Bilanzierung der Rückstellungen nach HGB

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1.1 Einführung in die Bilanz und Jahresabschluss

Das Inventar ist eine ausführliche Aufstellung der einzelnen Vermögensteile und

Schulden nach Art, Menge und Wert, das ganze Bände umfassen kann. Dadurch

verliert es erheblich an Übersichtlichkeit1. Daher verlangt § 242 HGB die Bilanz.

Die Bilanz ( ital. bilancia = Waage) ist eine Kurzfassung des Inventars in

Kontenform. Sie enthält auf der linken Seite die Vermögenswerte, auf der rechten

Seite die Kapitalwerte: die Schulden bzw. Verbindlichkeiten (Fremdkapital) und

das Eigenkapital als Ausgleich (Saldo). Die Vermögenswerte heißen Aktiva und

werden nach Flüssigkeit geordnet. Passiva heißen die Kapitalwerte und werden

nach Fälligkeit geordnet. Die Bilanz lässt nahezu auf einen Blick erkennen, woher

das Kapital stammt und wo es im Einzelnen angelegt worden ist.

Der Jahresabschluss ist nach den handelsrechtlichen Vorschriften für den

Schluss des Geschäftsjahres eines Unternehmens aufzustellen2. Der

Jahresabschluss besteht aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (bei

Kapitalgesellschaften erweitert um einen Anhang). Es zeigt die Vermögens-,

Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens.

1.2 HGB

Neben dem BGB ist das HGB eines der beiden großen Kodifikationen in der

deutschen Privatrechtsordnung3. Das HGB basiert auf dem Vorläufer vom

10.05.1897 dem „Algemeinen Deutsches Handelsgesetzbuch“. In Kraft trat das

HGB zusammen mit dem BGB am 01.01.19004. Währen das BGB für sämtliche

Rechtsgenossen gilt, gilt das HGB als Sonderrecht für wirtschaftliche Betätigung

speziell für Kaufleute und gleich Gestellte. Die wirtschaftliche Betätigung umfast

nicht nur den Handel, wie der Titel mutmaßen ließe, sonder auch für den

Sekundären- und Tertiärensektorder Volkswirtschaft5.

Das HGB regelt die Erstellung der Handelsbilanz und ist somit maßgeblich für die

Bildung von Rückstellungen6.

1 Rechnungswesen des Groß- und Außenhandels. S. 12 Schmolke/Deitermann2 Rechnungswesen des Groß- und Außenhandels. S. 202 Schmolke/Deitermann3 HGB s.VII Wolfgang Hefermehl4 http://de.wikipedia.org/wiki/Handelsgesetzbuch5 HGB s.VII Wolfgang Hefermehl6 Bilanzanalyse und Bilanzpolitik, Volker H. Peemäller, s. 12

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2. Bilanzierung der Rückstellungen nach HGB

Rückstellungen sind Verbindlichkeiten, deren Höhe und /oder Fälligkeitstermin

vor Jahresabschluss unbekannt sind. Es muß nur eine Wahrscheinlichkeit für eine

spätere Auszahlung vorliegen, jedoch aber keine rechtliche Verpflichtung. Es ist

nur der Zweck bekannt, für den sie gebildet werden. Rückstellung gehören zum

Fremdkapital und sind somit auf der Passivseite der Bilanz zu finden7.

Bei der Bildung von Rückstellungen wird über das GuV-Konto gebucht, der

Buchungssatz hierfür lautet:

GuV an Rückstellungen

Wenn Zahlung und Rückstellung identisch ist die Rückstellung erfolgsunwirksam

und der Buchungssatz lautet:

Rückstellungen an Bank

Im Fall das die Zahlung von der Rückstellung abweicht ist die Buchung

erfolgswirksam:

Rückstellungen an Bank

an GuV8

3. Passivierung von Rückstellungen

3.1 Passivierungspflicht von Rückstellungen

Der § 249 (1) s1 HGB hält fest, dass eine Pflicht für die Bildung von

Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, für drohende Verluste aus

schwebenden Geschäften, im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für

Instandhaltungen, die im folge Jahr innerhalb der ersten 3 Monate nachgeholt

werden und für Gewährleistungen die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht

werden gilt.

3.1.1 Passivierungspflicht von ungewisse Verbindlichkeiten

Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten stelle den größten Teil der

7 Die Handels- und Steuerbilanz, S.203 G. Wöhn8 Die Handels- und Steuerbilanz S.194 G.Wöhn

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Rückstellungen dar. Geregelt ist die Passivierungspflicht im § 249 Abs. 1 Satz 1

Alt. 1 HGB und dient der gewinnmindernden Antizipation einer unwissenden

Außenverbindlichkeit9. Wie dem Namen schon zu entnehmen ist, handelt es sich

um eine Verbindlichkeit die nicht unbedingt eintreten muss. Jedoch gilt als

Anforderung für die Passivierungspflicht eine ernsthafte Wahrscheinlichkeit dafür,

dass die Verbindlichkeit eintritt10.

Bespiele für die Rückstellungen ungewisser Verbindlichkeiten sind rechtlich noch

nicht feststehende Schadensersatzansprüche und Gewährleistungs-

verpflichtungen.

3.1.2 Passivierungspflicht von drohende Verluste aus schwebenden Geschäften

Ein schwebendes Geschäft ist ein zweiseitig verpflichtender Vertrag, bei dem

noch keiner der Vertragspartner die vereinbarte Lieferung oder Leistung erbracht

hat.11 Es gibt drei Verschiedene Arten:

- Beschaffungsgeschäfte

- Absatzgeschäfte

- Dauerschuldverhältnisse

Drohverlustrückstellungen treten auf, wenn es vorhersehbar ist, dass aus einem

schwebenden Vertragverhältnis, der Wert der eigener Leistungen den Wert der

erwarteten Gegenleistung entsteigt, aufgrund konkreter Anhaltspunkte.

Grundlage hierfür ist das Imparitätsprinzip, das eine Berücksichtigung des

drohenden Verlustes nicht erst bei dessen tatsächlicher Verwirklichung erfordert,

sondern bereits bei seinem wirtschaftlichen Eintritt. Denn die zukünftigen

Aufwendungen sind dann nicht (vollständig) von künftigen Erträgen gedeckt.12

Bei Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften wird der

unkompensierte Aufwandsüberschuss berücksichtigt, der über zurechenbare

künftige Erträge hinausgeht.13 Ein Beispiel für Drohverlustrückstellungen aus

schwebenden Geschäften, ist ein erheblicher Preisrückgang bereits gekaufter,

jedoch noch nicht gelieferter Waren.

9 Rückstellung nach HGB, US GAAP und IAS, S. Daub S.7110 Rückstellung nach HGB, US GAAP und IAS, S.Daub S.7411 Bilanzierung in Fällen, Reiner Quick S. 12012 Rückstellung nach HGB, US GAAP und IAS, S. Daub S.8513 Rückstellung nach HGB, US GAAP und IAS, S. Daub S.86

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3.1.3 Passivierungspflicht von unterlassene Aufwendungen

Die Instandhaltungsarbeiten und Abraumbeseitigung sind reine

Aufwandsrückstellungen. Es handelt sich um eine Innenverpflichtung. 14

Der Aufwand muss im vergangenen oder einem vorangegangenen Geschäftsjahr

unterlassen worden sein. Die unterlassene Aufwendungen werden für

Instandhaltung innerhalb eines Zeitraums von bis zu drei Monaten und für

Abraumbeseitigung innerhalb eines Zeitraums von bis zu einem Jahr nachgeholt.

Beispiele dafür sind Rückstellungen für unterlassene Großreparaturen, freiwillige

Prüfungen des Jahresabschusses, unterlassene freiwillige Sozialleistungen,

unterlassene Entsorgungsmaßnahmen sowie unterlassene Abbruchvorhaben.15

3.1.4 Gewährleistungen ohne rechtliche Verpflichtung

Rückstellungen für Gewährleistungen ohne rechtliche Verpflichtung werden auch

als „Kulanzrückstellungen“ bezeichnet. Sie sind Gewährleistungen aufgrund

faktisch-wirtschaftlichen Zwanges gegenüber Dritten: Bilanzierender ist

gezwungen, Kulanz zu leisten, um keine Kunden zu verlieren (keine reinen

Gefälligkeiten).16 Die Kulanzrückstellungen beruhen nicht auf einen

Rechtsanspruch des Leistungsabnehmers, vielmehr sind es freiwillige Leistungen

an den ehemaligen Abnehmer zur Beseitigung von Mängeln. Ein Beispiel dafür ist

der Fall, in dem die gesetzlichen oder vertraglichen Gewährleistungsfristen

bereits abgelaufen sind, das Unternehmen aber gleichwohl der Beanstandung

des Kunden nachkommt.

3.2 Passivierungswahlrecht von Rückstellungen

3.2.2 Bestimmte Aufwendungen

Für Aufwandsrückstellungen räumt der § 249 (2) HGB ein Passivierungswahlrecht

ein. Es dürfen Rückstellungen, die ihrer Eigenart nach genau umschrieben, dem

Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordende Aufwendungen

gebildet werden, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber

14 Rückstellung nach HGB, US GAAP und IAS, S. Daub S.9215 Bilanzierung in Fällen, Reiner Quick S. 12116 *****

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hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunktes iheres Eintitts unbestimmt sind.

Voraussetztung für diese Art der Rückstellung ist, dass sie die Betriebsfähigkeit

vorhandener Anlagen erhält und dass eine Verteilung auf mehere Jahre der Höhe

wegen zweckmäßig ist, da ansonsten nur ein Geschäftsjahr belastet werden

würde.17 Als Beispiele für Aufwandsrückstellungen lassen sich Rückstellungen für

unterlassene Großreparaturen oder Rückstellungen für unterlassene

Entsorgungsmaßnahmen nennen.18

Kity Rojas Ropain

FH Bonn-Rhein-Sieg (2005)

17 Handels- und Steuerbilanz 4. Auflage, G.Wöhn s.209 Wortzitat18 Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, B.Schneider u. W. Schneider, s.305