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12 Dass die Stadt Schwerte einstmals zu den 5 Hauptstädten der Grafschaft Mark gehörte, dürfte allgemein bekannt sein. Auch über das ehemals regierende Gra- fenhaus sind die meisten Leser unterrich- tet; und Namen wie die der Grafen Adolf, Engelbert und nicht zuletzt der des Gra- fen Dietrich von Kleve-Mark, müssten al- len Schwertern keine Unbekannten mehr sein. Bevor die Märker kamen Aus der Vorgeschichte der Grafen von Altena-Mark und Isenberg und der Entstehung der Grafschaften Mark und Limburg Teil I: Die Ezzonen kommen Doch woher stammen die Grafen von Altena, die sich „um 1180“ in die Linien Mark und Isenberg teilten, und wie sind deren Grafschaften Mark und Limburg überhaupt entstanden? Um diese Fragen zu beantworten müs- sen wir tief in die Geschichte eintauchen und die Uhr um über ein Jahrtausend zurück drehen, genauer gesagt um etwa 1150 Jahre! Auch räumlich müssen wir uns weit entfernen, denn unsere Ge- schichte nimmt ihren Anfang im Herzog- tum Lothringen, dem Land von Schelde, Maas, Rhein und Mosel. Unsere Geschichte beginnt mit einem gewissen Erenfrid I. (866 - 904 urk.), Graf im Bliesgau und Graf von Charmois. Dessen Gattin Gundila/Adelgunde von Burgund (+nach 902), die Tochter von Konrad II., dem Markgrafen von Burgund und der Markgrafentochter Judith von Friaul, war zugleich die Ururenkelin von Karl dem Großen. So gelangte das be- deutsame karolingische Blut in die Nach- kommen Erenfrids und Adelgundes, die Stammeltern des Geschlechtes der „Erenfride“. Die Herkunft des Namens „Irmen-, Er- men- oder Erenfrid“ wird von verschie- denen namhaften Genealogen auf das Geschlecht des Thüringerkönigs „Her- minafrid“ zurückgeführt, der 534 zu Zül- pich von dem Merowingerkönig Theu- derich I. ermordet wurde. Doch bewegen wir uns hier noch auf dünnem Eis, daher lassen wir unsere Geschichte mit Eren- frid I. und der Adelgunde beginnen. Deren Söhne waren Erenfrid, Hofkaplan und Kanzler Kaiser Berengars I. in Italien (903 - 907), Hermann I. Erzbischof von Köln (889 - 924) und Everhard I. (904 - 939 urk.). Everhard I. ist greifbar als Graf im Keldachgau, dem Land an Wupper und Dhünn, dem Herzstück der späteren Grafschaft Berg, das fortan im Besitz der Erenfride verblieb. Erbe Everhards I. wurde sein Sohn Eren- frid II., Graf im Keldachgau (942 - 972 urk.). Daneben finden wir ihn aber auch im Gebiet zwischen Maas und Rhein, als Graf im Zülpich-, Bonn-, Tubal- und Mühlgau. Zugleich war er auch der Vogt der bedeutenden Reichsabtei Stablo in den Ardennen. Seine Gattin Richwara dürfte m.E. aufgrund ihres Rich=Regin- Namens dem Geschlecht der „Regina- re“ zuzuordnen sein, den mächtigen Grafen im Hennegau in Niederlothrin- gen und zeitweiligen Herzögen von ganz Lothringen (905 - 911 u. 925 - 939). Von 911 - 925 gehörte Niederlothringen zu Frankreich. Nach der Wiedervereinigung wurde es 959 in die beiden Herzogtümer Ober- und Niederlothringen geteilt. Graf Erenfrid II. finden wir 947 auf dem Reichstag zu Frankfurt als Zeuge in ei- ner Urkunde für das Stift Essen. Auf dem Reichstag zu Nijmwegen, 949, interve- nierte er zu Gunsten der Abtei Prüm in der Eifel. In der betreffenden Urkunde wird er „Hezzo“ genannt; ein Kurzname, wie ihn auch sein Enkel Erenfrid III., genannt „Ezzo“, führte. Nach ihm wird das Grafenhaus der Erenfride als das „Ezzonengeschlecht“ bezeichnet. Nun sind die Kurz- oder Necknamen „Hezzo, Ezzo, Hezilo oder Ezzelin“ nicht von einem „Irmen-, Ermen- oder Eren- frid“ herzuleiten; vielmehr gehen sie auf einen „Atta-Namen“ zurück, der z.B. At- tano, Attalo, Attala, Attalus oder Attila (=Etzel) gelautet haben könnte; die Ver- kleinerungsformen vom gotischen Atta/ Vater = „Väterchen“. Der Kurzname für Irmen-, Ermen-Erenfrid müsste „Immo“ oder „Emmo“ lauten, wie eine Urkunde von 743 belegt. Darin heißt es: „Immo sive (oder, anders gesagt) Irmenfridus“. Wollen wir im luftleeren Raum spekulie- ren, so können wir „Ezzo/Attalo“ etc. durchaus mit dem sagenhaften Attala von Susat/Soest, dem König des „Hunenlandes=Westfalen“ in Verbin- dung bringen, über den uns die Thidrek- saga berichtet, die Saga von Dietrich von Bern. Dieser „Hunenkönig Attala“, an dessen Hof zu Susat die „Niflungen“ ihr Ende fanden, ist freilich eine Hybrid- gestalt und in der Saga mit dem „Hun- nenkönig Attila“ zu einer Person ver- schmolzen; genauso wie der fränkische „Diedrich von Bern/Verona = Bonn, mit dem ostgotischen Theoderich dem Gro- ßen, der im italienischen Verona = Bern Ober- u. Niederlothringen, nach 1059 Die Scheibenfibel von Soest. M. 1:1 Das Königsmonogramm der Fibel

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Dass die Stadt Schwerte einstmals zuden 5 Hauptstädten der Grafschaft Markgehörte, dürfte allgemein bekannt sein.Auch über das ehemals regierende Gra-fenhaus sind die meisten Leser unterrich-tet; und Namen wie die der Grafen Adolf,Engelbert und nicht zuletzt der des Gra-fen Dietrich von Kleve-Mark, müssten al-len Schwertern keine Unbekannten mehrsein.

Bevor die Märker kamenAus der Vorgeschichte der Grafen von Altena-Mark und Isenberg

und der Entstehung der Grafschaften Mark und LimburgTeil I: Die Ezzonen kommen

Doch woher stammen die Grafen vonAltena, die sich „um 1180“ in die LinienMark und Isenberg teilten, und wie sindderen Grafschaften Mark und Limburgüberhaupt entstanden?

Um diese Fragen zu beantworten müs-sen wir tief in die Geschichte eintauchenund die Uhr um über ein Jahrtausendzurück drehen, genauer gesagt um etwa1150 Jahre! Auch räumlich müssen wiruns weit entfernen, denn unsere Ge-schichte nimmt ihren Anfang im Herzog-tum Lothringen, dem Land von Schelde,Maas, Rhein und Mosel.

Unsere Geschichte beginnt mit einemgewissen Erenfrid I. (866 - 904 urk.), Grafim Bliesgau und Graf von Charmois.Dessen Gattin Gundila/Adelgunde vonBurgund (+nach 902), die Tochter vonKonrad II., dem Markgrafen von Burgundund der Markgrafentochter Judith vonFriaul, war zugleich die Ururenkelin vonKarl dem Großen. So gelangte das be-

deutsame karolingische Blut in die Nach-kommen Erenfrids und Adelgundes, dieStammeltern des Geschlechtes der„Erenfride“.

Die Herkunft des Namens „Irmen-, Er-men- oder Erenfrid“ wird von verschie-denen namhaften Genealogen auf dasGeschlecht des Thüringerkönigs „Her-minafrid“ zurückgeführt, der 534 zu Zül-pich von dem Merowingerkönig Theu-derich I. ermordet wurde. Doch bewegenwir uns hier noch auf dünnem Eis, daherlassen wir unsere Geschichte mit Eren-frid I. und der Adelgunde beginnen.

Deren Söhne waren Erenfrid, Hofkaplanund Kanzler Kaiser Berengars I. in Italien(903 - 907), Hermann I. Erzbischof vonKöln (889 - 924) und Everhard I. (904 -939 urk.). Everhard I. ist greifbar als Grafim Keldachgau, dem Land an Wupperund Dhünn, dem Herzstück der späterenGrafschaft Berg, das fortan im Besitz derErenfride verblieb.

Erbe Everhards I. wurde sein Sohn Eren-frid II., Graf im Keldachgau (942 - 972urk.). Daneben finden wir ihn aber auchim Gebiet zwischen Maas und Rhein, alsGraf im Zülpich-, Bonn-, Tubal- undMühlgau. Zugleich war er auch der Vogtder bedeutenden Reichsabtei Stablo inden Ardennen. Seine Gattin Richwaradürfte m.E. aufgrund ihres Rich=Regin-Namens dem Geschlecht der „Regina-re“ zuzuordnen sein, den mächtigenGrafen im Hennegau in Niederlothrin-gen und zeitweiligen Herzögen von ganzLothringen (905 - 911 u. 925 - 939). Von911 - 925 gehörte Niederlothringen zuFrankreich. Nach der Wiedervereinigungwurde es 959 in die beiden HerzogtümerOber- und Niederlothringen geteilt.

Graf Erenfrid II. finden wir 947 auf demReichstag zu Frankfurt als Zeuge in ei-ner Urkunde für das Stift Essen. Auf demReichstag zu Nijmwegen, 949, interve-nierte er zu Gunsten der Abtei Prüm inder Eifel. In der betreffenden Urkundewird er „Hezzo“ genannt; ein Kurzname,wie ihn auch sein Enkel Erenfrid III.,genannt „Ezzo“, führte. Nach ihm wirddas Grafenhaus der Erenfride als das„Ezzonengeschlecht“ bezeichnet.

Nun sind die Kurz- oder Necknamen„Hezzo, Ezzo, Hezilo oder Ezzelin“ nichtvon einem „Irmen-, Ermen- oder Eren-

frid“ herzuleiten; vielmehr gehen sie aufeinen „Atta-Namen“ zurück, der z.B. At-tano, Attalo, Attala, Attalus oder Attila(=Etzel) gelautet haben könnte; die Ver-kleinerungsformen vom gotischen Atta/Vater = „Väterchen“. Der Kurzname fürIrmen-, Ermen-Erenfrid müsste „Immo“oder „Emmo“ lauten, wie eine Urkundevon 743 belegt. Darin heißt es: „Immosive (oder, anders gesagt) Irmenfridus“.

Wollen wir im luftleeren Raum spekulie-ren, so können wir „Ezzo/Attalo“ etc.durchaus mit dem sagenhaften Attalavon Susat/Soest, dem König des„Hunenlandes=Westfalen“ in Verbin-dung bringen, über den uns die Thidrek-saga berichtet, die Saga von Dietrichvon Bern. Dieser „Hunenkönig Attala“,an dessen Hof zu Susat die „Niflungen“ihr Ende fanden, ist freilich eine Hybrid-gestalt und in der Saga mit dem „Hun-nenkönig Attila“ zu einer Person ver-schmolzen; genauso wie der fränkische„Diedrich von Bern/Verona = Bonn, mitdem ostgotischen Theoderich dem Gro-ßen, der im italienischen Verona = Bern

Ober- u. Niederlothringen, nach 1059

Die Scheibenfibel von Soest. M. 1:1

Das Königsmonogramm der Fibel

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seine erste Residenz auf italienischemBoden hatte (489 - 493). Allerdings darfnicht unerwähnt bleiben, dass man 1929in Soest auf ein reich ausgestattetes Frau-engrab stieß, aus dem man neben ande-ren Kostbarkeiten auch eine goldene, mitAlmadinen verzierte Scheibenfibel barg,die auf etwa 600 n.Chr. datiert wird. Aufder Rückseite trägt die Fibel u.a. ein inRunenschrift eingeritztes „Königsmono-gramm“, dass als „ATANO“ zu lesen ist.

Und noch eine Merkwürdigkeit ist zu be-richten. Nach der Thidreksaga war KönigAttalas Jagdrevier der große „Lürwald“,also das nordsauerländische Bergland,südlich von Ruhr und Möhne, gelegen imdamaligen Attuarier- oder Hatterungau.Und eben diesen Lürwald besaßen im10. und 11. Jhdt. die Ezzonen als Allod,als freies Eigentum. Zufall, oder warendie Ezzonen vielleicht Nachkommen Ata-nos - und somit seine Erben?

Doch verlassen wir die „sagenhaftenZeiten“ und wenden uns wieder derGeschichte zu.

Von den drei bekannten Kindern desErenfrid II. genannt Hezzo und der Rich-wara, heiratete die Tochter Richwara II.Leopold I., den Markgrafen der Ostmark(+ 984). Ihr Bruder Erenfrid war 984 Abtvon Gorze und 994 - 999 Abt von St.Truiden. Erbe des Vaters wurde der älte-ste Sohn Hermann II. genannt Pusillus -der Kleine (970 - 999 urk.). Er war Graf imKeldach-, Bonn-, Zülpich-, Eifel- und demAuelgau, mit seiner Hauptfeste, der Sieg-burg. Etwa 995 wurde Hermann Pusillusvon Theophanou (+ 991), der WitweKaiser Ottos II. (+ 983) und ihrer Schwie-germutter Adelheid (+ 999), der WitweOttos I., genannt der Große, an Stelle deserst dreijährigen Königs Otto III. zumPfalzgrafen von Aachen und Lothringenernannt. Das seit Otto I. erblich geworde-ne Pfalzgrafenamt beinhaltete die Ver-waltung aller Königsgüter innerhalb derbeiden Herzogtümer Ober- und Nieder-lothringen und den Vorsitz im Königsge-richt. Außerdem bedeutete es für dieEzzonen den Aufstieg in den erblichen,weltlichen Reichsfürstenstand.

Die von Otto I. eingesetzten und gefür-steten Pfalzgrafen sollten letztlich dieMacht der Herzöge in ihren Herzogtü-mern schwächen. Doch unter Ottos Nach-folgern hat keiner der Pfalzgrafen, außerden Ezzonen, je diese Machtpositionbesessen.

In seinen Händen vereinigte HermannPusillus nun eine ungeheure Fülle vonköniglichen Gütern und Rechten, die erfür den kindlichen König treuhänderischzu verwalten und zu schützen hatte. Aberselbstverständlich wusste er die Güterauch zu seinem eigenen Vorteil zu nut-

zen. So schuf Hermann Pusillus diemateriellen Grundlagen für die unge-heure Machtstellung seines Geschlech-tes unter seinem Sohn und NachfolgerErenfrid III. genannt Ezzo. Trotz allemblieben Hermann Pusillus und Ezzo zeitihres Lebens die starken Stützen derkaiserlichen Reichspolitik.

Aus der ersten Ehe Hermanns mit Hey-lwig (+ um 960/970 ?), der Tochter desGrafen Heinrich von Dillingen, entstamm-te sein Erstgeborener Erenfrid/Ezzo unddessen Brüder Hermann (+ 1033), ge-nannt Hezilo oder Ezzelin, und die Toch-ter Richeza I., von 1040 - 1049 als Äb-tissin von Nivelles urkundlich. Mitziemlicher Sicherheit ist Hermann nachdem frühen Tode seiner ersten Gattineine zweite Ehe eingegangen. Der Nameseiner zweiten Frau ist unbekannt. Ichvermute in ihr eine Tochter des GrafenArnulf von Boulogne und Ternois, demSohn des Grafen Adalulf (+ 933). Dieserwar ein Bruder des Grafen Arnulf I. vonFlandern (+ 964). Zumindest würde esdas Auftreten des damals recht seltenenNamens „Adolf“ erklären, der zum Leit-namen der „Adolfinger“, der Grafen vonBerg wurde.

Aus dieser Ehe gingen jedenfalls dieSöhne Hermann III. (1008 - 1032 urk.),Everhard III. (1016 - 1033 urk.) und AdolfI. (1008 - 1044 urk.), der Vogt der AbteiDeutz hervor. Letzterer wurde der direk-te Stammvater der Grafen von Saffen-berg und Nörvenich, sowie der Grafenvon Berg.

Bereits 960 soll Hermann Pusillus mitder Hauptfeste des Keldachgaues, der„Burg Berge“ an der Dhünn, von KaiserOtto I. belehnt worden sein, dem na-mensgebenden Stammsitz der späterenGrafen von Berg.

Auch als Burgenbauer ist Hermann Pu-sillus aktenkundig. So erbaute er in Ober-lothringen an der Mosel, oberhalb desDorfes Alf, die Burg Arras, sowie im Jahr995 die Burg Coraidelstein nahe Co-chem, bei Klotten an der Mosel, demspäter wichtigen Hausgut der Ezzonen.Sein Hauptsitz blieb aber nach wie vordie Kaiserpfalz zu Aachen.

Ab 985 war Hermann Pusillus der starkeMann hinter dem Kinderkönig Otto III.,wie einst 600 Jahre früher, Stilicho hinter

Burgruine Coraidelstein a. d. Mosel bei Klotten

Burg Arras bei Alf a. d. Mosel

Aus dem Evangeliar Kaiser Ottos III.Rechts: Hermann Pusillus und Sohn Ezzo

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Kaiser Honorius. 991 ehelichte Erenfrid/Ezzo die 14-jährige Prinzessin Mathil-de, die Tochter Kaiser Ottos II. undSchwester König Ottos III. Ezzo war nunder Schwager des zukünftigen Kaisers.

Im Jahre 996 wurde der 16-jährige OttoIII. vom Papst zum Kaiser des HeiligenRömischen Reiches Deutscher Nationgekrönt. Ein Portrait des gerade 18-jäh-rigen Kaisers finden wir in seinem be-rühmten Evangeliar von 998. Zur linkenHand des thronenden Kaisers sind Her-mann Pusillus und Ezzo dargestellt: DerPfalzgraf mit dem Schwert, möglicher-weise das Reichsschwert, hinter ihmEzzo mit Schild und Speer. In Letzteremkönnen wir die sogenannte „Heilige Lan-ze“ vermuten; wie das Schwert, einesder Reichsinsignien, zu deren Verwah-rer Ezzo bestellt war. Die Heilige, oderauch „Mauritiuslanze“ genannte Waffe,war nach der Legende der Speer mitdem Christus am Kreuz die linke Seitedurchbohrt wurde. Sie befindet sich heu-te, zusammen mit den übrigen Reichsin-signien, in der Schatzkammer der Wie-ner Hofburg. Aufschlussreich ist dieIkonographie der Abbildung im Evange-liar. Die geöffnete rechte Hand Her-manns unter der erhobenen Linken desKaisers mit dem Reichsapfel, vermitteltden Eindruck, als warte Hermann nur,dass der Reichsapfel des Kaisers Handentgleitet und in die seine falle. Wiewarnend scheint der zur Rechten desKaisers stehende Bischof am Sitzpolsterdes Thrones zu zerren, als wolle er denKaiser auf die drohende Gefahr aufmerk-sam machen.

Pfalzgraf Hermann Pusillus starb 999.Sein Sohn und Nachfolger Ezzo verleg-

te seinen Wohnsitz näher an den Rhein,und machte die Tomburg bei Rheinbachzu seiner neuen Residenz. Sein BruderHermann genannt Ezzelin, der Graf imZülpichgau, erwählte die Burg Esch beiHülchrath an der unteren Erft zu seinemWohnsitz. Graf im Keldachgau, wahr-scheinlich mit Sitz auf Burg Berge a. d.Dhünn, wurde ihr Halbbruder HermannIII., der Vogt der Abteien Deutz und Ger-resheim. Als Hermann III. 1032 vermut-lich kinderlos verstarb, beerbte ihn seinBruder Adolf I. (1008 - 1044 urk.). Mit ihmund seinen Nachkommen werden wiruns später beschäftigen.Unter Pfalzgraf Ezzo erreichte das Hausder Ezzonen den Zenit der Macht undder Griff zur Kaiserkrone schien sich für

Ezzo abzuzeichnen, denn Anfang 1002starb überraschend Kaiser Otto III. imAlter von gerade 22 Jahren! Mit ihm er-losch das Haus der Ottonen, aus demGeschlecht der Liudolfinger, im Man-nesstamm. Somit erhob Ezzo, als Schwa-ger des verstorbenen Kaisers, Ansprü-che auf den Thron. Doch noch blühte diejüngere Linie der Liudolfinger, begrün-det durch Heinrich den Zänker, Herzogvon Lothringen und Bayern, dem Brudervon Kaiser Otto I. Dessen Enkel HeinrichII., genannt der Heilige, machte schließ-lich das Rennen und wurde 1002 OttosIII. Nachfolger als König und 1014 alsRömischer Kaiser. Er starb 1024. Mitseinem Tod ist das Geschlecht der Li-udolfinger endgültig erloschen.

Die Elfenbeinsitula a. d. Aachener DomschatzDie wichtigsten Besitzungen der Ezzonen in Niederlothringen u. Südwestfalen

Ruine der Tomburg bei Rheinbach-Wormersdorf. Zerstört 1473

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Aber auch jetzt hatte Ezzo keine Aus-sichten mehr auf den Thron. Gewähltwurde 1024 Konrad II., aus dem Ge-schlecht der Salier. Er begründete dasHaus der Fränkischen Könige und Kai-ser, das von 1024 bis 1125 regierte.

Konrad II. war der Urenkel von Leutgard,der Tochter Ottos I., und des Konrad vonFranken, Herzog von Lothringen. Somitrangierte er erbrechtlich vor Ezzo undseinen Nachkommen.

Aber auch unter Kaiser Heinrich II. undKaiser Konrad II. saßen die Ezzonen festim Sattel und ihre Machtstellung warunerschüttert, ja stärker denn je, wasauch in der Kunst seinen Ausdruck fand.So zeigt eine kostbare juwelenge-schmückte Elfenbeinsitula (Weihwas-sergefäß aus dem Aachener Domschatz,entstanden nach 1014), den Pfalzgra-fen Ezzo mit der Heiligen Lanze unter-halb des thronenden Kaisers Heinrich II.

Pfalzgraf Ezzo war zugleich auch Grafim Auel-, Ahr- und Bonngau. Der Schwer-punkt seiner Besitzungen lag zweifelloslinks des Rheines und an der Mosel, woer die Reichsburg Cochem erbaute. AmRhein legte er den Grundstein zur spä-teren Pfalz Kaiserswerth, durch die ersteBefestigung des dortigen Königshofes.

Ein derart mächtiges Geschlecht, dasmit Reichsgütern ungehindert schaltenund walten konnte, wie die Ezzonen estaten, benötigte natürlich auch ein eige-nes Hauskloster; so stiftete Ezzo 1024die Benediktinerabtei Brauweiler beiKöln, die zur Grablege der Ezzonen be-stimmt wurde.

Ein weiterer Güterschwerpunkt Ezzoskonzentrierte sich in Thüringen im RaumCoburg und Saalfeld. Der größte Güter-komplex außerhalb der beiden Lothrin-

gischen Herzogtümer lag, wie schonangesprochen, an der Ruhr - der großeLürwald im Hatterungau, mit seinen al-lodialen Burgen und Herrschaften Wic-lon/Wicheln, Hachen und Habbel. Siebildeten das Zentrum seiner Macht imBergland südlich der Ruhr zwischenArnsberg und Hüsten. Der Lürwald, un-ter Einschluss des Arnsberger Waldes,dürfte sich links der Ruhr bis minde-stens zur Lennemündung erstreckt ha-ben. Hierauf werde ich in der nächstenFolge noch zurückkommen. Wenn auchdie Urkundenlage äußerst lückenhaftist, so finden wir Ezzo doch als Graf imRaum Hüsten und Menden nachgewie-sen. Unklar bleibt, ob sich Ezzos Herr-schaft nicht auch über den Haarstrang

und das Ardeygebirge erstreckte, diespätere Herrschaft der Edelherren vonRüdenberg-Ardey. Als deren Stamm-sitz gilt die Rüdenburg bei Arnsbergmitten im Ezzonischen Machtzentrumgelegen. Hier scheinen jedenfalls Ver-bindungen zu bestehen, wie sich nochzeigen wird. Desweiteren drängt sichdie Frage auf, ob nicht auch der Reichs-besitz nördlich der Ruhr, insbesonderein seiner Massierung im Großraum Dort-mund, den Ezzonischen Pfalzgrafenunterstand.Ein weiteres Epizentrum EzzonischerMacht war der Raum Attendorn, mit derBurg und Herrschaft Waldenburg, de-ren Ruinen noch heute einen Eindruckvon vergangener Größe vermitteln.

Die ehemalige Kirche der Abtei Brauweiler,dem Hauskloster und der Grablage desEzzonengeschlechtes Cochem a. d. Mosel, mit der Reichsburg

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Auf der Suche nach den Burgen undSitzen der Ezzonen im Lürwald, undwohlbewaffnet mit neuen und alten Kar-ten aus den 20er und 30er Jahren mach-te ich mich 1999 auf den Weg nachWichel, Hachen und Habbel. Den späte-ren Rittersitz Haus Habbel, auf der Karteeingezeichnet, fand ich nicht mehr. EinSteinbruchbetrieb hatte sich seiner an-genommen. Die gleiche Erfahrung mus-ste ich auch in Wicheln machen. Vondem Wallring der alten Ezzonenfeste,mit ihren zwei Zangentoren, auf einerBergzunge gelegen, wie es die Kartedarstellte, war einschließlich der Berg-zunge nichts mehr zu entdecken. Ichfolgte dem eingezeichneten Weg, dereinstmals vom jüngeren Haus Wicheln,heute ein Reiterhof, hinauf zur Burg Wic-lon führte. Nun stand ich nach wenigenMetern an der Abbruchkante einer riesi-gen Steinbruchcaldera von ca. 50 - 60 mTiefe. Auch hier haben Sprengschüsse,Presslufthämmer und Bagger wiederganze Arbeit geleistet.

Einzig die Ruinen der Burg Hachen, aufeiner Bergzunge hoch über dem Röhr-tal, waren noch vorhanden. Anhand desguten Grabungsplanes von 1932, habe

ich die Burg in ihrer letzten Bauphasezeichnerisch rekonstruiert.

Noch besser gelang mir dies bei derRüden- oder Alteburg bei Arnsberg, derArnsberger Schlossruine gegenüber, aufder Bergkuppe des Rüden- oder Röm-berges gelegen, dessen Fuß Ruhr undWalpke umspülen. Nach der Entmach-tung der Ezzonen, um 1060, machte sieGraf Bernhard II. von Werl-Westfalen zuseiner ersten Arnsberger Residenz.

Die Rüdenburg muss m.E. zuvor auch imBesitz der Ezzonen gewesen sein. Es istkaum vorstellbar, dass die Ezzonen einefremde Burg innerhalb ihres Territori-ums geduldet hätten. Andernfalls wäresie eine ständige Bedrohung der Bur-

gen Wiclon und Hachen gewesen, dazulag sie ihnen „Al - to - nah“!

Ehe wir uns mit den Grafen von Berg, ausdem Stamm der Ezzonen, befassen, ausdem die Grafen von Altena-Isenberg undAltena-Mark hervorgegangen sind, müs-sen wir uns in der nächsten Folge mit denNachkommen Ezzos beschäftigen. Durchdie Entmachtung und das Absterben derEzzonen, nach 1060, wurden im Nordsau-erland bedeutende Besitzverschiebungeneingeleitet, die offensichtlich auch denGroßraum Schwerte tangierten.

Hinweis: Auf Fußnoten musste aus Platz-gründen verzichtet werden.

In Folge II erscheint aber ein ausführli-ches Quellenverzeichnis. (R. Stirnberg)

Burg u. Hof Wiclon/Wicheln, von Wilhelm Meiß,1932.

Dorf und Burgruine Hachen, von A. Roidkin, um 1430.

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Bevor die Märker kamenAus der Vorgeschichte der Grafen von Altena-Mark und Isenberg

und der Entstehung der Grafschaften Mark und Limburg

Teil II: Die Ezzonen und ihre Erben

Ruine des Bergfrieds der Waldenburg.

Die Ehe des Pfalzgrafen Ezzo (* um 955,+ 1034) und der Kaisertochter Mechthild(* um 978/79, + 1024) war äußerst frucht-bar. Drei Söhne und sieben Töchter sindihr entsprossen. Ezzos ältester SohnLudolf (* um 992, + 1031), der „Colon.archiep. legionis signifer“, der Führerdes erzbischöflich-kölnischen Heerban-nes und Vogt von Brauweiler, erhielt vonEzzo Burg und Herrschaft Waldenburg,das Gebiet um Attendorn, Drolshagenund Olpe. Vermutlich war er auch zumNachfolger des Vaters im Pfalzgrafen-amt ausersehen. Er starb jedoch nochvor dem Vater, am 10.4.1031, und wurdein Brauweiler bestattet.

Waldenburg gelangte über seine einzi-ge überlebende Tochter Adelheid(1059), aus der Ehe mit Mathilde vonZütphen, über die Grafen von Zütphenan die Grafen von Kalvelage - Ravens-berg und später an die Grafen von Sayn.1247 erwarb Erzbischof Konrad vonHochstaden die Herrschaft, das spätereAmt Waldenburg, für das Erzstift Köln.

Ludolfs Sohn Kuno/Konrad, 1031 Vogtvon Brauweiler und seit 1049 Herzogvon Bayern, überwarf sich mit KaiserHeinrich III. und wurde 1053 abgesetzt.Er starb 1055 im Exil in Ungarn. Erst1074 wurden seine Gebeine von Erzbi-schof Anno II. nach Köln überführt und imMariengradenstift (St. Maria ad gradus -Maria zu den Stufen) beigesetzt.

Ezzos zweiter Sohn Otto (* um 993/94),seit 1034 Pfalzgraf von Lothringen undGraf im Deutzgau (und im Hatterungau?), erbte die Lürwaldbesitzungen. 1045wurde er von Kaiser Heinrich III. zumHerzog von Schwaben ernannt.Daraufhin entsagte er der Pfalzgrafen-würde zugunsten seines Vetters Hein-rich II., dem Sohn des Ezzobruders Her-mann gen Ezelin. Unter ihm erlebte dasHaus der Ezzonen seine Götterdämme-rung. Herzog Otto von Schwaben starbjedoch nach nur zwei Jahren, am7.9.1047 auf der Tomburg und wurde inBrauweiler bestattet.

Die in dieser Reihe vorgestellten Genealogien und Historien sind einExtrakt und basieren, auf Grund der lückenhaften Urkundenlage, imwesentlichen auf logischen Schlussfolgerungen und Indizienketten derim Anhang aufgeführten Autoren der benutzten Quellen. Der interessierteLeser kann sich dort umfassend und weitergehend informieren.

Aus Ottos Ehe mit einer Gräfin von Egis-heim, der Schwester des Bischofs Bru-no von Toul, des späteren Papstes LeoIX. (1049 - 1054), kennen wir nur dieTochter Richeza III., die Haupterbin dersauerländischen Güter. Nach Kimpenmuss zumindest noch eine weitere Toch-ter Ottos und der Egisheimerin gelebthaben, die mit einem Grafen Goswin (+1065) verheiratet gewesen sein soll1).Aus dieser Ehe seien die Grafen von

Hochstaden hervorgegangen; Begin-nend mit dem Brüderpaar Gerhard I.(1074 - 1109) und Hermann III. von Hoch-staden, dem Erzbischof von Köln (1089- 1099), denen wir wieder begegnenwerden. Da sich beide Brüder nach derBurg Hochstaden benannten, muss die-se schon dem Vater gehört haben. AlsUrsitz der Hochstaden gilt aber die BurgHusterknupp bei Grevenbroich-Frim-mersdorf a.d. unteren Erft. Demnachwäre Graf Goswin, der Vater der Brüder,zuvor der Herr von Husterknupp gewe-sen, der nach seiner Vermählung mit der

Richezaschwester in den Besitz vonHochstaden gelangte und es zum Wohn-sitz seiner Familie machte.

Ezzos dritter Sohn Hermann wurde 1036von Kaiser Conrad II. (1024 - 1039) zumKölner Erzbischof ernannt. Ein engerMitarbeiter Kaiser Conrads und KaiserHeinrichs III. (1039 - 1056), ernannte ihndieser 1047 zum Erzkanzler des Rei-ches in Italien. 1049 wurde er Erzkanzlerder römischen Kirche. 1052 bestätigteihm sein Schwager Papst Leo IX. dasRecht der Kölner Erzbischöfe zur Krö-nung der Deutschen Könige. So setzteHermann II. 1054 dem sechsjährigenSohn Kaiser Heinrichs, Heinrich IV., dieKrone aufs Haupt.

Erzbischof Hermanns II. hervorste-chendste Eigenschaft, wie auch die sei-ner geistlichen Schwestern, war die au-ßergewöhnliche Baufreudigkeit derEzzonen, welche die spätottonisch-früh-salische Baukunst um die Mitte des 11.Jhdts. entscheidend geprägt haben. Soerrichtete er 1036 - 1043 den Neubauvon St. Severin vor den Toren Kölns und1040 - 1050 das Cassiusstift, den Kern-bau des Bonner Münsters, innerhalb der„Immunität Verona“, der Keimzelle desmittelalterlichen und heutigen Bonn.

Nicht minder rührig im Kirchenbau warenHermanns Schwestern, Äbtissin Adelheid(St. Gertrudis in Nivelles, um 1046); Fürst-äbtissin Theophanu (Stiftskirche St. Cos-mas und Damian in Essen, um 1040 -1055); Äbtissin Heilwig (St. Quirin zuNeuß, um 1050); Äbtissin Mathilde (StiftVilich bei Bonn und Stift Dietkirchen imehem. röm. Legionslager „Bonna“, um1020 - 1050); Äbtissin Ida (St. Maria imKapitol zu Köln, um 1030 - 1065); sowieRicheza II. (Neubau von Brauweiler, um1048 - 1061), den auch Hermann II. ab1051 besonders förderte. Daneben plan-te er bereits die Errichtung des Marien-gradenstiftes an der Rheintreppe desKölner Domes, das aber erst unter sei-nem Nachfolger Anno II. (1056 - 1075)realisiert wurde. Von der siebten Ezzo-tochter Sophia, Äbtissin von St. Maria inMainz und Gandersheim (1027 - 1045) istkein Kirchenbau bekannt. Erzbischof Her-mann II. starb am 11.11.1056 und wurdeim Kölner Dom beigesetzt. Portraits derEzzosöhne Ludolf, Hermann II. und Otto,nebst ihrer Mutter Mechthild finden wir in

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Modell der Burg Husterknupp, Stammsitz der Grafen von Hochstaden.

Das Bonner Münster, um 1910 erbaut vonErzbischof Hermann II.

St. Quirin zu Neuss 1910

St.-Maria im Kapitol zu Köln um 1910

Der Essener Dom heute

der Stammtafel der „Kölner Königschro-nik“ von 1199.

Die Ezzotochter Richeza II. (* um 995/96,+ 1063), die „Primogenita“ und Erbin derezzonischen Besitzungen in Thüringen(um Coburg, Saalfeld und dem Orlagau),sowie der Hofbesitzung Klotten a. d.Mosel, heiratete 1013 König Miesco II.von Polen (+ 1034). Nachdem ihr Mann1033 von Kaiser Conrad II. gezwungenwurde, die polnische Königskrone nie-derzulegen und Polen der deutschenLehnshoheit zu unterstellen, mussteRicheza 1036, als „verhasste Deutsche“Polen verlassen. Sie lebte auf ihrenGütern in Thüringen und a. d. Mosel. MitHilfe des Kölner Erzbischofes Anno II.regelte sie ab 1056/57 ihre Erbangele-genheiten. Ihre thüringischen Besitzun-gen vermachte sie zweckgebundenAnno II., um damit das neu zu gründendeKloster Saalfeld a. d. Unstrut zu fundie-ren. Klotten sollte ihrer GrabeskircheBrauweiler zufallen. Als Richeza II. am21.3.1063 zu Saalfeld starb, ließ sieAnno, entgegen der Absprache, in sei-ner eigenen ersten Klosterstiftung „St.Maria ad gradus“ in Köln beisetzen,welche er kurzerhand zur zweiten Ezzo-nenstiftung deklarierte, um das reicheKlotten dem Mariengradenstift zu si-chern. Hierüber kam es später zum Streitmit Brauweiler, das letztlich obsiegte.

Richezas Schwester Adelheid wurde erstin ihrem Witwenstand Äbtissin von Nivel-les. Zuvor war sie, nach K.H. Eckhardt2),die Gattin von Friedrich von Goseck d. Ä.,dem Pfalzgrafen von Sachsen (+ 1041)und Stammvater der Wettiner. Ihr zweiterSohn, Adalbert von Goseck, der Erzbi-schof von Hamburg und Bremen (1043 -1072) erwuchs zum großen Gegenspie-ler Annos II. im Reichsregiment und derGrafen von Werl-Westfalen.

Aus einer anderen Verbindung Ezzos,sicher nicht aus der Ehe mit der Kaiser-tochter Mechthild, stammte die Tochter

Wazela oder Azela (1024). Wie H.P.Müller3) in seiner Arbeit über die Tom-burg nachgewiesen hat, war sie die Gattinvon Rutger I. aus Flandern, den KaiserHeinrich II. 1021 zum ersten Grafen vonKleve erhob. Die Eheleute wären dem-nach die Großeltern von Graf Dietrich II.von Kleve (1074 - 1109). Diese Ehekönnte die Erklärung dafür liefern, dassdie Tomburg, der Hauptsitz Ezzos, her-nach an die Grafen von Kleve fiel.Jedenfalls begegnen wir 1096 Graf Diet-rich II. von Kleve, als „Thieodericus deToneburc“ in unserer Geschichtewieder.

Zwei weitere mutmaßliche Söhne Ez-zos sind Heinrich, Abt von Gorze (+1.5.1093) und Ezzo II., der erste Abt vonSaalfeld (1063/71, + vor 1075). Unklarbleibt, ob wir in ihnen die Söhne vonEzzos Konkubine Thietburga vermutendürfen, die 1034 den fast achtzigjähri-gen Ezzo vergiftet haben soll. Jedenfallswaren Heinrich und Ezzo II erheblichjünger als die übrigen Ezzokinder.

Seit 1045 war Heinrich II., Sohn desEzzobruders Hermann gen. Ezelin/He-zelin (* 960/965, + 1033), in der Nachfol-ge seines Vetters, Herzog Otto vonSchwaben, Pfalzgraf von Lothringen.Heinrich II. genoss anfangs hohes An-sehen. Doch die ständig wachsendeMacht der Pfalzgrafen, die mit Reichs-gütern ungehindert schalten und wal-ten konnten, wurde ihm schließlich zumVerhängnis. Der Kölner Erzbischof AnnoII., seit 1056 Erzkanzler des Reiches inItalien, nahm schließlich 1059 den Kampfgegen Heinrich II. auf. Heinrich wurdebesiegt, gefangen genommen und inKlosterhaft zu Gorze gehalten, wo seinVetter Heinrich als Abt amtierte. Hein-rich II. wurde von Anno gezwungen, aufzahlreiche Güter und Rechte zu ver-zichten; so musste er Anno u. a. dieSiegburg abtreten, die Anno 1063 - 1066in ein Benedictinerkloster umwandelte,dass dem hl. Michael geweiht wurde.

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Aus der Stammtafel der Kölner Königschronikvon 1199, Wolfenbüttel, Herzog AugustBibliothek.oben Mitte: Kaiser Otto II.; Mitte v. l. n. r.: Kai-ser Otto III., Ezzos Gattin Mechthild, KaiserHeinrich II., unten v.l.n.r.: die Ezzosöhne Ludolf,Hermann II. und Otto.

Erzb. Anno II. und Richeza II., zwei Tafelbildervom Sarkophag der Richeza aus demuntergegangenen Mariengradenstift, um 1400.Dom zu Köln.

Doch Heinrich konnte seine Niederlageund Entmachtung nicht verwinden, soentwich er 1060 aus Gorze und nahmerneut den Kampf gegen Anno auf. Hein-rich unterlag abermals und wurde inseiner Burg Cochem belagert. Hier ver-fiel er dem Wahnsinn und erschlug am27.6.1060, in einem Wutanfall, seineGattin Mathilde, die Tochter des Her-zogs Gozele II. von Niederlothringen.Dies bedeutete das Ende. Heinrich II.genannt „furiosus“ - der Wahnsinnigeverschwand endgültig hinter den Mau-ern des Klosters Echternach. Hier starber, in völliger geistiger Umnachtung, am29.7.1061.

Obwohl sein Sohn Hermann (* um 1030,+ 1085) noch den Pfalzgrafentitel führte,spielte er keine politische Rolle mehr.1065 - 1078 ist er noch als Graf im Ruhr-gau (um Duisburg und Essen) greifbar.

Mit seinem Tod ist das Haus der Ezzo-nen im Mannesstamm erloschen.

Das politische Erbe der Ezzonen, inner-halb des Erzbistums Köln, traten dieKölner Erzbischöfe an. Das materielleErbe dagegen kam teils über die weibli-chen Nachkommen Ezzos im Erbgangan deren Ehegatten und Kinder, wie dieGrafen von Kleve, von Hochstaden undvon Northeim; teils an die Nachkommendes Hermann pusillus aus dessen zwei-ter Ehe; die Grafen von Saffenberg undNörvenich und die Grafen von Berg.Ezzos Enkelin Richeza III. (* um 1030),

die Tochter Herzog Ottos von Schwa-ben, erbte 1047 den größten Teil desLürwaldes, zwischen Arnsberg und Men-den, mit den Burgen und HerrschaftenWicheln, Hachen und Habbel als Zen-trum. Seit 1045 war sie mit dem GrafenHermann IV. von Werl-Westfalen undVogt von Werden verheiratet, ihrem un-mittelbaren Nachbarn an der Ruhr.

Die Grafen von Werl, nicht minder mäch-tig wie die Ezzonen, kontrollierten um1050 ein ungeheures Territorium, dassvon Lochtropgau im Sauerland bis zumEmsgau an der Nordsee reichte - die aus

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Der besiegte Pfalzgraf Heinrich II. kniet vorAnno II.Flügelteil eines Doppelwandelaltars ausMariengraden, Antwerpen 1521. SammlungWilh. Heck, Köln.

Burg Hachen. Rekonstruktion nach der letztenBauphase von R. Stirnberg

Lageplan der Rüdenburg nach Wilhelm Meiß, 1929/30.

zahlreichen Comitaten (Freigrafschaf-ten) bestehende sogenannte Großgraf-schaft Westfalen (siehe Karte). Ein Teilderselben, die „Grafschaft Huvili/Hövel“,war in Händen einer Nebenlinie desWerler Grafenhauses, den Grafen vonWerl-Hövel. Diese Grafschaft kam um1070/73 durch die Erbin Adelheid vonLaufen an ihren Ehemann Graf Adolf II.von Berg (1072 - + 1090). Davon in dernächsten Folge.

Aus der Ehe der Richeza mit Graf Her-mann IV. von Werl entstammte nur dieTochter Oda von Werl (+ 1110/11), dieGattin von Udo Lüder II. Graf von Stadeund Markgraf der Nordmark (1057 - +1082). Als Hermann IV. schon 1052 starbwurde sein Oheim Bernhard II. von Werl(1024 - 1063) Graf von Westfalen.

Die 23-jährige Richeza ging 1053 mitdem Grafen Otto von Northeim (+ 1083)aus Sachsen und seit 1061 Herzog vonBayern, eine zweite Ehe ein, aus dernoch 5 Kinder hervorgingen.

Otto von Northeim, eng verbunden mitErzbischof Anno von Köln, war auch1062 an der Entführung des 12-jährigenKinderkönig Heinrich IV. zu Kaiserswerthdurch Anno beteiligt, der sich dadurchdie Regentschaft für den unmündigenKönig sichern wollte. Im Jahre 1070wurde Otto von Northeim fälschlich desHochverrats angeklagt und von KönigHeinrich IV. als Herzog von Bayern ab-gesetzt. Seine Hausgüter in Sachsendurfte er behalten. Die Absetzung hatOtto dem König nie verziehen und erwurde so zur zentralen Figur des säch-sischen Widerstandes gegen dasReichsregiment König Heinrichs in Sach-sen. Obwohl Otto 1072 rehabilitiert wur-de, erhielt er die Herzogswürde nichtzurück, wurde aber nach der Niederwer-fung des Sachsenaufstandes 1075 vonKönig Heinrich zum Verwalter von Sach-sen bestellt.

Spätestens 1063 finden wir Graf Bern-hard II. von Werl als Graf im nördlichenSauerland, dem Hatterungau. Die Rü-denburg bei Arnsberg machte er hier zuseiner ersten Residenz. Näheresdarüber in einer anderen Folge. DasEindringen des Werlers in diesen Raum,in dem die Werler Grafen schon früherbegütert waren, kann nur mit BilligungAnnos und des Northeimers geschehensein, zumal davon die grundherrschaft-lichen Rechte von Ottos Gemahlin Ri-cheza nicht berührt wurden. Otto vonNortheim und Richeza starben 1083.Zuvor hatte Richeza die ezzonischenGüter unter ihren Kindern aufgeteilt.

Ihrer Tochter aus erster Ehe, Oda vonWerl, vermachte sie u.a. ein Drittel desLürwaldes. Ihr Sohn Heinrich „der Fette“von Northeim, Graf von Friesland, (+

1101) erhielt ein weiteres Drittel, nebstBurg und Herrschaft Wicheln. Das letzteDrittel des Lürwaldes ging an ihren SohnKuno von Northeim, Graf zu Berchlingen(1085 - + 1103), zusammen mit Burg undHerrschaft Hachen. Die HofbesitzungHabbel, anscheinend eine große Villi-cation, teilten sich ihre Töchter Ethilindeund Mechthild von Northeim und derenEhemänner Hermann I. Graf von Kalve-lage und Graf Konrad von Werl-Arns-berg (1077 - + 1092), der Sohn und Erbevon Graf Bernhard II. von Werl, und ei-gentlicher Begründer der Grafschaft Arns-berg. Der dritte Sohn Siegfried, Graf vonBoyneburg, (+ 1107) wurde anderweitigabgegütert.

Als Heinrich der Fette 1101 starb, über-trug dessen Witwe Gertrud von Braun-schweig seinen Lürwaldanteil und Wi-cheln an das Kölner Erzstift. 1103 folgteKuno von Northeim mit seinem Teil undHachen. Auch Oda von Werl vermachteihr Lürwalddrittel 1110 dem Erzstift.Habbel wurde erst 1214 durch Graf Her-mann III. von Ravensberg (1166 - 1218),dem Urenkel der Ethilinde von Northeim,an Köln übertragen, nachdem er sichzuvor mit dem Mitbesitzer Graf GottfriedII. von Arnsberg-Cuijk (1175 - 1235),dem Ururenkel der Mechthild von Nort-heim, geeinigt hatte.

Das ganze Ezzonenerbe an der Ruhrwar nun in den Händen der Erzbischöfevon Köln. Das Ganze? Nein, hier ist nochetwas nachzutragen! Es handelt sich umdas Stück des Lürwaldes zwischen demUnterlauf von Hönne und Lenne. Hierbesaß in der zweiten Hälfte des 11. Jh-dts. eine uns sonst unbekannte Gräfin„Irmendrud“ drei „praedia“, also Grund-besitz unbestimmter Qualität und Grö-ße. Diese praedia „Halinge, Liure und

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1 Halinge/Halingen; 2 Liure; 3 Argeste/Ergste; 4 Edelenkirecha/Edelkirchen; 5 Flamesfelt/Flammersfeld od. 19 Flamersheim; 6 Strale/Straelen; 7 Rode/Rhode od. 14 Rhade a.d. Volmebzw. 18 Rade(vormwald), od. einer der auf „rath“ endenden Orte zwischen Rhein und Maas(15?); 8 Stokheim/Stockum b. Witten od. 10 Stockheim b. Düren; 9 Wurmelinga/Wormersdorfbzw. 11 Würm, od. 13 Worm a.d. Wurm; 12 Houvestete/Hofestadt a.d. Wurm; 16 Louesberc/Lausberg b. Breckerfeld od. 17 der Lousberg b. Aachen.Nicht kartiert sind Closcinge/Klotingen b. Welver, Millinchusen/Millinghausen, westl. von Erwitteod. Müllingsen b. Soest, Das Praedium Manbrock ist nicht zu identifizieren.

Schenkungsurkunde des Erzb. Hermann III.v. Hochstaden vom 13.12.1096. Darin überträgter die Güter der Gräfin „Irmendrud“ der AbteiSiegburg

Xantener Totenbuch (1044/46 - 1185/1200)Münster, Universitätsbibliothek, Hs. 101, Fol.67. Sterbeeintrag der Reginmuod, hierReinmuod genannt (Mutter oder Tochter?)vom 6. Dezember (Jahr?)

Argeste“, nebst 11 weiteren Besitzun-gen, soweit sie überhaupt zu identifizie-ren sind und sich bis nach Niederlothrin-gen erstreckten, übertrug sie an denKölner Erzbischof Hermann III. von Hoch-staden. Dieser schenkte die 14 Güter1096 der Anno’schen Klosterstiftung St.Michael in Siegburg „zur Ehre des Erzbi-schofs Anno und seinem eigenen See-lenheil“. Die Güter befanden sich also1096 im persönlichen Besitz HermannsIII. War er vielleicht der Erbe der Irmen-trud und ist sie vielleicht dem Haus derEzzonen zuzurechnen?

Dieser Verdacht verstärkt sich, wenn wirberücksichtigen, dass Hermanns Bru-der, Graf Gerhard I. von Hochstaden undein gewisser Goswin, möglicherweiseein weiterer Bruder, zusammen mit „Thie-odericus de Toneburc“, alias Graf Diet-rich II. von Kleve (1074 - 1109) die Zeu-genreihe anführen - alles mutmaßlicheEzzonennachkommen! Nach der gesi-cherten und möglichen Lage der Prae-dia steht es für mich fest - hier wurdenGüter aus ezzonischer Erbmasse verge-ben (siehe Karte)!

Durch die Zeugenschaft der Personensollte m.E. verhindert werden, dass evtl.spätere Erbansprüche gegen die Schen-kung erhoben werden konnten. Eindamals übliches Verfahren. Nun erhebtsich die Frage nach der Identität derIrmentrud. Ich halte sie für eine naheVerwandte (Tante?) der Hochstadener,wenn nicht gar für deren Mutter. In die-sem Fall wäre sie eine Schwester vonRicheza III., die demnach den westli-chen Teil des Lürwaldes, das genannte„Liure“ geerbt hätte. Dessen Ausdeh-nung könnten die „Lürhöfe“ markieren:Bergloer (heute Berglose), zwischenHalingen und Sümmern südlich desBertingloh, Körbeslühr bei Iserlohn-Dröschede, Schwarzelühr bei Le-

ckingsen, sowie Böckelühr und Liese-lühr bei Ergste.

Ich möchte noch einen Schritt weitergehen, in dem ich die Irmentrud mit der„Herrin Imeza/Emeza“ gleichsetze, dieum die Mitte des 11. Jhdts. ihre „curtissverte“ dem Stift Xanten übertrug undsich damit in das Kanonikerstift „ein-kaufte“. Wenn z.B. aus Irmenfried-Immo,aus Siegfried-Sicco, aus Konrad-Kunound aus Kunigunde-Kuniza abgeleitetwerden konnte, was spricht da gegendie Ableitung Irmentrud-Imeza (i. 13.Jhdt.: Emeza)? Dafür spricht auch dieNachbarschaft von Argeste und Sverte,was auf einen einstmals geschlosse-nen Besitzkomplex hindeuten könnte.Jedenfalls halte ich heute die Gleich-setzung von Imeza/Emeza mit der hoch-edlen Dame „Reginmuod, Richmothoder Reinmod“ etc. für falsch, die demStift Xanten ihre „curtis durstene“ - denHof Dorsten um 1030 übertrug, sowiedie Einkünfte von 300 Höfen innerhalbdes Vestes Recklinghausen. Wie Höm-berg, sehe ich in ihr die Witwe des 1017urkundlichen Grafen Otto, des letztenGrafen von Recklinghausen. Die Ma-trone Reginmuod hat jedenfalls im VestRecklinghausen und dem westlichenMünsterland deutliche urkundliche Spu-ren hinterlassen.4)

Meiner Meinung nach gehörte sie demGeschlecht der Reginare an und war

eine Tochter Reginars IV. Graf im Hen-negau (998 - + 1013) und der Hadwig,Tochter von Hugo Capet, König vonFrankreich, des Stammvaters der „Cape-tinger“. Ihr Bruder wäre demnach GrafReginar V. von Hennegau (+ 1039). Die-ser ehelichte um 1015 Mathilde, Tochter

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Berichtigung

In unserer ersten Folge hat leider der Satzfehlerteufel sein Unwesengetrieben:

S. 12, Kartenunterschrift, statt 1059 - 959.S. 13, Spalte 1, 4. Absatz, Zeile 12, statt 995 - 985.S. 16, Abb. 2, statt A. Roidkin - R. Roidkin, um 1730.

des Grafen Hermann von Enham, Grafim Eifelgau und in Westfalen (1017). DieBrüder der Mathilde waren Gottfried, Grafin Westfalen (1030 - 1060), der Ahnherrder Grafen von Cappenberg und Her-mann, Graf im Westmünsterland, Ahn-herr der Grafen von Kalvelage-Ravens-berg. Da das Haus der Reginare mitReginar V. endete, vermachte vermut-lich Reginmuod, die mit ihrer gleichna-migen Tochter in das Stift Xanten aufge-nommen wurde, ihren übrigen Besitz,darunter 7 Eigenkirchen im Münsterland,an ihre nächsten Verwandten, die Gra-fen von Cappenberg und Kalvelage-Ravensberg. Dass Reginmuod spätermit Imeza/Emeza gleichgesetzt wurde,könnte darauf zurückgeführt werden,dass man die beiden „curtis principales“Dorsten und Schwerte, hinsichtlich ihrerAbgabenleistungen an das Stift organi-satorisch miteinander verband. Vielleichthat man später auch die beiden Memo-rienstiftungen der Emeza und Reginmu-od zusammengelegt, doch bleibt diesungewiss.

In der nächsten Folge berichte ich überdie Bildung und Zerstückelung der Graf-schaft Arnsberg um 1103 und den Auf-stieg der Grafen von Berg.

Reinhold Stirnberg

Gedruckte Quellen:

W. Wedekind, Einführung i. d. Geschich-te der Grafen von Limburg Stirum.

E. Quadflieg, Genealogie der Grafen vonLimburg u. Limburg-Styrum sowie ihrerdirekten Vorfahren (Stammtafeln)

G. Aders, Die Herkunft d. Grafen v. Berg;Die Herren u. Grafen v. Saffenberg; DasErenfried-Geschlecht, die Ezzonen u.Hezelinen; Die Abstammung der Saffen-berger von Hermann Pusillus; Von Her-mann Pusillus bis Erenfried I.

Alle in: Die Grafen von Limburg Stirum,Teil I, Bd. I, Aschendorff, Münster 1976.

A.K. Hömberg, Geschichte der Comitatedes Werler Grafenhauses, Westf. Zeit-schr. Nr. 100, 1951.

A.K. Hömberg, Geistliche u. weltlicheLandesorganisation, Münster 1965

Monumenta Annonis - Köln u. Siegburg,Weltbild u. Kunst i. hohen Mittelalter,Köln 1975.

Köln-Westfalen 1180 - 1980, Landesge-schichte zwischen Rhein u. Weser, Köln1980.

Anmerkungen:

1) E. Kimpen, Ezzonen u. Hezeliniden i.d. rhein. Pfalzgrafschaft, 1933

2) K.H. Eckhardt, Genealogische Fundezur allgemeinen Geschichte, 1963.

3) H.P. Müller, Die Herrschaft Tomburg,1970.

4) Vergl. hierzu, Vom Werden der StadtSchwerte, Teil I, AS-Aktive Senioren,Ausg. 36, Sept. 1996 bis Ausg. 41,Dez. 1997.

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Bevor die Märker kamenAus der Vorgeschichte der Grafen von Altena-Mark und Isenberg

und der Entstehung der Grafschaften Mark und Limburg

Teil III: Die Grafen von Werl-Westfalen und von Berg

Etwa zeitgleich mit der Entmachtung derEzzonen vollzog sich auch der Nieder-gang der Grafen von Werl-Westfalendurch König Heinrich IV.

Wie ich schon darlegte, wurde 1062 der12-jährige Kinderkönig Heinrich IV. vonErzbischof Anno aus der Pfalz Kaisers-werth entführt. Der Knabe versuchte zufliehen und sprang von dem Schiff, aufdas man ihn gelockt hatte, in den Rhein.Vergebliche Mühe; man fischte ihn

wieder heraus und überstellte ihn Anno,der Heinrich eine harte Erziehung an-gedeihen ließ, wofür ihn der König nochspäter hasste. Doch 1063 schaltete sichAnnos machtpolitischer Gegenspieler,der Ezzoenkel Adalbert von Goseck,der Erzbischof von Bremen und Ham-burg ein. Er konnte durchsetzen, dassman ihm Heinrich zur Erziehung undAusbildung überantwortete, die erheb-lich milder verlief als die harte ZuchtAnnos.

Jedenfalls gewann Adalbert großen Ein-fluss auf den Kinderkönig und konntebewirken, dass ihm Heinrich die nord-westfälischen Comitate der Grafen vonWerl-Westfalen übertrug; auf welcherRechtsgrundlage auch immer, bleibt un-bekannt. Alle Proteste und militärischer

Widerstand des Grafen Bernhard II. vonWerl nützte nichts; die westfälischenComitate, nördlich der Grafschaft Huvili-Hövel, gingen den Werlern auf Dauerverloren.

Ein weiterer harter Schlag für die Werlerwar der Verlust der Vogteirechte über dieReichsabtei Werden an der Ruhr. Diesegelangten von Hermann IV. von Werl um1052 an Adolf III., Vogt von Deutz und St.Severin zu Köln (1056-1081). Adolf III.

der anscheinend nach 1068 zusammenmit seinem Bruder Hermann V. seinenOheim Hermann IV. beerbte.

Mit Adolf III. nimmt das Haus der Grafenvon Berg seinen Anfang. Als Stammva-ter seines Geschlechtes erscheint erfortan in neuer Zählung als Adolf I. in denStammtafeln. Zwar bezeichnet sich AdolfI. schon 1068 mit dem Namen „de Monte- von Berg“, und bekundet so, dass er imBesitz der namensgebenden Burg Ber-ge war, doch hat er nie den Grafentitelgeführt. Hiervon gleich mehr.

Das Ausgreifen der Grafen von Werl inden Hatterungau, an der mittleren Ruhr,dessen Größe und Grenzen im übrigenunbekannt sind, sowie die Übernahmedes hiesigen Grafenamtes, bleibt mit vie-len Fragezeichen behaftet. In der bishe-rigen Geschichtsschreibung gelten dieWerler als das hier angestammte Gra-fengeschlecht. Dagegen spricht aber Ei-niges. Nach Albert K. Hömberg ist Pfalz-graf Ezzo im Raum Menden und Hüstenauch als Graf nachgewiesen1). Zugleichwar er hier und im Raum Arnsberg dergrößte Grundherr. Da bleibt für die Wer-ler, die nachweislich auch hier begütertwaren, als mutmaßliche Grafen des Hat-terungaues kein Spielraum. Dagegensind die Werler östlich von Arnsberg, imGroßraum Meschede, als Grafen doku-mentiert.

Wenn jedoch Pfalzgraf Ezzo als Graf imHatterungau anzusprechen ist, dannmuss ihn auch sein Sohn Otto 1034 imAmt beerbt haben. Als Otto 1045 zumHerzog von Schwaben avancierte, ver-zichtete er auf das Pfalzgrafenamt zu-gunsten seines Vetters Heinrich II.. WennOtto sich schon des einflussreichen Pfalz-grafenamtes entäußerte, dann dürfte er,unter den veränderten politischen Kon-stellationen, auch auf das relativ bedeu-tungslosere Gaugrafenamt im Hatterun-gau verzichtet haben, zumal dadurchseine hiesigen grundherrschaftlichenRechte nicht tangiert wurden.

Hier bringen sich jedenfalls die Werler insSpiel. In dem gleichen Jahr ehelichte näm-lich Ottos 15-jährige Tochter Richeza III.den Grafen Hermann IV. von Werl-West-falen. Ich gehe davon aus, dass Richezaihrem Gatten die Anwartschaft auf dasGrafenamt als Mitgift eingebracht hat.

war der Enkel von Adolf I., dem 1. Vogtvon Deutz (1008-1044).

Wie ich schon in der ersten Folge ausge-führt habe, war Adolf I. mit ziemlicherSicherheit ein Sohn des Pfalzgrafen Her-mann Pusillus aus dessen zweiter Ehe,und somit ein Halbbruder des Pfalzgra-fen Ezzo. Adolf I. war Vater dreier Söhne:Hermann IV., Graf im Keldach- und Au-elgau, sowie Vogt von Deutz und St.Severin (1045-1068 urk.); Erenfried,Propst von St. Severin (1041-1047 urk.)und Adolf II., der 1041 als „Graf“ (Gauunbekannt) urkundlich genannt wird. Vondiesem sind zwei Söhne bekannt: Her-mann V. von Saffenberg (1041- 1091urk.), Graf im Auelgau und von Nörve-nich, sowie Vogt von Kornelimünster beiAachen; ferner der genannte Adolf III.,

Die Grafschaften Hövel, Arnsberg und Berg im Erzbistum Köln um 1100, nach A. K. Hömberg undJ. A. Polder von R. Stirnberg

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Als nun Hermann IV. nach kurzer Ehestarb (vor 1052), ohne einen männlichenErben zu hinterlassen, wurde dessenOheim Bernhard II., Graf im Bistum Pa-derborn, auch Graf in Westfalen, der dieLinie des Hauses Werl fortsetzte. Er waraber keineswegs automatisch auch Grafim Hatterungau; dieses Amt stand nunerbrechtlich Richezas zweitem EhemannGraf Otto von Northeim zu, den sie 1052/53 geheiratet hatte. Bis zu Ottos Erhe-bung zum Herzog von Bayern, 1061,dürfte er es auch ausgeübt haben. Erstjetzt betritt Graf Bernhard II. die Bühne,der 1061/62 das Grafenamt im Hatterun-gau übernommen haben könnte. Diesmuss mit Billigung des Northeimers, Ri-chezas und König Heinrichs geschehensein. Möglicherweise hatte auch Erzbi-schof Anno ein Wörtchen mitzureden.

Vermutlich hat man auch zu diesem Zeit-punkt die Eheberedung zwischen GrafBernhards Sohn Konrad und der Riche-zatochter Mechthild von Northeim, zweckseiner Legalitätsheirat getroffen; denn Erbedes Grafentitels wäre Mechthilds BruderHeinrich III., genannt der Fette, Graf inFriesland, gewesen (+1101).

Wenn das hier geschilderte Szenario sostimmen sollte, so muss es eine para-phierte Verzichtserklärung von Richezaund Otto von Northeim, für sich und ihrenoch unmündigen Kinder gegeben ha-ben, die aber, wie so viele Urkunden, dieZeitläufe nicht überdauert hat.

Zwischen dem Verlust Nordwestfalens,unter Graf Bernhard II. von Werl undseiner Übernahme der Herrschaft im Hat-terungau, vermute ich einen kausalenZusammenhang. Sollte Graf Bernharddadurch zumindest teilentschädigt wer-den?

Durch Zusammenfassung der WerlerComitate mit der Hatterungaugrafschaftschuf Graf Bernhard II. ein Großcomitat,das wenige Jahrzehnte später als „Graf-schaft Arnsberg“ firmierte. Dass wir GrafBernhard II. von Werl als Schöpfer die-ses Gebildes ansehen müssen, machtder in den achtziger Jahren des 11. Jh-dts. schwelende Erbstreit zwischen Bern-hards Söhnen Konrad und Ludolf deut-lich. Hiervon gleich näheres.

So wie es sich heute darstellt, machteGraf Bernhard II. die Rüdenburg bei Arns-berg zu seiner ersten Residenz im Hatte-rungau. Höchstwahrscheinlich war siezuvor der namensgebende Sitz des ers-ten Hauses der Edelherren von Rüden-berg, die zum Hochadel, der Nobilitätzählten, und den Grafen standesmäßiggleichgestellt waren.

Die Besitzungen der Rüdenberger, dieich heute, im Gegensatz zu früher, mit„von Rüdenberg I“, oder „von Rüden-

berg-Ardey“ bezeichne, verteilten sichim wesentlichen auf den Raum Arns-berg, Hüsten und den Haarstrang, ruhr-abwärts bis Schwerte. Die Westgrenzebildete hier der Kellerbach in Schwerte-Geisecke; heute die Grenze zwischenSchwerte und Holzwickede-Hengsen.Unter Ausklammerung des nachmaligenGerichtes Schwerte und des Reichsho-fes Westhofen, scheinen sie auch weiterwestlich im Ardeygebirge, im Raum Wit-ten, begütert gewesen zu sein; jedenfallswaren es deren Teilerben, die Edelher-ren von Wiclon/Ardey. Diesen Rüden-bergern und ihren Erben muss ich ananderer Stelle noch ein gesondertesKapitel widmen; ohne deren Geschichtewäre der Themenkreis um das Werdender Grafschaft Mark unvollständig.

Urkundlich werden die Edelherren vonRüdenberg-Ardey erst in der ersten Hälf-te des 12. Jhdts. greifbar. Aufgrund ihresStandes, und dass sie mehrheitlich mitAlloden, sprich freieigenen Gütern, bzw.ersessenem Reichsbesitz ausgestattetwaren, vermute ich in ihnen Töchter-nachkommen aus dem Hause der Ezzo-nen. So soll z.B. Richeza III. mehrereSchwestern gehabt haben, die dafür inFrage kämen. Denkbar wäre die Verbin-dung einer der Richezaschwestern miteinem westfälischen Großen; vielleichtsogar aus dem Hause der Werler. DieRüdenburg, plus zugehöriger Grundherr-schaft, wäre demnach das Erbteil dieserEzzonin gewesen, nach der sich die Ehe-leute und ihre Nachfahren auch nochspäter benannten, als ihr Stammsitz

Rekonstruktion der Rüdenburg von R. Stirnberg, nach der Aufmessung von Wilhelm Meiß, 1930.

Die Teilung der Grafschaft Arnsberg von 1103, nach A. K. Hömberg.

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schon längst in den Besitz der Werlerübergegangen war. Die Rüdenburg istjeden-falls keine Neugründung des 11.Jhdts., sondern hat schon zuvor als früh-geschichtliche Wallburg bestanden. Siewurde von Graf Bernhard und seinenNachfahren nur in Stein weiter ausge-baut2).

Neben den von Rüdenberg I blühte im12. Jhdt. ein weiteres Edelherrenge-schlecht, die „von Rüdenberg II“, die mitdem Ersteren, nach der heute vorherr-schenden Meinung, aber nicht einesStammes waren, sich aber auch nachder Burg benannten. Wie Hömberg nach-zuweisen versucht, waren diese Rüden-berger, die späteren Burggrafen vonStromberg, die Nachkommen von GrafBernhards Enkel Hermann, dem ältes-ten Sohn Graf Konrads von Werl-Arns-berg und der Mechthild von Northeim3).

Von den 4 Söhnen Graf Bernhards II.,Konrad (ab 1077 urk.), Heinrich, Bischof

von Paderborn (1079/89-1096 urk.), Lu-dolf, von dem gleich noch die Rede seinwird und Hermann, dem mutmaßlichenersten Edelherrn zur Lippe, wurde Kon-rad der Erbfolger des Vaters.

Im Jahre 1092 kam es zu einem FeldzugGraf Konrads in Ostfriesland, an demauch Konrads Ältester, der allenfalls 21-jährige Junggraf Hermann (aber schonVater eines Sohnes namens Konrad) mitteilnahm. Wie das Schicksal so spielt;der Feldzug gegen die friesischen Mor-seten, die „Moorsassen“, also die Moor-bewohner, diente vermutlich der Rück-gewinnung des den Werlern verlorenenEmsgaues, geriet aber zu einem Desas-ter. Graf Konrad und Sohn Hermann, undmit ihnen die Blüte des westfälischenAdels, erlebten ihres „clades variana“;sie endeten ihr Leben in den Sümpfendes Emsgaues.

Die Grafschaft Arnsberg, wie wir sie abjetzt nennen wollen, war verwaist. Dochnicht Hermanns kleiner Sohn, der nochein Säugling gewesen sein muss, wurdeder Nachfolger, sondern des gefallenenGrafen Konrads zweiter Sohn Friedrich,dessen kriegerischer Sinn und Lebens-wandel ihm später den Beinamen „Belli-cosus - der Streitbare“ eintrug. Wenn wirHömberg weiter folgen, so wurde Her-manns Sohn Konrad (II) mit etlichen,nicht sonderlich reichen Lehen abgefun-den. Sein Onkel Friedrich der Streitbareblieb auch nach Konrads SchwertleiteGraf von Arnsberg. Konrad und seinenNachkommen wurde danach der Mitbe-sitz der Rüdenburg eingeräumt, nach demsich seine Nachkommen als „Edelherrenvon Rüdenberg (II)“ bezeichneten. ImGegensatz zu den von Rüdenberg I, die1170 im Mannesstamm ausstarben, istvon den bis in die heraldische Zeit (ab1200) blühenden Rüdenberg II auch das

Wappen bekannt. Es zeigt einen stei-genden Rüden.

Auf den hypothetischen Konrad II. vonArnsberg, alias Konrad I. von RüdenbergII, den Hömberg, zu Recht oder zu Un-recht, wer weiß es, mit dem gleichnami-gen Konrad, Vogt von Hundem identifi-ziert, folgte der 1132 urkundlicheHermann I. von Rüdenberg, der nach derhier bei uns gebräuchlichen Ahn (Groß-vater)-Enkel (kleiner Ahn)-Leitnamens-sitte, den Namen seines Großvatersväterlicherseits führte. Dessen SohnKonrad II. (1165-1185 urk.) ehelichteGisela, die Erbtochter des BurggrafenHermann von Stromberg (1177 urk.),dessen Amt nun auf die Rüdenberg IIüberging. In unserer Geschichte spielendie von Rüdenberg-Stromberg keineRolle.

Hier ist wieder eine Zäsur fällig, und wirmüssen wieder zurückblenden zu demGrafen Konrad I. von Werl-Arnsberg undseinem Bruder Ludolf von Werl. Zwi-schen den beiden Brüdern kam es in denachtziger Jahren des 11. Jhdts. zumErbstreit. Der erbenlose Ludolf vermach-te daraufhin alle seine Güter und Rechte,auf die er Anspruch zu haben glaubte, andas Kölner Erzstift4). Diese „LudolfscheSchenkung“ sollte sich noch als verhäng-nisvoll erweisen. Zwar erhob Köln, nachLudolfs Tod (nach 1089), Ansprüche aufdessen Erbe, doch wurden diese vonGraf Konrad strickt abgelehnt und ihreRechtmäßigkeit bestritten. So ruhte dieSache einstweilen. Doch unter Graf Fried-rich dem Streitbaren wurden die Forde-rungen Kölns drängender. So kam es1102 zwischen Friedrich und dem KölnerErzbischof zum Krieg, der mit der Nie-derlage Friedrichs endete. Im Friedens-vertrag von 1103 diktierte der Erzbischofdie Bedingungen. Die GroßgrafschaftArnsberg wurde völlig zerschlagen undin Arnsberger wie Kölner Comitate, alsauch in Comitate unter gemeinsamerVerwaltung zersplittert. Sogar die gräfli-che Residenz, die Rüdenburg wurde ineine Arnsberger und Kölner Hälfte ge-teilt. Tatsächlich zeigt die heutige Ruinedes Palas der Rüdenburg diese Zweitei-lung, so besteht er aus zwei separatenWohneinheiten, mit getrennten Eingän-gen5).

Von diesem Schlag haben sich die Gra-fen von Arnsberg, trotz aller Kompensa-tionsversuche, nie mehr erholt.

Da die Rüdenburg durch den Kölner Mit-besitz für Graf Friedrich von Arnsbergentwertet war, erbaute er auf dem ge-genüber liegenden Berg, nur getrenntdurch die Ruhr, seine neue Residenz,die Burg Arnsberg. Vermutlich bestandhier schon eine vor- oder frühgeschicht-liche Wallburg.

Blick von der Schlossruine Arnsberg über das Ruhrtal auf den Rüdenberg. Foto: R. Stirnberg,1999.

Älteste Ansicht der Burg Arnsberg mit demvorgesetzten „Salentinbau“; den ErzbischofSalentin von Isenburg errichten ließ. NachBraun-Hogenberg um 1570.

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Hier muss zu dem Namen von Burg, Dorf/Stadt und Grafschaft Arnsberg etwas nach-getragen werden. Nach der bisherigenNamensforschung ist „Arns“ auf die Wur-zel „Aar = Adler“ zurückzuführen. Arns-berg wäre somit als Adlerberg, oder Ad-lerburg zu interpretieren. Gestützt wirddiese These dadurch, dass die Grafenvon Arnsberg einen einköpfigen Reichs-adler im Wappen führten. Doch mit dem„Aar“ hat der Name m. E. nichts zu tun.Wie G. Aders ausführt, ist „Arns“ eineandere Schreibweise von „Irmen, Ermenoder Eren“. Hier bringt sich zwangsläufigder Pfalzgraf Erenfrid/Ezzo, als Namens-geber, ins Gespräch. Wurde die Arnsburg= Eren(frids)Burg nach dem Pfalzgrafenund mutmaßlichen Graf des Hatterungau-es benannt und schon von den Ezzonengenutzt? Durch die beiden Burgen Arns-berg und Rüdenburg konnten jedenfallsdas Ruhr- und Walpketal effektiver kon-trolliert und gesperrt werden.

Hinzufügen möchte ich noch, dass nachder Elfenbeinsitula des Aachener Dom-schatzes, die Figur, die als Abbild Ezzosgilt, auf seinem Ovalschild (in vorheraldi-scher Zeit) möglicherweise einen Adlerführte. Zumindest lassen die noch vor-handenen Bohrlöcher diesen Schluss zu.Haben die Grafen von Werl-Arnsberg,als wahrscheinliche Amtsnachfolger derEzzonen im Hatterungau, auch dessenAmtssymbol, den einköpfigen Reichsad-ler als Wappen weitergeführt? Jedenfallssollte man diese These ernsthaft prü-fen6).

An dieser Stelle müssen wir den Hand-lungsfaden abermals unterbrechen undzu Adolf I. von Berg und seinen Nach-kommen zurückschalten.

Die Heimat der „Adolfinger“, wie wir dieNachkommen Adolfs I. als Grafen vonBerg auch nennen können, lag nicht imKeldach-, Deutz- oder Auelgau, also imGebiet der nachmaligen GroßgrafschaftBerg. Ihr Familienbesitz verteilte sichvielmehr links des Rheines, beidseitigder unteren Erft (siehe Karte). Zusam-men mit den Saffenbergern und den Gra-fen von Hochstaden, ihren Verwandten,verfügten sie hier über Allodial-besitz auf altem Königsgut, dessenVerwaltung bis zu ihrem Sturz die ezzo-nischen Pfalzgrafen innehatten.

Vermutlich erhielten sie die GrafschaftBerg als pfalzgräfliches Lehen von denGrafen von Sayn, den sogenannten „rhei-nischen Pfalzgrafen“, in der Nachfolgeder Ezzonen7).

Diese „Ur-Grafschaft“ dürfte aus den„Goen“ der aufgelösten GaugrafschaftDeutz gebildet worden sein. Näheres zurAuflösung der Gaugrafschaften in dernächsten Folge.

Als ersten Grafen von Berg finden wirAdolfs I. ältesten Sohn Everhard I. (1078-1104 urk.), den Vogt von Werden undBrauweiler. Da er keine Kinder hinterließbeerbte ihn sein Neffe Adolf III., der ältes-te Sohn seines jüngsten, schon verstor-benen Bruders Adolf II. (1072 - + 1090).

Adolf II. hatte 1072/73 Adelheid von Lau-fen geehelicht, die Erbin der westfäli-schen Großgrafschaft Huvili/Hövel (sie-he Karte). Deren Eltern waren Heinrichvon Laufen, Graf von Hövel, und Ida vonWerl, die einzige Tochter des GrafenBernhard III. von Werl-Hövel und Erbinder Grafschaft Hövel.

Adolf II., Vogt von Deutz, wurde somitauch Graf von Hövel. Neben seinemBruder Everhard I., Graf von Berg, er-scheint er auch als „advocatus de Mon-

te“ - Vogt von Berg, und 1090, kurz vorseinem Tode, als „advocatus hereditasde Monte“ - Erbvogt von Berg. Anschei-nend war damals schon klar, dass AdolfII., oder dessen Söhne, Everhard I. beer-ben würden. Da Adolf II. noch vor demBruder starb, wurde sein Sohn Adolf III.,in der Nachfolge des Vaters Graf vonHövel, und nach 1104 auch Nachfolgerseines Onkels Everhard I. als Graf vonBerg. Als solcher ist er erstmals 1115 urk.genannt.

Sein Bruder Everhard II. (1100 - + 1150)war mit einer namentlich nicht bekanntenFrau verheiratet und hatte eine Tochternamens Thietgard, über die wir abernichts näheres wissen. Als EverhardsGattin schon 1129 starb, nahm er dieKutte und trat dem Orden der Cistercien-ser zu Morimont bei. 1142 wurde er Abtdes Klosters Georgenthal bei Gotha.

Der jüngste Bruder Adolfs II., Bruno I.(1119 - 1137 urk.), war anscheinendschon von Geburt an für den geistlichenStand bestimmt. Ab 1119 finden wir ihn

Lageplan der Burg Berge und des KlostersAltenberg, von R. Stirnberg.

Die linksrheinischen Besitzungen und Rechteder Grafen von Berg. Nach G. Aders, DieHerkunft der Grafen von Berg.

Burg Berge. Blick auf das heutige Erdwerk, die einstmals ummauerte „Bastion“.Foto: R. Stirnberg 1999.

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als Propst an St. Castor zu Koblenz undals Domherr zu Trier. 1127 wurde erPropst von St. Gereon zu Köln. 1130erwählte man ihn zum Trierer Erzbischof.Er verzichtete jedoch und wurde am25.12.1131 Erzbischof von Köln (+ 1137in Bari/Italien).

Wenden wir uns nun dem namensge-benden Sitz des Geschlechtes und der

Grafschaft zu, der Burg Berge an derDhünn.

Die Reste der Burg Berge liegen aufeinem Sporn des Bülsberges, unweitdes Klosters Altenberg, etwa 30 m übereiner Dhünnbiegung, die hier den Fußdes unersteigbaren Burgfelsens um-spült. Den Zufahrtsweg vom Kloster Al-tenberg und das Burgtor schützte einst

ein mächtiges, durch starke Futtermau-ern hufeisenförmig eingefasstes hohesErdwerk mit vorgelagertem Halsgraben.Hiervon zeugt heute nur noch ein hoher,kegelförmiger Hügel, auf dem vermutlicheinst ein Wohn- und Wehrbau gestandenhat, wie zahlreiche Küchenabfälle unter-halb, am Steilhang zur Dhünn hin, vermu-ten lassen.

Das eigentliche Burgplateau ist durchspäteren Steinabbau um mehrere Meterabgesenkt worden. Irgendwelche Gebäu-defundamente konnten daher nicht fest-gestellt werden. Doch lassen sich anhandvon Küchenschuttabfällen am Hang, dieteilweise eine Stärke von zwei Meternerreichen, die Standorte von zwei weite-ren, langgenutzten Wohngebäuden loka-lisieren8).

Die Burg Berge war aber nur drei Gene-rationen lang Wohnsitz des BergischenGrafenhauses. Graf Adolf III. von Bergund Hövel (1093 - 1152) begann schon1118 mit der Verlegung seiner Residenzaus dem feuchten Tal der Dhünn, hinaufins trockenere Bergland. Nördlich vonWermelskirchen, hoch über dem Tal derWupper, erbaute er die Burg „Neuenber-ge“, das heutige „Schloss Burg“. Seinealte Burg, nun „Altenberge“ genannt,schenkte er, nebst allen zugehörigenGütern, den Cisterciensern von Morimont,die hier ein neues Kloster errichten soll-ten. Am 25. August 1133 bezogen dieersten Mönche die Burg Altenberge undbegannen sich hier provisorisch einzu-richten, während sie unten im Tal denGrundstein für ihr neues Kloster legten.Schon 1135, unter ihrem ersten Abt Berno(1135 - 1151) konnten die Mönche ihrneues Heim beziehen. Burg Altenbergewurde verlassen und diente für den Wei-terbau des Klosters und der Kirche alsSteinbruch. Im Namen des Klosters lebtjedoch ihr Name fort: „Vetus Mons - Al-tenberg“, dass zum Hauskloster der Gra-fen von Berg und ihrer letzten Ruhestättewurde. Am Ende seiner Tage fand hierauch Graf Adolf III. als Laienbruder Auf-nahme und wurde 1152 in der Klosterkir-che bestattet.

Den Standort seiner Burg Neuenbergehatte Graf Adolf III. gut gewählt. Hier konn-te weitaus großzügiger geplant und ge-baut werden, denn mittlerweile zähltendie Grafen von Berg zu einem der erstenHäuser des Rheinlandes und Westfalens,mit dementsprechenden Repräsentations-bedürfnissen. Natürlich hat Graf Adolf III.den endgültigen Ausbau nicht mehr er-lebt. Erst sein Urenkel Engelbert II., derErzbischof von Köln und letzter Graf desersten Hauses von Berg (+ 1225) vollen-dete 80 Jahre später die mittelalterlicheAnlage und baute sie zur stärksten Fes-tung der Grafschaft aus. Das heutigeSchloss Burg ist allerdings eine, im Zeit-

Das Gelände der alten Burg Berge nach dem Grabungsbericht von Matthias Untermann, 1979,mit den Küchenabfall-Schutthalden.

Ansicht des Klosters Altenberg von 1707.

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geschmack des späten 19. Jhdts. rekon-struierte Anlage, die aber auf den Rui-nen der alten Burg errichtet wurde. Siezeigt die Burg in ihrer letzten Bauphaseals Jagdschloss, so wie sie sich im 16.Jhdt. präsentierte.

In der nächsten Folge berichte ich überden weiteren Zerfall der Grafschaft Arns-berg und die Entstehung der GrafschaftAltena. Reinhold Stirnberg

Gedruckte Quellen:siehe Teil II, AS-Ausgabe 56, Sept. 2001

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Burg Neuenberge - Schloss Burg a. d. Wupper, Umzeichnung von R. Stirnberg nach G. A. Fischer,1892.

Blick auf den Palas und Innentor

Ansicht von Nordosten

Blick auf den Bergfried

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Bevor die Märker kamenAus der Vorgeschichte der Grafen von Altena-Mark und Isenberg

und der Entstehung der Grafschaften Mark und Limburg

Teil IV: Aufstieg und Niedergang: Altena und Arnsberg

Die Zerschlagung der GroßgrafschaftArnsberg, 1103, bedeutete nicht, dass derKölner Erzbischof Friedrich I. von Schwar-zenberg (1199 - 1231) oder seine Nach-folger die der Kölner Kirche zugefallenenComitate selbst verwalteten. Vielmehrsetzten sie dazu einheimische kleindy-nastische, von Köln abhängige Edelher-rengeschlechter ein, wie z. B. die vonRüdenberg II, von Volmarstein und Vol-marstein-Wiclon, von Bausenhagen undvon Hachen.

Hierdurch wurde, wie Hömberg ausführt,die festgefügte Machtstellung der Grafenvon Arnsberg zerstört, „... in dem er (derErzbischof) den Hauptgegner schwächteund ein Gleichgewicht der Kräfte anbahn-te, schuf er eine Lage, in der die kölnischeMacht in steigendem Maße zum aus-schlaggebenden Faktor der südwestfäli-schen Territorialpolitik werden musste.“1)

Graf Friedrich der Streitbare war nachden Ereignissen von 1103 ein in zweifa-cher Hinsicht „geschlagener Mann“; be-saß er doch keinen Sohn als Nachfolger,der das schwergeprüfte Haus Arnsbergwieder zu neuer Blüte hätte führen kön-nen. Vielmehr war er „nur“ mit drei Töch-tern gesegnet: Jutta, Ida und Adelheid.Letztere muss erheblich jünger als ihreSchwestern gewesen sein. Möglicher-weise wurde sie als „Nachkömmling“ erstkurz vor des Vaters Tod, oder gar post-hum geboren.

So blieb Graf Friedrich nichts anderesübrig, als auf einen geeigneten Schwie-gersohn als Nachfolger zu hoffen. SeinWunschkandidat war Graf Gottfried II.von Cappenberg (1118 urk. - + 1127), derca. 1120 Friedrichs älteste Tochter Juttageehelicht hatte. Gottfrieds Grafschaftlag nördlich der Lippe und westlich derGrafschaft Hövel, im Bistum Münster.Auf ihn richtete Graf Friedrich der Streit-bare alle sein Hoffnungen. Die Ehe desCappenbergers blieb jedoch kinderlos,bzw. Jutta von Arnsberg muss bereitsnach nur kurzer Ehe 1121 gestorbensein; vielleicht sogar im Kindbett.

Jedenfalls entsagte Graf Gottfried 1122den weiteren Freuden des weltlichenLebens und übergab, zusammen mit sei-nem geistlichen Bruder, Graf Otto, demPaten Kaiser Friedrich Barbarossas, BurgCappenberg, nebst reichen Gütern, dem

Ordensstifter Norbert von Xanten, derhier das erste Norbertiner- oder Prämons-tratenserstift Westfalens einrichtete; sogenannt nach dem 1120 von Norbert ge-gründeten Stammkloster im französischenPrémontré. Seine Grafschaft übertrugGraf Gottfried von Cappenberg dem Bi-schof von Münster, und trat selbst, alsLaienbruder, in das neugegründete Stift

oben links: Der hl. Gottfried übergibt 1122 seine Burg Cappenberg dem hl. Norbert von Xantenzur Gründung eines Klosters. Gemälde aus dem Prämonstratenserstift Geras in Niederösterreich.

oben rechts: Stifterdenkmal für Gottfried und Otto von Cappenberg, um 1320/30, in derStiftskirche zu Cappenberg.

unten: Das ehemalige Stift und heutige Schloss Cappenberg - Lithographie von P. Herle,Paderborn, um 1840.

ein, wo er bereits 1127 das Zeitliche seg-nete. Sein Bruder Otto fundierte mit sei-nen Besitzungen, die z.T. aus dem erbeder Reginmuod stammten, das KlosterVarlar. Er wurde später der zweite Propstvon Cappenberg. Er starb erst 1171.

Nunmehr stand für Graf Friedrich vonArnsberg nur noch sein zweiter Schwie-gersohn zur Disposition, der Mann sei-

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ner zweiten Tochter Ida: Graf Gottfried I.von Cuijk-Malsen (1129 urk. + 1154) ausden Niederlanden. Hierbei ist es nochunklar, ob diese Ehe noch zu LebzeitenFriedrichs geschlossen wurde. Sei eswie es sei, jedenfalls finden wir GrafGottfried I. im Jahre 1130 als Nachfolgervon Graf Friedrich. Mit ihm nimmt daszweite Arnsberger Grafenhaus seinenAnfang; das Haus der Grafen von Arns-berg-Cuijk, dass 1371 mit Graf GottfriedIV. erlosch.

Graf Friedrich der Streitbare starb etwafünfzigjährig, 1124, während eines Gast-mahles, angeblich an den Folgen seinerVöllerei. Wie die Fama berichtet, sei erwährend der Fresserei förmlich „ge-platzt“! Vielleicht ist dies auch nur eineletzte üble Nachrede über einen Mann,„der aller Welt Feind, und dem alle WeltFeind war.“

Graf Gottfried I. von Cuijk war nun auchGraf von Arnsberg. Freilich betrachteteer seine neue Grafschaft nur als Secun-dogenitur. Er residierte in seinen ange-stammten Erblanden, und dürfte dieGrafschaft und Burg Arnsberg nur seltenmit seiner Anwesenheit beehrt haben.

Dies änderte sich aber unter seinenSöhnen, den Grafen Heinrich I. (1145urk. - + 1200) und Friedrich II. von Arns-berg-Cuijk (1152 urk. - + 1164). Um1163 kam es unter den Brüdern um denBesitz der Grafschaft zum Streit, derGraf Friedrich II. auf der Verliererseitesah. Graf Heinrich I., der seinen Bruderabgrundtief hasste, nahm Friedrich ge-fangen und kerkerte ihn in der BurgArnsberg ein, wo er ihn 1164 elendigverschmachten ließ.

Dieser Brudermord sollte aber nicht un-gesühnt bleiben. Heinrich der Löwe, derHerzog von Sachsen, der Kölner Erzbi-schof Rainald von Dassel, die Bischöfevon Münster, Minden und Paderborn,sowie andere Helfer, zogen mit starkerÜbermacht heran und belagerten die

Burg Arnsberg, die 1165 erstürmt undzerstört wurde.

Das Diktat der Sieger war erdrückend.Zwar wurde Heinrich der Besitz der Graf-schaft Arnsberg weiter zugestanden,doch wurde er gezwungen u.a. seinengesamten Allodialbesitz der Kölner Kir-che zu übertragen und zu Lehen zu neh-men. Ferner musste er zur Sühne gelo-ben, das Kloster Wedinghausen beiArnsberg zu erbauen.2)

Heinrich I. und seine Nachfolger warennun endgültig in die Abhängigkeit derKölner Erzbischöfe geraten.

Der Sohn des ermordeten Grafen Fried-rich, Heinrich, genannt Niger, d.h. derSchwarze, zog aus dem Sieg über sei-nen Onkel aber keinen Gewinn. Ausge-stattet mit relativ bescheidenen Arnsber-ger Allodialgütern, begründete er dasHaus der Edelherren von Arnsberg, das1277 erlosch.

Schon vor der Niederlage von 1165 hatteGraf Heinrich I. von Arnsberg einen her-ben Verlust hinnehmen müssen, der sichbereits Jahre zuvor angebahnt hatte, undder 1161 mit der Bildung der GrafschaftAltena seinen vorläufigen Höhepunktfand. An dieser Stelle müssen wir zumVerständnis wieder zu den mächtig auf-strebenden Grafen von Berg zurückblen-den.

Auf Graf Adolf III. von Berg und Hövel (+1152), den Gründer des Klosters Alten-berg und der Burg Neuenberge, SchlossBurg a. d. Wupper, folgte dessen SohnAdolf IV. (*1090/92 + 1166) im Erbgang.Seit 1122 war er mit Irmgard von Schwar-zenberg verheiratet, der Tochter desGrafen Engelbert I. von Schwarzenberg,und Nichte des Kölner ErzbischofesFriedrich I. von Schwarzenberg. Aus die-ser Verbindung entstammten fünf Söh-ne. Der Erstgeborene Adolf, schon vor1148 vom Vater zum Grafen von Hövelernannt, fiel in diesem Jahr während des2. Kreuzzuges (1147 - 1149) vor Damas-

kus, ohne eheliche Leibeserben zu hin-terlassen. Nunmehr rückte dessen Bru-der Everhard (ab 1140 urk.) nach undwurde Graf von Hövel. Sein Bruder En-gelbert I. (1151 urk. - + 1189) war zumErben der Grafschaft Berg bestimmt undseit 1161 als Graf und Mitregent des Va-ters urkundlich. Er setzte die Hauptliniedes Hauses der Grafen von Berg fort. Diebeiden anderen Brüder Friedrich und Bru-no von Berg waren geistlichen Standes.

Friedrich (ab 1140 urk. + 1158) war Propstvon St. Georg in Köln und wurde 1156Erzbischof von Köln. Sein Bruder Bruno(1156 urk. + 1200) folgte dem Bruder1156 im Amt des Propstes von St. Georg.1160 wurde er Propst an St. Aposteln zuKöln und Domkustos; 1168 Dompropstzu Köln, und von 1191 - 1193 als BrunoIII. Erzbischof von Köln. Er resignierte

Schloss und Stadt Arnsberg mit dem Sühnekloster Wedinghausen (rechts). Kupferstich von Merian, 1646.

Rivalen um die Herrschaft in Westfalen:Oben: Rainald von Dassel, Erzbischof vonKöln 1159-1167, Kölner PfennigUnten: Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen1142/56-1180, Reitersiegel von 1161

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1193 auf sein Amt und zog sich in dasKloster Altenberg zurück, wo er 1200 alsMönch starb. Die Person, die für uns imVordergrund des Interesses steht, ist je-doch Graf Everhard von Berg-Hövel.3)

Die Grafen von Berg, treue Gefolgsleuteder Kölner Kirche, deren Geschlecht selbstvier Erzbischöfe hervorbrachte, haben vonihrer kölnfreundlichen Haltung natürlichprofitiert. So kontrollierten sie innerhalbdes Erzbistums Köln ein ungeheuer gro-ßes Territorium. Da war zum einen dienunmehrige Großgrafschaft Berg, welchedas Gebiet des ehemaligen Keldach-,Deutz- und Teile des Auelgaues umfass-te. Zum anderen war da ihre zweite Groß-grafschaft Hövel, von der aber zwei Drittelim Gebiet des Bistums Münster, und nurder Südteil mit den Goen Benkerheide

und Unna im Bistum Köln lag. Danebenwar es ihnen gelungen, wann ist unbe-kannt, die Grafschaft Bochum, bestehendaus den Goen Bochum und Hattingen inihre Hände zu bringen. Zwischen denSüdteil der Grafschaft Hövel und der Graf-schaft Bochum schob sich wie ein Sperr-riegel die Reichsvogtei Dortmund, beste-hend aus der später greifbar werdendenGrafschaft Dortmund, der sogenannten„Krummen Grafschaft“ und dem „Reichs-hof Westhofen“. Durch den Erwerb derKrummen Grafschaft konnte dieser Sperr-riegel von den Bergern erstmals durch-brochen werden.

Südlich der Grafschaft Bochum und derKrummen Grafschaft lag die kölnischeGrafschaft Volmestein, bestehend ausden Goen Hagen und Schwelm, welche

Stadt und Burg Altena nach 1861 – Farblithographie von J. Hesse. Museum der Grafschaft Mark,Burg Altena.

im Friedensdiktat von 1103 Arnsberg anKöln abgetreten hatte. Daran schlossensich östlich drei Arnsberger Goe an: El-sey, Iserlohn und Lüdenscheid. Letzterergrenzte wiederum südöstlich an die Graf-schaft Valbert-Plettenberg, nach der dieBerger auch schon begehrlich die Händeausgestreckt, und sie teilweise in ihrenBesitz gebracht hatten. Doch standen ih-nen hier kölnische Rechte entgegen. Sokonnte diese Grafschaft erst Ende des 14.Jhdts., von den Grafen von der Mark,endgültig vereinnahmt werden.

Spätestens in der Erbteilung von 1161,zwischen den Brüdern Everhard undEngelbert I. von Berg, erhielt Graf Ever-hard von Berg-Hövel auch die beidenwestfälischen Grafschaften Bochum undValbert-Plettenberg zugesprochen.

Etwa 1145 hatte sich der etwa 25-jährigeGraf Everhard von Berg-Hövel mit dervermutlich 20-jährigen Adelheid vonArnsberg, der jüngsten Tochter von GrafFriedrich dem Streitbaren vermählt. Nunbesaß aber Adelheid, zumindest theore-tisch, die gleichen Erbansprüche an derGrafschaft Arnsberg wie ihre ältereSchwester Ida, die aber nach dem Todedes Vaters nicht berücksichtigt wurden.Diese Ansprüche brachte Adelheid, quasials Mitgift, mit in die Ehe ein, und ihrGatte Everhard, gestützt auf seine Ber-gische Hausmacht, forderte diese vonden Arnsbergern auch ein. Er verlangteeine abermalige Teilung der Restgraf-schaft Arnsberg, sowohl in besitzrechtli-cher, als auch territorialer Art. Hierbeirichtete er sein Hauptaugenmerk auf daswestliche Filetstück der Grafschaft, dasden Arnsbergern verblieben war: denLenneraum, bestehend aus den GoenElsey, Iserlohn und Lüdenscheid.

Hiergegen erhoben Adelheids Schwager,Graf Gottfried I. von Arnsberg-Cuijk, undihr Neffe, Graf Heinrich I., vehement Ein-spruch. Bei König Konrad III. gelang esihnen 1150 ein Privileg zu erwirken, durchdas ihnen der Bau einer neuen Burg,vermutlich zum Schutz ihres gefährdetenwestlichen Gebietes gestattet wurde.4)

So entstand hoch über der Lenne unddem Nettetal, an der Mündung des Net-tebaches, auf der Bergzunge des Klu-senberges, „Wulfsegge“ genannt, das„castrum“ - die Burg Altena, welche na-mensgebend für die sich am Fuß desBurgfelsens und dem Lenneufer entwi-ckelnde Burgfreiheit und die Grafschaftwerden sollte. Die Bedeutung des Na-mens Altena ist unbekannt. Von „Al-to-nah/allzunah“ (von was?) ist er jedenfallsnicht herzuleiten.

Für ein Jahrzehnt gelang es so den Arns-bergern, die Begehrlichkeit des Bergerszu zügeln. Doch 1160 schaltete sich derKölner Erzbischof Rainald von Dassel in

Älteste Ansicht von Burg und Freiheit Altena. Lavierte Federzeichnung von Abraham Begeyn(1637/38 - 1697), von 1696/97. Museum der Grafschaft Mark, Burg Altena.

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den schwelenden Streit ein und interve-nierte zugunsten des Bergers. In seinemBestreben, die Grafen von Arnsberg wei-ter zu schwächen, die immer noch alsgefährlichste Gegner der Kölner Kirche inSüdwestfalen galten, zwang er Graf Hein-rich I., ihm die Burg Altena, nebst allemZubehör (Güter und Rechte) zu verkau-fen. Hierfür zahlte Rainald von Dasselden exorbitanten Kaufpreis von 1220Kölner Mark5). Das waren 285 kg Feinsil-ber, oder 195.200 Kölner Pfennige (1Mark = 160 Pfennige á 1,461 g). Bezogenauf die Reichswährung von 1871 wärendas heute nominal ca. 512.400 Euro. Die-se Summe entspricht aber nicht der mit-telalterlichen Kaufkraft der Kölner Pfenni-ge. Diese ist erheblich höher anzusetzen,aber kaum zu ermitteln.

Mit der Burg Altena und allen zugehöri-gen Gütern und Rechten belehnte derErzbischof 1161 Graf Everhard von Berg-Hövel. Gleichzeitig übertrug ihm GrafHeinrich I. von Arnsberg, gezwungenoder nicht, die drei genannten Goe mitallen Liegenschaften. Zeitgleich dazuübernahm Graf Everhard, wohl mit still-schweigender Duldung des Erzbischo-fes, die dortige Gogerichtsbarkeit, dieRechtsgrundlage der gräflichen Landes-hoheit. Diese drei Goe bildeten nun dienach der Burg benannte „Grafschaft Al-tena“, wonach Graf Everhard, ab 1161,und seine Nachfolger, den Titel „Grafvon Altena“ führten.6)

Nach meiner Sicht der Dinge firmiertendie Grafschaften Hövel, Bochum, dieKrumme Grafschaft und die GrafschaftAltena nicht unter dem Namen „GrafschaftAltena“, noch bildeten sie, wie Hömbergmeint, ein geschlossenes Territorium. Viel-mehr wurden die drei erstgenannten Graf-schaften von der Grafschaft Altena durcheinen ca. 3 km breiten, langgestrecktenStreifen längs der Ruhr, im Bereich vonArdey und Haarstrang, bestehend ausdem erst später greifbaren ReichshofWesthofen, auch das „Reich Westhofen“genannt, der Xantener Immunität Schwer-te, und der anschließenden Grundherr-schaft der Edelherren von Rüdenberg-Ardey, räumlich getrennt.

Dass die Grafen von Altena in diesemGebiet mit Streubesitz vertreten waren,so z.B. mit dem allodialen Hof zu Schwer-te, zu dem etwa 30 Höfe gehörten, sowiemit der Vogtei über die verstreuten Wer-dener Höfe mit dem Haupthof Hohen-schwerte, rechtfertigt m.E. nicht, darausauf eine Landeshoheit der Grafen vonAltena über dieses Gebiet zu schließen.Ihnen standen hier weitaus ältere undgrößere Rechte Anderer entgegen.

Die Hoheit über den Reichshof lag beimDeutschen König. Die Xantener Immuni-tät Schwerte war als Kirchenbesitz von

Karte der Grafschaften des Grafen Everhard I. von Altena-Berg, um 1161, und die GrafschaftArnsberg.

der gräflichen Gerichtsbarkeit ausgenom-men und unterstand, mit ihren umSchwerte konzentrierten ca. 60 Hufen,der Vogtei der Grafen von Kleve, alsErbvögten des Stiftes Xanten, die auchhier die Hochgerichtsbarkeit ausübten.Auch die Rüdenberger und ihre Nachfol-ger besaßen innerhalb ihres Territori-ums die Hochgerichtsbarkeit, wie wir nochsehen werden.

Es war daher das Bestreben von GrafEverhards Nachfolgern, diesen stören-den Korridor ihrer Jurisdiction, ihrer Lan-deshoheit, zu unterwerfen. Dies erklärtauch die Vehemenz, mit der um 1300 dieGrafen von der Mark mit den Erzbischö-fen von Köln um die Pfandschaft desReichshofes Westhofen stritten.

Dass die Grafschaft Altena, im Gegen-satz zur Burg, auch von dem KölnerErzbischof an Graf Everhard zu Lehenging, dafür fehlt m. E. der Beweis. Tat-sächlich betrachteten Graf Everhard und

seine Söhne die Grafschaft, und in zu-nehmenden Maße auch die Burg, als ihrallodiales Erbe.

Everhard von Berg, Graf von Altena, Hö-vel, Bochum und Valbert-Plettenberg, Vogtvon Werden, Essen und Cappenberg, starb1180. Seine Witwe Adelheid von Arnsbergnahm 1180 den Schleier und wirkte bis zuihrem Tode, im Jahr 1200, als Äbtissin derKlöster Meschede und Oedingen.

Everhard, der erste Graf von Altena, undAdelheid von Arnsberg waren die Elterndreier Söhne: Adolf, Arnold und Friedrich.

Adolf von Altena (1176 - 1220 urk.) fin-den wir 1176 als Domherr zu Köln. ImJahre 1193 wurde er, in der Nachfolgeseines Onkels Bruno III. von Berg, Erzbi-schof von Köln. Das Amt blieb somit inder Familie.

Ursprünglich den Welfen zugewandt,setzte er 1198 die Wahl des Welfen OttoIV. zum Deutschen König durch. In sei-

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ner westfälischen Herzogsgewalt durchdie Welfen zunehmend bedroht, wech-selte er 1204 in das Lager der Stauferund wurde dafür 1205 von Papst Inno-zenz III. gebannt. Adolf von Altena bliebaber im Amt und trat erst 1208 zurück,den Erzbischöflichen Stuhl dem neuge-wählten Dietrich I. von Heinsberg (Heim-bach?) überlassend. Als dieser wegenseiner Parteinahme für die Welfen vonPapst Innozenz III. 1212 exkommuni-ziert und abgesetzt wurde, übernahmAdolf von Altena kommissarisch das Amtdes Erzbischofs. 1114 ordnete der Papsteine Neuwahl an. Gewählt wurde Adolfsjüngerer Vetter Engelbert II. von Berg,dem er 1216 die Amtsgeschäfte über-gab. Adolf von Altena lebte hernach zu-rückgezogen und starb 1220 in Neuß.

Adolfs Bruder Arnold von Altena (1176 - +1209 urk.) war der älteste der Geschwis-ter. 1166 wurde er vom Vater zum Grafvon Hövel ernannt. 1173 finden wir ihn,zusammen mit seinem Bruder Friedrich,als Graf von Altena und Mitregent desVaters. Arnold war mit der Gräfin Mecht-hild/Mathilde von Holland vermählt (1200- 1223 urk.) und begründete die Linie derGrafen von Altena-Isenberg. Sein BruderFriedrich (1170 - + 1199 urk.) wird schon1170 als Graf von Altena und Mitregentdes Vaters urkundlich. Verheiratet mitAlveradis von Krieckenbeck-Millendonk,wurde er der Stammvater der Linie derGrafen von Altena-Mark.7)

Ehe wir in der nächsten Folge mit derGeschichte der Grafen von Altena weiterfortfahren, werfen wir einen Blick zurückauf die Grafen von Arnsberg. Graf HeinrichI. von Arnsberg, der Brudermörder, hinter-ließ zwei weltliche Söhne: Heinrich II. undGottfried II.. 1185 überließ Heinrich I. sei-nem jüngeren Sohn Gottfried II., mit Ein-verständnis des Bruders, die Regierungder Grafschaft Arnsberg, und trat als Mönchin das von ihm 1170 gestiftete Sühneklos-ter Wedinghausen ein, wo er 1200 starb.Fortan regierte Graf Gottfried II. (1175 - +1235), einträchtig mit seinem Bruder Hein-rich II. (1175 - 1217) als Mitregent, dieGrafschaft Arnsberg. Eine Erbteilung wur-de nicht mehr vorgenommen. Erst 1237einigte sich Gottfrieds Sohn, Graf GottfriedIII. mit seinem Vetter Konrad, dem SohneHeinrichs II., insoweit, dass Konrad mitden niederländischen Familienbesitzun-gen der Cuijker, sowie mit den arnsbergi-schen Liegenschaften nördlich der Lippe,und deren Mittelpunktsburg Rietberg ab-gefunden wurde8). Nach ihr nannten sichKonrad und seine Nachkommen: Grafenvon Rietberg, auf die ich an anderer Stellenoch zurückkommen muss.

Die Teilung von 1237 war die letzte die-ser Art, welche die arnsbergischen Ter-ritorien und Besitzungen zu verkraftenhatten. Nunmehr konnten Graf Gottfried

III. und seine Nachfolger darangehen„ihre zersplitterte Grafschaft durch Er-werb entfremdeter Teile abzurunden, umwenigstens im Kernraum ihres altenMachtbereichs ein geschlossenes Terri-torium aufzubauen“, wie Hömbergschreibt, „aber die vernichtenden Schlä-ge, welche die Erzbischöfe von Köln1102, 1160 und 1165 gegen die politi-sche Geltung des Arnsberger Grafen-hauses geführt hatten, waren nicht wiedergut zu machen.“

Von einem würgenden Ring kölnischerStädte eingekreist, von den Märkern

bedrängt und schwer geschlagen, dabeiohne einen männlichen Leibeserben alsNachfolger, tat Gottfried IV., der letzteGraf von Arnsberg, das einzig Richtige.Um seine Grafschaft nicht seinen ver-hassten Verwandten, den Grafen vonder Mark, zur Beute werden zu lassen,verkaufte er sie 1368 an das ErzstiftKöln. Die Grafschaft Arnsberg ging so indem sogenannten kölnischen Herzog-tum Westfalen auf.

Graf Gottfried IV. von Arnsberg, der letzteseines Stammes starb 1371 zu Brühl undwurde in einem Hochgrab im Kölner Dombeigesetzt. Den Deckstein seiner Tumbaziert sein vollplastisches Abbild. Es zeigtden Grafen in voller Rüstung, mit nebenihm liegendem Schwert, fast in Lebens-größe. Der starke, die Figur umgebendeeiserne Gitterkorb musste einst sein Ab-bild, und sein Grab, vor der Schändungdurch seine Feinde bewahren.

Alljährlich, an seinem Todestag erscheinteine Abordnung vor seinem Grab undlegt einen Kranz nieder. Auf seiner Schlei-fe ist zu lesen: „Die dankbaren Bürgerder Stadt Arnsberg“.

wird fortgesetzt

(Reinhold Stirnberg)

Hochgrab von Graf Gottfried IV. von Arnsberg im Kölner Dom.

Benutzte Quellen:

A. K. Hömberg, Geschichte der Comitatedes Werler Grafenhauses, Westf. Zeit-schrift, Nr. 100, 1950.

A. K. Hömberg, Geistliche und weltlicheLandesorganisation.

Aug. Hüsing, Der hl. Gottfried von Cap-penberg, Münster 1882.

Köln-Westfalen, 1180-1980, Landesge-schichte zwischen Rhein u. Weser, Köln1980.

Die Grafen von Limburg-Stirum, Teil I,Bd. I, Aschendorf, Münster 1976.

Westfälisches Urkundenbuch (WUB) II,V, VII, StADortmund, StASchwerte.

Seibertz Urkundenbuch, StADortmund.

Anmerkungen:

1) A. K. Hömberg, Comitate des WerlerGrafenhauses, Westf. Zeitschrift, Nr. 100,S. 58/59

2) WUB V, Nr. 144.

Bestätigung für die Stiftung von Weding-hausen durch Phil. v. Heinsberg, 1173.

Seibertz Urkundenbuch, Nr. 63

3)Vergl. E. Quadflieg, Genealogie d. Gra-fen von Limburg und Limburg-Styrum,Stammtafel 4: Grafen von Berg.

4)R. Wilmans u. F. Philippi, Die Kaiserur-kunden der Provinz Westfalen, Bd. 2, Nr.220.

5)Seibertz Urkundenbuch, Nr. 1072, § 88.

6) Seibertz Urkundenbuch, Nr. 53.

Die Kappenberger Urkunde von 1122,WUB II, Nr. 190, in der ein „Adolphuscomes de Althena“ als Zeuge genanntwird, ist nach Hömberg eine Fälschung.

7)Vergl. E. Quadflieg, a.a.O., Stammta-fel 5: Die Grafen von Altena, Isenbergund Limburg.

8) WUB VII, Nr. 464.

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Bevor die Märker kamenAus der Vorgeschichte der Grafen von Altena-Mark und Isenberg

und der Entstehung der Grafschaften Mark und Limburg

Teil V: Adolf, Arnold und Friedrich von Altena,im Zeichen von Löwe und Rose

Das Jahr 1180 markiert nicht nur denTod des Grafen Everhard von Altena,sondern steht auch für den bedeu-tendsten Einschnitt in der deutschenund westfälischen Geschichte: denSturz Heinrichs des Löwen und dieAufteilung seiner beiden HerzogtümerBayern und Sachsen. Zugleich stehenwir hier an der Schwelle eines ausge-henden Zeitalters, dem Hochmittelal-ter, dass 17 Jahre später, mit demTode Kaiser Heinrichs VI., dem SohneKaiser Friedrich Barbarossas, seinEnde finden wird. Mit dem Niedergangder kaiserlichen Macht und dem Be-ginn des Schismas im Reich dämmerteine neue Ära herauf: das Spätmittel-alter, in dessen Geschichte die Grafenvon Altena und die Grafen von Bergeine wichtige Rolle spielen. Da wir unshier an einer Schnittstelle der Ge-schichte befinden, müssen wir dienachfolgenden Ereignisse ausführli-cher behandeln, als zunächst vorge-sehen, und in das Jahr 1176 zurück-blenden.

Zu diesem Zeitpunkt besaß Herzog Hein-rich der Löwe eine quasi königgleicheStellung im heutigen Nord- und Mittel-deutschland, und hatte schon einenGroßteil der sächsischen Fürsten seinerHerrschaft unterworfen. Stets hatte ihmKaiser Barbarossa den Rücken freige-halten, doch als der Kaiser in diesemJahr, auf seinem 5. Italienzug, Heinrichden Löwen um dringend benötigte Mili-tärhilfe ersuchte, verlangte Heinrich dafürdie Übereignung der Reichsstadt Gos-lar. Als Barbarossa dies Ansinnen ab-lehnte, verweigerte der Löwe dem Kai-ser den Beistand und verursachte so dieNiederlage des Kaisers in der Schlachtvon Legnano. Dies hat Barbarossa Hein-rich nie verziehen.

Als nun 1177 die Kämpfe zwischen Hein-rich dem Löwen und den sächsischenFürsten erneut aufflammten, beschlossBarbarossa, nicht mehr zu Heinrichs Guns-ten in den Streit vermittelnd einzugreifen.So kam es denn 1178, auf dem Reichstagzu Speyer, zu einer Anklage der Fürstengegen Heinrich den Löwen wegen fortge-setzten Landfriedensbruch. Der Kaiserließ die Klage zu und dem Rechtsverfah-ren seinen Lauf. So wurde Heinrich der

Löwe, nach dem Landrecht, für Januar1179 auf einen Landtag nach Worms ge-laden, wo er sich zu rechtfertigen hatte.Da er dort nicht erschien, und auch denbeiden anderen Ladungen nicht Folgeleistete, wurde im Juni durch die Fürstenüber Heinrich die Acht ausgesprochen.

Gleichzeitig eröffnete der Kaiser gegenihn ein lehnrechtliches Verfahren, we-gen Nichtachtung der Kaiserlichen Ma-jestät, durch Nichtbefolgen der kaiserli-chen Ladung im landrechtlichenVerfahren. Da Heinrich der Löwe auchdiesmal den dreimaligen Ladungen nichtfolgte, erging im Januar 1180 das Urteildurch den Fürstenspruch: Heinrich demLöwen wurden alle seine Reichslehenaberkannt.

So kam es im April 1180 zu dem denk-würdigen Reichstag von Gelnhausen, aufdem Heinrichs Reichslehen neu verge-ben wurden. Das „sogenannte“ Stam-mesherzogtum Sachsen wurde geteilt.Mit der Herzogswürde von Westfalen undEngern belehnte der Kaiser die KölnerErzbischöfe, in Person von Philipp vonHeinsberg (1167-1191), dem Nachfol-ger Rainalds von Dassel. Mit der Her-zogsgewalt im östlichen Sachsen be-traute er den Grafen Bernhard III. vonAnhalt (1180-1212), den jüngsten SohnAlbrecht des Bären. Mit dem HerzogtumBayern, dass sich von Oberfranken biseinschließlich nach Tirol erstreckte, be-lehnte der Kaiser den Pfalzgrafen Otto I.von Wittelsbach (1180-1183), nachdemzuvor die Steiermark von Bayern abge-trennt und als selbstständiges Herzog-tum dem bisherigen Markgrafen OttokarVI. (1164-1192) verliehen wurde.

Im Juni 1180, genau ein Jahr nach Ver-hängung der Acht, verfiel Heinrich derLöwe der „Oberacht“, der vollen Rechtlo-sigkeit. Gleichzeitig begann gegen ihnder mit Hilfe der Reichsfürsten vorberei-tete Reichskrieg. Auch der frischgeba-ckene Herzog von Westfalen und Eng-ern, Philipp von Heinsberg, führte 1700rheinische und westfälische Ritter derReichsexekutionsarmee zu. Nach wech-selvollen Kämpfen unterlag Heinrichschließlich und musste sich im Novem-ber 1181, auf dem Reichstag zu Erfurt,dem Kaiser unterwerfen. Heinrich wurdegezwungen auf alle seine Reichslehenzu verzichten und auf 3 Jahre in dieVerbannung zu gehen. Von allen seinenBesitzungen verblieben ihm nur seineAllode Braunschweig und Lüneburg, diespäter das gleichnamige dritte sächsi-sche Herzogtum bilden sollten. Im Som-mer 1182 begab sich Heinrich der Löwe

Oben: Kaiser Friedrich Barbarossa, Goldbulle,Lüttich um 1154/55.

Mitte: Gelnhäuser Urkunde von 1180, seit 1945verschollen.

Unten: Pfennig des Kölner Erzbischofs Philippvon Heinsberg als Herzog von Westfalen undEngern, mit Krummstab und Lehnfahne, denAttributen der geistlichen und weltlichenHerrschaft. Köln 1180-1191.

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ins Exil zu seinem Schwiegervater KönigHeinrich II. von England, aus dem er1185 nach Deutschland zurückkehrte.Soweit bis hierher.

Die Ernennung des Kölner ErzbischofsPhilipp von Heinsberg zum Herzog vonWestfalen und Engern dokumentierte dieseit 1945 verschollene „Gelnhäuser Ur-kunde“, die Sie hier abgedruckt finden.Mit dieser Urkunde wurde Philipp vonHeinsberg keineswegs in sein Herzog-tum eingesetzt, vielmehr wurden ihmdamit nur sein Herzogstitel und seineRechtsansprüche verbrieft. Die Durch-setzung der herzoglichen Gewalt bliebihm selbst überlassen.

Sofort nach seinem Amtsantritt als Erzbi-schof hatte er 1167 damit begonnen diestrategisch wichtigsten allodialen Burgendes westfälischen Adels aufzukaufen, umseine Macht innerhalb des ErzbistumsKöln weiter auszubauen. Die Burgen nebstZubehör wurden anschließend wieder alsKölner Lehen an die Vorbesitzer ausge-geben, die sich somit in kölnische Lehns-abhängigkeit begaben. Diese Gütererwer-bungen forcierte Philipp von Heinsbergseit 1180 ganz entscheidend. Als er 1191starb, hatte er insgesamt fast 50.000 Köln-er Mark dafür aufgewendet; das waren11,7 Tonnen Feinsilber!

Wie das Deutsche Reich, so sollte auchsein Herzogtum als Lehnstaat organi-siert sein, der auf der gegenseitigen Treuezwischen Lehnsherr und Lehnsvasallenbasieren sollte. Doch dieser mittelalterli-che Idealstaat blieb eine Fiktion. Er schei-terte letztlich im 13. Jhdt. an den partiku-laren Interessen des Adels, wie im Reichder Kaiser, an denen der Fürsten. We-sentlichen Anteil an dem Scheitern hat-ten in Westfalen die Grafen von Altena,bzw. ihre Nachfahren, die Grafen vonder Mark.

Burg Altena um 1860. Holzstich aus LevinSchücking: Das malerische und romantischeWestfalen.

Welche Pläne Graf Everhard von Altenahinsichtlich seiner Nachfolge gehegt hattewissen wir nicht. Möglicherweise war eineArt Doppelherrschaft seiner beiden welt-lichen Söhne, Arnold und Friedrich, un-ter der Führung des politisch regsame-ren Arnold geplant. Doch es sollte anderskommen.

Das Verhältnis zwischen den Brüdernscheint nicht ganz spannungsfrei gewe-sen zu sein. Jedenfalls kam es spätestens1180, nach dem Tode des Vaters, auswelchen Gründen auch immer, zu einerTeilung der väterlichen Erbmasse. Wennwir Uta Vahrenhold-Huland1) folgen, sowar Friedrich von Altena der Initiator derErbteilung, für deren Art es in Westfalenkein Beispiel gibt. Im Gegensatz zur Berg-Altenaischen Territorialteilung von 1161,haben wir es hier mit einer Gemengetei-lung zu tun. Es war eine peinlich genaueTrennung von Gerechtsamkeiten, Allo-den und Lehen, nach folgendem Tei-lungsprinzip:

1. Beide Brüder besaßen gemeinsame,unteilbare Rechte an demselben Objekt.

2.Beide Brüder verfügten über getrennteRechte an demselben Besitz.

3.Beide Brüder hatten verschiedene Gü-ter oder Rechte an demselben Ort.

4.Beide Brüder besaßen Rechte und Be-sitzungen in benachbarten Orten.

Nach diesem Teilungsmodus ging manauch bei der Aufteilung der GrafschaftenHövel, Bochum und Altena zu Werke, diehierbei zersplittert wurden. Die sogenann-te Großgrafschaft Hövel bestand aus 3Comitaten, den Grafschaften Warendorf,Ahlen und Unna, wobei Warendorf undAhlen im Bistum Münster (nördlich derLippe) lagen; das Comitat Unna dage-gen im Erzbistum Köln (südlich der Lip-pe). Jedes einzelne Comitat wurde nunzwischen den Brüdern geteilt. So fiel derGo Warendorf Arnold zu; der Go Telgtegelangte an Friedrich.

Im Falle des Comitats Ahlen kam der GoRinkerode, mit der alten Stammburg Hö-vel, die zuvor Arnold besessen hatte, anFriedrich von Altena. Der Go Ahlen wur-de Arnold zugeteilt. Bei der Teilung des

Karte der Altenaischen Teilung von 1180-1199, zwischen Arnold und Friedrich von Altena.

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Oben: Burg Mark an der Lippe. Nach einemGemälde von Wilhelm Quincke. Umzeichnungvon R. Stirnberg.

Mitte: Burg Mark, Rekonstruktion von R.Stirnberg.

Unten: Burg Mark, Lageplan von 1688.

Rekonstruktion der Burg Isenberg bei Hattingen. Umzeichnung von R. Stirnberg.

Comitats Unna erhielt Arnold den GoBenker Heide; Friedrich den Go Unna. ImGo Benker Heide, nur wenige Kilometervon seiner ehemaligen Burg Hövel ent-fernt, gründete Arnold, unmittelbar ander Lippe, seine neue Burg Nienbrügge.

Vermutlich erst in den neunziger Jahrenwurde auch die Grafschaft Bochum ge-teilt. Hierbei erhielt Friedrich den größe-ren Go Bochum; Arnold wurde mit demkleineren Go Hattingen abgefunden, so-wie mit der anschließenden Vogtei derReichsabtei Essen. Außerdem bekam ernoch die Krumme Grafschaft zugespro-chen.

Auch bei der Teilung der Grafschaft Alte-na war Arnolds Teil der Kleinere. Ihm fielder Go Elsey zu, die ZwerggrafschaftOsteric/Oestrich und der nördliche Teil

der ehemals arnsbergischen Hälfte des1103 zwischen Köln und Arnsberg ge-teilten Comitats Menden. Friedrich be-kam den Südteil, wie auch den Go Iser-lohn und den großen Go Lüdenscheid.Auch die altenaischen Rechte an derGrafschaft Valbert-Plettenberg wurdenFriedrich übertragen. Zu den Teilungensehen sie bitte die abgedruckte Karte2).

Die Altenaische Teilung war kein Pro-zess, der in einem Zuge durchgeführtwurde, sondern zog sich vermutlich bisin die neunziger Jahre hin. Als Friedrichvon Altena 1199 starb, muss er jedochunumkehrbar vollzogen gewesen sein.Ansonsten hätte Friedrichs Sohn, GrafAdolf I. von Altena (1199-1249), wohlkaum unwidersprochen das Erbe desVaters antreten können.

Obwohl Arnold und Friedrich, beide zugleichen Teilen, ihre Stammburg Altenavon Köln zu Lehen trugen, zog sich Arnoldschon früh daraus zurück. So verkaufte erseinen Anteil nicht etwa an seinen Bruder,

sondern an seinen Lehnsherrn, den Erzbi-schof Philipp von Heinsberg. Nach Phi-lipps Tod ist der Anteil an der Burg wiederan Arnold gelangt. Im Jahre 1200 hat Ar-nold seine Rechte abermals veräußert;diesmal an seinen Bruder Adolf von Alte-na, den damaligen Kölner Erzbischof undHerzog von Westfalen.

Den Verkauf seines Anteils an der BurgAltena könnte man als unfreundlichenAkt Arnolds gegenüber seinem BruderFriedrich auslegen, bescherte er dochdadurch dem Bruder den Erzbischof zumHausgenossen, bzw. dessen Ministeria-len als Burgmannen. Friedrich war somitnicht mehr Herr im eigenen Haus und dieBurg für ihn praktisch entwertet, wieweiland die Burg Rüdenberg für GrafFriedrich den Streitbaren von Arnsberg.Doch lagen die Verhältnisse hier anders.So waren die Grafen von Altena keineFeinde, sondern stets treue Gefolgsleu-te der Kölner Erzbischöfe. Doch war daskeine Garantie für die Zukunft, in einerZeit, in der Bündnisse oftmals raschergewechselt wurden als Hemden. Darumist es durchaus denkbar, dass Arnold zudem Verkauf von Philipp von Heinsberggenötigt wurde, um allen Eventualitätenvorzubeugen. Genauso denkbar ist esauch, dass der Erzbischof der eigentli-che Initiator der Altenaischen Teilungwar, um die Möglichkeit der Entstehungeiner großen territorialen Herrschaft inseinem Herzogtum schon im Ansatz zuverhindern. In aller Freundschaft ver-steht sich.

Graf Arnolds Hauptsitz war anfangs dievon ihm gegründete und Philipp vonHeinsberg zu Lehen aufgetragene BurgNienbrügge, westlich der heutigen StadtHamm. Aber auch Friedrich schuf sichhier, in unmittelbarer Nachbarschaft desBruders, einige Kilometer östlich vonHamm, einen neuen Sitz. So erwarb er,angeblich von dem Edelherrn Rabodovon der Mark, dessen Lehnrechte an derBurg Mark. Die Burg, nebst allen Gütern,hatte Rabodo bereits 1170 an Philippvon Heinsberg für 200 Mark verkauft undals Lehen zurückerhalten. Jedenfallswurde Friedrich, wann ist unklar, damit

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belehnt. Zumindest geht man heutedavon aus. Zwar finden wir die Burg imGüterverzeichnis des Heinsbergers, dochfehlt darin der Name des Lehnsneh-mers3).

Übrigens darf der genannte Rabodo vonder Mark nicht mit dem Edelherrn Rabo-do von Rüdenberg (1166-69 urk., +1170)verwechselt werden, der uns später nochbeschäftigen wird. Es handelt sich umzwei verschiedene Personen, die beidezusammen in einer Kölner Urkunde von1169 als Zeugen auftreten4).

Burg Mark war als Niederungsburg einejener typischen Wasserburgen vom Zwei-Inseltyp, eine Motte mit Vorburg, wie wirsie zahlreich in Westfalen und am Nie-derrhein finden. Wie mag sie wohl aus-gesehen haben?

Der Maler Wilhelm Quincke hat 1954,nach den Forschungen von G. Flume,von 1934, eine Ansicht der Burg gefer-tigt. Die Darstellung der Burg Mark, alseinem „Westfälischen Camelot“, ent-spricht nicht den tatsächlichen Befun-den. Ich habe daher, nach einer Kartevon 1688 und einem Aufriss von ErnstDossmann5), eine etwas realistischereAnsicht gezeichnet.

Friedrichs Sohn, Graf Adolf I., machte siezum Hauptsitz seiner Familie, nach derer sich ab 1225/26 nur noch „Graf vonder Mark“ nannte; ein Name, der fortanzum „Geschlechtsnamen“ dieses Zwei-ges der Grafen von Altena wurde.

Graf Friedrich von Altena trug noch eineweitere große Burg vom Erzbischof zuLehen. Es war die Hauptfeste des GoesHattingen, die Isenburg, unweit der spä-teren Stadt Hattingen, an der Ruhr gele-gen. Vermutlich im Zuge der Teilung derGrafschaft Bochum hat sie Friedrich anseinen Bruder abgetreten, in dessen Gosie nunmehr lag. Jedenfalls finden wirdie Burg 1200 im Besitz von Arnold.Arnolds Sohn und Nachfolger Friedrich

Die Annahme von Wappen durch die Grafen von Altena und Berg, im letzten Jahrzehnt des12. Jhdts.

II. machte sie 1209 zu seinem Hauptsitz,nach dem er sich nachfolgend „Graf vonIsenberg“ nannte.

In den siebziger Jahren des 20. Jhdts.hat man die 1225/26 total zerstörte Isen-burg ausgegraben und rekonstruiert. Ichhabe von einer schlechten Fotokopieder Rekonstruktionszeichnung eineUmzeichnung angefertigt.

Um 1200 teilte sich das Haus Altenaendgültig in die von Graf Arnold begrün-dete Linie Altena-Isenberg und in dieFriedrich’sche Linie von Altena-Mark.Diese Trennung drückte sich auch in denWappen der beiden Linien aus. Erst imletzten Jahrzehnt des 12. Jhdts. hattenbeide Brüder, wie auch ihr Vetter GrafAdolf V. von Berg, jeder für sich, einWappen angenommen. So wählte Ar-nold eine mehrblättrige Rose6); Fried-rich dagegen einen „steigenden, ein-schwänzigen Löwen“. Hierzu späternäheres. Graf Adolf V. von Berg führtezwei beidseitig gezinnte Balken imSchild7). Ob die Wappenfarben schondamals mit denen des 14. Jhdts. iden-tisch waren, rote Rose auf Silber, undroter Löwe auf Gold, bleibt unbekannt.Weder ihr gemeinsamer Großvater, GrafAdolf IV. von Berg, noch ihre Väter, dieBrüder Graf Everhard von Altena undGraf Engelbert I. von Berg, hatten zuvorein Wappen geführt8). Dies ist auch nichtweiter erstaunlich, denn erst in den letz-ten beiden Jahrzehnten des 12. Jhdts.fand das Wappenwesen, genauer ge-sagt die „Kriegsheraldik“, von Englandüber Frankreich kommend, auch im Deut-schen Reich Eingang. Die Wappen derGrafen von Altena und von Berg gehö-ren darum zu den Ältesten des Rhein-landes und Westfalens.

Sucht man nach den Gründen warumgerade Arnold die Rose und Friedrichden Löwen zum Wappen erkoren, sostößt man auf Zusammenhänge, die unstief in die politischen Wirren jener Tage

führen können, und in der Arnolds undFriedrichs Bruder Adolf von Altena eineHauptrolle spielen sollte.

Im Jahre 1190 war Kaiser Friedrich Bar-barossa auf dem Kreuzzug ins HeiligeLand gestorben. Sein Sohn und Nachfol-ger Heinrich VI., Deutscher König seit1169, Kaiser seit 1191, musste ein schwe-res und bedeutendes Erbe antreten, andem er gemessen wurde. Da war seinKampf um Sizilien, das Erbe seiner FrauKonstanze; gegen den Gegenkönig Tank-red von Lecce und Papst Cölestin III., derum jeden Preis die Umklammerung desKirchenstaates durch das DeutscheReich der Staufer und ein staufischesSizilien verhindern wollte. Und da warennoch der Konflikt und die Kämpfe mitHeinrich dem Löwen, der ihm ständig dieKrallen zeigte. Aber auch sonst blies ihmin Deutschland der Wind ins Gesicht.

Oben: Kaiser Heinrich VI. (1191-1197), Siegelvon 1191.

Mitte: Adolf von Altena, Erzbischof von Köln undHerzog von Westfalen. Kölner Pfennig, um 1200.Badisches Landesmuseum Karlsruhe.

Unten: Richard Löwenherz, König von England(1189-1199). Zweites Siegel von 1194.

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Durch sein rücksichtsloses Eingreifen inden Lütticher Bistumsstreit hatte er 1192die meisten Fürsten am Mittel- und Nie-derrhein, darunter auch die Erzbischöfevon Köln, Mainz und Trier und die Herzö-ge von Brabant und Limburg, in ein anti-kaiserliches Bündnis getrieben, das zu-nehmend auch im Reich, bei derrömischen Curie, in Sizilien und in Eng-land Rückhalt fand. So wurde die LageEnde 1192 für Kaiser Heinrich sehr ge-fährlich. Der Sturz des Kaisers schien nurnoch eine Frage der Zeit. Da rettete ihnim Dezember 1192 ein Glücksfall, dieGefangennahme des vom Kreuzzug zu-rückkehrenden englischen KönigsRichard Löwenherz durch Herzog Leo-pold von Österreich, der ihn Kaiser Hein-rich überstellte. Auch Richard Löwen-herz zählte zu Heinrichs Feinden. So warer mit Tankred von Sizilien verbündetund kämpfte mit Heinrichs Bundesge-nossen, dem französischen König Phi-lipp II. August aus dem Haus der Cape-tinger, um die Vorherrschaft in Frankreich.Außerdem war Richard der Schwagervon Heinrich dem Löwen.

Auf der Reichsfeste Trifels wurde Richardzwar in ehrenvoller Haft gehalten, dochrücksichtslos nutzte Heinrich die Situati-on aus und erzwang von Richard dieZusage eines ungeheuren Lösegeldes inHöhe von 150.000 Mark (35,1 TonnenFeinsilber), sowie einen jährlichen Tributvon 5.000 Mark. Ferner musste er Eng-land vom Kaiser zu Lehen nehmen undHeinrich den Lehnseid leisten. Als dieungeheuerlichen Forderungen des Kai-sers in England bekannt wurden, dieRichard zu erfüllen versprochen hatte,versuchte Richards Bruder Prinz John,der Reichsverweser Englands, währendder Teilnahme des Königs am Kreuzzug,Richards Freilassung zu verhindern.

Durch die Gefangennahme des Königsihrer wichtigsten außenpolitischen Stüt-ze beraubt, gab die Opposition ihrenWiderstand gegen den Kaiser vorerst

Die Siegel der Kontrahenten im deutschen Thronstreit; links: König Philipp von Schwaben, rechts:König Otto IV. von Braunschweig.

auf. Während des Fürstenaufstandes von1192 hatte es sich gezeigt, dass derKölner Erzbischof Bruno III. von Berg(1191-1193), der Nachfolger von Philippvon Heinsberg (+1191), mit seiner Rolleüberfordert war. Er resignierte daher1193 auf Amt und Würden und zog sichin sein Hauskloster Altenberg zurück, woer am 23.4.1200 starb. Zum Nachfolgerwurde Brunos energischer Neffe Adolfvon Altena erwählt, der Bruder von Ar-nold und Friedrich von Altena. Sofortnach seinem Amtsantritt setzte sich Adolfvon Altena, wenn auch vergeblich, fürdie sofortige Freilassung von RichardLöwenherz ein. Das sollte sich für Adolfnoch in barer Münze auszahlen.

Am 4.2.1194 kam Richard Löwenherzendlich frei, nachdem der letzte Pennydes Lösegeldes gezahlt war. HeinrichsKriegskasse war nun gut gefüllt und sokonnte er nun die Eroberung Siziliens inAngriff nehmen, da sein WidersacherTankred von Lecce am 20.2.1194 ge-storben war, wie kurz nach ihm auch seinSohn Roger II. Zuvor gelang es Heinrich,im März 1194, mit Heinrich dem LöwenFrieden zu schließen. Anderthalb Jahrespäter, am 6.8.1195, ist der alte Löwe,im Alter von 66 Jahren gestorben.

So schien alles zum Besten bestellt unddie Eroberung Siziliens fand ihren Ab-schluss in Heinrichs Krönung zum Königvon Sizilien, am ersten Weihnachtstag1194 im Dom zu Palermo. Einen Tagspäter wurde sein einziger Sohn Fried-rich geboren, den man später als Kaiser„das Staunen der Welt“ nennen würde.Kaiser Heinrich VI. stand nun auf demHöhepunkt seiner Macht.

Nunmehr verfestigten sich Kaiser Hein-richs Pläne dahingehend, die Oberho-heit des Imperiums gegenüber anderenStaaten durchzusetzen, und durch dieEroberung des oströmischen Reichesdie Einheit des alten römischen Imperi-ums wiederherzustellen. Diesem Zielesollte u.a. auch der für Weihnachten

1196 geplante Kreuzzug dienen. Dochzuvor musste im Reich die Erbfolge sei-nes Hauses gesichert sein. Zu diesemZweck kehrte Heinrich im Juni 1195 nachDeutschland zurück. Damit nahm dasVerhängnis seinen Lauf.

Auf den beiden Reichstagen von Geln-hausen und Worms, Oktober und De-zember 1195, fand der Kreuzzugsaufrufstarken Widerhall, und viele Fürstennahmen das Kreuz. Doch als Heinrichauf dem Wormser Reichstag versuchtedie Wahl seines noch nicht einjährigenSohnes zum deutschen König zu errei-chen, wurde dies einhellig abgelehnt.Nun unterbreitete Heinrich den Fürstenim Februar 1196 den sogenannten „Erb-reichsplan“, der die erbliche Thronfolgesicherstellen sollte. Für den Verzicht aufihr Wahlrecht bot er den geistlichen Fürs-ten den Wegfall des Spolienrechtes9),und den Weltlichen die Erblichkeit ihrerReichslehen in männlicher und weibli-cher Linie an, wie auch in den Seitenlini-en. Im April 1196 ging ein großer Teil der

Der Welfenlöwe von Burg Dankwarderode inBraunschweig, errichtet 1166.

Siegel Heinrichs des Löwen, vor 1188 (1180?).

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dafür ausgesprochen hatte, wertete ihnHeinrich als angenommen. Heinrich gingnach Rom, um auch Papst Coelestin denPlan schmackhaft zu machen. Doch derPapst lehnte den Erbreichsplan ab. Auchin Deutschland war es Adolf von Altenaschließlich gelungen, die Mehrzahl derFürsten auf seine Seite zu bringen, sodass der Plan auf dem Fürstentag imOktober endgültig verworfen wurde.Daraufhin zog ihn Kaiser Heinrich zu-rück. Im Gegenzug konnte er aber dieWahl seines Sohnes Friedrich zum Deut-schen König durchsetzen, die im Dezem-ber 1196 vollzogen wurde.

Als sich im Frühjahr 1197 in Süditaliendie ersten Kreuzfahrer aus Deutschlandsammelten, brach in Sizilien ein Aufstandaus, der von Kaiser Heinrich VI. im Maiund Juni brutal und grausam niederge-worfen wurde.

Mittlerweile schritten die Vorbereitungenfür den Kreuzzug gut voran, den nicht derKaiser, sondern Bischof Konrad von Hil-desheim und der Reichsmarschall Hein-rich von Kalden anführen sollten; derKaiser war dazu gesundheitlich nicht mehrin der Lage. Am 28. September 1197,gerade als die ersten Schiffe der Kreuz-fahrerflotte in See gegangen waren, istKaiser Heinrich VI. an der Malaria gestor-ben, mit der er sich 1191 vor Neapelinfiziert hatte. Er war noch keine 32 Jahrealt. Seine letzte Ruhestätte fand er imDom zu Palermo.

Heinrichs früher Tod war die schlimmsteKatastrophe in der Geschichte des Mittel-alters. Er beendete die bisherige Reichs-politik der Staufer, die von Friedrich Bar-barossa begonnen und von Heinrichfortgesetzt, das Kaisertum, allen Wider-ständen zum Trotz, auf eine bis dahinunerreichte Höhe geführt hatte. Sein Todspülte Kräfte empor, die in Deutschlandund Europa „eine neue politische Ord-nung herbeiführen sollten. So ist das Jahr1197 das entscheidende Wendejahr inder Geschichte der deutschen Kaiserzeitgeworden“ (Bruno Gebhardt). Eine die-ser Kräfte war der Erzbischof von Kölnund Herzog von Westfalen - Adolf vonAltena.

Auf die Nachricht vom Tode Kaiser Hein-richs brachen in Italien Aufstände aus.Heinrichs Bruder, Herzog Philipp vonSchwaben, sollte den Thronfolger zu sei-ner Krönung nach Aachen bringen. We-gen der Aufstände musste er umkehrenund brachte Friedrich zu seiner Mutternach Sizilien, wo er am 17.5.1198 zumKönig von Sizilien gekrönt wurde. Da Kon-stanze aber noch im gleichen Jahr starb,kam der kleine Friedrich unter die Vor-mundschaft des Papstes. Um dem Neffenauch die deutsche Krone zu erhalten, wollteHerzog Philipp für ihn im Reich die Re-

gentschaft übernehmen. Doch nun mel-dete sich Adolf von Altena zu Wort, der umjeden Preis einen weiteren DeutschenKönig aus dem ihm verhassten Geschlechtder Staufer verhindern wollte.

Im englischen König Richard Löwenherzfanden er und sein rheinisch-westfäli-scher Anhang den geeigneten Verbün-deten. Den Bürgern Englands bürdeteRichard erneut hohe Steuerlasten auf,damit der Kölner Erzbischof die Wahleines nichtstaufischen Königs betreibenkonnte. Insgesamt sollen so 150.000Mark an englischen Hilfsgeldern geflos-sen sein. Ungleich schwieriger gestalte-te sich die Kandidatensuche, da sich dieMehrzahl der deutschen Fürsten noch inSyrien befand. So einigte man sichschließlich auf Otto von Braunschweig,einen Sohn von Heinrich dem Löwenund Neffe von Richard Löwenherz, deram 12. Juli 1198 von Erzbischof Adolfvon Altena im Dom zu Aachen gekröntwurde.

Die Stauferpartei hatte dagegen HerzogPhilipp von Schwaben im März 1198zum König gewählt, der seine Krönungimmer wieder herausgezögert hatte, weiler immer noch auf eine mögliche Eini-gung mit Adolf von Altena gehofft hatte.Erst am 8. September 1198 ließ sichPhilipp, der sich stets nur als Platzhalterfür seinen unmündigen Neffen betrach-tete, in Mainz zum König krönen. DasSchisma im Reich war nun perfekt.

Da gab es nun zwei Deutsche Könige,von denen jeder die Rechtmäßigkeit des

Grabmal Heinrichs des Löwen und seinerGemahlin Mathilde, Schwester von RichardLöwenherz, aus dem Braunschweiger Dom.Braunschweig, 2. Viertel 13. Jh.

Reichsfürsten auf das Anerbieten ein.Doch die wiedererstarkte rheinische undwestfälische Opposition, unter der Füh-rung des Kölner Erzbischofs Adolf vonAltena, lehnte den Vorschlag ab. IhrWiderstand war auch nicht auf demReichstag in Mainz zu überwinden. Dasich jedoch die Mehrzahl der Fürsten

Oben: Zwei Brakteaten Heinrichs des Löwen.Unten: Brakteat der Söhne Heinrichs, mit zweisteigenden Löwen.

Das älteste „Welfenwappen“ mit dem stei-genden Löwen aus der Klosterkirche vonSteingaden/Bayern, um 1200.

Brakteat König Ottos IV., Reitender, gekrönterKönig mit Fahne und Löwenschild, 1198-1204.Münzstätte Mühlhausen/Thüringen.

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anderen bestritt, und deren Truppen dieLande verwüsteten. Über den weiterenVerlauf des Thronstreites und Adolf vonAltena berichte ich in der nächsten Folge.In diesen deutschen Thronstreit sind ver-mutlich auch Arnold und Friedrich vonAltena involviert gewesen; und zwar inder Weise, dass Arnold vermutlich einParteigänger des Staufers Philipp vonSchwaben war. Sein Bruder Friedrichdürfte dagegen dem Welfenspross KönigOtto IV. angehangen haben. Hierfür gibtes jedoch keinen Beweis, doch m.E. star-ke Indizien. Diese liefern uns die beidenWappen der Brüder, der steigende LöweFriedrichs und die Rose Arnolds.

Erst um 1200 wurde es beim deutschendynastischen Adel nach und nach üblich,ein Wappen zu führen, dass dann auch alsDienstwappen, von ihren Rittern ministeri-alen Standes übernommen wurde. Von„Familienwappen“ im eigentlichen Sinnekönnen wir zu diesem Zeitpunkt überhauptnoch nicht sprechen. Den Charakter vonmehr oder weniger unveränderlichen Kenn-zeichen bestimmter Familien erhielten dieWappen erst im 13. Jahrhundert. Um 1200befinden wir uns noch auf dem Boden derreinen „Kriegsheraldik“. Die Aufgabe ei-nes derartigen Wappens war eine reinmilitärische. Es diente noch nicht der Iden-tifizierung von Einzelpersonen wie in derspäteren Turnierheraldik, sondern zurKenntlichmachung ganzer Ritterverbän-de, von Gefolgsherr und Gefolgschaft, diealle unter dem gleichen Banner kämpften.Besonders deutlich wird dies bei dem Berg-ischen Wappen, mit den zwei doppelt ge-zinnten Balken, dass nur von Graf Adolf V.geführt wurde, da mit ihm ja das ersteHaus der bergischen Grafen 1218 erlosch.Erst das zweite Haus Berg, aus dem Hau-se Limburg, führte ab 1225 den heutebekannten doppelschwänzigen „bergi-schen“, eigentlich limburgischen Löwen,im Schild.

Obwohl das erste bergische Wappen nurca. 20 Jahre geführt wurde, ist es er-

Links: Das einzig erhaltene Reitersiegel des Grafen Arnold von Altena, von 1200, starkbeschädigt, seit 1945 verschollen. Staatsarchiv Bremen. Darin, im Schild mit Schildrand, eineverquetschte sechs- oder achtblättrige Rose.

Rechts: Umzeichnung des Reitersiegels von R. Stirnberg.

staunlich, wie viele rheinisch-bergischeGeschlechter die bergischen doppeltge-zinnten Balken in ihre Wappen aufnah-men. Nachzusehen bei Ernst v. Oidt-man10). Wir können das nur erklären,wenn wir davon ausgehen, dass es sichbei einem Großteil dieser Familien umehemals bergische Ministerialen handelt,die ihr „Dienstwappen“ später zu ihremFamilienwappen gemacht oder in einsolches miteingebracht haben.

Doch betrachten wir einmal das Wappenmit dem steigenden einschwänzigenLöwen, das von zahlreichen Dynastenab dem 13. Jhdt. geführt wurde11). IhrenUrsprung haben alle diese Wappen indem namensgebenden „Wappentier“Heinrichs des Löwen. Dieser ließ näm-lich 1166 vor seiner Burg Dankwarder-ode in Braunschweig das heute viel foto-grafierte Löwenstandbild errichten; eineSkulptur von ungeheurer Symbolkraft.Wie der Adler, der König der Lüfte, undSymbol des Heiligen Römischen Rei-ches, des übergeordneten Imperiums,so stand der Löwe, der König der Land-tiere, für den Machtanspruch der deut-schen Landesfürsten, als gleichberech-tigte Partner des Römischen Kaisers, alsdeutschem König, des Primus inter pa-res, des Ersten unter Gleichen. DiesenAnspruch hat niemand konsequenter ver-treten als Heinrich der Löwe.

Aber Heinrich der Löwe hat niemals einenLöwen im Wappen geführt; er besaßüberhaupt kein Wappen12). In seinemRundsiegel, das er nach seinem Sturzführte, steht der Löwe frei im Siegelfeld.Auch auf seinen Münzen finden wir denWelfenlöwen, schreitend oder lauernd,stets freistehend oder innerhalb einer sti-lisierten Burg. Auf einer Münze von Hein-richs Söhnen (nach 1195?) werdenerstmals zwei steigende Löwen darge-stellt. Die älteste Abbildung des steigen-den Welfen-Löwen in einem Wappenstammt aus dem Kloster Steingaden in

Bayern. Es wird König Otto IV. zugeschrie-ben. Es kann daher nicht vor 1198 ent-standen sein. Dass Otto tatsächlich einWappen in dieser Form geführt hat, belegteine Münze (Brakteat) der PrägestätteMühlhausen im Bistum Erfurt (nach 1204).Sie zeigt den reitenden König mit Fahneund Schild; darin der steigende Löwe!

Dass Friedrich von Altena, wie KönigOtto IV., einen steigenden Löwen imSchild führte, rechtfertigt noch nicht dieThese: Friedrich von Altena habe alsGefolgsmann Ottos das Welfenwappenübernommen. Die These gewänne aberan Wahrscheinlichkeit wenn es gelänge,das Rosenwappen von Arnold mit denStaufern in Verbindung zu bringen. Soll-te das zutreffen, so spräche einiges dafür,dass beide Brüder im Deutschen Thron-streit unterschiedliche Positionen bezo-gen hätten. Positionen, die sie vielleichtschon seit dem Sturz von Heinrich dem

König Philipp von Schwaben, zu Füßen dieachtblättrige Rose. Miniatur, um 1200.Staatsbibliothek Berlin.

Brakteat König Philipps: Reitender, gekrönterKönig mit Fahne und Schild mit Schildrand,darin achtstrahliger Stern = Rose? MünzstätteMühlhausen, 1204-1209.

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Löwen, oder früher, eingenommen ha-ben und auch die Spannungen zwischenihnen erklären könnten. Vielleicht warendiese politischen Differenzen auchletztlich der Auslöser zur Teilung ihresväterlichen Erbes.

Einmal abgesehen von den „Rosendena-ren“, die Barbarossa in seiner Lieblings-pfalz Hagenau und der Reichsstadt Nürn-berg hat schlagen lassen, und derenBedeutung unbekannt ist13), so gibt es danoch eine Miniatur des StauferkönigsPhilipp von Schwaben, die um 1200 da-tiert wird. Sie zeigt den König mit Krone,Zepter und Reichsapfel. Merkwür-digerweise umschließen seine Füße einerunde Platte mit einer achtblättrigen Rose,wie sie hernach die Isenberger führen.Die Miniatur ist ein Spottbild auf KönigPhilipp und zeigt ihn als „Pfaffenkönig“.So besteht seine Krone aus der kombi-nierten Vorder- und Seitenansicht einerBischofsmütze (Mitra). Das ist zweifelloseine Anspielung auf Philipps vorherigeklerikale Laufbahn. Von seinem Bruder,Kaiser Heinrich, zum Bischof von Würz-burg ausersehen, ließ er sich jedoch 1193wieder in den Laienstand zurückverset-zen. Die Rose muss für Philipp jedoch voneminent wichtiger Bedeutung gewesensein, denn wir finden sie stilisiert auch aufseinen Reiterbrakteaten von Mühlhausenwieder, die dort zwischen 1199 und 1204geprägt wurden. Die Brakteaten zeigenden reitenden, gekrönten König mit Fah-ne und Schild mit Schildrand. Darin einachtstrahliger Stern, der zweifellos für dieachtblättrige Rose steht; denn als einesolche erkennbar hätte sie der Stempel-schneider, bei der Winzigkeit der Ausfüh-rung überhaupt nicht abbilden können!

Damit steht für mich fest, dass König Phi-lipp im Schild tatsächlich eine Rose alsWappenfigur verwendete. Hinsichtlich ih-rer Symbolik brauchen wir unsere Phan-tasie nicht zu überanstrengen. MeinerÜberzeugung nach war die Rose das Sym-bol für den „Spross“ des Stauferhauses,den kindlichen legitimen Thronfolger Fried-rich II.. Zugleich steht die Rose auch alsZeichen für Liebe und Treue. In Treue festzu Friedrich stehend regierte sein OnkelPhilipp als König, zu dem ihn das Schick-sal ungewollt gemacht hatte, und der sichimmer nur als Regent und Platzhalter fürseinen Neffen betrachtete.

Nach Abwägung aller Indizien verdichtetsich für mich die Vermutung, dass Arnoldund Friedrich von Altena als Gefolgsleu-te der beiden Gegenkönige in zwei ver-schiedenen Lagern standen, und derenKriegswappen als „Parteiabzeichen“übernommen haben, die später zu denGeschlechterwappen der Linien Altena-Isenberg und Altena-Mark wurden. So-mit ließe sich auch der Zeitpunkt derWappenannahme bei den Gebrüdern

Altena weiter eingrenzen; danach kanndas nicht vor 1198 geschehen sein!

Hier ist jedoch eine Anmerkung anzu-bringen, denn für Friedrich von Altenaist der Gebrauch des Löwenwappensüberhaupt nicht nachzuweisen, da sichvon ihm kein Siegel erhalten hat.

Von seinem Sohn Adolf I. von Altena,der bereits 1202 als „puer comes demarcha - der Knabe Graf von der Mark“genannt wird, also noch im Kindesalterstand, liegen mehrere Siegel vor. Dochkeines zeigt den Schild mit dem „stei-genden Löwen“. Er führt vielmehr darinden bekannten märkischen Schachbal-ken, und darüber, im oberen ranghöhe-ren Feld, einen halben, sogenannten„wachsenden Löwen“. Bei seinem Wap-pen, nachweisbar seit 1220, in seinemzweiten Reitersiegel, handelt es sich umein aus zwei Wappen zusammengesetz-tes, kombiniertes Wappen. Bei dem älte-ren, und ranghöheren, altenaischenWappen muss es sich zwangsläufig umeinen ganzen steigenden Löwen gehan-delt haben. Als nun von Graf Adolf I., derZeitpunkt ist unbekannt, das Löwenwap-pen um den Schachbalken „gemehrt“wurde, hat man den ganzen Löwen zueinem wachsenden Löwen „gestümmelt“.

Dieses Wappen führte auch Adolfs SohnGraf Otto von Altena (1249-1264) inseinem Hauptsiegel. Dessen BruderEngelbert I. (1249-1277), der den Titeleines Grafen von der Mark trug, führtedagegen nur den märkischen Schach-balken im Schild seines Siegels. Erst imRücksiegel von Ottos Hauptsiegel fin-den wir übrigens den ersten sicheren

Links: Das zweite Reitersiegel von Graf Adolf I. von Altena von 1220. Umzeichnung von R.Stirnberg. Rechts: Reitersiegel von Graf Adolf V. von Berg, von 1218, aus der Sammlung Ernstvon Oidtmann.

Schematische Darstellung der Entwicklung des märkischen Schach, aus den doppeltgezinntenbergischen Balken, von R. Stirnberg.

Beleg für die Existenz des Altenaer Ur-wappens mit dem steigenden Löwen. AlsStifter des Löwenwappens kommt nur GrafFriedrich von Altena in Betracht, da eseinerseits unwahrscheinlich ist, dassFriedrich, im Gegensatz zu Bruder undVetter, auf ein Wappen verzichtet hätte;andererseits sein Sohn Adolf beim Todedes Vaters, 1199, noch im Knabenalterstand, und wohl kaum als der Wappenstif-ter anzusehen ist. Dass Friedrich undArnold von Altena, etwa zeitgleich mitihrem Vetter Graf Adolf V. von Berg, ihre

Oben: Hauptsiegel von Graf Otto von Altena(1249-1264). Unten links: Rücksiegel desHauptsiegels von Graf Otto, mit dem AltenaerLöwenschild. Unten rechts: „Der Löwe vonAltena“ (?), Rücksiegel aus dem Siegel vonJohann I. von Limburg (1246-1275), Herr zuLimburg und Styrum das Ottos Bruder, GrafEngelbert I. von der Mark (1249-1277)zugeschrieben wird.

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Wappen angenommen haben, wird heu-te als Faktum allgemein anerkannt.

Möglicherweise war Graf Adolf dazu ge-zwungen das Löwenwappen abzuändern,denn spätestens seit Anfang des zweitenJahrzehnts des 13. Jhdts. wurde nach derHeerschildordnung der Wappenschild mitdem steigenden Löwen das Zeichen derweltlichen Reichsfürsten (siehe hierzuEike von Repgows Sachsenspiegel, ca.1240). Zu diesem Kreis zählten jene Dy-nasten, die ihre Lehen ausschließlich vomdeutschen König erhalten hatten. Dazugehörten die Grafen von Altena nicht.Unklar bleibt mir, ob wir sie dem 4. Standder Freien Herren, oder dem 5. Stand derFreien Vasallen zurechnen müssen. Des-sen Wappenzeichen waren zwei (Quer)-Balken, wie wir sie in doppeltgezinnterForm bei den Grafen von Berg finden.

Damit wären wir schon beim nächstenRätsel angelangt, dem märkischenSchachbalken. Nach Levold von Northoffsoll Graf Adolf I. 1198 (als Kind, und nochzu Lebzeiten des Vaters?) die Burg Markvon dem Edelherrn Rabodo von der Markgekauft, und das märkische Wappen über-nommen haben. Das ist natürlich in dasReich der Fabel zu verweisen. Dennerstens war Rabodo schon tot, da er nach1178 nicht mehr urkundlich erscheint, undzweitens kann er zu diesem frühen Zeit-punkt überhaupt noch kein Wappen ge-führt haben. Der Schachbalken erklärtsich viel einfacher. Ich glaube, er ist schlichteine Adaption des bergischen Wappensmit den beiden doppelt gezinnten Balken.Wie wir uns den Entwicklungsprozess zumSchachbalken vorzustellen haben machtmeine Zeichnung deutlich.

Als Zeitraum für die Annahme desSchachbalkens, quasi als Reminiszenzvor dem Hause Berg, käme das Jahr1218 in Betracht, da in diesem Jahr GrafAdolf V. von Berg auf dem Kreuzzug vorDamiette in Ägypten zu Tode kam, unddas (erste) Bergische Grafenhaus vordem Erlöschen stand, aus dem ja dieGrafen von Altena hervorgegangen wa-ren. Der Letzte seines Stammes warnunmehr der Kölner Erzbischof und Her-zog von Westfalen, Engelbert II. von Berg,der in der nächsten Folge im Mittelpunktdes Interesses stehen wird.

Reinhold Stirnberg

Altena, nach einer farbigen Ansicht in Justus Gruners „Wallfahrt zur Ruhe und Hoffnung“ vomJahre 1802. Aus der Festschrift „Grafschaft Mark“ von 1909, aus dem StADortmund.

Und wieder hat der Druckfehler-teufel zugeschlagen. So wurdeleider in der letzten Ausgabe dasTitelbild seitenverkehrt abge-druckt.Ferner muss es auf Seite 12,Spalte 1, Zeile 4, statt „1199 –1231“ „1099 – 1131“ heißen.

Anmerkungen:

1) Siehe Quellenverzeichnis (QV) Nr. 1b

2) Nach A. K. Hömberg, siehe QV Nr. 3

3) Korth, Leonard, Ein Kopiar des ErzbischofsSiegfried von Köln. Mit einem Anhangüber die Gütererwerbungen des Erz-bischofs Philipp von Heinsberg, in:Mitteilungen aus dem Stadtarchiv Köln,Bd. 3, Heft XII, Köln 1886, § 16.

4) Knipping, R., Die Regesten der Erzbischöfevon Köln, Bd. II, Nr. 935

5) Dossmann, Ernst, Auf den Spuren derGrafen von der Mark

6) Belegt durch sein Reitersiegel, das ältesteWestfalens, Staatsarchiv Bremen, seit1945 verschollen. Nach Friedrich Philippi,in: Die westfälischen Siegel des Mittel-alters.

Herausgegeben vom Verein für Geschichteund Altertumskunde Westfalens, Münster1882, war auf dem Schild, „in einerUmrahmung (Schildrand) eine Rose“, inschwachen Umrissen, zu erkennen. GrafZeininger de Borja, der das Siegel 1941untersucht hatte, konnte im Schild keineRose mehr feststellen(?).

7) Siehe: Küch, F., Die Entwicklung desbergischen Wappens, in: Beiträge zurGeschichte des Niederrheins 15 (1900),S. 29, Tafel I, Nr. 2 und 3. Abbildung nachErnst v. Oidtmann, siehe QV Nr. 6.

8) Im Reitersiegel von Graf Engelbert I. vonBerg (1152-1189) zeigt sein Schild nochkein Bild, sondern ist völlig glatt. Engelberthat also noch kein Wappen geführt.Abgedruckt bei Küch, s.o., Tafel I, Nr. 1und Ewald, Wilhelm, Rheinische SiegelVI, Bonn 1906, Tafel VII, Nr. 1. VonEngelberts Bruder Everhard von Altena istkein Siegel erhalten. Man geht aber davonaus, dass er gleichfalls noch kein Wappengeführt hat, da er ja noch vor dem Bruderstarb (1180).

9) Anspruch des deutschen Königs auf denpersönlichen Nachlass eines verstorbenenBischofs.

10) Siehe QV Nr. 6

11) So z.B. von den Landgrafen von Thüringen,den Pfalzgrafen bei Rhein, den Herzögenvon Brabant, den Grafen von Flandern,von Geldern, von Jülich, von Holland etc.

12) Vergl. dazu das Reitersiegel Heinrichsdes Löwen in der letzten Folge. Sein Schildbesitzt darin nur einen stern-strahlenartigenSchildbeschlag. Von so einemSchildbeschlag lässt sich auch die„Lilienhaspel“, oder das „Glevenrad“, imWappen der Grafen von Kleve herleiten.

13) Die Hagenauer Denare zeigen fünfblättrigeRosenblüten; die von Nürnberg dagegenachtblättrige Rosen und vielblättrigeRosetten.

Benutzte Quellen:1) Stiftung van Limburg-Stirum (Hrsg.), DieGrafen van Limburg Stirum, Teil I, Bd. I, vanGorcum Assen/Amsterdam und Münster 1976;darin:1a) Quadflieg, E., Genealogie der Grafen v.Limburg Styrum etc., Stammtafeln.1b) Vahrenhold-Huland, U., Die Altena-Isen-bergschen Teilungen i. 12. u. 13. Jhdt.1c) Horstmann, H., Die Wappen der Grafen v.Isenberg-Limburg-Styrum.2) Gebhardt, B., Handbuch d. DeutschenGeschichte, Bd. I, Stuttgart 1954.3) Hömberg, A. K., Geschichte der Comitatedes Werler Grafenhauses. Westf. ZeitschriftNr. 100, 1950.4) Haussherr, Rainer (Hrsg.), Ausst.-Kat., DieZeit der Staufer, Bd. 1-4, Stuttgart 1977

5) Berghaus, Peter und Siegfried Kessemeier(Hrsg.), Ausst.-Kat., Köln und Westfalen 1180-1980, Bd. I, Köln 1980.6)Oidtmann, E. v., Genealogische Sammlungi. d. Univers.-Biblioth. Köln, 18 Bde, Köln1992-1999.7) Grote, H., Stammtafeln, Leipzig 18778)Dossmann, E., Auf den Spuren der Grafenvon der Mark9) Neubecker, O., Heraldik, Frankfurt 197710) Tumbült, G., Westfälische Siegel (StADortmund)11) Westfälisches Urkundenbuch VII (StASchwerte)12)Knipping, R., Die Regesten d. Erzbischöfevon Köln II (StADortmund)13) Rump, H. U., Wather v. d. Vogelweide,Hamburg 1974

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Bevor die Märker kamenAus der Vorgeschichte der Grafen von Altena-Mark und Isenberg

und der Entstehung der Grafschaften Mark und Limburg

Teil VI: Die Grafen von Altenaund das Ende des deutschen Thronstreits

Mit dem Tode des Grafen Friedrich vonAltena, 1199, verlieren wir die Linie Alte-na-Mark für einige Jahre aus dem Blick-feld. Das ist auch nicht verwunderlich, daja Friedrichs einziger Sohn Adolf I. um1200 noch im Kindesalter stand. Etwasbesser ist die Linie der Grafen von Alte-na-Isenberg dokumentiert. So ließ in demgenannten Jahre Graf Arnold durch sei-nen Bruder, den Kölner Erzbischof Adolfvon Altena, seiner Gattin, der GräfinMechthild von Holland, einen zweiten

Leibzuchtsbrief ausstellen1). Wie aus demText hervorgeht, hatte ihr Arnold, für denFall seines Todes, mehrere Güter zurVersorgung in ihrem Witwenstand über-tragen. Es waren dies die curtes/Adels-höfe zu Hesnen/Heessen b. Nienbrügge,Elverthagen bei Wipperfürth, Beke/Big-ge, Burgele und Botberg bei Werl, Me-kelenbeke bei der Isenburg, 2 curtes zuElseyge/Hohenlimburg-Elsey, nebst demZehnten und 2 Häusern zu Herbede, diemit ihrem Geld (Mitgift) erworben wur-den. Zusätzlich erhielt sie von seinemAllodialgut/freieigener Besitz die „curtimsverte“, die curtes Mulnheim/Mülheim undStirheim/Styrum an der unteren Ruhr,sowie Wanemale/Wambel bei Dortmund.Die drei letztgenannten curtes waren aberkeineswegs freies Eigentum Graf Arnolds,sondern unmittelbar Reichsbesitz, dener nur zu Lehen trug.

Damit stellt sich automatisch die Frage,ob nicht auch die „curtim sverte“, welchedie Reihe anführt, ursprünglich auch einReichslehen, eine „curia regis“, einReichshof gewesen ist, der möglicher-

weise der Reichsabtei Essen entfremdetwurde. Näheres dazu finden sie in FolgeII meiner sechsteiligen Reihe: „VomWerden der Stadt Schwerte“, in AS Nr.37, Dez. 1996.

Anlass für den zweiten Leibzuchtsbriefwar ein vorzunehmender Gütertausch.So war die curtis Styrum zwischenzeitlichan Arnolds Bruder, den Erzbischof ge-langt. Da aber die curtes zu Mekelenbe-ke und Hesnen sich in zu gefährlicherNähe der Burgen Isenberg und Nien-brügge befanden, so habe Graf Arnold„in einer zweiten feierlichen Rechtshand-lung an Stelle dieser 3 curtes die curtis zuHagen gesetzt“, wie es im Brief heißt. DieZeugenreihe der Urkunde wird angeführtvon „Herimannus nobilis de Althena“,einem Edelherrn, der standesmäßig denGrafen gleichgestellt war. Dieser Her-mann de von/zu Altena, der noch in wei-teren Urkunden als Zeuge genannt wird,entstammt nicht dem Geschlecht der

Grafen von Altena. Er muss vielmehr zueiner anderen gleichnamigen Familiegehören, der vielleicht auch der Bischofvon Osnabrück, ein „Graf“ Arnold vonAltena (1173-1191), zuzurechnen ist.Dieses Edelherrengeschlecht, das sichwie das hiesige Grafengeschlecht ver-mutlich nach seinem Burgsitz Altenabenannt haben dürfte, ist z.Z. aber nichtmit dem niederländischen Edelherren vonAltena in Verbindung zu bringen. IhreHerrschaft, das heutige „Land van Alte-na“, lag im Waal-Maas-Dreieck, einemvon Flussarmen durchzogenem Marsch-gebiet, zwischen Gorinchem a. Waal undGeertruidenberg a.d. Maas2). Es war eineselbstständige Herrschaft in der Osteckeder Grafschaft Holland und grenzte süd-lich an das Herzogtum Brabant, nördlichan Geldern. Flächenmäßig entsprach sieetwa der hiesigen Grafschaft Limburg.

Auf der Suche nach einem möglichenAltena stieß ich auf die Burg Altena in

Teilabschnitt aus dem zweiten Leibzuchtsver-trag für Mechthild von Holland

Die mutmaßliche ehemalige „curtis sverte“, und Villicationsoberhof des Hofesverbandes Schwer-te-Halingen der Grafen von Altena-Isenberg, der „Burghof Helle“. Eine Rekonstruktion, imZustand des 18. Jahrhunderts, von R. Stirnberg. Nach dem Schwerter Urkataster von 1827 undder Beschreibung nach dem Kaufvertrag von 1806, zwischen Henriette von Elverfeldt, geborenevon der Mark zu Villigst, als Verkäuferin, und dem Schwerter Bürgermeister Wucke, als Käufer.Archiv des Hauses Villigst, als Depositum im Dortmunder Stadtarchiv.

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Schüttorf nahe bei Bentheim, deren Ru-inen 1973 abgerissen wurden. Es wareine Zwingburg der Grafen von Bentheim,die nach der Stadtrechtsverleihung anSchüttorf, 1295, durch Graf Egbert v.Bentheim (1277-1305), und Errichtungdes extrem starken Mauerrings, inner-halb der Stadt lag (Burg Altena Platz).Könnte es sich bei dieser Burg Altena umden gesuchten Stammsitz des Hermannvon Altena handeln? War dessen Ge-schlecht, das noch im 13. Jhdt. erlosch,vielleicht ein Zweig der Grafen von Ben-theim? Sollte sich das bewahrheiten, sokönnte es sich bei dem Edelherrn Her-mann von Altena, der 1202, zusammenmit seinem Sohn Gerhard, in einer Ur-kunde des Kölner Erzbischofs Adolf vonAltena als Zeuge genannt wird3), um ei-nen nahen Blutsverwandten der Mecht-hild von Holland handeln.

Mechthild, die Schwester des derzeit re-gierenden Grafen Wilhelm I., oder Wilki-nus von Holland (1203-1223), war dieTochter von Graf Florens III. von Holland(1157-1190). Dessen Bruder, Otto I., er-hielt bei der Teilung des väterlichen Er-bes, 1157, Burg und Grafschaft Ben-theim. Otto I. begründete so das Hausder Grafen von Bentheim, aus dem Ge-schlecht der Grafen von Holland4). Reintheoretisch könnte es sich bei Hermannvon Altena um einen bislang unbekann-ten jüngeren Bruder von Graf Otto I. vonBentheim handeln, der mit der Burg undHerrschaft Altena-Schüttorf abgefundenwurde. Hermann wäre demnach als einOnkel der Mechthild von Holland anzu-sprechen, was dessen Zeugenschaft anerster Stelle in der Leibzuchtsurkunde fürMechthild erklären würde.

Am Ende der Zeugenreihe dieser Urkun-de finden wir an 7. bis 9. Stelle, denmutmaßlichen villicus der curtis sverte,Ricbertus de sverte und dessen SöhneGiselerus und Ricbertus, die uns späternoch beschäftigen werden.

Aus der Ehe des Grafen Arnold von Alte-na mit Mechthild von Holland sind 9 Söh-ne hervorgegangen. Für unsere Ge-schichte von vordergründigem Interessesind jedoch nur die ersten vier: Everhard(ab 1191 urk.), Friedrich, Dietrich undEngelbert von Altena. Zum Erbfolger GrafArnolds war der älteste Sohn Everhardausersehen. Alle anderen Söhne, mitAusnahme der beiden Jüngsten, warenfür den geistlichen Stand bestimmt. DenZweitgeborenen, Friedrich (1196-1226urk.), finden wir 1200, noch als Kind,schon als Domherr im Kölner Domkapi-tel. Auch sein Bruder Dietrich (1196-1226urk.) war bereits im Kindesalter, 1196,Propst zu Soest. Im Jahre 1212 wurde erauch Propst zu Xanten und trat 1216, alsKölner Dompropst, die Nachfolge vonEngelbert von Berg an. 1218 wurde er

zum Bischof von Münster gewählt. Dervierte Bruder Engelbert (1216-1250 urk.)war 1216 Propst von St. Georg zu Köln.Im Jahre 1224 erwählte man ihn zumBischof von Osnabrück. Ehe wir uns mitihnen und ihren Schicksalen beschäfti-gen, müssen wir zu den politischen Ge-schehnissen zurückblenden.

Aus dem deutschen Thronstreit hattesich Papst Innocenz III. (1198-1216)zunächst herausgehalten. Er hatte dieSchwäche der Stauferpartei ausgenutztund sich in Italien verschiedenes Reichs-gut angeeignet; so in Spoleto, Anconaund Tuscien. Mit diesen sogenannten„Rekuperationen“ wollte Innocenz angeb-lich den Kirchenstaat in seinem ursprüng-lichen Umfang wiederherstellen. Tatsäch-lich aber hatte der Kirchenstaat niemalseinen derartigen Umfang gehabt. Als nundie beiden Gegenkönige den Papst zumSchiedsrichter in ihrem Streit anriefen,schraubte der Papst seine Forderungennoch höher. So verlangte er nicht nurden endgültigen Verzicht des Reichesauf die rekuperierten Gebiete, sondernauch das Recht, die Eignung des jeweiliggewählten Königs zu prüfen. Ferner for-derte er den Verzicht des Königs auf jedeeigenmächtige Italienpolitik und jeglicheEinflussnahme bei der Wahl der Reichs-bischöfe. Während sich die Verhandlun-gen hinzogen, versank Deutschland inGewalt und Anarchie.

Am 6.4.1199 war Richard Löwenherz, imenglisch-französischen Krieg, an denFolgen einer Verwundung gestorben.König von England wurde nunmehr seinBruder Prinz John, der als „König Jo-hann Ohneland“ in die Geschichte ein-gehen sollte. Doch Johann erlitt Ende1199 eine schlimme Niederlage gegenPhilipp August von Frankreich. Daraufhinmusste er sich am 22.5.1200 zu einemFriedensvertrag bereit erklären, der ihmjegliche weitere finanzielle Unterstützungseines Neffen Otto von Braunschweigverbot. Durch diesen Ausfall begann sichOttos Lage dramatisch zu verschlech-tern. So wandte sich Otto an den Papstund bat um Hilfe. Er erklärte sich bereitalle Forderungen des Papstes zu erfül-len und beeidete dies in einem Geheim-vertrag zu Neuß, am 8. Juni 1201. Fürst-liche Zeugen waren dabei nicht zugegen.Somit wurde Otto von Papst Innocenz III.als deutscher König und zukünftiger rö-mischer Kaiser anerkannt, und Philippvon Schwaben, nebst seinem Anhang,im Juli 1201 gebannt.

Doch durch die Entscheidung des Paps-tes war das Schisma im Reich längstnicht beseitigt, denn Philipp von Schwa-ben konnte sich auf die Mehrzahl derweltlichen und geistlichen Reichsfürstenstützen. So nahm der Krieg seinen Fort-gang. Gleichzeitig setzte ein Abfall von

Ringsiegel König Ottos IV. Er siegelte damitvon 1198 bis 1209.

Kaisersiegel Ottos IV. von 1209.

Papst Innocenz III.

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Ottos Bundesgenossen ein, die in Phi-lipps Lager überliefen. Auch ErzbischofAdolf von Altena begann von Otto vonBraunschweig abzurücken und war 1202nur mit Mühe von Papst Innocenz voneinem Abfall abzuhalten. Während sichOttos Lage immer schwieriger gestalte-te, kam es 1204 doch zum endgültigenBruch Adolfs mit Otto. Mitsamt seinemrheinisch-westfälischen Anhang wech-selte Adolf von Altena in das Stauferla-ger über. Unter den Renegaten befandsich auch Ottos Bruder Heinrich vonBraunschweig.

Am 6. Januar 1205 wurde Philipp vonSchwaben zu Aachen von Adolf von Al-tena, als dem dazu allein berechtigten

Erzbischof, mit den richtigen Reichsinsi-gnien, zum deutschen König gekrönt.Die erste Krönung Philipps hatte damalsin Mainz der zufällig anwesende Bischofvon Tarantaise, wenn auch mit den rich-tigen Reichsinsignien, vorgenommen.Sie war also formal anfechtbar; genausowie die damalige Krönung Ottos zu Aa-chen, mit den falschen Reichsinsignien,durch Adolf von Altena. Die Antwort desPapstes zu Philipps Krönung kam post-wendend; Adolf von Altena wurde vonInnocenz III. gebannt und als Erzbischofvon Köln abgesetzt.

Das überwiegend welfisch gesonneneKölner Domkapitel erwählte daraufhinden welfenfreundlichen Bruno von Sayn

zum Erzbischof. Kölner Dompropst warseit 1199 der nunmehr 21jährige Engel-bert von Berg (* um 1184/85), der erheb-lich jüngere Vetter von Adolf von Altena.Er war der nachgeborene Bruder vonGraf Adolf V. von Berg. Adolf von Altenawar jedoch nicht gewillt seine Absetzungso einfach kampflos hinzunehmen undrüstete gegen den neuen Erzbischof. UmAdolfs Kriegskasse aufzufüllen vergriffsich Engelbert von Berg am Barvermö-gen des Kölner Domkapitels, was PapstInnocenz III. scharf verurteilte. Er titulier-te Engelbert als Räuberhauptmann undstrafte ihn gleichfalls mit dem päpstli-chen Bann.

Mittlerweile war die Lage für König Ottonahezu aussichtslos geworden. Vor demanrückenden Heer König Philipps undden rheinisch-westfälischen Rittern undKnechten Adolfs von Altena, hatte er sichauf die welfisch gebliebene Stadt Kölnzurückgezogen. Am 27. Juli 1206 stelltesich König Otto IV. mit seinem Heer beiWassenberg, westlich von Köln, KönigPhilipp zur Schlacht. Otto wurde besiegtund musste sich verwundet in sein braun-schweigisches Erbland zurückziehen, woer einzig noch sicher war. Der ErzbischofBruno von Sayn geriet in Gefangenschaft.Adolf von Altena war nun wieder Herrüber das Erzbistum, dessen weltlicheAmtsgeschäfte er wieder übernahm.Seine geistlichen Pflichten musste erfreilich Stellvertretern überlassen, da erja exkommuniziert war.

Schon vor der Schlacht von Wassen-berg, seitdem sich eine mögliche Nieder-lage Ottos abzeichnete, waren längstGeheimverhandlungen zwischen der rö-mischen Kurie und König Philipp aufge-nommen worden, die auf eine Einigungzwischen Papst Innocenz und König Phi-lipp hinausliefen. Schließlich erschienenim Mai 1207 zwei römische Kardinalle-gaten, um Otto von Braunschweig zumThronverzicht zu bewegen. Die Verhand-lungen zogen sich hin, doch schließlicherklärte sich Otto bereit auf den Thron zuverzichten. Dafür sollte er mit dem Her-zogtum Schwaben abgefunden werden.Außerdem wurde ihm die Hand einer derTöchter König Philipps versprochen. Dieganze Angelegenheit war also in trocke-nen Tüchern und der Frieden greifbarnahe. Da geschah das Unfassbare. Am21. Juni 1208 wurde König Philipp vondem bayerischen Pfalzgrafen Otto vonWittelsbach in Bamberg ermordet.

Die allgemeine Friedenssehnsucht, nach10 Jahren Krieg, und die politische Ein-sicht der Stauferpartei einen erneutenAusbruch des staufisch-welfischen Kon-fliktes um jeden Preis zu verhindern,veranlasste sie, die deutsche Königskro-ne nunmehr doch Otto von Braunschweiganzubieten. Otto nahm an, vermählteDie Ermordung König Philipps von Schwaben durch Otto von Wittelsbach.

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sich mit Beatrix, der Tochter König Phi-lipps, und wurde am 11. November 1208zu Frankfurt, diesmal einstimmig, zumKönig gewählt und von Papst InnocenzIII. anerkannt. Der legale Thronerbe, dernunmehr 13jährige Friedrich II., warabermals übergangen worden.

Im gleichen Jahr starb auch der von Adolfvon Altena entmachtete, aber legale Erz-bischof von Köln, Bruno von Sayn. Dochnicht Adolf von Altena trat dessen Nach-folge an, wie er wohl gehofft haben mag.Vielmehr ordnete der Papst Neuwahlenan. Daraus ging Dietrich I. von Hengeb-ach als Sieger hervor. Adolf von Altenaakzeptiert das Wahlergebnis und wurdevom Bann gelöst. Im Jahr darauf wurdeihm vom Erzbischof Dietrich eine fürstli-che Jahresrente von 250 Mark, gleich58,464 kg Feinsilber, oder 40000 KölnerPfennigen, ausgesetzt5). Unter den welt-lichen Zeugen der betreffenden Urkundefinden wir an 11. Stelle „Fridericus comesde Altena“, den nunmehr vielleicht 20jäh-rigen ehemaligen Kölner Domherrn undzweiten Sohn Graf Arnolds von Altena.Was war geschehen?

Anfang des Jahres 1209 ist Graf Arnoldvon Altena gestorben. Da sein ältesterSohn und Erbe Everhard keine Kinderhatte, musste Friedrich, um notfalls dieErbfolge zu sichern, aus dem geistlichenStand ausscheiden. Er trat über in denRitterstand und wurde Mitregent des Bru-ders. Ihm wurde auch der Grafenrangzuerkannt. Im selben Jahr trat dann auchder vielleicht schon vorhergesehene Erb-fall ein. Everhard starb und Graf Friedrichwurde so Alleinregent. Graf Everharddürfte nicht viel über zwanzig Jahre altgeworden sein.

Im August 1209 zog König Otto IV. zuseiner Kaiserkrönung mit einem großenHeer über die Alpen. In Viterbo traf er mitPapst Innocenz zusammen. Dabei zeig-te es sich, dass Otto gar nicht darandachte, die von ihm beeideten Bedingun-gen des Papstes für seine Krönung zu

erfüllen. Trotzdem vollzog der Papst am4. Oktober 1209, trotz mancher Warnun-gen, insbesondere des Capetingers, desfranzösischen Königs Philipp August II.,an Otto die Kaiserkrönung. Ottos Aufent-halt in Rom war nur kurz. Sofort nach derKrönung zog er mit dem Heer nach Nor-den ab, da es zwischen den Römern undden Deutschen zu blutigen Zusammen-stößen gekommen war. Otto zog nachPisa, und der Papst wollte schon aufat-men, da ließ Otto seine Maske fallen. Ermachte kehrt und marschierte wiedernach Süden. Hier entriss er dem Papstdie rekuperierten Gebiete, die Mark An-kona und das Herzogtum Spoleto. Seineigentliches Ziel aber war das König-reich beider Sizilien, Süditalien und dieInsel Sizilien, um dem gerade volljähriggewordenen 14jährigen StauferkönigFriedrich II. die Krone zu nehmen. InFriedrich sah Otto IV. den einzigen Riva-len im Reich, der ihm gefährlich werdenkonnte. Doch zuvor ging er wieder nachNorditalien um weitere Truppen auszu-heben.

Vergeblich drohte Innocenz Otto mit demKirchenbann. Im Herbst 1210 überschrittdas Heer die sizilianische Grenze.Daraufhin wurde Otto am 18. Novembervom Papst gebannt.

Binnen Jahresfrist brach Otto alle Wider-stände der süditalienischen Städte undstand im Herbst 1211 an der SüdspitzeKalabriens. Hier wartete er auf die An-kunft der pisanischen Flotte zur Invasionder sizilischen Insel.

Spätestens seit dem Spätherbst 1210befand sich auch Graf Friedrich von Alte-na im Gefolge Kaiser Ottos in Italien,denn wir finden ihn schon am 4. Januar1211 zu Capua als Zeugen in einer Kai-serurkunde6). Noch zweimal erscheint erin einer solchen; am 4. März 1211, zuCapua7) und am 9. November des glei-chen Jahres, zu Montefiascone8).

Im Frühjahr 1210 wird auch der nunvermutlich 20 oder 21jährige Graf Adolf I.

Links, erstes Reitersiegel von Graf Adolf I. von Altena-Mark von 1213. Rechts, Reitersiegel vonGraf Adolf VI. von Berg (1247 – 1259.

Oben, Reitersiegelfragment von Graf Friedrichv. Altena-Isenberg. Mitte, Siegelskizze vonNicolaus Kindlinger, 1798. Unten, Rekonstruk-tionszeichnung des Siegels von Reinhold Stirn-berg.

von Altena wieder urkundlich greifbar.Am 7. April diesen Jahres übertrug erdem Kloster Kappenberg, zum Seelen-heil seines verstorbenen Vaters Fried-rich, den Hof zu Langen9). Dies geschahin Anwesenheit seiner Mutter Alveradisund seiner Frau Luthgardis, die Adolfvermutlich nicht lange zuvor geheiratethatte. Deren Herkunftsnamen kennenwir nicht. Sie muss aber dem Geschlechtder Edelherrn von Ardey angehört ha-ben, wie wir später noch sehen werden.Diese Luthgardis muss auch die Muttervon Adolfs Söhnen Engelbert und Ottogewesen sein. Nachdem Luthgardisschon früh verstarb, vermählte sich Adolfmit einer gewissen Mengardis, welchemit Irmgard von Geldern gleichgesetztwird. In der Zeugenreihe dieser Urkundefinden wir auch den Edelherrn Hermannvon Altena wieder, wie auch in einerUrkunde aus dem Jahre 121310). Darinbezeugt der Kölner Erzbischof Adolf von

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Altena, der 1212 wieder in sein Amt ein-gesetzt wurde, dass sein Neffe Graf Adolf,das dem Aegidiikloster zu Münster gehö-rige Gut Kalveswinkele von allen Diens-ten und Abgaben befreit hat. Diese Ur-kunde wurde vom Erzbischof, von GrafAdolf und seinem „consanguineus“, GrafFriedrich von Altena-Isenberg, besiegelt.Von den drei Siegeln ist nur noch dasReitersiegel von Graf Adolf erhalten. Die-ses erste Reitersiegel Adolfs zeigt denGrafen in voller Rüstung, mit eingelegter,erhobener Lanze. Merkwürdigerwei-seist die Schauseite seines Schildes demBetrachter abgekehrt. Das ist äußerstungewöhnlich, und hat bei mir früher dieVermutung genährt, Graf Adolf habe zudieser Zeit noch kein Wappen geführt;eine Hypothese, die sich als falsch her-ausgestellt hat.

Eine Parallele zu Adolfs Siegel finden wir41 Jahre später, im Reitersiegel von GrafAdolf VI. von Berg, aus dem Hause Lim-burg. Auch hier sehen wir den Schild nurvon der Rückseite, obwohl Graf Adolf VI.zu dieser Zeit schon das väterliche Wap-pen, den doppeltgeschwänzten Limbur-ger Löwen, im Schildhaupt belegt miteinem fünflätzigen Turnierkragen, alsWappen der Grafen von Berg geführthaben muss. Ich komme darauf an ande-rer Stelle zurück. Dafür, dass bei dengenannten Reitersiegeln auf eine Wap-pendarstellung verzichtet wurde, musses Gründe geben, die sich mir aber zudiesem Zeitpunkt noch entziehen.

In der Umschrift seines Reitersiegelsbezeichnet sich Adolf I. als „comitis deAltena“, als Graf von Altena, wie auch inseinem zweiten Reitersiegel von 1220.Dagegen erscheint er in den Urkundstex-ten auch als „comes de Marca“, als Graf

von/zu Mark. Beide Titel wurden vonAdolf unregelmäßig wechselnd benutzt.Ein Bezug zu den Urkundeninhalten istzur Zeit nicht erkennbar. Auch Graf Fried-rich nannte sich in dem betreffendenZeitraum wechselweise „comes de Alte-na“ und „comes de Isenberg“. Von sei-nem Reitersiegel ist nur ein einzigesschwer beschädigtes Siegelfragment ausdem Jahre 1220 erhalten. Die wenigenlesbaren Buchstaben der Siegelum-schrift erlauben dennoch den Text in(+F)RID(ERICUS COMES) DEA(LTENA) aufzulösen. Ende des 18. Jh-dts. befand sich das Siegel noch in ei-nem besseren Zustand. Nikolaus Kind-linger hat davon 1793 eine kleine Skizzeangefertigt11), die ich vor einigen Jahrenin eine Rekonstruktionszeichnung um-gesetzt habe. Doch zurück zu dem Kon-flikt zwischen Kaiser Otto IV. und PapstInnocenz III.

Auf den Rat des Capetingers beschlossInnocenz III. den Teufel Otto durch Beel-zebub auszutreiben. Die Rolle des Letz-teren sollte der nunmehr 16jährige Fried-rich II. spielen. Friedrich II. war schon1210, auf Wunsch des Papstes, mit der30jährigen Konstanze von Aragon ver-mählt worden und 1211 schon Vater ei-nes Sohnes, der auf den Namen Hein-rich getauft wurde.

Der unermüdlichen Wühlarbeit des Cape-tingers war es tatsächlich gelungen ei-nen Teil der Reichsfürsten zum Abfallvon Kaiser Otto IV. zu bewegen und aufdie Seite Friedrich II. zu ziehen. Am 11.September 1211 wurde er von ihnen zuNürnberg in Abwesenheit zum deutschenKönig und zukünftigen Kaiser gewählt.Gleichzeitig entsandte Papst InnocenzIII. den Mainzer Erzbischof Siegfried II.von Eppstein (1200-1230) als päpstli-chen Legaten nach Deutschland, um denKölner Erzbischof Dietrich I. von Henge-bach abzusetzen, der zu den Parteigän-gern Kaiser Ottos IV. gehörte. Auf Befehldes Papstes wurde Adolf von Altena 1213wieder als Kölner Erzbischof reinvestitu-riert.

Die beunruhigenden Nachrichten ausDeutschland zwangen Kaiser Otto, wievom Papst beabsichtigt, den Angriff aufSizilien abzubrechen und nach Deutsch-land zurückzukehren. Hier schien er 1212noch der Lage Herr werden zu können.Als aber im September 1212 der jungeStauferkönig Friedrich II., „das Kind ausApulien“, wie er von seinen Gegnernspöttisch genannt wurde, in Deutsch-land erschien, und außerdem Ottos Ge-mahlin, die Tochter König Philipps plötz-lich starb, wurde Otto von seinenbayerischen und schwäbischen Reichs-ministerialen verlassen, die zu Friedrichüberliefen. Den endgültigen Umschwungbewirkte Kaiser Ottos Kanzler, der Bi-

Zweites Siegel des Kölner Dompropstes En-gelbert von Berg. Engelbert siegelte damit von1204-1216.

Oben, der Bamberger Reiter, vor 1237. Mitte,Sardonyx-Kamee von Kaiser Friedrich II., nach1220. Unten, mutmaßlicher Portraitkopf KaiserFriedrichs II., Süditalien um 1240.

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schof Konrad von Speyer, der zu Fried-rich überlief und des Kaisers Pläne ver-riet, im Reich, nach englischem Vorbild,eine allgemeine Kopfsteuer und andereSteuern einzuführen. Nun war das Maßvoll und scharenweise verließen ihn sei-ne Gefolgsleute. Von nahezu allen imStich gelassen, zog sich Otto nach Kölnzurück, das im Gegensatz zu ErzbischofAdolf von Altena welfisch geblieben war.Später musste er nach Sachsen auswei-chen, wo er sich in erfolglose Kämpfe mitdem Magdeburger Erzbischof und demLandgrafen Hermann I. von Thüringenerschöpfte.

Inzwischen war König Friedrich II. nichtuntätig geblieben und hatte mit dem fran-zösischen Thronfolger Ludwig am 19.November 1212 das alte staufisch-cape-tingische Bündnis gegen England undOtto IV. erneuert. Von Ludwig erhielt Fried-rich 20000 Silbermark, um die nochschwankenden, aber käuflichen Reichs-fürsten dem Kaiser abspenstig zu ma-chen. Dies gelang auch. Daraufhin ließsich Friedrich II. in Frankfurt, diesmal vonder Gesamtheit der deutschen Reichs-fürsten zum König wählen, und wurde imDezember 1212 zu Mainz gekrönt.

Doch noch hatte Kaiser Otto seine Hoff-nung auf den Thronerhalt nicht aufgege-ben. Die Wende sollte das wiederbeleb-te welfisch-englische Bündnis mit seinemOnkel König Johann Ohneland bringen.Im Zweifrontenkrieg sollte der Kapetin-gerkönig, den Kaiser Otto stets als sei-nen Hauptgegner betrachtet hatte, nie-dergerungen werden. König Johann, seit1209 vom Papst gebannt, wollte so derdrohenden Invasion Englands durch denKapetinger zuvor kommen und den Kriegnach Frankreich tragen. Nach einjähri-

ger Vorbereitung begann im Frühjahr1214 der Krieg. Von Poitou aus stießKönig Johann mit seinem Heer in daskapetingische Kronland, die Isle-de-Fran-ce vor, wurde aber an der Loire zurück-geschlagen. Währenddessen überschrittKaiser Otto mit schwachen eigenen Kräf-ten, aber gemeinsam mit den Herzögenvon Brabant und Limburg und den Gra-fen von Flandern-Hennegau, Holland undBoulogne, sowie einem englischen Hilfs-korps, bei Valenciennes die Reichsgren-ze. Am 27. Juli 1214 stieß er bei Bouvi-nes auf das Heer des französischenKönigs. Es kam zur Schlacht, die mit derNiederlage Kaiser Ottos endete. Ottomusste fliehen und verbarg sich langeZeit in Köln. Seine Rolle als König undKaiser war endgültig ausgespielt. Er kehr-te in sein braunschweigisches Erblandzurück. Im Bündnis mit Herzog Albrechtvon Sachsen, dem Markgrafen AlbrechtII. von Brandenburg und dem FürstenHeinrich I. von Anhalt, genannt der Fet-te, vermochte Otto noch militärisch Kö-nig Friedrich II. zu trotzen, der vergeblichversucht hatte Otto zu unterwerfen. Dochnach dem Abfall seiner beiden letztge-nannten Bundesgenossen verblieb ihmals einzige Stütze Herzog Albrecht vonSachsen. Beschränkt auf sein eigenesErbland, ist Otto, ohne dass die Öffent-lichkeit davon Notiz nahm, am 19. Mai1218 auf der Harzburg gestorben.

Nach Ottos Niederlage, nun im Besitzder uneingeschränkten Macht, bemäch-tigte sich Friedrich II. der alten Kaiser-stadt Aachen, wo er sich am 23. Juli 1215noch einmal vollgültig durch den KölnerErzbischof Adolf von Altena krönen ließ.

Wie mag der junge König wohl ausgese-hen haben? Einen ungefähren Eindruckkönnte uns das Standbild des sogenann-ten „Bamberger Reiters“ vermitteln, derals lebensgroßes Reiterstandbild beimBau des Bamberger Domes, vor 1237,an einem Pfeiler angebracht wurde. Nacheinhelliger Meinung der Kunsthistorikerkann es sich bei dem jugendlichenReiter nur um die Darstellung eines „Hei-ligen Königs“, nicht aber um einen welt-lichen Herrscher handeln. Eine Zuschrei-bung ist aber bis heute noch nicht sichermöglich. Trotzdem halte ich es für mög-lich, dass dem Künstler bei der Plastikder bei seiner Kaiserkrönung 1220 gera-de 26jährige Friedrich II. zum Vorbildgedient hat. Hinsichtlich der Haartrachtist eine Übereinstimmung mit einer Sar-donyx-Kamee des thronenden Kaisersunverkennbar, die kurz nach seiner Krö-nung entstand. Daneben besteht einegeradezu erstaunliche Ähnlichkeit miteinem dem Kaiser zugeschriebenen le-bensechten Portraitkopf. Es ist eine süd-italienische Arbeit und entstand um 1240.Sie zeigt vermutlich den Kaiser im Alter

von etwa 45 Jahren, mit Bart und römi-scher Kurzhaarfrisur.

Welche Positionen haben nun die beidengräflichen Vettern Adolf I. von Altena-Mark und Friedrich II. von Altena-Isen-berg in der Schlussphase des deutschenThronstreits bezogen? Von Graf Adolf istanzunehmen, dass er wie sein Onkel, derErzbischof von Köln, zur Stauferparteizählte. Dagegen scheint Graf Friedrichbis zur Niederlage Kaiser Ottos IV., in derSchlacht von Bouvines, dem Welfenla-ger angehört zu haben. Das lässtjedenfalls seine 1214 geschlossene Ehemit Sophia von Limburg vermuten, derenVater Walram IV., der Sohn des greisenHerzogs Heinrich III. von Limburg (1167-1221), oder dessen Sohn Heinrich IV.(1226-1247), der Schwager Friedrichs,die limburgischen Truppen, auf Seiten

Siegel des Kölner Erzbischofs Engelbert vonBerg, 1216-1225.

Die Reichsinsignien der Könige und Kaiser.

König Friedrich II., Siegel um 1215.

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Kaiser Ottos, in die Schlacht von Bouvi-nes geführt hatte. Auch Friedrichs eige-ner Onkel, Graf Wilhelm I. von Hollandgehörte vor Bouvines zu Ottos Alliierten.Eine Eheschließung zwischen Personenaus zwei derartig verfeindeten Lagern,wie es bei den Staufern und Welfen derFall war, erscheint mir, jedenfalls zu die-sem Zeitpunkt, völlig ausgeschlossen zusein.

Nur ein Jahr später, am 2. August 1215,finden wir Heinrich IV. von Limburg, Wil-helm I. von Holland und Graf Friedrich,zusammen mit Graf Adolf I. von Altena,Graf Adolf V. von Berg, sowie dessenBruder, den Kölner Dompropst Engel-bert von Berg, als Zeugen in einer Urkun-de König Friedrichs II.12). Darin nimmt erdie Abtei Altenberg unter seinen Schutzund verleiht ihr Zollfreiheit auf dem Rheinund Main. Im gleichen Jahr wurde Fried-rich von Altena-Isenberg Vater eines Soh-nes, der auf den Namen Theodericus/Dietrich getauft wurde.

Und Erzbischof Adolf von Altena?

Nach dem Sieg König Friedrichs II. imdeutschen Thronstreit, den ja Adolf vonAltena 1198 ausgelöst, und Deutschland

Benutzte Quellen:1) Stiftung van Limburg-Stirum (Hrsg.),

Die Grafen van Limburg Stirum, Teil I,Bd. I, van Gorcum Assen/Amsterdamund Münster 1976; darin:

1a) Quadflieg, E., Genealogie der Grafenv. Limburg Styrum etc., Stammtafeln.

1b) Vahrenhold-Huland, U., Die Altena-Isenbergschen Teilungen i. 12. u. 13.Jhdt.

1c) Horstmann, H., Die Wappen der Gra-fen v. Isenberg-Limburg-Styrum.

2) Gebhardt, B., Handbuch d. DeutschenGeschichte, Bd. I, Stuttgart 1954.

3) Hömberg, A. K., Geschichte der Comi-tate des Werler Grafenhauses. Westf.Zeitschrift Nr. 100, 1950.

4) Haussherr, Rainer (Hrsg.), Ausst.-Kat.,Die Zeit der Staufer, Bd. 1-4, Stuttgart1977

5) Berghaus, Peter und Siegfried Kes-semeier (Hrsg.), Ausst.-Kat., Köln undWestfalen 1180-1980, Bd. I, Köln 1980.

6) Oidtmann, E. v., Genealogische Samm-lung i. d. Univers.-Biblioth. Köln, 18Bde, Köln 1992-1999.

7) Grote, H., Stammtafeln, Leipzig 18778) Dossmann, E., Auf den Spuren der

Grafen von der Mark9) Neubecker, O., Heraldik, Frankfurt 197710) Tumbült, G., Westfälische Siegel (StAD-

ortmund)11) Westfälisches Urkundenbuch VII (StA

Schwerte)12) Knipping, R., Die Regesten d. Erzbi-

schöfe von Köln II (StADortmund)13) Rump, H. U., Walther v. d. Vogelweide,

Hamburg 1974

Adolf v. Altena, als Erzbischof von Köln und Herzog von Westfalen, mit Krummstab undLehnfahne. Kölner Pfennig um 1200, Münzstätte Soest. Abb. stark vergrößert.

einen 17jährigen Bürgerkrieg bescherthatte, war sozusagen entbehrlich ge-worden. Längst war sein Vetter, derKölner Dompropst Engelbert von Berg,zur beherrschenden Gestalt im Erzbis-tum Köln aufgestiegen, den auch KönigFriedrich gerne auf der bischöflichenKathedra gesehen hätte. Schließlichkonnte Adolf von Altena dazu bewogenwerden, vom Amt des Erzbischofs zu-rückzutreten, um den Weg für Engelbertfreizumachen. Anfang des Jahres 1216resignierte Adolf von Altenavereinbarungsgemäß auf Amt und Wür-den, worauf der 31jährige Engelbert vonBerg zum Kölner Erzbischof gewähltwurde. Adolf von Altena wurde aber vonEngelbert zum Kölner Weihbischof be-stellt. Später zog er sich aber vom Amtzurück und verlebte seinen Lebensa-bend im Stift St. Quirinus in Neuß, wo er1220 starb. Mit Engelbert von Berg standnun eine Persönlichkeit an der Spitzedes Erzbistums und des HerzogtumsWestfalen, der man zutrauen konnte,die Verhältnisse im Bistum und im Her-zogtum wieder in geordnete Bahnen zulenken. wird fortgesetzt

Reinhold Stirnberg

1) Original im St.A.Düsseldorf, Köln-Dom-stift, Urk. Nr. 55. Gedruckt: Westfäli-sches Urkundenbuch (WUB) II, Nr. 2.

2) Siehe: Der neue große Weltatlas, Gon-drom Verlag GmbH; Bindlach 1996,Karte Niederlande, S. 24-25 DE 5. ZurGenealogie der Herren von Altena:Europäische Stammtafeln N. F. VIII,Tafel 68 b.

3) Die Grafen van Limburg-Stirum, Bd. I-2, Nr. 46. Es handelt sich um dieUrkunde in der erstmals der noch min-

derjährige Graf Adolf I. v. Altena-Mark „puer comes de Marke“ ge-nannt wird.

4) Zur Genealogie der Grafen von Hol-land: Europäische Stammtafeln N.F., Tafel 2. Siehe auch Grote, Stamm-tafeln, Leipzig 1877, S. 269. Zu denGrafen von Bentheim: Grote, Stamm-tafeln, S. 194.

5) Original stark verstümmelt imSt.A.Düsseldorf, Kurköln, Urk. Nr.47a. Regest bei Knipping, Die Re-gesten der Erzbischöfe von Köln imMittelalter III, 1, Nr. 64.

6) Abschrift aus dem ersten Viertel des 16.Jahrhunderts für den Kanzler Casparvon Schöneich. Nach WUB VII, Nr. 79.

7) Franz Kopetzky, Aus dem Copialbuchder Stadt Asti im St.A.Wien. Gedruckt:WUB VII, Nr. 82.

8) WUB VII, Nr. 84.9) WUB VII, Nr. 72.10) Original im St.A.Münster, Kloster Müns-

ter-Aegidii, Nr. 9. Gedruckt: WUB III,Nr. 79.

11) Das Original der Urkunde mit dem Sie-gelfragment Graf Friedrichs befindet sichim Gräfl. v. Kanitzschen Archiv zu Kap-penberg. Daran hängt auch das zweite,aber beschädigte Reitersiegel des Gra-fen Adolf I. von Altena-Mark. Siehe dieRekonstruktion in Folge V dieser Reihe.Gedruckt: WUB III, Nr. 151.

12) Original im St.A.Düsseldorf, Altenberg,Urk. Nr. 29. Gedruckt: WUB VII, Nr.110.

Anmerkungen

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Bevor die Märker kamenAus der Vorgeschichte der Grafen von Altena-Mark und Isenberg

und der Entstehung der Grafschaften Mark und Limburg

Teil VII: Friedrich von Isenberg und Engelbert von BergEin Mörder und sein Opfer

Bevor König Friedrich II. im Frühjahr 1220aus Deutschland zu seiner Kaiserkrö-nung durch Papst Honorius III., demNachfolger des 1216 verstorbenen Inno-cenz III., nach Rom abreiste, ernannte erden Kölner Erzbischof Engelbert von Bergzum Reichsverweser und Vormund sei-nes Sohnes Heinrich, während seinerAbwesenheit. Der 35 oder 36jährige En-

gelbert gewann sehr rasch das Vertrau-en Heinrichs VII., den er am 8. Mai 1222in Aachen, im Beisein vieler Fürsten, imAlter von 12 Jahren zum DeutschenKönig krönte. An dieser Stelle verlassenwir den Lebensweg von Kaiser FriedrichII. und wenden uns der Hauptperson derheutigen Folge zu, dem Kölner Erzbi-schof Engelbert von Berg und seinen„Neffen“ Graf Friedrich von Altena-Isen-berg und Graf Adolf I. von Altena-Mark.

Das Pontifikat Engelberts von Berg undseine Regentschaft als Herzog von West-falen stand zunächst unter einem gutenStern. Mit kraftvoller Hand versuchte erwieder gut zu machen, was sein Vetterund Vorgänger Adolf von Altena durchseine unselige Thronpolitik verschuldethatte, indem er das zerrüttete ErzbistumKöln und das Herzogtum Westfalen re-organisierte. Gleichzeitig begann er da-mit seine herzogliche Gewalt in seinemHerzogtum Westfalen und Engern durch-zusetzen, in dem ja auch die BistümerMünster, Osnabrück und Paderborn la-gen. Hierbei ging er zum Teil rücksichts-los gegen die partikularen Interessender Grafen und Edelherren vor, die ih-rerseits auch nach territorialer Unab-hängigkeit strebten. Ein probates Kampf-mittel war hierbei die Gründung vonbefestigten Städten innerhalb von derenTerritorien, oder, indem er mit Stadt-gründungen deren Gebiete einkreiste.Dies trug ihm die Feindschaft eines Teildes westfälischen Hochadels ein. DenStädten selbst verweigerte er jedochjede Art von Selbstverwaltung. So wa-ren auch hier Spannungen vorprogram-miert.

Als „Reichsgubernator“ begann Engel-bert ab 1220 damit auch im Reich Rechtund Frieden wiederherzustellen. Sopreist ihn Walther von der Vogelweide(1170-1228) in seinem „Fürstenlob“1) von1225:

„Edler Bischof von Köln, Ihr dürft euchfreuen! Ihr habt dem Kaiser und demReiche so gut gedient, dass Euer Ruhmnun immer höher steigt und höherschwebt. Wenn, Herr der Fürsten, Euerhohes Amt dem gemeinen Feigling läs-tig ist und er Euch droht, beachtet seineleere Drohung nicht. Treuer Königsvor-mund, Ihr seit weit berühmt und wahrt

des Kaisers Ansehen besser als es je einKanzler tät; Kämmerer von elftausendJungfrauen und drei Königen.“

Engelberts Biograf Caesarius von Heis-terbach2), von dem gleich noch die Redesein wird, vergleicht sogar seine Herr-schaftszeit 1226 mit der Wiederkehr desAugusteischen Zeitalters. In kritischerEinschätzung nennt ihn Caesarius zwareinen guten Herzog, aber auch einenschlechten Bischof. Er war also ein welt-lich eingestellter Kirchenfürst. Bei allemEinsatz für das Reich, bei dem seinePolitik nicht immer mit dem Willen desKaisers im Einklang stand, hat Engelbertjedoch nie die kölnischen Interessen ausden Augen verloren. Seine energischeTerritorialpolitik sollte ihm schließlich zumVerhängnis werden.

Am 7. August 1218 kam Engelberts ein-ziger Bruder Graf Adolf V. von Berg aufdem missglückten Kreuzzug vor Damiet-te in Ägypten zu Tode. Er hinterließ nureine Tochter namens Irmgard. Sie wardie Erbin der Grafschaft Berg und derHausgüter. Irmgard war mit Heinrich IV.von Limburg (1187-1246) verheiratet undMutter zweier Söhne, Adolf und Walram.

Kaiserstandbild in Magdeburg auf dem AltenMarkt, nach Art des Bamberger Reiters,vermutlich Kaiser Friedrich II. darstellend.Figurengruppe um 1250, Säulenbaldachin 16.Jahrhundert. Aufnahme von ca. 1930.

Siegel König Heinrichs VII. von 1220

Reiterstandbild des Erzbischofs Engelbert vonBerg, im Schloss Burg an der Wupper, vonPaul Wynand. Aufgestellt 1929.

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Ihr Gatte Heinrich IV. war der Sohn vonWalram IV. von Limburg, derzeit nur Grafvon Lützelburg/Luxemburg, und Enkel desderzeit noch regierenden greisen Her-zogs Hermann III. von Limburg (1167-1221). Irmgard von Berg starb nur vierTage nach dem Vater, am 11. August1218. Nach Lage der Dinge hätte nun ihrWitwer Heinrich IV. für seine Söhne dasbergische Erbe antreten können, da jadas bergische Grafenhaus praktisch imMannesstamm erloschen war. Als Erzbi-schof von Köln war ja Engelbert von Berg,auch als letzter Agnat des Grafenhauses,nach der damaligen Rechtsauffassungvon der Erbfolge ausgeschlossen.

Doch darüber setzte sich Engelbert hin-weg und beanspruchte die GrafschaftBerg, nebst allen Familiengütern, für sichallein. Hierdurch verfeindete er sich mitder limburgischen Verwandtschaft sei-ner verstorbenen Nichte, zu der auchGraf Friedrich von Isenberg gehörte, derja mit Sophia von Limburg, der Schwes-ter Heinrichs IV., verheiratet war. DassEngelbert den Limburgern ihr bergischesErbe vorenthielt, hängt wohl damit zu-sammen, dass er eine Umklammerungdes linksrheinischen Erzstiftes Köln durchdas Herzogtum Limburg im Westen undeine limburgische Grafschaft Berg imOsten, um jeden Preis verhindern wollte.Hierdurch wäre außerdem das Erzstiftvom Herzogtum Westfalen abgeschnit-ten worden und hätte Engelberts Bestre-ben, die Schaffung eines geistlichenTerritorialstaates, der von der Maas bisan die Weser reichen sollte, auf Dauerverhindert. Es ist vorstellbar, dass En-gelbert, für den die kölnischen Interes-sen immer Priorität besaßen, insgeheimplante die Grafschaft Berg der KölnerKirche zu übertragen.

Die Limburger beantworteten jedenfallsEngelberts Herausforderung mit einerFehde, die bis 1220 dauerte. Graf Fried-rich von Isenberg war darin wohl nichtverwickelt, denn wir finden ihn in dieserZeit mehrfach im Gefolge und am Hofedes Erzbischofes. Zwischen 1216 und1225 erscheint er insgesamt sechzehn-mal, teilweise als handelnde Person, teilsals Zeuge, in Urkunden Engelberts, odermit Engelbert zusammen in UrkundenKönig Heinrichs VII., vielfach zusammenmit seinem Vetter Graf Adolf I. von Alte-na-Mark, der insgesamt dreiundzwan-zigmal erscheint; oftmals sogar vor demIsenberger3).

Wie die Fehde ausging wissen wir nicht.Doch offensichtlich ist man 1220 zu einerEinigung gekommen, die eine Eigenstän-digkeit der Grafschaft Berg wahrte undeine Vereinigung mit dem HerzogtumLimburg ausschloss. Wie der Einigungs-vertrag im einzelnen ausgesehen hat istnicht bekannt, denn er ist uns nicht über-

liefert worden. Jedenfalls muss er dieverbindliche Zusage Engelberts enthal-ten haben, dass nach seinem Tode Wal-rams Sohn Heinrich IV. die GrafschaftBerg erhalten würde. Daraufhin schlos-sen Engelbert und Graf Walram IV. vonLützelburg, der zukünftige Herzog vonLimburg, und dessen Söhne, im August1220 einen Versöhnungsvertrag4). Darinversprachen der Herzog von Brabant,die Grafen von Sayn, von Lon, und derEdle von Heinsberg, die wohl zuvor Ver-bündete Walrams IV. gewesen sind, so-wie Graf Friedrich von Isenberg, demErzbischof die Treue zu halten und Bei-stand zu leisten, falls der Vertrag vonWalram IV. und seinen Söhnen gebro-chen würde. Graf Friedrich hätte sichalso im Ernstfall gegen seinen Schwie-gervater und seine Schwäger stellenmüssen.

Diese Einigung bestätigt auch Engel-berts Biograph Caesarius von Heister-bach, der Friedrich von Isenberg dasWort in den Mund legt: „Ich bin ein Graf,der feste Burgen und Land besitzt. Zweimeiner Brüder sind Bischöfe, HerzogWalram (seit 1221), der zugleich auchder mächtigste des Landes ist, ist meinSchwiegervater, dessen Sohn (HeinrichIV.) wird die Grafschaft Berg erhalten.Ich bin der Vetter des Grafen von Kleve,dessen Geschwisterkind ist der edle Herrvon Heinsberg...“

Die Erbfolge an der Grafschaft Berg waralso zur Zufriedenheit der Limburgergeregelt. Für eine fortdauernde Feind-schaft zwischen den Limburgern undEngelbert, wegen des ihnen von Engel-bert zugefügten Unrechtes, gab es keineVeranlassung mehr. Auch bei Caesariusfinden wir kein Wort darüber. So lässt erFriedrich von Isenberg in dem zweitenTeil seiner hier zitierten Rede sagen:„...Dem Grafen Gottfried von Arnsberg,dem Grafen Otto von Tecklenburg, demmächtigen Hermann von Lippe und sehrvielen anderen hat er (der ErzbischofEngelbert) Unrecht getan.“ Auf die Lim-burger kann man das beim besten Willennicht beziehen. So steht die These aufsehr schwachen Füßen, nach der 1225Herzog Walram IV. von Limburg dasHaupt der Verschwörung gegen Engel-bert gewesen sein soll. Es sei denn, manwürde ihm unterstellen, er habe auf eineBeschleunigung des noch nicht zu er-wartenden natürlichen Erbfalles hinge-arbeitet. Tatsächlich sind aber weder ernoch seine Söhne jemals angeklagt wor-den. Doch wir wollen den Ereignissennicht vorgreifen. Wenden wir uns nundem Isenberger zu.

Etwa um 1220 beschlossen Mechthildvon Holland5) und ihr Sohn Graf Fried-rich von Isenberg, mit Einverständnisseiner Brüder, ein Kloster als Familien-stiftung zu errichten. Es sollte in Elsey,

Das Kirchdorf Elsey mit der Stiftskirche, um1860. Im Hintergrund das Ardeygebirge mit derHohensyburg und Vincketurm.

Erzbischof Engelbert bestätigt der Priorin vonElsey die Schenkung der Kirche und andererBesitzungen durch Graf Friedrich v. Isenberg.Urkunde von 1223. Mitsiegler Graf Friedrichund sein Bruder Dietrich von Münster.Foto Viegener, 1975, in HohenlimburgerHeimatbl. 2/1976

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heute Hohenlimburg-Elsey, am Unter-lauf der Lenne, im Schutz der KölnischenRaffenburg entstehen, die ErzbischofAdolf von Altena, spätestens aber Engel-bert von Berg ausgebaut hatte. Die Raf-fenburg wird in der nächsten Folge eineRolle spielen. Hier an der unteren Len-ne, genauer gesagt zwischen Lenne undRuhr, lag das Kerngebiet der Grafen vonAltena-Isenberg, das bei der Altenai-schen Teilung zwischen den BrüdernArnold und Friedrich von Altena, GrafArnold von Altena-Isenberg zugefallenwar. Nur wenige Kilometer östlich vonElsey, beim heutigen Letmathe-Oestrichan der Lenne, besaß Graf Friedrich dievon seinem Vater Arnold ererbte großeallodiale Burganlage auf dem OestricherBurgberg. Sie war Mittelpunkt einer klei-nen Freigrafschaft, der „cometia oste-ric“. Über die Burg und Freigrafschaftwerde ich gleichfalls in der nächstenFolge berichten.

Zur Fundierung ihrer Familienstiftung,die als ein Prämonstratenserinnenklos-ter geplant war, mussten von Mechthildzuvor die Rechte an der Elseyer Kircheerworben werden. Mit Konsens des Köl-ner Domkapitels, tauschte Erzbischof En-

gelbert 1222 die Kirche zu Elsey mitMechthild gegen ihre Eigenkirche zu„Bike“ (Bigge bei Olsberg oder Beek beiRuhrort)6). Es handelte sich hier wohl umdie Hofeskirche der ihr 1200 durch GrafArnold zur Leibzucht gesetzten „curtisbeke“. Unter den geistlichen Zeugen die-ser Urkunde finden wir vier von Mecht-hilds Söhnen: Dietrich, den Bischof vonMünster, Engelbert, Propst von St. Ge-org zu Köln und zukünftiger Bischof vonOsnabrück, Philipp, Domherr zu Kölnund Gottfried, der Propst zu St. Martin inMünster. Die weltliche Zeugenreihe führt„comes Adolfus de Altena“ an. Friedrichvon Isenberg fehlt darin. Am Ende derReihe finden wir „Gerwinus de Swirthe etGozwinus frater eius“, möglicherweisezwei weitere Söhne von Ricbertus deSwerte, des mutmaßlichen Schultheißendes Altena-Isenbergischen Hofes zuSchwerte, und Brüder von Giselher undRicbert II.

Nur ein Jahr später bestand bereits dasKloster in seinen Anfängen, denn Erzbi-schof Engelbert bekundete 1223 der Pri-orin und dem Konvent7), dass sein „Nef-fe“ Graf Friedrich von Isenberg demKloster „die Kirche mit der „dos“8) undallen Zugehörungen, ferner den Obst-garten und den Mansus des Gerwin ge-schenkt und die Mühlen und das HausBarme, sowie Wittumsgüter seiner Mut-ter für den Fall ihres Todes unter be-stimmten Bedingungen verpfändet habe“.Die Urkunde besiegelten Erzbischof En-gelbert, Graf Friedrich von Isenberg undsein Bruder Dietrich, der Bischof vonMünster. Die Urkunde befindet sich heu-te, wie auch die vorige, im Pfarrarchiv zuElsey. Die Siegel sind jedoch abgefallenund vernichtet. Der Mansus, eine Hufe,ein Vollpflügerhof des Gerwin und des-sen Obsthof, wurde später das Wirt-schaftsgut des Klosters, „der Küchen-hof“, auch das „Gut tor Koecken“, oder„Koeckenhoff“ genannt. Ob wir in demBesitzer Gerwin den Isenbergischen, nunklösterlichen Lehnsträger, oder den auf-sitzenden Hörigen zu sehen haben bleibtunklar. Im ersten Fall könnte er mit demGerwinus de Swirthe identisch sein. Erz-bischof Engelbert hat die Klostergrün-

dung der Isenberger ganz entscheidendgefördert. So hat er 1224 im ErzbistumKöln zu einer Kollekte für die baulicheFertigstellung der Kirche und der Kloster-gebäude aufgerufen9). Das Gleiche tatauch Bischof Dietrich von Isenberg inseinem Bistum Münster10). Im selbigenJahr wurde dessen Bruder Engelbert zumBischof von Osnabrück erwählt. Während-dessen zogen sich dunkle Wolken zu-sammen, die das einst so gute Verhältniszwischen Graf Friedrich von Isenberg undErzbischof Engelbert vergiften sollten.

Schwerpunkt seines Besitzes und seinerMachtstellung in Westfalen war für GrafFriedrich von Isenberg seine vom Vaterererbte Vogtei über die Reichsabtei Es-sen und die Vogtei über die westfäli-schen Güter mehrerer Stifte und Klöster.Es waren dies Werden a. d. Ruhr, Rel-linghausen bei Essen, St. Pantaleon inKöln, St. Michael in Siegburg bei Bonn,Möllenbeck bei Rinteln a. d. Weser, Fisch-beck a. d. Weser und Kaufungen in Hes-sen. Aus deren Gütern bezog Graf Fried-rich den größten Teil seiner Einkünfte.Nach alter Tradition war das Amt desVogtes (advocatus) eines Klosters oderStiftes der Stifterfamilie oder derenRechtsnachfolger vorbehalten undvererbbar. Als solcher regelte er alle welt-lichen Belange eines Klosters oder Stif-tes, darunter auch die Vermögensver-waltung. Diese schloss ein, dass erAbgaben festsetzen und Personen an-stellen oder absetzen konnte. Er unter-lag nur der Beschränkung, dass er dasVermögen nicht seiner geistlichen Be-stimmung entziehen durfte. Eine solcheVogtei wurde „Herrenvogtei“ genannt.Doch seit dem Wormser Konkordat von1122 vertrat die Kirche mehr und mehrdie Auffassung, dass man die Herren-vögte durch beamtete Vögte ersetzensolle. So war für den Isenberger ein Kon-flikt vorprogrammiert der sich unheilvollauswirken sollte.

Anfangszeilen der „Großen Vogteirolle“, vor1225.

Reichsarchivrat a.D. Moritz Graf zu Bentheim(† 1967) mit der „Kleinen“ und der „GroßenVogteirolle“, die er 1952 wiederentdeckte.

Fragmentiertes Reitersiegel von Graf Friedrichvon Isenberg, an der Kappenberger Urkundevon 1220, heutiger Zustand.

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Vermutlich schon im Jahre 1215 führtedie Essener Äbtissin Adelheid von Wil-denberg vor Erzbischof Adolf von AltenaKlage über die „Gewalttätigkeiten“ ihresVogtes Friedrich von Isenberg. Wie unsCaesarius mitteilt, habe sie hierbei mitRücksicht auf ihre Verwandtschaft, vie-les über Friedrich verschwiegen. Dochweder bei Adolf, noch bei seinem Nach-folger Engelbert fand sie Gehör. Daherwandte sie sich schließlich 1216 an PapstHonorius III. und König Friedrich II. undbat um Schutz und Hilfe. Doch auch hierließ eine Reaktion lange auf sich warten.Erst nach der Kaiserkrönung FriedrichsII. geriet die Sache in Bewegung, da demPapst noch weitere Klagen anderer Stif-te und Klöster über ihre Vögte zugegan-gen waren. So ordnete er am 1. März1221 an, dass Engelbert und seine Suf-fragane (Amtsträger), die Kirchenvögteder Kölner Kirchenprovinz, welche sichmehrfach Bedrückungen der Kirchen er-laubt hätten, zu veranlassen, mit denihnen zukommenden Einkünften zufrie-den zu sein. Vom gleichen Tag datiertein weiteres Schreiben, in dem der PapstEngelbert und seinen Suffraganen ge-stattete, Kirchenvogteien in Pfandschaftzu nehmen. Am 15. März verschärfte derPapst sein Vorgehen, indem er Engel-bert befahl, wo immer sich eine Gelegen-heit bieten würde, den weltlichen Herrendie Vogteien zu entziehen11). So nahmauch der Druck auf Friedrich von Isen-berg zu.

Ein Verlust seiner vogteilichen Rechtehätte für den Isenberger eine wirtschaftli-che Katastrophe bedeutet. So war er nichtbereit, auch nur den kleinsten Eingriff inseine Rechte zu dulden. Bereits vor 1220hatte Friedrich ein, wenn auch noch un-vollständiges Verzeichnis der Güter allerStifte und Klöster anlegen lassen, überdie er die Vogteirechte ausübte - die so-genannte „Kleine Vogteirolle“12). Nach1220, auf dem Höhepunkt des Streites,folgte eine vollständige Auflistung - diesogenannte „Große Vogteirolle“13). BeideRollen waren seit 1683 verschollen undwurden erst 1952 durch den Reichsar-chivrat a.D. Graf Moritz von Bentheim-Tecklenburg-Rheda wiederentdeckt und1957 im Druck herausgegeben. BeideRollen befinden sich heute im fürstl. Bent-heimschen Archiv zu Rheda.

Wie uns Caesarius von Heisterbach wei-ter berichtet, wurde Erzbischof Engel-bert 1225, durch Vorstellung des Paps-tes und des Kaisers gedrängt, GrafFriedrich dazu zu ermahnen, von seinenEingriffen in die Rechte des Stiftes Es-sen abzulassen. Als das nichts fruchtete,bot er ihm sogar aus seinen eigenenEinkünften zum Ausgleich eine Jahres-rente an. Doch Friedrich ging nicht dar-auf ein. So vertiefte sich die Kluft zwi-

schen Erzbischof Engelbert und Friedrichvon Isenberg, der so in das Lager derFeinde des Erzbischofes getrieben wur-de, die in Engelbert nur den Räuber sa-hen, der den Adel bestehlen wolle. Dochdie Sache verlangte eine Entscheidung.So berief Engelbert für den 2. November1225 einen Landtag nach Soest ein, aufdem diese und andere strittige Angele-genheiten geregelt werden sollten. Aufdem Weg nach Soest traf er mit Friedrichvon Isenberg zusammen, der drohendvon Engelbert forderte, ihn nicht seinesRechtes zu berauben.

Schon als Engelbert mit seinem Gefolgein Soest einzog, schlug ihm eine feindse-lige Atmosphäre entgegen. In der Stadtgärte es. Zu gern hätten die SoesterBürger ihren ungeliebten Stadtherrn zumTeufel gejagt, dessen Zwingburg nebender Petrikirche, mit ihrem mächtigenDonjon, einem viereckigen Wohn- undWehrturm, im Herzen der Stadt die Häu-ser überragte (heute Standort der Spar-kasse). Ihm gegenüber hatten die Bür-ger als Widerpart den noch höheren Turmvon St. Patrokli erbaut, der die Rüstkam-mer der Stadt beherbergte und gegendie Bischofsburg als Wehrturm ausge-richtet war14).

Die Verhandlungen Engelberts mit Fried-rich von Isenberg dauerten 3 Tage undendeten erfolglos. Daraufhin setzte En-gelbert für einen Vergleich einen neuenTag auf den 10. November in Köln an15),und verließ am 6. November, mit seinemGefolge die Stadt. Am Abend erreichteEngelbert, nach einem Tagesritt von rund40 km, vermutlich die Stadt Schwerte,wo er höchstwahrscheinlich auf demXantener Hof, der „curtis prinicipalis swer-te“, Quartier nahm. Hier soll es nach denForschungen von Karl Ewald noch einmal

Soest um 1581, nach Braun und Hogenberg. Links neben St. Patrocli der Rest des 1225 zerstörtenTurmes des erzbischöflichen Palastes.

Oben: Rekonstruktionsversuch des RittersitzesHaus Schwerte, auch „Burg Schwerte“ genannt,im 13. Jhdt. mutmaßlicher Sitz des XantenerVillicus/Schultheißen der „curtis principalisswerte“, nahe der Isenberger „curtis swerte“,dem späteren „Burghof Helle“.Unten: Rekonstruktionsversuch des Bogen-weges über die Brückstraße, der das HausSchwerte mit dem Kirchhof verband.Ursprünglich vermutlich ein Tor des befestigtenXantener Hofes, dem späteren Altstadtkern.Zeichnungen von R. Stirnberg

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zu einer fruchtlosen Unterredung zwi-schen Engelbert und Graf Friedrich ge-kommen sein, der vermutlich in seinerbenachbarten „curtis swerte“, dem Isen-berger Hof übernachtete. Am Morgendes 7. November reiste Engelbert ab,nachdem er einen Teil seines Gefolgesals Vorauskommando nach Schwelmentsandt hatte, wo er noch am gleichenTag eine Kirche einweihen wollte. GrafFriedrich von Isenberg verabschiedetesich dann von Engelbert von Berg biszum 10. des Monats in Köln. Doch dazusollte es nicht mehr kommen. In Wahr-heit waren die Würfel längst gefallen. Diewestfälische Adelsopposition hatte längstbeschlossen den Erzbischof auszuschal-ten und gefangen zu nehmen. Die Aus-führung des Anschlages sollte Friedrichvon Isenberg übernehmen.

Nach der Darstellung bei Caesarius vonHeisterbach16) eilte Friedrich mit seinenReisigen auf Richtwegen dem Erzbischofvoraus. An dem Höhenweg der von Ge-

velsberg über den Berg nach Schwelmführt, legte sich Friedrich mit seinenMannen nahe des Passes, am Linden-graben, in den Hinterhalt.

Nur in Begleitung einer kleinen Eskorteerreichte der Erzbischof, vermutlich ge-gen Mittag, die verhängnisvolle Stelleam Lindengraben. Hier fielen Graf Fried-rich und seine Helfershelfer über Engel-berts Trupp her und wollten den Erzbi-schof ergreifen. Engelbert versuchte zuPferde zu fliehen, wurde jedoch vomRoss gezerrt. Es kam zum Kampf, beidem Engelbert vermutlich unbeabsich-tigt getötet wurde.

Nach der Darstellung bei Caesarius vonHeisterbach, soll von Anfang an der Mordan Engelbert geplant gewesen sein. Solegt er Friedrich den Ausruf in den Mund:„Tötet den Räuber, tötet ihn, der die Adli-gen bestiehlt und keinen verschont!“ Dieserscheint absolut unwahrscheinlich. Je-dermann musste die Folgen kennen, dieder Mord an einem Erzbischof und Reichs-verweser, dem Stellvertreter des Kaisers,nach sich ziehen würde. Derart realitäts-fremd kann niemand gewesen sein. Ver-mutlich dürfte der vierzigjährige Engel-bert, dessen 1,80 m hohe athletischeGestalt seine Zeitgenossen um Hauptes-länge überragte, durch seine heftige Ge-genwehr zu Tode gekommen sein, da erals typisches Kind seiner Zeit, wohl bes-ser mit dem Schwert als mit dem Weih-rauchfass umgehen konnte, wie ich bereits1996 in Folge II meiner Serie „Vom Wer-den der Stadt Schwerte“ (in AS-AktiveSenioren, Nr. 37, Dezember 1996) schrieb,deren Text ich hier auszugsweise mitÄnderungen übernehme.

Nach Caesarius waren es zwei Brüdernamens Giselher und Herenbert, durchdie Engelbert zu Tode kam. Karl Ewaldhält es für möglich, dass es sich hierbeium die beiden Brüder Giselher und Ric-bert von/zu Schwerte handelt. Bereitsder erste Schwert- oder Axthieb, der En-gelbert am Kopf traf, dürfte zur sofortigenBewusstlosigkeit geführt haben. Wie derExhumierungsbericht der Gebeine En-gelberts, von Prof. Dr. Günter Dotzauer,vom November 1979 zeigt17), wurdehierbei durch einen tangentialen Hiebein 4,3 mal 1,8 cm großes Knochenstückaus der Schädeldecke Engelberts her-ausgetrennt. Wenn es dieser Schlag nichtwar, der Engelbert tötete, so war es einweiterer Hieb mit einem stumpfen Ge-genstand, vermutlich einer Keule, derden Schädel zertrümmerte!

Nach Dotzauers Bericht wies das SkelettEngelberts etwa 50 schwerste Hieb- undStichverletzungen auf. Teilweise erfolg-ten die Hiebe, von ein und derselbenWaffe, bis zu dreimal, auf ein und diesel-be Stelle. Danach ist Engelberts Leich-

nam förmlich in Stücke gehackt worden.Wie lässt sich ein solches Gemetzel mitder Aussage in Einklang bringen, es seinur die Gefangennahme des Erzbischofsgeplant gewesen? Die einzige Erklärungdie man dafür finden kann besteht darin,wenn man nicht an einen völlig ent-menschten Blutrausch der Täter glau-ben mag, dass jede der an dem Überfallbeteiligten Personen, nach Art vonSchwurbrüdern, einen Hieb gegen denLeichnam führte. Niemand sollte sichdadurch von der Tat distanzieren kön-nen. Dass es hierbei zu mehrfachen Ein-hieben gekommen ist, könnte aus Ver-zweiflung geschehen sein.

Engelberts Eskorte, die nach dem Falldes Erzbischofs geflohen war, barg nachihrer Rückkehr den Leichnam und brach-te ihn zu seiner Burg Neuenberge,Schloss Burg an der Wupper. Doch hierverweigerte ihnen die Burgbesatzung denZutritt, angeblich aus Angst vor dem neu-en Herrn der Grafschaft Berg, Graf Hein-rich IV. von Limburg. Dies klingt äußerst

Der Überfall auf Erzbischof Engelbert.Wandgemälde im Rittersaal von Schloss Burg.

Der Tod des Erzbischofs. Ölskizze des Joh.Richard Seel von 1840/45, heute in HausMartfeld in Schwelm.

Kennzeichnung der verletzten SkelettteileEngelberts, nach dem Untersuchungsberichtvon 1978.

Die Schädelverletzung Engelberts.

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fadenscheinig. Sollte vielleicht etwas vorEngelberts Gefolge verheimlicht werden?Hatten die Limburger vielleicht doch ihreHände im Spiel? War Engelberts Tod einvon langer Hand geplanter eiskalter Mord,von dem Friedrich von Isenberg nichtsahnte und der ihm so in die Schuhegeschoben werden konnte? Spielte Fried-rich nur die Rolle eines nützlichen Idio-ten, im Ränkespiel der Mächtigen? Ca-esarius selbst deutet so etwas an.

So sollen hinter der Verschwörung ge-gen Engelbert „einige Mächtige“ gestan-den haben, die er nicht zu nennen wage!Quies scit - wer weiß es? Verantwortlichgemacht wurden in erster Linie die Isen-berger. Doch will ich nicht den Ereignis-sen vorgreifen.

Da ihnen der Zutritt zur Burg Neuenber-ge verwehrt wurde, brachte EngelbertsGefolge seine Leiche in das BergischeHauskloster, die Abtei Altenberge. Hierkonnte der Tote „versorgt“ werden. SeinHerz und die edlen Organe wurden ent-nommen und der Leichnam nach dama-liger Sitte gekocht, damit sich das Fleischvon den Knochen löste. Diesem Um-stand haben wir es zu verdanken, dassEngelberts Gebeine heute so gut erhal-ten sind. Seine Gebeine wurden späternach Köln gebracht, wo sie heute imsilbernen Engelbertsschrein des KölnerDomes ruhen. Sein Herz dagegen wurdein Altenberg beigesetzt, wo es in einemin den dreißiger Jahren unseres Jahr-hunderts neu gefertigtem kleinen Schreinruht. Dieser wurde übrigens vor einigenJahren von primitiven Schurken gestoh-len, weil sie Gold darin vermuteten. Fehl-anzeige! Erbrochen und schwer beschä-digt haben sie ihn, mitsamt dem Herzen,in einem Steinbruch weggeworfen, woman ihn später wiederfand.

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich dieungeheuerliche Nachricht von der Er-mordung Engelberts im ganzen Reich.Noch ganz unter dem Eindruck der Er-eignisse schrieb Walther von der Vogel-weide18):

„Ich preise sein Leben, und immer klageich um seinen Tod. Weh’ dem, der denedlen Fürsten von Köln erschlug! O dassihn die Erde noch tragen will! Ich weißkeine Marter groß genug für seine Schuld.Ein Eichenstrang um seinen Hals wäreihm zu sanft. Ich will ihn nicht verbrennennoch zerstückeln noch ihm die Haut ab-ziehen, auch nicht mit dem Rad ihn zer-malmen noch aufs Rad flechten; ich war-te nur jeden Tag, ob ihn nicht die Höllelebendig verschlingt.“

Die öffentliche Meinung reagierte ganzunterschiedlich auf die Nachricht vonEngelberts Tod; insbesondere in West-falen. Sie deckte sich nicht immer mit derdes Engelbert Lobhudlers Walther. In

Soest, um nur ein Beispiel anzuführen,kam es gar zur Revolte gegen das erzbi-schöfliche Stadtregiment. Hierbei er-stürmten die Bürger den Bischofspalastund zerstörten den Turm der verhasstenkölnischen Zwingburg19).

Die offizielle Reaktion auf den Mord ließnicht lange auf sich warten. Bereits am15. November wurde Heinrich von Mole-nark zum neuen Erzbischof gewählt, dersich ganz der Rache an den Schuldigenverschrieben hatte. Diese waren schnellausgemacht: Friedrich von Isenberg undals Mitwisser seine Brüder Dietrich, derBischof von Münster, Engelbert, seit 1224Bischof von Osnabrück, Gottfried, derPropst zu St. Marien in Münster und derjüngste der Brüder, Wilhelm von Isen-berg; ferner Graf Otto von Tecklenburgund die Grafen Adolf und Volkwin vonSchwalenberg, um nur die Hauptverdäch-tigen zu nennen.

Graf Adolf von Altena-Mark, der sich ausder Verschwörung herausgehalten hat-te, stellte sich voll und ganz auf die Seitedes neuen Erzbischofs Heinrich vonMolenark; galt es doch soviel von denIsenbergischen Gütern und Rechten fürsein Haus zu retten, wie es nur irgendmöglich war.

Auf dem Konzil zu Mainz, vom 30.11.-10.12.1225, wurde Friedrich von Isen-berg durch den Kardinallegaten Conradvon Porto exkommuniziert, wie auch alleseine Helfershelfer20). Bereits auf demHoftag zu Nürnberg, am 29.11., wurde erdurch König Heinrich VII. geächtet; ob-wohl unter den spruchfindenden Reichs-fürsten noch große Uneinigkeit bestand.Auf dem im Dezember nachfolgendenHoftag zu Frankfurt wurde die Reichs-acht erneuert. Friedrich wurden alle Allo-de und Lehen aberkannt. Seine GattinSophia von Limburg wurde zur Witwe,seine Kinder zu Waisen erklärt. Auf Fried-richs Ergreifung ließ Heinrich von Mole-nark ein Kopfgeld von 1000 Mark ausset-zen (160000 Pfennige)21). Friedrich flohdaraufhin zu Graf Otto von Tecklenburg,der ihm Schutz gewährte. Dafür wurdeOtto am 1. Januar 1226 gleichfalls ge-bannt und später geächtet22).

Sofort nach der Ächtung Friedrichs bela-gerte ein kölnisches Heer seinen Haupt-sitz, die Isenburg, die schließlich, ver-mutlich im Januar 1226 kapitulierte.Friedrichs Gattin Sophia und ihre KinderDietrich (*1215), Friedrich (1226-43 urk.),Elisabeth (1243-75 urk.), Sophia (1243-92 urk.) und Agnes (1243-82 urk.) wur-den aus der Burg gewiesen, und diesedurch Feuer völlig zerstört23). Sie ist niewieder aufgebaut worden. Sophia such-te mit ihren Kindern Zuflucht bei ihremBruder Heinrich, dem nunmehrigen Gra-fen von Berg. Hier ist sie 1226 oder 1227,

zusammen mit ihrem jüngsten Kind ge-storben. Im gleichen Jahr starb auch ihrVater, Herzog Walram IV. von Limburg(1221-26). Heinrich IV. trat seine Nach-folge an. Sophias Kinder wuchsen unterseiner Obhut auf.

Auch Friedrichs Burg und Stadt Nien-brügge an der Lippe erlitt das Schicksalder Isenburg. Sie wurde von Graf Adolf I.von Altena-Mark dem Erdboden gleich-

Der silberne Engelbertsschrein. Geschaffen1633 von Jeremias Geisselbrunn. Gestiftet vonErzbischof Ferdinand von Bayern (1612-1650).Kölner Dom, Domschatzkammer.

Der Altenberger Dom um 1860. Blick über denKüchenhof.

Schrein mit dem Herzen Engelberts imAltenberger Dom

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gemacht24) und nie wieder aufgebaut.Dafür gründete Adolf etwas weiter östlich1226 die Stadt Hamm25). Adolfs Treuegegenüber dem Erzbischof und sein Vor-gehen gegen seinen Vetter zahlte sichaus, denn 1226 wurde er vom Erzbischofmit den kölnischen Lehen belehnt, diezuvor Friedrich besessen hatte26). Dieanderen Allode und Lehen Friedrichswurden den Herren zugesprochen, diesie inzwischen besetzt hatten. Jeder hat-te davon soviel an sich gerissen wie er nurkonnte. Auch Adolf hatte sich hier be-dient. Schließlich vereinigte er den größ-ten Teil des ursprünglichen AltenaischenGesamtbesitzes wieder in seiner Hand.

Friedrichs Brüder Dietrich und Engel-bert, wie auch später Gottfried und Wil-helm, verfielen der Nemesis. Dietrich undEngelbert wurden durch Conrad vonPorto von ihren Bischofsämtern suspen-

diert und ihre Sache an den Papst ver-wiesen27). In Begleitung ihres BrudersFriedrich brachen sie am 23. Februar1226 von Münster zu ihrer Reise nachRom auf, um sich vor Papst Honorius zurechtfertigen. Doch vor der römischenCurie hatten sie keine Chance. Zu schwerwogen die Anklagen der Kölner Kircheund die Briefe der Reichsfürsten. Diet-rich und Engelbert wurden abgesetzt,gebannt und später geächtet, wie auchGottfried und Wilhelm von Isenberg. AuchFriedrich fand keine Gnade. Auf der Rück-reise von Rom ist Dietrich am 18. oder22. Juli 1226 in der Fremde gestorben28).Engelbert wurde aber am 11. Januar1227 rehabilitiert, und wurde vom Papstmit kirchlichen Pfründen, zu seinem stan-desgemäßen Unterhalt ausgestattet29).

Im Jahre 1239 ist er wieder als Bischofvon Osnabrück eingesetzt worden. Er

wird uns in der nächsten Folge wiederbegegnen.

Und Friedrich von Isenberg?

Zurück in Deutschland war er ständig aufder Flucht vor den Häschern des KölnerErzbischofes. Als Kaufmann verkleidetkam er vermutlich Ende Oktober 1226mit zwei Begleitern nach Lüttich, wo ihnseine ehemalige Dienstmagd erkannthaben soll. Als er von Lüttich nach Huygehen wollte, wurde er im Tal von Amanan der Maas von dem Lütticher RitterBalduin von Gennep hinterlistig gefan-gengenommen. Dieser lieferte Friedrichgegen den Judaslohn von 2100 Mark(222000 Kölner Pfennige), dem GrafenGerhard IV. von Geldern und dem KölnerEdelvogt Hermann von Eppendorf aus30).Friedrich wurde nach Köln gebracht undim erzbischöflichen Palast drei Tage, biszu seiner Hinrichtung, in Haft gehalten.So kam der 14. November 1226. Caesa-rius von Heisterbach berichtet darüber31):

„Friedrich von Isenberg wurde auf einemHügel vor dem Severinstor zu Köln gräss-lich gefoltert und dann mit Seilen aufsRad geflochten, dass man auf eine Stein-säule gestellt hatte. Er hat die ihm aufer-legte Strafe geduldig ertragen, indem erseine einzelnen Glieder freiwillig zumZerschlagen hingehalten hat. Als dannauf seinem Rücken jener unbarmherzigeSchlächter wirkte und ihm sechzehnSchläge mit dem Beil zufügte, stieß er-keinen Laut aus. Er hat noch bis zurMette gelebt.“

So endete das Leben des Grafen Fried-rich von Altena-Isenberg, und mit ihmder größte Kriminalfall in der Geschichtedes deutschen Mittelalters, der noch Jahr-hunderte später die Menschen bewegthat. So sollen denn auch diese Zeilenvon Annette von Droste-Hülshofs Balla-de32) den Schlusspunkt setzen:

Zweites beschädigtes Reitersiegel von GrafAdolf I. von Altena-Mark an der KappenbergerUrkunde von 1220. Umschrift: + SIGILLVMCOMITIS ADOL(FI) (DE) (A)LTE(NA).

Rekonstrukion der Isenburg bei Hattingen von R. Schwätzer. Umzeichnung von R. Stirnberg.

Luftbild der ausgegrabenen Ruinen der Isenburg. Foto Tischler, Hattingen.

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„Zu Köln am Rhein da kniet ein Weibam Rabensteine unterm Radeund überm Rade liegt ein Leiban dem sich weiden Kräh’ und Made.Zerbrochen ist sein Wappenschildmit Trümmern seine Burg gefüllt.Die Seele steht bei Gottes Gnade...

Blick auf die Westtürme des Domes zu Münsterund das westliche Querschiff mit vorgelagertemParadies. Baubeginn des heutigen Domes unterBischof Dietrich von Isenberg, 1225.

Bischof Dietrich von Isenberg mit demGrundstein des Domes im Paradies um 1240.Auf der Brust, auf dem „Rationale“, einesiebenblättrige Isenberger Rose.

Das Severinstor von Köln um 1878, nach einemAquarell von Jacob Scheiner. Nicht weit davonentfernt wurde Friedrich von Isenberg am14. November 1226 hingerichtet.

Anmerkungen

1) Schaefer, J., Walther von der Vogelwei-de. Werke, Text und Prosaübersetzung.Darmstadt 1972

2) Caesarius von Heisterbach, Vita S. Engel-berti, Edition Langosch, Münster/Köln1955

3) Siehe Vahrenhold-Huland, Uta, Die Alte-na-Isenbergischen Teilungen im 12. u.13. Jhdt., Anm. 60, in: Die Grafen vanLimburg Stirum, Teil I, Bd. I, S. 77. vanGorcum, Assen/Amsterdam und Aschen-dorfsche Verlagsbuchhandlung Münster.

4) Original im Hist. Archiv d. Stadt Köln,Domstift Köln, Urk. Nr. 82. Gedruckt: La-comblet Urkundenbuch II, Nr. 87.

4a) Die genealogische Angabe ist falsch undhat dazu geführt, dass man Mechthild v.Holland für eine Gräfin von Kleve gehaltenhat. Siehe dazu Anmerkung 5.

5) Zur Geschlechterzugehörigkeit der Mecht-hild/Mathilde siehe: Wunder, Gerd, DieGemahlin des Grafen Arnold von Altena,Mitteilungen der Westdeutschen Gesell-schaft für Familienkunde, Jg. 1966, S.227-232.

6) Original im PfAElsey, Urk. Nr. 5. Gedruckt:Westfälisches Urkundenbuch (WUB) VII,Nr. 225a.

7) Original im PfAElsey, Urk. Nr. 6. Gedruckt:WUB VII, Nr. 238.

8) „dos“ ist ein Kürzel für „donationes“, dassind Schenkungen an Geld und Gütern,die der Kirche gemacht worden sind.

9) Original im PfAElsey, Urk. Nr. 2. Gedruckt:WUB VII, Nr. 155a.

10) Original im PfAElsey, Urk. Nr. 1. Gedruckt:WUB VII, Nr. 155b. Zur weiteren Geschich-te des Stiftes Elsey siehe: BibliographieHohenlimburger Heimatblätter 1926-1996,S. 44.

11) Originale der Papsturkunden im StADüsseldorf. Gedruckt: WUB V, 1, Nr. 287und 286, vom 1.3.1221 und Nr. 291, vom15.3.1221.

...Und wenn das Rad der Bürger siehtdann lässt er schnell sein Rösslein traben.Doch eine bleiche Frau die stehtund scheucht mit ihrem Tuch die Raben.Um sie mied er die Schlinge nicht,er war ihr Held, er war ihr Lichtund ach, der Vater ihrer Knaben.“

Wird fortgesetzt Reinhold Stirnberg

Dass wir überhaupt soviel über Lebenund Sterben des Erzbischofs Engel-bert wissen, verdanken wir in ersterLinie dem Cisterciensermönch Caesa-rius (1180-1240), aus dem Kloster Heis-terbach im Siebengebirge.

Er war ein Zeitgenosse Engelberts undhatte sich schon einen Namen ge-macht, als Autor zahlreicher theologi-scher Werke. Sofort nach dem TodeEngelberts beauftragte ihn der neueKölner Erzbischof Heinrich von Mole-nark mit der Abfassung einer „Vita“,einer Lebensbeschreibung Engelberts.Es lag im politischen Interesse Erzbi-schof Heinrichs Engelbert zum Märty-rer hochzustilisieren. Dementspre-chend ging Caesarius zu Werke. SeinVorbild war die, von Johann von Salis-bury verfasste Vita von Thomas Be-cket, Erzbischof von Canterbury, der1170 ermordet wurde. So entstand1226 die „Vita, Passio et Miraculi sanc-ti Engelberti archiepiscopi Coloniensis- Leben, Leiden und Wunder des heili-gen Erzbischofs Engelbert von Köln“.

Da Caesarius das Leben Engelberts inBedeutungszusammenhänge mit demAlten und Neuen Testament bringt, istes fraglich, ob Engelberts Lebensge-schichte nicht dem Sinn und Zweckdes Werkes angepasst wurde. Einig-keit besteht jedoch darin, dass Caesa-rius den Ablauf der Ereignisse um En-gelbert und Friedrich von Isenbergrichtig überliefert hat.

Die von Heinrich von Molenark ge-wünschte Kanonisierung Engelbertswurde aber von Rom nie vollzogen, daEngelbert ja nicht als christlicher Blut-zeuge, sondern aus rein politischenGründen erschlagen wurde. Das Haupt-kriterium für eine Heiligsprechung waralso nicht gegeben. Da fielen auchnicht mehr die spektakulären Wunderins Gewicht, die Engelbert angeblichbewirkt haben soll. Einzig wurde derKölner Kirche eine regionale, heilig-mäßige Verehrung zugestanden.

Von der „Vita Engelberti“ des Caesari-us sind heute nur noch Abschriften,zum Teil in Fragmenten vorhanden.

Nachtrag: Caesarius von Heisterbach und die „Vita Engelberti“

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12) Pergamentrolle 68 cm lang, 28 cm breit.

13) Pergamentrolle 1,71 m lang, 28 cm breit.

14) Ergibt sich aus Anmerkung 16.

15) Caesarius s.o., Buch II, Cap. 1 u. 2.

16) Caesarius s.o., Buch II, Cap. 7 u. 17.

17) Dotzauer, Günter, Prof. Dr., Leiter des Ge-richtsmed. Institutes der Universität Köln.Manuskript mit Fotodokumentation. Bear-beitet und publiziert von Walter Schulten, in:Köln und Westfalen, 1180-1980, S. 209-213

18) Schaefer, J. s.o. Anm. 1.

19) Regest in: Urkundenbuch von Elverfeldt, Nr.311, S. 66. Gedruckt: Seibertz, Landes undRechtsgeschichte des Herzogtums Westfa-len III, S. 66.

EB Heinrich v. Molenark gewährt darinder Stadt Soest, welche den Turm deserzbischöflichen Palastes, nach der Er-mordung des EB Engelbert niedergebro-chen hatte, erneut seine Huld. Die Per-gamenturkunde bef. sich, größtenteilszerstört, im StASoest.

20) Caesarius s.o., S. 84-8621) Caesarius s.o., S. 84-8622) Urk.-Abschrift im StAOsnabrück/

Henselarsche. Urk.-Sammlung II, S. 155.Original verschollen. Gedruckt: Osnab-rücker Urkundenbuch II, Nr. 206.

23) Caesarius s.o., S. 96.24) Siehe Anmerkung 20.25) Lerold v. Nordhof, Edition Flebbe, S. 77.

26) Vergl. WUB VII, Nr. 546 und Osnabr. UB,Nr. 432

27) Emonis Chronicon apud A. Mathaeum, Ana-lecta II, p. 83-86. Edition Zuidema undDouma.

28) Caesarius s.o., S. 97.

29) Osnabr. UB II, Nr. 222.

30) Chron. Regia Coloniensis Cont. IV, EditionWaitz, S. 258

31) Caesarius s.o., S. 99.

32) A. v. D.H., Der Tod des Erzbischofs Engel-bert von Köln. Eigenhändiges Manuskriptvon 1841 im Westf. Landesmuseum Müns-ter. Erster Druck in: Das malerische undromantische Westfalen, 1842.

Im „Wochenblatt für den Kreis Altena“vom 8. Januar 1853 findet sich unterder Überschrift „Das nenne ichschnell“ eine kleine lustige Geschich-te, die sich wie folgt liest: „Ein Pächterfuhr neulich mit der Eisenbahn vonDublin nach Altone und vergaß beimAussteigen seinen Regenschirm. Manrieth ihm nach Mullinghar telegraphie-ren zu lassen, und während er insTelegraphen-Büreau ging, machte einSchalk, der den Regenschirm ver-borgen hatte, den Spaß und hing ihnauf den elektrischen Draht. Wie derPächter aus dem Büreau kommt undseinen Regenschirm am Draht hän-gen sieht, ruft er: ‚Heiliger Patrick!Das nenne ich schnell’.“

Was diesen 149 Jahre alten Artikelneben der lustigen Pointe so interes-sant für die Sauerländer macht, ist dieNennung der Stadt Altena in leichtveränderter Form. Obwohl Altone inIrland liegt, aber Jahrhunderte unterenglischer Herrschaft stand, ist essicher zulässig, englische Wörterbü-cher zu Rate zu ziehen. In England istdas e am Schluss des Namens weg-gefallen, und so gibt es einige engli-sche Orte mit dem Namen „Alton“.Das „Dictionary of the Place-namesin the British Isles“ gibt dazu folgendeErklärung: „Der Name besteht auszwei alten englischen Wörtern äwiell= Bach (genauer gesagt Quellgebieteines Baches), und tun = Niederlas-sung, Ortschaft“. Daraus folgt, dassviele Plätze mit dem Namen Altonsich in der Nähe einer Quelle einesFlusses oder Baches befinden. DasWörterbuch nennt dann noch einigeOrte dieses Namens mit genauer Be-schreibung, wo und an welchem Bachoder Fluss sie liegen.

Ergänzungen zur Bedeutung des Namens Altenavon Hans Dieter Schulz

Ein anderes englisches etymologi-sches Wörterbuch bestätigt dieseErklärung und variiert nur etwas, weiles „Weiler an der Quelle eines Flus-ses“ als Deutung aussagt. Dies decktsich in sicherer Weise mit dem häu-fig vorkommenden schwedischenOrtsnamen Altuna. Tuna ist der inSchweden heute noch bestehendeName für einen Weiler. Demnachbedeutet dieses schwedische Wort„Weiler am Fluss, am Bach oder insumpfiger Flussaue“.

Das Wort äwiell hat sich im Laufe derSprachgeschichte zu „well“ (englischfür Brunnen und altdeutsch für heili-ge Quelle) entwickelt. Gleichzeitigentwickelte sich daraus, unter Weg-fall der Mittelbuchstaben des Wor-tes, Ahl und Ohl, was heute unbe-stritten für Sumpf, Nässe (auchJauche) usw. gilt.

Sollte nur eine irisch-keltische Deu-tung in Frage kommen, so müssenwir uns auf das keltische Wort „alt“konzentrieren, das laut Wörterbuch„sumpfiger Fluss“ (wörtlich: Celtic ri-ver-name in the meaning „muddy ri-ver“) bedeutet. Da im norddeutschenRaum zeitweilig Kelten gewohnt ha-ben, ist eine Deutung in Richtung von„Wasser, Sumpf“ zulässig.

Jedem aufmerksamen Leser wirdaufgefallen sein, dass es in sichererund auffallender Weise mit der Deu-tung „All zu nah“ für den NamenAltena und Altona nicht weit her seinkann und dass die Namen der vielenOrte mit diesen Namen auf jedenFall etwas mit Wasser zu tun haben.

Zum Schluss sei noch einmal daranerinnert, dass die Nette, die bei Alte-

na in die Lenne fließt, im Quellbereich,da wo sie jung ist, „Alte Nette“ heißt.Ebenso heißt die Alster im Quellbe-reich „Alte Alster“. Es gibt eine Reihevon Bächen und Flüssen in Deutsch-land, die im Quellbereich in gleicherWeise mit dem Adjektiv „alt“ bezeich-net werden. Da muss doch das Wortfrüher einmal neben der heutigen Be-deutung etwas mit Wasser und Sumpfoder dergleichen zu tun gehabt haben.

Wir sollten unsere Aufmerksamkeitnoch einmal auf das Wort „tuna, tun“lenken. Es ist mit dem holländischen„tuin“ (Garten) verwandt. Dazu gibt esin einem niederländischen Wörterbuchfolgende Erklärung: tuin, vergleichemittelniederländisch tuun „Umzäunung,umzäunter Raum“, altniederfränkischtûn, althochdeutsch zûn „Umzäumung“,altfriesisch tûn „Umzäunung, Gehöft“,altenglisch tûn, altnordisch tûn „um-zäunter Raum“. Während neuhoch-deutsch Zaun die alte Bedeutung be-wahrte, ist niederländisch tuin einbebautes Stück Land innerhalb einerUmzäunung bei der Wohnung und eng-lisch town die Stadt innerhalb einerUmwallung. Außerhalb des Germani-schen finden wir nur das gallische du-num als geographischen Namen wie inLugdunum, altirisch dûn „Festung, be-

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Bevor die Märker kamenAus der Vorgeschichte der Grafen von Altena-Mark und Isenberg

und der Entstehung der Grafschaften Mark und Limburg

Teil VIII: Dietrich von Isenberg kontra Adolf von der Markoder: Die Isenberger Wirren

Durch seine kölntreue Haltung war esGraf Adolf I. 1226 gelungen, den größtenTeil der altenaischen Besitzungen undRechte, die sein Großvater Graf Ever-hard von Altena vor der AltenaischenTeilung besessen hatte, für sein Haus zuretten und in seiner Hand wieder zu ver-einigen1). Bei den ehemals Isenbergi-schen Vogteien war ihm weniger Glückbeschieden. So ging die Vogtei über die

Reichsabtei Essen und dem zugehöri-gen Stift Rellinghausen seinem Haus aufvorerst unabsehbare Zeit verloren. Eshandelte sich hierbei immerhin um Ein-künfte aus insgesamt 22 Curien (Hofhal-tungen) mit 1062 Hufenhöfen in 698 Ort-schaften Westfalens2). Auch die Vogteiüber die 5 Curien der Abtei Werden, mit

ihren 164 Mansen in 110 Orten, konnte ernicht gewinnen3). Die dem Stift Kaufun-gen gehörige große curtis Herbede muss-te er auch unter die Verluste verbuchen.Deren Vogtei über ihre 59 Mansen in 23Orten vergab die Äbtissin 1226/27 anArnold von Didinckhoven4). Wer die Vog-teien über die westfälischen Güter derKlöster Siegburg, Fischbeck und Möllen-beck erhalten hat, ist mir nicht bekannt.

Als Vogt über die Curia Ekelo der AbteiSt. Pantaleon zu Köln, mit ihren 24 Man-sen in 16 Ortschaften, ist Graf Adolf I.jedenfalls nachgewiesen. Hier scheint ersich ganz in der Tradition seines Vorgän-gers Friedrichs von Isenberg, als ein„Bedrücker des Hofes Ekelo“ erwiesenzu haben. Wie Erzbischof Heinrich vonMolenark 1227 bekundete, hatte sichAdolf jedoch bereiterklärt, gegen einejährliche Zahlung von 2 Mark auf weitere„ungerechte Forderungen“ zu verzich-ten5).

So konzentrierte sich Adolf voll und ganzauf die Sicherung seiner weltlichen Be-sitzungen. Anstelle der zerstörten Burg

Isenberg ließ er im Go Hattingen durchseinen Drosten und Heerführer Ludolfvon Bönen schon am 1. Mai 1226 denGrundstein zur neuen Hauptfeste desGoes legen - der Burg Blankenstein a.d.Ruhr, einige Kilometer östlich von Hattin-gen6). Zuvor hatte Adolf am Aschermitt-woch, dem 4. März 1226, als Ersatz fürdie zerstörte Stadt Nienbrügge, die StadtHamm gegründet; unweit seiner Haupt-residenz, der Burg Mark a.d. Lippe7).

Etwa zeitgleich änderte Adolf I. auch sei-nen Namen. So ließ er den Titel einesGrafen von Altena fahren und nanntesich von nun an nur noch „Comes deMarcha - Graf von der Mark“. Graf Adolfließ den Namen „ALTENA“ aus seineralten Messingpetschaft herausschleifenund durch „MARCHA“ ersetzen. Um dieunterschiedlichen Schrifthöhen von demneuen Namen und der alten Umschriftetwas anzugleichen wurde der gesamteSiegelstock abgeschliffen, wodurch dasBildrelief an Plastizität verlor und derfeine, netzartig gerautete Hintergrund desBildfeldes zerstört wurde. Gleichzeitigwurde der Topfhelm des Reiters zu ei-nem „moderneren“ Kübelhelm mit Seh-schlitz umgearbeitet. Das Wappen mitdem wachsenden Löwen und demSchachbalken wurde aber beibehalten.Angeblich soll Graf Adolf den Namen undTitel eines Grafen von Altena durch Fried-rich von Altena-Isenberg als entehrt be-trachtet haben. Das dürfte aber m.E. insReich der Fabel gehören, da ja nachAdolfs Tod, 1249, sein jüngerer SohnOtto (1249-1264) wieder den Titel einesGrafen von Altena trug und mit dem altenkombinierten Wappen, mit Löwe undSchach, siegelte. Dagegen führte derältere Bruder Engelbert I. (1249-1277)den Titel eines „Grafen von der Mark“und siegelte erstmals nur mit dem märki-schen Schach. Daraus folgt, dass GrafAdolf I. dem von ihm angenommenenTitel eines Grafen von der Mark nur denhöheren Rang, vor dem Titel eines Gra-fen von Altena, einräumte. Über das „Wa-rum“ lässt sich nur spekulieren.

Mochte sich auch Graf Adolf I. als Grafvon der Mark bezeichnen, eine Graf-schaft Mark, als territoriales Gebilde, vonder er seinen Titel herleiten konnte, exis-

Burg Blankenstein um 1600. Rekonstruktions-zeichnung von R. Stirnberg.

Burg und Freiheit Blankenstein. Lageplan vonW. Rauterkus, 1951

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tierte zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht.Die ihm unterstellten Comitate Altena,Hövel und Bochum waren Freigrafschaf-ten, Gerichts- und Verwaltungsbezirke.Zwar hatte er in ihnen, sofern sie inner-halb des Erzbistums Köln lagen, zumgrößten Teil die dortige Gogerichtsbar-keit an sich gebracht, die später zurRechtsgrundlage einer Territorialherr-schaft wurde, doch war ihm dies im gro-ßen Nordteil der Grafschaft Hövel undder sie umgebenden zahlreichen altena-märkischen Freigrafschaften nördlich derLippe, im Bistum Münster, nicht mehrmöglich gewesen. Hier hatten schon dieBischöfe von Münster die dortige Goge-richtsbarkeit an sich gezogen. Somit be-schränkte sich die zukünftige Territorial-herrschaft „Grafschaft Mark“, die GrafAdolf I. von der Mark wohl schon ange-strebt haben mag, von vornherein nur aufdie Goe, die innerhalb des ErzbistumsKöln lagen. Realisiert wurde dieser vonKöln unabhängige Territorialstaat Graf-schaft Mark aber erst durch Adolfs EnkelGraf Everhard II., nach der Schlacht vonWorringen, 1288, durch den Sieg überden Kölner Erzbischof Siegfried vonWesterburg.

Die Machtstellung Graf Adolfs I., als Va-sall der Kölner Kirche, beruhte einzig undallein auf seinem Allodial- und Lehnsbe-sitz, den er durch seine Burgen sicherte.Etwa sieben Jahre lang konnte sich GrafAdolf des ungestörten Besitzes der okku-pierten isenbergischen Güter und Goeerfreuen. Nun aber meldete sich Dietrichvon Isenberg zu Wort, der siebzehnjähri-ge erstgeborene Sohn von Graf Friedrichvon Isenberg, der Ansprüche auf seinväterliches Erbe erhob8). Hierbei konnteer sich auf mächtige Verbündete stützen,seinen Oheim Herzog Heinrich IV. vonLimburg und Graf von Berg, Graf Ottovon Tecklenburg, die Edelherren vonSteinfurt und von der Lippe, die Grafenvon Schwalenberg, den Edelherrn Ger-hard von Wildenberg und andere. Mit imBunde waren sein Bruder Friedrich vonIsenberg und sein Onkel Wilhelm vonAltena, genannt von Isenberg, der Bru-der des hingerichteten Friedrich von Isen-berg. Dietrichs anderer weltlicher Onkel,Adolf von Holte (1220-1261) hatte sichnach dem Totschlag Engelberts von sei-ner Familie distanziert und hielt sich ab-seits.

Als ihren Hauptgegner betrachteten dieIsenberger und ihre Verbündeten jedochden Kölner Erzbischof Heinrich von Mo-lenark, den „Mörder“ des Grafen Fried-rich von Isenberg, dem sie Rache ge-schworen hatten und den sie mit allenMitteln bekämpften. Erzbischof Heinrich,gegen den in Rom ein kanonischer Pro-zess anhängig war, geriet in arge Be-drängnis; so der Tenor eines Briefes von

Papst Gregor IX., vom 17. Juni 1233, anden Bischof von Osnabrück, den KölnerDompropst und den Propst von St. Gere-on zu Köln9). Darin teilt er ihnen mit, dassdie Söhne des überaus verabscheuungs-würdigen Grafen Friedrich von Isenberg,des Mörders des Erzbischofs Engelbert,als Nachahmer seiner Gottlosigkeit, mitdem Bruder ihres Vaters, Wilhelm vonIsenberg, die Kölner Kirche und den Erz-bischof Heinrich aufs heftigste bedräng-ten. Der Papst befahl daher den Adres-saten, die Übeltäter und ihre Anhängermittels kirchlicher Strafen zur Ruhe zubringen, damit der gegen den Erzbischofeingeleitete kanonische Prozess keineVerzögerung erleide. Vom gleichen Tagdatiert ein weiteres Schreiben, das derPapst an die „Fideles“ (Getreuen) undVasallen der Kölner Kirche richtete10).Darin befahl er ihnen, der Kölner Kircheund dem Erzbischof gegen die Söhnedes Grafen Friedrich von Isenberg undWilhelm, den Bruder des Grafen, beizu-stehen. Gegen die Isenberger und ihrenAnhang wurde jedenfalls auch ein Pro-zess in Rom eröffnet, wegen des Ver-dachtes gegen die Verwandten und

Zwei Siegel von Graf Adolf I. als Graf v. Altena und v. d. MarkLinks: Beschädigter Siegelabdruck von 1226 mit dem Namen (ALT)ENA. Rechts: Siegelabdrucknach 1226 mit der Namensänderung in MARCHA. Nach Westfälische Siegel, Tafel X, Nr. 2 und3, aus dem StADortmund.

Links: Reitersiegel von Graf Diedrich von Isenberg von 1246. Umschrift: +S(IGILLUM) *THEODERICI * COMITIS * DE * ISINBERGE. Rechts: Rücksiegel des Reitersiegels. Umschrift.+SIGILLI SECRETUM. Fürstl. Benth.-Tecklenb. Archiv zu Rheda; an Urk. WUB VII, Nr. 629.

Sterlinge des Grafen Adolf I. v. d. Mark, geprägtab 1230/32 in Iserlohn. Abb. vergrößert

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Schwäger des Mörders von ErzbischofEngelbert, die aus Rache den ErzbischofHeinrich verfolgten und ihn beleidigten11).

Etwa gleichzeitig eskalierte die Lage inWestfalen. Da Graf Adolf von der Markdie Rückgabe der isenbergischen Güterablehnte, fiel Herzog Heinrich von Lim-burg mit Heeresmacht in Adolfs Gebietein. In dieser Situation war Graf Adolf I.nahezu ohne Verbündete. Nur gestütztauf die Treue und die Kampfkraft seinerMinisterialen, gelang es ihm der LageHerr zu werden. Eine zeitliche Einord-nung der Kämpfe, z.B. um Hamm, Bö-nen, Wiedenbrück, Gassmert und Sonn-born ist leider nicht möglich. Für dasGefecht bei Wiedenbrück gibt das „Chro-nicon Veteris“ das Jahr 1232 an. WieLevold von Northof rund hundert Jahrespäter berichtet, erfolgte danach ein Lim-burgischer Vorstoß ins Ruhrtal aufSchwerte12), genauer gesagt auf die „vil-lam de swerte“, die „Arnold, Hermannund Dietrich de Altena“ gehörte, denSöhnen des 1200 urkundlichen „Gisel-her de Swerte“, der sich nach 1225, 1230

Karte der Raffenburg mit ihrer civitas, derBurgstadt, mit Einzeichnung der bis heutefestgestellten Gebäudereste und Hauspodien.Aus dem Atlas der vor- und frühgeschichtlichenBefestigungsanlagen in Westfalen. Diesogenannte Franzosenschanze ist dasBelagerungskastell des Grafen Everhard II. v.d. Mark von 1288.

Torpartie der Raffenburg während der Teil-ausgrabung von 1934. Fotoarchiv des Hohen-limburger Museums.

Rekonstruktionsversuch der Raffenburg v. R.Stirnberg. Ansicht von Norden.

Ansicht der Limburg in der ersten Bauphasevon 1242.

urkundlich, „de Altena“ nannte. Giselherhatte noch zwei weitere Söhne: Everhardund Giselher II. Letzterer erscheint ab1262 wieder als Giselher de Swerte13).

Die villam de swerte, das Dorf (= unbe-festigte Ansiedlung) zu Schwerte, wiebislang die betreffende Textstelle über-setzt wird, ging beim Angriff der Limbur-ger in Flammen auf. Hermann Esser setztden Überfall in das Jahr 1232. Dass essich hierbei um die gesamte AnsiedlungSchwerte gehandelt haben soll, beste-hend aus dem großen, wahrscheinlichschon befestigtem Xantener Hof, der „cur-tis principalis swerte“, unter der Vogteider Grafen von Kleve, mit der Hofes- undnunmehrigen Pfarrkirche St. Victor, denHöfen der Abtei Werden und der ehemalsisenbergischen, nun märkischen „curtisswerte“, als Villicationsoberhof des Ho-fesverbandes Schwerte, nebst umliegen-den Hofstätten, macht keinen Sinn. Daist zum Einen die doppelte Bedeutungdes Begriffes „villam“, der sowohl mit„Dorf“, als auch mit „Landgut“, einemgrößeren Gutskomplex, übersetzt wer-den kann. Wäre die gesamte AnsiedlungSchwerte gemeint gewesen, so hätteLevold von Northof sicherlich den Termi-nus „villam sverte“ benutzt. Er nennt sieaber „villam de sverte“ - villam zu sverte.Also kann mit „villam“ nur ein Teil derSiedlung gemeint sein. Wir müssen da-her villam mit Landgut übersetzen.Daraus folgt, dass den Gebrüdern deAltena nur die ihnen gehörige, oder vonihnen verwaltete märkische curtis swer-te, nebst möglichen umliegenden zuge-hörigen Hofstätten, von den Limburgernabgefackelt wurden. Als Herren der Ge-samtsiedlung Schwerte scheiden die deAltena jedenfalls aus.

Benannt hat sich diese Familie von/zuAltena genannt Ludenschede nach ihremBurglehen zu Altena, wie Diedrich vonSteinen berichtet. Ihr Wappen ist dem derHerren von Bönen, von Northof und vonNeuhoff gleich, und zeigt eine senkrechtstehende geöffnete Handfessel14).

Zur Finanzierung des Krieges beschrittGraf Adolf auch den Weg der Münzprä-

gung, obwohl er gar nicht dazu berechtigtwar. So ließ er ab 1230/33 in Hamm undIserlohn englische Pennys oder Sterlingenachprägen und in Umlauf bringen. Dieenglischen Sterlinge entsprachen nachRauh- und Feingewicht den Kölner Pfen-nigen und erfreuten sich im Rheinlandund in Westfalen, als inoffizielle Kursmün-zen, großer Beliebtheit. Davon gedachteGraf Adolf zu profitieren. Außerdem konn-te er so das königliche Münzregal unter-laufen. Prägeberechtigt waren zu dieserZeit in Westfalen nur der König, der Erzbi-schof von Köln und die Bischöfe von Müns-ter, Osnabrück und Paderborn. Über diemärkischen Münzen berichte ich in einemspäteren Aufsatz.

Als der Angriff der Limburger auf dievillam de swerte erfolgte, lagerte einemärkische Kohorte, unter der Führungvon Arnold de Altena, und seinen Brü-dern Hermann und Dietrich, am Randedes „Lürwaldes“, mit freier Sicht aufSchwerte. Es kann sich hierbei nur umden heutigen Börstinger Berg gehandelthaben. Die zahlenmäßig unterlegenenMärker griffen daraufhin die Limburgeran. In der Talaue, auf dem Werth, „zwi-schen den Ruhren“ vor Villigst, kam es zueiner blutigen Schlacht, die mit einer Nie-derlage der Limburger endete. SechzigLimburger Ritter und Edelknechte wur-den gefangen und nach Altena gebracht.Der genaue Ablauf ist nachzulesen beiLevold von Northof. An diese Schlachterinnert die alte Schwerter Ortssage vom„Kopf in der Ruhr bei Villigst“, die JosefSpiegel zu einem Gedicht in plattdeut-scher Sprache inspiriert hat.

Weitere wechselvolle Kämpfe folgten.Schließlich fiel der Edelherr (Gerhard?)von Wildenberg, der Verbündete des Lim-burgers, von Osten her, mit seinen Trup-pen in die Grafschaft Altena ein. Auf demBerge Gassmert bei Herscheid kam eszur Schlacht. Hierbei bereitete das mär-kische Heer den Wildenbergischen Trup-pen eine schlimme Niederlage. Im Ge-genzug fielen die Märker in die GrafschaftBerg ein, die sie mit Feuer und Schwertverwüsteten. Doch Herzog Heinrich vonLimburg und Graf von Berg holte zum

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Schloss Hohenlimburg um 1800. Blick vom Schleipenberg ins Lennetal. Links, das KirchdorfElsey. Gemälde von H. Tillmann (1820-1913).

Gegenschlag aus. Beim heutigen Wup-pertal-Sonnborn stellte er die Märker zurSchlacht, die für sie mit einer verheeren-den Niederlage endete. In wilder Fluchtzogen sie sich in die Grafschaft Altenazurück, die Limburger hart auf den Fer-sen. Den Limburgern gelang es so, sichan der unteren Lenne, dem Go Elsey undder „cometia osteric“ dauerhaft festzu-setzen.

Eine ständige Bedrohung muss für siejedoch die starke Kölnische Raffenburggewesen sein, die den Lenneübergangder „Königsstraße“ bei Elsey sicherte,und von Hagen aus nach Iserlohn undweiter ins Hönnetal führte, wo sie diewichtigen Eisenerzgruben und Verhüt-tungsplätze dieses Raumes erschloss.Die Gefahr, die von der Raffenburg fürdie Limburger ausging, war nicht zu un-terschätzen. Daher beschloss HerzogHeinrich ihr gegenüber, in einer Entfer-nung von knapp einem Kilometer Luftli-nie, für seinen Neffen, eine starke Burgals Widerpart auf einer Bergzunge desSchleipenberges zu errichten, die er „nachdem Namen seines eigenen SchlossesLimburg (a. d. Vesdre) gleichfalls Lim-burg nannte. Es heißt, der Herzog habe„so viele Ritter dort gehabt wie Bretteroder Planken, mit denen die Burg befes-tigt wurde...“15) Es handelte sich dem-nach ursprünglich um eine Holz-Erdebe-festigung, die erst später in Steinausgebaut wurde. Zeitgleich, wie dasbisher geborgene Fundmaterial bezeugt,entstand in etwa 400 Metern Entfernung,oberhalb des heutigen Schlosses Ho-henlimburg, auf dem Schleipenberg eineweitere kleine, aber stark befestigte Burg.Sie diente vermutlich dem Flankenschutzder Limburg während des Baues. Wie siegeheißen hat wissen wir nicht. Ihre Restenennt man heute „Die Sieben Gräben aufdem Schleipenberg“. Ein kompliziertes

Wall-Graben-System, die Wälle vermut-lich als Holz-Erde-Befestigung konzipiert,umschloss ein relativ kleines, ovalesKernwerk mit Steinmauer und Steinturm(siehe Karte). Der Befund ist mir aber zurZeit noch unklar, sodass ich noch keinenRekonstruktionsvorschlag anbietenkann.

Während Herzog Heinrich die Limburgerrichtete, nahm sein Neffe Dietrich vonIsenberg auf der Oestricher Burg Quar-tier, dem alten Allodialbesitz seines Va-ters und Großvaters. Hier baute er denalten karolingischen Westring der Festezu einer regelrechten steinernen Funkti-onsburg aus, die einen runden Bergfriederhielt16). Wenn den bisher gemachtenBodenfunden zu trauen ist, so ließ Diet-rich von Isenberg möglicherweise imLaufe der folgenden Jahre nach und nachauch die anderen Befestigungen der 18Hektar großen Gesamtanlage wieder ineinen verteidigungsfähigen Zustand ver-setzen. Nach dem Ausbau des West-rings folgte die Wiederherstellung desMittelwalles, anschließend die des Ost-ringes (1244/50?). Etwa um 1247/50 (?)wurde danach der große Nordwall voll-endet. Ich hege daran aber erheblicheZweifel. Es steht für mich zwar außerFrage, dass Dietrich von Isenberg dieAbsicht gehabt hat die Oestricher Burgzu seinem hiesigen Hauptsitz zu ma-chen und auszubauen. Die Fertigstel-lung einer so ausgedehnten Befesti-gungsanlage macht aber nur dann einenSinn, wenn er nicht auch die Absichtgehabt hätte, innerhalb der Wälle eine„Civitas“, eine Burgstadt, anzulegen, wiees bei der kölnischen Raffenburg heutenachgewiesen ist. Der Grund, warumdieses Vorhaben letztlich aufgegebenwurde, muss mit dem 1243 geschlosse-nen Einigungsvertrag mit Graf Adolf zu-sammenhängen, der ein Befestigungs-

verbot enthielt. So heißt es darin: „Des-gleichen darf Dietrich keine neue Fes-tung aufbauen oder eine alte instand-setzen; noch darf Graf Adolf irgendwasbefestigen außer Kamen und Hamm;noch darf Dietrich die Stadt vor der BurgLimburg über der Lenne befestigen.“17)

Eine zeitliche Einordnung und der ge-naue Ablauf der hier geschilderten Ereig-nisse ist unmöglich festzulegen, dies lässtdie Quellenlage nicht zu. So setzt Her-mann Esser17a) die Schlacht bei Villigst,und in mutmaßlicher Folge den Einfallder Märker in die Grafschaft Berg, diemärkische Niederlage bei Sonnborn undden Baubeginn der Limburg, in das Jahr1232. Ein gewisses Wahrscheinlichkeits-moment spricht dafür, dass sich die Lim-burger und Isenberger erst nach ihremSieg bei Sonnborn im Go Elsey und dercometia osteric festsetzen konnten. Nur,wann diese Schlacht stattfand, ist völligunklar. Nach Esser hatte Ludolf von Bö-nen den Einfall in die Grafschaft Bergangeführt. Diese Aussage hat nur einenNachteil, nach 1226 lässt sich die Exis-tenz Ludolfs urkundlich nicht mehr bele-gen. Auch der Baubeginn der Limburg istvöllig unklar. Zwar sind die bislang ge-borgenen Scherben von Siegburger Früh-

Blick von Norden auf die „Sieben Gräben aufdem Schleipenberg“. Aufnahme von 1935.

Plan der „Sieben Gräben“ aus dem Atlas dervor- und frühgeschichtlichen Befestigungs-anlagen in Westfalen von 1920.

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Ansicht des Oestricher Burgberges um 1800, mit Einzeichnung der Burg Graf Diedrichs vonIsenberg im karolingischen Westring. Bleistiftzeichnung von R. Stirnberg.

Karte des Oestricher Burgberges aus dem Atlas der vor- und frühgeschichtlichen Befestigungenin Westfalen von 1920.

Blick von Osten auf die Schlupfpforte, das sog.„Sonnenloch“, in der Westringmauer. Aufnahmevon ca. 1937. Foto: Sammlung W. Bleicher.

Der Turmstumpf des Bergfrieds im östlichenWestringbereich. Aufnahme von 1940/45. Foto:Sammlung W. Bleicher.

steinzeug vom Oestricher Burgberg undden sieben Gräben vom Schleipenbergidentisch, beide Burgen haben also zeit-gleich bestanden, doch lassen sich dieScherben mit Sicherheit nur „um die Mittedes 13. Jhdts.“ datieren.18)

Fertiggestellt war die Limburg jedenfalls1242, nach Ausweis der Urkunde vom17. Juli, in der „der Edle (noch nicht Graf)Dietrich von Isenberg“ mit Zustimmungder Brüder seines Vaters, Engelbert Bi-schof von Osnabrück, Philipp Propst von

Soest, Bruno Propst von Osnabrück,Gottfried Propst von St. Martin in Müns-ter, Wilhelm von Isenberg und Adolf vonHolte, der sich wieder zu seiner Familiebekannte, seinem Oheim Herzog Hein-rich von Limburg, in seiner Eigenschaftals Graf von Berg, die Limburg, als ihmgehöriges Allod zu Lehen aufträgt19); fer-ner zwei Höfe zu Elsey und die Höfe zuHufele/Hövel und Wanemale/Wambel.Dietrich empfängt sie als Erblehen zu-rück, sowohl in männlicher wie weib-licher Linie. Kurz gesagt, Dietrich vonIsenberg begab sich dadurch in die Lehns-abhängigkeit der Grafen von Berg. Am24.8.1244 ließen sie sich von den Burg-männern der Limburg die Treue schwö-ren20). Im gleichen Jahr musste sich Diet-rich sogar verpflichten, niemals ohne dieZustimmung der Grafen von Berg überseine Burg zu verfügen21). Diese ständi-ge Bevormundung durch seinen Oheim,und nach 1247 durch seinen Vetter GrafAdolf VI. von Berg und dessen Nachfol-ger, sollte Zeit seines Lebens anhalten,wie wir noch sehen werden.

Die alte Sachsenfeste auf dem Oestri-cher Burgberg ist uralter Kulturboden undwar seit der Mittelsteinzeit bis in dasSpätmittelalter immer wieder perioden-weise besiedelt. Das hier geborgeneFundgut übertrifft an Bedeutung das derberühmten Hohensyburg bei weitem.Doch wird sie in der wissenschaftlichenLiteratur stets stiefmütterlich behandelt.Das mag daran liegen, dass sie bei denkarolingischen Geschichtsschreibernnirgendwo Erwähnung findet. Doch be-weist die Existenz des karolingischenWestrings, dass hier in der zweiten Hälf-te des 9. Jhdts. eine fränkische Burgbe-satzung stationiert war. Die Lage derOestricher Burg auf dem Gipfelplateaudes Burgberges war strategisch günstiggewählt. Von hier aus konnten die uralte,später fränkische Königsstraße und dasLennetal kontrolliert und gesperrt wer-den.

Bis in das 19. Jhdt. hinein war der Burg-berg Teil eines großartigen Naturszena-rios unserer Heimat, das ich als das „Ei-serne Tor des Sauerlandes“ bezeichnenmöchte; den Durchbruch der Lenne durchden mitteldevonischen Massenkalk! Einheute längst dem Steinabbau zum Opfergefallener Ausläufer des „Honseler Rü-ckens“ schob sich einst von Süden bis anden Fuß des unersteigbaren Burgber-ges, mit den Kalkklippen von „Pater undNonne“, wie es meine Zeichnung nacheinem Gemälde des frühen 19. Jhdts.zeigt. Diesen tiefen Einschnitt zwischendem Burgberg und dem Honsel hat imLaufe von Äonen die Lenne geschaffen,die hier aus der Enge der Schlucht in densich öffnenden Talkessel von Letmatheaustrat.

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Abgabenverzeichnis der „cometia osteric/Grafschaft Oestrich“, um 1250.

Blick auf den Oestricher Burgberg mit Pater und Nonne. Aufnahme um 1960.

Urkunde von der Ersterwähnung der Limburg vom 17.7.1242. StAMünster, Grafschaft Mark, Urk.Nr. 4.

Von diesem Naturschauspiel ist nichtsgeblieben. Wie ein Krebsgeschwür ha-ben sich die Steinbrüche in den Burgbergund den Honsel hineingefressen und dasTal geweitet. So ist von der Burg Diet-richs von Isenberg im Westring nichtsgeblieben. Ihre erhaltenen Mauerreste,mit dem sogenannten „Sonnenloch“, ei-nem Schlupftor, das auf den Punkt desSonnenaufgangs am Tag der Frühjahrs-und Herbst-Tagundnachtgleiche ausge-richtet war, und der Stumpf des Bergfrie-des, sind nach 1945 dem Kalkabbau zumOpfer gefallen. Nur verblassende Foto-grafien erinnern noch daran. Die gesam-te Südseite des Burgberges wurde völligverwüstet. Nur die eindrucksvolle Fels-gruppe von Pater und Nonne hat dieZeiten überdauert. Den letzten Rest derBurg beseitigte dann der Durchstich desBurgberges, zum Bau des Autobahnzu-bringers, in den siebziger Jahren des 20.Jhdts.

Von den sich um den Burgberg ranken-den Sagen ist besonders eine für uns vonInteresse. Danach lebte vor Urzeiten aufdem Burgberg ein riesiger Hüne. DessenBruder hauste auf der Wulfsegge, demStandort der späteren Burg Altena. Alssich nun der Bruder auf der Wulfseggeeines Nachts im Schlaf seine haarigenBeine kratzte, erwachte von dem Lärm,der dabei entstand, der Bruder auf demOestricher Berg und rief kummervoll aus:„Oh Brauer, du bis mir al to nah!“22) Sosoll Altena zu seinem Namen gekommensein. Wer denkt hierbei nicht gleich andas gespannte Verhältnis zwischen denBrüdern Graf Arnold von Altena, als demHerrn der Oestricher Burg, und Graf Fried-rich von Altena, als Herrn der Burg Alte-na? Hat sich so im Volksmund eine Erin-nerung an die beiden Grafenbrüder, überJahrhunderte hinweg, erhalten?

Von der Existenz der ehemaligen „come-tia osteric“ - der „Grafschaft Oestrich“erfahren wir nur aus einem Abgabenver-zeichnis, das Graf Dietrich von Isenberg

etwa um 1250 hat niederschreiben las-sen. Es findet sich am Ende der großenVogteirolle. Es werden darin die zur Graf-schaft gehörigen Güter und ihre Besitzermit der Höhe ihrer Abgaben in Denarenaufgeführt. Die Eintragungen sind zwarteilweise unlesbar geworden. Die Mehr-zahl der Güter lag um den Burgbergherum, so in Oestrich, Stengelinchusen/Stenglingsen, Lasbek, Gindena/Genna,Gruden, Steney, Letmathe und Helme-kinchusen, möglicherweise die den Hon-seler Steinbrüchen zum Opfer gefalleneSiedlung Helmke bei Letmathe. AndereHöfe lagen dagegen offensichtlich au-ßerhalb dieser Zwerggrafschaft; so inNortlon, bei Iserlohn, in Rene/Rheinen,in Coten, vermutlich bei Haus Kotten inMenden-Bösperde, und in Vrylinchusen/Frielinghausen bei Ennepetal. Bei demgenannten, nur halb lesbaren „...endor-pe“, könnte es sich um Höfe zu Tiefen-dorf, oder zu Bahrendorf bei Iserlohnhandeln. Aber auch Altendorf bei Dellwigkäme noch in Betracht.

Wollen wir die cometia osteric räumlichfassen, so lässt sich aus der Lage der umden Burgberg liegenden Höfe auf ein nurwenige Quadratkilometer großes Gebietschließen, welches flächenmäßigungefähr dem des Reichshofes Westho-fen entsprechen würde. Damit ist derReigen der Gemeinsamkeiten aber nochnicht erschöpft. Wie die sächsisch-frän-kische Sigiburg einst Mittelpunkt desReichshof war, so war auch die säch-sisch-fränkische Oestricher Burg einstZentrum ihres Gebietes, der cometiaosteric. Nun ist osteric eindeutig mit „Ost-reich“ zu übersetzen und liegt zu allemÜberfluss auch noch südöstlich desReichshofes Westhofen, auch „das ReichWesthofen“ genannt. Außerdem warendie Sigiburg/Hohensyburg und die Oe-stricher Burg durch den „Syburger Weg“verbunden, der von Hohensyburg kom-mend, bei Elsey auf die Königsstraßestieß, und dessen Name nachweislich,wenigstens abschnittweise, bei Iserlohn,auf die Königsstraße übertragen wurde.

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Auch Sagen und Spukgeschichten sindmit dieser Straße verbunden; nachzule-sen bei Walter Ewig.23)

Bei all diesen Parallelen drängt sich mirdie Frage auf, ob wir es bei der cometiaosteric nicht mit einem untergegange-nen ehemaligen fränkischen Königshofzu tun haben, der später allodifiziert,oder dem Reich entfremdet und in eineandere Rechtsform überführt wurde. Istdieses „Ostreich“, dieser möglicherweiseehemals „östliche Reichshof“ vielleichtnamensbestimmend für den „westlichenReichshof“ geworden? Doch lassen wirdiese Spekulationen vorerst auf sich be-ruhen und wenden uns wieder den Ereig-nissen der „Isenberger Wirren“ zu.

Die Jahre zwischen 1233 und 1243 wa-ren von unablässigen Fehden zwischenGraf Adolf I. und den Isenberg-Limbur-gern erfüllt. Eine Entscheidung ist nichtgefallen. Es herrschte eine klassischePattsituation zwischen den Kontrahen-ten. Gestützt auf seine zwei Burgen, dieOestricher Burg und die Limburg, konntesich Dietrich von Isenberg mit Limbur-gisch-Bergischer Hilfe im Go Elsey undder cometia osteric behaupten; mehr aberauch nicht. Genausowenig konnte GrafAdolf eine Wende herbeiführen. EineLösung musste über kurz oder lang aufdem Verhandlungsweg gefunden wer-den.

In diesem unseligen Bruderzwist hatteGraf Adolf noch weitere Gebietsverlustehinnehmen müssen. So war die StadtLünen an den Isenberger verlorenge-gangen; desgleichen der Go Hattingen,mitsamt seiner Hauptfeste, der neuge-gründeten Burg Blankenstein. Da dieserKonflikt mit militärischen Mitteln nicht zulösen war, bot sich nur noch eine Ver-handlungslösung an, wie sie anschei-

Seite 3 der beglaubigten Abschrift, des Eini-gungsvertrages vom 1.5.1243, von etwa 1487.Foto: Archiv W. Bleicher.

nend auch von der geistlichen Fraktionder Isenberger, den Oheimen Dietrichs,angestrebt wurde. So kam es dann imFrühjahr 1243 zu Verhandlungen, nach-dem Dietrich von Isenberg von Graf Adolfdie Rückgabe der Kölnischen Lehen sei-nes Vaters gefordert hatte, mit denenAdolf durch Erzbischof Heinrich von Mo-lenark und 1238 durch Konrad von Hoch-staden belehnt worden war. Verhand-lungsführer auf Isenbergischer Seitewaren Bischof Engelbert von Osnabrück,der 1239 wieder in sein Amt eingesetztworden war, sowie Herzog Heinrich vonLimburg, der Graf von Berg. Die Ver-handlungen dürften schwierig gewesensein. Doch am 1. Mai 1243 konnte einVergleich geschlossen werden zwischenDietrich von Isenberg, seinem BruderFriedrich und seinen Schwestern Agnes,Sophia und Elisabeth einerseits und GrafAdolf I. von der Mark und dessen Ver-wandten andererseits, den Bischof En-gelbert beurkundete.24)

Es ist hier nicht der Platz um das gesam-te Vertragswerk in allen Einzelheiten, mitdem Tausch von Lehnsleuten, Ministeri-alen und Gütern, zu besprechen. Ichkann mich hier nur auf die wesentlichenPunkte beschränken. Graf Adolf wurdedarin der Besitz der beiden curtes Brene,möglicherweise Brenen, das heutige(Essen)Bredeney25) und swerte zuge-standen; ferner die Vogtei der Kirche unddas Gericht der „villa Unna“, das Gebietzwischen dem Fluss, der durch Geneggefließt und der „villa Hesne“(Heessen),wofür Dietrich zu entschädigen sei. AuchLünen und Blankenstein (mit dem GoHattingen) sollten wieder an Adolf fallen.Die Freigrafschaft und das Gericht, so-wie die curtis und Kirche zu Bochumsollten geteilt werden, wie auch das Ge-richt zu Halver und Kierspe, „um Erhal-tung ihrer Freundschaft willen“. Alle (Köl-nischen?) Güter, die Graf Friedrich freiund unbelastet besessen hatte und vonGraf Adolf verpfändet oder verlehnt wur-den, solle er binnen Jahr und Tag wiederfreimachen und an Dietrich übergeben.Bei denjenigen Gütern, die Graf Fried-rich besaß, und die bereits verlehnt wa-ren und von Graf Adolf neu verlehnt wur-den, würde Dietrich die Belehnungenanerkennen, nachdem er sie zurücker-halten hätte. Die durch Graf Adolf vollzo-genen Vertauschungen und Verschen-kungen von Ministerialen und Güternbleiben in Kraft. Die Lehnsleute und Mi-nisterialen, welche Graf Friedrich gehabthat, erhält Dietrich. Diejenigen, die aberschon damals Friedrich und Adolf ge-meinsam gehörten, sollen es auch inZukunft bleiben. „Jedoch die Söhne undTöchter des Ritters Engelbert de Altenawerden bei dem Grafen Adolf bleiben.“26)Es folgt das gegenseitige Verbot, desanderen Untertanen, Ministerialen und

Burgmänner gegen den eigenen HerrnSchutz zu geben, noch sie in die Städteaufzunehmen. Am Schluss folgt die schonangesprochene gegenseitige Befesti-gungsbeschränkung.

Der Vertrag ist gekennzeichnet von ge-genseitigem Geben und Nehmen undmacht einen ausgeglichenen Eindruck.Die bislang vertretene Ansicht, Dietrichvon Isenberg habe nur einen kleinen Teilseines väterlichen Erbes zurück erhal-ten, trifft wohl so nicht zu. Wenn sich dieHerrschaft der Isenberg-Limburger spä-ter nur auf die 118 Quadratkilometer klei-ne Grafschaft oder das Vest Limburgbeschränkte, so liegt das daran, dass sieihren Besitzstand auf Dauer nicht habenhalten können.

Das Original der Urkunde ist verlorenge-gangen, doch es existiert eine beglaubig-te Abschrift von etwa 1487. Sie befindetsich heute im Fürstl. Bentheimischen Ar-chiv zu Rheda.

Anmerkungen

1) Vergl. Urkunde vom 1. Mai 1243,gedruckt: Westfälisches Urkunden-buch (WUB) VII, Nr. 546.

2) Nach der Großen Vogteirolle. Darinsind die Namen aller Curien und dieZahl der Mansen in den einzelnenOrtschaften aufgeführt.

3) Nach Urkunde vom 19.2.1227, ge-druckt: WUB VII, Nr. 272.

4) Nach Urkunde vom 18. oder28.11.1226, gedruckt: WUB VII, Nr.279 und Urkunde vom 1.2.1227, ge-druckt: WUB VII, Nr. 291.

5) Nach Abschrift (15. Jhdt.) im Kopiardes Klosters St. Pantaleon. Histori-sches Archiv d. Stadt Köln, Geistl.Abt., Nr. 203a, Bl. 302.

6) Nach H. Flebbe, Levold von Northof,die Chronik der Grafen von der Mark;in: Die Geschichtsschreiber deut-scher Vorzeit, Hrsg. von K. Langosch,Münster/Köln 1955, S. 77. Kurztitel:Levold v. Northof, Edition Flebbe.

7) dito

8) Nach Levold v. Northof, Ed. Flebbe,S. 79-82.

9) Nach Urk. vom 17.9.1233. Vaticani-sches Archiv, gedruckt: OsnabrückerUB, Nr. 309.

10) Siehe Regest bei Knipping, Die Re-gesten der Erzbischöfe von Köln imMittelalter III, 1, Nr. 783.

11) Vaticanisches Archiv. Druck Roden-bergs nach Registerband 17, f. 41v,Nr. 145: Aufzählung schwebenderProzesse.

12) Nach Levold v. Northof, Ed. Flebbe,S. 79-82.

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13) Nach Levold v. Northof, Ed. Flebbe,S. 79-82. Die Gebrüder de Altena/Swerte erscheinen einzeln oder zumehreren urkundlich zwischen 1251und 1280 in folgenden Urkunden:WUB VII, Nr. 382, 691, 765, 882,931, 1201, 1258, 1273, 1431, 1483,1725 und Reg. S. 1328.

14) Nach Westfälische Siegel, Tafel 213,Nr. 1 u. 2. im StADortmund, sowieDiedrich von Steinen, WestfälischeGeschichte, XII. Stück, S. 699 undTafel XXII, M10, Abgedruckt in AS,Nr. 37/1996.

15) Nach Levold v. Northof, Ed. Flebbe,S. 78.

16) Siehe hierzu: W. Bleicher, Die ver-schollene Geschichte des Letma-ther Burgberges, in: Hohenlimbur-ger Heimatblätter, Nr. 2/99, S. 41-52.

17) Nach WUB VII, Nr. 546.

17a) H. Esser, Hohenlimburg und Elsey,Dortmund 1907.

18) Vergl. dazu: Hohenlimburger Hei-matblätter Nr. 6/1954, S. 81 ff.

19) Urkunde im StaAMünster, GrafschaftMark Urk. Nr. 2, gedruckt: WUB VII,Nr. 529.

20) Urkunde im Fürstl. Bentheim-Teck-lenburgischen Archiv zu Rheda, Urk.Limburg, Nr. 3, gedruckt: WUB VII,Nr. 571.

21) Urkunde im Fürstl. Benth.-Tecklenb.Archiv zu Rheda, Urk. Limburg, Nr.4, gedruckt: WUB VII, Nr. 574.

22) Siehe W. Ewig, Zwischen Lenne undHönne, Letmathe 1956, S. 88. Siehedazu auch die Ausführungen vonH.D. Schulz zur NamensdeutungAltena in AS, Nr. 60, S. 19 und 61/2002, S. 18.

23) W. Ewig, Zwischen Lenne und Hön-ne, S. 96-101. Derselbe, Der Kö-nigsweg, die Schicksalsstraße un-serer Heimat, Iserlohn 1951. ImGegensatz zu Ewig halte ich denKönigsweg, oder Königsstraße, füreinen Abzweig der „via regia“, der„Königsstraße“, des Köln-Paderbor-ner Hellwegs. Von Köln ausgehend,führte er durch die Grafschaft Bergins märkische Schwelm. Hier teilteer sich in die Nordtangente nachDortmund und die Osttangente. Letz-tere, auch „der Kölner“, oder „derKleine Hellweg“ genannt, lief als sog.„Emperstraße“ durch das Ennepetalauf Hagen (Altenhagen) zu. ÜberBoele, Westhofen, an Schwertevorbei, hier „Großer und KleinerHellweg“ und „Römerstraße“ ge-nannt, erreichte er bei Hengsen dieHöhe des Haarstrangs. Als Höhen-weg, der „Haarweg“, begleitete er

nun den Lauf von Ruhr und Möhne,mit Abzweigen nach Unna, Werl undSoest, parallel zum „Großen Hell-weg“ Duisburg-Paderborn,größtenteils in Sichtweite. VomOberlauf der Möhne an, bog er nachNordosten ab und folgte dem Laufder Alme, um sich kurz vor Pader-born mit dem Großen Hellweg zuvereinigen. Dieser Kölner Hellwegist, wie der Große Hellweg, eineuralte Fernverkehrsstraße. Wie imFalle des Großen Hellwegs reihensich auch hier, seine Trasse beglei-tend, zahlreiche römische Münzfun-de, wie die Perlen auf einer Kette.

Der Königsweg zweigte m. E. inAltenhagen von dem Kölner Hell-weg ab, lief auf Hagen zu, um dannüber die Höhen nach Osten, in Rich-tung Lennetal abzubiegen. DenFluss querte die Straße durch dieLennefurt bei Elsey. Hier empfingsie von Norden den Syburger Weg,dessen Name später, wenigstensabschnittsweise, auf den Königs-weg übertragen wurde.

24) Original verschollen. BeglaubigteKopie von ca. 1487 im Fürstl. Benth.-Tecklenb. Archiv zu Rheda, ge-

druckt: WUB VII, Nr. 546.

25) Bredeney erscheint in der Karte desErzbistums Köln des Johan Gigas,von 1620, als Brenen; abgedruckt inAS Nr. 37/1997, S. 15. W. Bleicheridentifiziert die curtis Brene mit demHof Brende in Hagen-Halden. Siehedazu Hohenlimb. Heimatblätter, imJg. 57/1996, S. 209-213.

26) Bei diesen „de Altena“ handelt essich vermutlich um ein anderes Ge-schlecht, welches sich auch nachseinem Burglehen zu Altena benann-te. Nach den Forschungen des +Ge-org v. Sobbe handelt es sich bei demgenannten Engelbert v. Altena umden Großvater von Sobbo de Altena(1293-1322 urk.), den namensgeben-den Stammvater des späterenSchwerter Stadtherrengeschlechtes„Sobbe“. Alle Wappen des Ge-schlechterkreises de Altena/Sobbe/Lappe/Hegenscheid etc. zeigen 3gezahnte Blätter in der Stellung 2 : 1.Siehe dazu: R. Stirnberg, Vom Wer-den der Stadt Schwerte III, AS Nr. 38/1997 und Georg v. Sobbe, Das Rit-tergeschlecht Sobbe zu Villigst, Teil Iund II, in Hohenlimburger Heimat-blätter, Heft 3/1987 und 2/1989.

Durch Gottes unerforschlichen Ratschlussoder wodurch auch immer ist die Fuß-note 11 der Anmerkungen leider verlorengegangen, die ich hiermit nachreiche.

11) Originale der Papsturkunden im StA-Düsseldorf. Gedruckt: WUB V, 1, Nr. 287und 286, vom 1.3.1221 und Nr. 291, vom15.3.1221.

Nachtrag zu: Bevor die Märker kamen Teil VII

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Bevor die Märker kamenAus der Vorgeschichte der Grafen von Altena-Mark und Isenberg

und der Entstehung der Grafschaften Mark und Limburg

Teil IX: Mark und Limburg auf dem Weg nach Worringen

Seit dem Abschluss des Einigungsvertra-ges vom 1. Mai 1243 zwischen Diedrichvon Isenberg und Graf Adolf I. v. d. Mark,war Diedrich wieder Herr eines Teiles sei-nes väterlichen Erbes. Schwerpunkt sei-ner Besitzungen an Ruhr und Lenne wardie neugebildete sogenannte „GrafschaftLimburg“, nach deren Besitz sich Diedrichvon Isenberg und seine Nachfahren fortan„Grafen von Limburg“ nannten. Diese Graf-schaft Limburg lag aber eingebettet zwi-schen der Kölnischen Grafschaft Volmar-stein im Westen und dem Kölnischen AmtMenden, als Enklave, im Nordteil der mär-kischen Grafschaft Altena. Zusammen mitdem an der Ruhr angrenzenden Reichs-hof Westhofen, der Xantener ImmunitätSchwerte, unter der Vogtei der Grafen von

Kleve, sowie den seit 1176 kölnischenGerichten Hegeninchusen/Hengsen undHerreke/Opherdicke, in der Lehnschaft derEdelherren von Grafschaft und der an-schließenden Herrschaft Ardey, bildetesie einen störenden Korridor, der eineVereinigung der Grafschaft Altena mit demmärkischen Go Unna auf unabsehbareZeit verhinderte.

Ein zweiter Korridor, bestehend aus derReichsgrafschaft Dortmund und der süd-lich anschließenden isenberg-limburgi-schen sogenannten „Krummen Graf-schaft“, trennte wiederum den Go Unnavon den märkischen Teilen der GrafschaftBochum. Die Entstehung eines großengeschlossenen territorialstaatlichen Ge-

bildes namens „Grafschaft Mark“ warsomit erst einmal unterbunden. Diesmochte wohl im Interesse der Kölner Erz-bischöfe und Herzöge von Westfalen ge-wesen sein, nicht aber in dem von GrafAdolf I. v. d. Mark und seinen Nachfol-gern. Doch die Märker hatten sich damitvorerst abzufinden und setzten auf gutnachbarliche Beziehungen mit den Isen-bergern.

Dass Graf Diedrich von Isenberg seinekleine, nur 118 Quadratkilometer mes-sende Grafschaft Limburg, von der erseinen Grafentitel herleitete, 1242 vonseinem Onkel, Herzog Heinrich IV. vonLimburg, in seiner Eigenschaft als Grafvon Berg zu Lehen nehmen musste, magDiedrich bedauert haben. Doch für einebergische Lehnsabhängigkeit von Burgund Grafschaft Limburg gab es aus derSicht Herzog Heinrichs gute Gründe. Zumeinen verfügten nun die Grafen von Bergüber einen gegen Köln gerichteten Stütz-punkt im Kölnischen Herzogtum Westfa-len, als auch gegen die aufstrebendenMärker, innerhalb ihrer Grafschaft Alte-na. Zum anderen dürfte Herzog Heinrichin dieser Lehensbindung wohl die einzigeÜberlebensgarantie der isolierten klei-nen Grafschaft seines Neffen gesehenhaben. Obwohl Graf Diedrich im Eini-gungsvertrag mit Graf Adolf auch dieRückgabe aller Lehen seines Vaters,darunter auch die Kölnischen, zugestan-den wurde, ließ der Vollzug jedoch langeauf sich warten.

Wichtigstes Bestreben Graf Diedrichs vonIsenberg war es, sich und seiner Familieein neues Heim zu schaffen. Als solchesbetrachtete er die Limburg nicht. Da esihm nach dem Einigungsvertrag jedochverwehrt war, die zerstörte Isenburgwieder auf-, und die Burg Oestrich auszu-bauen, begann er 1243/44 mit dem Bauder Neu-Isenburg an der Ruhr, nahe Es-sen. Damit unterstrich er auch ganz offenseine Forderung auf die Rückgabe derEssener Vogteirechte. Die neue Isen-burg stellte somit eine direkte Bedrohungdes Stiftes Essen dar. Da offensichtlichDiedrichs Mittel zur Fertigstellung derNeu-Isenburg nicht ausreichten, stellteihm sein Onkel Engelbert von Isenberg,der Bischof von Osnabrück, beträchtli-che Summen aus Kirchenbesitz zur Ver-fügung. Das wiederum rief den KölnerDie politische Landschaft nach dem Einigungsvertrag von 1243.

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Erzbischof Konrad von Hochstaden aufden Plan, der wohl daraufhin die Heraus-gabe der Kölnischen Lehen an Graf Died-rich verweigerte. Gleichzeitig wandte ersich 1244 an den Papst, damit dieser, sohoffte er, den Bischof Engelbert von Os-nabrück, wegen seines unrechtmäßigenVerhaltens, vor einem päpstlichen Ge-richt zur Verantwortung ziehe würde. Wiedie Sache ausging wissen wir nicht.

Spätestens um 1235 muss Graf Diedrichvon Isenberg, also als Zwanzigjähriger,die Edle Aleidis von Sayn geehelicht ha-ben. Dies ergibt sich aus den Urkundsda-ten seiner Kinder. Drei Söhne und dreiTöchter sind aus der Ehe hervorgegan-gen. Für uns von vordergründigem Inter-esse sind nur die Söhne Johann undEverhard. Johann, Graf von Isenberg undLimburg, 1253-1275 urk., † vor 1277,verheiratet mit Agnes (von Wildenberg),1270-1271 urk., wurde der Stammvaterder älteren Hauptlinie der Herren vonLimburg-Styrum. Sein jüngster BruderEverhard, 1271-1304 urk., verheiratet miteiner Agnes, 1291-1298 urk., begründe-te dagegen die Linie der Grafen vonLimburg/Hohenlimburg. Mit ihnen wer-den wir uns gleich noch beschäftigen.

Etwa 1243/44 hatte der Kölner Erzbi-schof die Politik Engelberts von Bergwieder aufgegriffen und versuchte, imHellwegraum mit dem Stift Essen undBochum die wichtigsten Zentren in seineHand zu bekommen. Dies trug ihm nundie Gegnerschaft von Graf Diedrich vonIsenberg, als auch von Graf Adolf von derMark ein. Graf Diedrich fürchtete um sei-ne Ansprüche auf die Essener Vogtei,und beide zusammen um ihre Besitzan-teile an der Grafschaft Bochum. Graf Died-rich von Isenberg musste schließlich 1248dem kölnischen Druck nachgeben. Sowurde er von Konrad von Hochstadengezwungen, auf seine Ansprüche auf dieEssener Vogtei zu verzichten und muss-te dem Erzbischof auch die Neu-Isen-burg abtreten, welche dieser an die Gra-fen von Sayn verlehnte. Dafür erhieltDiedrich endlich die Kölnischen Lehenzurück und wurde für seinen Verzicht aufdie Vogtei zumindest finanziell teilent-schädigt. Doch Diedrichs Traum von derNeu-Isenburg, als neuem Hauptsitz sei-nes Geschlechtes, war endgültig ausge-träumt. Deren Rolle musste nun notge-drungen die Limburg an der Lenneübernehmen.

Im Laufe der nächsten Jahrzehnte folg-ten weitere territoriale und Besitzverlus-te. Im Jahre 1272 musste Graf Diedrichauch die Isenbergischen Anteile an derGrafschaft Bochum an Köln abtreten,deren Besitz sich nunmehr die Erzbi-schöfe und die Märker teilten, was zuzahllosen Fehden zwischen ihnen An-lass gab. Erst durch die 1392 erfolgte

endgültige Verpfändung der Kölner An-teile an die Märker wurden diese Ausei-nandersetzungen beendet.

Im Jahre 1282, Graf Diedrich war nun 67Jahre alt, musste er auch die „KrummeGrafschaft“ an Graf Everhard II v. d.Mark verkaufen, den Enkel Graf Adolfs I.(†1249) und Sohn von Graf Engelbert I.v. d. Mark (1249-1277). Somit verblie-ben Graf Diedrich von Isenberg, nebenGütern in Streulage, als Kernbesitz nurnoch die Grafschaft Limburg und an derunteren Ruhr die Herrschaft Styrum. Andieser Stelle müssen wir uns wieder mitGraf Adolf I. und seinen Nachkommenbeschäftigen.

Aus Adolfs Ehe mit Luitgardis II. vonArdey, der mutmaßlichen und einzigen

Lageplan der Neu-Isenburg bei Essen, nach den Ausgrabungsbefunden.

Tochter des Jonathas I. v. Ardey (1176-1221 urk.) und der Luitgardis I. von Rü-denberg-Ardey, sind vermutlich zwei Söh-ne hervorgegangen; Everhard undEngelbert. Everhard, als Ältester, warmeiner Meinung nach zum Nachfolgerdes Vaters, als Graf von der Mark, auser-sehen. Sein Bruder Engelbert I. dürfte m.E. nach, zu Adolfs Nachfolger als Grafvon Altena bestimmt gewesen sein. DassGraf Adolf I. eine Doppelherrschaft sei-ner beiden Söhne ins Auge gefasst hat,ist freilich nur eine Vermutung und nichtzu beweisen; es erklärt aber die nachfol-genden Ereignisse. Als nun Adolfs GattinLuitgardis (1210 urk.) vermutlich schon1211/12 verstarb, ging Adolf eine neueEhe mit einer gewissen Mengardis(† nach 1230) ein, welche mit Irmgard

Ansicht des Schlosses Styrum an der Ruhr aus der Mitte des 19. Jhdts.

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von Geldern identifiziert wird. Aus dieserEhe müssen die Söhne Otto und Gerhardhervorgegangen sein, die beide für dengeistlichen Stand bestimmt waren. Dassbeide Söhne aus der Ehe mit der Gelde-rin stammen, machen ihre Namen deut-lich. So trug Otto offensichtlich den Na-men seines Großvaters mütterlicherseits,Graf Otto von Geldern (1182-1207), undGerhard, den seines Onkels und Mutter-bruders, Graf Gerhard von Geldern (1207-1229).

Etwa 1230 ist Graf Adolfs ErstgeborenerEverhard (I.) gestorben. Er wurde angeb-lich bei einem Turnier getötet. Er wirdnicht viel über 20 Jahre alt gewordensein. Daraufhin ließ sich der vielleichtgerade l7jährige Otto, er war damalsschon Propst zu Aachen und Maastricht,aus dem geistlichen Stand in den Ritter-stand zurückversetzen. Dass er zu die-sem Zeitpunkt schon die geistlichen Wei-hen empfangen hatte ist zu bezweifeln.Jedenfalls wurde Otto vom Vater in die

Erbfolge eingebunden und wie sein Halb-bruder Engelbert zum Mitregenten er-nannt. Während Engelbert, in der Nach-folge seines verstorbenen Bruders, inden Rang eines Grafen von der Marknachrückte, erhielt Otto den Titel einesGrafen von Altena. Wie ich schon in dervorletzten Folge ausführte, siegelte Ottospäter mit dem altenaischen Wappen mitLöwe und Schachbalken, Engelbert da-gegen nur mit dem märkischen Schach.

Durch das Erbe der Luitgard II. von Ar-dey, welches vermutlich die Hälfte desArdeyischen Samtbesitzes ausgemachthaben dürfte, fiel Graf Adolf I. v. d. Markund seinem Sohn Engelbert, nach demTode von Luitgards Vater, Jonathas I.von Ardey (+ um 1221), offensichtlich dasGebiet des zur Urpfarre Menden gehö-rende, später abgepfarrten KirchspielsDellwig a. d. Ruhr mit Altendorf, Lang-schede und Westardey zu. Westlich undnördlich grenzte es an die kölnischenHerrschaften und ursprünglichen Hoch-gerichte Hengsen und Opherdicke (unterEinschluss von Strickherdicke?), die zu-sammen mit dem Gericht Holzwickededas Kirchspiel Opherdicke bildeten. Öst-lich, bei der Bauernschaft Westardey, amOstholzbach, grenzte die Pfarrei Dellwigan das Gebiet der Edelherren von Ardey,den Nachkommen des Everhard II. vonArdey (+1214), dem Bruder von Jona-thas I. von Ardey. Chef des Hauses Ardeywar 1230 Everhards Sohn Jonathas II.(1219-1264 urk.). Als Gogericht Lang-schede stand das neuerworbene Gebietfortan unter märkischer Verwaltung. Diekirchlichen Rechte der Pfarrer von Men-den blieben davon unberührt. Ihnen standnoch bis in die Neuzeit das Kollations-recht und das kirchliche Sendgericht imFilialkirchspiel Dellwig zu.

Mitten im Herrschaftsgebiet der Ardeyer,in Fröndenberg, am Fuß des Berges Haß-lei, der möglicherweise auch zum Erbeder Luitgard gehörte, fundierten Graf Adolfund seine Söhne 1230 das Cisterciense-rinnenkloster Fröndenberg, das spätereHauskloster und die Grablege der märki-schen Grafen. Erstaunlicherweise trittnicht der Luitgardsohn Engelbert son-dern der Junggraf Otto von Altena alsHauptstifter in Erscheinung. Aber auchdie Ardeyer und andere beteiligten sichdaran. Über das Kloster Fröndenberg undseine Entstehungsgeschichte berichte ichanderen Ortes. Ursprünglich wollte ich indieser Reihe auch über die Edelherrenvon Rüdenberg-Ardey berichten, doch istim Laufe der Zeit eine derartige Fülle anMaterial zusammengekommen, dass diesnur in einer mehrteiligen Serie aufgear-beitet werden kann.

Im Jahre 1249 ist Graf Adolf I. v. d. Markim Alter von etwa 60 Jahren verstorben.

Sein Erbe traten seine beiden Söhne an:Graf Otto von Altena und Graf EngelbertI. v. d. Mark. Unklar bleibt, ob die beidenBrüder das väterliche Erbe einer Realtei-lung unterzogen oder gemeinsam ver-walteten. Ich möchte Letzteres anneh-men, da sich bislang keinerlei Belege füreine besitzrechtliche Teilung haben fin-den lassen. Ich glaube auch nicht an einepolitische Teilung der altena-märkischenGrafschaftsteile, nach der Graf Otto dieGrafschaft Altena, Graf Engelbert I. die janoch nicht existente territorialstaatliche„Grafschaft Mark“ erhalten hätte. Ich glau-be vielmehr, dass beide Brüder gemein-sam als Grafen regierten und sich nurnach ihren verschiedenen Burgsitzenbenannten. Eine besitzrechtliche und einepolitische Teilung hätte zudem eine nichtzu verantwortende Schwächung von Al-tena-Mark gegenüber Isenberg-Limburgund den Grafen von Berg in dieser territo-rialen Konsolidierungsphase bedeutet. Esist kaum vorstellbar, dass dies Graf AdolfI. zugelassen und keine testamentari-sche Verfügung dagegen getroffen hätte.

Graf Otto von Altena war mit IrmgardvonHolte verheiratet. Kinder sind aus dieserEhe nicht hervorgegangen. Die Doppel-

Grabmal des Kölner Erzbischofs Konrad v.Hochstaden im Kölner Dom.

Großes rundes Schildsiegel von Graf Engelbert I.v. d. Mark (1249-1277).

Oben: Graf Otto v. Altena (1249-1262); Pfennigaus Iserlohn.Unten: Iserlohner Pfennig von Graf Engelbert I.v. d. Mark (1249-1277)

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herrschaft von Otto und Engelbert ende-te 1262 mit dem Tode Ottos, der immutmaßlichen Alter von vielleicht 48 oder49 Jahren verstorben war. Der etwasältere Graf Engelbert I. war nunmehrAlleinregent aller altena-märkischenGrafschaftsteile. Sein ganzes Bestrebenwar nun auf die Realisierung eines vonKöln unabhängigen Territorialstaates„Grafschaft Mark“ ausgerichtet. Der Kon-flikt mit den Kölner Erzbischöfen warsomit vorprogrammiert. An dieser Stelleunterbrechen wir wieder den Handlungs-faden und wenden uns den Isenberg-Limburgern, den Herzögen von Limburgund den Grafen von Berg zu.

Im Jahre 1247 ist Herzog Heinrich IV.von Limburg und Graf von Berg gestor-ben. Ihn beerbte sein ältester Sohn Wal-ram V. (1247-1280). Als solcher führte erdas herzogliche Wappen mit dem stei-genden, doppeltgeschwänzten Löwen.Sein jüngerer Bruder Adolf VI. (1247-+1259) wurde mit der Grafschaft Bergabgefunden. Er begründete so das zwei-te Haus der Grafen von Berg aus demHause Limburg. Als Graf von Berg führteer nicht mehr das Wappen des erstenHauses von Berg, mit den beiden dop-peltgezinnten Balken, sondern das Lim-burgische Wappen, mit dem doppeltge-schwänzten Löwen; allerdings imSchildhaupt belegt mit einem fünflätzi-gen Turnierkragen, dem in Westfalenund im Rheinland, und nur hier, üblichenZeichen nachgeborener Söhne und dervon ihnen begründeten Nebenlinien. AufAdolf VI. folgte dessen ältester SohnAdolf VII. von Berg (1259-1296). Wäh-rend seiner Herrschaft kam es zu Ereig-nissen, die letztlich auch den Grafen vonder Mark die ersehnte Unabhängigkeitbescheren sollten.

Seit 1262 war Graf Engelbert v. d. MarkAlleinregent aller Altena-MärkischenGrafschaftsteile und bislang ein getreu-er Vasall der Kölner Erzbischöfe. Alseiner der Führer des Kölnischen Heer-banns hatte er am 14. August 1254 dieTruppen des Erzbischofs Konrad v. Hoch-staden gegen Simon zur Lippe (1247-1277), den Bischof von Paderborn, in diesiegreiche Schlacht auf dem Wulferkes-kamp bei Brechten, vor den Toren Dort-munds, geführt. Doch unter KonradsNachfolger Engelbert II. von Lützelburg-Falkenberg (1261-1274), aus dem Hau-se der Grafen von Kleve, änderte sichEngelberts kölnfreundliche Haltung. Sei-ne Politik war nun gekennzeichnet durchsein Bestreben, sich aus der Erzbischöf-lichen Lehnshoheit zu befreien, um denStatus eines unabhängigen, sprichreichsunmittelbaren, Landesherrn zuerreichen. Dies führte natürlich zum Kon-flikt mit dem Erzbischof. Da Graf Engel-bert I. v. d. Mark für sich auch das erzbi-

schöfliche Befestigungsregal okkupiertund Unna, Iserlohn und Kamen befestigthatte, kam es zum Machtkampf mit Köln,der für Graf Engelbert, angesichts derStärke der erzbischöflichen Bundesge-nossen, negativ ausging. So musste ersich 1265 gegenüber Erzbischof Engel-bert dazu verpflichten, die Mauern dergerade befestigten Städte wieder nieder-zulegen. Trotz seines Versprechens hielter sich aber anscheinend nicht daran. Sokam es zu weiteren Konflikten. So findenwir zwei Jahre später Graf Engelbert v. d.Mark und seinen Bruder Gerhard, denBischof von Münster (+1272), in der blu-tigen Schlacht von Zülpich, 1267, unterden Helfern des Grafen Wilhelm von Jü-lich. Erzbischof Engelbert II. wurde vondem Jülicher gefangengenommen undauf Burg Nideggen für dreieinhalb Jahreinhaftiert. Seine Bundesgenossen, Bi-schof Simon von Paderborn und dessenNeffe Graf Friedrich von Rietberg fielen indie Hände des Bischofs Gerhard von derMark. Erst 1269 erhielten sie ihre Freiheitwieder, die unter großen Opfern erkauftwerden musste. Erzbischof Engelbert II.wurde erst 1271 wieder freigelassen,nachdem er die Begleichung der Forde-rungen seiner Gegner zugesagt hatte,wodurch dem Kölner Erzstift eine unge-heure Schuldenlast aufgebürdet wurde.Nach seiner Freilassung hat Engelbertnoch versucht, durch Bündniserneuerun-gen die Kölner Positionen in Westfalenzu halten. Nach l3jährigem glücklosenPontifikat ist Engelbert II.1274 gestor-ben. Der wohl einzige Glanzpunkt seinesLebens war 1273 die Krönung des Gra-fen Rudolf von Habsburg in Aachen zumDeutschen König, mit dem das Interreg-num endete. Einer von dessen Partei-gängern, mit dem König Rudolf vermut-lich sogar freundschaftlich verkehrte, warder Junggraf Everhard II. von der Mark(1277-1308), der Sohn und Erbfolger GrafEngelberts I. von der Mark.

Nachfolger Engelberts II., als Kölner Erz-bischof und Herzog von Westfalen, wur-de der Mainzer Dompropst Siegfried vonWesterburg (1275-1297), eine kraftvolle,zielstrebige Persönlichkeit, die nichtsunversucht ließ, um die verlorengegan-genen Kölner Machtpositionen zurück-zugewinnen. Mittel zum Zweck war dieAusdehnung seiner Bündnispolitik vonder Maas bis zur Weser, um gegen diesich bildende Rheinische und Westfä-lische Adelsopposition vorgehen zukönnen. Zunehmend bedroht durch dieAusweitung der Bündnispolitik des Wes-terburgers, der im übrigen auch nichtgewillt war, die von seinem Vorgängereingegangenen Zahlungsverpflichtungenzu erfüllen, schlossen am 7. April 1276 zuDeutz, unter der Führung des von demWesterburger verprellten Bischofs Simonvon Paderborn, große Teile des Rheini-

schen und Westfälischen Hochadels einBündnis zur Verteidigung ihrer Rechte.Unter ihnen finden wir aus Westfalen dieGrafen von Arnsberg, v. Berg, v. d. Mark,v. Rietberg, v. Tecklenburg, v. Limburg,v. Waldeck sowie die Edelherren vonBüren und zur Lippe. Die Rheinische Frak-tion führte Graf Wilhelm von Jülich an.Doch der plötzliche Tod Bischof Simonsberaubte die Aufständischen ihrer Füh-rungspersönlichkeit. Durch seine ge-schickte Politik gelang es Siegfried vonWesterburg schließlich die Koalition zuspalten, so dass er sich die Gegner ein-zeln vornehmen konnte. Darunter 1278auch die Grafen von Arnsberg, die aber,von ihm schonend behandelt, wieder zugetreuen Gefolgsleuten der Erzbischöfeund Herzöge von Westfalen wurden. Dasswiederum führte für ein Jahrzehnt zunahezu ununterbrochenen Fehden mitden Märkern. Andere Gegner, darunterauch die Grafen von der Mark, zwang derErzbischof zur Anerkennung seiner her-zoglichen Oberhoheit. Ob Siegfried vonWesterburg auch an der Ausschaltungdes Grafen Engelbert I. v. d. Mark betei-ligt war ist unklar. Jedenfalls wurde GrafEngelbert I., 1277, von dem Ritter Her-mann von Lon überfallen, schwer ver-wundet, gefangengenommen und auf derBurg Bredefort eingekerkert. Hier ist erden Folgen seiner Verwundung erlegen.Dafür schwor sein Sohn und NachfolgerGraf Everhard II. (1277-1308) dem Wes-

Erzbischof Engelbert II. v. Falkenburg (1261-1274). Links: Kölner Pfennig aus Brilon. Rechts:Kölner Pfennig aus Berleburg.

Kölner Pfennig von Erzbischof Siegfried v.Westerburg (1275-1297).

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terburger Rache, da er ihn für den Urhe-ber des Anschlags hielt.

Doch auf sich allein gestellt unterlag Ever-hard II. zunächst dem Kölner. In einemharten Friedensdiktat musste er die her-zogliche Oberhoheit anerkennen, sich1278 abermals dazu verpflichten die be-festigten Städte Unna, Iserlohn und Ka-men zu entfestigen. Doch Graf Everhardspielte nun auf Zeit und hielt sich nicht anseine Zusage; denn zwischenzeitlich be-gann sich die Lage zu Ungunsten Kölnszu verschieben. So hatte Erzbischof Sieg-fried am Rhein neue Zollstellen errichtenlassen, was wiederum den rheinischenHochadel empörte und 1279 zu einerheftigen Auseinandersetzung Siegfriedsmit König Rudolf von Habsburg führte. Ander Fehde beteiligt waren auf Seiten desKönigs die Bischöfe von Paderborn undOsnabrück, die Grafen Everhard II. v. d.Mark, v. Waldeck und v. Everstein, dieEdelherren zur Lippe und v. Itter. Zwarkam es noch zu einer gütlichen Einigungund der von Rudolf 1282 aufgerichteteLandfrieden wurde von allen Kontrahen-ten beschworen, doch eskalierte die Lage1284, als Graf Everhard v. d. Mark, derTodfeind des Westerburgers, von KönigRudolf zum königlichen Friedensrichterfür Teile Westfalens ernannt wurde. Dieswar faktisch ein verfassungsrechtlicher„Enthauptungsschlag“ des Königs gegendie beanspruchte Herzogsgewalt derKölner Erzbischöfe über ganz Westfalen,die mit der Landfriedenswahrung einender wesentlichen Eckpfeiler ihrer Her-zogsgewalt besessen hatten. Dass sichfortan der Kölner Erzbischof und Herzogvon Westfalen der königlichen Gewaltseines Todfeindes zu unterstellen hatte,war für Siegfried von Westerburg völligundenkbar! Vergeblich protestierte erschriftlich beim König und versuchte,gleichfalls vergeblich, Graf Everhard v. d.

Mark militärisch zu unterwerfen. Dochlängst hatte sich in den Rheinlanden eineneue machtpolitische Konstellation ge-bildet, die Siegfried von Westerburg zurendgültigen Abrechnung mit seinen rhei-nischen und westfälischen Feinden nut-zen wollte.

Im Jahre 1280 war Herzog Walram V. vonLimburg gestorben. Ohne männlichenLeibeserben, hatte Herzog Walram dasHerzogtum Limburg seinem Schwieger-sohn Graf Rainald I. von Geldern (1271-1326) testamentarisch hinterlassen, dermit Walrams einziger Tochter Irmgardvon Limburg (+1282) vermählt war.Hiergegen erhob nun Walrams Neffe GrafAdolf VII. von Berg Einspruch, der fürsein Haus die Limburgischen Erbansprü-che reklamierte. Adolf allein konnte siejedoch nicht durchsetzen. So schloss er1283 mit dem Herzog Johann I. von Bra-bant (1260-1294) ein Bündnis, der dieLimburger Erbansprüche des Bergerskäuflich erwarb. So war eine militärischeAuseinandersetzung zwischen Geldernund Brabant unausweichlich geworden,

die als der „Limburger Erbfolgekrieg“ indie Geschichte eingehen sollte.

Als nun 1287 der Kölner Erzbischof Sieg-fried von Westerburg im Bündnis mit demBischof von Osnabrück und den Grafenvon Lützelburg/Luxemburg und Kleve aufSeiten Gelderns in den Krieg eingriff,traten Graf Everhard II. v. d. Mark, dieGrafen von Jülich und Tecklenburg, so-wie die Reichsstadt Köln, dem Bündnisvon Brabant und Berg bei. Aber auch dernunmehr 73jährige Graf Diedrich von Isen-berg, sein überlebender Sohn Everhard I.von Limburg (1271-1304) und sein EnkelDiedrich I. von Isenberg-Limburg, genanntSnycke, der älteste Sohn des schon 1277verstorbenen Junggrafen Johann vonLimburg, witterten Morgenluft. Hier botsich auch für sie die Gelegenheit, dielästige Lehnshoheit der Grafen von Bergabzuschütteln. So stellten sie sich auf dievermeintliche Siegerseite, auf die Seitedes Erzbischofs und Gelderns. Ende desJahres 1287 ließ Erzbischof Siegfried,von der Burg Ahsen an der Lippe aus,den Märker angreifen. Trotz zahlenmäßi-ger Unterlegenheit gelang es Graf Ever-hard den Angriff zurückzuschlagen unddie Burg zu zerstören. Anschließend,1288, fiel Graf Everhard in die GrafschaftLimburg ein und erstürmte die Limburg,die von den Märkern besetzt wurde.

Durch den Verlust der Limburg um ihrHeim gebracht, verlegte die gräflich Lim-burgische Familie ihren Wohnsitz in ihrekleine reichsunmittelbare Herrschaft Sty-rum, an der unteren Ruhr. Das Schlosszu Styrum ließen die Isenberg-Limburger1289 zu einer starken Festung umbauen,nicht ahnend, dass ihr Exil dort 15 Jahrewähren sollte. Erst 1306 erhielten siewieder ihre Burg und Grafschaft Limburgzurück. Zu diesem Zeitpunkt war GrafDiedrich I. von Isenberg schon tot. Er ist1301 im Alter von 86 Jahren gestorben.Sein Sohn Everhard I. setzte die jüngereLinie der Grafen von Limburg fort; seit1291 zusammen mit seinem Sohn Died-

Graf Everhard II. v. d. Mark (1277-1308). Links: Großes rundes Schildsiegel von 1280, mit demwachsenden Löwen von Altena und dem märkischen Schachbalken. Rechts: Großes Reitersiegelvon 1302. Die Helmzier (Schirmbrett), der Waffenrock, Schild und die Pferdedecke zeigen nur nochden märkischen Schach.

Graf Everhard I. v. Limburg (1255-1304). Links: Großes rundes Schildsiegel mit der gefülltenLimburger Rose von 1291. Rechts: Rücksiegel (Secretsiegel) des vorigen.

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rich I. (III.) von Limburg (1291-1364) alsMitregenten, denen der greise Graf Died-rich von Isenberg schon zu Lebzeiten dieRegierungsgeschäfte überlassen hatte.Dagegen begründete Diedrich I. von Isen-berg-Limburg gen. Snycke (1271-1324),der Sohn des schon 1277 verstorbenenJohann von Limburg, die ältere Linie,das Haus der Edelherren und späterenGrafen von Limburg-Styrum, das heutenoch in den Niederlanden blüht.

Ehe wir uns von den Isenberg-Limbur-gern aus dieser Geschichte verabschie-den, noch ein paar Sätze zu ihren Wap-pen. Wie verschiedene Historikermeinten, haben die Isenberger ihren Na-men und ihr Wappen mit der verm. RotenRose auf weißem Grund, nach dem ver-übten Totschlag Friedrichs von Isenbergan dem Erzbischofs Engelbert von Bergals entehrt betrachtet. Daher sollen siesich nach ihrer Burg in „von Limburg“umbenannt haben. Desgleichen sollensie nach dem Totschlag auch das Wap-pen mit der Rose aufgegeben und dendoppeltgeschwänzten Löwen der Grafenvon Berg, in rot auf Silber, angenommenhaben. Das ist natürlich Unsinn. So hatsich Friedrichs Sohn Diedrich zeit seinesLebens Graf von Isenberg genannt unddas Wappen des Vaters in seinen Sie-geln geführt, wenn er sich auch gelegent-lich Graf von Limburg nannte. Erst unterDiedrichs Söhnen und Enkeln tritt derName „von Limburg“ zunehmend in denVordergrund, nachdem sich in der zwei-ten Hälfte des 13. Jhdts. die Herrschaftder Isenberger nahezu ausschließlich aufihre Burg und Grafschaft Limburg kon-zentrierte. Dagegen hat die gräfliche Li-nie der Isenberg-Limburger das Rosen-wappen bis ins letzte Jahrzehnt des 13.Jhdts. geführt. So siegelte Graf EverhardI. von Limburg noch 1291 mit der Rose,führte aber im Rücksiegel bereits densteigenden, doppelschwänzigen Löwen,

Graf Everhard I. v. Limburg. Siegel mit demneuen Löwenwappen von 1297.

Johann I. v. Limburg, Herr zu Styrum (1316-1361). Links: Altes Siegel mit der Rose, von 1348.Rechts: Neues Siegel, mit dem doppelschwänzigen Löwen, von 1355.

der in seinem Siegel von 1297 schließlichdie Rose verdrängte. Dagegen hat sichdie Rose bei den Limburg-Styrumern nochrund 50 Jahre länger im Wappen gehal-ten. Erst 1354/55 wurde das Löwenwap-pen durch Johann I. von Limburg-Styrum(1316-1361) übernommen.

Nach einer These sollen sie ihr Wappenvon den Grafen von Berg übernommenhaben. Dies ist falsch, denn die bergi-schen Grafen führten zu dieser Zeit nochden Turnierkragen im Schildhaupt. ErstGraf Adolf VIII. von Berg (1308-1348) hatin seinem neuen Hauptsiegel von 1308den Turnierkragen fortgelassen und führ-te wieder das alte herzoglich Limburgi-sche Löwenwappen. Dies machte ja auchSinn; war ja das Haus der Herzöge vonLimburg mit dem Tode Walrams V. imMannesstamm erloschen und derenWappen somit wieder frei. Graf Adolf VIII.von Berg hatte also keinen Grund mehr,sein Geschlecht, als Nebenlinie eines

erloschenen Hauses, im Wappen nochlänger mit einem Turnierkragen zu kenn-zeichnen. Von den Grafen von Berg kön-nen die Isenberg-Limburger ihr Löwen-wappen aber nicht übernommen haben,denn die gräfliche Linie der Isenberg-Limburger hat es in dieser Form, ohneden Turnierkragen, schon 11 Jahre frü-her geführt. Es kann sich daher bei derenWappen nur um das der Herzöge vonLimburg handeln, zu dessen Führung siesich durch ihre Mutter, bzw. Großmutter,Sophia von Limburg, als Spindelmagender erloschenen herzoglichen Linie, fürberechtigt hielten. Nach diesem Ausflugin die Heraldik zurück zu den Ereignissenvon 1288.

Am Morgen des 5. Juni 1288 standensich in der Fühlinger Rheinebene, süd-östlich von Worringen bei Köln, das zah-lenmäßig überlegene Heer des Erzbi-schofes und Gelderns, und die Truppender Brabantischen Koalition gegenüber.

Die Bergischen Bauern in der Schlacht von Worringen. Der Mönch Walther Dodde verkündet denSchlachtruf des Bergischen Aufgebots: „Hie Berge romrike!“

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Das Aufgebot bergischer Bauern unterGraf Adolf VII. und die schlagkräftige mär-kische Heerschar unter Graf Everhard II.waren noch nicht eingetroffen. Desglei-chen vermisste man auf BrabantischerSeite noch die Truppen der ReichstadtKöln. So begann Siegfried von Wester-burg in wilder Siegeszuversicht dieSchlacht und ließ schon die Ketten bereit-legen, mit denen er die feindlichen rheini-schen Fürsten gefesselt abzuführen ge-dachte. Die äußerst blutige Schlacht wogtehin und her, und alles sah schon nach demSieg des Erzbischofs aus, als plötzlich derbergische Heerhaufen auf dem Schlacht-feld erschien. Mit dem wilden Schlachtruf„Hie Berge romrike“, fielen sie den Erzbi-schöflichen in den Rücken. Als nun auchnoch das Stadtkölnische Aufgebot er-schien und in den Kampf eingriff, war dasSchicksal des Erzbischofs und der geldri-schen Verbündeten besiegelt. Die Schlachtendete für sie mit einer verheerenden Nie-derlage. Der Erzbischof selbst wurde vonGraf Adolf VII. gefangengenommen undauf der Burg Nideggen inhaftiert. AuchGraf Rainald von Geldern wurde ergriffen;seine Rolle als Herzog von Limburg warendgültig ausgespielt.

Welchen Anteil Graf Everhard II. v. d.Mark an dem Sieg von Worringen hatte,bleibt im Dunkeln. Doch trug er, unter-stützt von stadtkölnischen Truppen, denKrieg nach Westfalen, um auch hier end-gültig die immer noch vorhandene her-zogliche Macht der Erzbischöfe zu bre-chen. So fiel er in die erzbischöflichenGebiete am Hellweg und im Sauerlandein. Die über 50 Hektar große bedeutendekölnische Salzstadt Werl wurde von ihmvöllig zerstört und entvölkert, sodass beidem späteren Wiederaufbau der Umfangdes Mauerrings um die Hälfte reduziertwurde. Auch Menden und die vor derStadt liegende kölnische Rodenburg aufdem Hünenköpfchen wurden zerstört, wieauch die Raffenburg, die Burg Volmar-stein und die von den Erzbischöflichenbesetzte Hohensyburg. Ebenso wurde dienunmehr kölnische Neu-Isenburg bei Es-sen erobert und geschleift.

Seinen ganzen Hass auf den Erzbischofzeigte Graf Everhard durch seinen Plan,ihn in lebenslänglicher Haft zu halten;doch konnte er sich damit nicht durchset-zen. So wurde der in der Haft schwererkrankte Siegfried von Westerburg 1289freigelassen. Doch musste er seine Frei-heit teuer erkaufen. Auch Graf Everhardsicherte sich daran seinen Anteil. DerErzbischof musste ihm u. a. auch dieBefestigungshoheit zugestehen und aufseine Lehns- und Gerichtshoheit, sprichLandesherrschaft, gegenüber dem Mär-ker verzichten. Ferner ging ihm die Vog-tei über das reiche Stift Essen verloren,mit der wenig später Graf Everhard durch

König Rudolf von Habsburg belehnt wur-de. Wenn auch Erzbischof Siegfried spä-ter, hinsichtlich seiner unter Zwang er-pressten Zusagen, vom Papst von allengeleisteten Eiden entbunden wurde, sogelang es ihm nicht mehr Graf EverhardII. von der Mark seiner herzoglichen Lan-deshoheit zu unterwerfen. Das Ziel, wo-für Graf Everhard II. und sein Vater, GrafEngelbert I. von der Mark, dreißig Jahrelang gekämpft hatten, war durch den Siegvon Worringen unumkehrbare Realitätgeworden; die Grafen von der Mark wa-ren nun selbständige Landesherren undreichsunmittelbare Fürsten. Wenn auch

ihr neugeschaffener Territorialstaat „Graf-schaft Mark“ noch längst nicht in seinenspäteren Grenzen existierte, so warendurch Graf Everhard II. doch die Grundla-gen geschaffen worden, auf denen seineNachkommen aufbauen konnten, um dieGrafschaft Mark zur stärksten politischenund militärischen Kraft in Westfalen auf-steigen zu lassen. Doch das ist eine an-dere Geschichte. Ende

Reinhold Stirnberg

Oben: Das Stift Fröndenberg, die Grablege desmärkischen Grafenhauses, von 1262-1391.Holzschnitt aus Lewin Schückings: Dasmalerische und romantische Westfalen, von1848.

Unten links: Das Grabmal von Graf Everhard IIv. d. Mark (+1308) und seiner Gattin Irmgard v.Berg (+1293) in der Fröndenberger Stiftskirche.Kupferstich aus D. v. Steinens WestfälischerGeschichte, von 1750.

Rechts: Die Grabplatte der Tumba im heutigenZustand.