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Wasserstoffsicherheit in Werkstätten Stand Oktober 2009 Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit BG-Information BGI 5108

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Wasserstoffsicherheitin Werkstätten

Stand Oktober 2009

BerufsgenossenschaftlicheInformationen für Sicherheitund Gesundheit bei der Arbeit

BG-Information

BGI 5108

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Die in dieser BG-Information (BGI) enthaltenen technischen Lösungen schließenandere, mindestens ebenso sichere Lösungen nicht aus, die auch in technischenRegeln anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der Türkei oderanderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraumihren Niederschlag gefunden haben können.

Hinweis:

Der Einfachheit und Lesbarkeit halber wurde in der vorliegenden Schrift die männ-liche Form gewählt. Selbstverständlich sind weibliche Personen gleichermaßenangesprochen.

Bildnachweis:

BG BAHNEN (Seiten 5, 7, 12, 15, 19, 20, 25, 27)BMW Group (Seiten 6 unten, 9 oben, 10, 14)FORD-Werke AG (Seiten 6 oben, 17, 21, 22, 23)MAN Nutzfahrzeuge AG (Seiten 11, 24)Adam Opel GmbH (Seiten 9 unten, 26)

Anfragen können Sie richten an:

Berufsgenossenschaft der Straßen-, U-Bahnen und EisenbahnenFontenay 1 a20354 HamburgTelefon 040 44118-0, Telefax 040 44118-240E-Mail: [email protected]: www.bg-bahnen.de

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Berufsgenossenschaftliche Informationen (BG-Informationen) enthalten Hinweise undEmpfehlungen, die die praktische Anwendung von Regelungen zu einem bestimmtenSachgebiet oder Sachverhalt erleichtern sollen.

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Inhaltsverzeichnis Seite

Vorbemerkung 4

1 Grundlagen zur Wasserstofftechnik 5

2 Eigenschaften von Wasserstoff 7

3 Stand der Speichertechnik 8

3.1 Art der Speicherung flüssig/gasförmig 8

3.2 Speichermengen Pkw/Bus 9

3.3 Gasführende Komponenten 10

3.4 Sicherheitseinrichtungen der Fahrzeuge 11

3.5 Spannungsführende Teile 13

4 Explosionsschutz in Werkstätten 13

4.1 Gefährdungsbeurteilung und abgeleiteteExplosionsschutzmaßnahmen 13

4.2 Potenzialausgleich 15

5 Anforderungen an und Maßnahmen in Werkstätten 16

5.1 Einfahrt in Werkstätten mit Wasserstofffahrzeugen 16

5.2 Routinearbeiten (nach BGR 157) 17

5.3 Arbeiten an gasführenden Teilen und Leitungen 18

5.3.1 Arbeiten an wasserstoffführenden Leitungen 18

5.3.2 Arbeiten an wasserstoffführenden Teilen 19

5.3.3 Arbeiten am Tanksystem 19

5.3.4 Wiederinbetriebnahme 21

5.4 Qualifikationen 22

5.5 Betriebsanweisungen 23

5.6 Unterweisung 24

5.7 Besonderheiten 26

6 Anforderungen an die Wasserstoffwerkstatt in Entwicklungsbereichen 26

Anhang: Vorschriften und Regeln 29

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Vorbemerkung

Diese BG-Information wurde vom Fachausschuss »Metall und Ober flächen be-handlung« der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und derBerufsgenossenschaft der Straßen-, U-Bahnen und Eisen bahnen (BG BAHNEN)unter Beteiligung der führenden deutschen Pkw- und Nutz fahrzeughersteller erarbeitet und wird vom Fachausschuss »Metall und Ober flächenbehandlung« und der BG BAHNEN herausgegeben.

Der Unternehmer hat für die Instandsetzung von wasserstoffbetriebenenFahrzeugen in Werkstätten nach § 2 der Unfallverhütungsvorschrift »Grundsätzeder Prävention« (BGV A 1) die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung vonArbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahrensowie für eine wirksame Erste Hilfe zu treffen. Die Maßnahmen sind im Rahmender Gefährdungsbeurteilung nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) zuermitteln. Dabei sind insbesondere die sich aus der Benutzung von Arbeitsmittelnnach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) sowie der sich durch dieVerwendung von Arbeitsstoffen unter Berücksichtigung der Arbeitsumgebung ergebenden Gefährdungen zu berücksichtigen.

Diese BG-Information enthält ausschließlich Sicherheitsanforderungen, die dasVerhalten der Versicherten betreffen. Hinweise, Erläuterungen und beispielhafteLösungsansätze sollen die verantwortlichen Unternehmer bei der Erfüllung ihrerPflichten unterstützen.

Diese BG-Information enthält die wesentlichen Gefährdungen und Sicherheits -maßnahmen, über die die Versicherten nach § 4 der Unfallverhütungsvorschrift»Grundsätze der Prävention« (BGV A 1) zu unterweisen sind. Eine Auswahl der zuberücksichtigenden Vorschriften und Regeln enthält der Anhang. Anforderungenan bauliche Anlagen, technische Einrichtungen und Arbeitsmittel sowie Sicher -heitsmaßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsstoffen sind grundsätzlich instaatlichen Arbeitsschutzvorschriften vorhanden. Auch hierzu sind die wichtigstenVorschriften und Regeln im Anhang aufgeführt.

In dieser BG-Information werden Serienfahrzeuge behandelt. Für Fahrzeuge inVersuchsbetrieben (vor dem »SOP« [Start of Production]) gelten abweichendeRegelungen. Hierzu sind die Gefährdungen zu ermitteln und daraus entsprechen-de Sicherheitsmaßnahmen abzuleiten. Grundsätzliche Anforderungen sind inKapitel 6 beschrieben.

Im Kraftfahrzeugbereich werden Spannungen oberhalb von 25 Volt AC bzw. 60 Volt DC mit dem Begriff Hochvolt bezeichnet. Der Fachausschuss»Elektrotechnik« hat im BGI-Entwurf »Elektrotechnische Arbeiten an Hochvolt-Systemen in Fahrzeugen« Regeln für die »Qualifikationen der Personen« fürArbeiten an Kraftfahrzeugen mit HV-Systemen erarbeitet. Auf diese Regel sowieauf weitere gültige Regelungen und Normen wird im Anhang verwiesen.

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Neben den Erfahrungen, die bei den Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossen -schaften, den Berufsgenossenschaften selbst und den Fahrzeugherstellern vorlie-gen, wurde zur Erstellung dieser BG-Information eine Literaturstudie erstellt, diedas Unfallgeschehen im Zusammenhang mit Wasserstoffsystemen darstellt. Weiterwurden zur Ermittlung der Gefahr drohenden Menge in Werkstätten umfangreicheZündversuche durchgeführt. Die Ergebnisse der Literaturstudie und der Versuchewurden in diese BG-Information eingearbeitet.

1 Grundlagen zur Wasserstofftechnik

Die Diskussion über Wasserstofftechnologie weckt bei vielen Menschen immernoch ein ungutes Gefühl. Dieses aber zu Unrecht, denn die Wasserstofftechnolo -gie wird seit langem sicher beherrscht.

Unumgänglich ist die Kenntnis der Grundlagen der Wasserstofftechnik, um diebesonderen spezifischen Gefährdungen beim Umgang mit Wasserstofffahrzeugenim Betrieb und in der Instandhaltung beurteilen zu können. Aus den Grundlagenist aber auch die Erkenntnis abzuleiten, dass man unter Beachtung der entspre-chenden Sicherheitsmaßnahmen mit Wasserstofffahrzeugen einen mit anderengasbetriebenen Fahrzeugen vergleichbaren sicheren Betrieb gewährleisten kann.

Die Wasserstofftechnologie wird auch bei Omnibussen im Linienverkehr erprobt.

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Den sicheren Ruf, den sich die Wasserstofftechnologie mit den Brennstoffzellenerwor ben hat, gilt es zu festigen. Daher ist insbesondere eine sichere Instand -setzung eine wichtige Voraussetzung, wobei die Rahmenbedingungen einen sorgfältigen Umgang mit diesem Energieträger erfordern. Häufig wird in derWasserstofftechnologie der Vergleich zum Erdgas gezogen, dennoch gibt es inder Anwendung beider Technologien wesentliche Unterschiede, die auch zu einerunter schiedlichen Werkstattausstattung führt.

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FahrzeugeverschiedenerHersteller wer-den inzwischen in größererStückzahlerprobt. Dieses geschiehtauf Prüfständenund im Flotten-versuch.

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2 Eigenschaften von Wasserstoff

Wasserstoff (H2) ist ein unter Normalbedingungen farbloses, geruchloses undungif tiges Gas. Bei -252,7 °C und Normaldruck kondensiert Wasserstoff zu einerfarblosen Flüssigkeit, bei -259,2 °C kristallisiert er zu einem weißen Feststoff. Flüs -si ger Wasserstoff ist farb- und geruchlos. Ein Liter flüssiger Wasserstoff ergibt ca.850 l gasförmigen Wasserstoff bei Normaldruck und Normaltemperatur.

* Normbedingungen; ** n-Decan

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Eigenschaft Wasserstoff Erdgas (CH4) Benzin Diesel

Aussehen farblos farblosfarblos bis leicht bernsteinfarben

leicht bernsteinfarben

Geruch geruchlos odoriertcharakteristisch/unangenehm

charakteristisch/unangenehm

Molmasse 2,02 g/mol 16,04 g/mol ~107 g/mol ~120 - 320 g/mol

Zustand bei 20 °C gasförmig gasförmig flüssig flüssig

Dichte (20 °C, 1 bar) 0,089 kg/m3 0,718 kg/m3 0,7 - 0,78 kg/l 0,84 - 0,88 kg/l

Relative Dichte, gasf. (Luft=1) 0,070 0,55 Flüssigkeit Flüssigkeit

Siedepunkt - 252,7 °C - 161,5 °C 30 °C - 215 °C 170 °C - 390 °C

Kritische Temperatur/Kritischer Druck

- 239,3 °C/13bar - 82,5 °C/45 bar267 - 296 °C/24 - 27 bar

**617,7 °C/21,1 bar

Dampfdruck bei 20 °C entfällt entfällt 0,78 bar **0,001 bar

Löslichkeit in Wasser (20 °C, 1 bar)

1,6 mg/l 26 mg/l nicht löslich nicht löslich

Flammenfarbeunsichtbar (ultra-violetter Bereich)

sichtbar sichtbar sichtbar

Flammpunkt entfällt entfällt - 20 °C >55 °C

Zündtemperatur 560 °C 595 °C 220 °C 250 °C

Zündgrenzen (in Luft):UEG/OEG

4/77 Vol.-% 5/15 Vol.-% 0,6/8 Vol.-% 0,6/6,5 Vol.-%

Detonationsgrenze (11) 18% - 59% 6,3% - 13,5% 1,1% - 3,3% entfällt

Verbrennungsgeschwindigkeit 102 - 346 cm/s 43 cm/s 40 cm/s entfällt

Mindestzündenergie 0,02 mJ 0,28 mJ 0,24 mJ entfällt

Verdampfungswärme 445,4 kJ/kg 509,9 kJ/kg 309 kJ/kg 544 - 785 kJ/kg

Wärmeleitfähigkeit Gas* 1,897 mW/cmK 0,33 mW/cmK 0,12 mW/cmK entfällt

Wärmeleitfähigkeit Flüssigkeit 1 mW/cmK 1,86 mW/cmK 1,31 mW/cmK 1,5 mW/cmK

Unterer Heizwert 2,995 kWh/Nm3 9,968 kWh/Nm3 42,5 MJ/kg 43 MJ/kg

Oberer Heizwert 39,4 kWh/kg 13,9 kWh/kg 46,7 MJ/kg 45,9 MJ/kg

Wasserstoff im Vergleich mit anderen Energieträgern

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Wasserstoffgas hat eine Dichte von 0,09 kg/m³ und ist das leichteste Gas imPeriodensystem. Wasserstoff ist etwa 14-mal leichter als Luft und somit leicht flüch-tig. Wird Wasserstoff freigesetzt, steigt dieser sehr schnell nach oben, verteilt sichbeim Aufstieg sehr schnell und diffundiert stark. In Hallen kann er sich unter derHallendecke unter ungünstigen architektonischen Gegebenheiten und Lüftungs -bedingungen sammeln und muss zügig abgeführt werden, da man sich sehrschnell der unteren Explosionsgrenze nähert. In einem solchen Fall muss derWasserstoff schnell und ohne wirksame Zündquellen abgeführt werden. Dieses istnur erforderlich, wenn erhebliche Mengen H2 schlagartig austreten können.

Bei geringen Wasserstoffmengen ist eine sehr schnelle Diffusion zu erwarten. Diekonkrete Bedeutung dieser Eigenschaften wird im Kapitel 5 »Anforderungen anund Maßnahmen in Werkstätten« beschrieben.

Im Unterschied zu Erdgas wird bei Wasserstoffgas keine Odorierung (Zusatz vonGeruchsstoffen) vorgenommen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass diezuge setz ten Geruchsstoffe unerwünschte Nebeneffekte hervorrufen. Undich tig- keiten können daher nur mit Gassensoren oder Lecksuchspray aufgespürt werden.

Erdgas hat gegenüber Wasserstoff einen recht geringen Explosionsbereich. BeimWasserstoff lässt sich bereits theoretisch ab einem Anteil von 4 Vol.-% ein Ge misch mit Luft entzünden (UEG = 4 Vol.-%), in der Praxis sind jedoch mehr als6 % er forderlich, um eine nennenswerte Reaktion zu erhalten. Die obere Explo-sionsgrenze von 77 Vol.-% ermöglicht noch die Zündung eines sehr fettenGemisches mit Luft. Die Bandbreite der Explosionsgrenzen von Wasserstoff ist so mit sehr viel problematischer als die von Erdgas. Ein Wasserstoff-Luft-Gemischin ner halb der Explosionsgrenzen kann mit einer sehr geringen Mindestzünd -ener gie ab 0,02 mJ zur Zündung gebracht werden. Erdgas hingegen benötigt0,28 mJ als Mindestzündenergie. In der Praxis liegen jedoch ohnehin die meistenpotentiellen Zündquellen, wie z. B. statische Entladung, über dem Mindestwert vonErd gas oder Benzin-Luft-Gemischen, sodass dies keinen wesentlichen Unterschiedbedeutet.

3 Stand der Speichertechnik

Für den mobilen Einsatz werden derzeit fast ausschließlich zwei Speicher lösungeneingesetzt:

3.1 Art der Speicherung flüssig/gasförmig

Die Speicherung von komprimiertem Wasserstoff (CGH2) in faserverstärkten Druck behältern erfolgt bei 350 bzw. 700 bar bei +15 °C. Flüssiger Wasser stoff(LH2) wird in vakuumisolierten Speicherbehältern bei -253 °C gespeichert. Die ein gesetzten Speichersysteme umfassen bei CGH2 einen bzw. mehrere Druck -behälter, bei LH2 wird meist nur ein Speicherbehälter eingesetzt.

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3.2 Speichermengen Pkw/Bus

Die Speicherdichten betragen für CGH2 24 kg/m3 bei 350 bar bzw. 40,2 kg/m³bei 700 bar sowie ca. 70 kg/m³ für LH2. Typische Speicher mengen im Pkw liegenaktuell im Bereich von 1,5 kg bis 11 kg (CGH2 bis 700 bar und LH2). In Linien-bussen betragen die Speichermengen bis zu ca. 50 kg (CGH2 bis 350 bar).

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FlüssigerWasserstoff lässt

sich auf engemRaum speichern.

Hier ein Beispiel füreinen zylindrischen

doppelwandigen LH2-Tank mit

7,78 kg Tankinhalt.

Dieser Speicher ist für kleine Pkw geeignet. Hier ein Beispiel für einen CGH2-Tank mit einerSpeicherdichte von 40,2 kg/m3 bei 700 bar.

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Beim Betanken von Fahrzeugen mit CGH2-Tanks können in den Speicherbehälterndes Tanksystems Temperaturen im Bereich der maximal erlaubten Arbeits tempe -ratur der Komponenten von +85 °C auftreten. Aufgrund von Temperatur erhö -hun gen kommt es zu Druckerhöhungen im Behälter, die den Nennbetriebs druckvon 350 bar auf 438 bar bzw. von 700 bar auf 875 bar ansteigen lassen. Diesentspricht dem höchstzulässigen Betriebsdruck der Behälter.

3.3 Gasführende Komponenten

Als »wasserstoffführende Komponenten« werden der Wasserstoffbehälter und alleanderen Teile des Fahrzeugs bezeichnet, die in direktem Kontakt mit Wasserstoffstehen oder die Bestandteile eines Systems sind, das aufgrund der Verwendungvon Wasser stoff in das Fahrzeug eingebaut ist.

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Vereinfachter Aufbau eines CGH2-Systems – Prinzipdarstellung

Vereinfachter Aufbau eines LH2-Systems – Prinzipdarstellung

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3.4 Sicherheitseinrichtungen der Fahrzeuge

Die erforderlichen Sicherheitseinrichtungen sowie die technischen Anforderungenund Bedingungen, die an sie gestellt werden, sind ausführlich in den im Anhangaufgeführten Normen und Regeln für die Zulassung von Fahrzeugen und von spe-zifischen Komponenten für Fahrzeuge, die Wasserstoff als Kraftstoff verwenden,beschrieben.

Diese Normen und Regeln sind derzeit für die Erteilung der allgemeinen Betriebs-erlaubnis nach § 20 StVZO für Fahrzeuge mit Druckgasanlagen und Speicher-systemen mit Wasserstoff in Deutschland relevant.

Die wesentlichen Sicherheitseinrichtungen der beiden Speichertechniken sind imFolgenden kurz beschrieben.

CGH2-Anlagen: Die Druckbehälter sind mit elektrischen oder pneumatischen Ventilen ausge-

stattet, welche im stromlosen Zustand bzw. Ruhezustand geschlossen sind undsomit ein Austreten von Wasserstoff verhindern.

Im Falle eines Leitungsbruchs oder einer großen Leckage muss sichergestellt werden, dass der Gasfluss aus dem Druckbehälter automatisch gestoppt bzw.auf einen minimalen Leckstrom begrenzt wird.

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Die CGH2-Druckbehälter sind auf dem Fahrzeugdach untergebracht. Für Arbeiten auf demDach sind besondere Maßnahmen zur Absturzsicherung zu treffen.

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Eine am Druckbehälter verbaute, thermisch aktivierte und nicht wieder ver-schließbare Druckablassvorrichtung verhindert im Brandfall, auch im strom -losen Zustand, ein Bersten des Speicherbehälters, indem der Wasserstoff gezieltabgeblasen wird. Die hierzu eingesetzten Schmelzsicherungen oder Glas -ampul len besitzen in der Regel eine Auslösetemperatur zwischen 100 und110 °C. Daher ist sicherzustellen, dass die übliche Temperatur von 60 °C beim Trocknen und von bis zu 85 °C beim Lackieren in Lackierkabinen nichtüberschritten wird.

In Lackierkabinen sollte mit dem vom Hersteller empfohlenen Druck eingefahrenwerden, maximal jedoch mit 0,5 x pmax (= 175 bar) bei Systemen mit 300 bar.

Durch geeignete technische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass im Falle einer Fehlfunktion einer Druckreglerstufe das Bersten nachfolgender wasser-stoffführender Komponenten verhindert wird.

LH2-Anlagen: Der Vakuumbehälter ist mit elektrischen oder pneumatischen Befüll- und Ent-

nahmeventilen ausgestattet, welche im stromlosen Zustand bzw. Ruhe zustandgeschlossen sind und somit ein Austreten von Wasserstoff verhindern.

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Für Arbeiten in Lackierkabinen wird ein möglichst geringer Restdruck empfohlen, welcher vomFahrzeughersteller mitgeteilt wird.

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Durch unterschiedliche Sicherheitsausstattungen wird ein im Falle einer sich verschlechternden Vakuumisolierung, die einen raschen Druckanstieg im Tankzur Folge hätte, der Wasserstoff gezielt abgeblasen.

Systemspezifische Leckagen können beispielsweise durch eine regelmäßig überprüfte Doppelwand aufgefangen und gezielt an H2-Sensoren vorbei insFreie abgeführt werden, so dass die Leckage keine Gefährdung verursachenkann, aber gleichzeitig erkannt wird und die Befüll- und Entnahmeventile ge-schlossen werden (sicherer Zustand).

Der betriebsmäßig auftretende Überdruck im Flüssigtank, durch den Wärme -eintrag bei längerer Standzeit, wird durch ein Boil-off-Ventil (Abblaseventil)abgeführt und so mit Luft verdünnt, dass kein zündfähiges Wasserstoff-Luft-Gemisch entsteht. Optional kann das Boil-off-Gas auch mit Luft katalytisch um-gesetzt werden (z. B. in einem Katalysator).

3.5 Spannungsführende Teile

Hochvolt-Leitungen (HV) werden in der Farbe orange ausgeführt, Hochvolt-Kom po -nenten werden oft mit einem Aufkleber als Hinweis auf die HV versehen. Diesgewährleistet im Havariefall Rettungs- und Bergungskräften zusätzliche Sicherheit.Die Thematik Hochvolt-Systeme in Kraftfahrzeugen wird in diesem Leitfaden nichtnäher behandelt, hierzu wird auf die BGI »Elektrotechnische Arbeiten an Hoch-volt-Systemen in Fahrzeugen« (zurzeit Entwurf) verwiesen.

4 Explosionsschutz in Werkstätten

4.1 Gefährdungsbeurteilung und abgeleitete Explosionsschutz- maßnahmen

Aufgrund der Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) istgrundsätzlich eine Gefährdungsbeurteilung erforderlich. Dieses schließt eineBeurteilung der explosionsgefährdeten Bereiche sowie der Fahrzeuge mit ein. Ausder durchgeführten Gefährdungsbeurteilung, bei der der Unternehmer einen gro-ßen Gestaltungsspielraum besitzt, werden angemessene Schutzmaßnahmen abge-leitet und anschließend im Explosionsschutzdokument festgehalten. Die Mitarbei-ter sind regelmäßig über die auftretenden Gefährdungen zu unterweisen. DieUnterweisungen sind zu dokumentieren, für besonders kritische Bereiche sindschriftliche Betriebsanweisungen ebenfalls erforderlich.

Die Erstellung von Explosionsschutzdokumenten ist auch für alle anderen Berei-che mit Explosionsgefährdung, z. B. Lackierkabinen, erforderlich. Das Explosions -schutz dokument ist stets auf dem aktuellen Stand zu halten.

Die Gefährdungsbeurteilung ist nach Auslegung des Bundesministeriums für Arbeitund Soziales (BMAS) auch für Fahrzeuge durchzuführen.

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Explosionsgefährdete Bereiche werden nach Häufigkeit und Dauer des Auftretensvon gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre in die Zonen 0, 1 und 2 unterteilt.Für Wasserstofffahrzeuge ergibt sich damit folgende Einstufung:

Zone 0 ist ein Bereich, in dem eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäreals Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln ständig,über lange Zeiträume oder häufig vorhanden ist. Die Zone 0 ist praktisch nur in den Wasserstoffkomponenten der Fahrzeuge sowie unmittelbar an derenAustrittsöffnungen vorhanden.

Zone 1 ist ein Bereich, in dem sich bei Normalbetrieb gelegentlich eine ge-fährliche explosionsfähige Atmosphäre als Gemisch aus Luft und brennbarenGasen, Dämpfen oder Nebeln bilden kann. Zone 1 ist z. B. bei den betriebs-mäßig undichten LH2-Fahrzeugen oberhalb der Öffnungen der Abblasleitungam Fahrzeug vorhanden, da hier im Normalbetrieb Wasserstoff austreten kann.

Zone 2 ist ein Bereich, in dem bei Normalbetrieb eine gefährliche explosi-onsfähige Atmosphäre als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfenoder Nebeln normalerweise nicht oder aber nur kurzzeitig auftritt. Auch fürdiese Zone sind besondere Maßnahmen erforderlich, die weiter unten im Zusammenhang mit der Werkstattausstattung beschrieben werden.

Die Eigenschaften von Wasserstoff wurden eingangs beschrieben und unterschei-den sich von den konventionellen Kraftstoffen. Dennoch ist bei der Einteilung derZonen aufgrund der geringen Dichte, der hohen Diffusion von Wasserstoff und

Für alle Werkstätten ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und zu dokumentieren.

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den damit verbundenen Eigenschaften mit Augenmaß vorzugehen.

In Kfz-Werkstätten, in denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass Wasserstoffaus den fahrzeugseitigen Systemen austritt, sind sinnvollerweise primäre Schutz -maßnahmen wie H2-Sensoren zur Erkennung und eine Abluftanlage zur Vermei -dung bzw. Einschränkung der Bildung explosionsfähiger Atmosphäre vorzusehen.

4.2 Potenzialausgleich

Aufgrund des Potenzialgefälles des Fahrzeuges zu seiner Umgebung bestehtgrundsätzlich die Gefahr einer elektrostatischen Entladung. Daher ist an denFahrzeugen in der Werkstatt ein geeigneter Potenzialausgleich vorzusehen. DerPotenzialausgleich ist zum gesamten Bauwerk einschließlich dem Fußboden vor-zusehen. Dieser ist zwingend bei der Instandsetzung der Gasanlage, sofern vorBeginn der Arbeiten keine Inertisierung der Gasanlage stattgefunden hat, zu nut-zen. Das einfache Wechseln von Komponenten oder von Karosserieteilen istjedoch ohne Erdung möglich. Die im Fahrbetrieb entstehenden elektrostatischenAuf ladungen können so vor der Instandsetzung sicher abgeleitet werden, entschei-dend sind jedoch die örtlichen Gegebenheiten.

CGH2-Fahrzeuge sind im Normalbetrieb dicht, Wasserstoffemissionen also nichtzu erwarten.

Beim Tanken und in der Werkstatt sollen die Fahrzeuge an einen Potenzialausgleich angeschlossen werden.

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5 Anforderungen an und Maßnahmen in Werkstätten

5.1 Einfahrt in Werkstätten mit Wasserstofffahrzeugen

Wie beschrieben, sind Fahrzeuge mit komprimiertem Wasserstoff betriebsmäßigdicht. Fahrzeuge mit Flüssigwasserstoffspeicherung, die über ein sicheres »Boil-off-Management« verfügen, werden unter diesem Aspekt gleich behandelt. Einsicheres »Boil-off-Management« sorgt durch Verdünnung oder katalytische Umset-zung der betriebsbedingten Wasserstoffabgabe dafür, dass diese keinerlei Gefahrmehr für die Umgebung darstellt. Somit können grundsätzlich Fahrzeuge mit bei-den Speichertypen ohne weitere Maßnahmen in Werkstätten eingefahren werden.

Es ist jedoch sicherzustellen, dass keine Schädigung von wasserstoffführendenTeilen (z. B. durch Unfall) vorliegt und/oder das fahrzeugeigene H2-Überwa-chungssystem keine Warnhinweise auf eventuelle Leckagen gibt. Im Falle einerSchädigung von wasserstoffführenden Teilen, einschließlich des Tanksystems odereiner diagnostizierten Wasserstoffleckage durch fahrzeugeigene oder externe H2-Gassensorik, ist das Tanksystem außerhalb der Werkstatt zu entleeren. Im Falleiner Schädigung von wasserstoffführenden Teilen ist der Tank vom Leitungssys-tem zu trennen und das System zu entleeren. Die Entleerung ist an einem ge-eigneten Platz, bevorzugt Freigelände, gemäß Herstellerangabe durchzuführen.Während der Entleerung sind Zündquellen fernzuhalten. Die Definition, ab wannder Tank als leer angesehen werden kann, ist den Herstellerinformationen zu ent-nehmen.

Nach Einfahrt in eine Werkstatt sollen Fahrzeuge mit Flüssigwasser stoff speiche -rung an einen Potenzialausgleich angeschlossen werden, sofern die Werkstattüber keinen ableitfähigen Boden verfügt. CGH2-betankte Fahrzeuge bedürfen zumAbstellen in Werkstätten keiner weiteren Maßnahmen.

Im Zweifelsfall (schlechter Fahrzeugzustand, unbekannte Herkunft, mechanischeSchädigung unbekannten Ausmaßes, spannungsfreie Fahrzeuge) sind Hohlräumeam Fahrzeug wie Motorraum, Innenraum, Radkästen, Kofferraum sowie Tank-stutzen und Tankzuführung mit einem H2-Handsensor auf evt. Wasser stoff austritt zuüberprüfen (sofern ohne Demontage erreichbar), um die Einfahrt von Fahrzeugenmit Wasserstoffleckagen zu verhindern.

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5.2 Routinearbeiten (nach BGR 157)

Wie dargestellt, werden wasserstoffbetriebene Fahrzeuge als betriebsmäßig dichtangesehen, sofern die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden.Für ausreichende Belüftung mit mindestens dreifachem Luftwechsel ist zu sorgen,was aber Gegenstand der für Werkstätten geltenden BG-Regel »Fahrzeug-Instandhaltung« (BGR 157) ist und somit keinen zusätzlichen Aufwand darstellt.Routinearbeiten, wie das Wechseln oder Nachfüllen von Betriebsstoffen oder das Austauschen nicht wasserstoffführender Teile bedürfen keiner besonderenMaßnahmen. Ausgenommen sind hiervon Arbeiten, die starke Funkenbildungund/oder Wärmeeintrag in der Nähe von gasführenden Teilen und Leitungen her-vorrufen (z. B. Schweiß-, Schleif- und Trennarbeiten). Diese erfordern zwingendeine Inertisierung des Leitungs- und/oder Tanksystems.

Elektrische Gefährdungen von Wasserstofffahrzeugen, Hybrid-Fahrzeugen undElektrofahrzeugen, welche hochvoltführende Komponenten gemäß der Definition»Hochvolt-Systeme« enthalten und deren Service und Handhabung werden imBGI-Entwurf »Elektrotechnische Arbeiten an Hochvolt-Systemen in Fahrzeugen«behandelt.

Die Eingangsprüfung eines Fahrzeuges

sollte mit einem H2-Handsensor

durchgeführt werden.

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5.3 Arbeiten an gasführenden Teilen und Leitungen

Arbeiten an wasserstoffführenden Teilen und Leitungen sind bauteilspezifisch zuunterscheiden. Entscheidend für das mögliche Gefahrenpotenzial ist das im Bau -teil vorhandene Gasvolumen, die vorliegende Druckstufe und der Aggregat zu -stand.

Wasserstoffführende Leitungen in Fahrzeugen können grundsätzlich in zwei Kate -gorien eingeteilt werden: Hochdruckführende Leitungen sind die Leitungen, die zwischen dem Befüllstut-

zen und dem Druckregler liegen. Hierzu gehören z. B. Leitungen innerhalb desTanksystems, die Befüllleitung und alle Leitungen zwischen Tank und Druckregler.

Die niederdruckführenden Leitungen sind die Leitungen, die vom Tanksystemweg führen und nach dem Druckregler angeschlossen sind.

Vor Beginn der Arbeiten an wasserstoffführenden Teilen und Leitungen sollte einHinweis über den Zustand der Befüllung (Befüllt/Entleert/Inertisiert) gut sichtbaram bzw. im Fahrzeug angebracht werden. In jedem Fall ist den Anweisungen desFahrzeugherstellers für Arbeiten an wasserstoffführenden Teilen Folge zu leisten.Es ist sicherzustellen, dass vor Aufnahme der Arbeiten die Kenntnisnahme der fahr-zeugspezifischen Eigenheiten und Anweisungen erfolgt ist. Da Wasserstoff sehrleicht entzündlich ist, sind Zündquellen zu vermeiden. Hierzu gehört das Tragenableit fähigen Schuhwerks, das durch das Tragen von geeigneten Sicherheits -schuhen erreicht wird. Als Kleidung ist langärmelige, nicht synthetische Kleidungempfohlen. Der Boden sollte ableitfähig sein; ist dies nicht gewährleistet, sindErsatzmaßnahmen umzusetzen.

5.3.1 Arbeiten an wasserstoffführenden Leitungen

Die vom Tanksystem wegführenden Niederdruckleitungen zur Versorgung desAntriebssystems führen nach dem Stand der Technik einen Wasserstoffdruck von< 30 bar. Im Niederdruckbereich wird zusätzlich noch zwischen den »class 1« –(4,5 – 30 bar) und den »class 2« – Komponenten (< 4,5 bar) unterschieden.

Das Öffnen von wasserstoffführenden Leitungen sollte nach Möglichkeit nachEntleerung der Leitungen erfolgen. Sollte dies aus technischen Gründen im Einzel -fall nicht möglich sein, kann bis zu einem Leitungsvolumen von 60 Normlitern (NL)1 langsam und vorsichtig das Öffnen von Rohrverbindungen auch ohne Ent -leerung oder Inertisierung erfolgen. Hierbei ist für eine gute Belüftung zu sorgen.Auch sind zusätzlich Gehörschutz und Schutzbrille zu tragen. Im Nahfeld um dasFahrzeug (< 2 m Radius) sollen sich keine weiteren Personen aufhalten. Unter -suchun gen haben ergeben, dass bei einer Entzündung der Wasserstoff men gen biszur an ge gebenen Größe von 60 NL bleibende Gesundheitsschäden eher unwahr-

1 Als Orientierungshilfe: 60 NL sind etwa 3 m Rohrlänge bei 10 mm Innendurchmesser oder50 cm bei 1"-Rohr; jeweils bei 16 bar Leitungsdruck.

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scheinlich sind. Um einer Zündung von austretendem Wasserstoff durch statischeEntladung entgegenzuwirken, muss der Boden im Arbeitsbereich leitfähig sein,oder alternativ muss eine Erdungsleitung an die leitfähige Kraftstoff leitung ange-schlossen werden, die in den Potenzialausgleich des Gebäudes eingebunden wird.

5.3.2 Arbeiten an wasserstoffführenden Teilen

Arbeiten an wasserstoffführenden Bauteilen (z. B. Ventilen) sind generell analog zuKapitel 5.3.1 durchzuführen. Besonderes Augenmerk gilt hier den herstellerspe -zifischen Anweisungen zum Umgang mit diesen Komponenten und deren spezifi-schen Gefahrenpotenzialen. An bestimmten Komponenten darf nur nach erfolgterInertisierung gearbeitet werden. Der Hersteller gibt hier genaue Anweisungen,wann welche Teilbereiche oder gar das Gesamtsystem zu inertisieren sind.

5.3.3 Arbeiten am Tanksystem

Generell, unabhängig vom Medium, dürfen unter hohem Druck stehende Leitun-gen keinesfalls geöffnet werden. Die frei werdende Druckenergie hat ein sehrhohes Gefährdungspotenzial, welches lebensgefährlich ist. Dies gilt jedoch fürjedes Gas unter Druck, selbst Druckluft, und ist nicht wasserstoffspezifisch.

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Bei Arbeiten an wasserstoffführenden Komponenten sind insbesondere die herstellerspezifi-schen Anweisungen zu beachten.

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Gleiches gilt für Leitungen, die unter flüssigem Wasserstoff stehen. Bei ihnen wirddas Gefährdungspotenzial durch die tiefkalte Temperatur (-253 °C) hervorgerufen.

Auf die Wichtigkeit, die Bedienungsanleitung und Arbeitsanweisungen des Fahr-zeugherstellers sorgfältig zur Kenntnis zu nehmen, kann nicht oft genug hinge-wiesen werden. Eine unbeabsichtigte Öffnung von Leitungen unter Hochdruckoder flüs sigem Wasserstoff ist unbedingt zu vermeiden. Unwissenheit kann zuerheblichen Unfällen führen und kann keine Entschuldigung darstellen.

Arbeiten am Tanksystem, an zugehörigen Füllstutzen und hochdruckführendenLeitungen gehören zu den Arbeiten, die besonderer Sorgfalt bedürfen. Sie sindgenerell nur bei entleertem oder inertisiertem Tanksystem bzw. bei teilentleertenoder teilinertisierten Gasanlagenteilen erlaubt.

Gewisse Arbeiten an Leitungen und Komponenten können auch bei gefülltem Tank und lediglich entleerten Leitungen stattfinden. Wird an entleerten hochdruck-führenden Leitungen gearbeitet, ohne den Tankbehälter vorher zu entleeren, ist dafür Sorge zu tragen, dass ein Öffnen des Tanksystems, und damit einer Beauf -schlagung der Leitungen mit Hochdruck, nicht möglich ist (z. B. redundantes manu-elles Absperren der Behälterventile). Arbeiten an Systembauteilen, die sich inStrömungsrichtung hinter dem redundant abschließbaren Zylinder befinden (z. B.Befüllnippel, Ventile oder Druckregler) können somit gefahrlos erfolgen.

Einige Arbeiten an Tanksystemen können ggf. auch bei gefülltem Tank und lediglich entleertenLeitungen stattfinden.

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Die Inertisierung kann beispielsweise im Falle von LH2 mit Helium, bei CGH2 mitHelium oder Stickstoff erfolgen.

Reparaturen sind wegen der bereits beschriebenen spezifischen Eigenschaften vonWasserstoff nur mit Teilen und Materialien zugelassen, die explizit durch denHersteller der Fahrzeuge freigegeben sind und nur nach dessen Prozedur. Vorsichtist auch beim Einbau des Tanksystems geboten, da sich die CGH2-Tanks beimBefüllen auf bis zu 700 bar (bei 15 °C) um mehrere Millimeter ausdehnen können.Die Einbauvorschriften und die vorgegebenen Drehmomente sind besonders zubeachten.

5.3.4 Wiederinbetriebnahme

Nach allen durchgeführten Arbeiten an wasserstoffführenden Teilen und Leitun -gen einschließlich des Tanksystems ist grundsätzlich eine Dichtheitsprüfung nachHerstel leranweisung durchzuführen. Das bei Druckgas-Fahrzeugen erprobte undzuge lassene Verfahren mit Schaum bildenden Mitteln kann hier unter Umständennicht ausreichen.

Die gasführenden Leitungen und Teile sind nach Herstelleranweisung mit Inertgaszu prüfen. Anschließend ist das System nach Anweisung auf Wasserstoff umzuspü-len. Unter Wasserstoff ist gemäß den Herstellerinstruktionen eine weitere Dicht heitsprüfung durchzuführen. Hierbei werden mindestens alle gelösten Verbin-

Nach Arbeiten an Tanksystemen werden Lecktester eingesetzt.

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dun gen mittels H2-Leckprüfer oder geeignetem Lecksuchspray beim Betrieb derAnlage (geöffnete Tankventile) geprüft.

Es ist sicherzustellen, dass die Betriebsanweisung des Lecktesters bekannt ist und dass der Lecktester für das zu prüfende Gas (N2/He/H2) geeignet ist. Die Arbeitenund das Ergebnis der Leckprüfung sind von einer qualifizierten Person zu protokol-lieren. Sollte Wasserstoff unmittelbar an einer Verbindungsstelle detektiert werden,sind die tanknahen Ventile umgehend zu schließen (z. B. Zündschlüssel abziehen).Sollte mittels mobilem H2-Lecktester im Anschluss bereits im Nahfeld des Fahr -zeuges Wasserstoff festgestellt werden, ist der Gefahrenbereich zu räumen undgemäß Gefahrenabwehrplan zu agieren.

5.4 Qualifikationen

Der Einsatz von Wasserstoff in Kraftfahrzeugen ist eine relativ neue Technologie,die merkliche Unterschiede zu konventionellen Fahrzeugen aufweist.

Durch die Verschiedenartigkeit und Komplexität der Antriebskonzepte sind um-fassende Qualifizierungen zum Einsatz von Wasserstoff tech nologie in Kraftfahr-zeugen durch unabhängige Institutionen erforderlich. Dieses umfasst mindestensdie Gasanlagenprüfung (GAP) mit einer Zusatzausbildung für Wasserstoff.Produktspezifische Schulungen einzelner Fahrzeugtypen sind jedoch zusätzlicherforderlich.

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Im Rahmen einer Ausgangsprüfungkönnen auch mobile Lecktester bei der Prüfung wasserstoffführender Leitungen eingesetzt werden.

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Für Arbeiten an der Gasanlage ist eine besondere Ausbildung der Mitarbei-ter erforderlich, die mit einem Zertifikat abschließt. Diese umfasst neben der fach-lichen Ausbildung am Fahrzeug und der Fehlerdiagnostik mittels moderner, computergestützter Diagnosewerkzeuge die Prüfung, die Interpretation von Warn-und Fehlermeldungen des Fahrzeuges sowie das Erkennen und Suchen vonLeckagen. Zudem ist die Kenntnis von Ventilen, Druckminderern, defekten Gaslei -tungen und der sicheren Montage und Demontage von Fittings, dem Erkennendefekter Verschraubungen etc. von besonderer Wichtigkeit. Die Mitarbeiter müs-sen in die Nutzung von mobilen Gasdetektoren eingewiesen werden und dieseDetektoren sicher handhaben können.

Ein Sicherheitstraining, wie es beispielsweise Hersteller von Fahrzeugen oderWasser stoff erzeugenden Unternehmen anbieten, ist Grundlage für alleRoutinearbeiten und weiterführenden Arbeiten an Tanksystemen und gasführendenLeitungen und Teilen.

5.5 Betriebsanweisungen

Im Betrieb sind den Mitarbeitern die spezifischen Betriebs- und Gefahr stoffanwei-sungen zugänglich zu machen. Diese müssen vor dem Arbeitsbeginn zur Kenntnisgenommen werden.

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Für die Diagnose und die Reparatur von H2-Fahrzeugen sind besondere Zusatz-Qualifikationennotwendig.

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Überdies ist ein Alarmplan zu erstellen und mit den Mitarbeitern zu besprechen.Nur so ist die Grundlage für ein richtiges Verhalten im Notfall, z. B. Gas austritt aneinem Fahrzeug in der Werkstatt, gegeben.

5.6 Unterweisung

Unterwiesen werden muss über mögliche Gefährdungen. Als relevante Unter -weisungs punkte sind denkbar: Beherrschbares bzw. nicht beherrschbares Leck am

wasserstoffführenden System; Explosionsgrenzen, Wasserstoffgemische; Ausbreitung von brennbaren Gemischwolken; Flammenbildung, Wasserstoffbrand; Wasserstoffexplosion und -deflagration; starke Druckerhöhungen; Bersten von druckführenden Leitungen und Bauteilen; Verunreinigungen von Wasserstoff, beispielsweise

mit Oxidationsmittel oder Inertgas; Fehler beim Spülen des Systems; Flüssigwasserstofflachen; typische Fehler in der Instandsetzung; frühere Unfälle/kritische Situationen;

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Eine spezielle Unterweisung der Mitarbeiter am Fahrzeug – mit praktischen Inhalten – ist zwingend vor Aufnahme der Tätigkeit an H2-Fahrzeugen vorzunehmen.

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Verhalten der Mitarbeiter (z. B. Rauchverbot); Umgang mit akkubetriebenenelektrischen Betriebsmitteln, welche nach Gasaustritt und/oder H2-Alarm nichtmehr benutzt werden dürfen;

Notfallszenarien, Gefahrenabwehrplan; Kaltverbrennungen; Erste Hilfe.

Das Tragen von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) mindert wirksam die Folgen,wenn Probleme auftreten. Abhängig von der jeweiligen Werkstattsituation kannfolgende PSA sinnvoll eingesetzt werden: Schutzbrille; ggf. vollständiger Gesichtsschutz bei der Montage/Demontage

von Leitungen und Bauteilen mit erhöhtem Fehlerrisiko; Kälteschutzhandschuhe für Arbeiten an Flüssigwasserstoffanlagen; leitfähige Kleidung aus nicht synthetischem Material; leitfähige Sicherheitsschuhe; portable Wasserstoffsensoren.

Auf die spezifischen Gefährdungen muss im Einzelnen eingegangen werden. Sodürfen bei LH2-Fahrzeugen keine nicht isolierten Bauteile der Gasanlage ohneHandschuhe berührt werden. Weiter ist die Inertisierung der Gasanlagen sowiedas sichere Abblasen im Freien ein wichtiger Punkt. Da erfahrungsgemäßviele Probleme durch Fahrlässigkeit im Umgang mit offenen Flammen entstehen(insbesondere Rauchen und Schweißen), ist hier eine besonders konsequente Personalführung notwendig.

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Ein wichtiger Unterweisungspunkt sind z. B. Wasserstoffsensoren im Fahrzeug.

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5.7 Besonderheiten

Werden Kraftfahrzeuge zerlegt und Ersatzteile dem Verwertungskreislauf zuge-führt, ist besonderes Augenmerk auf die Lagerung der Tanks zu legen. Sie sind angeeigneter Stelle, möglichst im Freien, sicher zu entleeren. Der Explosionsschutzist dabei zu beachten. Nur entleerte und inertisierte Tanks dürfen innerhalb einesGebäudes ohne weitere Schutzmaßnahmen gelagert werden.

6 Anforderungen an die Wasserstoffwerkstatt in Entwicklungsbereichen

Bei Versuchsfahrzeugen kann nicht immer sichergestellt werden, dass kein Wasser-stoff freigesetzt wird. Deswegen ist es aus Gründen des primären Explosions-schutzes erforderlich, diese an eine mit dem Fahrzeug verbundene Abblasleitung,welche stetig steigend über Dach geführt wird, anzuschließen.

Da Wasserstoff durch menschliche Sinne nicht wahrgenommen werden kann, soll-te als weitere primäre Schutzmaßnahme die Werkstatt mit Wasserstoffsensoren ausgestattet sein. Diese Sensoren sind im Deckenbereich der Werkstatt anzu-ordnen und sollen im Alarmierungsfall optisch und akustisch warnen. Die Warn -

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In Versuchswerkstätten sind die Bedingungen der Be- und Entlüftung besonders zu beachten.

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syste me sind unter Berücksichtigung der Wochenenden mit entsprechenderRedundanz auszulegen, um das Versagen des Alarmsystems durch einen internenFehler der Anlage zu vermeiden. Darüber hinaus ist das Warnsystem mit einemvorhandenen Lüftungs- oder Entrauchungssystem so zu koppeln, dass im Alarmfalleine starke Lüftung eingeschaltet wird und/oder, sofern die Konstruktion desHallendaches diese Möglichkeit bietet, zusätzliche Entlüftungsöffnungen freigege-ben werden. Das Lüftungssystem und die Entlüftungsöffnungen müssen an denhöchsten Punkten im Deckenbereich angeordnet sein.

Bei einer Alarmierung wird die gesamte elektrische Anlage mit Ausnahme derexplosionsgeschützten Installationen abgeschaltet. Dieses betrifft auch die übli-cherweise im Deckenbereich angebrachte Beleuchtung, die bis auf eine explosi-onsgeschützte Notbeleuchtung ebenfalls abzuschalten ist. Die Lüftung gehört zum»Notsystem« und darf nicht mit abgeschaltet werden. Die Sensorik an derHallendecke kann nur größere austretende Gasmengen erfassen. Für Arbeiten amFahrzeug wird zusätzlich ein mobiles Gerät empfohlen.

Die Lüftungsanlage ist für eine starke Entlüftung zu dimensionieren, damit imAlarmfall der Wasserstoff aus dem Deckenbereich schnell abgeführt werden kann.

Gleich nach der Einfahrt in die Werkstatt wird die Releaseleitung auf dem Busdach angeschlossen.

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Da diese Lüftung im Gefahrfall ein Wasserstoff-Luft-Gemisch absaugt, muss dieAbluftanlage explosionsgeschützt ausgelegt sein. Allerdings besteht hier die Mög lichkeit, den Lüfterantrieb auf dem Dach außerhalb der Lüftungskanäle anzu-ordnen, was die Kosten deutlich verringert. Bei kleinen Werkstätten ist auch dieFrischluftzufuhr zu beachten: Bei starker Saugleistung des bzw. der Dachlüftermuss im Fußbodenbereich für eine geeignete Frischluftnachströmung gesorgt wer-den. Sofern ortsfeste Systeme Alarm geben, sollte die Feuerwehr diese Bereichenur mit einem Ortskundigen betreten.

Nach den bereits vorliegenden Erfahrungen lassen sich für H2-Fahrzeuge einigeallgemeingültige Sicherheitskonzepte ableiten. In allen Werkstätten wurden Was-serstoffsensoren installiert, die bei spätestens 0,8% H2 (entspricht 20% der UEG)einen Voralarm und beim zweifachen dieses Wertes den Hauptalarm auslösen.

Kommt es zu einem Hauptalarm, werden folgende Maßnahmen eingeleitet: Um den Luftaustausch zu erhöhen, starten die im Dach eingesetzten Venti latoren

oder es werden zusätzliche Lüftungsklappen im Dach geöffnet. Die gesamte Elektroinstallation (einschl. Telefon und Datenleitungen), mit Aus -

nahme der explosionsgeschützten Baugruppen, wird zentral freigeschaltet. Die explosionsgeschützte Beleuchtung wird eingeschaltet. Optische und akustische Signale innerhalb und außerhalb der Werkstatt

machen den Alarm für alle wahrnehmbar. Die Arbeiten werden unterbrochen, alle Mitarbeiter verlassen die Werkstatt und

die unmittelbare Umgebung.

Wird Voralarm ausgelöst, kann dieser selbsttätig wieder aufgehoben werden,sobald die Wasserstoffkonzentration wieder unter den festgelegten Wert fällt. DerHauptalarm muss, abhängig vom Sicherheitskonzept, jedoch manuell quittiert und zurück gesetzt werden. Sichergestellt werden muss, dass im Alarmfall nur die ex plo sions geschützten Einrichtungen wie Lüftung, Gaswarnanlage und Not -beleuch tung am Netz verbleiben.

Da bei LH2-Fahrzeugen ohne Boil-off-Management ständig Wasserstoffgas an dieUmgebung abgegeben wird, sind diese Fahrzeuge als betriebsmäßig undicht zubetrachten. Dadurch sind besondere Sicherheitsmaßnahmen in Werkstätten, War -tungs- und Abstellhallen erforderlich. Da an den Austrittsöffnungen dieser Fahr -zeuge immer ein zündfähiges Gemisch entstehen kann, ist hier eine ständigesichere Abführung des Wasserstoffes erforderlich, und es sind besondere Explo -sions schutzmaßnahmen zu treffen.

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Anhang

Vorschriften und Regeln

Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) und zugehörige Verordnungen Straßenverkehrsordnung (StVO) Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR) Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) Biostoffverordnung (BioStoffV) Lastenhandhabungsverordnung (LasthandhabV) TRBS 1203 »Befähigte Personen – Allgemeine Anforderungen« BGV A 1 »Grundsätze der Prävention« BGV A 3 »Elektrische Anlagen und Betriebsmittel« BGV A 4 »Arbeitsmedizinische Vorsorge«

(wird durch Nachtrag zur BGV A 1 ersetzt) BGV A 8 »Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am

Arbeitsplatz« BGV D 36 »Leitern und Tritte« BGR A 1 »Grundsätze der Prävention« BGR 157 »Fahrzeug-Instandhaltung« BGR 189 »Einsatz von Schutzkleidung« BGR 191 »Benutzung von Fuß- und Knieschutz« BGR 192 »Benutzung von Augen- und Gesichtsschutz« BGR 193 »Benutzung von Kopfschutz« BGR 195 »Benutzung von Schutzhandschuhen« BGR 197 »Benutzung von Hautschutz« BGR 500 »Betreiben von Arbeitsmitteln« BGI 503 »Anleitung zur Ersten Hilfe« BGI 509 »Erste Hilfe im Betrieb« BGI 510-1 »Erste Hilfe« (Papier-Plakat) BGI 515 »Persönliche Schutzausrüstungen« BGI 518 »Gaswarneinrichtungen für den Explosionsschutz,

Einsatz und Betrieb« BGI 523 »Mensch und Arbeitsplatz« BGI 545 »Gabelstaplerfahrer« BGI 560 »Arbeitssicherheit durch vorbeugenden Brandschutz« BGI 578 »Sicherheit durch Betriebsanweisungen« BGI 600 »Auswahl und Betrieb ortsveränderlicher elektrischer

Betriebsmittel nach Einsatzbereichen« BGI 612 »Merkblatt Wasserstoff« BGI 694 »Handlungsanleitung für den Umgang mit Leitern und Tritten« BGI 704 »Unterweisen« BGI 714 »Kreuz-Weisheiten«

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BGI 5127 »Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischerAufladungen«

BGI-Entwurf »Elektrotechnische Arbeiten an Hochvolt-Systemen in Fahrzeugen«

Sicherheits-Check der BG BAHNEN »Omnibusse«

DIN EN 60079-0/ »Elektrische Betriebsmittel für gasexplosionsgefährdeteVDE 0170-1:2007-05 Bereiche – Teil 0: Allgemeine Anforderungen«

DIN EN 60079-14/ »Explosionsfähige Atmosphäre – Teil 14:VDE 0165-1 Projektierung, Auswahl und Errichtung elektrischer

Anlagen«

DIN EN 60079-10-1/ »Explosionsfähige Atmosphäre – Teil 10-1:VDE 0165-101 Einteilung der Bereiche – Gasexplosionsgefährdete

Bereiche«

DIN EN 471 »Warnkleidung; Prüfverfahren und Anforderungen«

DIN EN 1127-1 »Explosionsschutz, Teil 1: Grundlagen und Methodik«

DIN EN 13463-1 »Nichtelektrische Geräte für den Einsatz in explosions -gefährdeten Bereichen, Teil 1: Grundlagen und Anforderungen«

DIN 24446 »Sicherheit von Maschinen; Fahrzeugwaschanlagen; Sicherheitstechnische Anforderungen, Prüfung«

DIN VDE 0105-100 »Betrieb von elektrischen Anlagen; Teil 100:Allgemeine Festlegungen«

DIN V VDE V 0185-600 »Blitzschutz«

TRB 610 »Aufstellung von Druckbehältern« TRG 280 »Betreiben von Druckgasbehältern«

ECE-Regelungsentwürfe für Wasserstoff-Fahrzeuge (CGH2): TRANS/WP.29/GRPE/2004/3. TRANS/WP.29/GRPE/2004/3/Add. 1.

ECE-Regelungsentwürfe für Wasserstoff-Fahrzeuge (LH2): TRANS/WP.29/GRPE/2003/14. TRANS/WP.29/GRPE/2003/14/Add. 1.

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