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Binomialmodell: Grundlagen und Future Contracts Seminararbeit Verfasser: Bernhard Knapp Wien, am 28. Februar Studienkennzahl: 1027250 Studienrichtung: Bachelorstudium Finanz- und Versicherungsmathematik Betreuer: Privatdoz. Dipl.-Ing. Dr.techn. Stefan Gerhold

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Binomialmodell: Grundlagen undFuture Contracts

Seminararbeit

Verfasser:

Bernhard Knapp

Wien, am 28. Februar

Studienkennzahl: 1027250

Studienrichtung: Bachelorstudium Finanz- und Versicherungsmathematik

Betreuer: Privatdoz. Dipl.-Ing. Dr.techn. Stefan Gerhold

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INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 2

1.1 Arbitrage und weitere Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

2 Das Binomialmodell 5

2.1 Das Basis-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2.2 Forwards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.2.1 Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.3 FX-Derivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.3.1 Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2.4 Zinsderivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

3 Mehr-Perioden-Modell 13

3.1 Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3.2 Rückwärts Induktions Preis Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3.3 Forwards im Mehr-Perioden Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

4 Futures 16

4.1 Margin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

4.2 Future-Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

4.3 Der Marginwert zur Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

4.4 Forwards und Futures im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Quellenverzechnis 22

1

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1 EINLEITUNG

1 Einleitung

Das Ziel dieser Seminararbeit ist zu beschreiben, wie man Preise von Derivate in einem

binomialen Rahmen mit diskreten Zeitabständen und diskreten Zuständen festlegt. Be-

vor wir vernünftige Preise für diese Finanzinstrumente festlegen können, müssen wir

allgemeine Grundlagen, wie die Struktur von finanzmathematischen Binomialmodel-

len einführen. Die wichtigste Grundlage wird sein, dass die eingeführten Modelle kei-

ne Arbitrage-Möglichkeiten zulassen. Nachdem wir uns im vereinfachten Ein-Schritt-

Binomialmodell, Preisformeln für beliebige Derivate hergeleitet haben, erweitern wir

das vorhandene Binomialmodell um weitere diskrete Zeitschritte und Zustände in ein

Mehr-Perioden-Modell. Durch die Resultate der vorigen Kapitel können wir auch in

diesem Modell die Preise von Finanzgeschäften festlegen, sodass wir uns zum Schluss

den börsengehandelten Finanzgeschäften, die sogenannten Futures, widmen können.

1.1 Arbitrage und weitere Grundlagen

Zur Erinnerung, ein Derivat ist ein Finanzinstrument, dessen Preis von anderen Ver-

mögenswerten (engl.: assets) abhängt. Diese Wirtschaftsgüter dienen dann für dieses

Derivat als Basiswert (engl.: underlying asset) und können sein:

• Güter, Rohstoffe, Aktien, Währungskurse und Anleihen.

Die Derivative, denen wir einen Preis festlegen wollen, sind Optionen, Forwards und

Futures. Die Festlegung der Preise hat als Basis, dass keine Arbitrage-Möglichkeiten

existieren. Die Nichtexistenz von Arbitrage-Möglichkeiten ist ein ganz allgemeiner Be-

griff unabhängig von dem Binomial-Modell, welches wir erst später einführen werden.

Definition (Arbitrage-Möglichkeit1): Ist ein Asset (oder ein Portfolio von Assets), des-

sen Wert heute gleich Null ist und dessen Wert in der Zukunft in allen möglichen Zustän-

den nie negativ ist, aber in zumindest einem Zustand strikt positiv ist.

1Definition 1.1 (Arbitrage Oppurtunity) [2, S.1]

2

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1.1 Arbitrage und weitere Grundlagen 1 EINLEITUNG

Durch das folgende Axiom, legen wir nun fest, dass wir keine Arbitrage-Möglichkeiten

zulassen.

Axiom: Es existieren keine Arbitrage-Möglichkeiten.2

Daraus können wir direkt die nächste Grundlage folgern.

Theorem (Gesetz des einheitlichen Preises3): SindA undB Assets, für deren Preise in

der Gegenwart(t = 0) gilt P0(A) ≥ 0 , P0(B) ≥ 0, und zu einem beliebigen Zukunfts-

wert T ≥ 0 sind die Preise der beiden Assets gleich in allen möglichen Zuständen:

PT (A) = PT (B). (1)

Dann gilt:

P0(A) = P0(B). (2)

Beweis : Wir zeigen, wenn Gleichung (2) nicht gilt, existiert eine Arbitrage Möglich-

keit. Das heißt ohne Beschränkung der Allgemeinheit (o.B.d.A) nehmen wir an es gilt

P0(A) > P0(B). So können wir ein Portfolio zum gegenwärtigen Zeitpunkt t = 0 mit

einem Startkapital von 0e konstruieren. Indem wir das asset A ausborgen und verkau-

fen, erhalten wir den Geldbetrag P0(A). Mit diesem kaufen wir das asset B um P0(B)

und wegen der obigen Ungleichung bleibt uns ein Restkapital P0(A) − P0(B) übrig,

welches wir beiseite legen.

Im nächsten Zeitschritt t = T verkaufen wir das Asset B und erhalten den Betrag

PT (B), dann kaufen wir das Asset A um PT (A) zurück und geben es dem ursprüngli-

chen Besitzer wieder, wegen Gleichung (1) haben wir Nettokosten von 0e. Aus dem

ertsen Zeitschritt haben wir aber noch den positiven Betrag P0(A) − P0(B) und damit

eine Arbitrage-Möglichkeit konstruiert, doch das widerspricht dem Axiom. �

Da Optionen die ersten Derivate sind, für die wir eine Preis-Formel herleiten, wieder-

holen wir die Eigenschaften dieser Termingeschäfte.

2Axiom 1 [2, S.2]3Theorem 1.2 (Law of One Price) [2, S.2]

3

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1.1 Arbitrage und weitere Grundlagen 1 EINLEITUNG

Definition (Optionen4): Eine Call-Option ist das Recht, aber nicht die Verpflichtung,

ein Asset für einen bestimmten Preis vor oder zu einem Fälligkeitsdatum zu kaufen.

Eine Put-Option ist das Recht, aber nicht die Verpflichtung, ein Asset für einen bestimm-

ten Preis vor oder zu einem Fälligkeitsdatum zu verkaufen.

Die notwendigen Parameter, die eine Option beschreiben sind:

• ein Fälligkeitsdatum T, einen Strike bzw. Ausübungspreis K und den Style der

Option.

Der Style einer Option beschreibt, ob es sich bei der Option um eine europäische, ame-

rikanische oder eine andere exotische Art von Optionen handelt.

Bei der Beschreibung einer Preis-Formel wird der Begriff risiko-neutrale Wahrschein-

lichkeiten von Bedeutung sein, dessen Definition nun folgt.

Definition5: Ein Wahrscheinlichkeitsmaß P ∗ heißt risiko-neutrales Maß, wenn gilt

S0 = E∗[S1

1 + r

]. (3)

4Definition 1.4 (Options) [2, S.5]5Definition 1.5 [1, S.7]

4

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2 DAS BINOMIALMODELL

2 Das Binomialmodell

2.1 Das Basis-Modell

Das Einschritt-Binomialmodell hat zwei Zeitwerte, den gegenwärtigen bzw. zukünfti-

gen Zeitpunkt t = 0 bzw. t = 1. Wie der Ausdruck binomial schon vermuten lässt haben

wir zum Zeitpunkt t = 1 nur zwei mögliche Zustände, die wir einfach mit upstate ↑ und

downstate ↓ bezeichnen. In unserem Basis-Modell haben wir zwei handelbare Assets:

1. Ein riskantes Asset,

2. und ein risikoloses Asset.

Das riskante Asset:

Zu t = 0 , hat das riskante Asset S den bekannten Wert S0 und zu t = 1 bezeichen wir

die zwei möglichen Werte mit S1(↑) und S1(↓). O.B.d.A. können wir annehmen, dass

S1(↑) 6= S1(↓) und S1(↑) > S1(↓) gilt. Nehmen wir an, dass St in unserem Basismodell

die Entwicklung einer Aktie entspricht.

Das risikolose Asset:

Zu t = 0 hat das risikolose Asset B den Wert B0 = 1 und zu t = 1 auch nur einen Wert

und zwar B1 = R = 1 + r. Das Asset B kann als risikolose Anleihe angesehen werden

und r als der Zins betrachtet werden, den man an 1e verdient.

Da das Basismodell (Abbildung 1) arbitragefrei sein soll, müssen gewisse Einschrän-

kungen für die Werte der Assets gelten. Durch diesbezügliche Überlegungen erhält man

folgende wichtige Ungleichung

S1(↓) < RS0 < S1(↑), (4)

die äquivalent dazu ist, dass unser Einschritt-Binomialmodell arbitragefrei ist6.

6Exercise 1.1.2 [1, S.6] : in einer Übung der VO Finanzmathematik 1: diskrete Modelle bewiesen.

5

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2.1 Das Basis-Modell 2 DAS BINOMIALMODELL

B0 B1

S0

S1(↑)

S1(↓)

Abbildung 1: Basis-Modell

Ein Portfolio von Assets ist in unserem Modell ein Vektor ξ = (ξ0, ξ1)T ∈ R2, wobei

ξ0 bzw. ξ1 die Menge der gehaltenen Anteile von B0 bzw. S0 sind, in der Zeit zwischen

t = 0 und t = 1. Die beiden Assets jeweils zu t = 0 bzw. t = 1 fassen wir noch zu den

Vektoren S0 = (B0, S0)T bzw. S1 = (B1, S1)

T zusammen7.

Nun wollen wir von einer beliebigen Option X , mit den zwei möglichen Werten X1(↑)

und X1(↓) zum Zeitpunkt t = 1, den Preis X0 festlegen. In diesem Fall bezeichnen wir

X als beliebigen Contingent Claim aus dem Englischen, welches von unserem riskanten

Asset S abhängt.

Zunächst suchen wir ein Portfolio ξ = (ξ0, ξ1)T ∈ R2, welches unseren Claim repliziert.

Das heißt wir formen folgendes Gleichungssytem nach ξ um:

X1 = ξ · S1 = ξ0R + ξ1S1, (5)

und erhalten

ξ1 =X1(↑)−X1(↓)S1(↑)− S1(↓)

, ξ0 =S1(↑)X1(↑)− S1(↓)X1(↓)

R(S1(↑)− S1(↓)). (6)

Aus der Gleichung (5) und der Annahme das unser Modell arbitragefrei ist, erhalten wir

durch Anwendung des Theorems auf Seite 3 die Gleichung

X0 = ξ · S0 = ξ0 + ξ1S0. (7)

Nun setzen wir die Gleichungen von (6) in die Gleichung (7) ein und erhalten durch

Umformung die Allgemeine Preis Formel8 eines Contingent Claims X einer Option7Verwendete Notation[1, S.3-5]8General Pricing Formula[2, S.19]

6

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2.1 Das Basis-Modell 2 DAS BINOMIALMODELL

im Einschritt-Binomial-Modell

X0 =p∗X1(↑) + (1− p∗)X1(↓)

R, (8)

mit

p∗ =RS0 − S1(↓)S1(↑)− S(1, ↓)

> 0, 1− p∗ = S1(↑)−RS0

S1(↑)− S(1, ↓)> 0. (9)

Aus der Defintion des Erwartungswerts und der Gleichung (3) folgt unmittelbar, dass

p∗ bzw. 1− p∗ die risiko-neutralen Wahrscheinlichkeiten für die Zustände (↑) bzw. (↓)

sind und wegen der Ungleichung (4)

0 < p∗ < 1,

gelten muss.

7

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2.2 Forwards 2 DAS BINOMIALMODELL

2.2 Forwards

Definition (Forward9): Ein (long/short) Forward ist ein Abkommen zum Kaufen oder

Verkaufen eines Asset S, an einem zukünftigen Zeitpunkt T für einen ausgemachten

Preis F . Zu t = 0 findet keine Zahlung statt und der Preis F heißt Basis-Preis.

Die Bezeichnungen long bzw. short sagen aus, ob sich die Vertragsparteien zum Kauf

bzw. Verkauf verpflichtet haben. In weiterer Folge wird auch die Formulierung benutzt,

dass sich eine Vertragsseite in der long- bzw. short-Position befindet mit den entspre-

chenden Bedeutungen.

Die Auszahlung eines long-Forward entspricht dem Wert ST − F und klarerweise wer-

den wiederum zum Ausstellungszeitpunkt keine Zahlungen vorgenommen. Der ausge-

machte Preis F heißt Forward-Preis und entspricht dem Wert

F = S0 ·R. (10)

In einem angepassten Basismodell (Abb.:2) aus Abschnitt 2.1 können wir die Gültigkeit

der Gleichung (10) beweisen.

B0 = 1 B1 = R

S0

ST (↑)

ST (↓)

Abbildung 2: Adaptiertes Basis-Modell

Da zum Ausstellungszeitpunkt keine Zahlungen stattfinden, ist der Wert des Forwards

zum Zeitpunkt t = 0 gleich 0, daraus folgt:

0 =1

R[p∗(ST (↑)− F ) + (1− p∗)(ST (↓)− F )

=1

R[p∗ST (↑) + (1− p∗)ST (↓]−

F

R

= S0 −F

R⇒ F = S0 ·R.

9Defintion 1.3 (Forward Contract)[2, S.41]

8

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2.3 FX-Derivate 2 DAS BINOMIALMODELL

2.2.1 Anwendung

Die Forwards und die im Kapitel 4 eingeführten Futures haben eine praktische Bedeu-

tung für Marktteilnehmer die mit Waren und Rohstoffen handeln wollen10.

Ein Bauer und ein Nudelhersteller werden das gegenseitige Interesse haben einen For-

ward abzuschließen, der die Vertragsparteien verpflichtet, eine gewisse Menge und Güte

von Weizen zu verkaufen bzw. kaufen und das zu einem bestimmten Preis und Zeit-

punkt.

Durch den Abschluss eines Forwards nehmen sich die Beteiligten die Ungewissheit

zu welchem Preis sie eine Ware kaufen bzw. verkaufen müssen und können mit dem

fixierten Preis ihre Finanzgeschäfte besser planen.

2.3 FX-Derivate

Unter Verwendung des Basis-Modells aus Abschnitt 2.1 führen wir ein Modell ein, das

die Entwicklung eines Wechselkurses beschreibt. Der Wechselkurs kann in dem Sinn

gewählt werden, dass er eine beliebige ausländische Währung (USD) in der heimischen

Währung (EUR) ausdrückt. In weiterer Folge erweitern wir das Modell um eine heimi-

sche und eine ausländische Zinsrate deren Entwicklungen folgendermaßen beschrieben

werden:

• Bh0 = 1, Bh

1 = Rh = 1 + rh bzw. Ba0 , Ba

1 = Ra = 1 + ra.

Die Abbildung 3 zeigt, dass das Modell nicht nur von der Entwicklung des Wechselkur-

ses, sondern auch von den betreffenden Zinsraten abhängt.

Nun legen wir den Preis eines Derivats fest, das vom Wechselkurs abhängt, sogenannte

Foreign Exchange-Derivate(FX-Derivate). Dazu wählen wir ein beliebiges Contingent

Claim mit dem Wert W1 in den zwei möglichen Zuständen zum Zeitpunkt t = 1.

10Remark 3.2[2, S.43]

9

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2.3 FX-Derivate 2 DAS BINOMIALMODELL

Bh0 Bh

1 = Rh

X0

Ra ·X1(↑)

Ra ·X1(↓)

Abbildung 3: Wechselkurs-Modell

Um den Preis W0 festzulegen gehen wir analog wie in Abschnitt 2.1 vor, indem wir zu-

nächst ein replizierendes Portfolio von W1 beschreiben und anschließenden das Theo-

rem auf Seite 3 anwenden. Die Gleichungen in der Zeile (11) zeigen den beschriebenen

Lösungsweg,

W1 = ξ0Rd + ξ1RfX1, W0 = ξ0 + ξ1X0. (11)

Durch Umformen und Einsetzen erhalten wir eine allgemeine Formel, um den Preis

eines beliebigen Contingent Claims zu berechnen

W0 =1

Rd

[p∗W1(↑) + (1− p∗)W1(↓)], (12)

mit den risiko-neutralen Wahrscheinlichkeiten

p∗ =

Rd

RfX0 −X1(↓)

X1(↑)−X1(↓), 1− p∗ =

X1(↑)− Rd

RfX0

X1(↑)−X1(↓). (13)

2.3.1 Anwendung

Modelle dieser Art sind notwendig um Preise von Optionen festzulegen, die Marktteil-

nehmer kaufen um sich vor Wechselkursschwankungen abzusichern.

Betrachten wir eine europäische Firma die Waren nach Amerika exportiert. Für den

Transport gibt die Firma Geld aus, welches sie durch den Verkauf dieser Waren in Ame-

rika erst später wieder einnehmen kann. Um sich vor einem fallenden Wechselkurs des

USD abzudecken, kann sich die Firma Put-Optionen kaufen und diese zum Fälligkeits-

datum ausüben, wenn der Kurs XT unter dem ausgemachten Strike Preis K gefallen

ist. Der Firmenbesitzer kann also mit dem höheren Kurs K, sein durch den Verkauf der

Waren angesammeltes Vermögen(in USD) in seine heimische Währung umwechseln.

10

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2.4 Zinsderivate 2 DAS BINOMIALMODELL

2.4 Zinsderivate

Um ein geeigenetes Binomialmodell zu formulieren benötigen wir die Funktion P Tt ,

die den Wert zum Zeitpunkt t, von 1 EUR zum späteren Fälligkeitszeitpunkt T , anzeigt.

Die Funktion P Tt entspricht dann also dem Wert einer auf den Zeitpunkt t diskontierten

Anleihe, die 1 EUR zum Fälligkeitsdatum T wert ist.

Erneut unter Verwendung des Basismodells aus Abschnitt 2.1 für die Entwicklung der

diskontierten Anleihe P Tt , mit beliebigem Fälligkeitsdatum T ≥ 2 erhalten wir das in

Abbildung 4 dargestellte Binomialmodell.

B0 = 1 B1 = R = 1P 10

P T0

P T1 (↑)

P T1 (↓)

Abbildung 4: Zinsraten-Modell

Durch die Resultate der vorigen Abschnitte, können wir die Preisformel eines Contin-

gent Claims W sofort anschreiben durch

W0 =1

R[p∗W1(↑) + (1− p∗)W1(↓)], (14)

mit den risiko-neutralen Wahrscheinlichkeiten

p∗ =RP T

0 − P T1 (↓)

P T1 (↑)− P T

1 (↓), 1− p∗ = P T

1 (↑)−RP T0

P T1 (↑)− P T

1 (↓). (15)

Die risiko-neutrale Wahrscheinlichkeit p∗ ist unabhängig vom Fälligkeitszeitpunkt T ,

denn für ein beliebiges T gilt

P T0 =

1

R[p∗P T

1 (↑) + (1− p∗)P T1 (↓)], (16)

und durch Umformen nach p∗ erhalten wir die Gleichung

p∗ =RP T

0 − P T1 (↓)

P T1 (↑)− P T

1 (↓), (17)

11

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2.4 Zinsderivate 2 DAS BINOMIALMODELL

die mit der ersten Gleichung aus Zeile (15) übereinstimmt.

Zwei bekannte und erwähnenswerte Zinsraten-Modelle sind das Ho-Lee-Modell11und

das Black-Derman-Toy-Modell12.

Das Ho-Lee-Modell war das erste arbitragefreie Zinsraten-Modell13, und bei gegebener

Wahrscheinlichtkeit p∗ und Konstante k gilt in diesem Modell R1(↑) = kR1(↓).

Im Black-Derman-Toy-Modell werden die Zinsraten r1(↑) und r1(↓), bei gegebener

Wahrscheinlichkeit p∗ und Volatilität σ > 1 durch r1(↑) = σr1(↓) festgelegt.

11[2, S.57] und [2, Abschnitt 13.3]12[2, S.58] und [2, Abschnitt 13.6]13http://en.wikipedia.org/wiki/Ho-Lee_model

12

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3 MEHR-PERIODEN-MODELL

3 Mehr-Perioden-Modell

3.1 Struktur

Zum Aufbau des Mehr-Perioden-Modells (Abb.: 5) führen wir Knoten mit der Beschrif-

tung (n, j) ein, die den gegenwärtigen Zeitpunkt n und den jeweiligen Zustand j dar-

stellen. Bei der Beschreibung der Entwicklung von Assets, werden die Knoten in die

Indizes des jeweiligen Assets geschrieben(s. Abb. 6).

Ein beliebiger Knoten (n, j) entwickelt sich im nächsten Zeitschritt nur in die zwei

möglichen Zustände (n+ 1, j + 1) und (n+ 1, j). Zu jedem Zeitpunkt n gibt es n+ 1-

Zustände und j nimmt die Werte j = 0, 1, 2, . . . , n an. Als maximalen Zeitwert werden

wir die Variable N benützen.

(0, 0)

(1, 1)

(1, 0)

(2, 2)

(2, 1)

(2, 0)

(3, 3)

(3, 2)

(3, 1)

(3, 0)

Abbildung 5: Mehr-Perioden-Modell

Die Vorgehensweise in den N − n-ten Schritten zur Vervollständigung des Modells bis

zum maximalen Zeitwert N ist aus der Abbildung 5 offentsichtlich.

Die Erweiterung der Basismodelle aus Kapitel 2 in ein Mehr-Perioden-Modell, stellt die

Abbildung 6 auf S.14 anhand einer Aktie dar.

Klarerweise ist Rn,j = 1 + rn,j der Wert zum Zeitpunkt t = n+ 1, den man nach einer

Investition von 1 EUR zum Zeitpunkt t = n verdient hat.

13

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3.2 Rückwärts Induktions Preis Formel 3 MEHR-PERIODEN-MODELL

1 Rn,j = 1 + rn,j

Sn,j

Sn+1,j+1

Sn+1,j

Abbildung 6: Entwicklung einer Aktie S im n-ten Schritt

3.2 Rückwärts Induktions Preis Formel

Da das Multi-Perioden-Modell offensichtlich aus einzelnen Basismodellen besteht, ist

es naheliegend die Resultate aus Kapitel 2 anzuwenden, um den Preis eines Contingent

Claims festzulegen.

Ist W ein beliebiges Contingent Claim einer Option mit den bekannten Auszahlungen

WN,j für alle j = 0, 1, . . . , N . So können wir unter der Anwendung der Allgemeinen

Preis Formel (8), in den einzelnen Basismodellen

1 RN−1,j = 1 + rN−1,j

SN−1,j

SN,j+1

SN,j

Abbildung 7: Entwicklung einer Aktie S im N-ten Schritt

die Werte WN−1,j für alle j = 0, 1, . . . , N − 1 durch

WN−1,j =1

RN−1,j

[p∗N−1,jWN,j+1 + (1− p∗N−1,j)WN,j] (18)

berechnen.

In analoger Weise können wir anschließend die WerteWN−2,j für alle j = 0, 1, . . . , N−

2 in den Basismodellen im N − 2-ten Schritt(s. Abbbildung 8, S.15) berechnen.

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3.3 Forwards im Mehr-Perioden Modell 3 MEHR-PERIODEN-MODELL

1 RN−2,j = 1 + rN−2,j

SN−2,j

SN−1,j+1

SN−1,j

Abbildung 8: Entwicklung einer Aktie S im N − 1-ten Schritt

Diesen Vorgang können wir induktiv für alle weiteren SchritteN−3, . . . , 1, 0 fortsetzen

und erhalten schlussendlich den Preis W0,0 des Contingent Claims.

Die angewendete Formel (18) im Knoten (n, j) definieren wir als Rückwärts Indukti-

ons Preis Formel14:

Wn,j =1

Rn,j

[p∗n,jWn+1,j+1 + (1− p∗n,j)Wn+1,j]. (19)

3.3 Forwards im Mehr-Perioden Modell

Aufbauend auf Abschnitt 2.2 entspricht der Wert des Forwards zum Fälligkeitszeitpunkt

N im Knoten (N, j) dem Ausdruck SN,j − F0,0. Diskontiert man diesen Ausdruck zum

Knoten (0, 0), dann muss dieser Wert für einen fairen Wert von F0,0 gleich 0 sein. So

erhalten wir die Gleichung für den Preis von F durch folgende Schritte:

0 = SN,jPN0 − F0,0P

N0 = S0,0 − F0,0P

N0 ⇒ F0,0 =

S0,0

PN0

. (20)

Wenn Fn,j mit Fälligkeit N , der Forward-Preis von S ist, der im Knoten (n, j) eingelei-

tet ist, dann gilt

Fn,j =Sn,j

P nj,N−n

. (21)

Im Mehr-Perioden-Modell zeigt die Funktion P nj,T den Wert im Knoten (n, j) von 1

EUR zum Zeitpunkt T + n an.

14Generalized Backward Induction Pricing Formula[2, Abschnitt 4.4]

15

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4 FUTURES

4 Futures

Ein Future ist ein verbindliches Termingeschäft, das an Börsen gehandelt wird. Er ist

wie der Forward(s. Abschnitt 2.2), ein Abkommen zwischen zwei Vertragsparteien, hat

aber einen bedeutsamen Vorteil. Die Futures lösen nämlich das Problem, dass die Partei

in der short-Position das Risiko des Zahlungsverzugs bzw. Versäumnisses des Vertrags-

partners trägt.

Da die Ausstellungs- und Fälligkeitsdaten eine große Zeitspanne entwickeln können,

kann das Szenario auftreten, dass der zum Kauf verpflichtete Vertragspartner nicht mehr

ausreichend liquide ist und dadurch in Zahlungsverzug kommt, was der anderen Ver-

tragspartei natürlich schadet. Wie der Future dieses Problem beseitigt wird im letzten

Abschnitt 4.4 gezeigt.

Zusammengefasst ist also ein Future, ein börsengehandelter Vertrag, der zum Kauf bzw.

Verkauf eines Assets zu einem ausgemachten Preis G0,0 und zu ausgemachter Zeit N

verpflichtet. Diese Verträge sind standardisiert durch die jeweiligen Börsen. Zur Be-

deutung der Futures sei erwähnt, dass auf einer der größten Options-Börsen der Welt,

der Chicago Board Options Exchange (CBOE15), über eine Milliarde Verträge jährlich

abgeschlossen werden.

4.1 Margin

Jede Börse hat ihre eigenen speziellen Regeln, aber im Allgemeinen muss man eine

Margin(engl.:Margin Account[2, S.90]) an einer Börse eröffnen um einen Future über-

haupt abschließen zu können. Ähnlich wie bei Bankkonten verdient man durch einge-

zahltes Kapital Zinsen, muss aber auch einen durch die Börse festgesetzten Mindestbe-

trag auf dem Konto haben, der einer gewissen Sicherheitsleistung gegenüber der Börse

entspricht. Die Abrechnungsstelle der Börse hat Zugriff auf das Konto und kann zu-

sätzliche Beträge einzahlen bzw. entnehmen. Wenn der Betrag auf dem Konto unter

dem Mindestbetrag fällt, kommt es zu einem Margin Call (deutsch:Aufruf zur Sicher-

15http://de.wikipedia.org/wiki/Chicago_Board_Options_Exchange

16

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4.2 Future-Preis 4 FUTURES

heitsleistung16), der ein Warnhinweis an den betroffenen Kontoinhaber ist. Kommt der

Händler dem Aufruf zur erneuten Hinterlegung einer Sicherheitsleistung nicht nach,

dann wird der Vertrag automatisch ausgeschlossen.

4.2 Future-Preis

Betrachten wir ein konkretes Beispiel in dem zwei Firmen einen Future an der Börse

abschließen wollen und es sich bei dem Asset um eine Aktie S handelt. Weiters nehmen

wir an, dass in diesem Beispiel kein Margin Call notwendig sein wird.

Die Firma in der long-Position, eröffnet einen Margin Account mit dem BetragM0,0 und

die Firma die sich zum Verkauf verpflichtet hat, eröffnet ebenso einen Margin Account

mit dem Betrag L0,0 . Klarerweise beschreiben Mn,j und Ln,j die Werte der Margin

Accounts und Gn,j den Future Preis zum Zeitpunkt n in dem Zustand j. Offensichtlich

gilt für den Future-Preis zum Fälligkeitsdatum N , GN,j = SN,j für alle j = 0, 1, . . . , N .

Um den Preis des Futures in den vorigen Zeitschritten n < N zu berechnen, betrachten

wir zunächst die Entwicklung der Margin Accounts. Die Dynamic der Margin Accounts

M bzw. L beschreiben die Gleichungen (22) und (23) bzw. (24) und (25).

Mn+1,j+1 =Mn,jRn,j + [Gn+1,j+1 −Gn,j] (22)

Mn+1,j =Mn,jRn,j + [Gn+1,j −Gn,j] (23)

Ln+1,j+1 = Ln,jRn,j − [Gn+1,j+1 −Gn,j] (24)

Ln+1,j = Ln,jRn,j − [Gn+1,j −Gn,j] (25)

Von einem gegenwärtigen Zeitpunkt n zum zukünftigen Zeitwert n+1 verdienen beide

Margin Accounts durch den aktuellen Betrag Zinsen Mn,jRn, j bzw. Ln,jRn,j .

Aus den Vorzeichen der Gleichungen (22) und (24) ist weiters ersichtlich, dass wenn

der Preis des Futures steigt, dann wird den Margin Accounts M bzw. L, die Differenz

Gn+1,j+1 −Gn,j > 0 gutgeschrieben bzw. belastet.

16http://de.wikipedia.org/wiki/Margin_Call

17

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4.2 Future-Preis 4 FUTURES

Im Szenario, dass der Future-Preis sinkt ist aus den Gleichungen (23) und (25) der

umgekehrte Fall zu betrachten.

Den Prozess, die Margin Accounts in jeder Zeitperiode den Entwicklungen anzupassen,

nennt man marking to market[2, S.91]. An den Börsen werden also die Gewinne bzw.

Verluste nicht erst zur Auflösung des Vertrages ermittelt, sondern durch die verantwort-

liche Abrechnungsstelle täglich berechnet und den jeweiligen Konten gutgeschrieben

bzw. belastet. Dieser Prozess entspricht also einem täglichen Gewinn- und Verlustaus-

gleich17.

Um den Future-Preis zu berechnen, verwenden wir die Rückwärts Induktions Preis For-

mel (19) für den Margin Account M , so gilt in einem beliebigen Knoten (n, j):

Mn,j =p∗n,jRn,j

Mn+1,j+1 +1− p∗n,jRn,j

Mn+1,j. (26)

Im nächsten Schritt setzten wir (22) und (23) in die Gleichung (26) ein und formen nach

Gn,j um:

Mn,j =p∗n,jRn,j

(Mn,jRn,j + [Gn+1,j+1 −Gn,j]) +1− p∗n,jRn,j

(Mn,jRn,j + [Gn+1,j −Gn,j])

=Mn,j +p∗n,jRn,j

[Gn+1,j+1 −Gn,j] +1− p∗n,jRn,j

[Gn+1,j −Gn,j]

=Mn,j +p∗n,jRn,j

[Gn+1,j+1] +1− p∗n,jRn,j

[Gn+1,j]−Gn,j

Rn,j

.

Aus den obigen Gleichungen folgt unmittelbar

Gn,j = p∗n,jGn+1,j+1 + (1− p∗n,j)Gn+1,j, (27)

und da zusätzlich GN,j = SN,j für alle j = 0, 1, . . . , N gilt, können wir in analoger

Weise zu Abschnitt 3.2, Gn,j zu jedem Zeitpunkt n und in jedem Zustand j berechnen.

17http://www.deifin.de/fuma2.htm

18

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4.3 Der Marginwert zur Fälligkeit 4 FUTURES

4.3 Der Marginwert zur Fälligkeit

Für beide Vertragsparteien wird sich natürlich die Frage stellen, welchen Betrag MN,j

bzw. LN,j sie zum Fälligkeitszeitpunkt auf ihren Margin Accounts haben.

Dazu betrachten wir erneut die Gleichungen (22) - (25) und formen diese um. Den

Ausdruck Rn,j ersetzen wir mit 1+ rn,j und bringen Mn,j bzw. Ln,j auf die andere Seite

und erhalten folgende Gleichungen:

Mn+1,j+1 −Mn,j =Mn,jrn,j + [Gn+1,j+1 −Gn,j] (28)

Mn+1,j −Mn,j =Mn,jrn,j + [Gn+1,j −Gn,j] (29)

Ln+1,j+1 − Ln,j = Ln,jrn,j − [Gn+1,j+1 −Gn,j] (30)

Ln+1,j − Ln,j = Ln,jrn,j − [Gn+1,j −Gn,j]. (31)

Betrachten wir nun ein beliebiges Szenario mit Fälligkeitsdatum N = 3, dessen Ent-

wicklung durch die Knoten (0, 0) → (1, 1) → (2, 1) → (3, 2) beschrieben wird. Die

entsprechende Entwicklung des Margin Accounts M nach dem Szenario, ergibt aus den

Gleichungen (28) und (29) folgende Beziehungen:

M1,1 −M0,0 =M0,0r0,0 +G1,1 −G0,0

M2,1 −M1,1 =M1,1r1,1 +G2,1 −G1,1

M3,2 −M2,1 =M2,1r2,1 +G3,2 −G2,1.

Durch Addieren der drei Gleichungen miteinander und dem Ersetzen von G3,2 durch

S3,2 erhalten wir

M3,2 −M0,0 =M0,0r0,0 +M1,1r1,1 +M2,1r2,1 + [S3,2 −G0,0].

Mit der letzten Umformung ist nun klar ersichtlich, dass sich der Betrag M3,2 zum Fäl-

ligkeitsdatum, aus dem ursprünglichen Wert, den verdienten Zinsen und der Differenz

des Future-Peises und der Aktie S zusammensetzt:

M3,2 =M0,0 +M0,0r0,0 +M1,1r1,1 +M2,1r2,1 + [S3,2 −G0,0].

Durch analoger Vorgehensweise für den Margin Account L erhalten wir die jeweiligen

19

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4.4 Forwards und Futures im Vergleich 4 FUTURES

allgemeinen Formeln

Mn,j =M0,0 + Zinsen + [Gn,j −G0,0] (32)

Ln,j = L0,0 + Zinsen + [Gn,j −G0,0] (33)

die für alle Knoten (n, j) mit n = 1, 2, . . . , N und j = 0, 1, . . . , n gelten.

4.4 Forwards und Futures im Vergleich

Wir werden uns nun dem Problem des Zahlungsverzugs stellen, und nehmen an, dass

der Kontoinhaber des Margin Accounts M in einem beliebigen Knoten (n, j) in Verzug

kommt. Das kann geschehen wenn der BetragMn,j unter der in Abschnitt 4.1 eingeführ-

ten Sicherheitsleistung fällt. Der Besitzer erhält in weiterer Folge einen Margin Call.

Nehmen wir an, der Kontoinhaber folgt diesem Warnhinweis nicht, dann wird diese

Handelsposition automatisch geschlossen.

Die zuständige Abrechnungsstelle der Börse arrangiert in diesem Fall mit einem an-

deren Marktteilnehmer einen neuen Vertrag mit gleichem Fälligkeitsdatum N . In den

meisten Fällen ist es den Marktteilnehmern auch nicht bekannt, dass der ursprüngliche

Vertragspartner in Zahlungsversäumnis geraten ist und keine weitere Sicherheitsleistung

hinterlegt hat.

Wir sehen, dass die Erfindung des Prozesses marking to market und von Margin Ac-

counts, das Problem des Zahlungsverzugs in Forwards gelöst hat. Tatsächlich ist mar-

king to market eine übliche Eigenschaft vieler Finanzmärkte, die garantiert, dass kein

Marktteilnehmer dieses Risiko trägt.

20

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4.4 Forwards und Futures im Vergleich 4 FUTURES

Das nächste Theorom zeigt unter welchen Voraussetzungen die Preise von Futures und

Forwards übereinstimmen.

Theorem18: Stimmen die Zinsraten in jedem Zeitschritt n in allen Zuständen j =

0, 1, . . . , n überein, dann gilt:

Fn,j = Gn,j für alle (n, j). (34)

Beweis :Die Prämisse lässt sich wie folgt formulieren:

∀n = 0, 1, . . . , N ∀i, j = 0, 1, . . . , n : i 6= j ⇒ Rn,i = Rn,j.

In Folge verwenden wir Rn für alle n, als verdiente Zinsrate an 1 EUR im Zeitschritt

n− 1 für alle j = 0, 1, . . . , n. Weiters gilt

FN,j = GN,j = SN,j, ∀j = 0, 1, . . . , N. (35)

Wir müssen im Folge dessen nur zeigen, dass die Rückwärts Induktions Preis Formel

von Fn,j , mit der von Gn,j (Gleichung (27)) übereinstimmt.

Der Ausdruck P nj,N−n beschreibt den diskontierten Wert im Knoten (n,j) von 1 EUR

zum Zeitpunkt N und kann deswegen folgendermaßen umformuliert werden:

P nj,N−n =

1

Rn

· 1

Rn+1

· · · 1

RN − 1.

Die obige Gleichung in (21) eingesetzt ergibt:

Fn,j = Rn ·Rn+1 · · · · ·RN−1 · Sn,j

= Rn ·Rn+1 · · · · ·RN−1 ·(

1

Rn

[p∗n,jSn+1,j+1 + (1− p∗n,j)Sn+1,j]

)= Rn+1 · · · · ·RN−1 ·

(p∗n,jSn+1,j+1 + (1− p∗n,j)Sn+1,j

).

Daraus folgt die Gleichung

Fn,j = p∗n,jFn+1,j+1 + (1− p∗n,j)Fn+1,j,

die mit der Rückwärts Induktions Preis Formel (27) für G übereinstimmt. Aus der Glei-

chung (35) können wir nun schließen, dass Fn,j = Gn,j für alle n < N und j =

0, 1, . . . , n gilt. �

18Theorem 6.5 [2, S.2]

21

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LITERATUR LITERATUR

Quellenverzeichnis

Literatur

[1] Hans Föllmer and ; Alexander Schied. Stochastic Finance. De Gruyter.

[2] John van der Hoek and ; Robert J. Elliott. Binomial Models in Finance. Springer

Finance Textbook, 2006.

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