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Landwirtschaft, Gartenbau und Ernährung Bewertung der Anwendung Automatischer Melksysteme Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung VLF L

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Landwirtschaft, Gartenbauund Ernährung

Bewertung der Anwendung Automatischer Melksysteme

Landesamt fürVerbraucherschutz,Landwirtschaft undFlurneuordnung

VLFL

Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg

Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Heinrich-Mann-Allee 10314473 Potsdam Telefon:0331/866-7017Fax: 0331/866 [email protected]

Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung

Ringstraße 1010 15236 Frankfurt (Oder)www.mluv.brandenburg.de/info/lvlf [email protected]

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Impressum Herausgeber: Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (MLUV) Presse und Öffentlichkeitsarbeit Heinrich-Mann-Allee 103, 14473 Potsdam Tel.: 0331/866-7016 oder -/866-7017 Fax: 0331/866-7018 E-Mail: [email protected] Internet: www.mluv.brandenburg.de Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung Ringstraße 1010 PF 1370 15236 Frankfurt (Oder) 15203 Frankfurt (Oder) E-Mail: [email protected] Internet: www.mluv.brandenburg.de/info/lvlf Redaktion: Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung Referat 46 – Tierzucht, Tierhaltung, Fischerei Dorfstraße 1 14513 Teltow/Ruhlsdorf Telefon: 03328/4360 Telefax: 03328/436118 Autoren: Dr. J. Trilk, Dr. P. Zube, K. Münch (LVLF) D. May (Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung Groß Kreutz e.V.) Schriftenreihe des Landesamtes für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung Abteilung Landwirtschaft und Gartenbau Teltow, Groß Kreutz, Güterfelde, Paulinenaue, Wünsdorf Reihe Landwirtschaft, Band 7 (2006) Heft V Druck: Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung Ringstraße 1010 15236 Frankfurt (Oder) TZ ... Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung Brandenburg herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers. Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung, Mai 2006

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Abschlussbericht

Bewertung der Anwendung Automatischer Melksysteme –

Basis für qualitäts-, leistungs- und tier-gerechte Managementempfehlungen

(Zusammenstellung der Publikationen und Auswertungen)

Bearbeiter LVLF: Dr. Jürgen Trilk

Dr. Peter Zube Kathleen Münch

Bearbeiter LVAT: Detlef May

Groß Kreutz: Mai 2006

Referat 46 Tierzucht, Tierhaltung, Fischerei Neue Chaussee 6 14550 Groß Kreutz (Havel)

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Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort 3 1. Nutzung und Verbreitung 1.1 Erste Erfahrungen mit dem automatischen Melken in Brandenburger Be-

trieben 4

1.2 Wann erobern Melkroboter Amerika? 101.3 Stand der Anwendung und internationale Forschung zu Automatischen

Melksystemen 14

2. Managementverfahren 2.1 Untersuchungen zum Management bei Anwendung automatischer Melk-

systeme 22

2.2 Außenklimastall und high-tech Melkverfahren 292.3 Ergebnisse und Erfahrungen zum Einsatz Automatischer Melksysteme 36 3. Arbeitszeitaufwand 3.1 Bewertung des Arbeitsaufwandes bei der Nutzung automatischer Melksys-

teme (AMS) 49

3.2 Die Problemkühe geben den Ausschlag 553.3 The use of automatic milking systems (AMS) to save operation time 62 4. Kontrolle Eutergesundheit und Rohmilchqualität 4.1 Nutzung der Elektrischen Leitfähigkeit zur Rohmilch- und Eutergesund-

heitskontrolle bei Automatischen Melksystemen 65

4.2 The use of electric conductivity to control milk quality and udder health 754.3 Untersuchungen zur Feststellung von Eutergesundheitsstörungen und

Rohmilchveränderungen mit dem MQC und weiteren technischen Einrich-tungen beim Automatischen Melksystem Lely ASTRONAUT®

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5. Wirtschaftlichkeit 5.1 Hohes Risiko für mehr Gewinn 905.2 Management, Kostenaufwand und Wirtschaftlichkeit Automatischer Melk-

systeme in Auswertung mehrjähriger praktischer Nutzung 95

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Vorwort Im vorliegenden Abschlussbericht werden die Ergebnisse praktischer Anwendung und geziel-ter Untersuchungen am Automatischen Melksystem (AMS) des Versuchsstandortes Groß Kreutz während des Zeitraumes 1999 bis 2005 zusammenfassend dargestellt. Die Präsentation erfolgt anhand der zu den einzelnen Themenschwerpunkten vorliegenden Publikationen. Da-mit ist eine vollständige und rationelle Darstellung der durchgeführten Untersuchungen und Auswertungen gegeben. Die z.T. umfangreichen Literaturrecherchen und –hinweise ermögli-chen eine vertiefende Betrachtung. Durch die Zusammenstellung der Beiträge nach einzelnen Komplexen kann auf eine zusätzliche Zusammenfassung der breit gefächerten Thematik ver-zichtet werden. Der Leser hat trotzdem die Möglichkeit, sich gezielt zu einzelnen Fragen zu informieren. Mit dem Bericht finden die eigenen Untersuchungen im Rahmen des Projektes „Automati-sches Melksystem“ einen vorläufigen Abschluss. Dem Ziel, dem potentiellen Anwender eine Entscheidungshilfe zur Anschaffung bzw. dem Nutzer Informationen zur praktischen Gestal-tung des Verfahrens zu geben, wurde im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten entspro-chen. Zusätzlich stehen umfangreiche nationale und internationale Ergebnisse zur Verfügung. Nach Auffassung der Autoren erlaubt der aktuelle Erkenntnisstand sowohl eine begründete Investitionsentscheidung zu treffen, als auch die Bewirtschaftung von Milchviehbeständen und -ställen gezielt auf die Erfordernisse eines AMS-Einsatzes abzustimmen. Weiterer Unter-suchungsbedarf unter dem Gesichtspunkt der praktischen Anwendung wird sich aus veränder-ten Kosten-/Erlösverhältnissen sowie technischen Entwicklungen ergeben. Mit dem Demonstrationsprojekt in Groß Kreutz sowie den verbundenen Versuchs- und For-schungsthemen konnte das regionale Informationsbedürfnis zum „Melkroboter“ umfangreich befriedigt werden. Außer in den vorliegenden Veröffentlichungen wurden die Ergebnisse in einer Vielzahl von Vorträgen, Seminaren und Weiterbildungsveranstaltungen einem breiten Fachpublikum vermittelt. Im Rahmen von Betriebsführungen hatten seit 1999 etwa 6.500 Be-sucher Gelegenheit, sich „Automatisches Melken“ in Groß Kreutz anzusehen. Über die regionale Information hinaus flossen die Untersuchungsergebnisse in technische Prüfberichte sowie wissenschaftliche Graduierungsarbeiten ein und wurden auf nationalen und internationalen Tagungen vorgestellt.

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1. Nutzung und Verbreitung 1.1 Erste Erfahrungen mit dem automatischen Melken in Brandenburger Betrieben P. Zube: 5. Brandenburgischer Stallbautag, Michendorf am 27. Mai 1999, Tagungsheft S. 29 - 31

Automatische Melksysteme (AMS) halten offenbar rascher als noch vor wenigen Jahren an-genommen Einzug in das Verfahren Milchproduktion. In Brandenburg sind gegenwärtig AMS in 5 Betrieben im Einsatz (Übersicht 1). Übersicht 1: Stand der Einführung automatischer Melksysteme in Brandenburg

Betrieb Art der Angabe A B C D E Rechtsform Einzel-

untern.

GbR

GbR

GmbH

e. G Kuhzahl 150 145 300 1.150 240 Leistungsniveau kg Milch/Kuh u. Jahr

5.400

6.400

7.500

7.500

7.000

Nutzung des AMS seit

Jan. 1999

Juni 1998

Febr. 1999

Nov. 1998

Dez. 1997

AMS-Typ Lely Astronaut

Lely Astronaut

Lely Astronaut

Lely Astronaut

Lely Astronaut

Anzahl der Boxen 1 2 1 2 3 Was hat die Betriebe bewogen, in ein AMS zu investieren? In der Übersicht 2 sind jeweils die Motive angekreuzt, welche die Anwender bei ausdrückli-cher Nachfrage als für ihre Entscheidung bedeutsam bestätigten. Als sonstiges Motiv war in den Betrieben, die solches überhaupt angeben, ausschlaggebend, dass keine Möglichkeit be-stand, das Melken lediglich durch Nachrüstung vorhandener Anlagen zu sichern. Alle Anwender erwarten, dass sich der hohe finanzielle Aufwand für ein AMS letztlich auch bezahlt machen wird. In keinem Falle jedoch sind exakte Nutzeffektsberechnungen für die Entscheidung zur Einführung des AMS in erster Linie maßgebend gewesen. Das ist zwar ü-berraschend, steht aber durchaus in Übereinstimmung mit gelegentlich in der Literatur wie-dergegebenen Feststellungen. Übersicht 2: Motive für die Einführung des AMS in den Betrieb

Betrieb Motiv A B C D E Einsparung von Lohnkosten X X X X Gewinnung von mehr Unabhängigkeit . von Fremdarbeitskräften . bezüglich eigener Zeitverwendung

X X

X X

X

X

X

Erhöhung der Milchleistung X X X X Erhöhung der Arbeitsqualität X X X X Veränderung des Charakters der Arbeit X X X Verbesserung der Eutergesundheit X X X mehr Tiergerechtheit des Melkens X X X X sonstige Motive X X

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In ausnahmslos allen Betrieben zählt das Argument, mehr Unabhängigkeit von Fremdarbeits-kräften zu gewinnen. Im Betrieb C wird als der eigentlich entscheidende Grund mehr Tierge-rechtheit angegeben. Hier wird das Ziel verfolgt, aus dem Gesamtbestand die jeweils leis-tungsstärksten Kühe am AMS mehr als zweimal täglich melken zu lassen. Das sei tiergerech-ter und leistungsfördernd. Im Betrieb D wurde ausdrücklich erklärt, die Steigerung der Milch-leistung je Kuh sei nicht das Ziel des AMS-Einsatzes gewesen; man würde sie lediglich als Nebeneffekt „mitnehmen“. Ein positiver Einfluss auf die Eutergesundheit wurde in drei Betrieben als Argument für das AMS genannt. Hingegen wurde in den Betrieben C und D ganz unmissverständlich der Standpunkt vertreten, auch andere Melktechnik würde beste Eutergesundheit erlauben. Die Veränderung des Charakters der Arbeit wird unter zwei Aspekten positiv bewertet: Im Betrieb D geht man davon aus, dass bei Einsatz des AMS die Arbeit weniger schwer ist, so dass sie – vorausgesetzt, der Mensch ist geistig rege - auch noch in höherem Alter bewältigt werden kann. Im Betrieb E sieht man in der Veränderung des Charakters der Arbeit eine Chance, jederzeit auch jüngere Menschen für eine Tätigkeit in der Milchviehhaltung zu ge-winnen. Welche Erfahrungen wurden bisher gemacht?

Auswahl der Kühe

Die erste Erfahrung war, dass Kühe ganz konsequent nach ihrer Tauglichkeit für das automa-tische Melken ausgewählt werden müssen. Eine Aussage über den Anteil ungeeigneter Kühe in bestehenden Herden zu treffen, ist schwierig, weil die Gründe für Merzungen sehr ver-schiedenartig sind. Besonders problematisch ist die Einführung des automatischen Melkens, wenn sie mit einer generellen Haltungsumstellung verbunden ist. So bereitete im Betrieb E die gleichzeitig mit der Umstellung auf das AMS erfolgte Umstellung von Anbinde- zur Laufstallhaltung den Kühen offensichtlich die größeren Schwierigkeiten. Bei Inbetriebnahme des AMS mit Färsen erwiesen sich im Betrieb B von 166 eingestellten Tieren 6 (3,6 %) wegen ungeeigneter Euterform als untauglich; 7 weitere Tiere (4,2 %), die wegen zu geringer Melkgeschwindigkeit ausgesondert wurden, wären auch in einem anderen System unerwünscht gewesen. Im Betrieb E sind von 120 eingestellten Färsen im Verlauf von 7 Monaten 4 (3,3 %) wegen AMS-Untauglichkeit ausgeschieden. In der Literatur und aus der Praxis wird überwiegend berichtet, etwa 10 bis 15 % der Kühe seien für automatische Melk-systeme ungeeignet. Dabei sind selbstverständlich die gehaltene Rasse und der erreichte züch-terische Stand der jeweiligen Herde von Bedeutung. Für Betriebe mit größeren Beständen kann es vorteilhaft sein, das automatische Melken schrittweise einzuführen. Dafür können dann in erster Linie die leistungsstärksten Kühe he-rangezogen und strenge Maßstäbe bei der Auswahl nach Eignung angelegt werden.

Gewöhnung der Tiere

Wenn irgend möglich, sollten Kühe vor Beginn der Laktation an das AMS gewöhnt werden. Neu hinzukommende Färsen sind, sofern vorhanden, auf mehrere Boxen aufzuteilen. Ande-renfalls verzögert sich der Gewöhnungsprozess und u. U. − so die Erfahrung im Betrieb E – gehen infolge übermäßiger Störungen an einer Box sogar bereits gewöhnte Tiere erneut nicht mehr selbständig zum Melken. Gewöhnung des Personals

Wie die Tiere, hat sich auch das Betreuungspersonal umzustellen. Den übereinstimmenden Erfahrungen der Anwender zufolge, bedarf es einiger Gewöhnung, sich herausgelöst zu sehen

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aus dem eigentlichen Melkprozess und mit hoher Disziplin einen Teil der freigewordenen Zeit in Kontrolltätigkeiten zu investieren. Während der ersten 14 Tage nach Inbetriebnahme des AMS ist eine nahezu durchgängige Aufsicht erforderlich. Einordnung des AMS in den Stall

Für die Einordnung des AMS in den Stall wurden sehr verschiedenartige Lösungen gefunden. Nur in einem der Anwenderbetriebe gelangen die Kühe aus dem Liegebereich in einem ge-lenkten Umtrieb über das AMS zum Futter. In vier Betrieben wird das Prinzip des freien Um-triebs genutzt. Hier können sich die Tiere nach Belieben zwischen Liege- und Fressbereich bewegen, ohne die Melkbox passieren zu müssen. Kühe, die das AMS nicht freiwillig aufge-sucht haben, werden manuell zugeführt. Als hilfreich dafür hat sich erwiesen, wenn ein der Melkbox vorgelagerter Stallbereich zeitweilig als Vorwartehof genutzt werden kann. Im Be-trieb D wird ein weiterer Vorteil eines Vorwartehofes (hier über ein Einwegetor zu erreichen) darin gesehen, dass Kühe, die die Box freiwillig besuchen, Verweigerer anregen, es ihnen gleichzutun. Die maximale Entfernung von einer Melkbox zum Milchtank beträgt ca. 80 m. Auch unter Kaltstallbedingungen hat es bisher keine ernsthaften Probleme mit der Reinigung gegeben. Als im Betrieb E einige Zeit nach Inbetriebnahme der Melkboxen die Keimgehalte der Milch anstiegen, konnte sofort u. a. dadurch Abhilfe geschaffen werden, dass die Spülkreisläufe aller drei Boxen miteinander verbunden wurden. Auslastung der AMS

Zum Zeitpunkt der Erfassung im April d. J. waren die AMS in den Betrieben wie folgt ausge-lastet (Tab. 1):

Tabelle 1: Anzahl Melkboxen und deren Auslastung

Betrieb Art der Angabe A B C D E Anzahl Melkboxen 1 2 1 2 3 Anzahl zugeordneter Kühe

36

135

27

75

I II III 56 60 63

Anzahl Melkungen je Melkbox und Tag * je Kuh und Tag

85 2,4

172 2,5

63 2,3

117 3,1

165 2,8

kg Milch je Melkbox u. Tag 725 1.364 870 1.276 1.469 * Außer Betrieb D (24 Std.) Mittel über 3 x 24 Std.

Die Zahl der je Box maximal zuordenbaren Kühe hängt von ihrer Gewöhnung und Tauglich-keit für das System, ihrer Melkbarkeit und Leistungshöhe ab. Unbedingt sollte „genügend Luft auch für die rangniedrigste Kuh bleiben“ – so die Meinung von einem der Anwender. Gegenwärtig bestehen beachtliche Unterschiede: Im Betrieb B werden bei einer durchschnitt-lichen Auslastung mit 67,5 Kühen je Box 2,5 Gemelke je Kuh und Tag ermolken. Die Auslas-tung der Boxen ist im Tagesverlauf relativ gleichmäßig (Darst. 1). Häufig stehen mehrere Kühe vor der Melkbox in Warteposition. Dagegen ist die Auslastung im Betrieb D mit im Mittel nur 37,5 Kühen je Box wesentlich geringer. Hier werden die Tiere aber durchschnitt-lich 3,1 mal täglich gemolken und trotz der erheblich geringeren Tierzahl je Box lediglich 88 kg Milch weniger ermolken.

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Für die Effektivität ist in erster Linie die Menge der ermolkenen Milch maßgebend. Je Box und Jahr sollten es mindestens 700.000 kg sein. Mit Mengen zwischen etwa 260.000 und 535.000 kg ist der aktuelle Stand in allen Anwenderbetrieben Brandenburgs unzureichend. In der Literatur finden sich zahlreiche Veröffentlichungen, in denen bei Annahme aktueller Prei-se selbst für den Fall einer vollständigen Kapazitätsauslastung eine um etwa 4 Pf je kg Milch höhere Belastung kalkuliert wird als bei Anwendung eines konventionellen Melkstandes. Leistung und Eutergesundheit

Überwiegend wird eine Erhöhung der Milchleistung je Kuh bei gleichzeitig vermindertem Fettgehalt der Milch festgestellt. Das sind Resultate, wie sie auch aus einer Umstellung von zwei- auf dreimaliges Melken erwartet werden. In völliger Übereinstimmung damit steht die im Betrieb C getroffene Feststellung, dass die Leistung von Kühen, die auch nach Umstellung an das AMS nur zweimal gemolken wurden, zurückging − offenbar eine Folge des zusätzli-chen Stresses während der Eingewöhnung. Sehr stark gehen die Auffassungen zum Einfluss des AMS auf Eutergesundheit und den Ge-halt der Milch an Somatischen Zellen auseinander: Im Betrieb E wird der deutliche Rückgang der Zellzahl von ca. 400.000 auf etwa 160.000 bis 230.000 voller Überzeugung dem AMS zugeschrieben. Parallel zur Senkung der Zellzahl ging die Häufigkeit von Euterbehandlungen zurück. Im Betrieb D erreichen Kühe an AMS gleiche Zellzahlen wie die in Melkkarussells gemolkenen. Hier liegt die Zellzahl allerdings in der abgelieferten Milch bei 125.000 – 140.000, in der Herdenmilch (lt. Milchkontrolle) bei 162.000. Auch im Betrieb C wird kein Einfluss des AMS erkannt; die Zellzahlen lagen vor wie nach der Umstellung auf das AMS bei < 100.000. Offenbar führt die Veränderung des Melkverfahrens allein keineswegs zu wei-terer Verbesserung eines bereits vorher erreichten guten Niveaus. Vielmehr bedarf es auch unter Anwendung Automatischer Melksysteme eines straffen Bewirtschaftungsregimes und konsequenter Kontrolle. Das deckt sich weitgehend mit Hinweisen in der Literatur, denen zufolge ansonsten durchaus auch Verschlechterungen eintreten können. Auch zur Praktikabilität der Kontrolle über die elektrische Leitfähigkeit der Milch gehen die Meinungen weit auseinander. Kühe mit beginnender Eutererkrankung werden sicher erfasst. Es werden jedoch häufig auch solche Tiere gemeldet, bei denen keine Eutererkrankung er-kennbar ist.

Darst. 1: Auslastung je Melkbox im Tagesverlauf

0123456789

100 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

Stunde

Anz

ahl d

er G

emel

ke

Betrieb BBetrieb D

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Die einen sehen darin ein ernstes Problem, weil nach ihrer Auffassung dadurch unnötiger Kontrollaufwand verursacht wird. Sie sehen deshalb die Überwachung der Eutergesundheit und Kontrolle der Milchqualität über die elektrische Leitfähigkeit als das „schwächste Glied im AMS“ an. Die anderen hingegen sagen: „Wenn erhöhte Leitfähigkeit signalisiert wird, ist das auch Ernst zu nehmen“. Gefordert wird allerdings, dass das PC-Programm es erlauben sollte, dann die Werte für die betreffende Kuh auch zurückverfolgen zu können. Den prakti-schen Erfahrungen zufolge müssen Änderungen der elektrischen Leitfähigkeit in ihrem Ver-lauf beobachtet und stets im Zusammenhang mit weiteren Informationen (z. B. über Verände-rungen der Milchleistung der jeweiligen Kuh und über Bewirtschaftungsabläufe in der Herde) bewertet werden. „Wichtig ist, dass man seine Kühe kennt und sich aus vielen Daten ein Bild macht“ sagt man im Betrieb D. Funktionssicherheit und Service

Außer der Funktionalität im Betriebszustand selbst entscheidet selbstverständlich die relative Störunanfälligkeit des AMS über Zufriedenheit oder Unzufriedenheit des Anwenders: Im Betrieb B musste innerhalb von 4 Monaten für zwei AMS insgesamt 12 mal der Service in Anspruch genommen werden. Des weiteren traten etwa 3 bis 4 Störungen monatlich auf, die problemlos in Eigenleistung behoben werden konnten. Hier wie auch in anderen Betrieben sind am häufigsten Störungen am Laser gewesen. Im Betrieb D rechnet man, bezogen auf beide Boxen, mit etwa 1 bis 2 Störungen je Monat, zu deren Behebung der Service angefordert werden muss, und mit etwa wöchentlich einer Stö-rung je Box, die in Selbsthilfe beseitigt werden kann. Im Betrieb C sind seit der Inbetrieb-nahme des AMS noch keine Störungen aufgetreten, die das Weiterarbeiten sofort unmöglich gemacht haben, so dass der Ablauf am AMS nicht gestört wurde. Im Betrieb E (3 Boxen) rechnet man mit 2 Servicefällen je Woche. Nach Auskunft der Anwender ist das Servicepersonal in der Regel 11/2 bis 2 Stunden, gele-gentlich aber auch erst nach über 3 Stunden nach Anruf vor Ort. Diesbezüglich erwartet man eine Verbesserung durch weiteren Ausbau des Servicenetzes. In allen Betrieben erkennt man an, dass das Servicepersonal engagiert ist, jedoch kennt man offensichtlich sehr gut auch Un-terschiede im fachlichen Können der Techniker. Übereinstimmend erklären alle Anwender, das Servicepersonal sei zu lange nicht genügend bereit gewesen, sie mehr und mehr zur Selbsthilfe zu befähigen. Erste Äußerungen, das habe sich in jüngerer Zeit grundlegend geän-dert, lassen hoffen. „Es ist doch beispielsweise üblich“, – so einer der Anwender – „dass der Käufer eines Mähdreschers mit dem Kauf zugleich einen Gutschein für eine Schulung bei der DEULA erhält, warum erhält der Käufer eines AMS nicht auch eine Einladung zu einem Grundkurs?“ Grundsätzlich bleibt aber festzustellen, dass es auch Sache des Anwenders ist, seine Forderungen unmissverständlich zu äußern und selbst interessiert zu sein. Sowohl die Arbeit des AMS selbst wie auch die des Servicepersonals hängt vom eigenen Personal ab, so bringt es einer der Anwender auf den Punkt.

Fazit

In Brandenburg haben die ersten Betriebe praktische Erfahrungen mit Automatischen Melk-systemen gesammelt. Gegenwärtig werden ausschließlich Einboxenanlagen einer Firma ein-gesetzt. Die teure Investition wurde in keinem Falle in erster Linie von monetären Erwägun-gen abhängig gemacht. Dennoch gehen die Anwender davon aus, dass sie sich letztlich durch die erwarteten Vorteile bezahlt machen muss. AMS verursachen bei den gegenwärtigen Prei-sen höhere Kosten als herkömmliche Systeme. Durch sinnvolle Auslastung ist die Mehrbelas-tung je kg Milch möglichst gering zu halten. Das System ist insgesamt aus technischer Sicht für eine praktische Anwendung geeignet.

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Weitere Verbesserungen sind besonders im Hinblick auf die Beurteilung der Verkehrsfähig-keit der Milch und auf die Erkennung von Eutergesundheitsstörungen erforderlich. Zwischen den Betrieben sind erhebliche Unterschiede bei der Beherrschung der Technik festzustellen. Mehr Aufmerksamkeit verdient die praktische Schulung der Anwender vor Einführung sol-cher Systeme.

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1.2 Wann erobern Melkroboter Amerika? J. Trilk: Neue Landwirtschaft, Berlin 12 (2001) 2. S. 64 - 68 Im März fand in Toronto eine internationale Konferenz zur Anwendung Automatischer Melk-systeme statt. Organisatoren waren das Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung der Provinz Ontario, die Universität Guelph sowie verschiedene Organisationen der Milchvieh-zucht und Milchproduktion. Zu den mehr als 300 Teilnehmern aus 21 Ländern gehörte auch Dr. Jürgen Trilk vom Landesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft Brandenburg. Er hat seine Eindrücke für NL zusammengefasst. Während die praktische Einführung von Melkrobotern (Automatische Melksysteme, AMS) in Europa zum Ende des letzten Jahrzehntes rasche Fortschritte machte, ist der Einsatz dieser Technik in den USA und Kanada bislang eher selten. Von den weltweit etwa 1.100 Betrieben mit AMS befinden sich nach aktuellem Stand nur 6 in den Vereinigten Staaten und 35 in Ka-nada, über 90 % dagegen in Mittel- und Nordwesteuropa, vor allem in den Niederlanden, Deutschland und Dänemark. Die Gründe dafür sind vor allem in den unterschiedlichen Be-triebsstrukturen und in den deutlich differierenden Kosten der Arbeitserledigungen zwischen Europa und Nordamerika zu suchen. Die Organisatoren des Kongresses sehen aber gute Gründe, die den Einsatz der modernen Technik auch in Nordamerika zukünftig erwarten las-sen. Nicht zufällig wurde die Konferenz in der Provinz Ontario abgehalten. Hier arbeitet seit 1999 der erste auf dem amerikanischen Kontinent installierte Roboter. Die in der Region überwie-gend vorhandenen Familienfarmen mittlerer Größe kommen bei weiterem Wachstum an die Grenzen der Arbeitskapazität. Dabei soll aus Kostengründen der Einsatz von Fremdarbeits-kräften nach Möglichkeit vermieden werden. Aber auch der Wunsch nach flexibleren Ar-beitszeiten und Arbeitserleichterungen sowie nach verbesserter Lebensqualität spielt vor al-lem bei der jüngeren Farmergeneration eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung, zu au-tomatischen Melkverfahren überzugehen. Darüber hinaus sind in den vergangenen Jahren eine Vielzahl holländischer Milchbauern nach Kanada eingewandert. Sie bringen Kenntnisse über Melkroboter mit. Der differenzierte Stand in der Anwendung von Melkrobotern spiegelte sich auch im Ta-gungsprogramm wider. Von den insgesamt 41 Vorträgen wurden mehr als die Hälfte von Re-ferenten aus den Niederlanden und Deutschland gehalten. Auch die Erfahrungen und Unter-suchungsergebnisse aus der Anwendung der Robotertechnik in der Region Brandenburg (Ver-suchsgut Groß Kreutz) wurden dem internationalen Auditorium durch Beiträge aus dem Lan-desamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft Groß Kreutz sowie der Humboldt-Universität Berlin vorgestellt. Einsparungen beim Stallbau möglich Ein wichtiger Problemkreis beim Einsatz von Melkrobotern ist der Kuhverkehr. Dem freien Kuhverkehr mit freiwilligem Zugang zur Melkbox und generellem Zugang zum Futtertisch steht der geregelte Kuhverkehr mit gelenktem Zugang zum Futtertisch über die Melkbox ge-genüber. Im ersten Fall müssen allerdings etwa 10 bis 15 % der Kühe zum Melken gebracht werden, da das freiwillige Aufsuchen nicht häufig genug erfolgt. International sind keine Un-terschiede in der „Faulheit“ oder der „Lauffreude“ der Kühe festzustellen. Ein geregelter Kuhverkehr dagegen lässt eher die angestrebten Melkfrequenzen von durchschnittlich ca. 2,7 Melkungen je Kuh und Tag bei gleicher Kapazitätsauslastung erwarten und spart die zum

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Zutrieb notwendige Arbeitszeit.

Dagegen besteht kein ständiger freier Zugang zum Futtertisch, was besonders für Hochleis-tungstiere bzw. Frischlaktierende problematisch sein kann. Als zweckmäßigste Variante wird der selektiv geregelte Umtrieb empfohlen, bei dem Kühe über zusätzliche Selektionstore Zu-gang zum Futtertisch erhalten. In der Diskussion über die Anordnung der Funktionsbereiche und die Innengestaltung von Ställen wurde ein Simulationsmodell für den Stallbau vorgestellt, dass die betrieblichen Vor-aussetzungen und Ansprüche jeweils berücksichtigt. Eine Optimalvariante gibt es nicht. Bei der Ermittlung der Vorzugslösung sollten

• vorhandene Einrichtungen zur Milchkühlung, -lagerung und Fütterung, • aktueller und zukünftiger Bedarf an Melkkapazität, • Minimierung der Baukosten, • betriebliche Managementpraktiken und • Optionen für Stallerweiterungen

berücksichtigt werden. Untersuchungen in einem Versuchsbetrieb mit einer Mehrboxenanlage in Deutschland ergaben, dass bei Beachtung des vergleichsweise einheitlichen Verhaltens der Kühe über den Tag Einsparungen im Stallbau möglich sind. So werden der Liege- und Fütte-rungsbereich bei selektiv geregeltem Kuhverkehr täglich etwa in gleicher Intensität rund um die Uhr genutzt. Damit kann die Anzahl an Futter- und Liegeplätzen auf ein angepasstes Ni-veau reduziert werden, ohne dass das Wohlbefinden der Tiere oder ihre Leistung beeinträch-tigt werden. Keine negativen Auswirkungen auf die Eutergesundheit Der Einfluss Automatischer Melksysteme auf die Eutergesundheit der Herden und damit auf Parameter der Milchqualität wurde in der Vergangenheit durchaus kontrovers diskutiert. Nunmehr liegen dazu umfangreichere Analysen und exakte Versuchsergebnisse vor. Generell lassen sich keine negativen Auswirkungen des Robotermelkens auf die Eutergesundheit fest-stellen. Praxiserhebungen in mehreren Ländern stellen relativ übereinstimmend Veränderun-gen in der Tankmilchqualität nach AMS-Einführung fest. So erhöhen sich die Gesamtkeim-zahlen und die Zahl an somatischen Zellen. Diese Veränderungen bleiben in der Regel auf die ersten Monate der Nutzung der Melkroboter beschränkt und normalisieren sich dann auf das vorherige Niveau. Im Hinblick auf die Milchqualität sind die Veränderungen vergleichsweise gering und bewegen sich deutlich unterhalb des Limits der in Europa geltenden Milchgüte-verordnung. Die Ursachen für erhöhte Keim- und Zellzahlen werden in den begrenzten Möglichkeiten der Eigenkontrolle des Systems, z.B. bei Euterreinigung sowie Reinigung und Desinfektion, ge-sehen. Außerdem spielen neben den Unterschieden im Management auch die Anpassung der Herdenmanager an ein verändertes Aufgabenspektrum und neue Kontrollaufgaben im Be-stand eine entscheidende Rolle. Günstige Prognosen zur Verbreitung von Melkrobotern Die Kalkulationen zum wirtschaftlichen Einsatz decken sich weit gehend mit den Diskussio-nen unter den ökonomischen Verhältnissen Europas. Dabei ist ein Einsatz von Melkrobotern eher in kleineren Herden (60 bis 120 Kühe) mit höheren Arbeitskosten bzw. begrenzter Ar-beitskapazität zu befürworten.

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Entscheidende Aspekte sind u.a. die Verwertung der durch das Automatische Melken frei-werdenden Arbeitszeit sowie die Lebensdauer der Melkroboter im Vergleich zu konventionel-len Melkständen. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass bei jüngeren Be-triebsleitern eine deutlich größere Bereitschaft besteht, in die Robotertechnik zu investieren. Ungeachtet der durchaus differierenden Kosten-Erlös-Relationen in den verschiedenen Regi-onen mit intensiver Milcherzeugung in der Welt wurden günstige Prognosen zur Verbreitung von Melkrobotern gestellt. Gründe dafür werden im zunehmenden Verbraucherinteresse an den Produktionsprozessen zur Lebensmittelerzeugung sowie den Ansprüchen der Öffentlich-keit an die Lebensmittelsicherheit, die Berücksichtigung des Umweltschutzes bei der Produk-tion und auch in zunehmender Tiergerechtheit der Haltungs- und Produktionsprozesse gese-hen. Diesen Erwartungen wird mit dem Melkroboter weit gehend entsprochen. Darüber hin-aus ist aufgrund der allgemein geringen Gewinnmarge ein erheblicher Zwang zur Rationali-sierung vorhanden. Die Arbeitsproduktivität kann mit AMS deutlich verbessert werden. Wichtig für die zukünftige Akzeptanz dieser Produktionstechnik ist, dass es bei Melkrobotern nicht nur um die Einführung neuer Melktechnik geht. Es wird eine grundsätzlich neue Pro-duktionsweise praktiziert, die ein verändertes Management voraussetzt, die aber zugleich neue Möglichkeiten der Produktionskontrolle und –steuerung eröffnet. Außerdem bietet sie die Chance, dass die nächste Generation der Milchbauern eine deutlich verbesserte Arbeits- und Lebensqualität erleben kann. Traditionsbewusstsein über Generationen Einen Eindruck von der kanadischen Landwirtschaft konnten die Tagungsteilnehmer bei der Besichtigung mehrerer Milchviehfarmen gewinnen. Ontario gehört mit einem Anteil von 33,6 % des gesamten kanadischen Kuhbestandes zu den Kernprovinzen der Milcherzeugung. Die mittlere Jahresleistung pro Kuh liegt bei 8.200 kg, das Erstkalbealter beträgt knapp 27 Monate und die Reproduktionsrate liegt bei etwa 32 %. Es dominieren Familienbetriebe mit einem mittleren Kuhbestand von 60 Tieren. Auch in Kanada existiert ein Milchquotensys-tem wie in der Europäischen Union, allerdings besteht hier die Möglichkeit einer Zusatzquote. Diese Menge muss vertraglich gebunden werden und wird zu freien Marktpreisen veräußert. In Ontario beträgt dieser Anteil etwa 5 % der Erzeugung. Die Rentabilität des Zweiges ist mit den Ergebnissen erfolgreicher Milchviehbetriebe in Europa vergleichbar. Als durchschnittli-ches Ergebnis werden 9,02 € je Arbeitskraftstunde angegeben. Der Nettomilchpreis liegt bei umgerechnet 0,41 €/kg. Davon sind Kosten für Transport, Absatz/Werbung, Verwaltung so-wie Forschung und Leistungsprüfung bereits abgezogen. Als durchschnittliche Produktions-kosten werden 0,11 €/kg Direktkosten, 0,07 €/kg Futterkosten sowie 0,11 €/kg Allgemein- und Festkosten angegeben. Kälber und Altkuherlöse liegen bei unter einem Eurocent je kg. Die besichtigten Farmen hatten Bestände zwischen 65 und 320 Kühen und wurden durchweg als Familienbetriebe bewirtschaftet. Einzelne Lohnarbeitskräfte sind auf den Betrieben die Ausnahme. Die kanadischen Farmer haben ein ausgeprägtes Traditionsbewusstsein und sind besonders stolz auf eine Betriebsentwicklung über mehrere Generationen. Ihre Ackerflächen werden fast ausschließlich für den Futteranbau genutzt. Dabei dominieren Mais- und Luzer-neanbau. Einzelner Marktfruchtbau beschränkt sich auf Ölfrüchte und Gemüse. Grünland stand generell nicht zur Verfügung. Bei allen Farmen war im letzten Jahrzehnt der Kuhstall neu- oder umgebaut worden. Neben der Betriebsaufstockungen waren vor allem die Rationalisierung der Arbeit und verbesserter Kuhkomfort für die Entscheidung maßgebend. Stallbau und Aufstallungsvarianten entspre-chen dabei weit gehend den Empfehlungen, wie sie auch für Deutschland getroffen werden.

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Trotz des eher kontinentalen Klimas in dieser Region (Wintertemperaturen bis – 25 °C) ü-berwiegen Kaltstallvarianten ohne feste Seitenwände. Windschutz wird durch flexible Rollos (Curtains) gewährt. Ungewöhnlich für den deutschen Milchviehhalter ist das häufig im Stall anzutreffende Gefälle. Das betrifft sowohl die Vorwartehöfe mit einer Schräge von bis zu 7 %, als auch das leicht geneigte Stallprofil. Unabhängig von der Art der Beräumung von planbefestigten Laufflächen sorgt das Gefälle für trockene Laufgänge. Mit der Tagung konnten der wissenschaftliche Vorlauf und die umfangreichen praktischen Erfahrungen bei der Anwendung von AMS in Europa für Wissenschaft und Beratung in Ka-nada erschlossen und ein breites Nutzerinteresse geweckt werden.

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1.3 Stand der Anwendung und internationale Forschung zu Automatischen Melksystemen

J. Trilk: Aktuelle Beiträge zur Landwirtschaft, Schriftenreihe der LVL Brandenburg Band IV 2002, S. 26 – 34 Automatische Melksysteme (AMS) oder Melkroboter sind zweifellos die aktuell innovativste technische Anwendung, die in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung praktisch genutzt wird. Seit dem ersten Einsatz in einem kommerziellen Betrieb in den Niederlanden 1992 hat die Verbreitung besonders in den letzten 3 Jahren weltweit erheblich zugenommen.

Abb. 1: Weltweite Zahl von Betrieben mit Automatischen Melksystemen (de KONING et. al., 2002)

Allerdings befinden sich über 90 % der mehr als 1.100 Betriebe mit AMS in Mittel- und Nordwesteuropa, insbesondere in den Niederlanden, Deutschland und Dänemark. Welche Dynamik die Einführung dieser neuen Techniken in einzelnen Regionen besitzen kann, zeigt das Beispiel Schweden. Hier wurde im Jahre 2001 bereits jeder zweite Kuhstallneubau mit Melkrobotern ausgerüstet. Dagegen ist die Verbreitung in Nordamerika mit 35 Betrieben in Kanada und 6 in den Vereinigten Staaten vergleichsweise gering. Im Land Brandenburg gibt es gegenwärtig 7 Betriebe, die AMS nutzen. Vor allem in den grö-ßeren Betrieben Ostdeutschlands stagniert das anfänglich beachtliche Interesse an Automati-scher Melktechnik. Die Gründe dafür dürften in erster Linie in der bislang noch ungenügen-den Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu konventionellen Melkständen gesehen werden. So geben BOLL (2000) und STOCKINGER (1998) Mehrkosten von 2 bis 3 Cent je kg Milch für deutsche Produktionsverhältnisse an. Auswertungen bei italienischen Milcherzeugern (SAN-GIORGI, 2002) ergeben ebenfalls Mehraufwendungen von bis zu 5 Cent je kg Milch und für die Erzeugung in den USA macht REINEMANN (2002) Angaben von 350 Dollar Zusatzkos-ten je Kuh und Jahr bei Milchgewinnung über AMS. Die Wirtschaftlichkeit wird dabei maßgeblich von der Einsparung an Arbeitszeit beeinflusst. Eigene Analysen (TRILK und ZUBE, 2002) ergeben mögliche Reduzierungen von 35 bis 56 % des Zeitaufwandes für das Melken, was einer jährlichen Arbeitszeiteinsparung je Kuh zwischen 4,4 und 10,7 Stunden entspricht.

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1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001

Anz

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etrie

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Dabei ist zweifellos eine erhebliche Variation in Abhängigkeit vom betrieblichen Manage-ment festzustellen. In Praxisbeobachtungen wurde z.T. auch ein erhöhter Arbeitsaufwand ge-genüber konventioneller Melktechnik festgestellt. Neben möglichen wirtschaftlichen Nachteilen sind Fragen der Funktionalität und technischen Sicherheit ein wichtiger Aspekt für die Entscheidung, Automatische Milchgewinnungssyste-me im Praxisbetrieb zu nutzen. Da bereits alle international relevanten Melktechnikhersteller AMS anbieten, sind erhebliche Unterschiede in der Anwendersicherheit und Anwendungs-qualität festzustellen. Die Anbieterfirmen besitzen sehr differenzierte Erfahrungen in der An-wendung dieser Technik. Aus den diskutierten Sachverhalten lassen sich für den aktuellen Einsatz von Melkrobotern geeignete Rahmenbedingungen ableiten:

- hohe Arbeitskosten, - begrenzte Arbeitskapazitäten, - höhere soziale Ansprüche an Arbeits- und Lebensverhältnisse, - stabile Erzeugerpreise für Milch, - moderate Strukturveränderungen der Betriebe, - steuerliche Vorteile von Investitionen. Damit bestehen vor allem für Familienbetriebe in Mitteleuropa Voraussetzungen, die den Ein-satz von AMS fördern. Andererseits kann davon ausgegangen werden, dass bei steigenden Arbeitskosten in Nord-amerika (REINEMANN, 2002) und zunehmendem Mangel an qualifizierten und motivierten Arbeitskräften in großen Beständen Ostdeutschlands eine Nachfrageerhöhung auch in diesen Regionen zu erwarten ist. Darüber hinaus werden die mit der Einführung von AMS entwi-ckelten speziellen technischen Verfahren im Melkprozess (z.B. das automatische Ansetzen des Melkzeuges, die technische Feststellung von Rohmilchveränderungen oder Eutererkran-kungen etc.) ebenso in konventionellen Melkständen eingesetzt werden (de KONING et. al., 2002, van´t LAND, 2002). Im Vergleich zum technischen Stand Automatischer Melksysteme ist die Klärung tangieren-der fachlicher Fragen bislang unbefriedigend gelöst. So sind mit der Einführung von Melkro-botern erhebliche Veränderungen des Herdenmanagements in der Milchviehhaltung verbun-den. Das betrifft die Art und Organisation der Arbeit, die Zwischenmelkzeiten der Kühe, die Reinigungsverfahren und Hygienebewertung sowie viele andere Dinge (MEIJERING, et.al., 2002). Zur Schaffung des notwendigen wissenschaftlichen Vorlaufes für eine praktisch ver-breitete Anwendung von AMS wurde seitens der Europäischen Union ein integriertes For-schungsprojekt unter dem Titel – Auswertungen der Anwendung von Automatischen Melk-systemen in Milchviehbetrieben – initiiert. An diesem Projekt sind 7 Forschungseinrichtungen aus 6 europäischen Ländern und 6 Herstellerfirmen von Melkrobotern beteiligt. Die Untersuchungsschwerpunkte des komplexen Projektes sind:

- Sozio-ökonomische Aspekte, - Öffentliche Akzeptanz, - Definition und Feststellung akzeptabler Milchqualität, - Milchqualität, - Vermeidung antibiotischer Rückstände, - Wirkung automatischer Euterreinigung und des Hygienemanagements, - Optimale Reinigung der Ausrüstung, - Gesundheit der Milchkühe,

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- Bewertung des Wohlbefindens der Kuh, - Weidehaltung, - Anforderungen und Möglichkeiten zur Unterstützung des Herdenmanagements. Die abschließenden Ergebnisse zu diesen Untersuchungsthemen sollen Ende 2003 vorgelegt werden. Im nachfolgenden werden einige ausgewählte Schwerpunkte bei der Anwendung von Automatischen Melksystemen speziell diskutiert. Milchqualität und Eutergesundheit Die Einhaltung von Milchqualitätsparametern entsprechend der Milchgüteverordnung sowie die Aufrechterhaltung einer hohen Eutergesundheit sind unabweisbare Voraussetzungen für die praktische Verwendung von Melkrobotern. Zur Veränderung entsprechender Merkmale sowie zum Vergleich der Entwicklung von Qualitätsparametern der Rohmilch, die mittels AMS gewonnen wurde im Vergleich zur konventionellen Melktechnik, führten van der VORST and de KONING (2002) Erhebungen in 394 Betrieben aus Deutschland, Dänemark und den Niederlanden durch. Die Ergebnisse in allen drei Ländern waren vergleichbar. Bei-spielhaft sind die ermittelten Daten aus den Niederlanden in Tabelle 1 dargestellt. Tabelle 1: Einfluss des Melkverfahrens auf Parameter der Milchqualität in den

Niederlanden (van der VORST and de KONING, 2002) Melkverfahren Betriebe n Keimzahl

(K/ml) sZZ

(Z/ml) Gefrierpunkt

(°C) FFA (mMol

je 100 g Fett)

konventionell (2 x täglich) 295 7.000 176.000 - 0,521 0,44 konventionell (3 x täglich) 40 8.000 184.000 - 0,522 0,56 AMS vorher 262 7.000 170.000 - 0,522a - 0,39a AMS nachher 262 13.000 204.000 - 0,517b - 0,57b

Es wird ersichtlich, dass es nach Einführung von Automatischen Melksystemen im Vergleich zum vorherigen Zustand in den Betrieben und zu anderen konventionell melkenden Herden zu einer leichten Verschlechterung in den Parametern Keimzahl, somatische Zellzahl und Ge-frierpunkt kommt. Eine Erfassung der flüchtigen Fettsäuren, die gegenwärtig kein nachweispflichtiges Güte-merkmal darstellen, zeigte eine statistisch feststellbare Erhöhung und damit eine ungünstige Tendenz. Die entscheidenden Kriterien der Keim- und Zellzahl blieben im Durchschnitt der ausgewerteten Betriebe trotz des leichten Anstieges wesentlich unter den gültigen Obergren-zen von 100.000 Keimen/ml bzw. 400.000 Zellen/ml. Die Untersuchungsansteller ermittelten, dass in der Regel eine Angleichung der Rohmilchqualität in den Betrieben etwa 12 Monate nach Einführung von AMS an das Ausgangsniveau erfolgt. Die überragende Bedeutung des einzelbetrieblichen Managements wird durch die Tatsache bestätigt, dass 56 % der auftreten-den Variation der Zellzahl auf die Unterschiede zwischen den Betrieben zurückzuführen ist. Die in der internationalen Analyse ermittelten Sachverhalte bestätigen sich auch anhand der Ergebnisse im Versuchsgut Groß Kreutz (Abb. 2). Beim Übergang zum ausschließlichen Melken mittels AMS ab Oktober 1999 zeigte sich eine deutlich steigende Tendenz im Gehalt an somatischen Zellen über einen Zeitraum von über 9 Monaten. Das absolute Niveau der Zellzahl war allerdings aufgrund sehr günstiger hygieni-scher Stallverhältnisse durch einen Kuhstallneubau sowie einer selektiven Vorauswahl der genutzten Tiere sehr gering und deutlich niedriger als im davor liegenden Zeitraum.

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Die langfristige Tendenz im Versuchsbestand geht aus Abb. 3 hervor. Die dargestellten Varia-tionsgrenzen geben die monatlichen Schwankungen im jeweiligen Jahr wieder.

80

120

160

200

240

280

320

360D

ez 9

8

Jan

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Feb

99

Mrz

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Mai

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Jun

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Jul 9

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Aug

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Sep

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Okt

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Nov

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Dez

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Jan

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Feb

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Mrz

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Apr

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Mai

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Jun

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sZZ (1000/ml)

Abbildung 2.: Entwicklung des Tankmilchzellgehaltes der Herde Groß Kreutz beim Übergang zum Robotermelken

Abbildung 3.: Entwicklung des Tankmilchzellgehaltes der Herde Groß Kreutz Bereits im ersten Jahr nach vollständigem Übergang zur alleinigen Milchgewinnung mittels Automatischem Melksystem wurden gegenüber den Vorjahren geringere Zellzahlwerte in der Rohmilch erreicht. Diese Tendenz setzte sich bis in das Jahr 2002 fort. Natürlich sind für die Qualitätsparameter neben der Melktechnik weitere Faktoren wie Herdenmanagement, Stall-hygiene, Selektion und Reproduktion des Bestandes von erheblicher Bedeutung.

281

193179 188

124

213

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100

150

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300

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450

500

1997 1998 1999 2000 2001 2002

sZZ (1000/ml)

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Die gezeigte Entwicklung unterstreicht aber die Auffassung von van der VORST and de KO-NING (2002), dass auch mit AMS vergleichbare Hygiene- und Qualitätsparameter der Milch wie beim konventionellen Melken erreicht werden können. Den Ursachen von Rohmilchveränderungen und ihre möglichen Zusammenhänge mit einer verschlechterten Eutergesundheit gingen HAMANN und REINECKE (2002) in einer exakten Untersuchung nach. Die Entwicklung detaillierter Parameter der Eutergesundheit von jeweils 40 Kühen bei automatischem bzw. konventionellem Milchentzug wurde über einen Zeitraum von 6 Monaten untersucht. Die Veränderungen der Merkmale gegenüber der Situation vor Einführung von AMS sind in Tabelle 2 dargestellt. Tabelle 2: Trend der Eutergesundheit bei automatisch und konventionell

gemolkenen Kuhgruppen (HAMANN und REINECKE, 2002)

Periode (Mon.) - 3 bis - 1 0 bis 7 Diagnose Gruppe Anteil Tiere

(%) Anteil Tiere

(%) normale Sekretion sZZ < 100 Tsd. BU negativ

AMS konv.

32,17 39,19

46,85 28,05

latente Infektion sZZ < 100 Tsd. BU positiv

AMS konv.

30,87 24,87

14,71 14,37

unspez. Mastitis sZZ < 100 Tsd. BU negativ

AMS konv.

18,74 12,81

22,87 28,57

Mastitis sZZ < 100 Tsd. BU positiv

AMS konv.

18,21 23,13

15,57 29,07

Bei den wesentlichen Parametern wie Anteil von Tieren mit normaler Sekretion, latente In-fektion und Mastitis tritt eine tendenzielle Verbesserung nach Einführung des AMS-Melkens ein. Ausschließlich beim Anteil von Tieren mit unspezifischer Mastitis ist eine geringfügig ungünstigere Entwicklung zu registrieren. Die Entwicklung der konventionell gemolkenen Gruppe stellt sich insgesamt deutlich ungünstiger dar, sowohl was den Verlauf des Euterge-sundheitsgeschehens im Versuch, als auch die Entwicklung zur AMS-Gruppe betrifft. Aller-dings sind die dargestellten Differenzen im Versuchsablauf und im Vergleich von AMS und konventioneller Gruppe statistisch nicht nachweisbar und somit als Tendenz zu betrachten. Die Autoren bewerten die Ergebnisse als Beleg, dass Automatische Melkverfahren das Risiko von Eutererkrankungen nicht erhöhen, sondern durchaus zu einer Verbesserung beitragen können. Mögliche Ursachen für Mastitiden werden in den gleichen Faktoren gesehen, wie bei herkömmlichen Melkverfahren. Die auch oben demonstrierte Erhöhung der Zellzahlen (un-spezifische Mastitis) wird von den Autoren primär auf physiologische Gründe wie die erhöhte Melkfrequenz und die damit verbundenen verkürzten Zwischenmelkzeiten zurückgeführt. Gestaltung des Kuhverkehrs und Kapazitätsausnutzung Die Gestaltung des Kuhverkehrs (Zugangsmöglichkeiten der Kühe zum Futtertisch ohne Re-striktionen oder als geregelter Umtrieb über die Melkeinrichtung) ist für die Bewirtschaftung der Milchkuhherde bei Nutzung von AMS von besonderer Bedeutung.

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Damit werden Faktoren wie erreichte Melkfrequenz (angestrebt > 2,5), notwendiger Aufwand zum Zutrieb von Kühen zur Melkeinrichtung sowie Häufigkeit der Futteraufnahme der Tiere beeinflusst. Untersuchungen dieser Problematik wurden von HARMS et.al (2002) vorgestellt. Die Ergebnisse sind der Abbildung 4 zu entnehmen.

Abbildung 4: Melkfrequenz, zusätzliche Passagen des AMS und notwendiger Zutrieb von Kühen bei unterschiedlicher Form des Kuhverkehrs (HARMS et al., 2002)

Die Daten wurden an einem Fleckviehbestand von 50 Tieren erhoben, die mittels einer Ein-boxenanlage eines AMS gemolken wurden. Als dritte Variante wurde die Form des selektiv geregelten Umtriebs (geregelter Verkehr mit zusätzlichen Selektionstoren zum Futtertisch) in den Variantenvergleich einbezogen. Es zeigt sich deutlich, dass geregelte und selektiv gere-gelte Umtriebsformen Vorteile für die Höhe der Melkfrequenzen bedeuten können, sehr deut-lich aber auch die Zahl der notwendig manuell zuzutreibenden Kühe reduzieren. Dieser Tat-bestand geht ebenso aus den Erhebungen an 2 Varianten des Umtriebes im Versuchsgut Groß Kreutz hervor (Tabelle 3). Hier sind die Kühe ermittelt, die mindestens 12 Stunden die Melk-box nicht freiwillig aufsuchten. Tabelle 3: Notwendiger Zutrieb von Kühen zum AMS im Versuchsgut Groß

Kreutz (Juni 2000 bis September 2002)

freier Kuhverkehr geregelter Kuhverkehr n Kühe % der gemolkenen n Kühe % der gemolkenen

6 11,2 2 4,0 Die besonderen Vorzüge eines freien Zugangs zum Futtertisch lassen sich aus schwedischen Untersuchungen von THUNE et. al., 2002, an einer Hochleistungsherde ableiten (Tab. 4). Tabelle 4: Einfluss des Kuhverkehrs auf die Melkfrequenz und die Anzahl der Fressperioden (THUNE et. al., 2002)

Kuhverkehr Melkfrequenz Fressperioden

frei 1,98 12,07 gelenkt 2,56 3,86 selektiv gelenkt 2,39 6,46

2,63

1,44

2,29

0,61

2,56

0,71

Melkfrequenz Zusatzpassagen

frei gelenkt selektiv gelenkt

15,2

3,8 4,3

Anzahl Zutriebe pro Tag

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Tabelle 4 zeigt, dass die Anzahl der Fressperioden und damit die Möglichkeit der Futterauf-nahme sich bei gelenkten Umtriebsvarianten gegenüber freiem Zugang zum Futtertisch deut-lich reduzieren und auf die Hälfte bis ein Drittel zurückgehen. Damit stellt der freie Umtrieb in dieser Frage die günstigste Variante dar. Welche Auswirkungen die Reduzierung der An-zahl Fressperioden bei geregelten Umtriebsvarianten allerdings tatsächlich auf die Höhe der Futteraufnahme hat, lässt sich abschließend noch nicht feststellen. Neben dem Umtriebsverfahren besitzt auch die Anzahl der gemolkenen Kühe je Melkeinheit für die Melkfrequenz eine erhebliche Bedeutung. Das lässt sich anhand der Entwicklung im Versuchsgut Groß Kreutz illustrieren (Abb. 5).

Abbildung 5: Zusammenhang zwischen Melkfrequenz und der Anzahl melkender Kühe im Versuchsgut Groß Kreutz (2 Einboxenanlagen)

Abb. 5 zeigt, dass höhere Melkfrequenzen von 2,7 je Kuh und Tag, die in der Regel für eine Leistungssteigerung erforderlich sind, erst bei weniger als 55 Tieren je Melkeinheit erreicht werden. Damit sind aber die häufig von Herstellern und Beratern genannten 60 Tiere pro Melkbox nur umsetzbar, wenn die Melkfrequenz mit einem Wert von 2 bis 2,5 akzeptiert wird. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht werden Jahresmilchmengen bei Einboxenanlagen von mindestens 600.000 kg gefordert. Bei 60 melkenden Kühen (ca. 66 Kühe in der Herde) ist dazu ein Melkschnitt von über 27 kg je Tag notwendig. Bei 55 melkenden (ca. 61 Kühe im Bestand) müssen Tagesleistungen von mindestens 30 kg erreicht werden. Diese Zahlen de-monstrieren, dass das Milchleistungsniveau der Herde und damit die Nutzung von Leistungs-reserven (erhöhte Melkfrequenz) wirtschaftlich eine hohe Relevanz besitzen. Bei der aktuellen Leistungsentwicklung in vielen Herden wird der genannte Melkschnitt be-reits erreicht. Die Realisierung der aus betriebswirtschaftlicher Sicht notwendigen Jahreska-pazität gestaltet sich allerdings bislang in der Mehrzahl der Bestände mit AMS noch proble-matisch, da eine Kombination der angestrebten Kuhzahl je Melkbox mit hoher Melkfrequenz und erforderlichem Melkdurchschnitt besondere Anforderungen an die Herdenführung stellt. Fazit

Automatische Melksysteme sind heute eine für den Praxiseinsatz taugliche Technik. Zwi-schen den Herstellerfirmen und Technologiesystemen bestehen noch deutliche Unterschiede in der Funktionalität und Einsatzsicherheit. Für den Übergang zum Massenprodukt sind wei-tere Entwicklungen bezüglich:

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100

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Feb

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Okt

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Feb

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Jun

02

Anzahl Melkende

1,501,701,902,102,302,502,702,903,10

Melkfrequenz

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- verbesserte Wirtschaftlichkeit, - höhere Einsatzsicherheit, - einheitliche Rechtsnormierung zum Einsatz im Vergleich zu konventioneller Melktechnik, - verlässliche Kontrollmechanismen zur Qualitätsbewertung der Rohmilch, - Erarbeitung von Managementstrategien bei differenzierten Einsatzbedingungen, - Vorbereitung und Qualifikation potentieller Anwender erforderlich. Bei der Anwendung sind sehr unterschiedliche Prioritäten zwischen Familien- und Lohnar-beitsbetrieben feststellbar. Dabei sind unter den Strukturen Brandenburger Milcherzeuger vor allem Verbesserungen der Wirtschaftlichkeit und Einsatzsicherheit für die weitere Verbrei-tung von Relevanz. Literatur: Boll, E.: Melkroboter für 70-Kuh-Bestände – Ökonomische Bewertung verschiedener Melk-systeme; Bauernblatt S-H und Hamburg, H 12 (2000), S. 44 - 45 Hamann, J. and Reinecke, F.: MACHINE MILKING EFFECTS ON UDDER HEALTH – COMPARISON OF A CONVENTIONAL WITH A ROBOTIC MILKING SYSTEM; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, 2002, March 20 – 22, S. IV-17 bis IV-27 Harms, J., Wendl, G. and Schön, H.: INFLUENCE OF COW TRAFFIC ON MILKING AND ANIMAL BEHAVIOUR IN A ROBOTIC MILKING SYSTEM; The First North A-merican Conference On Robotic Milking, Toronto, 2002, March 20 – 22, S. II-8 bis II-14, de Koning, K., van der Vorst, Y. and Meijering, A.: AUTOMATIC MILKING EXPERI-ENCE AND DEVELOPMENT IN EUROPE; The First North American Conference On Ro-botic Milking, Toronto, 2002, March 20 - 22 S. I-1 bis I-11 van´t Land, A.: GLOBAL ACCEPTATION OF ROBOTIC MILKING SYSTEMS; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, 2002, March 20 – 22, S. I-12 bis I-14 Meijering, A., van der Vorst, Y. and de Koning, K.: IMPLICATIONS OF THE INTRO-DUCTION OF AUTOMATIC MILKING ON DAIRY FARMS AN EXTENDED INTE-GRATED EU PROJECT; The First North American Conference On Robotic Milking, To-ronto, 2002, March 20 – 22, S. I-29 bis I-38 Reinemann, D.J.: EVOLUTION OF AUTOMATED MILKING IN THE USA; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, 2002, March 20 – 22, S. I-15 bis I-19 Sangiorgi, F.: ROBOTIC MILKING IN ITALY : TECHNICAL AND ECONOMICAL CONSIDERATIONS; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, 2002, March 20 – 22, S. VI-66 bis VI-69 Stockinger, Ch.: Melkstand oder Roboter?; DLG-Mitteilungen 1/1998, S. 30 - 34 Thune, R.∅., Berggren, A.M., Gravas, L. and Wiktorsson, H.: BARN LAYOUT AND COW TRAFFIC TO OPTIMISE THE CAPACITY OF AN AUTOMATIC MILKING SYS-TEM; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, 2002, March 20 – 22, S. II-45 bis II-50 Trilk, J. and Zube, P.: THE USE OF AUTOMATIC MILKING SYSTEMS (AMS) TO SAVE OPERATING TIME; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, 2002, March 20 – 22, S. VI-60 bis VI-62 van der Vorst, Y. and de Koning, K.: AUTOMATIC MILKING SYSTEMS AND MILK QUALITY IN THREE EUROPEAN COUNTRIES; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, 2002, March 20 – 22, S. V-1 bis V-12

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2. Managementverfahren 2.1 Untersuchungen zum Management bei Anwendung automatischer Melksysteme J. Trilk, P. Zube, D. May: Aktuelle Beiträge zur Landwirtschaft, Schriftenreihe der LVL Brandenburg Band V 2000, S. 37 - 45 Problemstellung

Die Entwicklung Automatischer Melksysteme (AMS) war mit großen Erwartungen von Milchviehhaltern verbunden, einen der anspruchvollsten und zugleich der belastendsten Ar-beitsgänge in der Landwirtschaft deutlich zu vereinfachen oder vollständig von einem techni-schen System erledigen zu lassen. Die technische Entwicklung in den 90er Jahren erreichte einen Stand, der einen praktischen Einsatz ermöglichte. Seitdem finden zunehmend AMS Anwendung in kommerziellen Milchviehbetrieben. Dennoch bedarf es im Detail weiterhin der Lösung einer ganzen Reihe von Fragen: - Die gegenwärtige Form der Tiergesundheits- und Rohmilchkontrolle entspricht nicht der

gültigen Milchverordnung. Um die Nutzung von Automatischen Melksystemen zukünftig rechtskonform zu gestalten, bedarf es weiterer technischer Entwicklungen zur Erkennung von Tiergesundheitsstörungen und Qualitätsbeeinträchtigungen der Rohmilch. Darüber hinaus ist aber auch eine Anpassung der gültigen Rechtsverordnungen an die technische Entwicklung notwendig, um den produktionstechnischen Fortschritt nicht zu verhindern.

- Bei sonst gleichen Rahmenbedingungen sind AMS im Vergleich zu konventioneller

Melktechnik zur Zeit wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig. Besonders die hohen Investiti-onskosten je Kuhplatz in Höhe des 2,5 bis 12-fachen gegenüber den verschiedenen Typen und Ausstattungsvarianten konventioneller Melksysteme belasten die Rentabilität. Nach Berechnungen von HEIN (1998), STOCKINGER (1998), BOLL (2000) und KOWA-LEWSKY (2000) liegen die Mehraufwendungen je kg Milch zwischen 3,1 und 8,5 Pfen-nig. Bisher führten zwar in erster Linie arbeitswirtschaftliche Überlegungen zur Entschei-dung für den AMS-Einsatz (ZUBE,1999 und KOWALEWSKY, 2000), auf längere Sicht wird ein AMS aber auch finanziell tragfähig sein müssen.

- Das Herdenmanagement ist auf den AMS-Einsatz abzustimmen. Es hat zu gewährleis-ten, dass das Leistungspotential der Kühe optimal genutzt und gleichzeitig Arbeitszeit ein-gespart sowie eine hohe Auslastung des AMS (ausgedrückt in kg Milch je AMS und Jahr) erreicht wird.

Von den in Deutschland z. Z. in der Praxis arbeitenden ca. 130 AMS gehören die meisten zum Typ der Einboxenanlagen. Deren Bewirtschaftung wird überwiegend mit freiem Kuh-verkehr kombiniert, bei welchem die Kühe aus dem Haltungs- in den Fressbereich wechseln können, ohne die Melkbox passieren zu müssen. Dabei sind häufig unbefriedigende Melkfre-quenzen von durchschnittlich unter 2,5 Melkungen je Kuh und Tag zu beobachten, und es entsteht erheblicher Zeitaufwand für den Zutrieb von Kühen, die nicht selbstständig die Melkbox aufsuchen (ZUBE, 1999; BOHLSEN und ARTMANN, 1999). Nach BOLL (2000) tragen aber vor allem eine mögliche Leistungssteigerung durch höhere Melkfrequenzen und die Einsparung von Arbeitszeit zur Rentabilitätsverbesserung der AMS bei. Die Gründe für die Verweigerung des Melkboxenbesuches sind bisher noch ungenügend geklärt.

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Insofern stellt sich die Frage nach der Einführung von Bewirtschaftungsformen, die einen geregelten Kuhverkehr, d. h., den Zugang der Kühe zum Futtertisch ausschließlich nach Pas-sage eines Selektiertores vor der Melkbox oder der Melkbox selbst, vorsehen. Bei einer sol-chen Verfahrensweise werden alle Kühe auf ihrem Weg zum Futter bei Melkbedarf in die Melkbox geführt; Arbeitsaufwand für die Zuführung von „Verweigerern“ entfällt. Anderer-seits sind negative Auswirkungen auf die Futteraufnahme und infolgedessen auf die Milch-leistung zu befürchten, wenn der ungehinderte Zugang zum Futtertisch nicht möglich ist. Versuchsanstellung

Seit Oktober 1999 werden alle Milchkühe der Lehr- und Versuchsanstalt Ruhlsdorf/Groß Kreutz in einem neu errichteten Kuhstall gehalten. Der Stall verfügt über eine Kapazität von 137 Plätzen für laktierende Kühe. Er ist mit 2 Einboxenmelkanlagen des Typs Astronaut der Firma LELY ausgerüstet. Der Stallgrundriss ist in Abbildung 1 dargestellt.

Abb. 1: Grundriss und Bewirtschaftungskonzept des Versuchsstalles Groß Kreutz Ursprünglich war das Bewirtschaftungskonzept darauf ausgerichtet, alle laktierenden Kühe in nur einer Haltungsgruppe zu halten, aber dennoch in zwei nach Leistung differenzierten Gruppen zu füttern. Es zeigte sich jedoch bald, dass die Kühe in erheblichem Ausmaß über die freien Zugänge zwischen dem Haltungsbereich und den Fressbereichen die Gruppen wechselten. Deshalb wurde den Kühen der Gruppe II (Kühe in der 2. Laktationshälfte oder mit unterdurchschnittlichen Leistungen) ab Januar 2000 der Wechsel in Gruppe I (Frischmel-ker und hochleistende Kühe) verwehrt. Um dem höheren Melkbedarf der Leistungsgruppe I zu entsprechen, wurde ein Einwegtor zur Gruppe II installiert. Dadurch war die Mitnutzung des Roboters II möglich. Der Bewirtschaftungserfolg dieser Maßnahmen entsprach nicht den angestrebten Zielstellungen: Die durchschnittliche Melkfrequenz war weiterhin unbefriedigend (vgl. Tab. 1), und es muss-ten zu viele Kühe (zwischen 8 % und 33 %) zum Melken geholt werden. Außerdem nutzten die Kühe der Gruppe I nicht nur das AMS II mit, sondern sie wechselten über den freien Zu-gang auch an den Futtertischabschnitt der Gruppe II, wo sie von dem weniger nährstoffrei-chen Futter fraßen.

Gruppentrennung

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Tabelle 1: Entwicklung von Milchleistungs- und Melkparametern im Versuchstall Monat Anzahl ∅ Milchleistung Anzahl Melkungen ∅ Melkfrequenz lakt. Kühe (kg/Kuh u. Tag) AMS I AMS II je Kuh u. Tag Okt. 1999 104,4 25,2 132,3 140,4 2,61 Nov. 1999 104,7 23,5 123,9 138,4 2,48 Dez. 1999 109,3 22,8 116,7 144,9 2,39 Jan. 2000 115,0 22,6 114,7 143,1 2,24

Febr. 2000 113,1 23,2 119,3 145,6 2,34 März 2000 113,4 22,5 132,8 158,3 2,57 April 2000 110,1 23,4 126,4 141,4 2,43 Mai 2000 109,1 24,2 138,8 122,4 2,40 Juni 2000 116,5 25,1 144,8 144,9 2,49 Juli 2000 119,8 25,2 136,3 144,8 2,35

Daraufhin wurde eine Umstellung des Bewirtschaftungsprinzips durch strikte Trennung der Haltungsgruppen und Übergang zu einem gelenkten Kuhverkehr in Erwägung gezogen. We-gen der befürchteten Nachteile wurde der endgültigen Entscheidung jedoch eine Untersu-chung der Auswirkungen auf die Melkfrequenz und die Futteraufnahme in folgenden Ab-schnitten vorangestellt: - Trennung der Haltungsgruppen 7 Tage vor Beginn der Vorperiode

- GR I freier Kuhverkehr - GR II freier Kuhverkehr

- Vorperiode (7 Tage) mit Datenerfassung

- GR I freier Kuhverkehr - GR II freier Kuhverkehr

- Gewöhnungsperiode (7 Tage) - GR I freier Kuhverkehr - GR II geregelter Kuhverkehr - Versuchsperiode (7 Tage) mit Datenerfassung

- GR I freier Kuhverkehr - GR II geregelter Kuhverkehr

Die Gruppenzusammenstellung änderte sich während des gesamten Versuchszeitraumes le-diglich geringfügig durch Zugang nach Abkalbung bzw. durch Trockenstellung von Kühen. Die Rationszusammensetzung war weitgehend konstant. Aus den täglichen Aufzeichnungen im Managementprogramm des Melksystems wurden An-gaben zur Milchleistung und zu den Melkfrequenzen übernommen. Bei freiem Kuhverkehr konnten mittels Videoaufzeichnung über 3 x 24 Stunden die Passagen aus dem Haltungsbe-reich über den freien Zugang zum Fressbereich erfasst werden. Diesen Passagen wurden die durch das Managementprogramm registrierten hinzugerechnet. Das Managementprogramm des Melksystems bei geregeltem Kuhverkehr erfasst alle Passagen zum Futtertisch. Das Ver-halten der Kühe im Fressbereich selbst (z. B. Anzahl und Dauer der Fressperioden) konnte nicht verfolgt werden. Für jede der beiden Gruppen wurden in der Vorperiode und in der Ver-suchsperiode über je 3 zusammenhängende Tage die Futtereinwaage und die Menge des Rest-futters erfasst, die Trockensubstanzgehalte des Futters bestimmt und die Futteraufnahme er-rechnet. Hinzugerechnet wurde die in der Melkbox verabreichte Menge an Lockfutter. In der Gruppe I blieb die Melkfrequenz weiterhin unbefriedigend, und auch in der Gruppe II sank sie später unter das in diesem Versuch erreichte Niveau ab. Als eine der möglichen Ur-sachen war eine zu hohe Auslastung der AMS durch Zuordnung von zu viel Kühen in Be-tracht zu ziehen, die u. U. zur Vergrämung melkwilliger Kühe durch zu lange Wartezeit oder durch Auseinandersetzungen zwischen den wartenden Kühen führen könnte.

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Deshalb wurde in einem weiteren Untersuchungsabschnitt der Frage nachgegangen, wie lang die Wartezeit der Kühe vom Betreten des Vorwartehofes bis zum Betreten der Melkbox ist und ob es Erscheinungen gegenseitigen Verdrängens wartender Kühe gibt. Die Analyse er-folgte anhand von Videoaufzeichnungen aus dem Bereich des Vorwartehofes zum AMS 1 über 24 Stunden. Die Auswertung des Videos umfasste das Verhalten jeder Kuh, die den Vorwartehof betreten hatte, nach Uhrzeit und Art der Aktivität. Ergebnisse

In Tabelle 2 sind die während der Untersuchungen zum Kuhverkehr ermittelten Daten wie-dergegeben. Dabei dienen die für Gruppe I ermittelten Werte als Referenzangaben zur Dar-stellung der Entwicklung über den Versuchszeitraum von 3 Wochen bei gleichem Bewirt-schaftungsregime. Bei gleicher Bewirtschaftung (Vorperiode) unterscheiden sich die beiden Gruppen hinsichtlich Milchleistung, Anzahl Melkungen und Melkfrequenz tendenziell wie erwartet. Die Anzahl der Passagen vom Haltungs- in den Fressbereich ist mit 7,2 bzw. 7,53 je Tier und Tag in den Gruppen etwa gleich. Bezüglich der ermittelten Futteraufnahme über-rascht der sehr hohe Wert für Gruppe II. Dieses Ergebnis ist im Hinblick auf die Futterauf-nahme der Gruppe I, die vereinfachte Energiebilanz sowie die Entwicklung der Milchleistung bei geregeltem Kuhverkehr nicht plausibel. Die Ursachen dafür waren nicht ermittelbar. Tabelle 2: Entwicklung von Leistungs- und Bewirtschaftungsparametern bei freiem

und geregeltem Kuhverkehr

Parameter GR I - Kontrolle GR II - Versuch

Vorperiode Versuchs- periode

Vorperiode

Versuchs- periode

freier Kuhverkehr

freier Kuhverkehr

geregelter Kuhverkehr

∅ Kuhzahl 57,1 56,7 53,4 55,1 tägl. Melkungen je Melkbox 144,4 147,1 109,0 132,0 ∅ tägl. Melkfrequenz (Melkg./Kuh u. Tag)

2,53

2,59

2,04

2,39

tägl. Passagen der Box ohne Melkung

28,1

31,0

33,9

90,1

Passagen zum Fressbereich je Kuh u. Tag

7,20

8,68

7,53

4,03

Trockensubstanzaufnahme (kg/Kuh u. Tag)

18,4

19,0

20,5

17,5

reicht für ....... kg Milch 28,1 29,5 31,8 25,9 erreichte Milchmenge (kg) 27,9 29,8 18,4 20,1

Während der Versuchsperiode wurde für Gruppe II (gelenkter Kuhverkehr) eine deutlich hö-here Melkfrequenz je Kuh und Tag und eine höhere Anzahl von Passagen der Melkbox durch nicht melkberechtigte Kühe (Passagen ohne Melkvorgang) ermittelt als in der Vorperiode bei freiem Kuhverkehr. Die Werte waren über die Versuchsperiode relativ stabil, so dass von einer ausreichenden Gewöhnungszeit ausgegangen werden kann. Parallel zur Erhöhung der Melkfrequenz je Kuh und Tag führte die Umstellung auf geregelten Kuhverkehr in der Grup-pe II zu einer deutlichen Arbeitsentlastung. Während zuvor 8 bis 12 Kühe (15 bis 20 %) zum Melken geholt werden mussten, waren es während der Versuchsperiode nur noch 3 bis 4 (5 bis 8 %).

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Dabei handelte es sich ausschließlich um Kühe, die die Melkbox zwar aufgesucht hatten, bei denen der Ansetzvorgang jedoch misslungen war. Die Zahl der Passagen zum Fressbereich reduzierte sich deutlich auf einen Wert von 4,03 je Kuh und Tag bzw. auf 54 % im Vergleich zur Vorperiode. Höhe und Veränderung des Wertes entsprechen weitgehend den Angaben anderer Autoren (JAGTENBERG und de KONING, 1999). Die festgestellte Futteraufnahme in der Versuchsperiode lag zwar deutlich unter dem Wert aus der Vorperiode (- 15 %), entsprach aber in ihrer absoluten Größe und insbesondere in der Relation zur Futteraufnahme in Gruppe I mehr dem Erwartungswert. Die Milchleistung erhöhte sich im Vergleich zur Vorperiode um durchschnittlich 1,7 kg je Kuh und Tag, was etwa auch der Leistungssteigerung in der Referenzgruppe entspricht. Die deutlich reduzierte Futteraufnahme hätte eher eine Leistungsminderung erwarten lassen. Insofern ist zu vermu-ten, dass der während der Vorperiode ermittelte Wert für die Futteraufnahme den wirklichen Sachverhalt nicht wiederspiegelt. Die Verteilung der Passagen zum Fressbereich über den Zeitraum eines 24-Stunden-Tages (Abb. 2) zeigt sowohl bei freiem als auch bei geregeltem Kuhverkehr einen Anstieg der Pas-sagerate in Zeiten der Stallaktivität (Fütterung, Reinigung, Kontrolle etc.).

Erwartungsgemäß ist dieser Anstieg bei geregeltem Kuhverkehr weniger deutlich ausgeprägt. Er wird hier durch die Durchlassfähigkeit der Melkbox begrenzt. Bei einer Auslastung der Melkbox während etwa 66 % der Tageszeit und Inanspruchnahme von ca. 6 % der Tageszeit für die notwendigen Serviceperioden standen noch mehr als 4 Stunden für weitere Passagen zum Futtertisch zu Verfügung. Dabei wird eine Gesamtauslastung von 90 % der Melkbox veranschlagt. Die Ergebnisse aus den Videoaufnahmen können wie folgt zusammengefasst werden: - Die Wartezeiten der Kühe, welche die Melkbox passierten, betrugen im Durchschnitt 12 Minuten und 43 Sekunden. Davon entfallen knapp 60 % auf Wartezeiten ≤ 10 ( x = 3:56 Min.) und weitere 20 % auf Wartezeiten zwischen > 10 – 20 Minuten ( x = 14:28 Min.).

Abbildung 2: Prozentuale Verteilung der Passagen zum Fressbereich in Gruppe II

0

1

2

3

4

5

6

7

8

6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 0 1 2 3 4 5

Stunde

% v

on P

asag

en g

es.

freier KuhverkehrZwangsverkehr

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- Die Anzahl der gleichzeitig im Vorwartehof stehenden Kühe variierte von 0 bis 7. In Ta- belle 3 ist angegeben, wie lange der Vorwartehof insgesamt unbelegt oder mit jeweils gleicher Tierzahl belegt war und wie viel % des Tages die unterschiedlichen Auslastungs- grade einnehmen. Tabelle 3: Dauer der Belegung des Vorwartehofes bei unterschiedlichen Auslastungs-

graden (hh:mm) und deren Zeitanteile am 24-Stunden-Tag (%)

Belegung mit ... Kühen ME 0 1 2 3 4 5 6 7 gesamt

hh:mm 07:09 06:06 05:11 01:56 01:41 01:24 00:31 00:02 24:00 % 29,8 25,4 21,6 8,0 7,0 5,9 2,2 0,1 100

Nur ein sehr geringes Ausmaß haben deutlich erkennbare soziale Auseinandersetzungen im Vorwartehof. Nur in 4 von insgesamt 17 Fällen, in denen Kühe − ohne die Melkbox pas-siert zu haben − den Vorwartehof verließen, war als Ursache für das Verlassen des Vor-wartehofes Verdrängung durch offensichtlich ranghöhere Kühe erkennbar. Verdrängt wur-de jedoch in keinem Fall durch aggressives Verhalten der ranghöheren Kuh. Es genügte das bloße „Sich-Vorschieben“ durch die vermutlich ranghöhere Kuh. Auch Änderungen in der Reihenfolge des Betretens der Melkbox unter den im Vorwartehof wartenden Kühen vollzogen sich nur in einem einzigen Fall durch Wegstoßen einer vor dem Eingang stehen-den Kuh, ansonsten wurden Rangunterschiede offensichtlich problemlos akzeptiert. Wie oft im Vorwartehof wartende Kühe zuließen bzw. zulassen mussten, dass später hin-zukommende die Melkbox vor ihnen betraten, geht aus Tabelle 4 hervor:

Tabelle 4: Häufigkeit, in der Kühe nach ihnen in den Vorwartehof gekommene Kühe

vorließen

Anzahl vorgelassener Kühe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Häufigkeit 23 9 2 2 1 0 0 1 0 1

- Ca. 74 % der Gesamtzeit des Tages war das AMS für die Passage der melkberechtigten

Kühe durch die Melkbox in Anspruch genommen. Knapp 16 % des 24-Stunden-Tages (3h:49 Min.) „wartete“ das AMS auf eine Kuh.

Fazit

Die betriebswirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit automatischer Melksysteme wird vor allem durch gesteigerte Milchleistung bei erhöhten Melkfrequenzen und reduziertem Arbeitszeitein-satz erreicht. Die Gründe für einen häufigen Besuch von Kühen in der Melkbox sowie eine hohe Akzeptanz beim überwiegenden Teil des Bestandes sind bei freiem Kuhverkehr im Ein-zelnen nicht feststellbar. Offenbar beeinflussen eine Reihe von Faktoren wie Stallkonzept, Leistungshöhe, Alter der Kühe, Lockfutter und weiteres die erreichbaren Werte. So sind zwi-schen verschiedenen Herden beachtliche Unterschiede festzustellen (ZUBE, 1999; BOHL-SEN und ARTMANN, 1999). Aber auch innerhalb eines Bestandes wurden durch die Auto-ren erhebliche Unterschiede bei der Zahl zuzutreibender Kühe zwischen 8 bis 33 % im Zeit-verlauf beobachtet. Die Gründe dafür sind bislang nicht eindeutig zu definieren.

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Bei einem sehr niedrigen Ausgangsniveau von 2,04 Melkungen je Kuh und Tag konnte die Melkfrequenz in einer Gruppe spätlaktierender Kühe (im Mittel 269 Laktationstage) durch Umstellung von freiem auf geregelten Kuhverkehr erhöht werden. Mit der Umstellung war ein Rückgang der Passagen vom Haltungs- in den Fressbereich von zuvor 7,53 auf 4,03 je Kuh und Tag (54 %) verbunden. Eine Beeinträchtigung der Milchleistung wurde dadurch nicht festgestellt. Im Gegenteil, ähnlich wie bei der Vergleichsgruppe (+ 1,9 kg) erhöhte sich bei der Versuchsgruppe die Milchleistung in der Versuchsperiode um 1,7 kg je Kuh. Bei ge-regeltem Kuhverkehr mussten alle Kühe die Melkbox passieren, so dass sich der Zutrieb auf jene Kühe beschränkte, bei denen aus anatomischen Gründen eine manuelle Unterstützung beim Melken erforderlich war. Für frischlaktierende und höher leistende Kühe kann ein sol-ches Regime jedoch erst empfohlen werden, wenn weitere Untersuchungen den Nachweis erbringen, dass damit keine gravierende Minderung der Futteraufnahme und damit mögli-cherweise eine Beeinträchtigung von Leistung und Gesundheit einhergeht. Die Auswertung von Videoaufzeichnungen über das Verhalten von Kühen im Bereich des Vorwartehofes vor einer Melkbox brachte aufschlussreiche Informationen. Unter den beste-henden Bedingungen mit 61 Kühen an der Melkbox bei durchschnittlich 28 kg Milch war die Auslastung der Box bei freiem Kuhverkehr nicht die Ursache für die unbefriedigende Melk-frequenz. Im Durchschnitt betrug die Wartezeit der gemolkenen Kühe 12:43 Minuten. Davon entfallen knapp 60 % auf Wartezeiten ≤ 10 ( x = 3:56 Min.) und weitere etwa 20 % auf War-tezeiten von > 10 – 20 Minuten ( x = 14:28 Min.). Es wurden keine Kühe beobachtet, die auf-grund zu langer Wartezeiten den Vorwartehof verließen, ohne die Melkbox zu passieren. Eine tägliche Nichtauslastung der Melkbox von 10 bis 15 % muss offensichtlich toleriert werden, um eine starke Verdrängung von Tieren aus Spitzenzeiten zu vermeiden. Die Folge davon wären zweifellos zusätzliche Unruhe und Leistungsbeeinträchtigung bzw. eine weitere Absenkung der erreichten Melkhäufigkeit. Bei insgesamt 140 Melkboxenpassagen änderte sich nur in 39 Fällen die Reihenfolge, in der Kühe den Vorwartehof und die Melkbox betraten, wovon in 23 Fällen nur einer Kuh, in 9 Fällen 2 Kühen und nur in 3 Fällen mehr als 4 Kühen der Vortritt gelassen wurde. Gegensei-tige Verdrängungen der Kühe waren folglich nur unbedeutend. Ausgesprochen aggressive Auseinandersetzungen gab es nicht.

Literatur BOHLSEN, E. und ARTMANN, R. (1999): Wieviel Arbeitszeit sparen Melkroboter ein? top agrar extra, Münster, 36 – 39. BOLL, E. (2000): Ökonomische Bewertung verschiedener Melksysteme. Bauernblatt Schleswig-Holstein und Hamburg, Heft 12/2000, S. 44 – 45. HEIN, K. (1998): Reif für große Herden? Neue Landwirtschaft, H. 11, 50 – 54. JAGTENBERG, K. und de KONNIG, K. (1999): Den Kuhverkehr richtig planen. top agrar extra, Münster, 26 – 29. KOWALEWSKY, K.-H. (2000): Praxiserfahrungen mit Melkautomaten. Vortrag anlässlich des Parlamentarischen Hoftages, Groß Kreutz, 05.06.2000 STOCKINGER, CH. (1998): Melkstand oder Roboter. DLG-Mitteilungen H. 1, 30 – 34. ZUBE, P. (1999): Einsatz automatischer Melksysteme in Brandenburg – Erste Erfahrungen der Anwender und Schlussfolgerungen. Arbeiten aus der Abteilung Tierzucht und Tierhaltung der LfL Brandenburg, 33 – 40.

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2.2 Außenklimastall und high-tech Melkverfahren J. Trilk, P. Zube: Neue Landwirtschaft, Berlin 12 (2001) 2. S. 64 - 68 Die wesentlichsten Veränderungen in der Milchviehhaltung sind bei der Fütterung und Fütte-rungstechnik, den Haltungs- und Stallbauvarianten sowie bei der Entwicklung automatisierter Melkverfahren festzustellen. All diese Neuerungen der letzten Jahre in einem Stall intensiv zu beobachten und sie gleichzeitig vielen Interessenten zugänglich zu machen, war das Ziel eines Neubaus im brandenburgischen Groß Kreutz. DR. JÜRGEN TRILK und DR. PETER ZUBE stellen Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Versuchs- und Demonstrationskuhstall der Lan-desanstalt für Landwirtschaft vor: Der aus arbeitswirtschaftlichen Gründen und wegen der guten Tiergerechtheit bereits seit et-wa 20 Jahren präferierte Liegeboxen-Laufstall wird in wichtigen Elementen neueren Erkennt-nissen und Beratungsempfehlungen angepasst. Das betrifft vor allem Größe und Gestaltung von Liegeflächen, Breite von Lauf- und Fressgängen sowie deren Anordnung und Verbin-dung. Große Aufmerksamkeit hat die Verbesserung des Stallklimas in Varianten von Außen-klima- oder Offenfrontställen erfahren. Als besonders vorteilhaft wird dabei die höhere Leis-tungsbereitschaft, vor allem im Sommerhalbjahr, und die günstige Wirkung auf die Tierge-sundheit eingeschätzt. Mögliche Kosteneinsparungen gegenüber geschlossenen Stallhüllen stellen einen weiteren wirtschaftlichen Vorteil dar. Seit Ende der 90ger Jahre finden automatische Melksysteme (AMS) oder Melkroboter zu-nehmende Anwendung in praktischen Betrieben. In erster Linie führen arbeitswirtschaftliche Überlegungen zur Entscheidung für deren Einsatz. Aus wirtschaftlicher Sicht ist gegenüber konventionellen Melksystemen aufgrund deutlich höherer Investitionskosten bislang keine vergleichbare Rentabilität erreichbar. Darüber hinaus entspricht die gegenwärtige Form der Tiergesundheits- und Rohmilchkontrolle nicht der gültigen Milchverordnung. Wesentliche Aspekte des Herdenmanagements sind auf die Nutzung von Melkrobotern abzustimmen. Die genannten Entwicklungen und zu untersuchenden Fragestellungen führten dazu, im Versuch-gut Groß Kreutz einen Versuchs- und Demonstrationskuhstall mit wesentlichen Elementen des beschriebenen Trends in Bau und Ausrüstungstechnik zu errichten. Offenfrontstall mit Außenklima

Der Stall ist ein vierreihiger Boxenlaufstall mit Spaltenboden und darunter liegenden Gülle-kanälen im Bereich der Laufgänge und des Fressganges. Er besitzt die Abmessungen von 66 m Länge und 23 m Breite bei einer Traufhöhe von 4,50 m und 20 Grad Dachneigung. Der Stall verfügt über 152 Kuhplätze. Es handelt sich um einen Offenfrontstall mit Außenklima. Der offene Futtertisch befindet sich an der Südseite. Die Nordseite des Stalles ist über dem Tierbereich ab einer Höhe von 1,65 m als Spaceboard ausgelegt. Darunter ist der Stall mit Holzbohlen geschlossen. Beide Giebelseiten haben keine festen Wände. Lichtbänder, Wind-schutznetze oder Folienrollos ermöglichen einen hohen Lichteinfall und eine variable Durch-lüftung. Das Spaceboard an der Stallrückseite kann vollständig, die Südseite bis in Höhe des Fressgitters mit Folienrollos geschlossen werden. Die Abluftführung im Dachbereich ist durch einen dauerhaft geöffneten Lichtfirst gewährleistet. Zielvorgabe hoher Kuhkomfort

Die Liegeflächen wurden nach den aktuellen Beratungsempfehlungen großzügig dimensio-niert. Sie besitzen bei wandseitiger Lage eine Länge von 2,40 bis 2,50 m.

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Bei Doppelliegereihen beträgt die Länge 2,30 m. Die Breite beträgt 1,20 bis 1,25 m für laktie-rende Kühe und 1,25 bis 1,30 m im Trockenstehbereich. Die Abtrennung erfolgt durch frei-tragende Bügel. Als Standardlösung der Liegeflächen sind Komfortgummimatten mit 25 mm Schaumgummiunterlage eingesetzt worden. Des weiteren sind 15 mit einem Gemisch aus Sägespänen und Häckselstroh eingestreute Tiefliegeboxen sowie Wasserbetten und Matrat-zenvarianten in unterschiedlicher Zahl und Ausführung vorhanden. Nackenriegel und Bug-brett wurden entsprechend den ersten Erfahrungen im Hinblick auf Akzeptanz der Liegeberei-che und Verschmutzungsgrad der Kühe an die Herde angepasst. Bei überwiegend holsteinblü-tigen Tieren der aktuellen Zuchtrichtung beträgt der Abstand Nackenriegel zur Kotkante 192 bis 198 cm und der Abstand Bugbrett bis Ende Liegefläche zwischen 168 und 175 cm. Melkroboter als alleinige Melktechnik

Als Melktechnik steht ein Automatisches Melksystem in Form von zwei Einboxenmelkstän-den zur Verfügung. Die Kapazität ist damit auf etwa 120 laktierende Kühe begrenzt. Zur Un-terstützung der Gewöhnung der Tiere an veränderte Melkverfahren bzw. der Färsen an das Melken wurde vor der Melkbox 1 ein Vorwartehof von 18,5 m² Größe eingerichtet. Separier-tore zum Vorwartehof und nach den Melkboxen ermöglichen die Einrichtung eines gelenkten Umtriebes und eine Zuführung von Kühen zu verschiedenen Abschnitten des Futtertisches. Sie können dazu genutzt werden, nicht melkberechtigte Tiere am Roboter 1 vorbei zum Fressgang zu leiten und damit die Auslastung der Melkbox zu verbessern. Die offene Platzie-rung der Melkeinrichtungen im Stall erforderte ausreichende Vorkehrungen zur Frostsiche-rung im Winter. Bewirtschaftungskonzept mit freiem Kuhverkehr

Das ursprüngliche Bewirtschaftungskonzept sah die Einrichtung von drei Fütterungs- und zwei Haltungsgruppen vor. Dabei stellten die Trockensteher eine Fütterungs- und Haltungs-gruppe dar. Die laktierenden Kühe waren in 2 Fütterungsgruppen unterteilt, befanden sich aber in einer Haltungsgruppe. Die Tiere konnten somit beide Melkboxen nutzen. Damit war beabsichtigt, eine bestmögliche Auslastung der Roboter und Ausnutzung der Melkbereitschaft der Kühe zu erreichen. Der Umtrieb erfolgte nach dem Konzept des sogenannten freien Kuh-verkehrs. Die Kühe besuchten freiwillig die Melkbox. Der Zugang zum Futtertisch war so-wohl über die Melkboxen und ein Separiertor als auch über jeweils einen freien Übergang möglich.

Der Stall beherbergt seit Oktober 1999 alle im Versuchsgut Groß Kreutz gehaltenen Kühe. Die Stallplätze waren seitdem maximal zu 90 % der verfügbaren Liegeflächen belegt. Das Stallklima folgte im Hinblick auf Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Wesentlichen dem Au-ßenklima (Abb. 1 und 2). Es führte zu keinen feststellbaren Beeinträchtigungen des Wohlbe-findens, der Gesundheit und der Leistung der Tiere.

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0,0

5,0

10,0

15,0

20,0

25,0

Okt

99

Nov

99

Dez

99

Jan

00

Feb

00

Mrz

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Apr

00

Mai

00

Juni

oo

Juli

00

Aug

00

Sep

00

Monat

°C

0,010,020,030,040,050,060,070,080,090,0100,0%

Temp. (°C) außen Temp. (°C) im Stallrel LF (%) außen rel LF (%) Im Stall

Abbildung 1: Temperatur (°C) und relative Luftfeuchtigkeit (%) im Außenbe- reich und im Stall

-12-11-10-9-8-7-6-5-4-3-2-10

0 4 8 12 16 20Uhrzeit (Stunde)

Tem

pera

tur (

°C)

außen im Stall

Abbildung 2: Temperaturverlauf am 25. Januar 2000 Seit Januar diesen Jahres wird eine Gruppenprüfung der Futteraufnahme vorgenommen. De-ren Verlauf und die durchschnittliche tägliche Milchleistung sind in Abbildung 3 dargestellt. Unter Berücksichtigung des in Verbindung mit der Stallbelegung relativ hohen Färsenanteils von etwa 45 % sind die absoluten Werte zufriedenstellend.

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Jan 00 Feb 00 Mrz 00 Apr 00 Mai 00 Jun 00 Jul 00 Aug 00 Sep 00

Melkdurchschnitt

TS-Aufnahme

kg M

ilch

bzw

. kg

TS

Abbildung 3 : Tägliche Milchleistung und Trockensubstanzaufnahme der laktie- renden Kühe ab Januar 2000

Aufgrund der im Winter 1999/2000 kurzen und überwiegend milden Frostperioden gab es keine wesentlichen Einschränkungen in der Bewirtschaftung. Eine Ausnahme bildete die Warmluftführung im Melkroboter. Hier musste eine Anpassung vorgenommen werden, um die Frostsicherheit bei Temperaturen < - 10 °C sicherzustellen. Notwendige Anpassungen waren in einigen Bewirtschaftungsverfahren vorzunehmen. Durch die großzügige Auslegung der Laufgänge und den insgesamt relativ geringen Tierbesatz war der Selbstreinigungsgrad des Spaltenbodens ungenügend. Um den für den Betrieb des Auto-matischen Melksystems notwendigen hohen Grad der Tiersauberkeit aufrechtzuerhalten, mussten die Spalten gereinigt werden. Zur Verminderung des manuellen Aufwandes wurden nachträglich 2 Spaltenschieber installiert. Die Verfügbarkeit einer einzigen Trockenstehergruppe erwies sich für eine leistungsorientier-te Vorbereitungsfütterung als ungenügend. Die Trennung der laktierenden Kühe in zwei Füt-terungsgruppen bei Nutzung des gesamten Haltungsbereiches für alle Tiere war nicht umsetz-bar. Der mögliche Zugang zu beiden Abschnitten des Futtertisches wurde von Kühen aus bei-den Leistungsgruppen genutzt. Die Akzeptanz aller Liegeflächen mit den verschiedenen Belägen war hoch. Besonders die 15 vorhandenen Tiefliegeboxen wurden bei gutem Pflegezustand intensiv angenommen. Proble-me bestanden hier in einem sachgerechten Aufbau der Liegematte und deren regelmäßiger Pflege. Dazu mussten praktische Erfahrungen gesammelt werden. Erfahrungen mit dem Automatischen Melksystem

Tabelle 1 enthält einige wichtige Kennwerte zum Melkprozess ab Oktober 1999, seitdem sämtliche Kühe über das Automatische Melksystem gemolken wurden.

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Tabelle 1: Melkleistung und Melkfrequenz im ersten Nutzungsjahr Monat tägl. Milch- melkende tägl. Melkungen tägl. Melkfrequenz menge (kg) Kühe (n) AMS I AMS II AMS I AMS II Okt. 1999 2.630 104 132 140 2,61 Nov.1999 2.485 106 124 138 2,48 Dez.1999 2.487 109 117 145 2,39 Jan. 2000 2.602 115 115 143 2,24 Feb. ´00 2.623 113 119 146 2,34 März ´00 2.553 113 133 158 2,07 3,20 Apr. ´00 2.576 110 126 141 2,01 3,02 Mai ´00 2.636 109 139 122 2,25 2,60 Juni ´00 2.917 116 145 145 2,52 2,40 Juli ´00 3.015 120 136 145 2,27 2,43 Aug. ´00 2.751 110 139 137 2,48 2,55 Sept. ´00 2.695 108 147 134 2,60 2,59

Mit einer mittleren ermolkenen Milchmenge von 487.000 kg je Box wurden im ersten Nut-zungsjahr etwa 80 bis 90 % der anzustrebenden Kapazität erreicht. Eine höhere Kapazitäts-auslastung dürfte vornehmlich mit steigender Melkleistung und höherer Melkfrequenz er-reicht werden. In den ersten 5 Monaten lag diese mit Ausnahme des Oktober unter 2,5 Mel-kungen je Kuh und Tag. Dazu war eine wechselnde aber insgesamt relativ hohe Zahl notwen-diger Zutriebe von Kühen zum Melkroboter festzustellen, die nicht selbständig oder in zu großen Zeitabständen die Melkbox aufsuchten. Der Anteil schwankte von 10 bis maximal 30 %. Als erste Änderung im Bewirtschaftungskonzept wurde zur Verbesserung der leistungsorien-tierten Fütterung eine Gruppentrennung der laktierenden Kühe vorgenommen. Ab März 2000 trennte ein Einwegtor die Gruppe II (Altmelker) von der Gruppe I (Frischmelker und Leis-tungstiere). Der damit weiterhin mögliche Zugang der höher leistenden Tiere der Gruppe I zur Gruppe II sollte durch die Mitnutzung der zweiten Melkbox deren größerer Melkbereitschaft Rechnung tragen. Fütterungstechnisch konnte damit eine Überversorgung der spätlaktieren-den Kühe mit der Ration der Leistungsgruppe I ausgeschlossen werden. Im Ergebnis war eine sehr differenzierte Auslastung beider Melksysteme festzustellen. Die Melkfrequenz insgesamt und der notwendige Zutrieb wurden durch diese Maßnahme aber nicht verbessert.

Einführung geregelten Kuhverkehrs

Um hier mögliche Änderungen zu erreichen, wurden Varianten der Herdenführung überprüft. Es erfolgte eine Untersuchung zu Auswirkungen des geregelten Kuhverkehrs auf wesentliche Melk- und Leistungsparameter. Da bei einer solchen Herdenführung der Futtertisch nur über das AMS (in Gruppe I auch über ein Separiertor) möglich ist, besteht die Gefahr einer gerin-geren Futteraufnahme. Aus diesem Grunde wurde die Untersuchung an der Leistungsgruppe II vorgenommen, um mögliche Leistungseinbußen bzw. gesundheitliche Beeinträchtigungen zu begrenzen. Zur Umsetzung des Untersuchungskonzeptes erfolgte ab Mai 2000 eine gene-relle Trennung zwischen beiden Haltungsgruppen. Der Einführung eines geregelten Kuhver-kehrs in Gruppe II war eine 7-tägige Vorperiode nach Gruppentrennung und eine 7-tägige Periode zur Gewöhnung an das System des veränderten Zuganges zum Futtertisch vorange-stellt.

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Neben der Datenerfassung zum Melken wurden durch ergänzende Videobeobachtungen die Auswirkungen auf die Anzahl der Besuche am Futtertisch analysiert. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 dargestellt. Als Vergleichswerte dienen die Angaben zur Gruppe I, die durchgängig im freien Kuhverkehr bewirtschaftet wurde.

Tabelle 2: Leistungs- und Bewirtschaftungsparameter bei freiem und geregeltem

Kuhverkehr

Parameter Gruppe I (Kontrolle) Gruppe II (Versuchsgruppe) Vorperiode Versuchsperiode Vorperiode Versuchsperiode freier Kuhverkehr fr. Kuhverkehr ger. KuhverkehrMelkungen pro Box (je Tag)

144,4

147,1

109,0

132,0

Melkfrequenz (Melkungen/Kuh und Tag)

2,53

2,59

2,04

2,39

Passagen zum Fressbereich (je Kuh und Tag)

7,20

8,68

7,53

4,03

Ø Milchleistung (kg je Kuh und Tag)

27,9

29,8

18,4

20,1

Der geregelte Kuhverkehr führte zu einer deutlichen Erhöhung der Melkungen und damit ei-ner Steigerung der Melkfrequenz auf einen Wert von 2,39. Von besonderem arbeitswirtschaft-lichen Vorteil war, dass die Notwendigkeit des Zutriebs von Kühen, die die Melkbox nicht freiwillig aufsuchten, vollständig entfiel. Allerdings reduzierte sich die Zahl der Besuche am Futtertisch deutlich von etwa 7,5 je Kuh und Tag auf 4. Dabei war die Passagemöglichkeit durch die Melkbox noch nicht der begrenzende Faktor. Die Auslastung der Melkbox durch Melkungen und Passagen belief sich auf etwa 66 % der Tageszeit. Zusätzlich werden etwa 6 % des Tages für Reinigung und Service benötigt, so dass noch etwa 4 Stunden für weitere Melkungen bzw. Passagen zum Futtertisch zur Verfügung stehen. Wie aus Tabelle 2 hervor-geht, war eine Beeinträchtigung der Milchleistung nicht festzustellen. Entsprechend der Refe-renzgruppe mit freiem Kuhverkehr erhöhte sich auch in Gruppe II die Tagesleistung während des Untersuchungszeitraumes. Eine Übertragung dieser Ergebnisse auf die Frischmelker- und Hochleistungsgruppe wurde nicht vorgenommen, da weitere Untersuchungen zu Auswirkungen des beschränkten Zugangs zum Futtertisch auf die Futteraufnahme in diesem Leistungsbereich notwendig erscheinen. Aufgrund dieser Resultate wurden aber die Gruppentrennung und der geregelte Kuhverkehr in Gruppe II beibehalten. Aus Tabelle 1 ist zu entnehmen, dass sich die Melkfrequenz ab Mai in beiden Leistungsgrup-pen stabilisierte, in Gruppe I allerdings weiterhin unter den für den oberen Leistungsbereich anzustrebenden Werten liegt. Als eine der möglichen Ursachen war eine zu hohe Auslastung der AMS durch Zuordnung von zu vielen Kühen in Betracht zu ziehen, die u. U. zur Vergrä-mung melkwilliger Kühe durch zu lange Wartezeit oder durch Auseinandersetzungen zwi-schen den wartenden Kühen führen könnte. Deshalb wurde in einem weiteren Untersuchungs-abschnitt der Frage nachgegangen, wie lang die Wartezeit der Kühe vom Betreten des Vor-

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wartehofes bis zum Betreten der Melkbox ist und ob es Erscheinungen gegenseitigen Ver-drängens wartender Kühe gibt. Die Analyse erfolgte anhand von Videoaufzeichnungen aus dem Bereich des Vorwartehofes zum AMS 1 über 24 Stunden. Die Auswertung der Videoaufnahmen ergab: - Die Wartezeiten der Kühe, welche die Melkbox passierten, betrugen im Durchschnitt 12 : 43 min (Tabelle 3).

Tabelle 3: Verteilung der Kühe auf Wartedauerklassen

Wartezeit Maß- einheit

bis 10 Min. ( x 3:56 Min.)

> 10 - 20 Min.( x 14:28 Min.)

> 20 - 30 Min.( x 26:27 Min.)

> 30 - 40 Min. ( x 35:37 Min.)

> 40 Min. ( x 59:43 Min.)

Anzahl 83 28 13 8 7 % 59,7 20,1 9,4 5,8 5,0

- Die Anzahl der gleichzeitig im Vorwartehof stehenden Kühe variierte von 0 bis 7. Mehr als ¾ des Tages (18:26 h) waren es maximal 2, nur während insgesamt 3:38 h mehr als 3 Kühe. Soziale Auseinandersetzungen im Vorwartehof haben ein sehr geringes Ausmaß. - Ca. 74 % der Gesamtzeit des Tages war das AMS für die Passage der melkberechtigten Kü- he durch die Melkbox in Anspruch genommen. Knapp 16 % des 24-Stunden-Tages (3h:49 Min.) „wartete“ das AMS auf eine Kuh. Das bestätigt die Aussage, dass unter den gegebe- nen Bedingungen beim geregelten Kuhverkehr nicht die Durchlassfähigkeit der Melkbox die Anzahl der Passagen zum Fressbereich begrenzt haben dürfte. Fazit Der Kuhstall des Lehr- und Versuchsgutes Groß Kreutz wird als Demonstrationsbeispiel von Besuchern hoch frequentiert. Er liegt im Trend aktueller Stallbauvarianten. Erste Erfahrungen zeigen eine günstige Wirkung des Stallklimas auf die Tiere. Negative Auswirkungen auf Ver-halten und Leistung der Kühe sind nicht feststellbar. Für die Beurteilung der Funktionalität der Kombination von Außenklimastall und Melken in AMS sind Beobachtungen unter extre-meren Winterbedingungen als sie bislang auftraten notwendig. Der Einsatz von AMS erfordert ein angepasstes Regime der Stall- und Herdenbewirt-schaftung. Gelenkter Kuhverkehr erscheint als eine mögliche Variante, um eine unbefriedi-gende Melkfrequenz zu erhöhen. Er bietet darüber hinaus arbeitswirtschaftliche Vorteile, wenn Kühe nicht freiwillig oder in zu großen Zeitabständen die Melkbox aufsuchen. Eine Empfehlung zur Einführung des gelenkten Kuhverkehrs kann für frischlaktierende und höher-leistende Kühe nicht vorbehaltlos ausgesprochen werden.

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2.3 Ergebnisse und Erfahrungen zum Einsatz Automatischer Melksysteme J. Trilk: DGfZ -Schriftenreihe Heft 27/2002, S. 42 –61 Automatische Melksysteme (AMS) oder Melkroboter sind heute die innovativste technische Anwendung, die in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung praktisch Verwendung findet. Der erste kommerzielle Einsatz liegt gerade 10 Jahre zurück und erfolgte in einem Betrieb in den Niederlanden. Seit dem hat die Verbreitung besonders in den letzten 3 Jahren weltweit erheblich zugenommen.

Abbildung 1: Weltweite Zahl von Betrieben mit Automatischen Melksystemen (de KONING et. al., 2002)

Allerdings ist die Einführung dieser Technologie auch zwischen Ländern mit entwickelter und intensiver Milchproduktion sehr unterschiedlich. Über 90 % der mehr als 1.100 Betriebe mit AMS befinden sich in Mittel- und Nordwesteuropa, insbesondere in den Niederlanden, Deutschland und Dänemark. Welche Dynamik die Einführung dieser neuen Technik in ein-zelnen Regionen besitzen kann, zeigt das Beispiel Schweden. Hier wurde im Jahre 2001 be-reits jeder zweite Kuhstallneubau mit Melkrobotern ausgerüstet. Dagegen ist die Verbreitung in Nordamerika mit 35 Betrieben in Kanada und 6 in den Vereinigten Staaten bis zum Ende letzten Jahres vergleichsweise gering. Im Land Brandenburg gibt es gegenwärtig 7 Betriebe, die AMS nutzen. Vor allem in den grö-ßeren Betrieben Ostdeutschlands stagniert das anfänglich beachtliche Interesse an Automati-scher Melktechnik. Die Gründe dafür dürften in erster Linie in der bislang noch ungenügen-den Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu konventionellen Melkständen gesehen werden. So geben STOCKINGER (1998), SCHÖN und WENDEL (2000), KOWALEWSKY (2000) und BOLL (2000) für deutsche Produktionsverhältnisse Mehrkosten von 2 bis 4 ct je kg Milch an. In vergleichbarer Größenordnung bewegen sich internationale Angaben. REINEMANN (2002) beziffert die Zusatzkosten je Kuh und Jahr in den USA bei Milchgewinnung über AMS mit 350 Dollar, SANGIORGI (2002) ermittelte Mehraufwendungen in italienischen Betrieben mit Melkrobotereinsatz von bis zu 5 ct je kg Milch. Dabei sind allerdings erhebli-che Unterschiede zwischen den Nutzerbetrieben festzustellen.

0

200

400

600

800

1.000

1.200

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001

Anz

ahl B

etrie

be

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Den größten Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit üben in erster Linie die mögliche Arbeitszeit-einsparung und die erreichte Leistungssteigerung (STOCKINGER, 1998) sowie die Kosten und Nutzungsdauer des AMS im Vergleich zu konventionellen Melkständen (HYDE et. al., 2002) aus. Neben möglichen wirtschaftlichen Nachteilen sind Fragen der Funktionalität und technischen Sicherheit ein wichtiger Aspekt für die Entscheidung, Automatische Milchgewinnungssyste-me im Praxisbetrieb zu nutzen. Da bereits alle international relevanten Melktechnikhersteller AMS anbieten, sind erhebliche Unterschiede in der Anwendersicherheit und Anwendungs-qualität festzustellen. Die Anbieterfirmen besitzen sehr differenzierte Erfahrungen in der An-wendung dieser Technik. Aus den diskutierten Sachverhalten lassen sich für den aktuellen Einsatz von Melkrobotern geeignete Rahmenbedingungen ableiten:

- hohe Arbeitskosten, - begrenzte Arbeitskapazitäten, - höhere soziale Ansprüche an Arbeits- und Lebensverhältnisse, - stabile Erzeugerpreise für Milch, - moderate Strukturveränderungen der Betriebe, - steuerliche Vorteile von Investitionen. Damit bestehen vor allem für Familienbetriebe in Mitteleuropa Voraussetzungen, die den Ein-satz von AMS fördern. Dieser Tatbestand wird durch verschiedene Befragungen zur Motiva-tion für die Beschaffung von Melkrobotern bestätigt (ZUBE , 1999; KOWALESKY, 2000). Als dominierender Grund werden der Wunsch nach flexibler Gestaltung der Arbeitszeit im Stall und Arbeitszeitentlastungen von Betrieben angegeben, insbesondere von denen mit be-grenzten Arbeitskapazitäten. Ebenso wie die technische Funktionssicherheit verschiedener Systeme und Prozesse der Au-tomatischen Melksysteme ist die Klärung tangierender fachlicher Fragen bislang nur zum Teil befriedigend gelöst. So sind mit der Einführung von Melkrobotern erhebliche Veränderungen des Herdenmanagements in der Milchviehhaltung verbunden. Das betrifft die Art und Organi-sation der Arbeit, die Zwischenmelkzeiten der Kühe, die Reinigungsverfahren und Hygiene-bewertung sowie viele andere Dinge (MEIJERING, et.al., 2002). Zur Schaffung des notwen-digen wissenschaftlichen Vorlaufes für eine praktisch verbreitete Anwendung von AMS wur-de seitens der Europäischen Union ein integriertes Forschungsprojekt unter dem Titel – Aus-wertungen der Anwendung von Automatischen Melksystemen in Milchviehbetrieben – initi-iert. Darin werden u.a. auch die nachfolgend diskutierten Problemkreise untersucht. Melkroboter und Tiergerechtheit

Aspekte der Tiergerechtheit und damit auch des Kuhkomforts sind Gegenstand umfangreicher Analysen und Untersuchungen in Zusammenhang mit der Einführung der Technologie des Automatischen Melkens. Als wesentliche Kriterien zur Beurteilung werden Beobachtungen zum Tierverhalten als auch Messungen physiologischer Parameter wie Hormone oder Herz-schlagfrequenzen herangezogen. Im Vergleich zu konventionellen Melkständen sieht WEN-ZEL (2000) aus Sicht der Tiergerechtheit bei AMS sowohl Vorteile, als auch Probleme. Als vorteilhaft sind die Möglichkeit eines größeren individuellen Tagesrhythmus der Kühe von Ruhen, Fressen, Milchentzug, die in der Regel größere Stallruhe und der damit verbundene Stressabbau sowie eine höhere Melkfrequenz und die physiologische Anpassung an den Lak-tationsverlauf der Kuh zu werten. Als Probleme werden die schwierigere Herdenüberwachung durch die lockere Tier-Mensch-Beziehung, zum Teil zu hohe Tierzahlen je Melkbox (max. 50 – 55 Kühe je Einzelbox) sowie die zunehmende Bedeutung der Herdenhierarchie vor allem bei geregeltem Kuhverkehr auf die Wartezeiten zum Melken und die Zugangsmöglichkeiten zum Futtertisch genannt.

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Hinsichtlich der Physiologie des vollständig automatisierten Melkprozesses liegen Untersu-chungen von BRUCKMEIER et.al. (2000) vor. Im Vergleich zum konventionellen Melken bestehen die Unterschiede in variablen Zwischenmelkzeiten und einem zeitlich versetztem Ansetzen der einzelnen Melkbecher bei Melkrobotern. In Anbetracht überwiegend verkürzten Zwischenmelkzeiten gegenüber zweimaligem täglichen Milchentzug, kommt der Zitzen- und Euterreinigung als Stimulation und Melkvorbereitung eine große Bedeutung zu. Die Autoren stellten auch bei verzögertem Ansatz der Melkbecher kein Nachlassen der Melkbereitschaft fest, da durch die höhere Melkfrequenz weniger Zisternenmilch in den Eutervierteln vorhan-den ist und damit die Zeit von Stimulation bis Melkbereitschaft sich ohnehin verlängert. Bei Mehrboxenanlagen mit Trennung von Vorbereitungs- und Melkbox können größere Verzöge-rungen zwischen Eutervorbereitung und Milchentzug nicht vermieden werden. Hier empfeh-len die Autoren eine zusätzliche Stimulation in der Melkbox. Als vorteilhaft wird die in eini-gen Systemen verfügbare viertelbezogene Abnahme des Melkzeuges gewertet. Damit werden Blindmelkzeiten vermieden ohne negativen Effekt auf die Milchhergabe der anderen Viertel. Insgesamt wird anhand der Untersuchungsergebnisse der Autoren eine Umsetzung der physiologischen Erfordernisse des Milchentzuges durch Automatische Melksysteme festgestellt. Hormonprofile als Beurteilungskriterien zur Tiergerechtheit bewerten u.a. WENZEL et.al. (1998) und HOPSTER and van der WERF (2000) sowie die Herzschlagfrequenz als Merkmal die vorgenannten sowie UMSTÄTTER and KAUFMANN (2002). Bei stressbeeinflussten Hormonen wird in der Regel eine Konzentrationserhöhung beim Betreten der Melkbox fest-gestellt. HOPSTER and van der WERF (2000) vergleichen die Profile mit dem Verlauf beim konventionellen Melken. Sie stellen z.T. gleiche Kurvenverläufe, bei AMS sogar überwie-gend geringere Konzentrationen, fest. Als Ursache dafür werden die fehlende menschliche Einwirkung beim Aufsuchen der Melkbox und die damit verbundene geringere Stressbelas-tung genannt. Vergleichbare Ergebnisse erbrachten die Messungen der Herzschlagfrequenz. Auch hier ist eine Erhöhung unmittelbar vor und während des Melkprozesses bei allen Untersuchungen festzustellen. HOPSTER and van der WERF (2000) ermitteln einen vergleichbaren Effekt bei konventionellen Melkständen, allerdings auf einem absolut höheren Niveau. UMSTÄTTER and KAUFMANN (2002) interpretieren die Ergebnisse zur Herzschlagmes-sung bei Betreten und Aufenthalt in der Melkbox mit Vergleichsmessungen vor und während der Fütterung. Die im Zusammenhang mit dem Melken im AMS festgestellten höheren Herz-frequenzen sind nach ihrer Auffassung primär auf die verbundene bzw. bevorstehende Futter-verabreichung zurückzuführen und somit nicht als Indikator für eine Belastung zu bewerten. Verhaltensfeststellungen von Kühen bei Nutzung von AMS erbrachten differenzierte Er-kenntnisse zur Bewertung der Tiergerechtheit. ECKL (2000) ermittelte mit einer Verteilung der Tagesaktivitäten von Fressen (17 %), Liegen (55 %) und Laufen/Melken (28 %) ver-gleichbare Werte wie in konventionellen Haltungssystemen. Der von KETELAAR-de LAU-WERE et. al. (1996) festgestellte starke Einfluss der Herdenhierarchie auf den Zeitpunkt des Melkens der Einzelkuh wird auch durch ihn bestätigt. Wartezeiten von Kühen vor der Melkeinrichtung werden zwischen 5 und 175 Minuten (HOPSTER and van der WERF, 2000) sowie 0 bis 94 Minuten (ZUBE und TRILK, 2001) angegeben. In letzterer Untersuchung im Bestand des Versuchsgutes Groß Kreutz betrug die mittlere Wartezeit bei freiem Kuhverkehr und 61 melkenden Kühen an einer Einzelbox 13 Minuten. Die Verteilung auf einzelne Klassen geht aus Tab. 1 hervor.

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Tabelle 1: Verteilung der Kühe auf Wartedauerklassen bei freiem Kuhverkehr (Versuchsgut Groß Kreutz)

bis 10 min.

> 10 bis 20 min.

> 20 bis 30 min.

> 30 bis 40 min.

> 40 min.

Anteil Kühe 59,7 % 20,1 % 9,4 % 5,8 % 5,0 % Die Auswertung macht deutlich, dass mit Wartezeiten von max. 10 min. für 60 % des Bestan-des vergleichsweise günstige Werte erreicht werden konnten. Das trifft auch für die geringen Anteile mit verlängerten Wartezeiten zu. Ungünstige Auswirkungen im Tierverhalten werden überwiegend bei geregelten Umtriebsvarianten festgestellt. So ermittelten KETELAAR – de LAUWERE et. al. (1998) deutlich verlängerte Aufenthalte von Kühen am Futtertisch, offen-sichtlich aufgrund der begrenzten Zugangsmöglichkeiten. HOPSTER and van der WERF (2000) diskutieren die gleiche Problematik. Sie sehen vor allem die Benachteiligung rangnie-derer Tiere bei Zugang zur Melkbox und damit zum Fressbereich. Nach ihrer Auffassung sind bei gelenkten Umtriebsvarianten zusätzliche Zugangsmöglichkeiten zum Futtertisch eine wichtige Maßnahme zum Abbau der Belastung vor allem ängstlicher Tiere. Insgesamt sind aus den vorliegenden Untersuchungen keine zusätzlichen Belastungsfaktoren der Kuh im Vergleich zum konventionellen Melkverfahren feststellbar. Bestimmte Bewirt-schaftungsvarianten (freier Kuhverkehr) bringen dabei durchaus Vorteile für eine größere Tiergerechtheit. Zusätzliche Belastungen, die durch einzelne Managementvarianten auftreten können (geregelter Kuhverkehr), lassen sich durch Detailregelungen wie angepasste Tierzah-len und zusätzliche Selektionstore zum Futtertisch abbauen. Unter diesem Gesichtspunkt ü-berwiegen die möglichen Vorteile für einen hohen Haltungs- und Bewirtschaftungskomfort für die Milchkuh. Milchqualität und Eutergesundheit

Die Einhaltung von Milchqualitätsparametern entsprechend der Milchverordnung sowie die Aufrechterhaltung einer hohen Eutergesundheit sind unabweisbare Voraussetzungen für die praktische Verwendung von Melkrobotern. Im Hinblick auf entsprechende Merkmale bei Einsatz von AMS sowie zum Vergleich von Qualitätsparametern der Rohmilch, die mittels AMS oder konventioneller Melktechnik gewonnen wurde, führten van der VORST and de KONING (2002) Erhebungen in 394 Betrieben aus Deutschland, Dänemark und den Nieder-landen durch. Die Ergebnisse in allen drei Ländern waren vergleichbar. Beispielhaft sind die ermittelten Daten aus den Niederlanden in Tab. 2 dargestellt. Tabelle 2: Einfluss des Melkverfahrens auf Parameter der Milchqualität

in den Niederlanden (van der VORST and de KONING, 2002)

Melkverfahren Betriebe n

Keimzahl (K/ml)

sZZ (Z/ml)

Gefrierpunkt (°C)

FFA (mMol je 100 g Fett)

konventionell (2 x täglich) 295 7.000 176.000 - 0,521 0,44

konventionell (3 x täglich)

40 8.000 184.000 - 0,522 0,56

AMS vorher 262 7.000 170.000 - 0,522a - 0,39a AMS nachher 262 13.000 204.000 - 0,517b - 0,57b

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Es wird ersichtlich, dass es nach Einführung von Automatischen Melksystemen im Vergleich zum vorherigen Zustand in den Betrieben und zu anderen konventionell melkenden Herden zu einer leichten Verschlechterung in den Parametern Keimzahl, somatische Zellzahl und Ge-frierpunkt kommt. Eine Erfassung der flüchtigen Fettsäuren, die gegenwärtig kein nachweispflichtiges Güte-merkmal darstellen, zeigte eine statistisch feststellbare Erhöhung und damit eine ungünstige Tendenz. Die entscheidenden Kriterien der Keim- und Zellzahl blieben im Durchschnitt der ausgewerteten Betriebe trotz des leichten Anstieges wesentlich unter den gültigen Obergren-zen von 100.000 Keimen/ml bzw. 400.000 Zellen/ml. Die Untersuchungsansteller ermittelten, dass in der Regel eine Angleichung der Rohmilchqualität in den Betrieben etwa 12 Monate nach Einführung von AMS an das Ausgangsniveau erfolgt. Die überragende Bedeutung des einzelbetrieblichen Managements wird durch die Tatsache bestätigt, dass 56 % der auftreten-den Variation der Zellzahl auf die Unterschiede zwischen den Betrieben zurückzuführen ist. Die in der internationalen Analyse ermittelten Sachverhalte bestätigen sich auch anhand der Ergebnisse im Versuchsgut Groß Kreutz (Abb. 2).

80

120

160

200

240

280

320

360

Dez98

Jan99

Feb99

Mrz99

Apr99

Mai99

Jun99

Jul99

Aug99

Sep99

Okt99

Nov99

Dez99

Jan00

Feb00

Mrz00

Apr00

Mai00

Jun00

sZZ (1000/ml)

Abbildung 2.: Entwicklung des Tankmilchzellgehaltes der Herde Groß Kreutz beim Übergang zum Robotermelken Beim Übergang zum ausschließlichen Melken mittels AMS ab Oktober 1999 zeigte sich eine deutlich steigende Tendenz im Gehalt an somatischen Zellen über einen Zeitraum von über 9 Monaten. Das absolute Niveau der Zellzahl war allerdings aufgrund sehr günstiger hygieni-scher Stallverhältnisse durch einen Kuhstallneubau sowie einer selektiven Vorauswahl der genutzten Tiere sehr gering und deutlich niedriger als im davor liegenden Zeitraum. Die lang-fristige Tendenz im Versuchsbestand geht aus Abb. 3 hervor. Die dargestellten Variations-grenzen geben die monatlichen Schwankungen im jeweiligen Jahr wieder.

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Abbildung 3.: Entwicklung des Tankmilchzellgehaltes der Herde Groß Kreutz Bereits im ersten Jahr nach vollständigem Übergang zur alleinigen Milchgewinnung mittels Automatischem Melksystem wurden gegenüber den Vorjahren geringere Zellzahlwerte in der Rohmilch erreicht. Diese Tendenz setzte sich bis in das Jahr 2002 fort. Über vergleichbare Erfahrungen berichten KÖHLER u.a. (2002). Auch sie beobachteten längerfristig z.T. deutli-che Verbesserungen von Qualitätsparametern mit der Einführung von AMS. Natürlich sind dafür neben der Melktechnik weitere Faktoren wie Herdenmanagement, Stallhygiene, Selek-tion und Reproduktion des Bestandes von erheblicher Bedeutung. Die gezeigte Entwicklung unterstreicht aber die Auffassung von van der VORST and de KONING (2002), dass auch mit AMS vergleichbare Hygiene- und Qualitätsparameter der Milch wie beim konventionellen Melken erreicht werden können. Den Ursachen von Rohmilchveränderungen und ihre möglichen Zusammenhänge mit einer verschlechterten Eutergesundheit gingen HAMANN and REINECKE (2002) in einer exakten Untersuchung nach. Die Entwicklung detaillierter Parameter der Eutergesundheit von jeweils 40 Kühen bei automatischem bzw. konventionellem Milchentzug wurde über einen Zeitraum von 6 Monaten untersucht. Die Veränderungen der Merkmale gegenüber der Situation vor Einführung von AMS sind in Tab. 3 dargestellt. Tabelle 3: Trend der Eutergesundheit bei automatisch und konventionell

gemolkenen Kuhgruppen (HAMANN and REINECKE, 2002)

Periode (Mon.) - 3 bis - 1 0 bis 7 Diagnose Gruppe Anteil Tiere

(%) Anteil Tiere

(%) normale Sekretion sZZ < 100 Tsd. BU negativ

AMS

konv.

32,17 39,19

46,85 28,05

latente Infektion sZZ < 100 Tsd. BU positiv

AMS

konv.

30,87 24,87

14,71 14,37

unspez. Mastitis sZZ < 100 Tsd. BU negativ

AMS

konv.

18,74 12,81

22,87 28,57

Mastitis sZZ < 100 Tsd. BU positiv

AMS

konv.

18,21 23,13

15,57 29,07

281

193 179 188

124

213

50100150200250300350400450500

1997 1998 1999 2000 2001 2002

sZZ (1000/ml)

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Bei den wesentlichen Parametern wie Anteil von Tieren mit normaler Sekretion, latente In-fektion und Mastitis tritt eine tendenzielle Verbesserung nach Einführung des AMS-Melkens ein. Ausschließlich beim Anteil von Tieren mit unspezifischer Mastitis ist eine geringfügig ungünstigere Entwicklung zu registrieren. Die Entwicklung der konventionell gemolkenen Gruppe stellt sich insgesamt deutlich ungünstiger dar, sowohl was den Verlauf des Euterge-sundheitsgeschehens im Versuch, als auch die Entwicklung zur AMS-Gruppe betrifft. Aller-dings sind die dargestellten Differenzen im Versuchsablauf und im Vergleich von AMS und konventioneller Gruppe statistisch nicht nachweisbar und somit als Tendenz zu betrachten. Die Autoren bewerten die Ergebnisse als Beleg, dass Automatische Melkverfahren das Risiko von Eutererkrankungen nicht erhöhen, sondern durchaus zu einer Verbesserung beitragen können. Mögliche Ursachen für Mastitiden werden in den gleichen Faktoren gesehen, wie bei herkömmlichen Melkverfahren. Die auch in diesem Versuch festgestellte Erhöhung der Zell-zahlen (unspezifische Mastitis) wird von den Autoren primär auf physiologische Gründe wie die erhöhte Melkfrequenz und die damit verbundenen verkürzten Zwischenmelkzeiten zu-rückgeführt. Automatische Melksysteme und Arbeitswirtschaft

Flexiblere Arbeitszeiten, Arbeitsentlastung und Arbeitszeiteinsparungen sind die entscheiden-den Gründe für praktische Landwirte, Melkroboter einzusetzen (ZUBE, 1999, KOWA-LEWSKY, 2000). Die mögliche Einsparung an Arbeitszeit wird von BOHLSEN und ART-MANN (1999), SCHÖN und WENDEL (2000), BOLL (2000) sowie OBERDELLMANN u.a. (2000) mit einer Größe zwischen 10 und 50 % der für das Melken in konventionellen Melkständen benötigten Zeit beziffert. Allerdings liegen diesen Angaben überwiegend Kalku-lationen zugrunde. LEHMANN u.a. (2001) führten Zeitstudien in 4 Betrieben mit unter-schiedlichen Typen von AMS durch. Bereinigt von betriebsbedingten Besonderheiten stellten sie einen Bedarf je Kuh und Tag von 0,9 bis 1,2 Akmin. für das Melken fest. Im Mittel liegt dieser Wert um 58 % unter entsprechenden Angaben zu herkömmlichen Melkständen. Die konkrete Situation in den untersuchten Betrieben ergab einen Jahresarbeitsaufwand für das Melken zwischen 4,55 bis 15,41 Akh je Kuh. Damit wird auch die enorme Variation deutlich, die im praktischen Betrieb bei der Rationalität der Arbeitsdurchführung besteht. Die Autoren benennen als Schwerpunkte vor allem den notwendigen manuellen Zutrieb von Kühen zum AMS sowie aufwendige Einzeltierbetreuungen (z.B. Unterstützung beim Ansetzen des Melk-zeuges). Im Versuchsgut Groß Kreutz wurden an den vorhandenen 2 Einzelboxenanlagen ebenfalls Arbeitszeitmessungen durchgeführt (TRILK and ZUBE, 2002). Zusätzlich wurden die Zeiten zum Melken von Kühen an einer Rohrmelkanlage erfasst, die aus anatomischen Gründen nicht für AMS geeignet waren. Der Anteil AMS untauglicher Kühe beläuft sich am Ver-suchstierbestand auf etwa 10 % und entspricht damit den Angaben anderer Autoren (SCHÖN u. WENDEL, 2000; KOWALEWSKY, 2000). Tab. 4 enthält die Mittelwerte und Streubreiten aus 4 Messungen. Tabelle 4: Arbeitszeitaufwand für Melkarbeiten im Versuchsgut Groß Kreutz

AMS Rohrmelkanlage gesamt n Kühe 111

(100 – 118) 14

(11 – 17) 125

(111 – 133) min./Kuh u. Tag 1,62

(1,38 – 1,81) 9,58

(6,41 – 13,27) 2,48

(2,26 – 3,00)

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Daraus ergeben sich die in der Abbildung 4 dargestellten Jahresarbeitszeiten im Vergleich von Aufwand für die Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Melkroboter, Gesamtaufwand einschließlich des Melkens nicht robotergeeigneter Kühe sowie zum konventionellen 2 bzw. 3 x täglichen Melken.

Der Arbeitsaufwand ausschließlich bei Nutzung von AMS reduziert sich bei erreichter tägli-cher Melkfrequenz von 2,7 im Vergleich zu zweimaligem Melken im Fischgrätenmelkstand um jährlich 4,4 Akh bzw. 35 %, zu dreimaligem Melken um 10,7 h oder sogar 56,6 %. Wer-den die nicht robotergeeigneten Kühe weiter im Bestand gehalten und separat genutzt, sind gegenüber einem konventionellen Melkstand keine bzw. bei dreimaligem täglichen Melken wesentlich geringere Einsparungen zu erreichen. Als Alternative ist eine Merzung ungeeigne-ter Kühe erforderlich, falls nicht in größeren Betrieben weitere Herden mit üblicher Melk-technik vorhanden sind und eine Eingliederung möglich ist.

Abbildung 4.: Jährlicher Arbeitszeitbedarf Melken bei unterschiedlicher Melktechnik

In der Abb. 5 sind die Anteile der wesentlichen Arbeitsgänge bei Nutzung von AMS darge-stellt.

12,6 12,6

18,9

8,2

AMS AMS +Rohrmelkanlage

FGM (2x) FGM (3x)

Arb

eits

aufw

and

(h/K

uh u

nd J

ahr)

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Abbildung 5: Verteilung der Melkarbeit bei Einsatz von AMS auf einzelne Arbeitsgänge Die Angaben unterstreichen die besonderen Anforderungen an das Management eines auto-matisch gemolkenen Bestandes hinsichtlich Bestandskontrolle und Tierbeobachtung. Mit ei-nem Anteil von über 29 % des Zeitaufwandes für den Zutrieb von Kühen zur Melkbox wird die große Bedeutung von Varianten des Kuhverkehrs deutlich, die diesen Zeitaufwand erheb-lich reduzieren. Gestaltung des Kuhverkehrs und Kapazitätsausnutzung

Die Gestaltung des Kuhverkehrs (freie Zugangsmöglichkeiten der Kühe zum Futtertisch ohne Restriktionen oder als geregelter Umtrieb über die Melkeinrichtung) ist für die Bewirtschaf-tung der Milchkuhherde bei Nutzung von AMS von besonderer Bedeutung. Damit werden Faktoren wie die Melkfrequenz (angestrebt > 2,5), notwendiger Aufwand zum Zutrieb von Kühen zur Melkeinrichtung sowie Häufigkeit der Futteraufnahme der Tiere beeinflusst. Un-tersuchungen dieser Problematik wurden von HARMS et.al. (2002) vorgestellt. Die Ergebnis-se sind der Abb. 6 zu entnehmen.

Abbildung 6: Melkfrequenz, zusätzliche Passagen des AMS und notwendiger Zutrieb von Kühen bei unterschiedlicher Form des Kuhverkehrs (HARMS et al., 2002)

15,2

3,8 4,3

Anzahl Zutriebe pro Tag

2,63

1,44

2,29

0,61

2,56

0,71

Melkfrequenz Zusatzpassagen

frei gelenkt selektiv gelenkt

W artung 15,4%

Zutrieb von Kühen zur Melkbox29,2%

Beobachtung und Kontrolle

28,0%

PC-Managem ent13,1%

Reinigung14,3%

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Die Daten wurden an einem Fleckviehbestand von 50 Tieren erhoben, die mittels einer Ein-boxenanlage eines AMS gemolken wurden. Als dritte Variante wurde die Form des selektiv geregelten Umtriebs (geregelter Verkehr mit zusätzlichen Selektionstoren zum Futtertisch) in den Variantenvergleich einbezogen. Es zeigt sich deutlich, dass geregelte und selektiv gere-gelte Umtriebsformen Vorteile für die Höhe der Melkfrequenzen bedeuten können, in beson-derem Maße aber die Zahl der notwendig manuell zuzutreibenden Kühe reduzieren. Dieser Tatbestand geht ebenso aus den Erhebungen an 2 Varianten des Umtriebes im Ver-suchsgut Groß Kreutz hervor (Tab. 5). Tabelle 5: Notwendiger Zutrieb von Kühen zum AMS im Versuchsgut Groß

Kreutz (Juni 2000 bis September 2002)

freier Kuhverkehr geregelter Kuhverkehr n Kühe % der gemolkenen n Kühe % der gemolkenen

6 11,2 2 4,0 In der Auswertung sind Kühe erfasst, die mindestens 12 Stunden die Melkbox nicht freiwillig aufsuchten. Im Vergleich zum freien Kuhverkehr reduzierte sich der Aufwand des notwendi-gen Zutriebs beim geregelten Umtrieb etwa auf ein Drittel. Die besonderen Vorzüge eines freien Zugangs zum Futtertisch lassen sich aus schwedischen Untersuchungen von THUNE et. al., 2002, an einer Hochleistungsherde ableiten. Tabelle 6: Einfluss des Kuhverkehrs auf die Melkfrequenz und die Anzahl der

Fressperioden (THUNE et. al., 2002)

Kuhverkehr Melkfrequenz Fressperioden frei 1,98 12,07 gelenkt 2,56 3,86 selektiv gelenkt 2,39 6,46 Tab. 6 zeigt, dass sich die Anzahl der Fressperioden und damit die Möglichkeit der Futterauf-nahme bei gelenkten Umtriebsvarianten gegenüber freiem Zugang zum Futtertisch deutlich reduzieren und auf die Hälfte bis ein Drittel zurückgehen. Damit stellt der freie Umtrieb in dieser Frage die günstigste Variante dar. Welche Auswirkungen die Reduzierung der Anzahl Fressperioden bei geregelten Umtriebsvarianten allerdings tatsächlich auf die Höhe der Fut-teraufnahme hat, lässt sich abschließend noch nicht feststellen. Neben dem Umtriebsverfahren besitzt auch die Anzahl der gemolkenen Kühe je Melkeinheit für die Melkfrequenz eine erhebliche Bedeutung. Dies lässt sich anhand der Entwicklung im Versuchsgut Groß Kreutz illustrieren.

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Abbildung 7: Zusammenhang zwischen Melkfrequenz und der Anzahl melkender Kühe im Versuchsgut Groß Kreutz (2 Einboxenanlagen)

Abb. 7 zeigt, dass höhere Melkfrequenzen von 2,7 je Kuh und Tag, die in der Regel für eine deutliche Leistungssteigerung erforderlich sind, erst bei weniger als 55 Tieren je Melkeinheit erreicht werden. Damit sind aber die häufig von Herstellern und Beratern genannten 60 Tiere pro Melkbox nur umsetzbar, wenn die Melkfrequenz mit einem Wert von 2 bis 2,5 akzeptiert wird. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht werden Jahresmilchmengen bei Einboxenanlagen von min-destens 600.000 kg gefordert. Bei 60 melkenden Kühen (ca. 66 Kühe in der Herde) ist dazu ein Melkschnitt von über 27 kg je Tag notwendig. Bei 55 melkenden (ca. 61 Kühe im Be-stand) müssen Tagesleistungen von mindestens 30 kg erreicht werden. Diese Zahlen demonst-rieren, dass das Milchleistungsniveau der Herde und damit die Nutzung von Leistungsreser-ven (erhöhte Melkfrequenz) wirtschaftlich eine hohe Relevanz besitzen. Bei der aktuellen Leistungsentwicklung in vielen Herden wird der genannte Melkschnitt bereits erreicht. Die Realisierung der aus betriebswirtschaftlicher Sicht notwendigen Jahreskapazität gestaltet sich allerdings bislang in der Mehrzahl der Bestände mit AMS noch problematisch, da eine Kom-bination der angestrebten Kuhzahl je Melkbox mit hoher Melkfrequenz und erforderlichem Melkdurchschnitt besondere Anforderungen an die Herdenführung stellt. Fazit

Automatische Melksysteme sind gegenwärtig für Brandenburger (ostdeutsche) Milcherzeuger kein aktuelles Schwerpunktthema. Rahmenbedingungen, die ihren Einsatz fördern, finden sich eher in anderen Betriebsstrukturen und Arbeitsverfassungen. Der erreichte Stand der Einsatzsicherheit und die Funktionalität der verfügbaren Modelle und Systeme von Melkrobo-tern ist noch erheblich differenziert. Die am weitesten verbreiteten Modelle weisen allerdings die notwendige Praxistauglichkeit auf. Analysen und Untersuchungen zu entscheidenden Fra-gen der Tiergerechtheit, Milchqualität und Arbeitswirtschaft belegen, dass Automatische Melksysteme den Anforderungen einer rationellen und qualitätssichernden Milcherzeugung entsprechen. Rationalisierungseffekte und wirtschaftlicher Erfolg werden aber im erheblichen Maße durch die konkrete Bewirtschaftung bestimmt. Die Anforderungen an die Herdenfüh-rung und Kompetenz des Managements gehen in der Regel über jene bei herkömmlicher Melktechnik hinaus. Bei den aktuellen Kostenverhältnissen gestaltet sich die Wirtschaftlich-keit dieser Systeme im Vergleich zu konventioneller Melktechnik schwierig.

90

100

110

120

130

Okt

99

Feb

00

Jun

00

Okt

00

Feb

01

Jun

01

Okt

01

Feb

02

Jun

02

Anzahl melkende Kühe

1,50

1,70

1,90

2,10

2,30

2,50

2,70

2,90

3,10Melkfrequenz

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Entscheidend sind mögliche Arbeitszeiteinsparungen bzw. zumindest eine Flexibilisierung oder Entlastung in Familienbetrieben. Hinsichtlich der Gestaltung des Kuhumtriebes bei Ein-zelboxsystemen sind unterschiedliche Beratungsempfehlungen anzutreffen. Freie und geregel-te Varianten des Kuhverkehrs weisen jeweils Vor- und Nachteile auf. Entscheidend ist aber auch die konkrete betriebliche Situation hinsichtlich Bewirtschaftungsziel, Tierzahl je Melk-box, bauliche und räumliche Situation etc.. Unter diesem Gesichtspunkt besitzen Beratung und Qualifikation potentieller Nutzer sowie die Erarbeitung differenzierter Management- und Einsatzstrategien einen besonderen Stellenwert für eine verbreitete Nutzung Automatischer Melksysteme.

Literatur: BOHLSEN, E. und ARTMANN, R. (1999),: Wie viel Arbeitszeit sparen Melkroboter ein? Melkroboter für Ihren Betrieb? – Sonderheft top agrar, 36 - 39 BOLL, E. (2000): Melkroboter für 70-Kuh-Bestände – Ökonomische Bewertung verschiede-ner Melksysteme; Bauernblatt S-H und Hamburg, H. 12, 44 - 45 BRUCKMEIER, R.M., MACUHOVA, J., MEYER, H.H.D. (2001): Specific aspects of milk ejection in robotic milking, a review, Livestock Production Science 72, 169 - 176 ECKL, J. (2000): Milchviehhaltung im Zeichen von Elektronik und Hightech; Milchpraxis, Bd 38, H. 4, 208 - 212 HAMANN, J. and REINECKE, F. (2002): MACHINE MILKING EFFECTS ON UDDER HEALTH – COMPARISON OF A CONVENTIONAL WITH A ROBOTIC MILKING SYS-TEM; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, March 20 – 22, IV-17 bis IV-27 HARMS, J., WENDL, G. and SCHÖN, H. (2002): INFLUENCE OF COW TRAFFIC ON MILKING AND ANIMAL BEHAVIOUR IN A ROBOTIC MILKING SYSTEM; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, March 20 – 22, II-8 bis II-14, HOPSTER, H. and van der WERF, J.T.N. (2000): Milking with the Lely Astronaut, A Comparative study of physiological and behavioural responses during milking in primiparous dairy cows, ID-Lelystad BV, Report no. 2060 HYDE, J., ENGEL, P. and LANG, B. (2002): INVESTING IN ROBOTIC MILKERS ON NORTH AMERICAN DAIRY FARMS: NOW, LATER, OR NEVER?; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, March 20 – 22, VI-1 bis VI-11 KETELAAR-DE LAUWERE, C.C., DEVIR, S., METZ, J.H.M. (1996): The influence of social hierarchy on the time budget of cows and their visitis to an automatic milking system; Appl. Anim. Behav. Sci. 49, 199 - 211 Ketelaar-de Lauwere, C.C., Hendriks, M.M.W.B., Metz, J.H.M., Schouten, W.G.P. (1998): Behaviour of dairy cows under free or forced cow traffic in a simulated automatic milking system environment, Appl. Anim. Behav. Sci. 56, 13 - 28 KÖHLER, S.D., KAUFMANN, O. und WENDT, K (2002): Eutergesundheit in roboterge-molkenen Herden, Neue Landwirtschaft 9, 60 - 65 KOWALEWSKY, H.-H. (2000): Praxiserfahrungen mit Melkautomaten. – Parlamentari-scher Hoftag in der LfL Brandenburg, Groß Kreutz am 05.06.2000 LEHMANN, B., HARMS, J., BAUMEISTER, J., KOWALEWSKY, H.-H, FÜBBEKER, A. (2001): Arbeitswirtschaft in Betrieben mit automatischen Melkverfahren und Melkständen. Bau, Technik und Umwelt in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, Hohenheim 6.-7. März 2001 (Tagungsband, 254 – 259) MEIJERING, A., van der VORST, Y. and de KONING, K. (2002): IMPLICATIONS OF THE INTRODUCTION OF AUTOMATIC MILKING ON DAIRY FARMS AN EX-TENDED INTEGRATED EU PROJECT; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, March 20 – 22, I-29 bis I-38

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OBERDELLMANN, P. u.a. (2000): Arbeits- und betriebswirtschaftliche Beurteilung auto-matischen Melkens; Landtechnik 55 (4), S. 306 - 307 REINEMANN, D.J. (2002): EVOLUTION OF AUTOMATED MILKING IN THE USA; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, March 20 – 22, I-15 bis I-19 SANGIORGI, F. (2002): ROBOTIC MILKING IN ITALY : TECHNICAL AND ECO-NOMICAL CONSIDERATIONS; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, March 20 – 22, VI-66 bis VI-69 SCHÖN, H. und WENDEL, (2000): Precision Livestock Farming und automatisches Melken für eine wettbewerbsfähige und tiergerechtere Milcherzeugung, Parlamentarischer Hoftag in der LfL Brandenburg, Groß Kreutz am 05.06.2000 STOCKINGER, CH. (1998): Melkstand oder Roboter?; DLG-Mitteilungen 1/98, S. 30 - 34 THUNE, R.∅., BERGGREN, A.M., GRAVAS, L. and WIKTORSSON, H. (2002): BARN LAYOUT AND COW TRAFFIC TO OPTIMISE THE CAPACITY OF AN AUTOMATIC MILKING SYSTEM; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, March 20 – 22, II-45 bis II-50 TRILK, J. and ZUBE, P. (2002): THE USE OF AUTOMATIC MILKING SYSTEMS (AMS) TO SAVE OPERATING TIME; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, March 20 – 22, VI-60 bis VI-62 UMSTÄTTER, C. and KAUFMANN, O. (2002): HEART RATE, STRESS AND FEED BACK IN AUTOMATIC MILKING SYSTEMS; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, March 20 – 22, VI-43 – VI-53 van der VORST, Y. and de KONING, K. (2002): AUTOMATIC MILKING SYSTEMS AND MILK QUALITY IN THREE EUROPEAN COUNTRIES; The First North American Conference On Robotic Milking, Toronto, March 20 – 22, V-1 bis V-12 WENZEL, CH., SCHÖNREITER, S., UNSELM, J. (1998): Untersuchungen zum Verhal-ten und zur Belastung von Kühen beim melken in einem Automatischen Melksystem (AMS), KTBL-Schrift 382, Darmstadt, 122 - 129 WENZEL, CH., SCHÖNREITER, S., UNSELM, J. (2000): Automatisches Melken aus Sicht der Verhaltenskunde und des Tierschutzes, Dtsch. tierärztl. Wschr. 108, 113 - 115 ZUBE, P. (1999): Einsatz automatischer Melksysteme in Brandenburg – Erste Erfahrungen der Anwender und Schlussfolgerungen; Arbeiten aus der Abteilung tierzucht und Tierhaltung der LfL Brandenburg, 33 - 40 ZUBE, P. UND TRILK, J. (2001): Wartezeiten von Kühen vor dem Melken in einem Melk-automaten und Verhalten der Kühe im Wartebereich, Schriftenreihe der Landesanstalt für Landwirtschaft Brandenburg, V/2001, 86 - 87

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3. Arbeitszeitaufwand 3.1 Bewertung des Arbeitsaufwandes bei der Nutzung automatischer Melksysteme

(AMS) P. Zube und J. Trilk: Aktuelle Beiträge zur Landwirtschaft, Schriftenreihe der LVL Brandenburg Band VII 2001, S. 36 - 41 In Brandenburg verfügen z. Z. 7 Betriebe über automatische Melkanlagen, davon 5 über Ein-boxenmelkanlagen vom Typ Lely Astronaut und 2 über Mehrboxenanlagen mit jeweils 4 Melkeinheiten. Das Thema AMS gewinnt zunehmend an Bedeutung. Problemstellung

Der hohe Preis für ein AMS Astronaut und auch der systembedingt höhere Verbrauch an E-nergie, Wasser, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln verursachen nach BOLL (2000) im Vergleich zu einem FGM je nach dessen Ausstattung 6,7 bis 8,5 Pfennig Mehrkosten je kg Milch. Ähnlich große Differenzen werden in der Literatur auch von STOCKINGER und WEIß (1997), KOWALEWSKY (2000) sowie von LEHMANN u. a. (2001) angegeben. Milchleistungssteigerungen, aus einer optimalen Melkfrequenz resultierend, sowie die Ein-sparung von Arbeitszeit müssen diese Mehrkosten weitgehend kompensieren, wenn AMS ökonomisch tragfähig sein sollen. BOHLSEN u. ARTMANN (1999), KOWALEWSKY (2000), BOLL (2000), OBERDELL-MANN u. a. (2000) und LEHMANN u. a. (2001) halten es für möglich, durch AMS im Ver-gleich zum Melken im FGM 10 bis > 50 % Arbeitszeit einzusparen. In der Praxis wurde je-doch in Betrieben, in denen das Zusammenspiel von Tier und Technik nicht sorgfältig aufein-ander abgestimmt war, sogar ein Mehrbedarf an Arbeitszeit festgestellt. Meist sind die Anga-ben zum Arbeitszeitbedarf allerdings eher Schätzungen als das Ergebnis exakter Messungen. LEHMANN u. a. (2001) ermittelten durch Zeitstudien in je 2 Betrieben mit Einboxenanlagen vom Typ Astronaut und mit Mehrboxenanlagen mit 2 bzw. mit 4 Melkeinheiten über jeweils 3 Tage einen Arbeitszeitaufwand für das Melken von 0,5 bis 2,5 Akmin/Kuh u. Tag. Diese Werte ergänzten sie durch einen Zuschlag für Sonderarbeiten nach Angaben der Betriebsleiter (z. B. für das Angewöhnen der Tiere an das AMS, für Fehlerbeseitigung bei Alarm, für Gene-ralreinigung, Wartung und Pflege) und korrigierten sie − um allgemeingültigere Aussagen über den Arbeitzeitaufwand treffen zu können − unter Berücksichtigung betriebsspezifischer Besonderheiten. Für die Häufigkeit der Arbeitsteilvorgänge wurde ein optimierter Funktions-ablauf unterstellt. Nach diesen Korrekturen ergab sich ein kalkulierter Arbeitszeitbedarf von 0,9 bis 1,2 Akmin/Kuh und Tag. Es erhöhte sich also der Minimalbedarf gegenüber dem zu-vor in der Praxis ermittelten niedrigsten Aufwand auf 180 %, während sich der Maximalbe-darf gegenüber dem in der Praxis festgestellten höchsten Aufwand auf 48 % reduzierte. Auch hier handelt es sich i. G. um ein Ergebnis aus einer „Modellkalkulation“, und die Autoren selbst weisen darauf hin, dass es mit einer gewissen Unsicherheit behaftet bleibt. Sie halten es jedoch für hinreichend genau als Orientierung für die Betriebskontrolle und für Betriebsver-gleiche.

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Eigene Untersuchungen In der LVAT Groß Kreutz wurde im November des letzten und im Februar d. J. der Arbeits-zeitaufwand für die Betreuung des Milchviehs in der LVAT ermittelt. Dazu wurde an aufein-anderfolgenden Tagen zuerst für die eine, dann für die zweite Arbeitskraft (im Februar d. J. auch für den Fütterer) der Zeitaufwand für die Durchführung der Teilarbeiten in der Reihen-folge ihres Anfalls festgehalten und (nach Arbeitskomplexen geordnet) addiert. Zum Zeitpunkt der Erfassung im November wurden insgesamt 142, im Februar143 Kühe gehalten. Davon wurden jeweils 118 Kühe an zwei Einboxenmelkanlagen vom Typ „Astro-naut“, im November außerdem 15 und im Februar 11 Kühe an einer Rohrmelkanlage (RMA) gemolken. In der folgenden Tabelle sind Angaben zum ermittelten Zeitaufwand für das Mel-ken zusammengestellt (Tab. 1): Tabelle 1: Arbeitszeitaufwand für das Melken

Erfassungs-termin

ME AMS RMA alle Kühe

Anzahl Kühe 118 15 133 Nov. 2000 Akmin gesamt 200 199 399 Akmin/Kuh u. Tag 1,69 13,27 3,00 Anz. Kühe 118 11 129 Febr. 2001 Akmin gesamt 214 84 298 Akmin/Kuh u. Tag 1,81 7,64 2,31

In den Aufwendungen sind die Zeiten für alle dem Melken zuzuordnenden täglich durchzu-führenden Teilarbeiten enthalten, also sowohl für technik- als auch für tierbezogene Arbeiten (unter letzteren außer dem eigentlichen Melken u. a. auch das Heraussuchen und Zutreiben von Kühen zur Melkanlage). Von den an den AMS gemolkenen Kühen mussten im Novem-ber 21, im Februar 15 Kühe zugetrieben werden, weil sie innerhalb von 12 Stunden seit der letzten Melkung nicht selbständig zum Melken gekommen waren (Verweigerer) oder weil sie manueller Hilfe beim Melken bedurften. Diese Zahlen sind die Summe aus den Zutrieben morgens und nachmittags. In der Tabelle enthalten sind auch Aufwendungen zur Havariebe-seitigung, die vom Personal mit ca. 2 Stunden je Woche, anteilig je Tag also mit 17 Minuten angegeben werden.

Im November wurden − bezogen auf die in den AMS tatsächlich gemolkenen Kühe (AMS-Kühe) − im Mittel 1,69 Akmin je Kuh und Tag aufgewendet. Bezogen auf alle gemolkenen Kühe, wurden jedoch 3 Akmin je Kuh und Tag gebraucht. Ursache dafür war der extrem hohe Zeitbedarf von durchschnittlich 13,27 Akmin je Kuh und Tag für das Melken an der RMA. Für das Melken von 15 Kühen an der RMA wurde ebensoviel Zeit benötigt wie für das Mel-ken von 118 Kühen an den beiden AMS. Bis Februar hatte sich diese Situation deutlich ver-ändert; jetzt wurden für das Melken an der RMA noch 7,64 Akmin/Kuh und Tag gebraucht. Der Rückgang des Zeitbedarfes ist darauf zurückzuführen, dass sich die Tiere inzwischen vollkommen an den Ablauf gewöhnt hatten. Sie mussten nicht mehr in der Gruppe gesucht und zum Melken geholt werden, sondern warteten schon auf das Melken bzw. auf die Kraft-futtergabe während des Melkens. Infolgedessen lag auch der Aufwand für das Melken aller Kühe niedriger, obwohl für das Melken an AMS geringfügig mehr Zeit gebraucht wurde.

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Diskussion der Ergebnisse Ohne Frage spiegelt das Ergebnis aus dem Februar den Normalzustand treffender wieder. Deshalb ist von diesen Werten ausgehend unter Zugrundelegung einer 305-Tage-Laktation auf den Zeitbedarf je Kuh und Jahr hochgerechnet und dieser mit dem Zeitbedarf für das Mel-ken im FGM nach SCHLEITZER (1997) verglichen worden (Abb. 1).

Nach SCHLEITZER (1997) werden in einem gut ausgestatteten 2 x 8er FGM bei täglich zweimaligem Melken 2,48 Akmin je Kuh und Tag gebraucht. Dieser Wert steigt − weil sich der Zeitbedarf je Gemelk wegen des geringer werdenden Milchflusses nicht verändert (WOLF u. a., 1998) − bei täglich dreimaligem Melken auf 3,72 Akmin je Kuh und Tag. Verglichen zu diesen Werten, würde die Einsparung bei allen Kühen gegenüber zweimaligem FGM-Melken 7 % , gegenüber dreimaligem FGM-Melken 38 % betragen. Das tatsächliche Einsparpotential stellen aber die Differenzen dar, die sich aus dem Vergleich der Aufwendungen für die an den AMS tatsächlich gemolkenen Kühe ergeben, die also unbeeinflusst sind durch den hohen Aufwand für die an der RMA gemolkenen Kühe. Das wären 27 % bzw. 51 % (Tab. 2). Tabelle 2: Einsparung an Arbeitszeit durch Melken mit AMS gegenüber Melken

im 2 x 8er FGM 1) Einsparungen im Vergleich zu

FGM 2 x melken

FGM 3 x melken

FGM 2 x melken

FGM 3 x melken

ME AMS-Kühe alle Kühe 2)

Akh/Kuh/Jahr 3,4 9,7 0,9 7,2 % 27 51 7 38

1) Zeitbedarf je Kuh u. Tag: AMS-Kühe = 1,81 Akmin. alle Kühe = 2,31 Akmin.

FGM 2 x melken = 2,48 Akmin. FGM 3 x melken = 3,72 Akmin. 2) 9 % der laktierenden Kühe wurden an einer Rohrmelkanlage gemolken.

Abbildung 1: Arbeitsaufwand für Melken je Kuh und Jahr in AMS 1)

und in FGM 2)

11,79,2

12,6

18,9

0

5

10

15

20

FGM3 x

FGM 2 x

AMS AMS+ RMA

Akh

je K

uh u

. Jah

r

1) aus Ermittlungen im Februar 2001 abgeleitet 2) nach SCHLEITZER, 1997

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Die geringste Differenz zwischen dem Aufwand für das Melken in AMS und das Melken an der RMA betrug 5,83 Akmin/Kuh und Tag. Auf eine 305-Tage-Laktation bezogen, sind das knapp 30 Akh. Bei Bewertung einer Akh mit 30 DM entspricht das 900 DM/Kuh und Jahr. Bei normalen (nicht BSE-beeinflussten) Schlachterlösen für eine gemerzte Kuh beträgt die Differenz zwischen den Kosten einer tragenden Färse und dem Schlachterlös für die Kuh etwa 1.250 DM. Auf 3 Nutzungsjahre verteilt, entspricht das rund 42 DM/Jahr, also weniger als der Hälfte der jährlichen Mehrkosten durch das Melken an der RMA. Auch dann noch, wenn der Schlachter-lös für die Kuh nur 800 DM beträgt und berücksichtigt wird, dass etwa 15 % der Repro-Färsen ausfallen, ist der sofortige Ersatz der Problemkuh günstiger als ihre fortgesetzte Nut-zung. AMS-untaugliche Kühe sollten deshalb gemerzt werden. Sie weiter zu halten, ist nur gerechtfertigt, wenn erwartet werden kann, dass Komplikationen nur eine vorübergehende Erscheinung sind oder wenn die freiwerdende Arbeitszeit nicht anderweitig verwertet werden kann. Die Wirtschaftlichkeit von AMS hängt in hohem Maße davon ab, wie es gelingt, eine hohe Melkfrequenz der Kühe bei weitestgehend selbständigem Aufsuchen der Melkboxen und ge-ringem Umfang manueller Hilfen zu gewährleisten. Gegenwärtig werden in einer Gruppe frischlaktierender Kühe bei freiem Kuhverkehr etwa 2,8 bis 3,0 Melkungen/Kuh und Tag, in einer Gruppe spätlaktierender Kühe bei geregeltem Kuhverkehr etwa 2,4 bis 2,5 Melkun-gen/Kuh und Tag erreicht. Dafür war es im zurückliegenden Monat aber erforderlich, täglich 21 Kühe (10 – 32) zum Melken zu holen, davon in der erstgenannten Gruppe täglich zweimal etwa 3 Verweigerer (einschließlich Jungkühe zum Angewöhnen), die übrigen, weil sie manu-eller Hilfe beim Melken bedurften. In welchem Maße das Holen von Verweigerern und manuelle Hilfen den Arbeitsaufwand beeinflussen, macht die folgende Darstellung deutlich (Abb. 2).

PC- Kom.13,0%

Kühe zutreiben

39,0%

Reinigung6,5%

Wartung14,5%

man. Hilfe u. Beob.27,0%

Die scheinbar nur wenigen Kühe, die nicht freiwillig die Melkbox aufgesucht hatten oder ma-nueller Hilfe bedurften, verursachten im Durchschnitt 66 % des Gesamtarbeitsaufwandes für das Melken von insgesamt jeweils 118 Kühen. Verweigerer und Kühe, die laufend manueller Hilfe beim Ansetzen im Automaten bedürfen, sollten also auf Dauer nicht nur nicht an der RMA gemolken werden. Es ist ebenso wenig zweckmäßig, sie weiterhin am AMS zu melken.

Abbildung 2: Anteil des Arbeitsaufwandes für Teilarbeiten am Gesamtaufwand für Melken mit AMS

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Bei geregeltem Kuhverkehr kommen Verweigerer nicht vor, weil alle Kühe auf dem Wege zum Futter die Melkbox passieren müssen. Das Risiko einer negativen Beeinflussung des Futterverzehrs lässt sich nach HARMS, WENDL u. SCHÖN (2001) ausschließen, wenn nicht melkberechtigten Kühen der Zugang zum Futter über ein zusätzliches Selektionstor ermög-licht wird. Durch einen solchen selektiv gelenkten Kuhverkehr ließe sich das Potential von AMS zur Senkung des Zeitbedarfs für den Arbeitskomplex Melken sicherer ausschöpfen, ohne negative Auswirkungen auf die Leistung der Kühe befürchten zu müssen. Die Nutzung von AMS ist in jedem Falle mit einer grundlegenden Änderung der Arbeitsab-läufe verbunden. Insofern muss beachtet werden, ob womöglich die Einsparungen beim Mel-ken durch einen Mehrverbrauch an Arbeitszeit für andere Arbeitsgänge aufgezehrt werden. Eine Kalkulation mit den Richtwerten des KTBL für Milchviehhaltung in einstreulos bewirt-schafteten Liegeboxen-Laufställen mit täglich zweimaligem Melken im FGM ergibt einen Zeitbedarf von 6,11 Akmin/Kuh und Tag. In der LVAT Groß Kreutz wurde ein Gesamtauf-wand von 4,15 Akmin je Kuh und Tag ermittelt, somit knapp 2 Akmin bzw. 32 % weniger. Eine solche Kalkulation kann naturgemäß nur sehr grob sein. Der Vergleich lässt dennoch darauf schließen, dass das Melken mit AMS nicht mit erhöhten Aufwendungen für andere Arbeiten verbunden gewesen sein dürfte. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 1. Durch Melken mit AMS lassen sich im Vergleich zum Melken im FGM in Abhängigkeit

von den betriebsspezifischen Bedingungen etwa 30 bis 50 % der Arbeitszeit einsparen. Das Einsparpotential kann nicht ausgeschöpft werden, wenn AMS-untaugliche Kühe separat mit konventioneller Technik gemolken oder zum Melken in die Melkbox des AMS getrie-ben werden müssen und individuelle Hilfe beanspruchen.

2. Derartige Kühe weiter zu halten, ist nur gerechtfertigt, wenn erwartet werden kann, dass Komplikationen nur eine vorübergehende Erscheinung sind. Anderenfalls ist weder fortge-setztes Melken in AMS noch das Melken mit konventioneller Technik sinnvoll (ausge-nommen Fälle, in denen eine konventionelle Anlage ohnehin weiter genutzt wird oder freiwerdende Arbeitszeit nicht anderweitig verwertet werden kann).

3. Selektiv geregelter Kuhverkehr könnte u. U. dazu beitragen, das Einsparpotential von AMS sicherer auszuschöpfen.

4. In der Literatur vorliegende Orientierungswerte zum Zeitbedarf für das Melken in AMS sind noch unsicher und in ihrem Geltungsbereich eingeschränkt. Deshalb sind weiterhin eigene Ermittlungen sinnvoll. Angesichts der Tatsache, dass in Brandenburg neben dem „Astronaut“ zunehmend auch andere AMS-Typen Verbreitung finden, sollten auch diese in die Untersuchungen einbezogen werden.

Literatur BOHLSEN, E. und ARTMANN, R. (1999): Wie viel Arbeitszeit sparen Melkroboter ein? in: Melkroboter für Ihren Betrieb? Sonderheft top agrar 1999, S. 36 – 39 BOLL, E. (2000): Melkroboter für 70-Kuh-Bestände − Ökonomische Bewertung verschied-ner Melksysteme. Bauernblatt Schleswig-Holstein und Hamburg (2000) 12. − S. 44-45

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HARMS, J.; WENDL, G.; SCHÖN, H. (2001): Untersuchungen zum Einfluss verschiede-ner Umtriebsformen auf das Tier- und Melkverhalten beim automatischen Melken. Bau, Technik und Umwelt in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, Hohenheim, 6.-7. März 2001 (Tagungsband, S. 236 –240) KOWALEWSKY, H.-H. (2000): Praxiserfahrungen mit Melkautomaten. Parlamentarischer Hoftag in der LfL Brandenburg, Groß Kreutz am 05.06.2000 KTBL (1994): Taschenbuch Landwirtschaft 17. Auflage, Landwirtschaftsverlag GmbH, Münster-Hiltrup 1994 LEHMANN, B. u. a. (2001): Arbeitswirtschaft in Betrieben mit automatischen Melkverfah-ren und Melkständen. Bau, Technik und Umwelt in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, Hohenheim, 6.-7. März 2001 (Tagungsband, S. 254 –259) OBERDELLMANN, P. u. a. (2000): Arbeits- und betriebswirtschaftliche Beurteilung auto-matischen Melkens. Landtechnik 55 (2000) 4. − S. 306-307 SCHLEITZER, G. (1997): Je Melker und Stunde 60 Kühe. Bauernzeitung 38 (1997) 44. −S. 38-39 WOLF, J.; JAHNKE, B.; STUDIER, K. (1998): Mit der dritten Melkzeit zu höheren Ge-winnen? top agrar Spezial (1998) 9. − S. 12-14

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3.2 Die Problemkühe geben den Ausschlag - Mit Melkrobotern Arbeitszeit einsparen P. Zube und J. Trilk: Neue Landwirtschaft Berlin 12 (2001) 7. S. 56 - 58 Das Potenzial automatischer Melksysteme zur Einsparung von Arbeitszeit wird in der Praxis in sehr unterschiedlichem Maße genutzt und durchaus kontrovers diskutiert. DR. P. ZUBE und DR. J. TRILK aus der Landesanstalt für Landwirtschaft des Landes Brandenburg, Abtei-lung Tierzucht und Tierhaltung berichten über Erfahrungen und Ergebnisse aus Zeitstudien im Versuchsgut Groß Kreutz. Problemstellung Aus ökonomischer Sicht sind Automatische Melksysteme (AMS) gegenüber konventionellen Melkständen bislang noch nicht wettbewerbsfähig. Die Analyse an einem AMS des Typs LELY Astronaut in Schleswig-Holstein ergab aufgrund der notwendigen Investitionskosten und des systembedingt höheren Verbrauches an Energie, Wasser, Reinigungs- und Desinfek-tionsmitteln im Vergleich zu einem Fischgrätenmelkstand je nach dessen technischer Ausstat-tung 6,7 bis 8,6 Pf Mehrkosten je kg Milch. Ähnlich große Differenzen werden in der Litera-tur auch von anderen Autoren angegeben. Aus systembedingten Vorzügen resultierende Milchleistungssteigerungen sowie die Einsparung von Arbeitszeit müssen diese Mehrkosten weitgehend kompensieren, wenn AMS ökonomisch tragfähig sein sollen. In mehreren Veröffentlichungen halten es die Autoren für möglich, durch AMS im Vergleich zum Fischgrätenmelkstand (FGM) 10 bis > 50 % Arbeitszeit einzusparen. In der Praxis wurde jedoch in Betrieben, in denen das Zusammenspiel von Tier und Technik nicht sorgfältig auf-einander abgestimmt war, sogar ein Mehrbedarf an Arbeitszeit festgestellt. Meist sind die Angaben zum Arbeitszeitbedarf allerdings eher Schätzungen als das Ergebnis exakter Mes-sungen. Von der FH Osnabrück durchgeführte Zeitstudien in je 2 Betrieben mit Einboxenanlagen vom Typ Astronaut und mit Mehrboxenanlagen mit 2 bzw. mit 4 Melkeinheiten über jeweils 3 Tage ergaben einen Arbeitszeitaufwand für das Melken von 0,5 bis 2,5 Akmin/Kuh u. Tag. Diese Werte wurden durch einen Zuschlag für Sonderarbeiten (z. B. Angewöhnen der Tiere an das AMS, Fehlerbeseitigung bei Alarm, Generalreinigung, Wartung und Pflege) nach An-gaben der Betriebsleiter ergänzt. Um allgemeingültige Aussagen treffen zu können, erfolgten Korrekturen unter Berücksichtigung betriebsspezifischer Besonderheiten. Für die Häufigkeit der einzelnen Arbeitsvorgänge wurde ein optimierter Funktionsablauf unterstellt. Nach diesen Korrekturen ergab sich ein kalkulierter Zeitbedarf von 0,9 bis 1,2 Akmin/Kuh und Tag. Auch hier handelt es sich i. G. um das Ergebnis einer „Modellkalkulation“. Die Autoren selbst wei-sen darauf hin, dass es mit einer gewissen Unsicherheit behaftet bleibt. Sie halten es jedoch für hinreichend genau als Orientierung für die Betriebskontrolle und für Betriebsvergleiche. Abnahme des Arbeitszeitaufwandes dokumentiert

In der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung Groß Kreutz (LVAT) sind seit 1999 zwei Einboxenmelkanlagen vom Typ „Astronaut“ im Einsatz. Neben dem Automati-schen Melksystem sind im Stall 4 Melkplätze an einer Rohrmelkanlage vorhanden. Damit besteht die Möglichkeit, Kühe, die vorübergehend oder dauerhaft nicht für das AMS geeignet sind, zumindest übergangsweise zur Milcherzeugung zu nutzen. Bis zum Ende des I. Halbjahres 2000 wurde im Vergleich zur konventionellen Bewirtschaf-tung kaum Arbeitszeit eingespart, und auch danach schien der Zeitgewinn gering zu sein.

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Zur exakten Bewertung des Arbeitszeitaufwandes am Standort und zur Abschätzung mögli-cher Einsparpotenziale der AMS wurde im November 2000 sowie im Februar und April 2001 der Arbeitszeitaufwand für die Betreuung des Milchviehs in der Lehr- und Versuchsanstalt erfasst. Dazu wurde an aufeinanderfolgenden Tagen zuerst für die eine, dann für die zweite Arbeitskraft (im Februar und April 2001 auch für den Fütterer) der Zeitaufwand für die Durchführung der Teilarbeiten in der Reihenfolge ihres Anfalls festgehalten und − nach Ar-beitskomplexen geordnet − addiert. Zu den Zeitpunkten der Erfassung waren 142, 143 bzw. 141 Kühe im Bestand. Davon wurden im November 2000 und im Februar 2001 jeweils 118 Kühe, im April 2001 100 Kühe an den beiden AMS gemolken, außerdem im November 2000 15 Kühe und im Februar und April d. J. jeweils 11 Kühe an der Rohrmelkanlage (RMA). In der folgenden Tabelle sind Angaben zum ermittelten Zeitaufwand für das Melken zusammengestellt. Tabelle 1: Arbeitszeitaufwand für das Melken

Erfassungster-min

Parameter AMS RMA alle Kühe

Anzahl Kühe 118 15 133 Nov. 2000 Akmin gesamt 200 199 399 Akmin/Kuh u. Tag 1,69 13,27 3,00

Anz. Kühe 118 11 129 Akmin gesamt 214 84 298

Febr. 2001 Akmin/Kuh u. Tag 1,81 7,64 2,31 Anz. Kühe 100 11 111 April 2001 Akmin gesamt 138 121 259 Akmin/Kuh u. Tag 1,38 11,00 2,33

In den Aufwendungen sind die Zeiten für alle dem Melken zuzuordnenden täglichen technik- und tierbezogenen Arbeiten enthalten. Das betrifft u.a. auch das Heraussuchen und Zutreiben von Kühen zur Melkanlage, die diese nicht freiwillig aufgesucht hatten bzw. manueller Unter-stützung beim Ansetz- oder Melkvorgang bedurften. Von den an den AMS gemolkenen Kü-hen mussten im November 2000 21 Kühe, im Februar 2001 15 und im April 18 Kühe zuge-trieben werden, weil sie innerhalb von 12 Stunden seit der letzten Melkung nicht selbständig zum Melken gekommen waren (Verweigerer) bzw. weil sie manueller Hilfe beim Melken bedurften. Diese Zahlen sind die Summe aus den Zutrieben des gesamten Tages. In der Tabel-le enthalten sind auch Aufwendungen zur Havariebeseitigung, die vom Personal mit ca. 2 Stunden je Woche, anteilig je Tag also mit 17 Minuten angegeben wurden.

Im November wurden − bezogen auf die in den AMS tatsächlich gemolkenen Kühe (AMS-Kühe) − im Mittel 1,69 Akmin je Kuh und Tag aufgewendet. Bezogen auf alle gemolkenen Kühe, wurden jedoch 3 Akmin je Kuh und Tag gebraucht. Ursache dafür war der extrem hohe Zeitbedarf von durchschnittlich 13,27 Akmin je Kuh und Tag für das Melken an der RMA. Für das Melken von 15 Kühen an der RMA wurde ebensoviel Zeit benötigt wie für das Mel-ken von 118 Kühen an den beiden AMS. Bis Februar hatte sich diese Situation deutlich ver-ändert; jetzt wurden für das Melken an der RMA noch 7,64 Akmin/Kuh und Tag gebraucht. Der Rückgang des Zeitbedarfes ist darauf zurückzuführen, dass sich die Tiere inzwischen vollkommen an den Ablauf gewöhnt hatten. Sie mussten nicht mehr in der Gruppe gesucht und zum Melken geholt werden, sondern warteten schon auf das Melken bzw. auf die dabei zu erwartende Kraftfuttergabe. Infolgedessen lag auch der Aufwand für das Melken aller Kü-he niedriger, obwohl für das Melken an AMS geringfügig mehr Zeit erforderlich war.

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Eine prinzipielle Veränderung der Situation bei den Tieren, die an der Rohrmelkanlage ge-molken wurden, war jedoch nicht festzustellen. Bei der dritten Periode der Arbeitszeiterfas-sung im April 2001 erhöhte sich der Aufwand für das Melken an der RMA wiederum auf 11,00 Akmin je Kuh und Tag. Der Aufwand für das Melken an den AMS konnte hingegen weiter gesenkt werden.

Enger Zusammenhang zwischen Zeiteinsparung und Problemkühen

Für die Bewertung des Zeitbedarfes unter Verwendung automatischer Melksysteme ist ein Vergleich zum Zeitbedarf bei konventionellem Melken maßgebend. In einem gut ausgestatte-ten 2 x 8er FGM werden bei täglich zweimaligem Melken 2,48 Akmin je Kuh und Tag ge-braucht Schleitzer, 1997). Dieser Wert steigt − weil sich der Zeitbedarf je Gemelk wegen des geringer werdenden Milchflusses nicht verändert − bei täglich dreimaligem Melken auf 3,72 Akmin an. Für das Melken an AMS wurden im Mittel aller drei Erhebungen 1,63 Akmin je Kuh und Tag benötigt. Die in den Perioden der Arbeitszeiterfassung erreichte mittlere Melkfrequenz betrug 2,66 Melkungen je Kuh und Tag. Gegenüber täglich zweimaligem Melken im FGM konnte eine Einsparung von 34 %, gegen-über dreimaligem Melken von 56 % erreicht werden, wenn nur der Aufwand für die an den AMS gemolkenen Kühe berücksichtigt wird. Eigenen Erfahrungen zufolge (und auch nach übereinstimmender Auffassung aller AMS- Anwender in Brandenburg) sollten bei Nutzung von AMS Alternativen in Form konventionel-ler Melkplätze bestehen, um dort „Problemkühe“ zumindest zeitweilig melken zu können. Sofern konventionelle Anlagen ohnehin weiter genutzt werden und nur ein Teilbestand auto-matisch gemolken wird, werden solche Kühe den AMS von vornherein nicht zugeordnet wer-den. Mehraufwendungen für diese Kühe fallen hier kaum ins Gewicht. In den Fällen jedoch, in denen solche Kühe extra gemolken werden müssen, wäre der Vergleich für die gesamte Herde zu ziehen. Einschließlich der Aufwendungen für die an der RMA gemolkenen „Prob-lemkühe“ wurden im Mittel aller drei Erhebungen 2,55 Akmin je Kuh und Tag benötigt. Das sind gegenüber täglich zweimaligem Melken am FGM knapp 3 % mehr und gegenüber täg-lich dreimaligem Melken am FGM 31 % weniger Zeitaufwand. Je Kuh und Jahr müssen durch automatisches Melken gegenüber Melken in einem 2 x 8er FGM je nach Art der Vergleichsführung 0,4 Akh mehr oder bis zu 10,6 Akh weniger aufge-wendet werden (Tab. 2). Verdeutlicht werden die großen Unterschiede in der Abbildung 1.

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Tabelle 2: Einsparung an Arbeitszeit durch automatisches Melken in AMS vom Typ „Astronaut“ gegenüber Melken im 2 x 8er FGM 1)

AMS-Kühe alle Kühe 2)

Einsparungen im Vergleich zu

ME FGM

2 x melken FGM

3 x melken FGM

2 x melken FGM

3 x melken Akh/Kuh/Jahr 4,3 10,6 - 0,4 5,9

% 34 56 - 3 31 1) Zeitbedarf je Kuh u. Tag: AMS-Kühe = 1,63 Akmin.

alle Kühe = 2,55 Akmin. FGM 2 x melken = 2,48 Akmin. FGM 3 x melken = 3,72 Akmin.

2) 10 % der laktierenden Kühe wurden an einer Rohrmelkanlage gemolken.

Abbildung 1: Arbeitszeitaufwand für Melken je Kuh und Jahr in AMS (Mittel aus drei

Erhebungen) und in FGM (nach SCHLEITZER, 1997) Erhebliche Bedeutung für die rationelle Bewirtschaftung besitzt der notwendige Zeitbedarf für das Melken nicht AMS-tauglicher Tiere in der Rohrmelkanlage. Selbst im günstigsten Fall werden im Vergleich zu den automatisch gemolkenen Kühen 5,83 Akmin/Kuh und Tag mehr benötigt. Auf eine 305-Tage-Laktation bezogen, sind das knapp 30 Akh. Bei Bewertung einer Akh mit 30 DM entspricht das 900 DM/Kuh und Jahr. Bei normalen (nicht BSE-beeinfluss-ten) Schlachterlösen für eine gemerzte Kuh beträgt die Differenz zwischen den Kosten einer tragenden Färse und dem Schlachterlös für die Kuh etwa 1.250 DM. Auf 3 Nutzungsjahre verteilt, entspricht das rund 420 DM/Jahr, also weniger als der Hälfte der jährlichen Mehrkos-ten durch das Melken an der RMA. Auch dann, wenn der Schlachterlös für die Kuh nur 800 DM beträgt und berücksichtigt wird, dass etwa 15 % der Färsen ausfallen, ist der soforti-ge Ersatz von Problemkühen günstiger als ihre fortgesetzte Nutzung. AMS-untaugliche Kühe sollten deshalb gemerzt werden. Sie weiter zu halten, ist nur gerechtfertigt, wenn erwartet werden kann, dass Komplikationen nur eine vorübergehende Erscheinung sind oder wenn die freiwerdende Arbeitszeit nicht anderweitig verwertet werden kann. Die Wirtschaftlichkeit von AMS hängt in hohem Maße davon ab, wie es gelingt, eine hohe Melkfrequenz der Kühe bei weitestgehend selbständigem Aufsuchen der Melkboxen und ge-ringem Umfang manueller Hilfen zu gewährleisten.

13,0

8,3

12,6

18,9

02468

101214161820

FGM3 x

FGM 2 x

AMS AMS+ RMA

Akh

/Kuh

u. J

ahr

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Im Zeitraum der Erhebungen wurden in einer Gruppe frischlaktierender Kühe bei freiem Kuhverkehr etwa 2,8 bis 3,0 Melkungen/Kuh und Tag, in einer Gruppe spätlaktierender Kühe bei geregeltem Kuhverkehr etwa 2,4 bis 2,5 Melkungen/Kuh und Tag erreicht. Dafür war es aber erforderlich, täglich 21 Kühe (10 – 32) zum Melken zu holen, davon in der erstgenannten Gruppe täglich zweimal etwa 3 Verweigerer, die übrigen, weil sie manueller Hilfe beim Mel-ken bedurften. In welchem Maße das Holen von Verweigerern und manuelle Hilfen den Arbeitsaufwand beeinflussen, macht Abbildung 2 deutlich. Abbildung 2 : Anteil des Arbeitszeitaufwandes einzelner Tätigkeiten am Gesamtaufwand

für das Melken am AMS

Die scheinbar nur wenigen Kühe, die nicht freiwillig die Melkbox aufgesucht hatten oder ma-nueller Hilfe bedurften, verursachten im Mittel 59,7 % des Gesamtarbeitsaufwandes für das Melken von durchschnittlich 112 Kühen. Solche „Problemkühe“ beanspruchen folglich den größten Teil des Arbeitszeitaufwandes auch am Automatischen Melksystem. Über die wirt-schaftliche Zweckmäßigkeit ihrer weiteren Nutzung muss im Einzelfall entschieden werden. Bei geregeltem Kuhverkehr kommen Verweigerer nicht vor, weil alle Kühe auf dem Wege zum Futter die Melkbox passieren müssen. Das Risiko einer negativen Beeinflussung des Futterverzehrs bei dieser Bewirtschaftungsform lässt sich ausschließen, wenn nicht melkbe-rechtigten Kühen der Zugang zum Futter über ein zusätzliches Selektionstor ermöglicht wird. Durch einen solchen selektiv gelenkten Kuhverkehr ließe sich das Potenzial von AMS zur Senkung des Zeitbedarfs für den Arbeitskomplex Melken sicherer ausschöpfen, ohne negative Auswirkungen auf die Leistung der Kühe befürchten zu müssen.

Die Nutzung von Automatischen Melksystemen ist in jedem Falle mit einer grundlegenden Änderung der Arbeitsabläufe verbunden. Insofern muss beachtet werden, ob die Einsparungen beim Melken durch einen Mehrverbrauch an Arbeitszeit für andere Arbeitsgänge aufgezehrt werden. Eine Kalkulation mit den Richtwerten des KTBL für Milchviehhaltung in einstreulos bewirtschafteten Liegeboxen-Laufställen mit täglich zweimaligem Melken im FGM ergibt einen Zeitbedarf von 6,11 Akmin/Kuh und Tag.

W a r t u n g1 5 , 0 %

R e i n i g u n g1 0 , 8 %

K ü h e z u t r e i b e n3 0 , 4 %

m a n u e l l e H i l f eu . B e o b a c h t u n g

2 9 , 3 %

P C - K o m m u n i k a t i o n

1 4 , 5 %

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In der LVAT Groß Kreutz wurde ein Gesamtaufwand von 4,15 Akmin je Kuh und Tag ermit-telt, somit knapp 2 Akmin bzw. 32 % weniger. Eine solche Kalkulation kann naturgemäß nur sehr grob sein. Der Vergleich lässt dennoch darauf schließen, dass das Melken mit AMS nicht mit erhöhten Aufwendungen für andere Arbeiten verbunden sein muss. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Durch Melken mit Automatischen Melksystemen lassen sich im Vergleich zum Melken im Fischgrätenmelkstand in Abhängigkeit von den betriebsspezifischen Bedingungen etwa 35 bis 55 % der Arbeitszeit einsparen.

Das Einsparpotenzial kann nicht ausgeschöpft werden, wenn AMS-untaugliche Kühe separat mit konventioneller Technik gemolken oder in erheblicher Zahl (> 15 %) zum Melken in die Melkbox des AMS getrieben werden müssen und manuelle Hilfe beanspruchen.

Dauerhaft AMS-untaugliche Kühe sollten im Allgemeinen nur dann weiter genutzt werden, wenn sie einem Bestand zugeordnet werden können, der ohnehin mit konventioneller Technik gemolken wird. Bei vorhandener freier Arbeitskapazität muss im Einzelfall der wirtschaftli-che Wert des Tieres gegenüber den zusätzlichen Aufwendungen für den Zutrieb bzw. eine Melkunterstützung abgewogen werden.

Selektiv geregelter Kuhverkehr kann dazu beitragen, das Potenzial von AMS zur Einsparung von Arbeitszeit sicherer auszuschöpfen. Hohe Melkfrequenzen sind allerdings auch bei freiem Kuhverkehr und angepasstem Bewirtschaftungsregime realisierbar.

Die erzielbare Senkung des Arbeitsaufwandes reicht nicht aus, um die höheren Kosten durch AMS auszugleichen. Dafür ist außerdem eine aus systembedingten Vorzügen (täglich mehr als zweimaliges Melken, weitgehend freie Wahl der Melkzeit durch die Kühe, ausgeprägte Ruhe in der Herde) resultierende Steigerung der Milchleistung der Kühe um etwa 10 % erfor-derlich. Literatur BOHLSEN, E. u. ARTMANN, R. (1999): Wie viel Arbeitszeit sparen Melkroboter ein? in: Melkroboter für Ihren Betrieb? Sonderheft top agrar 1999, S. 36 – 39 BOLL, E. (2000): Melkroboter für 70-Kuh-Bestände − Ökonomische Bewertung verschiede-ner Melksysteme. Bauernblatt Schleswig-Holstein und Hamburg (2000) 12. − S. 44-45 HARMS, J.; WENDL, G.; SCHÖN, H. (2001): Untersuchungen zum Einfluss verschiede-ner Umtriebsformen auf das Tier- und Melkverhalten beim automatischen Melken. Bau, Technik und Umwelt in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, Hohenheim, 6.-7. März 2001 (Tagungsband, S. 236 –240) KOWALEWSKY, H.-H. (2000): Praxiserfahrungen mit Melkautomaten. Parlamentarischer Hoftag in der LfL Brandenburg, Groß Kreutz am 05.06.2000 KTBL (1994): Taschenbuch Landwirtschaft 17. Auflage, Landwirtschaftsverlag GmbH, Münster-Hiltrup 1994 LEHMANN, B. u. a. (2001): Arbeitswirtschaft in Betrieben mit automatischen Melkverfah-ren und Melkständen. Bau, Technik und Umwelt in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, Hohenheim, 6.-7. März 2001 (Tagungsband, S. 254 –259) OBERDELLMANN, P. u. a. (2000): Arbeits- und betriebswirtschaftliche Beurteilung auto-matischen Melkens. Landtechnik 55 (2000) 4. − S. 306-307

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SCHLEITZER, G. (1997): Je Melker und Stunde 60 Kühe. Bauernzeitung 38 (1997) 44. −S. 38-39 STOCKINGER, Chr.; WEISS, A. (1997): Stand der Technik, Stallsysteme, Wirtschaftlich-keit, erste Erfahrungen. Automatisches Melken (AMS), KTBL Arbeitspapier 248, 1997 WOLF, J.; JAHNKE, B.; STUDIER, K. (1998): Mit der dritten Melkzeit zu höheren Ge-winnen? top agrar Spezial (1998) 9. − S. 12-14

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3.3. The use of automatic milking systems (AMS) to save operating time J. Trilk: The First North American Conference On Robotic Milking, March 20 – 22, 2002 Toronto, Canada, Tagungsband S. VI- 60 - 62 In the experimental farm of our institute nearly 140 dairy cows are held in a loose box with outside climate since May 1999. Two robot milkers (automatic milking system, AMS) of a single box type (“Astronaut”) are used for milking. There are four places on a pipe milking station (PMS) for cows not suited for AMS. In general PMS is used for first milking after calving. Determination Of Operating Time In Practice There are considerable differences in published results dealing with saving operating time by use of AMS. We registered operating time by using robot milkers in a quadruple repetition. The objective of our investigation was to detect if it is possible to save working time. The results (Tab. 1) were compared with valid normative for milking in herringbone milking par-lour (HMP). Table 1: Operating time for milking in AMS, in PMS and in total

date of regis-tration

Parameter

AMS 1)

PMS

whole flock

November number of cows 118 15 133 in 2000 min in total 200 199 399

min/cow and day 1,69 13,27 3,00 number of cows 118 11 129 min in total 214 84 298

February in 2001

min/cow and day 1,81 7,64 2,31 April number of cows 100 11 111 in 2001 min in total 138 121 259

min/cow and day 1,38 11,00 2,33 August number of cows 108 17 125 in 2001 min in total 173 109 282 min/cow and day 1,60 6,41 2,26

number of cows

111 (100-118)

14 (11-17)

125 (111-133)

x

min/cow and day

1,62 (1,38-1,81)

9,58 (6,41-13,27)

2,48 (2,26-3,00)

1) In average every cow was milked 2,7 times a day. In average in 21 milking cases per day pushing of cows to

the milking boxes were necessarily, because these cows did not enter the milking boxes voluntary. Measured operating time also includes 17 minutes per day, which in average were spend for service.

On the basis of measured operating time per cow per day the working expenditure per cow per year was calculated. The comparison to conventional milking systems included both two times milking and triple milking a day in a HMP ( see fig.1).

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Operating time in AMS is diminished compared to triple milking and two times milking in HMP by 56 % and 35 % respectively. It is necessary to include the operating time for milking cows not suited for AMS in comparison. This cows were milked in the pipe milking station. In this case save of operating time for milking in AMS is only reduced by 33 % compared to triple times milking in HMP. Compared to two times milking a save in operating time is not achieved. Total operating time in AMS has been split in to different categories. The amounts of operat-ing time regarding these categories show in figure 2.

Fig. 2: Share of special aktivities on the working time for milking by using AMS

pushing to milking boxes

29,2%

supervising and assistance

28,0%

cleaning14,3%

service15,4%

PC13,1%

Fig 1: Operating time for milking per cow per year

0

5

10

15

20

25

HMP 3 x

HMP 2 x

AMS AMS +PMS

Ope

ratin

g tim

e(h

our/c

ow p

er y

ear)

18,9

12,6 12,6

8,2

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It was necessary for about 10 % of cows to pushing to milking boxes, manual assistance and supervising. This seems to be a small proportion. But regarding operating time, this corre-sponds to 57, % of operating time for milking of the whole flock in AMS. Conclusions

- The operating time for milking can be diminished considerable with automatic milk-ing systems .

- A high proportion of working hour expenditure in AMS is used for pushing to milking

boxes, supervision and manual assistance in unsuited cows.

- Cows are not suited for milking in robot milkers should be selected if there is not conventional milking state in addition. The necessary time for assistance is so high as saved time for all others.

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4. Kontrolle Eutergesundheit und Rohmilchqualität 4.1. Nutzung der Elektrischen Leitfähigkeit zur Rohmilch- und Eutergesundheitskon-

trolle bei Automatischen Melksystemen J. Trilk und Kathleen Münch: Aktuelle Beiträge zur Landwirtschaft, Schriftenreihe der LVL Brandenburg Band VII 2001, S. 25 – 36 Problemstellung Seit Ende der neunziger Jahre werden Automatische Melksysteme (AMS) verbreitet in kom-merziellen Milcherzeugerbetrieben genutzt. Ziel ihres Einsatzes sind Arbeitserleichterungen, Flexibilisierung und Einsparung an Arbeitszeit. Bei der Melkhäufigkeit wird davon ausge-gangen, dass es in Abhängigkeit von der individuellen Leistungshöhe der Tiere im Durch-schnitt des Bestandes zu einer Steigerung gegenüber dem bislang allgemein üblichen 2-maligen täglichen Melken kommt. Damit verbindet sich die Erwartung einer zusätzlichen Leistungserhöhung. Verschiedene Hersteller von AMS bieten unterschiedliche Systeme der Melkroboter an sowie differenzierte Konzepte zu deren Einordnung in die Herdenbewirt-schaftung. Grundsätzlich werden nach der Zahl der Melkplätze einer Einheit Ein- oder Mehr-boxenanlagen unterschieden. Die Nutzung der Melkeinrichtungen durch freiwilligen Besuch der Kühe wird als freier Kuhverkehr, ein gesteuerter Weg der Kühe zum Futtertisch über das AMS als geregelter Kuhverkehr bezeichnet. Neben den verschiedenen technischen Abläufen des automatischen Melkvorganges stellt die Frage der Rohmilch- und Eutergesundheitskontrolle eine zentrale Problematik der Anwen-dung dar. Das betrifft sowohl die rechtskonforme Nutzung dieser Technik als auch deren Ein-ordnung in die Herdenbewirtschaftung. Die aktuell verbindliche Rechtsverordnung zur Milchgewinnung (Milchverordnung) schreibt eine visuelle Bewertung des Vorgemelkes zur Entscheidung über die Verkehrsfähigkeit der Milch vor. Dies ist im Rahmen der Nutzung von AMS nicht möglich bzw. lässt deren Einsatz unzweckmäßig werden, da der Melkprozess sich täglich über 24 Stunden erstreckt. In gleichem Maße wie für die Bewertung der Rohmilchqua-lität ist eine visuelle Kontrolle gegenwärtig die effektivste Form der Erkennung klinischer Eutererkrankungen. Damit können notwendige Therapien kurzfristig eingeleitet und anhal-tende Gesundheitsstörungen und Leistungseinbußen am besten vermieden werden. Als Ersatz der visuellen Beurteilung des Vorgemelkes ist aktuell nur die Messung der Elektri-schen Leitfähigkeit (LF) der Milch geeignet. Sie stellt das einzige Verfahren dar, dass tech-nisch unter praktischen Verhältnissen der Milchgewinnung anwendbar ist und einen Maßstab für Eutergesundheitsstörungen liefert. Physiologische Grundlage des Verfahrens ist die bei Euterentzündungen sich verändernde Ionenkonzentration in der Milch. Die Entzündungsprozesse führen zur erhöhten Permeabilität der Blut-Euterschranke und in Verbindung damit zu einer Senkung der Kalium- und einer Erhöhung der Natrium- und Cloridionenkonzentration in der Milch. Dieser Vorgang erhöht deren Leitfähigkeit. Die Begrenzung der Aussagefähigkeit des Parameters wird durch dessen zusätzliche Beeinflussung durch physiologische und Umweltfaktoren verursacht. Darüber hinaus ist die Leitfähigkeit als kontinuierliches Merkmal weniger zur Erkennung einer klini-schen Erkrankung und des Eintritts der Nichtverkehrsfähigkeit der Milch nach den gegenwär-tig verwendeten Maßstäben prädestiniert. Ihre Nutzung muss als begleitender Parameter der Herdenkontrolle definiert werden und bei sich abzeichnenden Veränderungen zu einer klini-schen Kontrolle des jeweiligen Tieres und der Milch führen.

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Über die Aussagesicherheit und Zuverlässigkeit des Merkmals zur Erkennung von Mastitiden werden in wissenschaftlichen Untersuchungen und praktischen Erfahrungsberichten sehr un-terschiedliche Angaben gemacht. Die nachfolgenden Untersuchungen im Bestand des Ver-suchsgutes Groß Kreutz sollten die Eignung der LF-Messung bei Nutzung eines Automati-schen Melksystems für den genannten Zweck prüfen und die Übereinstimmung dieser Ergeb-nisse mit einer manuellen Messung ermitteln. Eigene Untersuchungen Die Analysen im Milchviehbestand Groß Kreutz erfolgten im Zeitraum November 1999 bis Juli 2000. Sie umfassten die visuelle Bewertung des Vorgemelkes, die Messung der Elektri-schen Leitfähigkeit im Vorgemelk (Zisternenmilch) sowie die Registrierung der durch das Automatische Melksystem LELY Astronaut gemessenen Leitfähigkeit. Die Datenerfassung wurde durch ausschließlich eine Person vorgenommen. Visuell wurde die Rohmilch in die Kategorien o.B. oder sinnfällig verändert eingestuft. Die Messung der Leitfähigkeit im Vor-gemelk erfolgte mit dem Handgerät MASTITRON in der allgemein üblichen Einheit Milli-siemens/cm (mS/cm). Als Warnhinweis für Euterentzündungen gelten Erhöhungen über einen Wert von 6,4 bzw. Differenzen der Werte zwischen den Eutervierteln von mehr als 15 %. Die Messung der LF durch den LELY Astronaut wird kontinuierlich während des gesamten Milchflusses (Alveolarmilch) im Abstand von etwa 5 Sekunden durchgeführt. Der ausgewie-sene Wert stellt den Durchschnitt der 20 höchsten Einzelmessungen dar. Als Maßeinheit wird ein firmeneigener Messwert (Nedap) verwendet. Warnhinweise erfolgen anhand auftretender Differenzen zwischen den Eutervierteln bzw. zum gleitenden Mittelwert des jeweiligen Vier-tels der letzten 3 Melktage. Die Größe der auslösenden Differenz ist vom Anwender wählbar. Im vorliegenden Fall wurden ebenso wie beim Mastitron 15 % eingestellt. In die Analysen wurden 750 Vergleichsmessungen von 2.919 Eutervierteln 151 verschiedener Kühe einbezogen. Angaben zum einbezogenen Bestand in den einzelnen Monaten sind in der Tabelle 1 enthalten. Tabelle 1: Angaben zum Untersuchungsumfang und zur Merkmalsausbildung der

einbezogenen Kühe und zum Gesamtbestand

Messungen

Tiere

Messungen/Tier

Melktage Laktations-

Nr. Tagesleistung

(kg) Monat (n) (n) ∅ s ∅ s ∅ s ∅ s Nov. 99 120 60 2,0 1,25 174 107,2 1,67 0,77 22,5 7,53 Dez. 99 20 19 1,1 0,22 259 118,2 1,68 0,86 20,7 8,56 Feb. 00 103 66 1,6 0,74 185 123,9 1,62 0,92 24,6 6,50 März 00 147 79 1,9 0,92 196 116,5 1,44 0,76 23,2 7,47 Apr. 00 109 59 1,8 1,19 212 117,5 1,66 0,88 23,7 8,81 Mai 00 127 75 1,7 0,97 206 131,8 1,56 0,79 23,3 7,26 Juni 00 84 56 1,5 0,80 184 153,1 1,73 0,86 23,4 7,06 Juli 00 40 32 1,3 0,43 202 155,3 1,72 0,94 23,8 6,71 gesamt 750 151 5,0 3,55 197 128,7 1,61 0,84 23,4 7,49 Herde − − − − 186 − 1,52 − 24,0 −

Im Monat Januar 2000 konnte wegen eines defekten Messgerätes keine Datenerfassung vor-genommen werden. In den einzelnen Monaten wurden im Durchschnitt die Kühe zwischen 1,1 bis 2-mal in die Bewertung einbezogen. Über den gesamten Untersuchungszeitraum wur-den die Tiere im Mittel 5-mal mit Schwankungen von 1 bis 11 zur Vorgemelksbewertung und Leitfähigkeitsmessung genutzt.

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Die Parameter Melktage, Laktationsnummer und Tagesleistung entsprachen bei der Bewer-tung weitgehend den Durchschnittswerten des Gesamtbestandes. Dabei wiesen die Analyse-tiere bei der Messung ein geringfügig fortgeschritteneres Laktationsstadium, eine unwesent-lich höhere Laktationsnummer und ein um 0,6 kg geringeres Tagesgemelk auf als der Ge-samtbestand. Die Variation der Melktage und Tagesleistungen belegt die Einbeziehung eines weiten Spekt-rums in Laktationsstadium und Leistungshöhe. In der Tabelle 2 sind die Daten zu auftreten-den klinischen Mastitiden, Zellzahlen und der Elektrischen Leitfähigkeit enthalten. Tabelle 2: Angaben zu Erkrankungsraten, Zellzahlen und Leitfähigkeitswerten Rate klin.

Mastitiden s ZZ

(Tsd/ml) MASTITRON

(mS/cm) Leitfähigkeit LELY (NEDAP-Einheit)

VR HR HL VL VR HR HL VL Monat (%)- ∅ s ∅ ∅ ∅ ∅ ∅ ∅ ∅ ∅

Nov. 99 3,3 170,7 229,97 8,8 8,5 8,3 8,3 81 80 78 78 Dez. 99 0 170,7 78,97 8,3 8,4 8,3 8,7 78 80 81 84 Feb. 00 6,1 235,0 478,49 7,0 6,8 6,9 6,9 78 79 79 78

März 00 6,3 206,0 335,30 6,6 6,7 6,8 6,6 75 76 75 75 Apr. 00 8,5 294,4 490,18 6,6 6,8 6,7 6,7 75 77 77 76 Mai 00 4,0 248,4 534,88 6,1 6,0 6,1 6,0 76 76 76 75 Juni 00 5,4 304,7 677,40 6,3 6,3 6,3 6,1 75 75 76 76 Juli 00 6,3 480,9 1.578,93 6,4 6,3 6,5 6,3 80 79 80 78 gesamt

∅ ± s

5,4

255,0

619,26

6,9

1,53

6,9

1,48

6,9

1,39

6,8

1,38

77

10,3

77 9,3

77 9,9

76 9,4

Herde 4,1 192,6 − − − − − − − − − Die Zellzahlen sind Werte aus der monatlichen Milchleistungskontrolle und entsprechen im Erfassungszeitpunkt nicht zeitnah der Vorgemelksbeurteilung und der LF-Messung. Sie die-nen im vorliegenden Fall zur Charakteristik des Bestandes und der einbezogenen Tiere. Die Rate an klinischen Mastitiden und die Zahl somatischer Zellen der jeweiligen Untersuchungs-tiere liegt deutlich über den Werten des Gesamtbestandes. Die Ursache dafür ist im Bestreben begründet, Tiere mit aktuellen Euterproblemen in die Bewertungen einzubeziehen. Die Euter-gesundheitssituation im Gesamtbestand mit einer mittleren klinischen Erkrankungsrate von 4,1 % und 192,6 Tsd. Zellen je ml entspricht einem mittleren praktischen Niveau. Die hohe Streuung der Zellzahlen zeigt die enorme Schwankungsbreite bei diesem Merkmal im Be-stand und belegt die Berücksichtigung insbesondere der Problemtiere zur Datenerfassung. Die absoluten Werte der mittels dem Handgerät MASTITRON gemessenen Elektrischen Leit-fähigkeit sind sehr hoch und übersteigen die üblicherweise erwarteten Größen. Das betrifft vor allem die ersten beiden Monate der Datenerfassung. Danach wurde eine Neujustierung des Gerätes vorgenommen. Die Registrierung der Warnhinweise erfolgte ausschließlich auf-grund der Wertedifferenzen zwischen den Eutervierteln. Insofern kann den Hinweisen des Geräteherstellers gefolgt werden, der die absoluten Werte für sekundär in der Aussage be-nennt und dafür differenzierte Einflussgrößen der jeweiligen Herde ursächlich verantwortlich sieht. Die Ergebnisse der visuellen Bewertung sind in Tabelle 3 dargestellt. Als Rohmilchverände-rungen wurden Farb- und Konsistenzveränderungen sowie Auftreten von Flocken gewertet. Von allen Proben war ein Anteil von 7,5 % wahrnehmbar verändert.

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Die Unterschiede zwischen den einzelnen Eutervierteln zum Auftreten von Rohmilchverände-rungen waren gering und lagen zwischen 6,2 bis 8,1 %. Tabelle 3: Ergebnisse der visuellen Bewertung der Vorgemelke

Vorgemelk Veränderung trocken laktierend o.B. verändert lakt. Viertel Viertel n (n) (n) (n) (n) (%) VR 750 22 728 669 59 8,1 HR 750 13 737 680 57 7,7 HL 750 8 742 683 59 8,0 VL 750 38 712 668 44 6,2 gesamt 3.000 81 2.919 2.700 219 7,5

Tabelle 4 enthält die übereinstimmende Bewertung von MASTITRON und LELY mit der visuellen Beurteilung. Bei der Einstufung unveränderter Milch wird eine vergleichsweise gute Übereinstimmung erzielt. Das MASTITRON erreicht in 92,9 % der Fälle eine gleiche Einstu-fung unveränderter Vorgemelke. Das AMS bewertet 93,3 % der unveränderten Vorgemelke bei der Messung in der aktuellen Melkzeit und 94,4 % in der vorherigen als verkehrsfähig. Tabelle 4: Übereinstimmung in der Milchbewertung nach Elektrischer Leitfähigkeit

und visueller Beurteilung MASTITRON LELY ( aktuelle Melkzeit) LELY (vorherige Melkzeit) Milch

o.B. Milch

verändert Milch o.B.

Milch verändert

Milch o.B.

Milch verändert

Viertel

n

rel. (%)

n

rel. (%)

n

rel. (%)

n

rel. (%)

n

rel. (%)

n

rel. (%)

VR 617 92,2 46 78,0 632 94,5 40 70,2 633 94,6 33 55,9 HR 639 94,0 43 75,4 630 92,6 39 66,1 643 94,6 31 54,4 HL 636 93,1 49 83,1 631 92,4 44 74,6 646 94,6 38 64,4 VL 617 92,4 31 70,5 625 93,6 31 70,5 627 93,9 23 52,3 gesamt 2.509 92,9 169 77,2 2.518 93,3 154 70,3 2.549 94,4 125 57,1

Deutlich geringer ist die Übereinstimmung bei den Proben, die als sinnfällig verändert beur-teilt wurden. Von den 219 veränderten Vorgemelken wurden nach Test mittels MASTITRON nur 77,2 %, durch Gemelksbewertung des AMS nur 70,3 % durch Warnhinweis in der aktuel-len Melkzeit und nur 57,1 % in der vorangegangenen als verändert gewertet. Die Daten bezüglich einer abweichenden Bewertung zur visuellen Beurteilung sind in den Tabellen 5 bis 7 dargestellt. Auch hier wird deutlich, dass die Rate der Nichterkennung sinn-fälliger Veränderungen mit 22,8 % (MASTITRON) bis 42,9 % (AMS vorherige Melkzeit) deutlich ungünstiger ist gegenüber der Bewertung verkehrsfähiger Milch.

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Tabelle 5: Abweichende Bewertung LF MASTITRON zur visuellen Beurteilung

Nichterkennen von Milchveränderungen

Warnhinweise ohne Milchveränderungen

Viertel n relativ (%) n relativ (%) VR 13 22,0 52 53,1 HR 14 24,6 41 48,8 HL 10 16,9 47 49,0 VL 13 29,5 51 62,2

gesamt 50 22,8 191 53,1 Tabelle 6: Abweichende Bewertung LF AMS (aktuelle MZ ) zur visuellen

Beurteilung Nichterkennen von

Milchveränderungen Warnhinweise ohne

Milchveränderungen Viertel n relativ (%) n relativ (%)

VR 17 28,8 39 49,4 HR 20 34,1 48 55,2 HL 15 25,4 52 54,2 VL 13 29,5 43 58,1

gesamt 65 29,7 182 54,2 Tabelle 7: Abweichende Bewertung LF AMS (vorherige MZ ) zur visuellen

Beurteilung Nichterkennen von

Milchveränderungen Warnhinweise ohne Milchveränderungen

Viertel n relativ (%) n relativ (%) VR 26 44,1 36 52,2 HR 26 45,6 37 54,4 HL 21 35,6 37 49,3 VL 21 47,7 41 64,1

gesamt 94 42,9 151 54,7 Der Anteil Warnhinweise ohne visuell feststellbare Rohmilchveränderung liegt bei allen Va-rianten in ähnlicher Größenordnung und ist mit 53,1 % (MASTITRON) bis 54,7 % (LELY) beachtlich hoch. Zwischen den beiden Verfahren der Leitfähigkeitsmessung in der aktuellen Melkzeit wurde eine übereinstimmende Bewertung in der Probenbeurteilung von 94,5 % der Fälle festgestellt. Die Korrelation der gemessenen LF-Werte betrug 0,60 mit Werten von 0,55 bis 0,65 für die einzelnen Viertel. Der Vergleich der beiden Messzeitpunkte des AMS zeigte bei der Erkennung visueller Ver-änderungen deutlich höhere Raten in der aktuellen Melkzeit. Festzustellen war allerdings, dass extreme Rohmilchveränderungen teilweise zu keinen Warnhinweisen führten. Das betraf alle Messverfahren und demonstriert die Grenzen der Aussagefähigkeit des Parameters. Tabelle 8 enthält Angaben zur übereinstimmenden Bewertung des AMS zu unterschiedlichen Melkzeiten bei unverändertem und verändertem Vorgemelk.

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Tabelle 8: Übereinstimmende Bewertung LF AMS der vorherigen und aktuellen Melkzeit

Milch o.B.

Warnhinweise bei visueller Veränderung

Warnhinweise ohne Veränderung

Viertel

n

rel. zu visueller Bewertung

n

relativ zu visuellerBewertung

n

rel. zu identischen Warnhinweisen

VR 610 91,2 30 50,8 15 33,3 HR 614 90,3 26 45,6 21 44,7 HL 612 89,6 33 55,9 17 34,0 VL 607 90,9 20 45,5 23 53,5

gesamt 2.443 90,5 109 49,8 76 41,1 Eine identische Bewertung unveränderter Gemelke ist in 90,5 % der Fälle festzustellen. Warnhinweise bei veränderten Vorgemelken erfolgen in beiden Melkzeiten in knapp 50 % der Fälle. Der Anteil Warnhinweise ohne Rohmilchveränderungen liegt bei 41,1 %. Tabelle 9 enthält Angaben zur statistischen Prüfung der Bewertung der Rohmilch nach den verschiedenen Varianten. Als Test wurde der Chi-Quadrat-Anpassungstest (RASCH, 1987) genutzt. Tabelle 9 : Prüfung zu Unterschieden in den verschiedenen Varianten

der Rohmilch-/Eutergesundheitsbewertung MASTI- LELY LELY LELY MASTI- TRON (aktuelle MZ) (voherige MZ) aktuelle TRON : : : : : Parameter

visuell

visuell

visuell

vorherige MZ

LELY (gleiche MZ)

Bewertung o.B.

+

+

+

-

-

Milch verändert/ Warnhinweis

+

+

+

+

-

Warnhinweise ohne Milchveränderung

+

+

+

+

-

+ α < 0,05 Alle Varianten der Rohmilchbeurteilung nach Messung der Elektrischen Leitfähigkeit unter-scheiden sich nachweislich von der visuellen Beurteilung hinsichtlich Anteil bewerteter Ge-melke ohne Veränderungen, Anteil veränderter Gemelke sowie der Rate von Warnhinweisen ohne sichtbare Rohmilchveränderungen. Zwischen MASTITRON und der Messung des AMS zur aktuellen Melkzeit wurden keine deutlichen Unterschiede in der Bewertungsrate festge-stellt. Die AMS Bewertung aufeinander folgender Melkzeiten unterscheidet sich nicht in der Rate unveränderter Gemelke, allerdings hinsichtlich Warnhinweisen bei veränderten und un-veränderten Gemelken. Diskussion Die Elektrische Leitfähigkeit wird seit etwa 40 Jahren bereits auf ihre Eignung zur Diagnostik subklinischer Mastitiden geprüft (SCHULZ u.a., 1987). Sie ist bis heute das einzige Merkmal, das unter den praktischen Verhältnissen der Milchgewinnung automatisiert durchgeführt eine vertretbare Aussagesicherheit hinsichtlich der Eutergesundheit ermöglicht.

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Mit der Einführung Automatischer Melksysteme wurde in Ermangelung sonstiger praktikab-ler Verfahren der Eutergesundheitskontrolle/Rohmilchbeurteilung die LF zum wesentlichsten Kriterium der Überwachung der Eutergesundheit. Dabei ist in erster Linie ihre Bedeutung in der frühzeitigen Feststellung beginnender Entzündungsprozesse zu sehen. Zur Überprüfung der Aussagesicherheit befassen sich eine Reihe neuerer Untersuchungen mit der Beziehung der Elektrischen Leitfähigkeit zum verlässlichsten Indikator subklinischer Mastitiden, dem somatischen Zellgehalt der Milch (RÖHRMOSER u.a., 1994; SCHLOTE und FUNKE, 1997a und 1997b; HAMANN u.a., 1999; BARTH und GRAUPNER, 1999; SCHOLZ u.a., 2001). Die zwischen beiden Parametern geschätzten Korrelationen bewegen sich in einer relativ großen Spannweite. So ermittelten SCHLOTE und FUNKE (1997b) Wer-te zwischen r = 0,50 bis 0,59, HAMANN u.a. (1999) von r = 0,29 bis 0,66 und SCHOLZ u.a. (2001) von r = 0,06 bis 0,26. Die Ursachen der großen Schwankung der Schätzwerte sind im Einfluss verschiedener Parameter auf die Leitfähigkeit der Milch wie Laktationsstadium, Ras-se, Melkintervall und Kuhstatus (Keimstatus) (HAMANN und ZECCONI, 1998) aber auch auf die somatische Zellzahl zu sehen. Tabelle 10 enthält Angaben verschiedener Autoren zur Feststellung erhöhter Gehalte somati-scher Zellen durch die Messung der Elektrischen Leitfähigkeit. Neben den unterschiedlich gewählten Zellzahlklassen unterscheiden sich die Untersuchungen teilweise auch im berück-sichtigten Parameter der LF. Tabelle 10 : Angaben verschiedener Autoren zur Feststellung erhöhter

Zellzahlwerte mittels LF-Messung Autoren sZZ-Klasse Erkennungsrate durch (Tsd/ml) LF-Messung (%) RÖHRMOSER u.a. (1994) ≥ 200 84,0 SCHLOTE und FUNKE (1997a) > 100 71,8 bis 80,0 BARTH und GRAUPNER (1999) > 100 bis < 300

> 300 50,0 88,9

HAMANN (1999) ≥ 100 29,0 KLOPPERT u.a. (1999) >100

>800 38,7 69,8

SPOHR (1999) > 250 7,0 bis 44,0 SCHWARZER (2000) zit. nach SCHOLZ u.a. (2001)

> 100

< 25,0

Als Einstufungskriterium wurden absolute Werte , z.T. Vierteldifferenzen und teilweise beide Parameter in Kombination genutzt. So ist die erhebliche Streuungsbreite der Ergebnisse zu erklären. Deutlich wird, dass bei höher angesetzten Grenzen der Zellzahl die Übereinstim-mung in der Bewertung durch die Leitfähigkeit zunimmt. Bleibt der minimale Wert von SPOHR (1999) bei einmaliger LF-Messung unberücksichtigt, so werden Zellzahlerhöhungen ≥ 200.000 je ml in Größenordnungen zwischen 44 und 88,9 % durch LF-Messungen festge-stellt. Damit verbleibt eine erhebliche diagnostische Unsicherheit dieses Messwertes, was durch die Mehrzahl der Versuchsansteller unterstrichen wird. Analysen zur Feststellung klinischer Mastitiden/Rohmilchveränderungen durch Messung der LF wie in den eigenen Erhebungen war in einer nur geringen Zahl Gegenstand wissenschaft-licher Untersuchungen oder Analysen. Sie werden ausschließlich in Zusammenhang mit der Anwendung Automatischer Melkverfahren diskutiert.

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Im Vergleich zu den eigenen Ergebnissen werden deutlich differenzierte Resultate ermittelt (Tabelle 11). SPOHR (1999) gibt eine Rate der Erkennung klinischer Mastitiden von 33 und 73 % bei einmaligem bzw. wiederholtem LF-Anstieg, SCHWARZER (2000) zit. nach SCHOLZ u.a. (2001) einen Wert von 87,7 % an. In den eigenen Untersuchungen betragen die Werte 49,8 % bei zweimaligem identischem Hinweis, 57,1 % bei einmaligem Hinweis in der vorangegangenen Melkzeit und 70,3 % bei Hinweisen in der aktuellen Melkzeit. Damit zeigt die Messung zur aktuellen Melkzeit die größte Aussagesicherheit in der Erkennung von visu-ell wahrnehmbaren Veränderungen. In der praktischen Anwendung haben sich dabei zwei Dinge als problematisch erwiesen. Das betrifft zum ersten die Verfügbarkeit des Leitfähig-keitswertes nur einer zurückliegenden Melkzeit. Eine begleitende Beurteilung des LF Verlau-fes ist somit nur bedingt möglich. Zum zweiten war festzustellen, dass gerade extreme Ge-melksveränderungen in der aktuellen Melkzeit durch das System nicht registriert wurden. Das unterstreicht die besondere Verantwortung des Anwenders Automatischer Melksysteme be-züglich einer intensiven Verfahrens- und Tierkontrolle. Tabelle 11: Übereinstimmende Gemelksbewertung von klinischer Beurteilung

und LF-Messung bei Automatischen Melksystemen

Autoren o.B. klinische Veränderungen SPOHR (1999) kurzfristiger LF-Anstieg 97 % 33,0 % wiederholter LF-Anstieg 100 % 73,0 % SCHWARZER (2000) k.A. 87,7 % Eigene Ergebnisse Warnhinweis: vorherige MZ 94,4 % 57,1 % aktuelle MZ 93,3 % 70,3 % vorherige + aktuelle MZ 90,5 % 49,8 % Eine relativ hohe Kongruenz herrscht bei der Feststellung gesunder Viertel. Hier ist das Er-gebnis der Werte des AMS mit 90,5 % bis 94,4 % vergleichsweise günstig aber trotzdem von der visuellen Bewertung statistisch nachweisbar differenziert. Die Literaturangaben zur Aus-sagesicherheit der Leitfähigkeitsmessung für dieses Merkmal reichen von 75,5 bis 100 % (RÖHRMOSER u.a., 1994; SCHLOTE und FUNKE, 1997a; BARTH und GRAUPNER, 1999; KLOPPERT u.a., 1999; HAMANN, 1999; SPOHR, 1999) und entsprechen den eigenen Ergebnissen. Als beachtlich hoch ist die Rate von Warnhinweisen ohne klinische Verände-rungen mit 41,1 bis 54,7 % einzuschätzen. Fazit Die in den vorliegenden Untersuchungen zur Feststellung der Eutergesundheit/Rohmilch-veränderungen mit der Leitfähigkeitsmessung des Automatischen Melksystems LELY Astro-naut ermittelten Ergebnisse liegen in den Spannen wie sie im Schrifttum zur Leitfähigkeit diskutiert werden. Die Feststellungsrate der gesunden Viertel betrug 90,5 bis 94,4 % der ins-gesamt gesunden, die der klinisch erkrankten 49,8 % (vorangegangene und aktuelle Melkzeit gleich) bis 70,3 % (aktuelle Melkzeit) bei visuellen Rohmilchveränderungen. Warnhinweise ohne klinischen Befund waren von 41,1 % (vorangegangene und aktuelle gleich) bis 54,7 % (vorangegangene Melkzeit) zu registrieren. In den Untersuchungen hat sich die Messung in der aktuellen Melkzeit als jene mit der größten Aussagesicherheit erwiesen. Ungeachtet des-sen bleibt ein erhebliches diagnostisches Risiko auch bei deutlichen klinischen Erscheinun-gen.

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Unterschiede im Verfahren der Messung der Leitfähigkeit in der Zisternenmilch (MASTI-TRON) bzw. Alveolarmilch (LELY), wie sie in den Untersuchungen von GRAUPNER u.a. (1989) festgestellt wurden, waren für die Gemelksbewertung nicht relevant. Das durch das AMS praktizierte Messverfahren der Auswertung der 20 größten Einzelwerte scheint zu einer vergleichsweise gleichen Aussagesicherheit zu führen wie die Messung im Vorgemelk. Die Korrelation zwischen beiden Messverfahren liegt mit einem Wert von 0,60 im hohen aber nicht im extrem engen Bereich. Die ermittelten Ergebnisse unterstreichen die begrenzte Eignung einer alleinigen Entschei-dung über die Verkehrsfähigkeit der Rohmilch bzw. über die klinische Eutergesundheit der Kuh anhand von Leitfähigkeitsmessungen. Damit bleibt die Problematik der Einhaltung der gültigen Milchverordnung durch die vorhandenen Automatischen Melksysteme (REICH-MUTH und KAPPSTEIN, 1999) relevant. Weitere technische Messvarianten werden von einigen Firmen bereits angeboten. Vorrangig sind dabei Messungen der Konsistenz- oder Farbveränderungen vorgesehen. Untersuchungen von ORDOLFF (2001) anhand von Farb-veränderungen in Vorgemelken und deren Beziehung zum Zellgehalt bzw. bakteriologischen Befunden zeigen deren grundsätzliche Eignung. Befriedigende Aussagesicherheit konnte al-lerdings noch nicht erreicht werden. Somit ist der vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin vorgeschlagene Maßnahmenkatalog (ANONYM, 2001) ein geeignetes Instrument zur Rohmilch- und Eutergesundheitskontrolle. Er beinhaltet:

- zweimalige tägliche Stall-, Gesundheits- und Sauberkeitskontrolle sowie Überprüfung der Warnlisten des AMS,

- monatliche Überprüfung der Zellzahlen jeder Kuh; maximal 30 % dürfen über 250.000 Zellen/ml liegen,

- zweimal monatlich Überprüfung der Zellzahl der Tankmilch; keine Probe darf über 400.000; zwei einander folgende Proben dürfen im Durchschnitt nicht über 300.000 Zellen liegen,

- Dokumentation aller vorgenannten Maßnahmen,

- tägliche Reinigung der Lauf- und Liegeflächen,

- bedarfsweises Enthaaren der Euter. Von besonderer Wichtigkeit für die Anwender von AMS ist die Kenntnis, dass mit der Mes-sung der Elektrischen Leitfähigkeit bis zu 50 % negativ falsche Diagnosen erkrankter Viertel getroffen werden und bis zu 55 % der Warnhinweise klinisch gesunde Viertel betreffen. Auch Fehlwarnungen bei wiederholten Hinweisen sind mit 41,1 % der Fälle hoch. Das liegt nicht in einem technischen Fehler begründet, sondern in der bereits ursprünglich bekannten nur be-dingten Eignung des Messparameters. Aus diesem Grunde sind die weiterhin anfallenden In-formationen wie Zellzahl und tägliche Milchmenge in einem System intensiver Einzeltierkon-trolle zu berücksichtigen. Die bereits vorliegenden ersten wissenschaftlichen Ergebnisse zu weiteren technischen Messparametern (Farbveränderungen) lassen mittelfristig eine automati-sierte Lösung erwarten.

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Literatur ANONYM (2001): Milchhygiene und Automatische Melkverfahren. Neue Landwirtschaft, H 1, S. 48 BARTH, K. und GRAUPNER, M. (1994): Bei erhöhter Leitfähigkeit der Milch ist das Vier-tel krank. Bauernzeitung, H. 35, S. 38 - 39 BARTH, K. und GRAUPNER, M. (1999):Experimentelle Untersuchungen zur Euterge-sundheits- und Milchqualitätskontrolle auf der Basis der Leitfähigkeitsmessung während des Melkens. Milchwissenschaft 54 (2), S.66 - 69 GRAUPNER, M., WEHOWSKY, G., RUDOVSKY, H.-J. und HORN, R. (1989): Über den Einfluss von Alveolarmilchejektionen auf die elektrische Leitfähigkeit der Viertelan-fangsmilch bei gesunden und an Mastitis erkrankten Euterviertel von Kühen. Monatshefte Veterinärmedizin 44, S. 783 - 787 HAMANN, J. (1999): Elektrische Leitfähigkeit als Mastitisindikator. Deutsche Veterinärme-dizinische Gesellschaft, Tagung des AK Eutergesundheit – 27./28.05.1999 Hannover, Tagungsband S. 67 -75 HAMANN, J., FUNKE, U., SCHLOTE, W. und SCHOLZ, A. (1999): Zur Aussagefähig-keit verschiedener Parameter für das Entzündungsgeschehen in der Milchdrüse auf der Grund-lage einer Feldstudie.unveröffentlichte Feldstudie TH Hannover und HU Berlin HAMANN, J., ZECCONI, A. (1998): Evaluation of the electrical conductivity of milk as a mastitis indicator: JDF-Bullentin No. 334, S. 4 - 26 KLOPPERT, B., LABOHN, R., POSTUPKA, S. und WOLTER, W. (1999): Elektrische Leitfähigkeit als Mastitisparameter – Einsatzmöglichkeiten, eigene Erfahrungen und Ver-gleich mit anderen Mastitisparametern. Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft, Ta-gung des AK Eutergesundheit – 27./28.05.1999 Hannover, Tagungsband S. 76-84 ORDOLFF, D. (2001): Einsatz von Farbmessungen zur Bewertung von Vorgemelken. Inter-nationale Tagung „Bau, Technik und Umwelt in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung“ 06./07.03.01, Stuttgart, Tagungsband S. 218 - 223 RASCH, D. (1987): Biometrie – Einführung in die Biostatistik. Deutscher Landwirtschaftsverlag Berlin REICHMUTH, J. und KNAPPSTEIN, K. (1999): Anwendung der Milchverordnung in Be-trieben mit Automatischen Melksystemen – Überlegungen zu besonderen Regelungen für die Konflikte. Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft, Tagung des AK Eutergesundheit – 27./28.05.1999 Hannover, Tagungsband S. 22-35 RÖHRMOSER, G., STEIDLE, E. und EIBLMEIER, J. (1994): Ein elektronisches Masti-tiskontrollgerät im Eignungstest.Gruber Info 4/94, Bayerische Landesanstalt für Tierzucht Grub SCHLOTE, W. und FUNKE, U. (1997a): Elektronischer Schnelltest für Eutergesundheit, RUW-Report, April 1997, S.42 -44 SCHLOTE, W. und FUNKE, U. (1997b):Results of detailed udder health monitoring of two large dairy farms. 48th Annual Meeting of EAAP, 25./28.08.1997, Wien, Abstract No. 192 SCHOLZ, A., NEUHAUS, U., NÜSKE, ST., KRAGENING´s, G. und FÖRSTER, M. (2001): Milchqualität bei Kühen der Rassen Deutsche Holsteins und Deutsches Fleckvieh im Vergleich von konventioneller und Roboter-Melktechnik. Züchtungskunde, 73, (1), S.23 - 32 SCHWARZER, K. (2000): Auswirkungen eines Melkroboters auf die Eutergesundheit und die Milchhygiene Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München SPOHR (1999): Mastitiserkennung durch den Melkroboter. Vortrag in der AG „Melken und Melktechnik“ des KTBL, Braunschweig, 05.05.1999

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4.2. The use of electric conductivity to control milk quality and udder health J. Trilk: The First North American Conference On Robotic Milking, March 20 – 22, 2002 Toronto, Canada, Tagungsband S. V- 49 - 54 Automatic milking systems (AMS) were used in commercial dairy farms in larger extent in Europe since end of the nineties. The main objectives are to make work easier, more flexible and to save working hours. The control of milk quality and udder health is a central problem of using robot milkers. The obligatory milk compositional quality scheme demands a visual valuation of the premilk according to the suitability. This is not possible and usefulness in robot milkers. All manufacturers of automatic milking systems use for alternative as measur-ing feature the electric conductivity. This is at present the only automatic method to get in-formation about disorders of udder health under practical conditions of milking. Results The objective of the investigation was to ascertain how reliable changes of premilk or disor-ders of udder health are detected by measuring the electric conductivity (EC). The analysis were carried out on the experimental farm of our institute. There were 140 dairy cows of the breed German Holstein. The cows were milked by two single box robot milkers of the type ASTRONAUT, produced by the Dutch company LELY. Additionally to the visual control of the premilk the electric conductivity in the premilk of every quarter was measured with a mo-bile equipment of the type MASTITRON. The results of both classifications were compared with the warning announcements of the robot milkers by measuring the EC in the current and previous milking time. The robot milker measures the electric conductivity continuously dur-ing the whole milking process with an interval of five seconds. The indicated value is the av-erage of the 20 highest single results. We carried out 750 comparative measurements on the premilks of 2,919 udder quarters from 151 cows. The cows were included in the investigation one to two times every month. The average of milking days was 197 and of the somatic cell count 255,000 cells per ml. The value of cell count was higher than that of the whole dairy herd. We tried to include priority cows in the valuation with expected disorders of udder health. Results of visual valuation of premilks are shown in table 1. Changes of colour and consistency and flakes in the milk were rated as disorders. 7.5 % of all proofs were noticeable changed. The differences between the quarters in changed milk were small and ranged between 6.2 and 8.1 %. Table 1: results of visual valuation of premilks (quarters)

quarters dry lactating no changes premilk changed

changes of lac-tating quarters

(%) 3,000 81 2,919 2,700 219 7.5

In table 2 are details according to corresponding valuation of MASTITRON and ASTRO-NAUT to visual assessment. The MASTITRON got the same result like the visual control in 92.9 % of cases when premilks were unchanged. The ASTRONAUT assessed 93.3 % of un-changed premilks by measuring in the current milking time (c.m.t.) as suitable and 94.4 % by dates measured in previous milking time (p.m.t.).

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Table 2: corresponding results in valuation of milk suitability by electric conduc- tiveity and visual valuation

MASTITRON ASTRONAUT current milking time previous milking time

milk un-changed

milk changed milk un-changed

milk changed milk un-changed

milk changed

n % n % n % n % n % n % 2,509 92.9 169 77.2 2,518 93.3 154 70.3 2,549 94.4 125 57.1

The correspondence is substantial smaller in cases of visual detected milk changes. The MASTITRON ascertained 77.2 % of the 219 changed premilks. The robot milkers gave warn-ing announcements in 70.3 % by measuring in the current milking time an only 57.1 % from information of the previous milking time. The data according to differing valuation by electric conductivity to visual control are shown in table 3.

not detected milk changes warning announcement without milk changes

method

n % n % MASTITRON 50 22.8 191 53.1

65 29.7 182 54.2 ASTRONAUT c.m.t. p.m.t. 94 42.9 151 54.7

The ratio of warning announcements without changes in milk was similar to all methods measuring electric conductivity. It was considerable high and ranged from 53.1 % (MASTI-TRON) to 54.7 % (ASTRONAUT p.m.t.). The correlation of electric conductivity measured by MASTITRON and AMS in current milk-ing time was 0.60. The detection of changed milk by AMS was higher in the current milking time compared to the warning announcement given in previous milking time. Though ex-tremely changes of premilks and acute clinical mastitis were ascertained only partly by the robot milkers. Table 4 shows corresponding results of the AMS from different milking times for unchanged and changed premilks. A identical valuation of unchanged milk was ascertained in 90.5 % of cases. Warning an-nouncements were given in both milking times in near 50 % of cases when the premilk was changed. The ratio of corresponding warning announcements without changes in milk was 41.1 %.

Table 3: differing valuation by electric conductivity to visual control

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Table 4: Corresponding valuation of premilks by robot milker in previous and current milking times

milk unchanged warning announcements at changed milk

warning announcements at unchanged milk

n corresponding to visual valuation

n corresponding to visual valuation

n corresponding to visual valuation

2,443 90.5 % 109 49.8 % 76 41.1 % The statistical tests of different methods to measuring electrical conductivity in premilks showed significant differences in relation to visual valuation. There were also differences in the result in previous and current milking time when the premilks were changed. No differ-ences were estimated between the results of MASTITRON and the robot milker in the same milking time. Discussion The electric conductivity has been tested on their suitability for diagnosis of subclinical masti-tis for 40 years (SCHULZ et al., 1987). It became the most important characteristic to control udder health and to value raw milk with introduction of automatic milking systems because of the fault of other applicable automated methods. Priority the importance is in early recognition of udder inflammation. A series of newer inves-tigations concern the relation of EC to the somatic cell count of milk (RÖHRMOSER et al., 1994; SCHLOTE and FUNKE, 1997a and 1997b; HAMANN et al., 1999; BARTH and GRAUPNER, 1999; SCHOLZ et al., 2001). The estimated correlation between these charac-teristics are in a wide range. SCHLOTE and FUNKE (1997b) estimated values of r = 0.50 to 0.59, HAMANN et al.; (1999) of r = 0.29 to 0.66 and SCHOLZ et al. (2001) of r = 0.06 to 0.26. The reasons of the wide range were seen in the different influence of various factors on electric conductivity and somatic cell count as day of lactation, breed, milking interval, state of udder health and other (HAMANN and ZECCONI, 1998). Table 5: results of realising increased somatic cell count by measuring EC

Authors class of somatic cell count rate of realising by EC (%)

RÖHRMOSER et al (1994) ≥ 200 84.0 SCHLOTE and FUNKE (1997a) > 100 71.8 to 80.0 BARTH and GRAUPNER (1999) > 100 to < 300

> 300 50.0 88.9

HAMANN (1999) ≥ 100 29.0 KLOPPERT et al. (1999) > 100

> 800 38.7 69.8

SPOHR (1999) > 250 7.0 to 44.0 SCHWARZER (2000) > 100 > 25.0 Results by various authors about detection of increased somatic cell count by measuring EC are shown in table 5. The investigations differ in chosen classes of somatic cells as well as in the measured parameters of electric conductivity. This could partly explain the wide variation of results. The identification of increased somatic cell count by EC is more reliable in higher classes of somatic cells. Somatic cell count higher than 200,000 cells/ml are detected in 44 % to 88.9 % of cases with the exception of the results by SPOHR (1999).

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78

Thus a considerable risk to detect subclinical mastitis remains. There are only few informa-tion about the relationship of electric conductivity to clinical mastitis or changes of raw milk. Such analysis exist only by using robot milkers. The results are more different compared to own investigation. SPOHR (1999) recognised 33 or 73 % respectively of clinical mastitis by single and repeated measuring of electric conductivity. SCHWARZER (2000) specified a value of 87.7 %. The own results range from 49.8 % for twice identical indication, 57.1 % for warning announcement in the previous to 70.3 % in current milking time. The measuring of electric conductivity in the current milking time gives the most certainly result in detection of changed raw milk. There are two problematic aspects in practice. First there is only one value of EC from previ-ous milking times available. A accompanying assessment is not possible. The second problem is that extremely changed premilks (flakes) are partly not detected by the system. This em-phasised the special responsibility of users according to intensive control of cows and the technical process. Conclusions The investigation emphasises the limited suitability of electric conductivity as only parameter for decision about raw milk quality and clinical udder health of cows. The identification rate of changed pre milks and clinical mastitis as well as warning announcement without changed milk are insufficient for practical use. It is necessary to know for users that 50 % wrong diagnosis are made for diseased quarters. As many as 55 % of warning announcement can concern healthy quarters. Repeated warning announcements are wrong in 41.1 % of cases. It is essential to use further available informa-tion as somatic cell count, daily milk yield behaviour, feed intake and other in a system of intensive control of cows with regard to udder health. However that in Europe obligatory milk compositional quality scheme is not observed. Various companies offer new technical meas-uring methods in last time. They are based mainly on changes of colour or consistency. The results of ORDOLFF (2001) showed the principle suitability of changes in colour to detect increasing somatic cell count or bacteriological infections respectively. But a satisfactory pre-cision didn't yet achieved. References BARTH, K. und GRAUPNER, M. (1999): Experimentelle Untersuchungen zur Euterge-sundheits- und Milchqualitätskontrolle auf der Basis der Leitfähigkeitsmessung während des Melkens. Milchwissenschaft Vol. 54, 66 HAMANN, J. (1999): Elektrische Leitfähigkeit als Mastitisindikator. Tagung des AK Euter-gesundheit – 27./28.05.1999 Hannover, Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft e. V. , D-35392 Gießen Frankfurter Str. 89 , 67 HAMANN, J., FUNKE, U., SCHLOTE, W. und SCHOLZ (1999): Zur Aussagefähigkeit verschiedener Parameter für das Entzündungsgeschehen in der Milchdrüse auf der Grundlage einer Feldstudie. unveröffentlichte Feldstudie TH Hannover und HU Berlin HAMANN, J., ZECCONI, A. (1998): Evaluation of the electrical conductivity of milk as a mastitis indicator . JDF-Bullentin No. 334, 4 KLOPPERT, B., LABOHN, R., POSTUPKA, S. und WOLTER, W. (1999): Elektrische Leitfähigkeit als Mastitisparameter – Einsatzmöglichkeiten, eigene Erfahrungen und Ver-gleich mit anderen Mastitisparametern. Tagung des AK Eutergesundheit – 27./28.05.1999 Hannover, Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft e. V. , D-35392 Gießen Frankfurter Str. 89 , 76

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79

ORDOLFF, D. (2001): Einsatz von Farbmessungen zur Bewertung von Vorgemelken. Construction, Engineering and Environment in Livestock Farming, 06./07.03.2001 Stuttgart, Institut für Agrartechnik, Universität Hohenheim, D-70593 Stuttgart, 218 RÖHRMOSER, G., STEIDLE, E. und EIBLMEIER, J. (1994): Ein elektronisches Masti-tis-kontrollgerät im Eignungstest. Gruber Info 4/94, Bayerische Landesanstalt für Tierzucht Grub, D-85586 Poing SCHLOTE, W. und FUNKE, U. (1997a): Elektronischer Schnelltest für Eutergesundheit, RUW-Report, April 1997, 42 SCHLOTE, W. und FUNKE, U. (1997b): Results of detailed udder health monitoring of two large dairy farms. 48th Annual Meeting of EAAP, 25./28.08.1997, Wien, Abstract No. 192 SCHOLZ, A., NEUHAUS, U., NÜSKE, ST., KRAGENING´S, G. und FÖRSTER, M. (2001): Milchqualität bei Kühen der Rassen Deutsche Holsteins und Deutsches Fleckvieh im Vergleich von konventioneller und Roboter-Melktechnik.Züchtungskunde Vol. 73, 23 SCHULZ, J., STEINBACHER, J., SIEBERT, W., KRÜGER, SYLVIA (1987): Bezie-hungen zwischen Eutergesundheit und Rohmilchqualität unter besonderer Berücksichtigung von elektrischer Leitfähigkeit und Soxhlet-Henkel-Zahl, Monatshefte Veterinärmedizin, Vol. 42, 545 SCHWARZER, K. (2000): Auswirkungen eines Melkroboters auf die Eutergesundheit und die Milchhygiene. Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München SPOHR (1999): Mastitiserkennung durch den Melkroboter. Vortrag in der AG „Melken und Melktechnik“ des KTBL, Braunschweig, 05.05.1999

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80

4.3 Untersuchungen zur Feststellung von Eutergesundheitsstörungen und Rohmilch- veränderungen mit dem MQC und weiteren technischen Einrichtungen beim Au-tomatischen Melksystem Lely ASTRONAUT®

Dr. J. Trilk1 , Kathleen Münch1, Carola Franke2 1. Einleitung Einen aktuellen Schwerpunkt der Weiterentwicklung von Melkanlagen stellt die technische Erkennung von Eutergesundheitsstörungen und Rohmilchveränderungen dar. Das Ziel besteht sowohl in einer erhöhten Sicherheit der Qualitätskontrolle als auch für konventionelle Melk-systeme in einer Entlastung des Melkpersonals. Wichtig ist diese Thematik vor allem für Au-tomatische Melksysteme, da die bislang verfügbaren Kontrollmechanismen auf Basis der E-lektrischen Leitfähigkeit, z.T. in Verbindung mit Temperatur und Milchmengenveränderung, keine zufriedenstellende Genauigkeit erbringen. Die nachfolgende Auswertung rundet die am Standort Groß Kreutz durchgeführten Untersu-chungen zum Einsatz Automatischer Melksysteme ab. Erste Ergebnisse zur Überwachung von Eutergesundheitsstörungen auf der Basis der Elektrischen Leitfähigkeit wurden von TRILK u. MÜNCH (2001) mitgeteilt. Das vorhandene Melksystem wurde durch die Inbe-triebnahme eines Sensors (MQC – Milk Quality Control) zur Farbüberwachung ab Juli 2001 erweitert. PALLAS (2002) stellte Untersuchungen zur Bewertung des MQC-Systems vor. Nachfolgend wurde eine veränderte Softwarevariante zur Verbesserung der Funktionalität eingeführt. Die damit erreichte Eignung im Hinblick auf die Erkennung von Rohmilchveränderungen und Eutergesundheitsstörungen war Gegenstand der durchgeführten Untersuchungen. 2. Material und Methode Die Untersuchungen zur Eignung technischer Einrichtungen bei der Feststellung von Roh-milchveränderungen sowie von klinischen und subklinischen Mastitiden wurden in der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. Groß Kreutz durchgeführt. Die Da-tenerfassung erfolgte in der Zeit zwischen dem 05.07.2005 und dem 05.01.2006. Als Melk-einrichtungen standen zwei Automatische Melksysteme des Typs Lely ASTRONAUT® zur Verfügung. Die Melkboxen wurden im Mai 1999 in Betrieb genommen und werden seit Ok-tober desselben Jahres vollständig ausgelastet. In den vorgestellten Untersuchungen wurden je Melkbox durchschnittlich 60 Kühe gemolken. Der Bestand setzte sich aus Tieren der Rasse Deutsche Holstein zusammen. Die durchschnittliche Tagesleistung betrug im Untersuchungs-zeitraum 28,2 kg. Folgende technische Parameter wurden ausgewertet: MQC Milk Quality Control (Milchqualitätssensor- Version 31104 MQC 007B)

Das System basiert auf der Feststellung von Farbveränderungen der Milch und gibt bei auftretenden Farbabweichungen ein Alarmsignal. Die Messung erfolgt viertelbezogen.

LF Messung der Elektrischen Leitfähigkeit der Milch Die Messungen werden während des gesamten Melkprozesses im Abstand von 5 Sekunden je Viertel vorgenommen. Alarmhinweise erfolgen, wenn der Durchschnitt der 10 höchsten Einzelwerte um mehr als 20 % vom Wert der an-deren Viertel abweicht, bzw. um mehr als 5 % vom gleitenden Durchschnitt der drei letzten Melkzeiten des gleichen Viertels differiert.

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ML Veränderungen der Milchmengenleistungen Die Auswertung wird gemelksbezogen vorgenommen. Als Hinweis bewertet wurde eine Verringerung des Tagesgemelkes um mehr als 10 % zum Vortag.

Als Maßstab für die Korrektheit der technischen Hinweise auf Eutergesundheitsstörungen wurden herangezogen :

a) die visuelle Kontrolle des Vorgemelkes (Konsistenz- und Farbveränderungen sowie Flocken wurden als Eutergesundheitsstö-rung gewertet.)

b) die Reaktion auf den Schalmtest (Hersteller eimü eimermacher Nordwalde, Veränderungen entsprechend + wurden als Eutergesundheitsstörung gewertet.)

c) der Gehalt an somatischen Zellen (Feststellung im Rahmen der Milchleistungsprüfung des LKV Brandenburg e.V., ein Gehalt von > 250.000 Zellen /cm3 wurde als Eutergesundheitsstörung gewertet.)

Die Bewertung der Aussagesicherheit der technischen Warnungen erfolgte durch die Kontrol-le in der aktuellen bzw. in der auf den Hinweis folgenden Melkzeit. Die Bewertung von MQC und LF zu visuellen Rohmilchveränderungen und zur Reaktion auf den Schalmtest wurden viertelbezogen vorgenommen. Der Vergleich zum somatischen Zellgehalt und die Verände-rung der Milchmengenleistung (ML) wurden generell gemelksbezogen ausgewertet. Die Datenanalyse erfolgte in zwei Varianten:

1. Auswertung der im täglichen Melkbetrieb anfallenden technischen Hinweise und nachfolgende visuelle Kontrolle des Vorgemelkes sowie mit dem Schalmtest. Vorran-gig wurden dabei die MQC Hinweise berücksichtigt. Aufgrund praktischer Erfahrun-gen blieben ein Teil der Alarmhinweise LF unberücksichtigt. Das betraf wiederholte Alarmmeldungen bei einzelnen Kühen, bei denen kein Befund festgestellt wurde. Es wurden 125 Erfassungstage ausgewertet. Das Material umfasste 370 Datensätze von 115 verschiedenen Kühen, die zwischen 1 bis 18mal in die Erfassung eingingen. Die ausgewerteten Tiere hatten im Durchschnitt 3,1 Laktationen absolviert und wiesen bei der Datenerfassung im Mittel 207 Tage der aktuellen Laktation auf.

2. Visuelle Kontrolle des Vorgemelkes sämtlicher Tiere des Bestandes an drei Tagen in Verbindung mit der monatlichen Milchleistungsprüfung. Für diese Auswertung standen 297 Datensätze zur Verfügung, die von 155 Kühen er-fasst wurden. Die Tiere hatten durchschnittlich 2,2 Laktationen absolviert und wiesen im Mittel 211 Tage in der aktuellen Laktation auf. Das gewogene arithmetische Mittel des festgestellten somatischen Zellgehaltes betrug 313.720 Zellen/cm3 . Die Tiere wa-ren 1 bis 3mal in der Auswertung vertreten.

Die Auswertung folgte anhand der folgenden Parameter: Sensivität Anzahl korrekter Warnhinweise X 100 (Maß der Erkennungsrate euterkranker Kühe) Anzahl euterkranke Kühe Spezifität Anzahl Kühe ohne Warnhinweis X 100 (Maß der Erkennungsrate eutergesunder Kühe) Anzahl eutergesunde Kühe Positiver Vorhersagewert Anzahl korrekter Warnhinweise X 100 (Anteil positiv richtiger Warnhinweise) Anzahl Warnhinweise gesamt falsch positive Vorhersage falsch positive Warnhinweise X 100 (Anteil positiv falscher Warnhinweise) Anzahl Warnhinweise gesamt

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82

Die Verrechnung der Daten erfolgte mit dem Programmpaket SAS (2006). Die statistische Prüfung unterschiedlicher Häufigkeiten wurde mit dem CHI-Quadrat-Test vorgenommen. Als Signifikanzgrenze wurde p ≤ 0,05 festgelegt. Statistisch nachgewiesene Differenzen werden mit unterschiedlichen Kleinbuchstaben im Exponenten kenntlich gemacht. 3. Ergebnisse 3.1 Auswertung der Praxisdaten Während des Erfassungszeitraumes wurden für 115 verschiedene Kühe 370 Datensätze do-kumentiert. Darin sind Hinweise für verschiedene Viertel als auch Warnungen der verschie-denen Systeme enthalten. Der überwiegende Teil der Alarmmeldungen erfolgte durch das MQC mit 365 Hinweisen. 140 Alarmmeldungen basierten auf der Elektrischen Leitfähigkeit und 117 wurden durch eine Verringerung der Milchleistung ausgelöst. Tabelle 1 gibt einen detaillierten Überblick über die insgesamt und je Viertel erfassten Hinweise der verschiede-nen Informationsquellen. Tabelle 1: Anzahl registrierter Warnhinweise der verschiedenen Systeme viertelbe-

zogen und gesamt (n = 370 Tiere; 1.480 Viertel) im praktischen Betrieb

Viertel

Warnung durch VL

n VR n

HL n

HR n

gesamt

n MQC (Anteil des Viertels)

93 a (25,5%)

134 b (36,7%)

94 a (25,8%)

44 c (12,1%) 365

LF (Anteil des Viertels)

25 a (17,9%)

45 b (32,1%)

32 ab (22,9%)

38 ab (27,1%) 140

ML 117

alle Hinweise (Anteil des Viertels)

3 (20,0%)

4 (26,7%)

6 (40,0%)

2 (13,3%) 15

min. 1 Hinweis (Anteil des Viertels)

190 a (24,7%)

233 b (30,3%)

187 a (24,3%)

160 c (20,8%) 770

In 15 Fällen gab es eine übereinstimmende Meldung aller Systeme, für 770 Euterviertel fiel mindestens ein Warnhinweis an. In dieser Zahl sind die gemelksbezogenen Alarme zur Ver-ringerung der Milchleistung mit einbezogen. Die Prüfung der Verteilung der Alarmmeldung zwischen den Eutervierteln zeigt, das beim MQC und der Elektrischen Leitfähigkeit deutliche Unterschiede auftreten. Sowohl beim MQC als auch nach der Leitfähigkeit fallen die häufigs-ten Hinweise vorn rechts an. Basierend auf den Alarmmeldungen wurden für 120 Viertel vi-suelle Veränderungen der Milch (Farbe, Konsistenz, Flocken), in 229 Fällen Reaktionen des Schalmtestes mindestens der Kategorie + festgestellt. Zur Prüfung der Unterschiede zwischen den Vierteln sind der Positive Vorhersagewert für MQC und LF sowohl im Vergleich zur visuellen Bewertung als auch im Vergleich zum Schalmtest ermittelt worden. Die Ergebnisse zeigt Tabelle 2.

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Tabelle 2: Positiver Vorhersagewert je Viertel für die Systeme MQC und LF (%) VL VR HL HR MQC visuell 24,7 a 11,9 b 29,8 a 31,8 a Reaktion Schalmtest 45,2 ab 35,8 a 45,7 ab 56,8 b LF visuell 60,0 a 31,1 b 56,3 a 39,5 ab Reaktion Schalmtest 64,0 a 60,0 a 75,0 ab 86,8 b Im Vergleich zur visuellen Bewertung wird deutlich, das sowohl beim MQC als auch beim System LF das Viertel mit der höchsten Anzahl von Warnhinweisen ( VR) den geringsten Positiven Vorhersagewert oder aber die geringste Genauigkeit bei der Feststellung von Roh-milchveränderungen aufweist. Dieser Sachverhalt bestätigt sich auch gegenüber den festge-stellten Reaktionen beim Schalmtest. Damit wird deutlich, dass zwischen der Technik je Vier-tel erhebliche statistisch nachweisbare Unterschiede in der Merkmalserfassung und Erfas-sungsgenauigkeit auftreten. Das deckt sich mit den praktischen Erfahrungen des Melkperso-nals, die teilweise wegen häufiger und nicht begründeter Warnhinweise die Kontrollen be-stimmter Viertel aussetzen. In Tabelle 3 sind die Ergebnisse zur Sensivität (Erkennungsrate der euterkranken Kühe) im Vergleich der verschiedenen Systeme dargestellt. Tabelle 3: Sensivität der verschiedenen Systeme bei visuell veränderter Milch und

bei Reaktion auf den Schalmtest

Sensivität (%) MQC LF ML alle Hin- weise

min. 1 Hinweis

visuelle Veränderung (n = 120) 67,5 a 51,7 b 42,5 b 9,2 c 95,0 d

Reaktion Schalmtest (n = 229) 69,0 a 43,7 b 38,0 b 5,2 c 96,1 d

visuell : Schalmtest n.s. n.s. n.s. n.s. n.s.

Zwischen den verschiedenen technischen Hinweissystemen bestehen statistisch nachweisbare Unterschiede in der Sensivität. Mit 67,5 bzw. 69,0 % Erkennungsrate für visuelle Milchver-änderungen bzw. für subklinische Mastitiden erreicht das MQC das günstigste Ergebnis der originären Systeme. Die Werte von LF und ML sind mit 51,7 und 43,7 % bzw. 42,5 und 38,0 % erheblich geringer. Eine Berücksichtigung paralleler Meldungen von MQC, LF und ML lässt nur 9,2 % der visuell feststellbaren Rohmilchveränderungen und 5,2 % der subklinischen Mastitiden erkennen. Bei Berücksichtigung von mindestens einem der verfügbaren Hinweise werden 95 % der klinischen und 96,1 % der subklinischen Eutererkrankungen festgestellt. Der Vergleich der Sensivität für visuelle Milchveränderungen und der Reaktion auf den Schalm-test zeigt für kein System Unterschiede. Für die Beurteilung der Anwendbarkeit der Systeme ist neben der Sensivität auch eine Bewer-tung der Effizienz erforderlich. Eine Aussage dazu lässt sich anhand des positiven Vorhersa-

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gewertes (Anteil korrekter Hinweise) bzw. der falsch positiven Vorhersage treffen. Die Er-gebnisse sind in Tabelle 4 und Abbildung 1 dargestellt. Tabelle 4: Positiver Vorhersagewert der verschiedenen Systeme bei visuell veränder-

ter Milch und bei Reaktion auf den Schalmtest

Positiver Vorhersage-wert (%)

MQC

(n=81/158)

LF

(n=63/100)

ML

(n=51/87)

alle Hin-weise

(n=11/12)

min. 1 Hin-weis

(n=114/220)

visuelle Veränderung 22,2 a 44,3 b 43,6 b 73,3 c 14,8 d

Reaktion Schalmtest 43,3 a 71,4 b 74,4 b 80,0 b 28,6 c

visuell : Schalmtest + + + n.s. +

Entgegen der Sensivität ist von den originären Hinweisen der positive Vorhersagewert des MQC am geringsten. Für visuelle Veränderungen ist nur jeder fünfte Hinweis korrekt, fast 80 % der Alarme sind falsch. Bei Reaktion auf subklinische Mastitiden liegt der positive Vorher-sagewert immerhin bei 43,3 %. LF und ML erreichen positive Vorhersagewerte für visuelle Veränderungen von 44,3 bzw. 43,6 % und für subklinische Mastitiden immerhin von 71,4 und 74,4 %. Entsprechend den Ergebnissen der Sensivität wird bei Berücksichtigung von gleich-zeitigen Alarmen aller Systeme ein hoher Anteil korrekter Hinweise (bei geringer Erken-nungsrate) erreicht. Umgekehrt verhält sich die Situation bei Beachtung von mindestens ei-nem vorliegenden Alarm. Hier ist die Genauigkeit mit 14,8 % positiver Vorhersage bei klini-schen Veränderungen bzw. 28,6 % bei subklinischen Mastitiden am geringsten (bei allerdings höchster Sensivität). Bei allen Systemen fällt der positive Vorhersagewert für Reaktionen auf den Schalmtest signifikant höher aus als auf visuelle Milchveränderungen. Keine Unterschie-de bestehen, wenn nur eine gleichzeitige Reaktion aller Systeme berücksichtigt wird.

0

20

40

60

80

100

(%)

MQC LF ML alle Hinweise 1 Hinweis

visuelle Veränderung Reaktion Schalmtest Abb. 1: Falsch positive Vorhersage der verschiedenen Systeme gegenüber visuellen Ver-

änderungen und Reaktionen auf den Schalmtest Entsprechend des positiven Vorhersagewertes stellen sich die Ergebnisse der falsch positiven Vorhersage dar. Sie können als Maßstab für die Effizienz gewertet werden. Vor allem beim

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MQC sind die Werte für die praktische Anwendung mit 77,8 % bzw. 56,7 % falscher Warn-hinweise unvertretbar hoch. 3.2 Kontrolle des Gesamtbestandes Zur Auswertung gelangten 297 Datensätze von 155 verschiedenen Tieren. Es wurden insge-samt 151 Alarmmeldungen registriert. Tabelle 5 ist zu entnehmen, wie sich die Hinweise auf die einzelnen Viertel und Systeme verteilen. Die häufigsten Warnungen wurden aufgrund der Elektrischen Leitfähigkeit ausgelöst, gering-fügig kleiner war die Zahl der Alarme aufgrund verringerter Milchleistung. Bei der dreimali-gen Überprüfung des Gesamtbestandes wurden durch das MQC nur 7 Hinweise, gleichzeitige Warnungen von MQC, LF und ML nur einmal registriert. Tabelle 5: Anzahl registrierter Warnhinweise der verschiedenen Systeme viertelbe-

zogen und gesamt (n = 297 Tiere; 1.135 Viertel) bei dreimaliger Kontrolle des Gesamtbestandes

Viertel Warnung durch VL

n VR n

HL n

HR n

gesamt n

MQC 3 2 1 1 7

LF 2 12 6 12 32

ML 28

alle Hinweise 0 1 0 0 1

min. 1 Hinweis (Anteil des Viertels)

33 (21,9%)

42 (27,8%)

35 (23,2%)

41 (27,2%)

151

Durch die geringe Zahl der Häufigkeiten für einzelne Viertel ist eine Prüfung auf unterschied-liche Frequenz nicht angebracht. Die Verteilung von mindestens einem Hinweis unterscheidet sich zwischen den Vierteln nicht. Tabelle 6 enthält die Ergebnisse zur Sensivität der einzelnen Systeme. Wegen der geringen Zahl von nur einer parallelen Warnung von MQC, LF und ML wurde auf die Auswertung dieser Rubrik verzichtet. Tabelle 6: Sensivität der verschiedenen Systeme im Hinblick auf visuell veränderte

Milch und beim erhöhten Gehalt an somatischen Zellen (sZZ)

Sensivität (%) MQC LF ML min. 1 Hinweis

visuelle Veränderung (viertelbezogen; n=28) 0,0 a 25,0 b 17,9 b 39,3 d

sZZ > 250.000 je cm3 (Gesamtgemelk; n=60) 1,7 a 25,0 bc 11,7 b 28,3 c

visuell : sZZ n.s. n.s. n.s. n.s.

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Von den 297 Datensätzen wurden bei 28 Vierteln eine Veränderung der Milch visuell festge-stellt. Bei 60 Gemelken lag der Gehalt an somatischen Zellen über einem Wert von 250.000 je cm3. Diese Größe kann als ausreichend für das Vorhandensein einer subklinischen Mastitis angesehen werden. Von den 28 visuell festgestellten Milchveränderungen wurde kein Fall durch das MQC registriert. LF und ML wiesen zumindest eine Sensivität von 25 bzw. fast 18 % auf. Bei Berücksichtigung von mindestens einem Hinweis (LF oder ML) wurden 39,3 % der klinischen Veränderungen festgestellt. Die Ergebnisse im Vergleich zu erhöhten Zellge-haltswerten liegen in der gleichen Größenordnung für die einzelnen Systeme. Statistisch nachweisbare Unterschiede in der Sensivität der Verfahren im Vergleich zu visuellen Verän-derungen und Zellzahlerhöhung bestehen nicht. Tabelle 7 enthält die Angaben zum positiven Vorhersagewert, Abbildung 2 zur falsch positi-ven Vorhersage. Tabelle 7: Positiver Vorhersagewert der verschiedenen Systeme bei visuell veränder-

ter Milch und beim erhöhten Gehalt an somatischen Zellen (sZZ)

Positiver Vorhersage-wert (%)

MQC

(n=0/1)

LF

(n=7/15)

ML

(n=5/7)

min. 1 Hin-weis

(n=11/17)

visuelle Veränderung 0,0 ab 21,9 a 17,9 ab 7,3 b

sZZ > 250.000 je cm3 14,3 ab 46,9 a 25,0 a 11,3 b

visuell : sZZ n.s. + n.s. n.s.

Entsprechend der geringen Werte zur Sensivität fallen die Ergebnisse zum Anteil korrekter Warnhinweise aus. Das MQC erreicht nur positive Vorhersagewerte von 0 % zu sinnfälligen Milchveränderungen bzw. 14,3 % zur Feststellung erhöhter Zellgehalte. Die größte Aussage-sicherheit erreicht die Elektrische Leitfähigkeit (LF) mit 21,9 % korrekter Warnungen in Be-zug auf visuelle Veränderungen bzw. 46,9 % zu erhöhten Zellzahlen. Die Werte für ML fallen etwas geringer aus. Bei Vorliegen von mindestens einem Hinweis beträgt der positive Vor-hersagewert nur 7,3 bzw. 11,3 %. Statistisch nachweisbar genauere Werte zur Feststellung erhöhter Zellzahlen im Vergleich zu visuellen Veränderungen werden nur durch das System LF erreicht.

0

20

40

60

80

100

(%)

MQC LF ML min. 1 Hinweis

visuelle Veränderung sZZ > 250 Tsd.

Abb. 2: Falsch positive Vorhersage der verschiedenen Systeme gegenüber visuellen Ver- änderungen und erhöhtem Zellgehalt

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Die Ergebnisse zur falsch positiven Vorhersage sind mit Ausnahme des Wertes der Elektri-schen Leitfähigkeit zu erhöhten Zellzahlen (53,1 %) mit Werten von 75 bis 100 % in einer nicht akzeptablen Größe. Zur vollständigen Information sind in Tabelle 8 die Angaben zur Spezifität (Erkennungsrate eutergesunder Kühe) enthalten. Tabelle 8: Spezifität der verschiedenen Systeme im Hinblick auf visuell unveränderte Milch und beim Gehalt an somatischen Zellen (sZZ)

Spezifität (%) MQC LF ML min. 1 Hinweis

visuell eutergesund (viertelbezogen; n=1.135) 99,4 a 97,8 b 90,7 c 88,3 c

sZZ < 100.000 je cm3 (Gesamtgemelk; n=179) 98,3 a 97,2 ab 94,4 bc 89,9 c

visuell : sZZ n.s. n.s. n.s. n.s.

Naturgemäß liegen sie in einem sehr hohen Bereich zwischen 89,9 bis 99,4 %. Zwischen den Systemen sind Unterschiede nachweisbar. Die günstigsten Werte erreicht das MQC mit 99,4 bzw. 98,3 %. Bei allen Systemen ist kein Unterschied der Spezifität zu sinnfällig unveränder-ter Milch und Gemelken mit Zellgehalten unter 100.000 Zellen/cm3 festzustellen. 4. Diskussion Die festgestellten Ergebnisse zur Eignung der technischen Einrichtungen des Automatischen Melksystems Lely ASTRONAUT ® variieren erheblich zwischen den beiden ausgewerteten Datenreihen. Die Analyse der Praxisdaten nach Alarmmeldungen des Systems weist für das MQC mit Werten der Sensivität von 67,5 % (visuell) bzw. 69,0 % (Erkennung von Vorge-melken mit Reaktion auf den Schalmtest) nachweislich günstigere Daten auf, als sie durch LF bzw. Milchleistungsabfall ermittelt wurden. Gleichzeitig hat aber das MQC im Vergleich zu den beiden anderen originären Systemen mit 22,2 % (visuell) bzw. 43,3 (Schalmtest) die ge-ringsten und in der absoluten Größe unbefriedigende Positive Vorhersagewerte. Bei Überprüfung des Gesamtbestandes fallen die Ergebnisse für alle Systeme schlechter und für das MQC vollkommen ungenügend aus. Von den 28 visuell feststellbar veränderten Vor-gemelken wurde keines, von den 60 Proben mit Zellgehalten über 250 Tsd./cm3 wurden nur 1,7 % durch Alarmmeldungen registriert. Im Vergleich zur einzigen in der Literatur vorlie-genden Untersuchung zum MQC (PALLAS, 2002) fällt das vorliegende Ergebnis deutlich differenzierter aus. PALLAS (2002) ermittelte an gleicher Technik bei einer Vorgängersoft-ware des MQC eine Sensivität bei visuellen Veränderungen von 23,1 % bei einer Spezifität von 98,6 %. Festzustellen bleibt, dass damit das MQC im Vergleich zur Elektrischen Leitfähigkeit keine verbesserte Erkennung von Eutererkrankungen oder Rohmilchveränderungen ermöglicht. Die bei den im praktischen Betrieb anfallenden Daten ermittelte Sensivität von 67,5 bzw. 69 % liegt in zwar vergleichbarer Größenordnung, wie Untersuchungen zur Elektrischen Leitfähig-keit ergeben, im vorliegenden Fall sogar günstiger, war mit einem sehr hohen Anteil falsch positiver Reaktionen verbunden. Damit bleibt die Effizienz der Vorhersage unbefriedigend. Bei Analyse des Gesamtbestandes war die Erkennung von Vorgemelksveränderungen bzw. subklinischen Mastitiden absolut ungenügend.

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Auch die Kombination der Alarmmeldungen von MQC, Leitfähigkeit und Mengenverände-rung bringt keine praktischen Vorteile. Bei Alarmmeldungen aller Systeme werden hohe Posi-tive Vorhersagewerte aber geringe Sensivitäten, bei Berücksichtigung nur eines Merkmals hohe Sensivitäten aber ungenügende Positive Vorhersagewerte erreicht. Neben der offensichtlich durch die mangelnde Eignung des Messverfahrens begrenzten Ver-lässlichkeit des Systems beim MQC, weisen die statistisch nachweisbaren Unterschiede der Positiven Vorhersage zwischen den einzelnen Eutervierteln auf die technische Variation bzw. den hohen Zufallseffekt hin. Im übrigen deckt sich die statistische Auswertung mit den prakti-schen Erfahrungen des Stallpersonals. Dabei wurden deutliche Unterschiede in der Aussage-sicherheit zwischen einzelnen Vierteln festgestellt. Bei Berücksichtigung der Meldungen auf Basis der Elektrischen Leitfähigkeit beliefen sich die Werte zur Sensivität auf 25,0 (Gesamtmaterial) bzw. 51,7 % (Praxisdaten) bei visuellen Milchveränderungen. Damit fällt das Ergebnis bei allerdings leicht erhöhter Auslöseschwelle ungünstiger aus als bei der ersten Analyse von TRILK u. MÜNCH (2001). Auch der Positive Vorhersagewert erreicht mit 21,9 bis 44,3 % nicht die Werte der ersten Untersuchung. Insgesamt bewegen sich allerdings die Ergebnisse im breiten Spektrum dessen, was andere Untersuchungen zur Anwendbarkeit der Elektrischen Leitfähigkeit ausweisen. Die ermittelten Werte zeigen deutliche Abhängigkeiten vom einbezogenen Melksystem, dem Umfang der Untersuchungen sowie dem gewählten Vergleichsmaßstab und variieren in einem weiten Be-reich. Im Vergleich zu visuell feststellbaren Rohmilchveränderungen schwanken die Angaben zur Sensivität der Elektrischen Leitfähigkeit zwischen 15,4 bis 80,6 % bei einer Spezifität von 74,8 bis 100 %. Bei subklinischen Mastitiden oder Zellzahlerhöhungen beläuft sich die Varia-tion der Sensivität zwischen 5 bis 61 % und der Spezifität von 94,4 bis 100 % (PALLAS, 2002; BINDA et al., 2004; HOVINEN et al., 2004; MEIN et al., 2004; NORBERG and KORSGAARD, 2004; WIEDEMANN u. WENDL, 2004; RASMUSSEN, 2004). Allgemein ist festzustellen, dass die Höhe der Sensivität steigt, wenn die Daten anhand er-folgter Alarmmeldungen ermittelt werden. Ungünstiger sind die Ergebnisse bei Einbeziehung aller verfügbaren Tiere in die Auswertung. Dieser Sachverhalt bestätigt sich auch anhand der eigenen Auswertungen. RASMUSSEN (2004) fordert für technische Systeme eine dem erfahrenen Melkpersonal ver-gleichbare Erkennungsrate von klinischen Rohmilchveränderungen mit Werten von 80 % Sensivität und über 99 % Spezifität. Diese Zahlen böten die Voraussetzung, mit hoher Sicher-heit veränderte Milch zu erkennen und mit vertretbarer Effizienz auf technischer Basis von der weiteren Verwertung auszuschließen oder zu separieren. Die aktuell verfügbaren Erken-nungssysteme MQC oder LF bieten dafür nicht die notwendigen Voraussetzungen. 5. Literatur Binda, E.; Casirani, G.; Piccinini, R. & Zecconi, A. (2004): Introduction of AMS in Italian dairy herds: The detection of clinical and subclinical mastitis by AMS systems Automatic milking – A better understanding, Wageningen Academic Publishers S. 245-246 Hovinen, M.; Aisla, A-M.; Anttila, P. & Pyörälä, S. (2004): Detection of mastitis and poor milk quality in Automatic milking Automatic milking – A better understanding, Wageningen Academic Publishers S. 247-248 Mein, G. A.; Sherlock, R. A.; Claycomb, R.W. (2004): Making Sense of in–line sensing for milk conductivity Automatic milking – A better understanding, Wageningen Academic Publishers S. 252-253 Norberg, E.; Korsgaard, I. R. (2004): Electrical conductivity of milk as an indicator trait for mastitis Automatic milking – A better understanding, Wageningen Academic Publishers S. 254-255

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Pallas, S. (2002): Analyse von Eutergesundheit und Rohmilchqualität im automatischen Melksystem Dissertation, Freie Universität Berlin, Rassmussen, M. D. (2004): Detection and Separation of abnormal milk in Automatic milking systems Automatic milking – A better understanding, Wageningen Academic Publishers, NL, – S. 189-197 Trilk, J.; Münch, K. (2001): Nutzung der Elektrischen Leitfähigkeit zur Rohmilch- und Eu-tergesundheitskontrolle bei Automatischen Melksystemen Aktuelle Beiträge zur Landwirtschaft, Schriftenreihe der LVL Brandenburg, Band VII– S. 25-36 Wiedemann, M.; Wendl, G. (2004): The use of spectral photometry for detection of mastitis milk Automatic milking – A better understanding, Wageningen Academic Publishers – S. 228-234

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5. Wirtschaftlichkeit 5.1 Hohes Risiko für mehr Gewinn P. Zube und D. May: DLG-Mitteilungen, 119 (2004) 7. S. 28 - 31

Der Kostendruck lastet auf vielen Milchviehbetrieben, und er dürfte künftig noch erheblich wachsen. Deshalb wird nach Sparmaßnahmen gesucht – auch bei der Arbeitserledigung. In-wieweit die Automatisierung im Stall die Kosten tatsächlich senkt, wird häufig sehr kontro-vers diskutiert. Welche Rolle spielt dabei der Melkroboter? Wird das Melken mit seinem Einsatz effizienter, so dass das mit ihm verbundene beachtliche Investitionsrisiko gerechtfertigt erscheint? Diese Fragen wurden in der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung Ruhls-dorf/Groß Kreutz mit den Ergebnissen eines Langzeittestes beantwortet. Ist der Melkroboter eine wirtschaftliche Alternative? Um die Wirtschaftlichkeit des automatischen Melksystems (AMS) beantworten zu können, wird es üblicherweise mit dem Fischgrätenmelkstand (FGM) verglichen. Bisher wurden Kal-kulationen aufgestellt, denen zufolge mit Mehrkosten durch AMS zwischen 2 bis 4 Cent je kg Milch zu rechnen ist. Verursacht werden diese Mehrkosten durch den hohen Kaufpreis und durch höheren Verbrauch von Betriebsmitteln (Strom, Wasser usw.). Geht man von einem modern eingerichteten 2 x 8er FGM aus, so wäre mit Kosten von 2,8 Cent je kg zu rechnen, das sind – verglichen mit 2 AMS

• 2,1 Cent/kg weniger bei einer Leistung von jeweils 600.000 kg je AMS und Jahr,

• 3,1 Cent/kg weniger bei 500.000 kg Leistung.

Entstandener Aufwand Die Kostenblöcke bei Nutzung von zwei „Astronaut“-Melkrobotern (in Euro):

Anschaffungskosten 250.000

• Abschreibungen bei angenommener zehnjähriger Nutzungsdauer 25.000

• Service, Reparaturen 19.000 • Betriebsmittel (Strom, Wasser, Reinigungs- und Desinfektionsmittel): 8.500

• Betriebskosten gesamt 27.000 • Zinskosten 6.250

• Gesamtkosten pro Jahr 58.750

Jährliche Kosten je kg Milch (in Cent)

• 400.000 kg Leistung 7,34 • 500.000 kg Leistung 5,88 • 600.000 kg Leistung 4,90 • 700.000 kg Leistung 4,20

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Bessere Ergebnisse Grafik 1 zeigt, wie Kosten beim AMS gespart werden können. Oberhalb der Nulllinie sind die Kosten je kg Milch in der Ausgangsvariante mit 2 AMS bei einer Melkleistung von 600.000 kg je AMS und Jahr angegeben, unterhalb der Nulllinie ist der Beitrag der Maßnah-men zur Ergebnisverbesserung abzulesen.

Grafik 1: So werden die Kosten gesenkt Einen Kostenrückgang bringen vor allem die rationalisierten Arbeitsabläufe. Die Einsparung von 400 Akh je AMS (das entspricht etwa 6 Akh je Kuh und Jahr bzw. rund 50 % der bei zweimal täglichem Melken im FGM erforderlichen Arbeitszeit) würde eine Ergebnisverbesse-rung um 1 Cent je kg bedeuten. Dazu kommt die Steigerung der Melkleistung. Ein zwar geringeres aber dennoch beachtliches Einsparpotential haben offenbar die Senkung von Service- und Reparaturkosten, die Verringerung des Investitionsaufwandes und auch eine erhöhte Nutzungsdauer des Roboters. Beispielsweise entspricht die Senkung der Service- und Reparaturkosten um 30 % einer Kostensenkung je kg Milch um 0,48 Cent. Um einen der Er-höhung der Melkleistung um z. B. 100.000 kg vergleichbaren Effekt zu erreichen, müssten die Investitionsaufwendungen um fast 30 % sinken. Die Testbedingungen

Im AMS-Test wurden die laktierenden Kühe in zwei Gruppen gehalten. Für frischlaktierende bzw. höherleistenden Kühe (Gruppe 1) besteht freier, für spätlaktierende bzw. geringerleis-tende Kühe (Gruppe 2) geregelter Kuhverkehr. Kühe aus Gruppe 1, die innerhalb der letzten 12 Stunden nicht freiwillig die Melkbox aufgesucht haben, werden beiden AMS zugetrieben, um den Arbeitsablauf zügig zu gestalten. Außer den AMS werden sechs Plätze an einer Rohrmelkanlage genutzt. Das ermöglicht, für AMS ungeeignete Kühe dort zu melken und diese im Interesse der Auslastung vorhandener Stallplätze zusätzlich in Gruppe 1 zu halten. In den Jahren 2000 bis 2003 wurden Melkleistungen von etwa 500.000 kg je AMS und Jahr erreicht.

Eine bessere Auslastung ist besonders empfehlenswert. Voraussetzung dafür sind Kühe mit überdurchschnittlichen Tagesleistungen und besserer Melkbarkeit. In Gruppe 1 werden zur Zeit 657.000 kg (hochgerechnet auf das gesamte Jahr) ermolken.

4,90

-0,72 -1,00-0,70 -0,48 -0,35 -0,26

-2,00

-1,00

0,00

1,00

2,00

3,00

4,00

5,00

6,00

Cen

t je

kg M

ilch

Ausgangsvariante (Kosten je kg Milch)

5% systembedingteLeistungssteigerung

400 AKH Arbeitseinsparung je AMS und Jahr (ca. 6 Akh/Kuh)

Erhöhung der Melkleistung je AMS u. Jahr um 100.000 kg

Senkung der Service- und Reparaturkosten um 30 %

Verlängerung der Nutzungs-dauer auf 12 Jahre

Senkung der Investitions- kosten um 10 %

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Die durchschnittliche Tagesleistung der an AMS gemolkenen Kühe liegt bei knapp 26 kg. Im Mittel haben die Kühe einen Milchfluss von 2,2 kg je Minute. Als Zielwerte, um Melkleis-tungen von über 600.000 bis 700.000 kg zu realisieren, wird eine Tagesleistung je Kuh von etwa 32 kg und ein Milchfluss von etwa 2,3 kg je Minute angenommen. Seit 2000 wird eine Melkhäufigkeit von knapp über 2,7 Melkungen je Kuh und Tag erreicht. Das ist akzeptabel, zumal die Erfahrungen zeigen, dass mit dem Melkdurchschnitt auch sie weiter steigt. D. h., wenn die Leistung je Kuh und Tag steigt, wird auch die Melkhäufigkeit steigen. Das Ziel sind mindestens 2,8 Melkungen je Kuh und Tag. Zeitweilig wurden in der Gruppe 1 bereits 3 und mehr Melkungen je Kuh und Tag erreicht. Das ist Ausdruck dafür, dass das Management auf die Erfordernisse des AMS-Einsatzes gut abgestimmt sein muss. Dafür sind vor allem verschiedene Erfolgsfaktoren entscheidend (siehe Kasten). Mit Blick auf das Leistungsniveau und die Melkbarkeit wird eine Auslastung in Gruppe 1 mit 55 Kühen und in Gruppe 2 mit bis zu 60 Kühen angestrebt.

Arbeitszeitaufwand

Die Erfahrungen über Arbeitszeiteinsparungen durch AMS gehen weit auseinander. Einspa-rungen gegenüber Melken im FGM von etwa 5 % werden durchaus für möglich gehalten. In Betrieben, in denen das Zusammenspiel von Tier und Technik allerdings nicht sorgfältig auf-einander abgestimmt wurde, ist sogar ein Mehrbedarf an Arbeitszeit festzustellen. Meist sind die Angaben zum Arbeitszeitbedarf allerdings eher Schätzungen als das Ergebnis exakter Messungen.

Drei wichtige Erfolgskriterien Die entscheidenden Faktoren für den Erfolg eines Melkroboters sind.

• möglichst große Ruhe im Stall und hohe Kontinuität in den Arbeitsabläufen

• gesund Kühe (Zielwert: weniger als drei Prozent der Tiere mit Klauen- und

Stoffwechselerkrankungen

• die Zuordnung von nicht zu vielen Kühen zum automatischen Melksystem

Die meisten Kühe müssen nicht lange warten Mit Hilfe von Videoaufzeichnungen aus dem Vorwartehof der frischlaktierenden bzw. höherleistenden Kühe (Gruppe 1) wurde festgestellt, dass die durchschnittliche Wartezeit der Kühe vor Betreten der Melkbox 12,7 Minuten beträgt, wobei

• 60 % der hinzutretenden Kühe durchschnittlich nur 4 Minuten und

• weitere 20 % durchschnittlich 15 Minuten warten.

• 20 % der Kühe warteten aber über 20 Minuten, teilweise über 30 und in wenigen Fällen gar über 40 Minuten.

Die Melkmaschine musste etwa 16 % der Zeit des 24-Stunden-Tages auf eine Kuh war-ten. Das sollte hingenommen werden, weil die mangelnde Auslastung vermutlich nur un-ter Inkaufnahme stärkerer gegenseitiger Verdrängung der Kühe während der Spitzenzeitenverbessert werden könnte. Dadurch wäre eine größere Unruhe im Stall und somit eine beeinträchtigte Leistung zu befürchten.

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Um sicherer beurteilen zu können, ob bzw. in welchem Maße unter Praxisbedingungen Ar-beitszeit eingespart wird, wurde der Arbeitszeitaufwand in vierfacher Wiederholung erfasst. Für das Melken in AMS wurden je Kuh und Tag durchschnittlich 1,62 Akmin aufgewendet. In den Vergleich ist allerdings auch der Aufwand für das Melken von Problemkühen an der Rohrmelkanlage einzubeziehen. Bei diesem Melksystem sind durchschnittlich 9,58 Akmin je Kuh und Tag aufgewendet worden. Der Zeitbedarf variiert insgesamt erheblich. Es wird deutlich, dass sich unter den Bedingun-gen des Melkens mit dem Melkroboter Unregelmäßigkeiten des Betriebsablaufes (beispiels-weise durch technische Störungen oder Arbeiten in der Kuhgruppe) deutlich stärker auswir-ken als beim Melken in konventionellen Melkanlagen. Der Vergleich zum Bedarf bei konven-tionellem Melken wird unter der Annahme sowohl von zwei- wie auch von dreimaligem Mel-ken je Tag im FGM geführt (Grafik 2).

Grafik 2: Arbeitszeit im Vergleich

Für das Melken in AMS wird gegenüber dreimaligem Melken im FGM 56 % weniger Zeit benötigt, gegenüber zweimaligem Melken 35 % weniger. Bezieht man die an der RMA ge-molkenen Problemkühe in die Betrachtung ein, dann beträgt die Einsparung gegenüber drei-maligem Melken im FGM nur noch 33 %. Im Vergleich zu zweimaligem Melken wird keine Arbeitszeit gespart. Arbeitszeitaufwand für Teilaufgaben

Die unterschiedlichsten Tätigkeiten rund um den Melkvorgang wurden typischen Arbeitsarten zugeordnet und der zu ihrer Erledigung erforderliche Zeitaufwand wurde ermittelt (Grafik 3).

Für einen geringen Anteil von Kühen, die zum Melken in die Melkbox geholt werden muss-ten bzw. manueller Hilfe und Beaufsichtigung bedurften (etwa 10 % des Bestandes) wurden 57,2 % der gesamten Arbeitszeit aufgewendet.

12,68,3

12,6

18,9

0

5

10

15

20

25

FGM3 x

FGM2 x

AMS AMS +RMA

Akh

je K

uh u

. Jah

r

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* Anteile der einzelnen Arbeitsbereiche am gesamten Arbeitszeitaufwand Dieses Ergebnis fordert geradezu zu folgender Überlegung heraus: Die durchschnittliche Dif-ferenz zwischen dem Aufwand für das Melken in AMS und das Melken an der RMA betrug 7,96 Akmin/Kuh und Tag. Dabei ist der Wert für das Melken in AMS bereits durch Kühe, die dem Roboter zugetrieben werden mussten, deutlich erhöht. Auf eine 305-Tage-Laktation be-zogen, sind das 40 Akh. Bei Bewertung einer Akh mit 15 € entspricht das 600 €/Kuh und Jahr. Die Differenz zwischen den Kosten einer tragenden Färse (1.300 €) und dem Schlachter-lös für die Kuh (420 €) beträgt etwa 880 €. Auf 3 Nutzungsjahre verteilt, sind das rund 290 €/Jahr, also nur knapp die Hälfte der jährlichen Mehrkosten durch das Melken an der RMA. Problemkühe sollten gemerzt werden, diese Konsequenz ist unausweichlich. Auch der Ver-gleich zwischen Kühen, die zum Melken in AMS weder zugetrieben werden mussten noch besonderer Hilfe und Beobachtung bedurften, mit Problemkühen kommt zu keinem anderen Ergebnis. Die Differenz beträgt 9,5 Akmin je Kuh und Tag, auf 305 Laktationstage hochge-rechnet rund 48 Akh. Daraus würden Mehrkosten von 720 € resultieren. AMS-untaugliche Kühe weiter zu halten, ist nur dann gerechtfertigt, wenn erwartet werden kann, dass die aufge-tretenen Komplikationen bzw. der höhere Arbeitszeitbedarf nur eine wirklich vorübergehende Erscheinung sind.

Reinigung14%

Hilfe u.Beobachtung

W artung15%

PC13%

Zutrieb30%

Grafik 3: Dafür brauchen Sie Zeit*

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5.2 Management, Kostenaufwand und Wirtschaftlichkeit Automatischer Melksysteme in Auswertung mehrjähriger praktischer Nutzung

J. Trilk, P. Zube und D. May: Züchtungskunde, 77 (2005) 4. S. 256 - 270 Einleitung Automatische Melksysteme (AMS) gehören seit ihrer ersten praktischen Nutzung 1992 zu den anspruchsvollsten technischen Einrichtungen in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung. Nach dem aktuellen Stand nutzen gegenwärtig weltweit etwa 2.200 Betriebe diese Technik (de KONING and RODENBURG, 2004). Dabei konzentrieren sich etwa 80 % der An-wenderbetriebe auf Länder in West- und Nordeuropa. Die Gründe dafür dürften vor allem in den hier bestehenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Betriebsstrukturen zu sehen sein. Hohe Erzeugungsintensitäten mit entsprechenden Leistungen, begrenzte Arbeitskapazi-täten bzw. hohe Arbeitskosten sowie familiäre Betriebsstrukturen mit Bestandsgrößen von 60 – 150 Kühen entsprechen dem vorrangigen Einsatzkonzept. Erhebungen zur Motivation des Einsatzes von AMS belegen eine Vielzahl verschiedener Gründe von Betriebsleitern, in diese Technik zu investieren. Eine Befragung in 107 Betrieben in Belgien, den Niederlanden, Deutschland und Dänemark (MATHIJS, 2004) ergab, dass in erster Linie soziale Aspekte wie Arbeitserleichterung und –reduzierung sowie Befreiung von der strikten zeitlichen Bindung gegenüber Wirtschaftlichkeitsaspekten (Steigerung der Milchleistung, Verbesserung der Kuh- und Eutergesundheit, Einsparung von Arbeitskosten) dominieren. Diese Ergebnisse decken sich weitgehend mit anderen durchgeführten Analysen (ZUBE, 1999; KOWALEWSKY et al.,1999; HOGEVEEN et al.,2004; JENSEN, 2004). Die sich verändernden Rahmenbedin-gungen (Milchpreissenkung, Beihilferegelungen im Rahmen der EU-Agrarreform) lassen je-doch einen zunehmenden Einfluss wirtschaftlicher Aspekte auf Investitions- und Einsatzent-scheidungen erwarten. In der nachfolgenden Arbeit werden mehr als fünfjährige praktische Erfahrungen aus der An-wendung von AMS in einer Lehr- und Versuchsanstalt dargestellt sowie gezielte Auswertun-gen verschiedener Bewirtschaftungsparameter vorgenommen. Die Untersuchungen beziehen sich auf die Einsatzmöglichkeiten bei Haltung unter Außenklimabedingungen, Einfluss des Kuhverkehrs auf notwendigen Zutrieb von Kühen zum AMS, Bedeutung der Kuhzahl für die erreichbare Melkfrequenz sowie den erforderlichen Arbeitszeitbedarf. Eine Analyse zu Kos-tenaufwand und Möglichkeiten der Kostenreduktion soll Hinweise zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Automatischer Melksysteme liefern. Material und Methode

Die Analysen wurden in der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung Groß Kreutz (LVAT) vorgenommen. Dies ist ein Versuchs- und Demonstrationsbetrieb des Lan-desamtes für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg. Es wer-den ca. 150 Milchkühe der Rasse Deutsche Holstein gehalten. Die durchschnittliche Milch-leistung betrug im Jahr 2003 8.356 kg je Kuh . Die Reproduktion (ca. 40 % je Jahr) erfolgt aus eigener Nachzucht. Die Abkalbungen sind weitgehend kontinuierlich verteilt. Seit 1999 werden die Milchkühe in einem Liegeboxen-Laufstall mit Unterflurentmistung und Außen-klima gehalten. Die Entmistung erfolgt unter Flur. Die Laufgänge zwischen den Liegeboxen werden mittels Spaltenschieber gereinigt.

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Gru

ppe

1

Gru

ppe

1

Gru

ppe

2

Gru

ppe

2

Gelenkter Kuhverkehr

Fres

sgan

g Fr

essg

ang

Freier Kuhverkehr

AMS 1

AM

S 2

Vorwartehof

Laktierende Kühe werden in zwei Gruppen gehalten (Abb. 1) und überwiegend in zwei Ein-boxenmelkanlagen vom Typ „Astronaut“ der Firma Lely gemolken. Für Frischmelker und höherleistende Kühe (Gruppe 1) besteht freier Kuhverkehr zum Futtertisch, für spätlaktieren-de und geringerleistende Kühe (Gruppe 2) gelenkter Kuhverkehr. Außer den Automatischen Melksystemen sind – angrenzend an Gruppe 1 – zusätzlich vier Melkplätze an einer Rohr-melkanlage (RMA) vorhanden. Hier werden Kühe gemolken, die vorübergehend oder dauer-haft nicht für das AMS geeignet sind, jedoch aus wirtschaftlichen Gründen weiter genutzt werden.

Zur Datenerfassung wird ein Herdenmana-gementprogramm genutzt. Es ist mit dem system-integrierten Programm Nedap X-pert gekoppelt. Die Daten erlauben aktuelle Aussagen über Einzeltiere und Status der Herde sowie über Funktion und Auslastung der AMS. Weiterhin wurden seit Inbetriebnahme des Stalles u.a. die folgenden Informationen fortlaufend erfasst bzw. in speziellen Versuchsanstellungen ermittelt :

• Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit wurden mittels Gemini Datenlogger in vier-stündigem Abstand im Außenbereich und im Stallinneren kontinuierlich aufgezeichnet, um Aussagen zur Eignung von AMS in Außenklimaställen treffen zu können.

• Gruppe 2 wurde im Jahre 2000 von freiem auf gelenkten Kuhverkehr umgestellt. Im Vorfeld ist untersucht worden, welche Auswirkungen das auf die Melkhäufigkeit und auf die Milchleistung sowie auf die durchschnittliche Häufigkeit der Passagen je Kuh und Tag aus dem Liege- in den Fressbereich hat. Dazu wurden über einen Zeitraum von insgesamt 21 Tagen aus den mittels Nedap X-pert aufgezeichneten Daten täglich die Anzahl der Mel-kungen je Melkbox und Tag, je Kuh und Tag sowie die durchschnittliche Milchleistung je Kuh und Tag ermittelt. Während der ersten 7 Tage bestand in beiden Gruppen freier Kuh-verkehr (Vorperiode). Anschließend wurde Gruppe 2 auf gelenkten Kuhverkehr umgestellt. Nach Gewöhnung der Tiere an das veränderte Regime über einen Zeitraum von 7 Tagen (Zwischenperiode) schloss sich die eigentliche Versuchsperiode von 7 Tagen an. Jeweils während der drei ersten Tage der Vor- und der Versuchsperiode wurde unter Nutzung von Videotechnik die Anzahl der Passagen aus dem Liegebereich in den Fressbereich ermittelt. Eine einzeltierbezogene Erfassung der Passagen war nicht möglich.

Abbildung 1: Versuchsstall und Bewirt-schaftungsprinzip (barn layout)

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• Die Anzahl gemolkener Kühe, die Anzahl täglicher Melkungen und die durchschnitt-liche tägliche Melkhäufigkeit je Kuh wurden seit Inbetriebnahme der AMS auf der Grund-lage der systemgebundenen Datenerfassung je Box täglich ausgewertet.

• Sämtliche mit dem Melken der Kühe in Beziehung stehenden Arbeiten werden von zwei Arbeitskräften bei gleichbleibender Arbeitsteilung ausgeführt. Ihr Arbeitszeitaufwand wurde in vierfacher Wiederholung ermittelt. Dazu wurden an jeweils zwei aufeinanderfol-genden Tagen durch eine Person Beginn und Ende jeden Arbeitsganges zuerst für die eine, dann für die andere Arbeitskraft ermittelt. Die Auswertung des Arbeitszeitaufwandes erfolg-te getrennt nach einzelnen Arbeitskomplexen.

• Die statistische Verrechnung der Daten zum Arbeitszeitbedarf sowie zu den Merkma-len der AMS Bewirtschaftung (Anzahl Kühe, Anzahl Melkungen, Milchleistungen und Melkfrequenz) erfolgte mit dem Programmpaket SAS (2004). Die Prüfung von Einflussfak-toren auf Merkmale und statistische Tests wurden mit der GLM Prozedur vorgenommen. Unterschiedliche Kleinbuchstaben im Exponenten zeigen gesicherte Differenzen zwischen Mittelwerten an. Als Irrtumswahrscheinlichkeit wurde p ≤ 0,05 unterstellt.

• Bei der Berechnung der LSQ Werte der Melkfrequenz für die Varianten des Kuhver-kehrs wurden im Modell als fixe Effekte das Jahr und der Monat sowie die Kuhzahl je Box als Kovariable einbezogen. Bei der Berechnung der Melkfrequenz in Abhängigkeit von der Kuhzahl wurden die fixen Effekte Jahr und Monat berücksichtigt.

• Seit Inbetriebnahme der AMS werden auftretende Störungen erfasst. Kosten für War-tung und Reparatur der AMS sind in der betrieblichen Buchführung als gesonderte Kosten-position registriert.

• In der LVAT wurde in den Jahre 1999 bis 2000 die DLG-Prüfung des „Astronaut“ durchgeführt (DLG Prüfbericht 4916 Melkroboter Lely ASTRONAUT, 2000). Der wäh-rend dieser Prüfung festgestellte Verbrauch an Betriebsmitteln findet Eingang in Kalkulati-onen zur Wirtschaftlichkeit von AMS.

Ergebnisse

AMS im Außenklimastall

Das Melken der Kühe in AMS war unter Außenklimabedingungen während des gesamten Nutzungszeitraumes gewährleistet. Auch bei einwöchigen Frostperioden und Temperaturen von bis –10 °C im Stallinneren gingen die Kühe freiwillig zum Melken. Zu Tierverletzungen (etwa durch Ausgleiten auf den dann schlecht begehbaren Laufgängen) kam es nicht. Zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der AMS musste die Melkbox eingehaust und zu-sätzlich beheizt werden. Als Beispiel für den Temperaturverlauf in Frostperioden ist in Abbil-dung 2 eine Woche aus dem Januar 2003 dargestellt. Die Temperatur im Stallinneren folgte weitgehend parallel der Änderung der Außentemperatur. Sie lag zwischen 3 und 7 Grad hö-her. Ab ca. – 4 °C Außentemperatur sank auch die Stalltemperatur in den Frostbereich. Melkleistungen

In den Jahren 2000 bis 2003 wurden Melkleistungen je Box und Jahr von etwa 500.000 kg erreicht (Tab. 1). Für die Merkmale melkende Kühe je Box, Melkungen je Kuh und Tag so-wie Melkdurchschnitt war ein deutlicher Jahres- und Monatseffekt feststellbar. Bei den Melkungen je Kuh und Tag sowie im Melkdurchschnitt sind die Werte des Jahres 2000 zu den Folgejahren signifikant. Seit 2001 liegt die Melkhäufigkeit relativ stabil bei knapp über 2,7 Melkungen je Kuh und Tag.

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Abbildung 2: Temperaturverlauf inner- und außerhalb des Stalles während einer

Kälteperiode im Januar 2003 (temperature in and out the barn during a frost period in January 2003) Tabelle 1: Melkleistungen je AMS in der LVAT - Mittelwerte und Standardfehler –

der Tageswerte (milking results per automatic milking system in the experimental farm-means and standard error of daily values)

Jahr melkende Kühe

je AMS/Tag x (S.E.)

Anzahl Melkungen je

Kuh/Tag x (S.E.)

Melk- durchschnitt (kg/Kuh/Tag)

x (S.E.)

Melkleistung je AMS

(kg Milch) ∑

2000 55,4 a (0,24) 2,46 a (0,008) 24,1 a (0,06) 489.706

2001 52,9 b (0,14) 2,73 b (0,010) 25,8 b (0,11) 500.076

2002 51,9 c (0,09) 2,74 b (0,007) 25,6 b (0,08) 484.180

2003 54,3 d (0,09) 2,72 b (0,008) 25,7 b (0,06) 509.296

Der Anstieg ist einerseits aus der verbesserten Abstimmung des Managements auf die Erfor-dernisse des AMS-Einsatzes zu erklären (darunter auch aus einer Umstellung auf geregelten Kuhverkehr in Gruppe 2 ab Juni des Jahres 2000). Andererseits kann der niedrige Wert im Jahre 2000 auch eine Folge des hohen Anteils von Jungkühen im Bestand sein. Während die-ser im Jahr 2000 infolge des hohen Färsenanteiles bei der Erstbelegung des Stalles ab 1999 noch 60 % betrug, lag der Jungkuhanteil in den Folgejahren bei etwa 40 %. Die Erhöhung des Melkdurchschnittes ab 2001 ist vorrangig auf den altersphysiologischen Leistungsanstieg in der Herde zurückzuführen. Kuhverkehr

Der Kuhstall wurde 1999 erstmals mit Färsen und Kühen belegt, die bis dahin in Anbindehal-tung gestanden hatten. Zeitgleich wurden die AMS in Betrieb genommen. Die Umstellung auf Laufstallhaltung fiel den Kühen offensichtlich schwer.

-16

-12

-8

-4

0

4

6.01. 7.01. 8.01. 9.01. 10.01. 11.01. 12.01.

° C

Außentemp.Innentemp.

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Die Folge waren geringe Melkhäufigkeiten und ein hoher Anteil notwendiger Zutriebe zum Melken. Deshalb wurde eine Umstellung von freiem auf geregelten Kuhverkehr in Betracht gezogen. Wegen befürchteter negativer Auswirkungen aufgrund des beschränkten Zugangs zum Futtertisch wurden im Vorfeld Untersuchungen zum Verhalten und zur Leistung bei bei-den Varianten durchgeführt (Tab. 2). Tabelle 2: Leistungs- und Bewirtschaftungsparameter bei freiem und geregeltem

Kuhverkehr (yield and management influenced by free and guided cow traffic) Gruppe1 (Kontrolle) Gruppe 2 (Versuchsgruppe)

Vor-

periode Versuchs-

periode Vor-

periode Versuchs-

periode

Parameter freier Kuhverkehr x * (S.E.)

freier Kuhverkehr x * (S.E.)

ger. Kuhverkehr x * (S.E.)

Melkungen/Box (Anz. je Tag)

144,4 (3,22)

147,1 (2,01)

109,0 a (6,86)

132,0 b (2,05)

Melkhäufigkeit (Melkg./Kuh/Tag)

2,53 (0,0 52)

2,59 (0,046)

2,04 a

(0,129) 2,39 b

(0,046) Passagen zum Fressbereich (Anz./Kuh/Tag)

7,20 (0,383)

8,68 (0,373)

7,53 a (0,246)

3,77 b

(0,303)

Milchleistung (kg/Kuh u. Tag)

27,9 (0,50)

29,8 (0,68)

18,4 (0,25)

20,1 (0,26)

* Mittelwerte aus Gruppendurchschnitten für 7 Tage, für Passagen zum Fressbereich für 3 Tage Die Gruppeneinteilung wurde nach dem Laktationsstadium und der Milchleistung vorge-nommen. Zum Zeitpunkt der Untersuchungen befanden sich in den Gruppen jeweils 55 Kühe, von denen knapp 2/3 in der ersten Laktation standen. Bei Versuchsbeginn hatten die Kühe der Gruppe 1 im Durchschnitt den 118. Laktationstag, die Kühe in Gruppe 2 den 278. Laktationstag erreicht. Die Tagesleistungen differierten entsprechend dem unterschiedli-chen Laktationsstadium wie in Tab. 2 ausgewiesen. Die Melkhäufigkeit stieg bei über die Melkbox gelenktem Verkehr zum Futtertisch in Gruppe 2 gegenüber der Vorperiode mit freiem Kuhverkehr um 0,35 Melkungen je Kuh und Tag an. Die Anzahl der Passagen zum Fressbereich sank von durchschnittlich 7,53 auf 3,77 je Tier und Tag. Die Milchleistung wurde nicht negativ beeinflusst. Sie stieg gegenüber der Vor-periode ebenso an wie in der Gruppe 1 bei unveränderter Variante des Kuhverkehrs. Im Ergebnis wurde der gelenkte Kuhumtrieb für Gruppe 2 ab Juni 2000 beibehalten. Dies hat u. a. zum Anstieg der durchschnittlichen Melkhäufigkeit je Kuh und Tag in der Folgezeit bei-getragen (vgl. Tab. 1). Für die Hochleistungsgruppe wurde aufgrund der in der Untersuchung festgestellten deutlichen Reduzierung der Passagen zum Futtertisch durch die Regelung des Kuhverkehrs davon Abstand genommen; hier wird die Variante freier Kuhverkehr weiterhin praktiziert. Ab der Umstellung wurden bei beiden Bewirtschaftungsvarianten vergleichbare Melkhäufigkeiten erreicht. Der größte Effekt der Maßnahme zeigte sich hinsichtlich des Auf-wandes beim manuellen Zutrieb von Kühen zur Melkbox. Seit Juni 2000 mussten täglich in der Gruppe mit geregeltem Kuhverkehr durchschnittlich 9,6 Kühe zum Melken zugetrieben werden, weil sie innerhalb der letzten 12 Stunden nicht freiwillig die Melkbox aufgesucht hatten bzw. die Melkung misslungen war.

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100

In der Gruppe mit freiem Kuhverkehr waren dagegen im Mittel l8,6 Zutriebe in 24 Stunden erforderlich. Melkfrequenz Eine gegenüber dem üblichen zweimaligen täglichen Melken erhöhte Melkfrequenz ist bei Nutzung von AMS eine wichtige Voraussetzung sowohl zur Kapazitätsauslastung der Melk-technik als auch für eine systembedingte Leistungssteigerung. Die allgemein angestrebten Werte von über 2,5 Melkungen je Kuh und Tag wurden im Versuchsbetrieb erst nach mehr-monatiger Anpassung des Bewirtschaftungsregimes und nach Gewöhnung der Tiere erreicht. Als Einflussgrößen mit statistischem Nachweis erwiesen sich im laufenden Betrieb die Form des Kuhverkehrs, das Bewirtschaftungsjahr, der Monat sowie die Zahl der Kühe je Box. Die Effekte von Jahr und Monat dürften mit Ausnahme des Jahres 2000 überwiegend auf nicht-systematischen Einflüssen wie Störungen im Betriebsablauf oder Technikstörungen beruhen, da kein eindeutiger Trend feststellbar war. Zwischen Kuhzahl je Box und durchschnittlicher Melkhäufigkeit zeigte sich nach Korrektur auf Jahres- und Monatseinfluss dagegen sowohl bei freiem als auch bei geregeltem Kuhverkehr eine eindeutige Abhängigkeit (Abb. 3). Melk-frequenzen von über 2,5 werden bei beiden Bewirtschaftungsvarianten nur bei Kuhzahlen unter 58 Tieren je Box, Melkhäufigkeiten von 2,7 oder mehr erst bei 53 oder weniger Tieren je Box erreicht.

2,30

2,50

2,70

2,90

3,10

<50 50 51 52 53 54 55 56 57 >57Tierzahl/Box

Mel

kfre

quen

z/K

uh u

. Tag

freier Kuhverkehr geregelter Kuhverkehr

Abilgung. 3: Zusammenhang zwischen der Anzahl der Kühe je Box und der mittleren Melkfrequenz -LSQ Werte bei freiem und geregeltem Kuhverkehr (relationship between the number of cows per AM-system and the average

milking frequency- LSQ means- for free and guided cow traffic)

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101

Zwischen beiden Varianten treten bei gleicher Tierzahl und Melkfrequenzen unter 2,70 nur geringe Unterschiede auf. Die Differenzen werden mit geringer werdender Kuhzahl je Box größer, weil die Melkfrequenz bei freiem Kuhverkehr weiter ansteigt, bei geregeltem Kuhver-kehr jedoch systembedingt (die Melkberechtigung wird in Abhängigkeit von Laktationsstadi-um und Tagesleistung der Kühe festgelegt) begrenzt bleibt. Über den gesamten Auswertungszeitraum lagen die mittleren Melkhäufigkeiten nach Korrek-tur auf das Jahr, den Monat sowie die Kuhzahl je Box bei freiem und geregeltem Kuhverkehr bei 2,69 bzw. 2,67. Der Unterschied ist statistisch signifikant, in der absoluten Größe aber relativ gering.

Arbeitszeitaufwand

Für das Melken in AMS wurden bei den durchgeführten Zeitmessungen je Kuh und Tag durchschnittlich 1,69, 1,81, 1,38 bzw. 1,60 Akmin aufgewendet, im Mittel über alle 4 Stich-proben 1,62 Akmin (Tab. 3). In den Aufwendungen sind die Zeiten für alle dem Melken zu-zuordnenden täglichen technik- und tierbezogenen Arbeiten enthalten. Das betrifft u.a. auch das Heraussuchen und Zutreiben von Kühen zur Melkanlage, die diese innerhalb von 12 Stunden seit der letzten Melkung nicht freiwillig aufgesucht hatten bzw. manueller Unterstüt-zung beim Ansetz- oder Melkvorgang bedurften. Von den an den AMS gemolkenen Kühen mussten zu den Terminen der Arbeitszeiterfassung im November 2000 21 Kühe, im Februar 2001 15 Kühe, im April 18 Kühe und im August 28 Kühe zugetrieben werden. In der Tabelle enthalten sind auch Aufwendungen zur Havariebeseitigung, die vom Personal mit ca. 2 Stun-den je Woche, anteilig je Tag also mit 17 Minuten angegeben wurden. Tabelle 3: Arbeitszeitaufwand für das Melken in AMS und für das Melken aller

Kühe (working hours requirement for milking by AM-system and for milking all cows)

Erfassungstermin Parameter AMS 1) RMA alle Kühe

Nov. 2000 Akmin/Kuh/d 1,69 13,27 3,00 Febr. 2001 Akmin/Kuh/d 1,81 7,64 2,31 April 2001 Akmin/Kuh/d 1,38 11,00 2,33 Aug. 2001 Akmin/Kuh/d 1,60 6,41 2,26

Anz. Kühe x (min.-max.)

111 (100-118)

14 (11-17)

125 (111-133)

gesamt Akmin/Kuh/d x (S.E.)

1,62 (0,091)

9,58 (1,566)

2,48 (0,176)

1 Durchschnittlich wurde jede Kuh 2,7 mal am Tag gemolken; 21 mal mussten Kühe zum Melken in die Melk-box geholt werden. Im Zeitbedarf ist auch der Aufwand von durchschnittlich 17 Akmin je Melkroboter und Tag für die Durchführung nicht kontinuierlich anfallender Wartungsarbeiten enthalten.

Zusätzlich wurde der Aufwand für das Melken von Problemkühen an der vorhandenen Rohr-melkanlage erfasst. Der Zeitbedarf betrug je Kuh zwischen 6,41 und 13,27 , im Mittel über alle Untersuchungen 9,58 Akmin. Aus dem täglichen Arbeitszeitaufwand wurde der Zeitbedarf je Kuh und Jahr errechnet. Der Vergleich zum Bedarf bei konventionellem Melken wird unter der Annahme sowohl von zwei- wie auch von dreimaligem Melken je Tag im Fischgrätenmelkstand geführt (Abb. 4):

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Für das Melken in AMS wird gegenüber dreimaligem Melken im FGM 56 % weniger Zeit benötigt, gegenüber zweimaligem Melken 35 % weniger. Bezieht man die an der RMA ge-molkenen Problemkühe in die Betrachtung mit ein, beträgt die Einsparung gegenüber dreima-ligem Melken im FGM nur noch 33 %; im Vergleich zu zweimaligem Melken wird keine Einsparung erzielt.

Abbildung 4: Arbeitszeitaufwand für das Melken je Kuh und Jahr (working hours requirement for milking per cow and year) Der für die Erledigung unterschiedlicher Tätigkeiten erforderliche Zeitaufwand wurde ermit-telt und typischen Arbeitsarten zugeordnet (Abb. 5):

Abbildung 5: Anteil des Arbeitszeitaufwandes für Teilarbeiten am Gesamtaufwand für das Melken in AMS

(share of working hours requirement for partial works of milking in AM— system)

Für einen scheinbar geringen Anteil von Kühen, die zum Melken in die Melkbox geholt wer-den mussten bzw. manueller Hilfe und Beaufsichtigung bedurften (ca. 10 %) wurden 57,2 % der gesamten Arbeitszeit für das Melken aufgewendet.

1 2 ,68 ,2

1 2 ,6

1 8 ,9

0

1 0

2 0

F G M 3 x

F G M 2 x

A M S A M S +R M A

Akh

/Kuh

u. J

ahr

1 1

1) n. S C H LE IT ZE R ,1997

Wartung15,4%

Reinigung14,3%

PC13,1%

Hilfe und Beobachtung28,0%

Zutrieb29,2%

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Wirtschaftlichkeit

Zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit des AMS-Einsatzes sind die im Betrieb angefallenen Technikkosten kalkuliert worden (Tab. 4). Es wurden Anschaffungspreise unter Berücksichtigung von Angaben des Herstellers, eine 10jährige Nutzungsdauer und Zinskosten von 5 % des hälftigen Anschaffungspreises unter-stellt. Den Kosten für Betriebsmittel liegt der Verbrauch zugrunde, wie er im Verlauf der in der LVAT durchgeführten DLG-Prüfung ermittelt worden ist. Aufwendungen für Service und Reparaturen sind aus den Ist-Kosten der Jahre 2001 bis 2003 abgeleitet. Die jährlichen Kosten für die zwei genutzten Einboxenanlagen betragen insgesamt 58.750 €. Bei der im Versuchsbe-trieb erreichten Melkkapazität je Box und Jahr von 500.000 kg ergeben sich technikbedingte Kosten von 5,9 Cent je kg Milch. Tabelle 4: Kosten (€) bei Nutzung von zwei AMS vom Typ „Astronaut“

(expenses in EURO by using two AM-systems of type „Astronaut“) Anschaffungskosten 250.000 Abschreibungen (10jährige Nutzungsdauer) 25.000 Service + Reparaturen 19.000 Betriebsmittel (Strom, Wasser, Reinigungs- und Desinfektionsmittel): 8.500 Betriebskosten gesamt 27.500 Zinskosten (5 % des hälftigen Anschaffungspreises) 6.250 Jährliche Kosten gesamt 58.750 Kosten je kg Milch

kg Milch je AMS u. Jahr 400.000 7,34 500.000 5,88 600.000 4,90 700.000 4,20

Mit steigender Melkleistung reduziert sich dieser Aufwand deutlich. Im Vergleich zu einem modern eingerichteten 2 x 8er Fischgrätenmelkstand liegt der Kostenaufwand deutlich höher. So ist nach SCHLEITZER (2001, unveröffentlicht) für den FGM mit technisch bedingten Kosten von 2,8 Cent je kg zu rechnen. Bei der realisierten Melkleistung beträgt der Kosten-nachteil des AMS ohne Berücksichtigung möglicher Arbeitszeiteinsparungen somit 3,1 Cent je kg, bei einer Erhöhung der Melkleistung auf 600.000 kg je Box und Jahr beläuft er sich auf 2,1 Cent. Abb. 6 gibt den Effekt verschiedener Maßnahmen zur Kostensenkung wieder. Dabei wurden die Faktoren systembedingte Leistungssteigerung, Arbeitszeiteinsparung, Erhöhung der Melk-leistung je Box, Senkung der Service- und Reparaturkosten, Verlängerung der Nutzungsdauer sowie Senkung des Investitionsaufwandes berücksichtigt. Die unterstellten Veränderungen orientieren sich dabei an eigenen Ergebnissen (Arbeitszeiteinsparung), praktischen Erfahrun-gen im Versuchsbetrieb (Senkung der Service- und Reparaturkosten) sowie vorliegenden An-gaben in der Literatur bzw. Unterstellungen anderer Autoren. So berücksichtigen in Wirt-schaftlichkeitsberechnungen für Automatische Melksysteme GERS-GRAPPER-HAUS (1997) 10 %, WAUTERS und MATHIJS (2004) 6 % systembedingte Leistungssteigerung. Berechnungen von WADE et. al (2004) zur Entwicklung der Milchleistung aller AMS-Anwender-betriebe in den Niederlanden ergaben eine Leistungssteigerung nach AMS-Einsatz von 12,4 %. Bei Korrektur des positiven Zeittrends reduzierte sich der systembedingte Zu-wachs auf einen Wert von 2,1 % bei einer allerdings erheblichen betrieblichen Variation. Zur möglichen Arbeitszeitverringerung liegt eine Reihe von Angaben vor.

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104

Nach BOLL (2000) ergaben Arbeitszeitmessungen an einer Einboxenanlage im Vergleich zu einem Fischgrätenmelkstand eine Verminderung des Jahresaufwandes um 8 bis 10 Arbeits-kraftstunden je Kuh und Jahr. JASTER und KAUFMANN (2000) geben eine Arbeitszeitredu-zierung bei Nutzung von AMS im Vergleich zum Fischgrätenmelkstand von 7,4 bis 8,9 Akh je Kuh und Jahr an. Zeitmessungen in Betrieben mit Mehrboxenanlagen durch BOHLSEN und ARTMANN (2002) ergaben einen um 3,8 bis 8,9 Stunden geringeren Jahresarbeitsbedarf nach Einführung von AMS (bei Arbeitszeiterhöhung in Einzelbetrieben). Die Einsparung in Betrieben mit Einboxenanlagen variierte mit Werten von 3,2 bis 15,5 Akh erheblich. GUSTAFSSON (2004) stellte für schwedische Betriebe eine effektive Arbeitszeiteinsparung von jährlich 10,2 Stunden je Kuh und Jahr fest. JENSEN ermittelte eine Arbeitszeitverminde-rung nach Angaben von dänischen Anwenderbetrieben um 10, MATHIJS (2004) durch Be-fragung von 107 Betrieben in Belgien, den Niederlanden, Dänemark und Deutschland um 10,8 Arbeitskraftstunden je Kuh und Jahr. Angaben zur realen Melkkapazität je Melkbox und Jahr sind in der Literatur rar. In einer Reihe von Anwenderempfehlungen werden für einen effizienten Einsatz aber Jahresleistungen von deutlich über 600.000 bis 800.000 kg Milch gefordert. Zur Verminderungen des Investitionsaufwandes bzw. zur Verlängerung der Nut-zungsdauer wurden Werte von 10 und 20 % unterstellt. In der Abbildung sind oberhalb der Nulllinie die Kosten je kg Milch in der Ausgangsvariante mit 2 AMS bei einer Melkleistung von 500.000 kg je Box und Jahr angegeben, unterhalb der Nulllinie ist der Beitrag einzelner Maßnahmen zu deren Senkung abzulesen.

5,88

-0,98-0,72 -1,20 -0,57-0,42 -0,31

-2,00

0,00

2,00

4,00

6,00

8,00

Cen

t je

kg M

ilch

Ausgangsvariante (Kosten je kg Milch)5% systembedingteLeistungssteigerung400 AKh Arbeitseinsparung je AMS und Jahr (ca. 6 Akh/Kuh)Erhöhung der Melkleistung je AMS u. Jahr um 100.000 kgSenkung der Service- und Reparaturkosten um 30 %Verlängerung der Nutzungs-dauer auf 12 JahreSenkung der Investitions- kosten um 10 %

Abbildung 6: Kostensenkung durch unterschiedliche Maßnahmen (reducing expenses by different measures)

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105

Als wirksamster Einflussfaktor erweist sich die Einsparung von Arbeitszeit. Eine Verringe-rung des Zeitaufwandes um 400 Akh je AMS (das entspricht etwa 6 Akh je Kuh und Jahr bzw. der Differenz des Gesamtaufwandes der Melkarbeit in AMS und RMA zu dreimaligem Melken im Fischgrätenmelkstand) führt zu einer Reduzierung der Kosten um 1,2 Cent je kg Milch. Es folgen in der Rangfolge die Erhöhung der Melkleistung je Melkbox und Jahr von 500.000 auf 600.000 kg (- 0,98 C/kg), eine systembedingte Leistungssteigerung je Kuh und Jahr um 5 % (- 0,72 C/kg) und die Senkung von Service- und Reparaturkosten um 30 % (- 0,57 C/kg). Ein geringeres Einsparpotential haben die Erhöhung der Nutzungsdauer von 10 auf 12 Jahre (- 0,42 C/kg) und die Reduzierung des Investitionsaufwandes um 10 % (- 0,31 C/kg). Um einen zur Ergebnisverbesserung durch Erhöhung der Melkleistung um 100.000 kg vergleich-baren Effekt zu erreichen, müssten die Service- und Reparaturkosten um rund die Hälfte, die Investitionsaufwendungen um fast ein Drittel sinken. Voraussetzung für hohe Melkleistungen je Box sind entsprechende Tagesleistungen und ein hoher Milchfluss. Die durchschnittliche Tagesleistung im Versuchsbetrieb liegt bei knapp 26 kg. Im Mittel verzeichnen die Kühe einen Milchfluss von 2,2 kg, darunter in der leistungs-stärkeren Gruppe 1 von 2,2 - 2,4 kg je min., in Gruppe 2 etwa von 2,0 - 2,1. Um Melkleistun-gen von über 600.000 kg zu realisieren, sind Tagesleistungen je Kuh von etwa 32 kg und ein Milchfluss von 2,3 kg je Minute notwendig. Diskussion Nach der Mehrzahl der Erhebungen in der Literatur sind erwartete Arbeitszeiteinsparungen, Arbeitserleichterungen bzw. größere zeitliche Unabhängigkeit aktuell die wesentlichsten Gründe für die Anwendung Automatischer Melksysteme. Mit zunehmend verschärften öko-nomischen Rahmenbedingungen werden allerdings wirtschaftliche Gesichtspunkte einen deutlich höheren Stellenwert für die Anwendungsentscheidung in Betrieben einnehmen. Diese Entwicklung zeigt sich besonders bei den größeren Betrieben der neuen Bundesländer. Der wirtschaftliche Effekt Automatischer Melksysteme im Vergleich zu herkömmlichen Melkständen wird vor allem durch die unterschiedlichen Investitionsaufwendungen, den not-wendigen Service- und Unterhaltungsaufwand, den veränderten Bedarf an Betriebsmitteln, die möglichen Arbeitszeiteinsparungen sowie die Verbesserung der Milchleistung aufgrund höherer Melkfrequenzen beeinflusst. Beim Vergleich von Melksystemen muss in der Regel auf einzelne Kalkulationswerte bzw. allgemeine Angaben für herkömmliche Melkstände zu-rückgegriffen werden. Die ermittelten Kosten für 2 Einboxenanlagen im Versuchsgut Groß Kreutz belaufen sich bei der aktuell erreichten Melkkapazität von jährlich 500.000 kg Milch je Box auf 5,88 ct/kg ohne Arbeitsaufwendungen. Im Vergleich zu den von SCHLEITZER (2001, unveröffentlicht) für einen Fischgrätenmelkstand mit vergleichbarer Kapazität angege-benen Technikkosten von 2,8 ct./kg liegt der Aufwand je kg Milch um 3,1 ct. höher. Bei Be-rücksichtigung der ermittelten Arbeitseinsparung von etwa 6 Akh je Kuh und Jahr verringern sich diese Mehraufwendungen im Vergleich zum dreimaligen Melken im FGM auf einen Wert von + 1,9 ct/kg. Ähnliche Größenordnungen zum Kostennachteil von AMS werden auch von anderen Autoren ermittelt. So liegen nach HEIN (1998) die Kosten im Vergleich zum Fischgrätenmelkstand durch die Technik bedingt um 3,3 ct/kg Milch höher. Bei einer unter-stellten Arbeitszeiteinsparung von 10 h je Kuh und Jahr reduziert sich der Kostennachteil auf 1,8 ct/kg. GERS-GRAPPERHAUS (1997) kalkulierte eine Kostensteigerung von 1,5 ct/kg bei Nutzung von Mehrboxenanlagen unter Berücksichtigung einer systembedingten Leistungs-steigerung von 10 % und 30 % Melkzeiteinsparung. STOCKINGER (1998) ermittelte, dass im Vergleich zu Fischgrätenmelkständen Leistungssteigerungen von 990 kg je Kuh und Jahr erforderlich sind, um Kostengleichheit zu erreichen.

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Bei einer Lohnkosteneinsparung aufgrund verminderter Jahresarbeitszeit von 7,5 h/je Kuh verringerte sich der notwendige Leistungszuwachs auf 521 kg. Die Produktionskostenerhö-hung beläuft sich ohne Berücksichtigung möglicher Arbeitszeiteinsparungen und Leistungs-steigerungen auf 2,5 (Einboxenanlage) bzw. 1,9 ct/kg (Mehrboxenanlage). Untersuchungen von BOLL (2000) führten im Vergleich zum Fischgrätenmelkstand auch unter Einbeziehung der ermittelten Arbeitszeitverkürzung von 10 Akh/je Kuh und Jahr zu erhöhten Gesamtkosten beim AMS von 1,8 bis 2,7 ct je kg. Zur Kostengleichheit ist eine Leistungssteigerung von 900 kg je Jahr beim Melkroboter erforderlich. Nach JASTER und KAUFMANN (2000) ist unter Beachtung differierender Fix- und Lohnkosten bei Einboxenanlagen im Vergleich zu Fischgrätenmelkständen bei Herdengrößen von 66 Kühen eine Verschlechterung des Ergeb-nisses um 0,7 ct/kg zu erwarten. Bei höherer Auslastung konventioneller Melkstände als im unterstellten Bestand möglich, verschlechtert sich der Kostenvergleich deutlich zuungunsten des Automatischen Melksystems. WADE et al. (2004) ermittelten bei Berücksichtigung einer realisierten systembedingten Leis-tungssteigerung von 2 % sowie einer unterstellten Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 5,5 Akh für einen Bestand mit 100 Milchkühen eine Kostenerhöhung bei Automatischen Melksystemen von 2,1 ct/kg Milch bzw. eine Verschlechterung der Arbeitszeitverwertung in entsprechender Größenordnung. Prüfungen zu anderen Varianten der Leistungssteigerung je Kuh bzw. zu höheren Arbeitszeiteinsparungen verdeutlichten, dass vor allem aufgrund der Arbeitszeitverkürzung Ergebnisverbesserungen mit Automatischen Melksystemen möglich sind. WAUTERS und MATHIJS (2004) berechneten für Standardbetriebe in Belgien, Dänemark, den Niederlanden und Deutschland verschiedene ökonomische Kennzahlen bei der Umstel-lung von herkömmlicher auf Automatische Melktechnik. Bei AMS-Nutzung wurden eine Milchleistungssteigerung von 6 %, höhere Energiekosten von 40 % und eine um 21 % verrin-gerte Arbeitszeit den Berechnungen zugrunde gelegt. Unter Vernachlässigung der Familien-arbeitszeit veränderte sich das Betriebsergebnis zwischen + 1 ct/kg (DK) bis zu – 3 ct/kg (B, NL, D). Die Verwertung der Arbeitskraftstunde verbesserte sich in B, DK und Holland um 1,08 bis 2,30 €/h. Für deutsche Verhältnisse verschlechterte sie sich um 3,08 €/h. Der Gewinn unter Berücksichtigung der Familienarbeitszeit reduzierte sich bei Übergang zu AMS um etwa 1,6 ct/kg Milch. Insgesamt führten die Berechnungen für Deutschland zu einer generel-len Verschlechterung des Betriebsergebnisses. Die Werte für die anderen Länder lagen güns-tiger und zeigten für belgische und dänische Verhältnisse unter den angenommenen Bedin-gungen Gewinnerhöhungen beim Übergang zum Automatischen Melksystem. Die Autoren führten verschiedene Sensibilitätsprüfungen mit Varianten unterschiedlicher Milchleistungs-steigerung, Veränderung der notwendigen Investitionen und unterschiedlicher Höhe der Ar-beitszeitverkürzung durch. Im Ergebnis bleibt der Einfluss einer Milchleistungssteigerung für die Wettbewerbsfähigkeit des AMS vergleichsweise gering. Die Verminderung der Investiti-onskosten um 10 % verbesserte nur für deutsche und dänische Produktionsverhältnisse die Kostensituation des AMS deutlich. Der größte Effekt war bei Arbeitszeiteinsparungen von 33 % im Vergleich zur herkömmlichen Melktechnik zu erreichen. Die beiden letztgenannten Untersuchungen bestätigen die eigenen Ergebnisse, nach denen Arbeitszeiteinsparungen den wesentlichsten Effekt auf die Wirtschaftlichkeit Automatischer Melksysteme ausüben. Die in der Literatur angegebenen Durchschnittswerte zur Einsparung liegen zwischen 7,4 bis10,8 Akh je Kuh und Jahr (JASTER und KAUFMANN, 2000; GUSTAFSSON, 2004; JENSEN, 2004; MATHIJS, 2004) und damit in vergleichbarer Höhe wie die im Versuchsbetrieb ermittelten Ergebnisse.

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Die von BOHLSEN und ARTMANN (2002) auf der Basis von Zeitmessungen in fünf Betrie-ben mit Einboxenanlagen kalkulierten Einsparungen variierten zwischen 3,2 und 15,5 Akh je Kuh und Jahr. Die enorme Schwankung zwischen den Betrieben belegt die große Bedeutung des betrieblichen Managements. In den Kalkulationen zur Kostensenkung im Versuchsbetrieb erwies sich die erreichte Melk-kapazität je Box und Jahr als weitere wesentliche Einflussgröße. Um diese Möglichkeit zu nutzen, ist eine Erhöhung der erreichten Milchleistung auf Werte von 32 kg je Kuh und Tag erforderlich. Eine Verbesserung der Auslastung über höhere Kuhzahlen je Box führt infolge der damit verbundenen Senkung der Melkfrequenz zu keinen wirtschaftlichen Vorteilen. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass bei den aktuellen Kostenverhältnissen Automatische Melksysteme mehrheitlich ökonomische Nachteile gegenüber herkömmlichen Melkständen in einer Größenordnung von 1 bis 2 ct je kg Milch aufweisen. Nur unter optimalen Vorausset-zungen hinsichtlich Arbeitszeiteinsparung, erreichter Melkkapazität und systembedingter Leistungssteigerung sind Kostengleichheit zu erwarten. Die ausgewerteten Angaben zeigen aber aufgrund der einzelbetrieblichen Unterschiede in diesen Positionen generell vorhandene Effektivitätsreserven, um den Einsatz Automatischer Melksysteme wirtschaftlicher zu gestal-ten. Zusammenfassung

Ziel der Untersuchung waren die Analyse des Managements bei Automatischen Melksyste-men nach mehrjähriger praktischer Nutzung, die Erfassung des Zeitbedarfes und der Kosten für die Melkarbeit sowie die ökonomische Bewertung von AMS im Vergleich zu herkömmli-chen Melkständen. Die Auswertungen wurden über 4 Jahre an 2 Einboxenanlagen des Typs „Astronaut“ im Versuchsbetrieb Groß Kreutz vorgenommen. Die jährliche Melkkapazität je Box lag bei etwa 500.000 kg Milch. Im Durchschnitt wurden 53,4 Kühe je Box gemolken. Die mittlere Melkhäufigkeit je Kuh und Tag lag bei 2,69. Einfluss auf die Melkfrequenz hat-ten die Variante des Kuhverkehrs, das Jahr, der Monat sowie die Anzahl der Kühe je Box. Um Melkhäufigkeiten von über 2,7 zu erreichen, sollte die Zahl der Kühe je Box 53 nicht überschreiten. Für eine wirtschaftlich notwendige Erhöhung der Melkkapazität auf Werte von 600.000 kg Milch je Box und Jahr sind Tagesleistungen von 32 kg je Kuh und ein Milchfluss von 2,3 kg/Minute erforderlich. Arbeitszeitmessungen ergaben im Vergleich zu herkömmli-chen Melkständen einen reduzierten Aufwand um 56 % gegenüber dreimaligem bzw. um 35 % gegenüber zweimaligem Melken. Bei Berücksichtigung zusätzlicher Zeit für das Mel-ken AMS-untauglicher Kühe verringerten sich diese Wert deutlich. Im Vergleich zu dreimali-gem Melken im Fischgrätenmelkstand ist der Arbeitsbedarf unter diesen Voraussetzungen um 6,3 Akh je Kuh und Jahr geringer. Der Zutrieb von Kühen zur Melkbox beanspruchte von allen Arbeitsarten mit 29,2 % den höchsten Anteil am gesamten Aufwand für das Melken. Durch den Übergang vom freien auf einen gelenkten Kuhumtrieb kann dieser Aufwand redu-ziert werden. Die Kostenanalyse im Versuchsbetrieb zeigte aufgrund höherer Investitions- und Betriebskosten einen Mehraufwand von 3,1 ct/kg Milch bei der erreichten Melkkapazität von 500.000 kg je Box gegenüber einem Fischgrätenmelkstand. Durch die festgestellte Ar-beitszeiteinsparung verringert sich dieser Wert auf 1,9 ct/kg. Den größten Einfluss zur Ver-besserung der Wirtschaftlichkeit haben Arbeitszeiteinsparungen, die Erhöhung der Melkkapa-zität sowie systembedingte Leistungssteigerungen. Bei Berücksichtigung realistischer Verän-derungen ergibt sich in Übereinstimmung mit anderen Untersuchungen ein Kostennachteil Automatischer Melksysteme von 1 bis 2 ct/kg Milch.

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