17 0.36 0.02 0.02 DIN 4132/15018: zul sig-(fak) = 217.3 Ausnutzungsgrad 0.39 zul sig+(fak) = 181.1 Ausnutzungsgrad 0.00 zul tau (fak) = 177.2 Ausnutzungsgrad 0.01 / 0.35*1.1 . . . Spannungen [MPa = MN/m2 = N/mm2] Stab x[m] NQ LF M A sig- sig+ tau sig-I sig-II sig-v Gesamttragwerk MIN 1 -213.8 0.0 1.3 23.1 -213.8 40.9 Gesamttragwerk MAX 1 0.0 240.5* 116.9 240.5 -28.1 240.5* Überprüfte Grenzwerte Material 1 Druck zentrisch 240.00 MPa Zug zentrisch 240.00 MPa Biegedruck einachsig 240.00 MPa Ausnutzungsgrad 0.510 Biegezug einachsig 240.00 MPa Ausnutzungsgrad 0.510 Biegedruck zweiachsig 240.00 MPa Ausnutzungsgrad 0.891 Biegezug zweiachsig 240.00 MPa Ausnutzungsgrad 1.002 !*! Schubspannung 138.56 MPa Ausnutzungsgrad 0.843 Vergleichsspannung 240.00 MPa Ausnutzungsgrad 1.002 !*! Schub Längsnähte 228.00 MPa Druck in Druckzone zentrisch 240.00 MPa Betriebsfestigkeitsspannung Ausnutzungsgrad 0.390 Betriebsfestigkeit Schub Ausnutzungsgrad 0.237

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Nachweis der Betriebsfestigkeit nach DIN 4133 Ein Nachweis der Betriebsfestigkeit nach DIN 4133 Anhang B kann dann geführt werden, wenn alle Konstruktionsdetails im Kerbfallkatalog der DIN 4133 vorgesehen sind. Dabei ist in der maß-gebenden Faser senkrecht zur dargestellten Risslinie nach Bild B.2 und Tabelle B.1 die Spannungs-schwingbreite ∆σ (Nennspannung) nach der Elastizitätstheorie zu ermitteln.

Abbildung 5: Kerbfall 17 aus DIN 4133 Tabelle B.1

Der spannungserhöhende Einfluss der lokalen Formgestaltung und des Schweißdetails braucht nicht berücksichtigt werden, wenn diese im Kerbfallkatalog angegeben sind. Die Finite Element Berechnung eines solchen Konstruktionsdetails berücksichtigt die lokalen Ein-flüsse der Formgestaltung und führt so zu erhöhten Spannungsschwingbreiten. Wenn diese nun noch zusätzlich mit den reduzierten Betriebsfestigkeiten einer der Kerbfallklassen verglichen wer-den, ist die Kerbwirkung doppelt berücksichtigt und somit deutlich überschätzt. Leider gibt die Norm keine Betriebsfestigkeiten für ungekerbte Bereiche vor, so dass ein Nachweis mit der Finiten Element Methode nur bedingt sinnvoll ist. In diesem Fall müssen die Dauerfestigkeitsschaubilder der verwendeten Werkstoffe direkt zu Rate gezogen und die festigkeitsmindernden Einflüsse, wie oben beschrieben, ermittelt werden. Die Formziffer αk wird dabei mit 1 angesetzt, da die Span-nungserhöhung aus der Kerbform durch geeignete Elementierung bei der Spannungsermittlung mit der Finiten Element Methode bereits berücksichtigt wird:

1ODD

GCCσσ =

Nachweis der Betriebsfestigkeit nach DIN 4131 oder DIN 4132 In der DIN 4131 wird für den Betriebsfestigkeitsnachweis auf DIN 4132 verwiesen. Der Nachweis der Betriebsfestigkeit nach der DIN 4132 erlaubt ebenfalls eine Berücksichtigung von Konstrukti-onsdetails über einen Kerbfallkatalog. Für Details, die nicht im Kerbfallkatalog vorgesehen sind, kann die Kerbspannungsberechnung mit der Finiten Element Methode unter Berücksichtigung der Kerbwirkung erfolgen. Da hiermit die spannungserhöhende Wirkung aus der Formgestaltung be-reits in den Spannungsergebnissen enthalten ist, können diese mit der Dauerfestigkeit des Materials für den Kerbfall W0 erfolgen. Dieser Kerbfall gilt für normale Oberflächenbeschaffenheit, wenn geometrische Kerbspannungen bei der Spannungsermittlung bereits berücksichtigt sind. So ist hier eine Finite Element Berechnung geeignet, den Betriebsfestigkeitsnachweis auch für Konstruktions-details, die nicht im Kerbfallkatalog vorgesehen sind, direkt nach der DIN 4132 zu führen.

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Nachweis mit der Finiten Element Methode Für den Nachweis mit der Finiten Element Methode wird die DIN 4132 bevorzugt. Um die span-nungserhöhende Wirkung der Formgestaltung zu berücksichtigen, werden die geometrischen Ker-ben mit den Finiten Elementen modelliert. Die Betriebsfestigkeit ist nun noch abhängig vom Mate-rial, dem Spannungsverhältnis κ aus Ober- und Unterspannung sowie der Beanspruchungsgruppe, die die Zahl der Spannungswechsel wiederspiegelt. Für die Materialien ST 37 und ST 52 ist nun für jede Beanspruchungsgruppe eine Tabelle vorhanden, in der man in Abhängigkeit von κ und dem Kerbfall eine zulässige Betriebsfestigkeit zul. σBe ablesen kann. Ist in der nachzuweisenden Span-nung aber schon die Kerbwirkung enthalten, kann man die Tabellen ebenfalls nutzen, indem man als Kerbfall W0 wählt, was einem praktisch kerbfreien Zustand entspricht. In der folgenden Aufzählung sind die einzelnen Schritte des Nachweises zusammengefasst:

1. Abbildung des Systems unter Modellierung der geometrischen Kerben 2. Berechnung der Hauptlastfälle 3. Bestimmung der Oberspannung σo und Unterspannung σu 4. Bestimmung des Spannungsverhältnisses κ 5. Bestimmung der Beanspruchungsgruppe B1 bis B6 6. Ermittlung der maximalen Betriebsfestigkeit des ungekerbten Bauteils für das verwendete

Material (ST 37 oder ST 52) mit dem Spannungsverhältnis, der Beanspruchungsgruppe und des Kerbfalls W0

7. Vergleich der max. Spannung mit der Betriebsfestigkeit aus 6. Der Nachweis ist erfüllt, wenn σmax < zul. σBe gilt.

Beispiel Als Beispiel wird hier ein Rohrstoß untersucht werden, wie er bei einer Antennenanlage zur Aus-führung kam. Da es sich nicht um einen Standardanschluss handelt, der sich auch nicht in allen De-tails mit dem Kerbfallkatalog der DIN 4132 mit dem Nennspannungskonzept nachweisen lässt, wird der Stoss mit je einem Stück des anschließenden Rohres und allen geometrischen Kerben ge-ometrisch genau mit Finiten Elementen abgebildet.

Aus der Handrechnung werden die Vertikalkraft und das Moment am Stoss ermittelt. Die Zahl der Lastspiele N ergibt sich aus der Berech-nung der wirbelerregten Querschwingungen. Material: ST 37 alle Schweißnähte, Bleche ST 52 Rohr-Hohlprofile

kNmM 07,1754,661,2 =⋅=

kNV 06,2750,160,40

==

Zahl der Spannungswechsel : 610614 ⋅=N ⇒ Beanspruchunggruppe B6

Rohrstoß

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Finite Elemente Diskretisierung Das System wird mit Hilfe von räumli-chen Schalenelementen geometrisch ge-nau abgebildet. Die Schrauben werden mit Hilfe von kinematischen Kopplungen abgebildet. Die Flanschringe werden mit Federn verbunden, die nur Druck über-tragen können um den Kontakt zu simulieren. Die Randbedingungen und Lasten ent-sprechen der Handrechnung. Da die Ver-teilung der Stege auf den Flanschringen nicht doppelt symmetrisch ist, werden die Horizontallasten aus Wind auch in um-gekehrter Richtung angenommen. Zur Bemessung kommen die Lastfälle der ständigen Lasten und verschiedene Windrichtungen in Betracht.

Lastfälle Lastfall 1: Biegung Die Horizontallasten aus Wind werden als Moment über Knoteneinzelkräfte am oberen Knotenrand des Systems eingelei-tet. Das Moment wird so vorgegeben, dass auf der Zugseite mittig ein Steg liegt.

Lastfall 2: Normalkraft Die Vertikallasten aus Eigengewicht in positiver Z-Richtung werden als konstan-te Linienlast über Knoteneinzelkräfte am oberen Knotenrand des Systems eingelei-tet.

Lastfall 3: Wind I + G In diesem Lastfall wird Lastfall 1 mit Lastfall 2 kombiniert. Diese Kombination führt zu maximalen Spannungen auf der Druckseite im Flansch und Rohr sowie den Schweißnähten Rohr/Flansch.

Lastfall 4: Wind II + G In diesem Lastfall wird Lastfall 1 negativ angenommen und mit Lastfall 2 kombiniert, so dass das Moment auf der Seite mit zwei Stegen Zug erzeugt. Diese Kombination der Lastfälle -1 und 2 führt zu maximalen Spannungen auf der Druckseite in dem einzelnen Steg und den Schweißnähten Rohr/Steg bzw. Steg/Flansch.

Finite Element System

X

Y

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Nachweise Rohr (457,0 x 16,0 mm) Aus dem Lastfall 3: „Wind I + G“ ergibt sich mit der Finite Element Berechnung in den Schalen-elementen des Rohres eine maximale Hauptnormalspannung von σHN = -37,0 N/mm² und eine ma-ximale Vergleichsspannung von σVgl = 33,4 N/mm². Diese Stelle liegt auf der Druckseite bereits am Anschluß zum Flansch und ist daher im Bereich der Kerbwirkung.

Material: ST 52 Spannungsverhältnis:κ = -1 Kerbfall: W0 zul. Normalspannung: σBe = 132 N/mm² Nachweis: σHN = -37,0 N/mm² < 132 N/mm² σVgl = 33,4 N/mm² < 132 N/mm² ⇒ Nachweis erfüllt Schweißnaht Rohr / Steg Aus dem Lastfall 4: „Wind II + G“ ergibt sich mit der Finite Element Berechnung in den Knoten der Schweißnähte zwischen Rohr und Steg auf der Druckseite eine maximale Hauptnormalspan-nung von σHN = -59,9 N/mm², eine maximale Vergleichsspannung nach von Mises von σVgl = 62,3 N/mm² und eine maximale Schubspannung von τmax = 18,5 N/mm². Material: ST 37 Spannungsverhältnis: κ = -1 Kerbfall: W0 zul. Normalspannung: σBe = 120 N/mm² zul. Schubspannung: τBe = 59,4 N/mm² Nachweis: σHN= -59,9 N/mm² < 120 N/mm² σVgl= 62,3 N/mm² < 120 N/mm² τmax= 18,5 N/mm² < 59,4 N/mm² ⇒ Nachweis erfüllt

σHN = -37,0 N/mm² σVgl = 33,4 N/mm²

X

Y

σHN = -59,9 N/mm² σVgl = 62,3 N/mm² τmax = 18,5 N/mm²

Y

X

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Ergebnis Die Nachweise in Bauteilen werden mit maximalen Hauptnormalspannungen und Vergleichsspan-nungen nach von Mises geführt. Nachweise in Schweißnähten mit den maximalen Normalspannun-gen senkrecht zur Naht und maximalen Schubspannungen in der Naht. Es wurden natürlich noch weitere Stellen nachgewiesen, hier aber nur exemplarisch der Nachweis einer Kerbstelle und einer Schweißnaht herausgegriffen. Betrachtet man den Nachweis des Rohres am Anschluss zum Flansch, so wird dort eine maximale Normalspannung von 37,0 N/mm² abgele-sen. Eine Berechnung der Nennspannungen nach einfacher Elastizitätstheorie ergibt 7,23 N/mm². Daraus lässt sich direkt die Kerbwirkung von 37,00/7,23 = 5,12 ermitteln. Setzt man die Betriebs-festigkeit für den Kerbfall K4 und W0 ins Verhältnis, erhält man bei ST 52 für ein κ=-1 und der Beanspruchungsgruppe B6 einen Wert von 132,0/27,0=4,88. Die hier betrachtete Stelle entspricht also etwa einem Kerbfall K4. Ob man die Nennspannung von 7,23 N/mm² mit der Betriebsfestig-keit für den Kerbfall K4 vergleicht, oder die Kerbspannung von 37,0 N/mm² mit der Betriebsfestig-keit für den Kerbfall W0, führt zu sehr ähnlichen Ergebnissen.

Literatur [1] DIN 4131, Antennentragwerke aus Stahl Ausgabe November 1991 [2] DIN 4132, Kranbahnen, Stahltragwerke Ausgabe Februar 1981 [3] DIN 4133, Schornsteine aus Stahl Ausgabe November 1991 [4] DIN 15018, Krane Ausgabe April 1974 [5] DASt Richtlinie 014, Empfehlungen zum Vermeiden von Terrassenbrüchen in

geschweißten Konstruktionen aus Baustahl Ausgabe Januar 1981 [6] Maschinenelemente Hermann Roloff, Wilhelm Matek, Vieweg Verlag, 1976