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04.05.2012 Johann-Markus Hans Polizeidirektor
BEWEISFÜHRUNG ATEMALKOHOL IM STRAFRECHT
Johann-Markus Hans
Polizeidirektor
Deutsche Hochschule der Polizei
Polizeitechnisches Institut
„Atem statt
Blut“
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Nicht…
… Abschaffen der Blutprobe
… zwangsweise Entnahme einer Atemprobe
… Einführung einer gesetzlichen Mitwirkungspflicht bei der Atemprobe
… Mehrbelastung der Justiz
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Sondern…
…Atem statt Blut in völlig eindeutigen und einfachen Fällen
…ausschließlich freiwillige Abgabe
…nur, wenn Beschuldigter dazu in der
Lage ist
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Was bringt es… …natürlich Zeitersparnis
…natürlich Kostenersparnis
…natürlich Verfahrensbeschleunigung
…natürlich Erhöhung der
Verkehrssicherheit (mehr Kontrollen) …
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Art. 2 GG : „ ... (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. … „
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…aber vor allem:
Verfassungsgebot des „mildesten Mittels“
bei Einschränkungen der
Grundrechte (Verhältnismäßigkeit)
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„Recht auf körperliche Unversehrtheit Betroffene und Polizeibeamte“
Reduzierung von
Widerstandshandlungen und Verletzungen
Reduzierung der diesbezüglichen Strafverfahren (mit viel Aufwand für Justiz, Polizei und Betroffene)
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„Recht auf körperliche Unversehrtheit gilt auch für Polizeibeamte“
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Nicht zu vergessen…. Vorteile Gerichte und Polizei: Anordnungskompetenz!! Rechtsstaatlich einwandfreie
Regelung
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Vergleich…
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EU
Deutschland (und Dänemark)
Gibt es die Mittel …?
Atemalkoholanalyse (Dräger Evidential)
… Beweissichere Geräte vorhanden Gesetzgeber OWI / BGH
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Gibt es die Mittel…?
…“Länderstudie 2006“ Schoknecht/Slemeyer
Ziel:
Vergleich von Blut- und Atemalkohol-Konzentration unter Bedingungen der polizeilichen Praxis
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Vom BGH geforderte Gerade mit Q = 2,0 Vom BGH geforderte Gerade mit Q = 2,0
Vergleich BAK/AAK 4 Felder - Tafel für Grenzwerte 1 , 1 ‰ und 0 , 55 mg / L
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1 1,2 1,3 AAK in mg/L
BAK
in ‰
Feld 4: BAK > 1 , 1 ‰ AAK<0,55 mg/L Abweichung
Feld 1: BAK > 1 , 1 ‰ AAK>0,55 mg/L Übereinstimmung
Feld 2: BAK < 1 , 1 ‰ AAK>0,55 mg/L Abweichung
Feld 3: BAK < 1 , 1 ‰ AAK<0,55 mg/L Übereinstimmung
Vom BGH geforderte Gerade mit Q = 2,0
Haben wir die Mittel…?
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Vergleich BAK/AAK Zeitdifferenz kleiner ± 15 Min, N= 895
0,00,20,40,60,81,01,21,41,61,82,02,22,42,6
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1 1,2 1,3AAK in mg/L
BA
K in
‰
Q = 2,0Ca. 95 % aller Werte liegen oberhalb, ca. 5 % unterhalb der vom BGH geforderten Geraden
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Vergleich BAK/AAK Zeitdifferenz kleiner ± 15 Min , N = 895
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1 1,2 1,3
AAK in mg/L
BAK
in ‰
Q = 2,0
Q = 2,174 Ca. 50 % aller Werte liegen oberhalb bzw. unterhalb der Geraden mit Q = 2,174
Ca. 95 % aller Werte liegen oberhalb, ca. 5 % unterhalb der vom BGH geforderten Geraden mit Q = 2,0
Gegenargumente…??
Behauptete Beeinflussungsmöglichkeiten:
„Argument“ Hyperventilation
=> Temperaturkontrolle im Gerät „Argument“ Hustenlöser
=> Urteil OLG Bamberg 2007 („Kontrollzeit“) => Gutachter Rechtsmedizin: Kein Einfluss!
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Behauptete Beeinflussungsmöglichkeiten:
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Diskussion und Bedenken ? Keine Überprüfung des Ergebnisses
➪ Ausdruck mit allen meßwertbildenden Daten und Zeiten
? Keine Möglichkeit der Nachuntersuchung bei Zweifel am Gerät ➪ BGH 2001 „Kein vernünftiger Zweifel am Gerät“ (PTB & Eichung)
? Nachträgliche Identitätsüberprüfung ➪ Keine Zweifel, da lückenlose Beobachtung
? Feststellung Nachtrunk ➪ Keine Zweifel (s. o.); spätere Behauptung auch bei Blut nicht nachprüfbar (Iffland, NVZ, 4, Seite 129 ff, 1996)
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Diskussion und Bedenken ? Überprüfung weiterer Mittel
(Drogen, Medikamente) ➪ selbständig durch RM unzulässig; durch Gericht kein Fall bekannt (letzte 10 Jahre)
? Trinkgewohnheit / Trinkverhalten wegen Fahrerlaubnisfragen ➪ § 81 a (3) StPO; mit Blutprobe wegen § 316 StGB unzulässig ➪ behördliches Verfahren - kein Strafverfahren
? Ärztlicher Untersuchungsbericht als „maßgebliche Grundlage“ ➪ Polizeibeamte mind. gleich gut bzw. besser (vgl. Schulz et al, Zeitschr. f. Rechtmedizin 13, 1997; Wollersen, Blutalkohol, 2008; und Polizei Saarland )
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Atemalkoholanalyse
ja
Unterschied Drogen:
Beweissichere Geräte statt Vortest!!
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Gesetzliche Regelung…?
√ Einführen eines neuen § 315 e StGB?
√ Ergänzung „Gemeinsamer Runderlass“
√ zeitlich befristet bis zu einer Änderung im StGB ?
√ √ Wahlmöglichkeit für den Betroffenen
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Grenzwertdiskussion
Nötig, aber….
…AAK im Strafrecht damit „beerdigt“
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…und zum Schluss…
„Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.“
Franz Kafka
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Verbotene Stoffe im Verkehr
AK IV Problem Beweisführung PD Martin Mönnighoff
Deutsche Hochschule der Polizei
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Agenda
• Gerichtsverwertbarkeit der AA-Messung • (Drogenfeststellung) • (Medikamentenfeststellung) • Zusammenfassung • Empfehlungen
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Aktuelles
“It is unacceptable for 85 people to die every day on Europe's roads. Alcohol-impaired road users are still involved in about a quarter of all fatal crashes in Europe. This is a very worrying situation. But if we work together to raise awareness, to enforce the rules better and to change people's driving habits, then we can truly make a difference in bringing down the number of road deaths,” said Mr. Kallas.
http://www.etsc.eu/documents/Toward_Zero_Tolerance_to_drink_driving_News_Release.pdf
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Gerichtsverwertbarkeit der AA-Messung
• Internationaler Vergleich Österreich:
– AA-Messung seit 1988 – BAK 0,8 Promille oder 0,4 mg/l AAK – Grundsätzlich keine Blutprobe – Verdachtsfreie Anordnung durch Polizei – Bei Weigerung keine Blutprobe – Bestrafung wie volltrunken
– Schreiben BMI vom 06.05.2011
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Gerichtsverwertbarkeit der AA-Messung
• Internationaler Vergleich Finnland:
– AA-Messung seit 1994 – BAK 0,5 Promille oder 0,22 mg/l AAK – Bzw. BAK 1,2 Pro. oder 0,53 mg/l AAK – Verdachtsfreie Anordnung durch Polizei – Bei Weigerung Blutprobe – Schreiben NTPH vom 29.04.2011
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Gerichtsverwertbarkeit der AA-Messung
• Internationaler Vergleich Schweden:
– AA-Messung seit 1989 – BAK 0,2 Promille oder 0,1 mg/l AAK – Bzw. BAK 1,0 Pro. oder 0,5 mg/l AAK – Bei Verdacht Anordnung durch Polizei – Bei Weigerung Blutprobe – Schreiben NTPH vom 29.04.2011
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Gerichtsverwertbarkeit der AA-Messung
• Internationaler Vergleich Frankreich:
– AA-Messung seit 1983 – BAK 0,5 Promille oder 0,25 mg/l AAK – Bzw. BAK 0,8 Pro. oder 0,4 mg/l AAK – Verdachtsfreie Anordnung durch Polizei – Bei Weigerung Bestrafung – keine Blutprobe – Schreiben GPT Kehl vom 1.06.2011
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Vorteile AA-Messung
• Wegfall eines körperlichen Eingriffs • Wegfall einer längeren
Freiheitsentziehung • Geringere Gefährdung des Ergebnisses
durch Zeitverzug • Problem des Richtervorbehalts nur noch in
Ausnahmefällen
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Vorteile AA-Messung
• Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens
• Verhinderung von Begleittatbeständen • Repräsentation der Alkoholkonzentration
im Gehirn • (Kostenreduktion)
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Nachteile AA-Messung
• Fehlende Konvertierbarkeit der AAK-Werte in BAK-Werte; Besorgnis der Benachteiligung
• Kein den Tatrichter bindender Erfahrungssatz • Fehlende Rückrechnung auf den Tatzeitpunkt • Keine Überprüfung von Nachtrunkbehauptungen
und nachträgliche Identitätsplausibilisierung • Keine Nachuntersuchungen und
Reproduzierbarkeit
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Nachteile AA-Messung
• Keine zusätzliche Untersuchung auf Drogen und Medikamente
• Hyper- und Hypoventilation; Mundrestalkohol
• Nichteinhalten der Verfahrensbestimmungen
• Kein ärztlicher Untersuchungsbericht • (Kostenreduktion)
Zusammenfassung
• Zahlreiche Pro- und Contra-Argumente • Pro-Argumente überwiegen • Keine Umrechnung von AAK auf BAK
möglich • Eigene Grenzwerte AAK • Einführung in die Strafvorschriften • Keine Abschaffung der Blutprobe
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Empfehlung
§ 316 StGB Absatz 2: Nach Absatz 1 wird auch bestraft wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,55 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 1,1 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Pasi Kemppainen, President of TISPOL the European Traffic Police Network: “We believe everyone stopped by police should have an alcohol and drug test. Also, every driver involved in a collision should be tested. Legislation should allow random testing, and the police’s own road safety strategy should spell this out”.
www.etsc.eu/documents/Toward_Zero_Tolerance_to_drink_driving_News_Release.pdf
3. Verkehrsforum der GdP -24./25.04.2012 Potsdam
Ausblick
AK IV: Problem Beweisführung
III. Verkehrsforum der Gewerkschaft der Polizei 2012
RA Dr. Markus Schäpe
© www.adac.de
Eignung der Atemalkoholanalyse im Strafrecht?
24./25.04.2012 III. Verkehrsforum 2012, Dr. Markus Schäpe, ADAC 3
Entwicklungen
● 30. VGT 1992:
Umrechnung von AAK in BAK nicht möglich
● 01.04.1998: AAK als eigenständiger Grenzwert für § 24a StVG
● 07.06.1999: Runderlass Sachsen-Anhalt erlaubt AAK für StGB ab 0,8 mg/l
OLG Naumburg bestätigt Zweifel: statistische Genauigkeit genügt nicht
● 38. VGT 2000:
AAK kein geeignetes Beweismittel in StGB
24./25.04.2012 III. Verkehrsforum 2012, Dr. Markus Schäpe, ADAC 4
Entwicklungen
BGH vom 03.04.2001:
AAK bei OWi unter engen Voraussetzungen verwertbar
wegen physiologischer Unterschiede in der AAK keine direkte Konvertierbarkeit, sondern Bandbreite für jeden AAK-Wert
daher egal, welche konkrete Gefährdungsquantifizierung hinter AAK-Wert steht
AAK- und BAK-Wert in § 24a StVG voneinander unabhängig
AAK nicht als Beweismittel für StGB anerkannt
24./25.04.2012 III. Verkehrsforum 2012, Dr. Markus Schäpe, ADAC 5
185. Sitzung der IMK 2007
unter Berufung auf Länderstudie 2006
durch Ergänzung der VwV in eindeutigen Fällen
Als Vorzüge werden angeführt:
Vermeidung eines körperlichen Eingriffs
Zeit- und Personalersparnis
Kostenersparnis
sofortige Verfügbarkeit der Ergebnisse
24./25.04.2012 III. Verkehrsforum 2012, Dr. Markus Schäpe, ADAC 6
79. Sitzung der JMK 2008
● keine Unterstützung der IMK
● effektive und konsequente Ahndung der Straftaten wegen Gefahrenlage nötig
● Strafrecht ist Einzelfallgerechtigkeit statt Massenverfahren in OWi
● in Wissenschaft umstritten, ob AAK zur sicheren Feststellung der Fahrtüchtigkeit ausreicht
● forensische Beweisführung würde erschwert
24./25.04.2012 III. Verkehrsforum 2012, Dr. Markus Schäpe, ADAC 7
47. VGT 2009
● kein ärztlicher Untersuchungsbericht
● Nachtrunk kann nicht widerlegt werden
● keine Begleitstoffanalyse möglich
● Rückrechnung für §§ 20, 21 StGB nicht möglich
● Identitätsverwechslung mangels DANN möglich
● Beikonsum illegaler Drogen nicht nachträglich feststellbar
24./25.04.2012 III. Verkehrsforum 2012, Dr. Markus Schäpe, ADAC 8
47. VGT 2009
● Einhaltung der mind. 20 Min. Wartezeit ab Anhalten zwingend
● keine Konvertierbarkeit von AAK in BAK
● Sachverständiger für besondere Fachkunde
● Zeugenanhörung der Polizeibeamten nötig
● längere Wartezeit bei höherer AAK gefordert
24./25.04.2012 III. Verkehrsforum 2012, Dr. Markus Schäpe, ADAC 9
Ergebnis
● BAK zumindest für Verweigerer und Kranke nötig
● weniger BAK gefährden deren Qualität
● erleichterte Beweiserhebung zu Lasten der Beweisverwertung
● Verbesserung der Verkehrssicherheit durch höhere Kontrolldichte
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!