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Zertifizierte Fortbildung 47 Fort bildung unterstützt Qualität in der ärztlichen Fortbildung. Fettstoffwechsel und Adipositas Autor: Prof. Dr. med. Werner O. Richter, Institut für Fettstoffwechsel und Hämorheologie, Blumenstraße 6, 86949 Windach der niedergelassene arzt 11/2013 Adipositas beeinflusst vielfältig die Konzentration und Komposition nahezu aller Serumlipoproteine: Die mit zunehmendem Körpergewicht einge- schränkte Insulinsen- sitivität führt zur Mani- festation oder Exazer- bation einer Hypertri- glyceridämie und niedri- gem HDL-Cholesterin. Die eingeschränkte Insulin- sensitivität verursacht eine abnorme Zusammensetzung der triglyceridreichen VLDL und die Prävalenz kleiner, dichter LDL-Partikel. Beide veränderten Lipoproteine sind hoch atherogen. Übergewicht ist ein Manifestations- faktor für die sehr häufige polygene LDL-Hypercholeste- rinämie. Die Insulinresistenz geht nicht mit einem erhöhten LDL-Cholesterin einher. Wenn daher bei Adipositas mit einem CSE-Hem- mer LDL-Cholesterin gesenkt wird, bleibt die hochatherogene Fettstoffwechselstö- rung der Insulinresistenz weiterhin beste- hen. Um das kardiovaskuläre Risiko der Adipositas zu senken, muss aber gerade diese Störung konsequent angegangen werden. Störung des Triglyceridstoff- wechsels durch Insulinresistenz Die Insulinresistenz führt zu einer ver- mehrten Freisetzung von Fettsäuren aus

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unterstützt Qualität in der ärztlichen Fortbildung.

Fettstoffwechselund Adipositas

Autor:

Prof. Dr. med. Werner O. Richter, Institut für Fettstoffwechsel undHämorheologie, Blumenstraße 6, 86949 Windach

d e r n i e d e r g e l a s s e n e a r z t 11/ 2 0 13

Adipositas beeinflusst vielfältig die Konzentration und Komposition nahezu aller Serumlipoproteine:

Die mit zunehmendemKörpergewicht einge-schränkte Insulinsen -sitivität führt zur Mani-festation oder Exazer -bation einer Hypertri-glyceridämie und niedri-gem HDL-Cholesterin.

Die eingeschränkte Insulin-sensitivität verursacht eineabnorme Zusammensetzungder triglyceridreichen VLDLund die Prävalenz kleiner,dichter LDL-Partikel. Beideveränderten Lipoproteinesind hoch atherogen.

Übergewicht ist ein Manifestations-faktor für die sehr häu fige polygene LDL-Hypercholeste -rinämie.

Die Insulinresistenz geht nicht mit einemerhöhten LDL-Cholesterin einher. Wenndaher bei Adipositas mit einem CSE-Hem-mer LDL-Cholesterin gesenkt wird, bleibtdie hochatherogene Fettstoffwechselstö-

rung der Insulinresistenz weiterhin beste-hen. Um das kardiovaskuläre Risiko derAdipositas zu senken, muss aber geradediese Störung konsequent angegangenwerden.

Störung des Triglyceridstoff-wechsels durch Insulinresistenz

Die Insulinresistenz führt zu einer ver-mehrten Freisetzung von Fettsäuren aus

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dem Fettgewebe, die an Albumin gebun-den zur Leber kommen. Während die Auf-nahme von Nahrungsfett in die Leber re-guliert werden kann (vorher Einschleu-sung in Muskulatur und Fettgewebe mög-lich), gilt dies für Fettsäuren aus dem Fett-gewebe nicht, auch nicht für Alkohol undKohlenhydrate.

Für die Energiegewinnung bevorzugt dieLeber Alkohol und Kohlenhydrate gegen-über dem Fett. Entstehende Stoffwechsel-produkte hemmen die Aufnahme der Fettsäuren in die Mitochondrien zur ß-Oxi -dation. Die nicht benötigten Fettsäurenwerden dann zur Triglyceridsynthese ver-wendet und als Triglycerid ins Blut abge-geben. 10 g Glucose haben einen Energie-gehalt von 41 kcal. Werden sie bevorzugtzur Energiegewinnung eingesetzt, führtdies zu einer Minderverbrennung von 4,4 g Fett. Die gleiche Rechnung lässt sichauch mit etwa 5,5 g Alkohol aufmachen.4,4 g nicht verbrauchtes Fett würden imExtremfall die Triglyceridkonzentration imBlut um 160 mg/dl erhöhen.

Wenn vermehrt Triglyceride mit den VLDL(Very-low density Lipoproteinen) aus derLeber freigesetzt werden, kann eine nor-male Verstoffwechslung die Triglycerid-konzentration im Serum konstant haltenund sogar zu einer vermehrten Bildungvon HDL führen. Beispiele dafür sind dieErhöhung des HDL-Cholesterins durch Al-kohol oder körperliche Aktivität bei Stoff-wechselgesunden. Dies gilt aber nicht beiInsulinresistenz! Denn diese führt zu ei-ner verringerten Aktivität des die VLDLabbauenden Enzyms, der Lipoproteinli -pase. Dies bedeutet, dass VLDL im Blutdeutlich verzögert verstoffwechselt wer-den. Dann entstehen ß-VLDL, die als hochatherogen betrachtet werden müssen.Sie werden durch Austauschvorgängemit HDL gebildet. Dabei werden durchdas CETP (Cholesterinestertransferpro-tein) Triglyceride von VLDL auf HDL über-tragen und entgegengesetzt Cholesterinvon HDL auf VLDL. Dies führt zur Athero-genität der nun veränderten VLDL undzur Zerstörung der mit Triglyceridenüberladenen HDL. Im Blut macht sichdies als mäßig erhöhte Triglycerid- undniedrige HDL-Cholesterinkonzentration be-merkbar.

Auch die aus dem Darm kommenden Nah-rungsfette verweilen wegen der geringenAktivität der Lipoproteinlipase länger imBlut, es liegt also zusätzlich ein gestörterpostprandialer Stoffwechsel vor.

Aus den abnorm zusammengesetztenVLDL entstehen kleine, dichte LDL, die fürdas kardiovaskuläre Risiko von besonde-rem Interesse sind:

1. Sie schädigen das Endothel der Arterienwände

2. Sie penetrieren leichter durch das Endothel in das subendotheliale Bindegewebe

3. Sie binden an Glycosaminoglycanein der Gefäßwand

4. Sie werden leichter oxidiert und daher in größerem Anteil als andereLDL über den Scavenger-Rezeptor inMakrophagen in der Arterienwandaufgenommen

Die Faktoren, die an der atherogenen Fett-stoffwechselstörung bei Adipositas betei-ligt sind, können daher wie folgt zusam-mengefasst werden:

■ Erhöhter Zustrom von freien Fettsäuren zur Leber

■ Posttranslationale Stabilisierungdes Apolipoprotein B (Haupt-Apolipoprotein der VLDL) durchfreie Fettsäuren

■ Verminderte Degradation vonApolipoprotein B in der Leber

■ Verminderte Aktivität der Lipoproteinlipase

■ Entstehung und Anreicherungvon ß-VLDL (VLDL-Remnants)

■ Erhöhte Konzentration kleiner,dichter LDL

■ Vermehrter Abbau von triglycer-idreichen HDL

Da die Aktivität der Lipoproteinlipase beijedem Menschen aufgrund von Punktmu-tationen sehr unterschiedlich sein kann,kann die Höhe von Triglyceriden oder/undHDL-Cholesterin allein nicht unbedingtAuskunft über die Schwere der Fettstoff-wechselstörung geben.

Die Therapie muss zwei Ziele haben:Zum einen die Verringerung des Zustromsvon freien Fettsäuren zur Leber und zum

zweiten die vermehrte Verbrennung vonFett in den Leberzellen.Für das erste Ziel stehen absolut im Vor-dergrund:

■ Erreichen des normalen Körperge-wichtes

■ Vermehrte körperliche Aktivität

Wichtig ist, dass die Gewichtsreduktionlangsam erfolgt, sonst ist ggf. wegen desmassiven Zustroms von Fettsäuren mitdem Auftreten einer Fettleber oder gardem Übergang in eine Fettleberhepatitiszu rechnen. Nur eine dauerhafte Umstel-lung des Lebensstils verspricht anhalten-den Erfolg. Wünschenswert wäre eine Gewichtsabnahme von bis zu maximal 0,5 kg pro Woche. Kohlenhydratvermin-derte Gewichtsreduktionsdiäten sind beivielen Patienten häufig erfolgversprechen-der als fettreduzierte Kostformen.

Die vermehrte körperliche Aktivität trägtzum einen zur Gewichtskontrolle bei. An-dererseits werden mehr Fettsäuren in derMuskulatur verbrannt und stehen daherdem Fettstoffwechsel und damit der Lebernicht mehr zur Verfügung. Und zum drit-ten verbessert die körperliche Aktivität perse die Insulinsensitivität.

Für das zweite Ziel ist die Änderung der Ernährung unabdingbar und umfasst:

■ Angepasster Energiegehalt■ Keine üppigen Mahlzeiten■ Absolute Alkoholkarenz■ Einschränkung von Kohlenhydraten■ Einschränkung gesättigter

Fettsäuren

Die Insulinresistenz beim metabolischenSyndrom bedingt eine Erhöhung der Trigly-ceride bis zu etwa 300 mg/dl (3,40 mmol/l).Bei darüber liegenden Triglyceridkonzen-trationen im Blut ist daher von einem fürdie Situation ungünstigen Lebensstil aus-zugehen. Die Betonung liegt hier auf „einem für die Situation ungünstigen Le-bensstil“. Wenn z. B. über die Notwendig-keit zur Alkoholkarenz gesprochen wird,muss und darf nicht von einem vorliegen-den Alkoholabusus ausgegangen werden.Bereits geringe Mengen an Alkohol er -höhen (siehe oben) die Triglyceride und

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200 – 300 kcal unter dem Energiebedarf)gleich welcher Zusammensetzung senktsehr rasch und wirksam Triglyceride unter300 mg/dl.

Im Prinzip empfiehlt sich zunächst zur Behandlung der Fettstoffwechselstörunginfolge des Übergewichts eine Kost mit 40 – 50 % Kohlenhydraten und 30 – 35 %vorwiegend ungesättigtem Fett. Dannsollte die weitere Anpassung individuellunter Kontrolle der Blutfettwerte erfolgen.

Durch eine konsequente Ernährung kannjede Erhöhung der Triglyceride deutlichverbessert werden. Dafür sollte der Patientfolgende Ratschläge beachten:

1. Essen Sie nie zu üppig! Jedes Kilogramm mehr verschlechtert dieTriglyceriderhöhung. Andererseits hilft Ihnen jedes Kilogramm weniger,die Triglyceride und damit das Herz -infarktrisiko zu senken. Und großeMahlzeiten sind ungünstig.

2. Meiden Sie immer alkoholische Getränke!

3. Schränken Sie Fruchtsäfte, Limonadenund Colagetränke deutlich ein!

4. Gehen Sie sparsam mit Süßigkeiten um!

5. Seien Sie körperlich aktiv!

Wie schon erwähnt: Der gestörte Triglycer-idstoffwechsel bei Adipositas ist eine sehrhäufige Ursache der Leberzellverfettung.Manche Patienten lassen sich besser zurGewichtsreduktion motivieren, wenn Ih-nen klar gemacht wird, dass das Überge-wicht zu nachweisbaren Folgen an der Le-ber geführt hat. So weist auch nur jederachte Patient mit Fettleber ein normalesKörpergewicht auf.

HDL-Cholesterin

Die High-density Lipoproteine werdenbei Übergewicht vielfältig in den verän-derten Fettstoffwechsel einbezogen. DieKonzentration des HDL-Cholesterins wirddabei erheblich vom Ausmaß des Über-gewichts bestimmt. Daten der Framing-ham Offspring Study zeigen die Möglich-keiten der Gewichtsreduktion für dieErhöhung der HDL-Cholesterinkonzen-tration auf:

Zwischen normal- und übergewichtigen(BMI > 30 kg/m2) Männern findet sich einUnterschied von 20 %, bei Frauen ist er sogar noch größer. Zur Erhöhung einesniedrigen HDL-Cholesterins ist daher dieGewichtsreduktion eine wichtige Maß-nahme. Aufgrund der Pathogenese derniedrigen HDL-Cholesterinkonzentrationbei Übergewicht kann dann ein Effekt aufdas HDL-Cholesterin erwartet werden,wenn die Insulinsensitivität verbessertund/oder die Fettgewebsmasse deutlichreduziert wird. Da vermehrte körperlicheAktivität unabhängig von der Körperge-wichtsreduktion die Insulinsensitivitätverbessert, ist der Einschluss von mehr Be-wegung in die Strategie zur Gewichtsre-duktion auch diesbezüglich sinnvoll. Dabei Crash-Diäten, wie totalem Fasten, nuretwa 30 % des Gewichtsverlustes auf denAbbau von Fett zurückzuführen ist, kannmit ihnen nur ein geringer Effekt auf dasHDL-Cholesterin erwartet werden. Bessersind Kostformen mit adäquater Eiweiß-und Kohlenhydratzufuhr gekoppelt mitgesteigerter körperlicher Aktivität niedri-ger Intensität. Dann sind bis zu 80 % derGewichtsabnahme auf den Verlust an Fettzurückzuführen und die Wirkung auf dasHDL-Cholesterin ist entsprechend größer.

LDL-Cholesterin

Die häufigste LDL-Hypercholesterinämie inder ärztlichen Praxis ist die polygene LDL-Hypercholesterinämie. Die punktuellenGenveränderungen betreffen Enzyme undProteine, die im Fettstoffwechsel eine Rollespielen. In der Addition der Auswirkungenführen diese geringen Veränderungen (Mi-kroheterogenitäten) zu einer allenfalls mä-ßigen Erhöhung der LDL-Cholesterinkon-

senken in diesem Rahmen das HDL-Cholesterin.

Der Verzicht auf alkoholische Getränkeund alkoholhaltige Lebensmittel, z. B.Schnapsbohnen oder rumhaltige Marme-lade, ist unabdingbar. Das Prinzip kanneinfach und überall eingehalten werden,zu Hause, bei der Arbeit, im Restaurantund auch bei Besuchen. Erfahrungsgemäßwird die Empfehlung „kein Alkohol“ vonden Patienten eher eingehalten und kanngegenüber dem sozialen Umfeld auch mitder damit verknüpften „Lebererkrankung“begründet werden. Denn ein Laie verstehtja nicht, was Alkohol mit dem Fettstoff-wechsel zu tun hat.

Wichtig ist aber, nicht von alkoholischenGetränken auf Fruchtsäfte, Limonadenund Colagetränke überzugehen. Diese ent-halten große Mengen von rasch resorbier-baren Kohlenhydraten, welche die Trigly -ceride ja auch ungünstig beeinflussen.Be sonders gilt dies für Glucose, Fruktoseund Saccharose. Reicht daher der Verzichtauf Alkohol nicht aus, müssen die Kohlen-hydrate eingeschränkt werden. Dafür soll-te zunächst auf die angesprochenen Ge-tränke verzichtet und Süßigkeiten einge-schränkt werden. Bei einer Reihe von Pa-tienten müssen die Kohlenhydrate sehrdeutlich vermindert werden, bis eine Sen-kung der Triglyceride eintritt. Evtl. mussbei schweren Formen auch der Obstkon-sum überprüft werden.

Falls damit immer noch keine Besserungder Triglyceride erreichbar ist, sollten ge-sättigte Fettsäuren eingeschränkt werden.Denn einerseits wirken sie cytotoxisch inder Leber. Andererseits werden sie prinzi-piell in der Leber nur gering zur Energie -gewinnung herangezogen und belastendamit die Triglyceridsynthese und die Frei-setzung der VLDL. Auf Fett mit mittelketti-gen Triglyceriden (MCT) sollte verzichtetwerden, da diese die VLDL-Sekretion ausder Leber erhöhen.

In keinem Falle sollte dauerhaft der Fett-gehalt der Nahrung unter 30 Energie-% re-duziert werden, da dann der Gehalt anKohlenhydraten in der Nahrung steigenmuss. Allenfalls kann dies für eine Phaseder Gewichtsreduktion empfohlen wer-den. Denn eine hypokalorische Kost (nur

Body-Mass HDL-CholesterinIndex (kg/m2) Männer Frauen

21 – 23 50 ± 13 63 ± 13

23 – 25 50 ± 14 61 ± 14

25 – 27,5 46 ± 12 57 ± 14

27,5 – 30 43 ± 10 55 ± 13

> 30 41 ± 10 49 ± 13

Teilnehmer 49 ± 10 Jahre alt, 1566 Männer, 1627 Frauen

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Eine LDL-Cholesterinerhöhung über180 mg/dl ohne vorzeitig aufgetretene ko-ronare Herzkrankheit in der Familie sprichtfür das Vorliegen einer polygenen LDL-Hy-percholesterinämie. Diese Diagnose wirddurch die Identifizierung eines Manifesta-tionsfaktors gestützt. Bei diesem Patien-ten handelt es sich um Übergewicht unddie zum Übergewicht führende hyperkalo-rische Ernährung.

Therapieziel: Bei einem zusätzlichen kar -diovaskulären Risikofaktor (Bluthochdruck)sollte eine LDL-Cholesterinkonzentrationunter 160 mg/dl angestrebt werden.

Therapeutisches Vorgehen: Das Ausschal-ten des Manifestationsfaktors der polyge-nen LDL-Hypercholesterinämie führt zurdeutlichen Reduktion von LDL-Cholesterin.Daher ist in der ersten Therapiestufe in-tensiv der Versuch zu unternehmen, denManifestationsfaktor auszuschalten unddann auf eine gewichtserhaltende Kostüberzugehen. Bei diesem Patienten brach-te eine Gewichtsreduktion von 9 kg denErfolg. Wenn dies nicht gelingt, dann kannversucht werden, durch eine fettmodifizier-te Ernährung LDL-Cholesterin zu senken.Aber dies ist dann nur der Versuch, am „End-produkt“ Korrekturen vorzunehmen. Glei-ches gilt dann für eine evtl. notwendig wer-dende Therapie mit einem CSE-Hemmer.

Die Lipidwerte sollten nicht unter einerhypokalorischen Ernährung gemessenwerden. Jede hypokalorische Kost führtrasch zur Senkung des LDL- und HDL-Cho-lesterins. Der tatsächliche Wert wird, we-gen der Halbwertszeit der LDL von Tagen,erst etwa vier Wochen nach Beendigungder hypokalorischen Kost wieder erreicht,beim HDL-Cholesterin nach 4 – 7 Tagen.

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zentration im Blut. Bei Vorhandensein vonsogenannten Manifestationsfaktoren, diezu einer Überlastung der Stoffwechselwegeführen, kommt es jedoch zu einer u. U. starkausgeprägten LDL-Hypercholesterinämie.Der wichtigste Manifestationsfaktor fürdie polygene LDL-Hypercholesterinämie istÜbergewicht und die Ernährung, die zuÜbergewicht führt. Wenn es daher gelänge,das Körpergewicht zu reduzieren, würdesich die LDL-Cholesterinkonzentration nor-malisieren.

Bei Übergewicht besteht eine gesteiger-te Cholesterin-Biosynthese, die Choleste-rinausscheidung mit der Galle ist erhöht.Der Ganzkörperbestand an Cholesterin istgrößer, werden doch auch in der Fettzellenicht unerhebliche Mengen an Choleste-rin gespeichert. Durch Gewichtsreduktionkönnen diese Veränderungen des Choles-terinstoffwechsels normalisiert werden.

Bei extrem übergewichtigen Patienten(BMI > 35 kg/m2) findet man oft ein niedri-ges LDL-Cholesterin. Mögliche Ursache da-für ist die größere Speichermöglichkeit fürCholesterin im Fettgewebe. Zu beachtenist dann, dass bei Gewichtsreduktion dasLDL-Cholesterin ansteigt und erst bei wei-terer Gewichtsabnahme wieder absinkt.

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Zu beachten in der täglichenPraxis:

■ Adipositas führt nahezu obligat zuInsulinresistenz und damit zuatherogenen Veränderungen imFettstoffwechsel.

■ Das hohe kardiovaskuläre Risikowird bestimmt durch das Vorhan-densein atherogen zusammenge-setzter Lipoproteine (ß-VLDL undkleine, dichte LDL). Erhöhte Trigly-ceride und niedriges HDL-Choles-terin weisen auf das Vorliegen dieser Partikel hin. In Spezial-laboratorien können die Partikelauch quantifiziert werden.

■ Die Therapie zielt auf Maßnahmenzur Verbesserung der Insulinsensi-tivität ab – Langsame Gewichts-reduktion und mehr körperlicheAktivität. Falls zusätzlich ein er-höhter Blutzucker vorliegt, sollteMetformin eingesetzt werden

■ Die Ernährungsmaßnahmen sindauf den Triglyceridstoffwechsel zukonzentrieren – sie sind unabding-bar. Ein zusätzlich erhöhtes LDL-Cholesterin bedarf der medika-mentösen Therapie.

■ Kontrollmessungen unter deut -licher Gewichtsreduktion gebenwenig sinnvolle Informationen.Erst Kontrollen vier Wochen nachAbschluss der Gewichtsreduktionunter gewichtserhaltender Diätgeben Auskunft über den Erfolg.

■ Während der Gewichtsreduktionfallen LDL-Cholesterin und HDL-Cholesterin rasch ab, während dieTriglyceride mäßig erhöht bleiben(erhöhter erwünschter Zustromvon Fettsäuren aus dem Fett -ge webe). Lipoprotein (a) und auch Homocystein steigen an.

■ Extreme bei der Dauer der körper-lichen Aktivität sollten vermiedenwerden, da der dann deutlich ge-steigerte Zustrom von Fettsäurenaus dem Fettgewebe zur Leber dieProduktion von atherogenen Lipo-proteinen steigert.

Patientenbeispiel: Kandolf A., 38 Jahre

Cholesterin 296 mg/dl 7,65 mmol/lTriglyceride 168 mg/dl 1,90 mmol/lHDL-Cholesterin 42 mg/dl 1,08 mmol/lLDL-Cholesterin 220 mg/dl 5,68 mmol/l

Grösse 176 cmGewicht 87 kgBlutdruck 155/95 mmHgDiabetes mellitus NeinZigarettenrauchen NeinFamilienanamnese für einevorzeitige koronare Herzkrankheit NeinDiät NeinMedikamente Nein

Drei Monate später, nach 9 kg Gewichtsabnahme:

Cholesterin 196 mg/dl 5,06 mmol/lTriglyceride 104 mg/dl 2,68 mmol/lHDL-Cholesterin 45 mg/dl 1,16 mmol/lLDL-Cholesterin 130 mg/dl 3,36 mmol/l

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1. Zu welcher LDL-Cholesterinerhöhung trägt Adipositas entscheidend bei?□ a) Monogene LDL-Hypercholesterinämie□ b) Polygene LDL-Hypercholesterinämie□ c) Apo-E-4-Polymorphismus□ d) Familiäre kombinierte Hyperlipidämie□ e) Keiner

2. Welcher Befund gehört nicht zur Insulinresistenz?□ a) Erhöhtes LDL-Cholesterin□ b) Niedriges HDL-Cholesterin□ c) ß-VLDL□ d) Kleine, dichte LDL□ e) Niedriges LDL-Cholesterin

3. Was ist die entscheidende therapeutische Maßnahme bei polygener LDL-Hypercholesterinämie?□ a) Statin□ b) Gewichtsreduktion□ c) Fibrat□ d) Alkoholverzicht□ e) Weniger körperliche Aktivität

4. Was sollte die Ernährung bei der Fettstoffwechselstörung der Insulinresistenz nicht enthalten?□ a) Kein Alkohol□ b) Weniger Kohlenhydrate□ c) Weniger Cholesterin□ d) Angepasster Energiegehalt□ e) Anteilmäßig mehr Fett

5. Was verbessert Insulinresistenz nicht?□ a) Gewichtsreduktion □ b) Körperliche Aktivität□ c) Hypokalorische Kost□ d) Metformin□ e) Obst

Lernerfolgskontrolle gültig bis November 2014. Zur Zertifizierung eingereicht bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe

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2. Die Bearbeitung des Fortbildungsbeitrags hat sich für mich gelohnt, weil ich etwas dazugelernt habe.c 1 c 2 c 3 c 4 c 5 c 6

3. Der Fortbidlungsbeitrag hat Relevanz für meine praktische ärztliche Tätigkeit.c 1 c 2 c 3 c 4 c 5 c 6

4. Bitte beurteilen Sie die didaktische Aufbereitung und die Güte der präsentierten Inhalte des Fortbildungsbeitrags.c 1 c 2 c 3 c 4 c 5 c 6

5. Durch die Lernerfolgskontrolle wurden das erworbene Wissen in angemessener Weise abgefragt.c 1 c 2 c 3 c 4 c 5 c 6

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8. Wieviel Zeit in Minuten haben Sie für die Bearbeitung des Fortbildungsbeitrags benötigt?c bis 10 c 11 – 20 c 21 – 30 c 31 – 40 c 41 – 50 c 51 – 60 c über 61

9. Weitere Bemerkungen:

Lernerfolg6. Was ist obligat mit der Fettstoffwechselstörung bei Adipositas verknüpft?□ a) Gelenkbeschwerden□ b) Hypothyreose□ c) Leberzellverfettung□ d) Einschränkung der Hirnleistungsfähigkeit□ e) Niereninsuffizienz

7. Wann macht es Sinn, bezüglich des LDL-Cholesterins den Effekt der Gewichtsabnahme zu überprüfen?□ a) Nach einem Tag□ b) Nach einer Woche□ c) Nach vier Wochen□ d) Nach drei Monaten□ e) Nach einem Jahr

8. Auf welche Fette sollte in der Ernährung zur Behandlung der Fettstoffwechselstörung bei Adipositas verzichtet werden?□ a) Mittelkettige Triglyceride (MCT)□ b) Einfach ungesättigte Fettsäuren□ c) Mehrfach ungesättigte Fettsäuren□ d) Alle □ e) Keine

9. In welchem Ausmaß kann ein Achtel Liter Wein im ungünstigsten Fall die Triglyceride im Blut erhöhen?□ a) 50 mg/dl (0,57 mmol/l)□ b) 100 mg/dl (1,14 mmol/l)□ c) 200 mg/dl (2,28 mmol/l)□ d) 300 mg/dl (3,42 mmol/l)□ e) 400 mg/dl (4,55 mmol/l)

10. Welches Medikament erhöht nicht das Risiko für die Manifestation erhöhter Blutzuckerwerte?□ a) Simvastatin□ b) Nikotinsäure□ c) Metformin□ d) Omega-3 Fettsäuren□ e) Alle

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