Bildungstheorien - Sabine Höflichhoeflich.homepage4kmu.at/documents/de/Didaktische...
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Bildungstheorien
n Wissenschaftstheorie = Teildisziplin der Philosophie
n Wissenschaftstheorie = Reflexion über den tatsächlichen und
möglichen Forschungsprozess einer Einzelwissenschaft
n Gegenstand ist die Bestimmung der Voraussetzungen,
die Diskussion der Zielsetzungen und die Analyse der Verfahren
und Systematisierungsmöglichkeiten wissenschaftlicher Erkenntnis.
Dies schließt die Erhellung der historischen Entwicklung und des
gesellschaftlichen Verwertungszusammenhangs wissenschaftlicher
Erkenntnisproduktion ein
n Aufgabe: Forschungspraxis und Theoriebildung wissenschaftlicher
Einzeldisziplinen beschreiben, kritisieren, konstruktiv vorantreiben.
(Jank/Meyer 1991, S. 96)
Didaktische Theorien
n … zum Verstehen und Erklären individueller und allg. sozialer
Tatbestände bzw. Gegebenheiten
n … bei Prognosen mit gesetzmäßigem Charakter über individuelle
Ereignisse oder allg. Prozesse
n … zur Prüfung ihrer eigenen kognitiven Qualität,
um ihren Anwendungs- und Geltungsbereich systematisch und
kritisch auszuloten
n … als Kritik zu anderen Theorien
(können zu Metatheorien werden - zu Theorien, die andere Theorien
wissenschaftlich prüfen)
n … zur Produktion neuer Theorien
Didaktische Theorien
n … zur Auswertung von Forschungsprogrammen:
Planung, Durchführung und Evaluation;
andere (Meta)Theorien kritisch beleuchten Heuristik (Kunst, mit
begrenztem Wissen und wenig Zeit zu guten Lösungen zu kommen führen)
oder Methodologie (wissenschaftliche Vorgehensweise) verbessern oder
Ansatz zu einer Theorie des Erkenntnisfortschrittes liefern
n … dienen zur kritischen Analyse und regelgeleiteter Veränderung sozialer
Wirklichkeit (Praxis)
n … als Hypothesenrahmen für empirische Lehr-, Lern-, Schul-, Bildungs- und
Unterrichtsforschung (Kron 2008, S. 55)
n … Transformation in didaktische Modelle:
grundlegender Bezugsrahmen für pädagogisch tätige Personen bei
Entwicklung von Konzepten für konkretes Handeln
materiale Bildungstheorien
n materiale Bildungstheorien: gehen von Inhalten aus;
Objektivismus, das „Klassische“, von der Sache her
Welche Inhalte aus der vielfältigen Wirklichkeit sind so wertvoll oder
wichtig, dass die Schüler sie lernen und erfahren sollen?
n Bildungstheoretischer Objektivismus:
Gebildet ist, wer möglichst viel Wissen enzyklopädisch angehäuft hat.
n Bildungstheorie des Klassischen:
Gebildet ist, wer Goethe und Schiller gelesen und Beethovens IX.
gehört hat und an ihnen sittlich gereift ist.
n Kritik: Aufgaben und Inhalte des gesellschaftlichen Lebens (Wirtschaft,
Technik, Politik ...) bleiben ausgeschlossen (klassisch).
formale Bildungstheorien
n ausgehend von zu erziehenden Schülern und (vermuteten) subjektiven und/
oder objektiven Bedürfnissen;
funktionale Bildung, methodische Bildung; vom Subjekt her
Was ist für Schüler gegenwärtig oder künftig wichtig?
n Theorie der funktionalen Bildung:
Gebildet ist, wer die in ihm schlummernden körperlichen, geistigen und
seelischen Kräfte tatsächlich entfaltet hat.
n Theorie der methodischen Bildung:
Gebildet ist, wer das Lernen gelernt hat, Methoden beherrscht und
instrumentelle Fähigkeiten aufgebaut hat.
n Kritik: Die zugrundeliegende Voraussetzung, dass Fähigkeiten und
Methoden auf jeden beliebigen Inhalt übertragbar sind (neuhumanistisch),
berücksichtigen nicht die „Nebenwirkungen“ der Inhalte
(Beispiel: Logik durch Mathematik oder lateinische Grammatik)
Kurzer historischer Exkursn 1500 – 1800 mechanische Pauk- und Memorierschule
Auswendiglernen kirchlicher Inhalte und elementare Schreib- und
Rechenkenntnisse
n 1750 – 1800 „Schule der Aufklärung“
didaktische Ideen von Exkursionen bis neue Sprachen
n ab 1800 Klassik, Neuhumanismus
von kirchlicher Bevormundung emanzipierte Didaktik und Methodik
J. F. Herbart
Herbartianer: Theorie und Praxis effektiver Stoffvermittlung
n um 1900 Reformpädagogik: alternative Unterrichtsformen
Nationalsozialismus
n 1950er, 1960erJahre: Wiederaufbau und Restauration
Überblick: Didaktische Modellen Bildungstheoretische Didaktik (Klafki): Bildung als Leitbegriff
n Kritisch-konstruktive Didaktik (Klafki): Bildung als Leitbegriff
n Lehr – lernzieltheoretische Didaktik (Heimann, Schulz, Otto): Lernen
als Leitbegriff
n Informationstheoretisch – kybernetische Didaktik (von Cube):
System; Zielsetzung, Strategien, Messung, Kontrolle, Steuerung als
Leitbegriff
n Kritisch – kommunikativ (Winkel): Interaktion als Leitbegriff
n Curriculare Didaktik – lernzielorientierter Ansatz (Möller, Bloom)
n Dialektisch – orientierte Didaktik (Klingberg): Schüler im Mittelpunkt;
Unterrichtsprache, Diskussion, Prozessorientierung und Steuerung
Bildungstheoretische Didaktik (1962-1985)
n Die Bildungstheoretische Didaktik basiert auf dem Konzept des
klassischen Bildungsbegriffs und steht damit in der Tradition
Humboldts, Pestalozzis und Schleiermachers.
n Im Mittelpunkt dieses Konzepts steht die Auswahl von
Unterrichtsinhalten.
n Der „Lehrende konfrontiert den Lernenden mit Schlüsselproblemen
und vermittelt dadurch allgemeine Bildung“ (Jank & Meyer, 1994).
n Didaktik wird hier als Theorie über die Struktur, Auswahl und
Rechtfertigung von Bildungsinhalten verstanden.
Bildungstheoretische Didaktik
n 1958: Wolfgang Klafki: „Didaktische Analyse als Kern der
Unterrichtsvorbereitung“ veröffentlicht, schließt an
geisteswissenschaftliche Tradition an
Geisteswissenschaft: in deutschsprachigen Denktradition eine
Sammelbezeichnung für Wissenschaften, die mit unterschiedlichen
Methoden verschiedene Gegenstandsbereiche untersuchen, die mit
kulturellen, geistigen, medialen, sozialen, geschichtlichen und
politischen Phänomenen zusammenhängen.
Mensch und seine Hervorbringungen im Mittelpunkt
Anthropologie, Wissenschaft vom Menschen, Menschenbild
Geisteswissenschaftliche Pädagogik: Erziehung und Bildung wird
als geistig-kulturelles und geschichtliches Phänomen angesehen
und zu verstehen versucht
Bildungstheoretische Didaktik
n Klafkis bildungstheoretische Didaktik: Didaktische Analyse als Kern
der Unterrichtsvorbereitung
n Didaktik ist die Theorie der Bildungsinhalte, ihrer Struktur, ihrer
Auswahl und Rechtfertigung -> „Inhaltsbezogene Didaktik“
n Didaktische Analyse fragt nach:
n Allgemeingültigkeit – Gegenwartsaspekt – Zukunftsperspektive
Zielaspekt
n Inhaltsstruktur
n Zugänglichkeit
der Methodenanalyse)
Bildungstheoretische Didaktik
n Systematisches Vorgehen
n 1. Sachanalyse / päd. Vorbesinnung
n Didaktische Analyse
n Methodische Vorbereitung
n Planung
Bildungstheoretische Didaktik
n 5 Grundfragen der didaktischen Analyse
(richten sich an Inhalt und Thema des Unterrichts)
n Exemplarische Bedeutung
n Gegenwartbedeutung
n Zukunftsbedeutung
n Struktur des Inhalts / Sachstruktur
n Zugänglichkeit
n Didaktische Analyse über Jahre / Jahrzehnte Bestand – 80er Jahre:
überarbeitet und angepasst:
Kritisch-konstruktive Didaktik
n kritisch – konstruktiv:
n kritisch: Befähigung der SchülerInnen zu wachsender
Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit
(einschließlich Abbau hindernder Bedingungen)
n konstruktiv: Praxisbezug; Handlungs-, Gestaltungs-,
Veränderungsinteresse
Kritisch-konstruktive Didaktik
n Leitfaden für die Vorbereitung
analog zu den fünf Didaktischen Grundfragen:
Katalog von sieben Aspekten vor, den er zum „(vorläufigen)
Perspektivenschema zur Unterrichtsplanung" zusammenfasst und
um eine Bedingungsanalyse (Analyse der konkreten, sozio-kulturell
vermittelten Ausgangsbedingungen einer Lerngruppe, Alter,
Motivation, Fähigkeiten, Kenntnisse...; Bedingungen des Lehrers,
Bedingungen und Grenzen: unterrichtsrelevanteninstitutionellen
Bedingungen, incl. möglicher / wahrscheinlicher Schwierigkeiten)
ergänzt:
Kritisch-konstruktive Didaktik – Perspektivenschema
n 1. Gegenwartsbedeutung„Was bedeutet es für die Schüler heute?":
Welche Bedeutung hat der betreffende Inhalt im Leben der Schüler, welche
Bedeutung soll er - vom pädagogischen Gesichtspunkt aus gesehen - darin
haben?
n 2. Zukunftsbedeutung „Was wird der Inhalt für die Schüler morgen bedeuten?":
Worin liegt die Bedeutung des Themas für die Zukunft der Schüler?
n 3. exemplarische Bedeutung„Was können die Schüler mit dem heute Gelernten anfangen?":
Auf welchen allgemeinen Sachverhalt, welches allgemeine Problem lässt
der spezifische Inhalt schließen?
findet Ausdruck in den allgemeinen Zielsetzungen der Unterrichtseinheit,
des Projekts oder der Lehrgangssequenz
n 4. thematische StrukturierungTeillernziele, soziale Lernziele
Struktur des Inhalts: „Was ist die Struktur meines Inhalts?“ „Welches ist die
Struktur des (durch Frage 1 und 2 in die spezifisch - pädagogische Sicht
gerückten) Inhalts?
Kritisch-konstruktive Didaktik – Perspektivenschema
n 5. Überprüfbarkeit
n 6. Zugänglichkeit bzw. Darstellbarkeit Medien, Erkundungen, Handlungsmöglichkeiten
„Wie bringe ich es bei?":
Welches sind die besonderen Fälle, Phänomene, Situationen, Versuche, in
oder an denen die Struktur des jeweiligen Inhalts den Kindern dieser
Bildungsstufen, dieser Klasse interessant, fragwürdig, zugänglich,
begreiflich, anschaulich werden kann?
n 7. Lehr-Lern-Prozessstruktur Methoden / methodische Strukturierung
verstanden als variables Konzept notwendiger oder möglicher
Organisations- und Vollzugsformen des Lernens
(einschl. sukzessiver Abfolgen) und entsprechender Lehrhilfen, zugleich als
Interaktionsstruktur und Medium sozialer Lernprozesse
n 8. Bedingungsanalyse
n 9. Begründungszusammenhänge
Lehr- lerntheoretische Didaktik (1965-1980)
n Das Berliner Modell der Lehr- und Lerntheoretischen Didaktik wurde
in den sechziger Jahren von Paul Heimann, Gunter Otto und Wolfgang
Schulz aus der Kritik an der Bildungstheoretischen Didaktik entwickelt.
n Beim Konzept des Berliner Modells werden Unterrichtsstrukturen anhand
einer wertfreien und empirisch-positivistischen Methodik analysiert.
Der Unterricht selbst wird als Zusammenspiel von Zielen, Methoden und
Medien beschrieben, wobei auch gesellschaftlichen Rahmenbedingungen
berücksichtigt werden müssen.
n Hier wird der Lehrende als „Profi“ verstanden, der dem Lernenden zur
Mündigkeit verhilft.
n Das Berliner Modell wurde später von Wolfgang Schulz zum Hamburger
Modell weiter entwickelt. Didaktik wird hier als Theorie des Unterrichts und
aller ihn bedingenden Faktoren angesehen.
Lehr – lernzieltheoretische Didaktik
n Alle im Unterricht auftretenden Erscheinungen und Bedingungen werden
einer wissenschaftlichen Kontrolle unterworfen.
Der Sach- und Fachbezug der Lerninhalte wird stärker berücksichtigt.
Gleichzeitig wird deren Monopolstellung aber zugunsten von
Entscheidungsfeldern (Intention, Thematik, Methoden, Medien)
aufgegeben.
Die soziokulturellen Voraussetzungen werden den Entscheidungsfeldern
gleichgestellt.
n Kritik: Problem der Abgrenzung gegen die aktuell benötigten (fachlichen)
Fähigkeiten und Kenntnisse.
Gefahr einer ausschließlichen Ausrichtung auf die existierende
Gesellschaftsform (der Erwachsenen).
Lehr – lernzieltheoretische Didaktik
n Erste Reflexionsebene ermittelt alle 6 Strukturelemente wertfrei
Strukturanalyse des UnterrichtsÜber welche grundlegenden Strukturmodelle muss prinzipiell entschieden
werden?
Grundlagen der Berliner DidaktikEntscheidungsfelder:
n Intentionalität: In welcher Absicht tue ich etwas?
n Thematik: Was bringe ich in den Horizont der Kinder?
n Methodik: Wie tue ich es?
n Medienwahl: Mit welchen Mitteln verwirkliche ich das?
Bedingungsfelder:
n antroposophische Voraussetzungen: An wen vermittle ich etwas?
n soziokulturelle Voraussetzungen: In welcher Situation vermittle ich das?
Lehr – lernzieltheoretische Didaktik
n Faktorenanalyse
dient der Entscheidungsvorbereitung,
ist als 2. Reflexionsebene nicht mehr wertfrei, sondern
ideologiekritisch, wodurch Entscheidungen prinzipiell beeinflusst
Zielsetzungen ergeben sich aus den Bedingungsfeldern,
den Entscheidungen, Intentionen, Methoden und Medien.
Sie zeigen auf Grund des Strukturgefüges sozio-kulturelle und
anthropologische Folgen.
(Vgl. Jank/Meyer 1991, S. 183)
Lehr – lernzieltheoretische Didaktik
n Fortentwicklung zur Hamburger Didaktik
n Lern- bzw. Lehrtheoretische Didaktik, zunächst der empirisch-analytischen
Theorie verpflichtet, immer mehr Annäherung an kritisch-konstruktive
Position.
Das Modell wurde von Wolfgang Schulz, einem ehemaligen Mitarbeiter
Heimanns, zum Hamburger Modell weiterentwickelt und 1980 vorgestellt.
n kritisch humanitäre, engagierte Didaktik
n Starke Schülerorientierung
n Aus dem Planungsmodell Heimanns wird ein Handlungsmodell für einen
„emanzipatorisch-relevanten, professionell-pädagogischen Unterricht“.
Ziel: Emanzipation (vs. Fremdbestimmung)
n Heimanns Theorie der Intentionen setzt dem unterrichtlichen Handeln
implizit eine Bildungstheorie voraus.
Lehr – lernzieltheoretische Didaktik
n Schulz wendet sich von der rein Phänomenologie (Methodik) deskriptiven
Unterrichtsanalyse ab,
und entwickelt ein normatives Modell kritischen Unterrichts,
der es den Schülern ermöglichen soll, sich von überflüssiger Herrschaft zu
befreien und in größtmöglicher Selbstbestimmung zu handeln.
n Ziel des Hamburger Modells ist die Darstellung eines allgemeinen
didaktischen Modells, welches alle Planungsebenen des Unterrichts
umfasst.
Im Vordergrund steht nun stärker die Unterrichtsplanung:
langfristige Perspektivplanung,
mittelfristige Umrissplanung,
kurzfristige Prozessplanung
bei allen Planungstätigkeiten werden nun auch Schüler und Eltern
einbezogen -> Unterrichtsplanung als Interaktion aller Unterrichtsteilnehmer
und somit Teil des Unterrichts selbst
Hamburger Modell
n Modellskizze für professionelle Tätigkeit – es gelten mindestens folgende 4
Überlegungen:
n Intentionaler Aspekt: Vermittlung von Kompetenzen zur ausdrücklichen
Förderung von Autonomie im Sinne einer Selbstbestimmung und Handeln
nach verallgemeinerungsfähigen Normen im Sinne der Solidarität
n Thematischer Aspekt: Vermittlung von Sacherfahrung, Sozialerfahrung
und Gefühlserfahrung.
n intentionaler und thematischer Aspekt ergeben zusammen vollständige
Zielvorstellung
n Modus: Finden von Interaktion, die es ermöglicht, eine Balance zwischen
den Ansprüchen der Sache, der Thematik und den Ansprüchen der
einzelnen Mitglieder der Lehr-Lern-Gruppe herzustellen
Unterschiede
n Unterschiede Berliner – Hamburger Didaktik: Handlungsmomente
n Intentionen und Themen zu Unterrichtszielen zusammengefasst
n Methoden und Medien zu Vermittlungsvariablen zusammengefasst
n Ausgangslage der Lehrenden und Lernenden wird Handlungsmomenten
zugerechnet
n Erfolgskontrolle wird explizit berücksichtigt
Annäherung der Nachfolgekonzeptionen kritisch –
konstruktive Didaktik und Hamburger Didaktik:
n oberstes Ziel aus emanzipatorischen Verständnis von Bildung abgeleitet
Klafki: Emanzipation, Selbstbestimmung, Mitbestimmung;
Schulz: Leitziele Kompetenz, Autonomie, Solidarität
n Didaktik
Klafki: Abrücken von Didaktik in einem engeren Sinne e
Schulz: bleibt bei Interdependenz-Vorstellung (Einflüsse von jedem Element
auf andere Elemente möglich)
n Methodenfragen gleichberechtigt neben Inhaltsfragen
(vorher: Streitpunkt, ob Methodik und Medien in Didaktik enthalten,
wobei bei Klafki hervorgehobene Stellung der Inhalte erkennbar bleibt)
n Akzentuierung
Klafkis Perspektivenschema hat nun deutlichere unterrichtstheoretische
Akzentuierung
Schulz: stärkere Gewichtung der Ziele Solidarität und Autonomie
Erziehungsperspektive
Informationstheoretisch – kybernetische Didaktik
n Kybernetik:
Wissenschaft von der Steuerung und Regelung lebender Organismen und
Maschinen, wird auch als die Kunst des Steuerns bezeichnet
n hoher Abstraktionsgrad
n Verhalten äußerst unterschiedlicher Systeme (Flugkörpers, Markt,
Unternehmen, Gesellschaft) modellieren.
n bei Organismen oder physiologischen Systemen: Homöostase bzw.
Selbstregulierung.
n kybernetische Begriffe und Methoden auf die Planung von Unterricht in
Ausbildungsprozesse anwenden
Informationstheoretisch – kybernetische Didaktik
n Beispiel für das Prinzip der Regelung:
Thermostat: Ist- Wert eines Thermometers mit Sollwert vergleichen
bei Diskrepanz - Regler im Thermostat: Heizung so zu regulieren, dass der
Ist-Wert den Soll-Wert anstrebt
Ausbildungsvorgang als Regelkreis:
n Lehrziel = Sollwert
n Regler = Lehrer
n Stellglieder: personale oder technische Medien
n Regelgröße: Schüler, auf den Störgrößen (innere und äußere Einflüsse)
einwirken und dessen Reaktionen mit Messfühlern (Lernkontrollen)
gemessen und als Ist-Wert mit dem Soll-Wert verglichen werden
n Lehr- und Lernprozesse: nicht gradlinig auf Ziel, sondern mit Hilfe einer
Steuerung durch Rückkopplung
(wichtiger Aspekt dieses Modells, in anderen didaktischen Entwürfen nicht
so differenziert dargestellt)
Informationstheoretisch – kybernetische Didaktik
n System als Leitbegriff
Konsequenz aus logisch-empirischen Wissenschaftsbegriff (Kritischer
Rationalismus, Popper, Albert): Setzung von Erziehungszielen (oder
Lehrzielen) liegt außerhalb wissenschaftlicher Aussagemöglichkeiten -
Lehrziele sind (subjektive) Forderungen
n Der Erziehungs- bzw. der Ausbildungsprozess als Regelkreis, bei dem
Adressaten ständiger Korrektur zu einem gegebenen Erziehungsziel oder
Ausbildungsziel gesteuert werden
n Verhaltensänderung durch Lernen erreichen, nicht durch veränderte
Reizsituation
n Planung des Unterrichts mit informationstechnischen Methoden
n Entwicklung einer Lehrstrategie
n Planung des adäquaten Medieneinsatzes
n Festlegung didaktischer Stationen
Informationstheoretisch – kybernetische Didaktik
n Nachrichten in Systemen werden durch Verfahrens- und Regeltechniken
übertragen und verarbeitet. Dabei ist es unerheblich, ob diese Nachrichten
organischer, technischer oder gesellschaftlicher Natur sind.
n VT kybernetischer Modelle und Methoden: Präzisierung und Optimierung
von Lehrstrategien
n aber: selbstbestimmtes Lernen der SchülerInnen, Mitplanung,
Mitverantwortung eher zu Störgrößen zu rechnen
n Reduktion von Didaktik auf Frage nach Methode und Ausklammerung von
Zielsetzungen aus wissenschaftlichen Exkurs
n Kritik: Das menschliche Gehirn funktioniert nicht auf diese Art, konnte
inzwischen durch neurologische Untersuchungen nachgewiesen werden.
Kritisch – kommunikativ (Winkel)
n Interaktion als Leitbegriff
Nähe zur Bildungstheoretischen Didaktik
n Kritisch, weil vorhandene Wirklichkeiten nicht unkritisch akzeptiert werden,
sondern versucht wird – soweit dies Schule kann – permanent zu
verbessern
n Kommunikativ, weil Unterricht kommunikativer Prozess ist und Lehren und
Lernen kommunikativer werden soll (schülerorientierter, kooperativer,
transparenter …)
(Vgl. Eichelberger/Wilhelm 2003, S. 39)
Curriculare Didaktik – lernzielorientierter Ansatz (1965-1970)
n Das Konzept des lernzielorientierten Unterrichts oder der curricularen Didaktik
entstand im gleichen Zeitraum wie die Lerntheoretische Didaktik.
n Christiane Möller: in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts,
Orientierung an amerikanischer Lernzielforschung (B.S. Bloom, D.R. Krathwohl) der
1950er Jahre;
Bezug auf kritische Curriculumsforschung („Schwammigkeit“ der alten didaktischen
Praxis und Theorie überwinden): möglichst präzise Regelung von Lernzielen und
Lerninhalten, Lernprozessen, der Lernorganisation, Rahmenbedingungen des
Lernen, Lern- und entwicklungspsychologische Möglichkeiten der Adressaten
n Dieses Modell orientiert sich an der wissenschaftstheoretischen Position des
Behaviorismus, der die Bedeutung von beobachtbarem Verhalten betont (Möller
1999).
n Lernzielorientierter Unterricht beschreibt ein Konzept, bei dem zuerst die Lernziele
ausgewählt und danach Inhalte, Methoden und Medien festgelegt werden, wobei
Transparenz und Präzision angestrebt werden (Jank & Meyer 1994).
Curriculare Didaktik – lernzielorientierter Ansatz
n Die Didaktik wird hier als Theorie der Optimierung von Lernprozessen
verstanden. Im Mittelpunkt steht der Prozess der Zielerstellung.
n Curriculum: Plan für den Aufbau und Ablauf von Unterrichtseinheiten
Lernziel: die sprachlich artikulierte Vorstellung von der durch Unterricht
(oder andere Lehrveranstaltungen) zu bewirkenden beobachtbaren
Verhaltensänderung eines Lernenden kann von völlig verschiedenen
Ausgangspositionen hergeleitet werden -> „lernzielorientierte Didaktik“.
n pragmatisch auf kurzfristige Unterrichtsplanung bezogen
Zielerstellungsprozess: zentraler Bestandteil der Unterrichtsplanung
Planungsprozess benötigt ein handhabbares Instrumentarium für den
Erstellungsprozess dieser Ziele. Präzise Ziele: grundlegende
Voraussetzung für eine effektive Methodenauswahl
anhand dieser Ziele kann der Erfolg des Lern- und Lehrprozesses überprüft
werden
Curriculare Didaktik – lernzielorientierter Ansatz
n präskriptiv (gibt Handlungsanweisungen für den gesamten Prozess der
Unterrichtsablaufplanung)
n setzt gleichzeitig auch deskriptive (auf Ergebnissen der empirischen
Unterrichtsforschung basierend) und normative Didaktik (Frage, welche
Ziele angestrebt und wie diese erreicht werden können) voraus.
Lernzielorientierte Didaktik geht davon aus...
n Zielerstellungsprozess ist zentraler Bestandteil jeder Unterrichtsplanung
n es muss in handhabbares und wissenschaftlich abgesichertes
Instrumentarium geben
n Verhalten der Schüler und Inhalt, an dem das Verhalten gezeigt wird, ist
eindeutig bestimmt
n dadurch Grundlage für effektive Methodenauswahl
n Erfolg nur anhand der bestimmten Ziele wirkungsvoll überprüfen
Curriculare Didaktik – lernzielorientierter Ansatz
n Unterrichtsablaufplanung, Entwicklung einer Unterrichtseinheit, eines
Curriculums: Lernplanung, -organisation und -kontrolle
n Lernplanung zerfällt in wiederum vier Teilschritte:
n Sammlung von Lernzielen
viele Quellen heranziehen (Lehrplan bis fachdidaktische Literatur)
n Ordnung von Lernzielen: hierarchisch nach Richt-, Grob- und Feinzielen;
Einordnung in vorgegebene Einordnungsschemata (Lernzieltaxonomien) –
Bloom: kognitiv, affektiv, psychomotorisch)
n Beschreibung von Lernzielen: Präzise Beschreibung,
Operationalisierungsprozess mit Angabe der Endverhaltensbeschreibung,
seiner Bedingungen, Beurteilungsmaßstab
n Entscheidung für Lernziele
Curriculare Didaktik – lernzielorientierter Ansatz
n Lernorganisationsprozess: Zentrum dieses Prozesses: Auswahl der
Unterrichtsmethoden und –medien, mit deren Hilfe die aufgestellten Lernziele optimal
erreicht werden können.
Methoden den Unterrichtszielen zuordnen
z.B. Ziele-Methoden-Matrix mit Aufstaffelung nach kognitiven, affektiven und
psychomotorischen Ziele
aus Matrix Angemessenheit der Methode ablesen
Entscheidung aufgrund situativen Bedingungen nötig
n Lernplanungsprozess abgeschlossen geordneter
Bestand präzise beschriebener und begründeter Lernziele zur Weiterverarbeitung.
n Lernkontrollarbeit
n Kontrollverfahren entwickeln und auswählen -> mit deren Hilfe überprüft werden
kann, ob der Lerner die aufgestellten Lernziele erreicht hat (weitgehend nach
Kriterien eines empirischen Lerntests: statt traditioneller Klassenarbeit:
Inhaltsvalidierung, Zuverlässigkeitsbestimmung, strenge Aufgabenanalyse)
Curriculare Didaktik – lernzielorientierter Ansatz
n Vorteile:
n Transparenz, die durch ihre Offenlegung ein demokratisierendes Element
impliziert
n Kontrollierbarkeit, die auch die Entscheidungen des Lehrers im Planungs-
und Organisationsprozess beurteilbar werden lassen
n Beteiligung der Betroffenen, wobei durch Einbindung aller Beteiligten
(Eltern, Lehrer und Schüler) Mitentscheidung und –bestimmung möglich
wird
n Effizienz durch Lernziele als Grundlage der Lernorganisation, was positive
Verstärkungsmöglichkeiten (nach dem Skinnerschen Lernmodell) für Lerner
und Lehrer schaffen soll.
Curriculare Didaktik – lernzielorientierter Ansatz
n Kritikpunkte:
n Beschränkung der komplexen didaktischen Problematik auf den Teilaspekt
der Effizienz
n nicht alle Ziele sind operationalisierbar
n geschlossenes System, total verplante Lernprozesse, Inhalts- und
Zielentscheidungen unhinterfragt akzeptieren, alles festgelegt
n Reaktion: offene Curricula: mehr Raum für kreative Ausgestaltung und
Berücksichtigung situativer Bedingungen eines Lehrers, einer Schule
(Eichelberger/Wilhelm 2003, 39; Gudjons 1995, S. 225f)
Dialektisch – orientierte Didaktik (Klingberg)
n Wegen ihres mechanischen Charakters lehnt L. Klingberg starre Stufen-
und Phasenkonzepte grundsätzlich ab.
Der Unterrichtsprozess entfaltet sich in der dialektischen
(widersprüchlichen) Einheit von
n Lehren und Lernen,
n Vermittlung und Aneignung,
n Führung und Selbstständigkeit.
Der Grundrhythmus des Unterrichtprozesses wird durch didaktische
Funktionen geprägt (besonders das Verhältnis Neuvermittlung –
Konsolidierung).
n Schüler im Mittelpunkt
Unterrichtsprache, Diskussion, Prozessorientierung und Steuerung
Handlungsorientierter Unterricht (ab 1980)
n Beim handlungsorientierten oder aufgabenorientierten Unterricht geht es
nicht um die reine Vermittlung von Wissen.
Hier steht die Vermittlung Handlungskompetenzen und die Selbsttätigkeit
der Lernenden im Mittelpunkt.
Das Konzept des handlungsorientierten Unterrichts beschreibt einen
ganzheitlichen und schüleraktiven Unterricht, „in dem die zwischen dem
lehrenden und dem Lernenden vereinbarten Handlungsprodukte die
Gestaltung des Unterrichtsprozesses leiten, so dass Kopf- und Handarbeit
der Lernenden in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden können“
(Jank & Meyer, 1994).