BioManuskript
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Jan-Andres Schulze
Bio-Vielfalt und Ökologischer Landbau in der Krise?
Identitäten und Identitätsallianzen „revisited“
-2-
1. Werte und Identität im Diskurs
1.1. Bio unter Dampf und Druck
1.2. Die „Dampfmaschine“ oder wie Identität wird
1.3. Eigener Wert ist Goldes Herd
2. Wo und wie Bio mit spielt und mitspielt
2.1. Der agrarische „Werte-Kreis-Lauf“ in der Kultur
2.2. Die Natur – (nur) zwischen Ökonomie und Ökologie?
2.3. Eine kleine Wert-Historie des Landbaus
3. Am Point of Sales Purchase
3.1. Typisierungen der Bio-Wertschöpfungskette
3.2. Der Eco-Bind – stetige Identität im Wandel
3.3. Der Eco-Flux – Identität des steten Wandels
4. Marken-Identität und Identität durch Marken
4.1. Eine Marke, aber bitte recht stufig…
4.2. Der symbolische Tausch im ethischen Konsum
4.3. Bio als Marke der Vielfalt
5. Von der Masse zum „Must“ des Maßes
5.1. Netz und doppelte Moden: Mit Netzen ackern…
5.2. Vom Massen-Kuss zur „Mass-Cust“
5.3. „Flexible Response“ statt „Massive Retail-iation“
Anhang
Literaturverzeichnis
Seite
3
8
22
34
51
65
83
98
105
113
137
151
164
179
200
223
232
-3-
1. Werte und Identität im Diskurs
1.1. Bio unter Dampf und Druck
„Immer dieser Druck“, dachte das Zeichen, als es durch den Stempel auf das Papier
gebracht wurde. Doch wo wäre das Zeichen, wenn nicht der Druck des Stempels es
erst erzeugen würde? Diesen und anderen Fragen, die sich mit Identität und
Identitätsmanagement im Allgemeinen und jener des Ökologischen Landbaus im
Besonderen befassen, stellt sich dieses Buch im Folgenden.
Denn auch der Ökologische Landbau befasst sich seit einiger Zeit mit Druck, und zwar
in Form des „Konventionalisierungsdrucks“. Unter dieser begrifflichen Prägung
manifestieren sich Sorgen eines breiten Spektrums von Produzenten, Herstellern wie
auch der Politik, gegen den eigenen Willen einen Stempel aufgedrückt zu bekommen,
der so gar nicht in das Selbstverständnis des Ökologischen Landbaus passt.
Konventionalisierung, so heißt dieser „Stempel“. Damit wird die Infiltration und
Sogwirkung der so genannten konventionellen Landwirtschaft in sozialen,
ökonomischen und technischen Anschauungen und Techniken bezeichnet.
Der Konventionalisierungsdebatte zufolge halten Industrialisierung (Mechanisierung,
Organisation der betrieblichen Abläufe, Nutzung von Skaleneffekten), das verstärkte
Zurückgreifen auf zugekaufte Betriebsmittel (Maschinen, Düngemittel, Futtermittel,
Pestizide), sowie Substitution (Kapital statt Arbeit bzw. Fläche) auch in der biologischen
Landwirtschaft (und deren Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen) Einzug.1
Als gefährdet werden insbesondere angesehen die Betriebsvielfalt, Tierschutz,
Rückstandsfreiheit im Hinblick auf Medikamenteneinsatz sowie Umweltschutz.2
Konventionalisierung macht sich beispielsweise bemerkbar durch die Zunahme des
Verarbeitungsgrads, die steigende Anzahl an Zusatzstoffen, den Einsatz
konventioneller Verarbeitungstechnologien, ein Mehr an Verpackung, steigende
Konkurrenz, Verlust an Saisonalität, die Dominanz des konventionellen
Lebensmitteleinzelhandels sowie die Verdrängung von Herstellermarken durch
1 Darnhofer 2009, S. 514 2 Padel 2007, S. S. 20
-4-
Handelsmarken und die zunehmende Abhängigkeit und Austauschbarkeit der
Zulieferer.3
Im Pflanzenbau zum Beispiel können Anzeichen für eine Konventionalisierung gesehen
werden in der Verringerung der Arten- und Sortenvielfalt, in nicht standortangepassten
Sorten, Spezialisierung (weg vom Kreislaufkonzept), der Entkopplung von Tierhaltung
und Pflanzenbau, der Verringerung der Vielfalt in der Fruchtfolge (steigender
Getreideanteil, sinkender Leguminosenanteil), dem zunehmenden Einsatz von
zugelassenen, leicht löslichen, organischen Düngern wie auch von
Pflanzenschutzmitteln (Kupfer, Schwefel, Phyrethrum, Rotenon) und einer durch die
Gesamtheit dieser Kriterien sich verringernden Biodiversität.4
Die Konfliktfronten spiegeln die Leitdifferenz von Biolandbau und konventioneller
Landwirtschaft. Vereinfacht ausgedrückt manifestiert sich die Spannung zwischen
Biolandbau-Pionieren und Neu-UmstellerInnen, Idealisten und Profiteuren, kleinen und
großen Betrieben, regionalen Produktions-Netzwerken und exportorientierten
Herstellern, Systemdenkern und „Substituierern“, die Betriebsmittel zukaufen.5
Nicht nur Urgesteine unter den Bioakteuren können sich zum Teil mit Bio nicht mehr
identifizieren, bemängeln das Fehlen an Balance, Gleichgewicht, Ethik, Fairness,
ökologischer Kreislaufwirtschaft und Vielfalt der Kulturen - beziehungsweise
diagnostizieren vermehrt kurzfristiges Denken, das sich in ökonomischen
Orientierungen und Spezialisierungen äußert.6 Zum Teil wird dies mit Kritik an den
Verbänden verbunden, die gegenüber den (neuen) Betriebsleitern alleine die
Richtlinien, aber nicht mehr (ausreichend) die Werte des Biolandbaus kommunizieren
würden.
Den Konventionalisierungsdruck verstärkt der Umsatz-Einbruch bei Naturkostläden,
verbunden mit starken Umsatz-Zuwächsen bei Discountern, der Einstieg
konventioneller Unternehmen in den Biolandbau, die Auswirkungen globalen Vertriebs
und globaler Beschaffungsmöglichkeiten. Schon für 2008 galt nach einer Studie der
Berliner Strategieagentur „diffferent“, dass für die überwiegende Zahl der Bio-Käufer der
3 Darnhofer 2008, S. 6 4 Darnhofer 2008, S. 4 5 Darnhofer 2009, S. 515 6 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 2
-5-
Preis das wichtigste Kriterium bei der Kaufentscheidung war.7 Dazu war im ersten
Halbjahr 2008 die bisher boomende Branche auch noch ins Minus gerutscht, fünf
Prozent weniger Bio-Gemüse hatten die Deutschen gekauft, so die Zentrale Markt- und
Preisberichtsstelle für Agrarprodukte (ZMP). Der Gesamtumsatz im Fachhandel ging im
zweiten Quartal um mehr als zwei Prozent zurück. Betroffen ist aber das ganze
Spektrum, vom Naturkostlädchen bis zum großflächigen Bio-Supermarkt.8
Wenn die Handlungsfähigkeit schwerwiegend gefährdet ist und/oder nur unter
Verletzung zentraler Werte und Normen gewahrt bleiben kann, dann spricht man von
einer Krise.9 Krisen sind wortwörtlich Trennungen.10 Es geht mithin um Identität und
Integrität der Biologischen Landwirtschaft.
Götz Rehn, Geschäftsführer der Bio-Supermarktkette „Alnatura“ ist trotz allem verhalten
zuversichtlich: „Alles hängt jetzt davon ab, wie die Branche Naturkost begreift und
gestaltet […] Wenn das Profil der Bio-Erzeugnisse verschwimmt und Öko schließlich
zum bloßen Label wird, dann könnte der Markt sehr bald gesättigt sein […] Sofern Bio
als ganzheitlicher Impuls auf die Kultur verstanden wird, sehe ich aber noch immer ein
enormes Potenzial.“11 Und Georg Schweisfurth von Basic: „Wir brauchen wieder
Geschichten zu den Produkten […] Qualität hat mehr Facetten als den bloßen
ökologischen Anbau.“12
Die Arbeit hat sich – eingedenk dieser Statements – zum Ziel gesetzt, einige mögliche
Wege zu einem gelingenden Identitätsmanagement näher zu beleuchten. So folgen im
Anschlusskapitel 1.2. Ausführungen zum Phänomen der „Identität“, dem wir uns – nicht
ausschließlich, aber hauptsächlich – mit dem Vokabular der neuen Systemtheorie
nähern wollen. Erläuterung zur Funktion von Werten schließen sich im darauf
folgenden Kapitel 1.3. an. Der hier vorgestellte „Wertekreis“ wird letztlich die gesamte
Publikation begleiten und dient in vielen Fällen der Visualisierung und
Zusammenfassung der Inhalte.
7 Kiock 2008. Manche Konsumententypen sind natürlich auch für andere Bio-Kauf-Kriterien offen. Darüber handelt diese Arbeit. 8 Exler 2008 9 Kirsch 1999 II, S. 255 10 Krise, von griech „krinein“ = scheiden, sondern, trennen 11 Exler 2008/2 12 Exler 2008
-6-
Das Kapitel 2.1. beginnt mit einer etymologischen Verdeutlichung agrartypischer
Tätigkeiten und Werthaltungen, die letztlich für den gesamten menschlichen
Kulturprozess paradigmatisch sind. Darauf aufbauend werden im folgenden Abschnitt
2.2. einige ausgewählte, unterschiedliche Haltungen zur Natur dargelegt, wie sie sich
beispielsweise in Natur- und Umweltschutz finden, im Kulturlandschaftsschutz, dem
Biotopnaturschutz, der „Spontannatur“, der Natur als maßvoller Wildnis, der
individualistischen Stadtnatur, der spirituellen Natur wie auch der Natur als Ressource.
Das Kapitel 2.3. widmet sich der Bestandsaufnahme verschiedener Werthaltungen im
ökologischen und konventionellen Landbau. Dabei sollen Bandbreiten, Wertdiffusionen
wie auch historischer Wertewandel verdeutlicht werden.
Der Abschnitt 3.1. befasst sich mit einer Typisierung der Konsumentenseite des
ökologischen Landbaus. Der Fokus liegt auf einer Verortung der verschiedenen
Konsumententypen, ihrer Eigenschaften und Werthaltungen im Wertekreis. Die
komplementären Eigenschaften der „Most Valuable Consumers“ an den
Schwellen/Übergängen des Biolandbaus werden in Kapitel 3.2. – der „Eco-Bind“ – und
Abschnitt 3.3. – der „Eco-Flux“ – näher charakterisiert.
Auch im Kapitel 4.1. bleiben wir am „Point of Purchase“. Zunächst teilen wir Marken in
verschiedene Entwicklungsstufen ein, wobei jede spezifische Stufe mit verschieden
„Persönlichkeitsmerkmalen“, Nutzen und Kommunikationsformen einhergeht. Kapitel
4.2. hat den „Ethischen Konsum“ und seine herausragende Bedeutung für den
Biolandbau zum Thema. 4.3. wiederum wechselt den Ort der Betrachtung, vom „Point
of Purchase“ zum „Point of Production“. Ausgehend von Analogien und Symbiosen
zwischen Gartenbauformen und Landwirtschaft werden mögliche Synergieeffekte durch
Vielfalt und übergreifende Kooperationen dargelegt.
Dies leitet über zum Kapitel 5.1., in dem Heterarchien als emergente
Kooperationsformen jenseits von Markt und Hierarchie vorgestellt werden. Im Abschnitt
5.2. werden die durchaus unter dem Fokus der Ganzheitlichkeit zu betitelnden „Open
Innovation“ und „Mass Customization“, die als Antwort auf die Krise der „Old Economy“
entwickelt wurden, behandelt. Das Schlusskapitel fokussiert im Rahmen der
erarbeiteten Ergebnisse eine mögliche Strategie zu einem gelingenden Kultur-,
Professionalisierung- und Identitätsmanagement, das sich größtmöglich von einer
Konventionalisierung unterscheidet.
-7-
Bevor es „losgeht“ möchte ich ausdrücklich der Schweisfurth-Stiftung, insbesondere
ihrem Vorstand danken. Ohne Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald wäre diese Arbeit nie
entstanden. Sowohl thematisch als auch inhaltlich. Was nicht heißt, dass Franz-Theo
Gottwald auch inhaltlich das hier Dargebrachte zu verantworten hat. Aber er hat die
Identität dieser Arbeit, die sich natürlich jedem Leser anders darbringt, er hat meine
Gedanken zu diesem Thema durch seine Sicht, seine Anregungen, seine Insider-
Kenntnis und tiefgründigen Analysen, nicht zuletzt durch seine Publikationen
entscheidend beeinflusst. Er hat sie aber niemals in eine Richtung gedrängt. So war
das Ergebnis innerhalb einer großzügigen und flexiblen Themenstellung, das Resultat
unserer Zusammenarbeit, jederzeit offen. Jeder, der gerne frei und kreativ arbeitet,
weiß diese Art der Kooperation zu schätzen. Und daher sei Franz-Theo Gottwald das
gesamte Buch, insbesondere aber das 5. Kapitel, in dem es unter anderem um
Kontextsteuerung geht, zugeeignet.
Für das Vorwort gilt: In der Kürze liegt die Würze, leider konnte dieses Motto nicht das
gesamte Essay lang durchgehalten werden…
-8-
1.2. „Die Dampfmaschine“ oder wie Identität wird
In Heinrich Spoerls Feuerzangenbowle fragt der Lehrer „Bömmel“ in gemütlich-
niederrheinischem Dialekt: „Also, wat is en Dampfmaschin? Da stelle mer uns janz
dumm. Und da sache mer so: En Dampfmaschin, dat is ene jroße schwarze Raum, der
hat hinten un vorn e Loch. Dat eine Loch, dat is de Feuerung. Und dat andere Loch, dat
krieje mer später.“ Ähnlich verhält es sich mit der Identität (vgl. Grafik am Ende dieses
Unterkapitels). Das Handwerkszeug, das hier zur Bestimmung von System und Identität
benutzt wird, entstammt zum größten Teil dem Konstruktivismus der neuen,
soziologischen Systemtheorie. Zentralbegriff der folgenden Ausführungen ist neben der
Identität der des Beobachters.
Der Beobachter legt – wie der Lehrer Bömmel – die Art und Weise fest, wie und was er
beobachtet. Durch ihn wird die Welt in diejenigen Räume, Zustände oder Inhalte geteilt,
die beobachtet und diejenigen, die nicht beobachtet werden.13 Bereits die Bezeichnung
des Beobachteten macht eine Unterscheidung zwingend.14Es handelt sich
beispielsweise um einen, den Sessel (und nicht irgendein anderes Objekt), das „Innen“
(und nicht das Draußen), das „Diabolische“ (das Ent-zweite – und nicht das Sym-
bolische, das Zusammen-getragene). Am Anfang steht also der Beobachter und seine
Differenz als „epistemologischer Urknall“,15 dem Kriterien wie Brauchbarkeit,
Nützlichkeit, Sinnhaftigkeit entwachsen.16 Kriterien, die die Persönlichkeitsstruktur des
Beobachters widerspiegeln. Seine Kultur und Lebenswelt. Mit der Auswahl des
Bezeichneten, des Unterschiedenen geht aber die Identität der Differenz verloren: „Man
hat die Wahl, ob man von wahr/unwahr, Krieg/Frieden, Frau/Mann, gut/böse,
Heil/Verdammnis etc. ausgeht, aber wenn man für die eine oder die andere
Unterscheidung optiert, hat man nicht mehr die Möglichkeit, die Unterscheidung als
13 Simon 1993, S. 77 14 Vgl. Esposito 1991, S. 42 15 Willke 2005, S. 94 16 Analog dazu sind alle Bemühungen des Rechts um Legitimität, normative Begründung oder gar Gerechtigkeit letztlich vergeblich, da sie alle auf Gewalt der ersten Unterscheidung von Recht und Unrecht beruhen, die sich selbst nicht mehr als Recht, legitim oder gerecht, sondern nur noch als kriterienlose Willkür ausweisen kann, so Teubner 1999, S. 4. Techniken der Verhüllung, des Geheimnisses und des Vergessens machen diese Unterscheidung zum „blinden Fleck“, so dass Nietzsche anführen konnte: „Jede Art von Kultur beginnt damit, dass eine Menge von Dingen verschleiert werden. Der Fortschritt des Menschen hängt an diesem Verschleiern;“ Nietzsche KSA 7, S. 435
-9-
Einheit, als Form zu sehen,“ so der Begründer der soziologischen Systemtheorie Niklas
Luhmann.17
Dementsprechend ist die Unterscheidung System/Umwelt die systemeigene Differenz
eines Beobachters. Die Umwelt zieht keine Grenzen um das System, das System
grenzt sich selbst aus.18 Ein System ist etwas, das sich selbst aufbaut und abgleicht, in
dem es sich von der Umwelt und anderen Systemen unterscheidet.19 Systeme sind
nicht nur gelegentlich und nicht nur adaptiv, sie sind strukturell auf ihre Umwelt hin
orientiert und könnten ohne Umwelt nicht bestehen. System und Umwelt, bestimmen
also gegenseitig die Bedingungen ihrer Veränderung oder Erhaltung, so dass man von
einer Ko-Evolution von System und Umwelt ausgeht, in der jeder die
Überlebensbedingungen – und damit Selektionsbedingungen – des anderen festlegt.20
Die damit verbundenen spezifischen Wahrnehmungs- und Organisationsprozesse, so
der Organisationspsychologe Karl E. Weick, haben also nicht von ungefähr Ähnlichkeit
mit den Prozessen der natürlichen Auslese. Weick benennt vier zentrale Elemente: 1.
Ökologischer Wandel 2. Gestaltung 3. Selektion und 4. Retention.21 Ökologischer
Wandel bezeichnet Unterschiede in den „Erlebnisströmen“, die von „reibungslos“
laufenden Dingen abweichen. Diese Unterschiede sind das Rohmaterial für
Gestaltungsprozesse, in denen sie gesondert, „eingeklammert“ werden – was wiederum
Auswirkungen auf die Wahrnehmung des ökologischen Wandels hat. In
Gestaltungsprozessen werden die abweichenden Umwelt-Stimuli interpretiert.22
Selektion ist dann die Auferlegung von Strukturen auf das Ein- beziehungsweise
Ausgeklammerte. „Ursachenkarten“, unterlegte Kausalitäten, sollen dabei
Mehrdeutigkeiten reduzieren. Dies geschieht mit Hilfe von Einstellungen, die im
Kurzzeitgedächtnis gespeichert sind oder mit Informationen und Orientierungsmustern
aus dem die Persönlichkeit konstituierenden Langzeitgedächtnis. Zu den Informationen
letzterer Art gehören Erfahrungen, Überzeugungen, Werte, Attitüden, Gewohnheiten
und Fähigkeiten.23 Retention bedeutet die relativ direkte Speicherung der Produkte
erfolgreicher Sinngebung. Sinnvolle Umwelten sind also „Output“ des „Organisierens“,
17 Luhmann 1991, S. 62ff. 18 Luhmann 1991, S. 73 19 Vgl. Böhringer 1990, S. 21f. 20 Simon 1993, S. 89 21 Weick 1995, S. 189ff. 22 Abel 2004, S. 92 23 Kirsch 2001, S. 146
-10-
des aktiven Identitätsmanagements, nicht „Input“. Sie entstehen retrospektiv, denn
vergangene Handlungen und Ereignisse werden mit Sinn belegt.
24
Bereits an der Wahrnehmung eines Umwelt-Stimulus verdeutlicht sich, dass
„Eigenwerte“ und wahrgenommene „Objekte“ nicht unterschieden werden können.25
Daher ist die Bildung von Tautologien das Prinzip der Konstruktion einer jeden
Realität.26 Oder wie der Biologe und Philosoph Humberto Maturana es ausdrückt: „Wir
bewegen uns in der Welt wie der Pharmakologe, der ein biologisches Messinstrument
benutzt und die verschiedenen Substanzen, die ihn interessieren, mit den
Zustandsänderungen seines Messinstruments beschreibt. Wir jedoch sind unsere
eigenen Messinstrumente für die Beschreibungen, die wir anfertigen, sogar wenn wir
von der Vorgehensweise des Pharmakologen sprechen. Daher benutzen wir unsere
eigenen Zustandsveränderungen […], um die Welt in einem Konsensbereich zu
beschreiben, dessen einziger Anspruch auf Gültigkeit in seinem Beitrag für […] liegt.“27
24 Grafik in Anlehnung an Weick 1995, S. 193 und das psychologische SOR-Paradigma aus Kirsch 2001, S. 146 25 Foerster 1993, S. 109 26 Simon 1993, S. 97 27 Maturana 1991, S. 113
Retention (Speicherung von Sinn
(im Langzeitgedächtnis), Persönlichkeit)
+
+
+;-
+
+
+;-
Auswahl von Wahrnehmungen
(mit Hilfe des Langzeitgedächtnis (Überzeugungen, Werte,
Gewohnheiten, Fähigkeiten)
Auswahl von Handlungen
Umwelt
Selektion (Auswahl von Kausalitäten und Interpretationen (Einstellungen aus dem Kurzzeitgedächtnis))
Ökologischer Wandel
(Veränderung der Umwelt, Stimulus)
Gestaltung (Entscheidung über einen Unterschied, Definition der
Situation)
-11-
Will heißen: Externe Ereignisse und Signale werden in spezifischer Weise intern
verarbeitet und zwar in einer Weise, die vom jeweiligen Zustand des Systems selbst
abhängt. So können dieselben Ereignisse oder Interventionen zu unterschiedlichen
Zeiten oder in unterschiedlichen Situationen ganz unterschiedliche Wirkungen haben.
Komplexe Systeme sind also nicht nur von der Umwelt abhängig, sondern auch von
sicht selbst, ihrer Vergangenheit und ihrne erwarteten Zukünften.28
Kennzeichen so genannter „autopoietischer Prozesse“ ist demnach eine operationelle
oder „organisationelle Geschlossenheit“.29 Der Begriff der Autopoiese entstammt dem
Griechischen30 und kann mit Selbstproduktion übersetzt werden, im Gegensatz zur
Allopoiese, die für die sog. Fremdproduktion steht.31 Das Verhalten solcher Systeme ist
immer von ihren aktuellen eigenen, internen Strukturen bestimmt. Gedanken und
Gefühle schließen an Gedanken und Gefühle an, sie produzieren sie und sorgen für die
Eigenlogik, die Stabilität und die Veränderung psychischer Strukturen und Prozesse.32
Äußere Einwirkungen auf ein System – Perturbationen, Irritationen – sind damit nicht
kausal vorhersagbar, weil Systeme unterschiedlich reagieren. Denn im Laufe der
Systemgeschichte bilden sich eigene, hochspezifische Inferenzregeln aus, die die
Beobachtung der Umwelt strukturieren, um nicht von der Variabilität und Komplexität
der Umwelt überwältigt zu werden33 und die darüber entscheiden, was für das System
als anschlussfähige Operation in Frage kommt und was nicht.
28 Vgl. Willke 1989, S. 3 29 Varela 1991, S. 121 30 Griechisch „autos”=selbst; „poiesis“=schöpferische Tätigkeit. Maturana (1991, S. 94ff.) zur Definition autopoietischer Systeme: „Es gibt eine Klasse von Systemen, bei der jedes Element als eine zusammengesetzte Einheit (System), als ein Netzwerk der Produktionen von Bestandteilen definiert ist, die (a) durch ihre Interaktionen rekursiv das Netzwerk der Produktionen bilden und verwirklichen, das sie selbst reproduziert hat; (b) die Grenzen des Netzwerks als Bestandteile konstituieren, die an seiner Konstitution und Realisierung teilnehmen; und (c) das Netzwerk als eine zusammengesetzte Einheit in dem Raum konstituieren und realisieren, in dem es existiert […] Ein autopoietisches System als ein dynamisches System unterliegt ständigem strukturellem Wandel. Gleichwohl legt die jeweils gegenwärtige Struktur zu jedem Zeitpunkt den Bereich möglicher struktureller Veränderungen eines autopoietischen Systems fest, und seine Organisation bestimmt die Grenzen, innerhalb derer diese Veränderungen tatsächlich stattfinden können, ohne dass das System seine Klassenidentität verliert […] Im Hinblick auf seine Zustände operiert ein autopoietisches System als geschlossenes System, das nur Zustände der Autopoiese erzeugt. Oder anders ausgedrückt: Jeder Zustand in einem autopoietischen System ist ein Zustand der Autopoiese, andernfalls befindet sich das System in einem Zustand der Auflösung.“ 31 Vgl. Kirsch 1999 II, S. 63 32 Simon 2009, S. 55 33 Willke 1989, S. 22
-12-
Dabei bezeichnet der Begriff der Selbstregulation oder Homöostase34 (Gleich-Stand)
die Fähigkeit eines Systems, sich durch Rückkopplung selbst innerhalb gewisser
Grenzen eine stabile „Realität“ zu errechnen.35 Der „Rechenvorgang“ verdeutlicht, dass
es sich dabei nicht um ein ruhiges, sondern dynamisch herzustellendes Gleichgewicht
handelt.36 Denn bezüglich der Aufnahme von Energie und Information in Form von
Differenzen und attraktiven Signalen müssen lebende Systeme offen sein. Ein System
nimmt ständig Energie aus der Umwelt auf, verwandelt sie in negative Entropie
(Information, Struktur, Ordnung) und gibt Entropie („Störungen“) an die Umwelt ab.
Umweltanstöße wirken sich so als Interpunktionen systemeigener Prozesse aus.37
Individuen orientieren sich also aufgrund ihrer eigenen, mal mehr, mal weniger viablen
Wirklichkeitskonstruktion und ihres Scheiterns.
In einer relativ statischen Umwelt überlebt ein System, wenn es seine bis dahin
angepassten Strukturen bewahren kann. Bei der Assimilation nimmt der kognitive
Organismus nur das wahr, was er in die eigenen Strukturen einpassen kann. Erkennen
heißt dann letztlich, die Umwelt an eigene Transformationssysteme zu assimilieren.38
Wo sich also die subjektiven Beschreibungen der Welt im Laufe eines Lebens nicht
ändern, hat sich entweder die Umwelt nicht geändert, oder aber das System hat es
geschafft, diese Veränderung im Rahmen „„syntoxischer Reaktionen“39, passiver
Duldung, für sich nicht zur Information werden zu lassen.40
Ändert sich die Umwelt, so reicht die Bewahrung der Strukturen oft zum Überleben nicht
mehr aus. Das System muss auf die Unterschiede in der Umwelt mit Unterschieden in
der eigenen Struktur reagieren. Der allgemeine Begriff für Lernen aus der Elimination
von Störungen, sog. Perturbationen, ist die Äquilibration, die auch als
„Rückkoppelungssystem“ bezeichnet werden kann.41
34 Das Konzept der Homöostase wurde um 1860 von dem Physiologen Claude Bernard beschrieben, der Begriff 1929 von Walter Cannon geprägt. 35 Foerster 1993, S. 70 36 Franz Alexander, einer der Begründer der modernen Psychosomatik, sieht „eingebaute Selbstkontrollmechanismen“ das „dynamische Gleichgewicht wiederherstellen in einem beständigen Kampf „alter Verhaltensformen“ mit „den Anforderungen der Entwicklung und der wechselnden Umstände;“ Alexander 1965, S. 476 37 Willke 2005, S. 103 38 Piaget 1973, S. 22 39 Vgl. Selye 1988, S. 82. Die Annahme von konstanten Werte- und Motivationslagen im Ablauf menschlicher Entwicklung ist aber empirisch aber nicht haltbar, so Bergler 2007, S. 604 40 Vgl. Simon 1993, S. 165 41 Glasersfeld 1997, S. 119
-13-
Wenn bisher erfolgreiche Strukturen oder Schemen Pertubationen nicht bewältigen
können, dann kommt es in der Regel zur „Akkomodation“ oder „katatoxischen
Agenzien“, die aktive Veränderung auslösen42 und in neuen Strukturen resultieren.43
Hier setzt ein „Lernen des Lernens“ ein,44 bei dem es darum geht, Konstruktionen für
angemessenes Handeln in der jeweils gegebenen Umwelt zu erzeugen.45 Auf die
„Auftauphase“, in der eine eingeübte und verfestigte Verhaltenssequenz unterbrochen
und Problembewusstsein erzeugt wird, folgt die eigentliche Veränderungsphase, das
heißt, eine neue Verhaltensweise wird gelernt, die bei „Erfolg“ – erst aus der
Retrospektive messbar - stabilisiert wird.46
Die Komplexität der Umwelt erzeugt also Konflikte über die Frage, was relevant und
was nicht relevant hinsichtlich der beobachteten Umweltparameter ist (Input-
Relevanzen). Komplexität bedeutet dann „Selektionszwang, Selektionszwang heißt
Kontingenz, und Kontingenz heißt Risiko“.47 Kontingenz hingegen erzeugt Konflikte
über die Frage, welche Handlungsmöglichkeiten günstiger, nützlicher sind (Output-
Strategien). Identität und Selbstverständnis des Systems bewirken, dass Input- und
Output-Konflikte nicht gänzlich unabhängig voneinander entschieden werden, dass also
etwa die Entscheidung über eine bestimmte Handlungsstrategie auf Perzeptionen und
Präferenzen gegenüber der Umwelt zurückwirkt.48
Von Reduktion der Komplexität kann man dann sprechen, wenn das Relationsgefüge –
im Außen-(Umwelt) oder Innenverhältnis des Systems – durch weniger Relationen
rekonstruiert wird.49 So kann die Umwelt durch Geschichten, einen Mythos
komplexreduziert werden. Innerhalb stetig anwachsender Komplexität50 sind kulturelle
Kontrollhandlungen, individuelle Identitätssuche, neue Sinnzuschreibungen relevant. 42 Vgl. Selye 1988, S. 82 43 Vgl. Piaget 1973, S. 96f. beziehungsweise Glasersfeld 1997, S. 114 44 Bateson (1985, S. 357) bezeichnet dies als deutero-lernen. 45 Aufschnaiter 1992, S. 394 46 Vgl. Lehner 2000, S. 284. In diesen Kontext passt auch das TOTE-Schema (Test-Operate-Test-Exit) Millers. Dieses Schema behandelt den Prozess, dass ein Organismus einen Test einer Situation vornimmt, aufgrund von Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Vorstellungen Maßnahmen ergreift, erneut testet und im Falle von Übereinstimmungen von dem Soll- mit dem Ist-Zustand das TOTE-Schema verlässt; vgl. Kirsch 2001, S. 147ff. 47 Luhmann 1987, S. 47. Kontingent „ist etwas, was weder notwendig ist noch unmöglich ist; was also so, wie es ist (war, sein wird, sein kann), aber auch anders möglich ist. Der Begriff bezeichnet mithin Gegebenes (Erfahrenes, Erwartetes, Gedachtes, Phantasiertes) im Hinblick auf mögliches Anderssein, “ so Luhmann 1987, S. 152 48 Willke 2006, S. 39 49 Luhmann 1987, S. 49 50 Komplexität bezeichnet hier mit Willke den Grad der Vielschichtigkeit, Vernetzung und Folgelastigkeit eines Entscheidungsfeldes. Vgl. Willke 2006, S. 23
-14-
Nur Komplexität – neue Relationsgefüge – kann Komplexität reduzieren. Das Ganze ist
damit weniger als die Summe seiner Teile, da es die Möglichkeiten der Teile nicht
erweitert, aber es ist auch gleichzeitig mehr durch die neuartigen Möglichkeiten des
Ganzen, an denen nun die Teile partizipieren.51
Die Reduktion von Kontingenz wiederum wird durch eine Fülle von ordnenden
„Einrichtungen“ gewährleistet, die Erwartungen und Verknüpfungsmöglichkeiten
schaffen, auf Anschlussselektion ausgerichtet sind und die Handlungsalternativen auf
ein handhabbares Maß beschränken: religiöse Deutungssysteme, moralische
Wertordnungen, Institutionen, Normen, Rollen und andere Formen von Konventionen
bis hin zur Sprache und sozialen Normen.52
„Sinn“ spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung von Komplexität und Kontingenz,
der Verbindung von Input und Output bei psychischen und sozialen Systemen. Sinn
äußert sich in Form von Gedanken und Vorstellungen (psychische Systeme) bzw.
sprachlich-symbolisch vermittelter Kommunikation (soziale Systeme).53 Sinn ist
prozessural und ergibt sich durch spezifisch, subjektive Selektion aus der
Kommunikation selbst, Selektion der Information aufgrund eines Unterschiedes,
Selektion der Mitteilung (Art und Weise der Äußerung), Selektion des Verstehens durch
Interpretation.54 Am Anfang, wie wir bereits oben bemerkt haben, steht also die
Differenz, nicht die Identität. Eine Differenz, die zwischen aktual Gegebenem –
beispielsweise einer Aussage - und auf Grund dieser Gegebenheit Möglichem – einer
selektiven, verstehenden Bedeutung unterscheidet.55
Soziale Systeme und psychische Systeme, Kommunikation und Bewusstsein, sind
aufeinander angewiesen und konstituieren sich gegenseitig. Die Beziehung von Sinn
und System ist demnach eine doppelte: Systeme sind sinnkonstituierende und
51 Vgl. Willke 2005, S. 80f. Man spricht dann auch von Emergenz. Emergenz tritt dann auf, wenn selbstreferentielle Zirkel entstehen, die sich in einer Weise miteinander verketten, dass sie die Elemente eines neuen Systems bilden; vgl. Teubner 1992, S. 192. Ein höheres Emergenzniveau bringt Verbesserung der Steuerungsleistung eines Systems mit sich, sinnvolle Relationierungen und Verknüpfungsregeln in (neuartigen) Steuerungsmedien. Exemplarisch hierfür sind Sprache, Werte, Normen, Rollen bis hin zu spezialisierten, symbolisch generalisierten Steuerungsmedien, vgl. Willke 2006, S. 155 52 Vgl. Willke 2006, S. 28ff. 53 Luhmann 1987, S. 194f. 54 Vgl. Luhmann 1987, S. 194 55 Vgl. Luhmann 1987, S. 112. Innerhalb der Sinndimension unterscheiden sich Sachdimension, Zeitdimension und Sozialdimension
-15-
sinnkonstituierte Gebilde. Sie erzeugen kontinuierlich systemspezifischen Sinn und
werden doch selbst erst durch die Ausbildung bestimmter abgrenzbarer Sinnstrukturen
in Existenz gebracht.56
Kommunikation spielt also eine besondere Rolle. Die kleinste Einheit, das Basiselement
aller sozialen Systeme ist die einzelne Kommunikation, die im Unterschied zu einer
Handlung zwei oder mehr Akteure beziehungsweise Akte koppelt.57 Die Beschreibung
zwischenmenschlicher Kommunikation im Rahmen eines einfachen Sender-Empfänger-
Models erscheint aber zu statisch, zu „ontisch“, denn „sie suggeriert, dass der Absender
etwas übergibt, was der Empfänger erhält. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil der
Absender nichts weggibt in dem Sinne, dass er selbst es verliert. Die gesamte
Metaphorik des Besitzens, Habens, Gebens und Erhaltens, die gesamte
Dingmetaphorik ist ungeeignet für ein Verständnis von Kommunikation.“58
Ego und Alter leisten zwar Kommunikationsbeiträge, wie und ob diese aber durch das
Gegenüber verstanden werden, bleibt verborgen. Alter kann nur den
Kommunikationsbeitrag von Ego beobachten und derob eine Erwartung haben.59 Diese
Erwartung bildet die Grundlage für den nächsten Kommunikationsbeitrag von Alter an
Ego.60 Dabei ist die Bedeutung eines Kommunikationsbeitrags nicht ohne seinen
Kontext zu beurteilen,61 also von der Gesprächssituation, den Erfahrungshintergrund,
der Relation der Kommunizierenden etc.62 Es gibt also keine Form ohne Inhalt, keinen
Inhalt ohne Vermittlungsform.
Die Bedeutung von Mitteilung ist damit so relativ wie der Beobachterstandpunkt der
dynamischen und wechselseitigen Rollen im Kommunikationsprozess. Wenn ein
Kommunikationsbeitrag gedeutet wird und dem rezipierenden
Kommunikationsteilnehmer als interessant, unverständlich etc. auffällt, stellt er
möglicherweise einen von außen, aus der Umwelt kommenden Unterschied zu seinem
56 Willke 2006, S. 51 57 Luhmann 1987, S. 193ff. Ähnlich formuliert Weick zum „doppelten Interakt“: „Eine Person führt irgendeine Handlung aus, auf die eine zweite Person reagiert, worauf die erste irgendeine vollende Reaktion auf das, was die zweite tat, von sich gibt;“ Weick 1995, S. 168f. 58 Luhmann 1987, S. 193 59 Jede Seite kann anders auf jede Mitteilung reagieren, als es die jeweiligen Erwartungshaltungen vermuten lassen. Luhmann spricht hier von „doppelter Kontingenz“, vgl. Luhmann 1987, S. 226 60 Tuckermann 2009, S. 157 61 Schon die „Beur-teilung“ legt eine Differenz nahe. 62 Auswahl, Kopplung von „Information“, „Mitteilung“ und „Verstehen“ wird von Luhmann als „emergente Einheit der Kommunikation“ bezeichnet, vgl. Luhmann 1987, S. 196f.
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bisherigen inneren „Welt"-Verarbeitungssystem dar. Ist ein solcher Unterschied wichtig,
macht er also einen Unterschied, ist Information.63
Da Kommunikation nicht direkt beobachtet, sondern nur erschlossen werden kann,
muss sie als „Handlungssystem ausgeflaggt werden“, weil man nur am
Anschlußhandeln ablesen kann, ob man verstanden worden ist oder nicht.“64
Subjektivität konstituiert sich also in intersubjektiven Prozessen sozialen Handelns, im
Spannungsfeld zwischen Erwartungen generalisierter und spezifischer Anderer und der
eigenen Impulse. Subjektivität ist also „Selbstbewusstsein-in-Fremdbewusstsein“65 und
damit „doppelseitige Kommunikation“66. Reine Selbstreferenz im Sinne eines „nur und
ausschließlich sich auf sich selbst Beziehens“ ist unmöglich.67
Zwischen den Menschen kommt es zu einem Prozess wechselseitiger Interaktion.
Identität ist dann die Interaktionsgeschichte biographisch geformter Aufschichtung von
Erfahrungen, Selbstbezügen und Mustern des vergangenen Handelns.68 Hier kann es
dann zur Ausbildung gemeinsamer69 – oder eher ähnlich gelagerten70 - Realitäten von
Sinn und Bedeutung kommen. Maturana bezeichnet dies als „strukturelle Kopplung“.71
Im Rahmen „struktureller Kopplung“ beschreibt sich ein Beobachter und sein Verhalten
beispielsweise als jemand, der vom Beobachter beschrieben wird, der vom Beobachter
beschrieben wird, der vom Beobachteten beschrieben wird, der vom Beobachter
beschrieben wird etc.72 Ein unendlicher Prozess von Operationen an Operationen,
indem die gemeinsamen Lebensbedingungen in einer gemeinsamen (Interaktions-
)Geschichte ausgehandelt werden und permanent neues (Beobachter-)„Wissen“
produziert wird. Eine Handlung weiß sich ergo nicht nur als Vollzug ihrer Intention,
sondern auch als „für Dich“, „gegen Dich“, „vor Dir“, als für Wahrnehmung bestimmt, als
Dokumentation ihrer eigenen Intention.73
63 Bateson 1985, S. 488 beziehungsweise 582 64 Vgl. Luhmann 1987, S. 226 65 Heinrichs 2007, S. 38 66 Heinrichs 1998, S. 11 67 Luhmann 1987, S. 604 68 Holtgrewe 2005, S. 350ff. 69 Hejl (1991, S. 327) nennt dies „Synreferentialität”. 70 Denn Kirsch (1999 II, S. 98) merkt hier mit Recht an, das sich die Frage stellt, wer sage können soll, dass gemeinsame, gleiche, vergleichbare Realitätskonstrukte vorliegen. 71 Maturana 1991, S. 109 72 Simon 1993, S. 107 73 Luhmann 1987, S. 182
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Die Selbstbeobachtung, die Einführung der System/Umwelt-Differenz in das System,
die Beobachtung der Beobachtung, schafft nicht nur das fokale System, das
Individuum. Es konstituiert ebenso soziale Systeme.74 Ein soziales System als
kommunikatives System wiederum reproduziert sich, indem Kommunikation
Kommunikation auslöst („reflexive Kommunikation“75).
Reflexion meint dann die Fähigkeit, die eigene Identität im Spiegel ihrer Außenansicht
zu betrachten und die Beziehung zu sich selbst auch noch unter dem Gesichtspunkt der
Einheit des Systems zu organisieren.76 Reflexion impliziert mithin, dass Identität zum
relationalen Begriff wird und nicht mehr als unverrückbare Entelechie verstanden wird.
Denn Reflexion ist „selbst-transformativ“77, womit ein Identitätsmanagement darauf
reagieren kann, welche Wirkungen es in der Umwelt erzeugt und welche Identität es –
ggf. orientiert an einer Leitidee, einem Wert – für sich selbst anvisiert. Reflexion beruht
insofern darauf, dass ein System die Differenz von System und Umwelt immer wieder in
das System einführt – und zwar unter dem Gesichtspunkt des Vergleichs möglicher
Identitäten.
Soziale Systeme – wie Organisationen - bestimmen über Reflexion ihre Identität, um
regeln zu können, welche Sinneinheiten intern die Selbstreproduktion des Systems
ermöglichen.78 Die Selbstbeschreibung ist dann derjenige Teil der Selbstbeobachtung,
für den „semantische Artefakte“ (Sprache, Schrift) produziert worden sind. Dazu
gehören „Erzählschemata“79 wie ein „Code of Conduct“, Strategien, Anbaurichtlinien.
Diese biographischen Kernnarrationen als „Ideologien von sich selbst“80 sind auf
dasjenige soziale Umfeld ausgerichtet, das die Identität/Teilidentität hauptsächlich
bestimmt.
74 Luhmann 1987, S. 408 75 Luhmann 1987, S. 63 76 Reflexion steht dann für besondere Sachlagen von „Interaktionssystemen“, wenn Identität über latente Phasen durchgehalten werden muss; vgl. Luhmann 1987, S. 617 77 Willke 1989, S. 12 78 Luhmann 1987, S. 61 79 Schmidt 2003, S. 9. Hier erklärt sich der Zusammenhang zwischen Identität und Identifizierung: idem=der/die/dasselbe und facere/ficere=machen. Eine der überraschenden Folgen dieser „exzentrischen“ Perspektive ist, dass das sich selbst als Einheit beobachtende System auf die Idee kommen kann, dass diese Einheit auch anders aussehen könnte. 80 Straus 2008, S. 7
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So wird sukzessive ein Bereich koordinierten Verhaltens zwischen den gegenseitig
angepassten Systemen konstituiert und in einem Prozess der Rekursion konsensuelle
Bestimmungen von konsensuellen Bestimmungen angefertigt – beispielsweise eine
(Spezial-)Sprache.81 Partizipation und zivilgesellschaftliche Vernetzung sind damit
zentrale Rahmenvoraussetzung für produktive Projekte der Identitätsarbeit in einer
offenen pluralistischen Gesellschaft.82 Das macht es logisch notwendig, die anderen als
autonome Konstrukteure anzuerkennen. Denn „wenn wir sie in irgendeiner Weise mit
Gewalt zwingen, unseren Ideen zu folgen, dann vernichten wir ipso facto die
Möglichkeit, nicht nur nicht in ihnen eine Bestätigung unserer eigenen Konstruktionen
zu finden, sondern auch überhaupt Erfahrungsspielraum für eigene Konstruktionen
auszumachen.“83
Identität, so Jürgen Habermas, „bildet sich zugleich im Medium der sprachlichen
Verständigung mit anderen und im Medium der lebensgeschichtlich-intrasubjektiven
Verständigung mit sich selbst. Individualität bildet sich in Verhältnissen intersubjektiver
Anerkennung und intersubjektiv vermittelter Selbstverständigung […] Die Beteiligten
müssen ihre sozial-integrierten Lebensformen selber erzeugen, indem sie einander als
autonom handlungsfähige Subjekte und überdies als Subjekte, die für die Kontinuität
ihrer verantwortlich übernommenen Lebensgeschichte einstehen, anerkennen.“84
Während dabei die Rollen85 und Teilidentitäten jeweils einen bestimmten Ausschnitt
einer Person darstellen, entsteht das Identitätsgefühl aus der Verdichtung sämtlicher
biographischer Erfahrungen und Bewertungen der eigenen Person auf der Folie
zunehmender Generalisierungen.86
81 Vgl. Maturana 1991, S. 109 82 Keupp 2008, S. 9 83 Glasersfeld 1997, S. 209 84 Habermas 1994, S. 440ff. 85 Rollen sind zu verstehen als Bündel von aufeinander bezogenen Erwartungen und Regeln innerhalb eines bestimmten Spiels, vgl. Willke 2005, S. 151 86 Straus 2008, S. 6
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87
In einem ersten Versuch der Definition könnte Identität dann eine von einem
Beobachter definierte (imaginäre) Einheit sein, die von einem Hintergrund
unterschieden und spezifiziert wird.88 Ein Beobachter agiert damit in zwei
überschneidungsfreien Phänomenbereichen. Als lebendes System operiert er im
Bereich der Autopoiese. Als Beobachter im eigentlichen Sinne operiert er in einem
konsensuellen Bereich, der nur als ein kollektiver Bereich existiert und durch die
Interaktion mehrerer Umwelt-Systeme/Organismen bestimmt wird. Hieraus konstituiert
sich Identität.
Identität ist damit eine Eigenschaft der Beobachtung, nicht unbedingt eine Eigenschaft
des beobachteten Objekts, sie ist Teil der Landkarte, nicht der Landschaft, Teil von
statischen Beschreibungen, also von Zeichen und Sprachregeln, nicht von
Lebensprozessen.89 Welche Eigenschaften die Identität konfigurieren, entscheidet der
Beobachter im Rahmen seiner Erfahrungen aus seiner Interaktionsgeschichte: „Wir
87 Übersicht aus Keupp 2008, S. 17 88 So beginnt die Ausbildung der Identität des Kindes mit der Unterscheidung zwischen dem eigenen Ich und dem Du der Mutter oder des Vaters, vgl. Willke 2006, S. 176. Maturana weiter: „Im Prinzip kann ein Beobachter immer eine sonst einfache Einheit als ein Kompositum behandeln und umgekehrt; dazu muß er nur die geeigneten Unterscheidungsoperationen spezifizieren;“ Maturana 1991, S. 92. 89 Simon 1993, S. 154ff.
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können uns nicht sehen, wenn wir uns nicht in unseren Interaktionen mit anderen sehen
lernen und dadurch, dass wir die anderen als Spiegelungen unserer selbst sehen, auch
uns selbst als Spiegelung der anderen sehen.“90
Identität existiert damit für einen Beobachter, der sich dauerhaft oder vorübergehend
zum Richter über sich selbst, seine eigene Interaktionsgeschichte eingesetzt hat.91
Diese Richtertätigkeit bezeichnen wir als Identitätsmanagement. Sie hat die aktive
Aufrechterhaltung einer bestimmten Differenz zum Ziel, einer Differenz, die das System,
die Umwelt und die Grenze konstituiert.92 Grenzen dienen zur Regulierung der System-
Umwelt-Differenz; Grenzerhaltung ist Systemerhaltung.93 Beobachtungskriterien und
Identität sind interdependent: Ändert sich die Identität, dann wahrscheinlich auch die
Eigenschafts- und Beobachtungskriterien, ändern sich die Beobachtungskriterien, so
wird dies nicht ohne Folgen für die Identität bleiben.
Identitätsmanagement beruht auf einer Reihe aktiver Wiederherstellungen der Identität,
auf Wiederholungen und Differenzen (zu einer Umwelt), ist damit gekennzeichnet durch
„Verschiebungen, Beschleunigungen, Verzögerungen, Varianten, Differenzen.“94 Um
aber als „Einheit des Systems im System erscheinen zu können“, verlangt Identität die
„Selbstsimplifikation“, die Reduktion von Komplexität und anschließende sinnhafte Re-
Generalisierung.95 Identität wird also erst dann erfolgreich gelebt, wenn die
kontingenten Bedingungen dieses Erlebens invisibilisiert worden sind.96
90 Maturana 1991, S. 117 91 Vgl. Rorty 1989, S. 166 92 Oder wie Luhmann (1987, S. 26) schreibt: „Systeme müssen mit der Differenz von Identität und Differenz zurechtkommen, wenn sie sich als selbstreferentielle Systeme reproduzieren; oder anders gesagt. Reproduktion ist das Handhaben dieser Referenz.“ 93 Luhmann 1987, S. 35 94 Deleuze 2007, S. 43 95 Luhmann 1987, S. 624 96 Vgl. Schmidt 2003, S. 17
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97
Damit kollektives, paralleles Handeln „mehrerer autonomer Identitäten“ zustande kommt
bedarf es eines Bezuges auf ein gemeinsam geteiltes Symbol (Wissen, Gefühl,
Überzeugung) und eine soziale Beziehung zwischen den Beteiligten.98 Zu diesen
Bezügen und „normativ eingefrorenen“99 Sinnvorstellungen gehören Werte – die im
folgenden Kapitel im Fokus der Betrachtung stehen.
97 Grafik angelehnt an Willke 2006, S. 233 98 Eder 1990, S. 15 99 Willke 2006, S. 51
Außenwelt z.B. andere soziale Systeme, Umwelt
Innenwelt
z.B. psychisches System oder
soziales Teilsystem
Identität
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1.3. Eigener Wert ist Goldes Herd
Wenn, wie oben dargestellt, Systeme sinnkonstituierende und sinnkonstituierte Gebilde
und Werte als normative Sinnvorstellungen gelten, dann schöpfen Menschen Werte,
und Werte „konstituieren“ Menschen. In der soziologischen Gruppentheorie schließt hier
eine Problemstellung an, die fragt, ob Gruppen entstehen, weil zunächst isolierte
Individuen sich durch gemeinsame Eigenschaften und Interesse
zusammengeschlossen haben, oder ob diese gemeinsamen Eigenschaften und
Interessen sich entwickeln, wenn Mitglieder durch einen Gruppenzusammenhang
verbunden sind.100 Ähnliches gilt für Werthaltungen, ob also Individuen durch
(einstmals) gemeinsam geteilte Normen und Werte sich zu einer Gesellschaft
verbinden, oder ob Gesellschaften erst solche gemeinsamen Orientierungsmuster
erzeugen.
Ähnliches gilt für die Organisationsentwicklung.101 So geht der personale Ansatz der
Organisationsentwicklung davon aus, dass das Verhalten der Organisationsmitglieder
durch Werteänderungen beeinflusst wird, was in der Folge Brüche, Konflikte und
Identifikationskrisen auslösen kann102 und ergo Anpassungsbedarf nötig macht.
Während der strukturale Ansatz der Organisationsentwicklung für Änderungen in der
Organisationsstruktur plädiert, was Wertewandel zur Folge haben soll.103 Hier wird ein
Systemansatz vertreten, der beide Ansätze verknüpft. Zunächst aber brauchen wir
weder „Henne noch Hahn“, sondern müssen, wie die römischen „fetiales“ einen
„Speerwurf in den Sund“ wagen, um zu klären, was Werte sein könnten
beziehungsweise welche Rolle sie spielen.
Für den Psychologen Shalom Schwartz von der Hebräischen Universität Jerusalem,
sind Werte „desirable, transsituational goals […], that serve as guiding principles in
people´s lives104 […] People´s values form a fairly stable hierarchy of relative
100 Vgl. Willke 2006, S. 148 101 Vgl. Lehner 2000, S. 285 102 Rosenstiel 2003, S. 227 103 So führen beispielsweise bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu einem deutlichen Anwachsen selbstgestalterischer Werte. Dies hat laut Welzel (2007, S. 13ff.) nicht mit dem Lebenszyklus zu tun, Menschen würden nicht unbedingt materialistischer, wenn sie altern. 104 Schwartz 2003, S. 267. Oder wie Schwartz etwas ausführlicher zu Anfang seiner Studie beschreibt: Werte sind „deeply rooted, abstract motivations that guide, justify or explain attitudes, norms, opinions and actions […] values are beliefs […] refer to desirable goals […] transcend specific actions and
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importance. Relative importance of values is crucial to decisions.“105 In anderen Worten:
Werte sind wünschenswerte, übersituative Ziele, sie strukturieren das Leben und
bestimmen aktive Planung und Ausrichtung des Verhaltens über Situationen hinweg.106
Werte geben an, welche Wirklichkeit in der Zukunft gewünscht wird, und unterstützen
bei der Selektion von Erfahrungen.107 Werte modellieren und rechtfertigen Verhalten,
dienen der Einordnung von Menschen und Ereignissen, führen zu gezielter
Wahrnehmung und Handlung.108
Werte kommen nicht unabhängig von personalen und sozialen „kommunikativen
Ordnungen“ vor, also von geschichtlichen Kulturgemeinschaften des Miteinanderlebens.
Es „gibt“ also keine Werte an sich, „sondern Werte für uns, die wir, inmitten
kommunikativer Ordnungen lebend, nach »gut« und »böse« beurteilen.“109 „Bewusste“
individuelle Selektion folgt den Regeln der Vermeidung einstellungsdiskrepanter
Informationen beziehungsweise der Stabilisierung von Einstellungen zur
Gewährleistung konsistenter Schlussfolgerungen.110 Doch selbst „bewusste“ Selektion
ist nicht „kalte“, sondern „heiße Kognition“.111 Sie wird beeinflusst durch Temperament,
Lust, Schmerz, Gestimmtheit, affektive Zustände, durch alltägliche Emotionen wie
Liebe, interpersonelle Attraktion, Glück, Freude, Stolz, Wut, Abscheu, Trauer, Scham
und Ängstlichkeit.112 In einem positiven Gemütszustand werden beispielsweise positive
Informationen effizienter wahrgenommen, kodiert und abgerufen, während negative
Informationen in negativen Gemütszuständen besser verarbeitet werden.113 Die
situations […] serve as standards or criteria […] are orders by importance [And] the relative importance of the set of relevant values guides action”. Vgl. Schwartz 2003, S. 261f. 105 Schwartz 2003, S. 3 106 Rosenstiel 2003, S. 225 wie auch Schwartz 2003, S. 3 107 Paul Nolte (2006, S. 249) terminiert die Entstehung von breiten Werthaltungen auf das 18. Jahrhundert. Ohne diese Aussage in Gänze unterstützen zu wollen, bleibt festzuhalten, dass „breite Werthaltungen“ einen offenen Reflexionshorizont des Handelns voraussetzen, der den Menschen in der Voraufklärungszeit so nicht zur Verfügung stand. Wenn alles auf Ewigkeit feststeht, braucht man keine Werte, sondern Normen des Verhaltens, symbolisiert durch soziale Gruppen, die die Normen der ständischen Lebensführung transportieren und individuelle Identität auf ein „Ich bin wir“ beschränkt, so Fromm 1959, S. 5. Auf der anderen Seite gilt die „operationale Geschlossenheit“ individueller Systeme nach wie vor, so dass nur eine „Als-ob“-Parallelisierung durch Normen erreicht wird. Was zählt ist das äußere Verhalten, dass aber nicht in jedem Fall auf die Konstellationen des operierenden Systems schließen lässt. 108 Schwartz 2003, S. 4 109 Riedel 2004, S. 77 110 Stroebe 1996, S. 272 111 Scherer 1996, S. 304f. 112 Bagozzi 2000, S. 275 113 Fiedler 1996, S. 171
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„Selektion“ von Werten ist also abhängig von spezifischen „Wirklichkeitshypothesen“114
einerseits und der Sinnesdatenlage andererseits.115
Die meisten Merkmale, die wir zur Reizbewertung heranziehen, werden schon während
der Sozialisation116 erworben: Das Lernen von Rollen, Werten, besonderen
Geschicklichkeiten, geteilten Überzeugungen, kulturelle und soziale „archetypische
Schemata“. Das alles „imprägniert“ Wahrnehmung und Verhalten,117 die
nichtsdestotrotz noch konstruktivistische Eigenleistung bleiben. Beim Kleinkind
beispielsweise geschieht dies innerhalb der emotionalen Identifizierung mit einer
Bezugsperson. Erst mittels der Perspektiven dieser Bezugsperson gelangt es zu einer
Erkenntnis seiner Wirklichkeit.118 Die Nachahmung des konkreten Anderen, die sich
beim Kleinkind aus libidinösen Energien speist, überträgt sich gewissermaßen auf die
Umwelt, die mit denjenigen Bedeutungskomponenten ausgestattet wird, die die geliebte
Person wahrnimmt. Daraus speisen sich dann individuelle Bedürfnisse wie auch
Grundwerthaltungen. Werthaltungen sind damit eine Art zusammenballende
(symbolische) Wiedergabe unserer Erfahrungen. Das alles geschieht teils so unbewusst
und automatisch, dass man mit Albert Camus „atmen heißt urteilen“119 sagen könnte,
Leben heißt werten.
In dieser Mischung zwischen unbewusstem und bewusstem Lernen wie auch Werten ist
das scheinbar paradoxe Gefühl einer nicht wählbaren und doch freiwilligen Bindung an
Werte angesiedelt. Der Soziologe und Sozialphilosoph Hans Joas dazu: „Zwar mögen
wir durchaus der Meinung sein, dass wir unsere Wertorientierungen begründen können
sollen, und das Begründen und Diskutieren mag für selbst ein hoher Wert sein – aber
das heißt nicht, dass wir unsere Werte tatsächlich aus Begründungen und Diskussionen
gewonnen hätten und sie aufgäben, wenn uns ihre Begründung schwerfällt.“120 Diese
„Ergriffenheit durch Werte“ zeigt sich in ihren Begründungen: „Habe ich die Begründung
114 Wirklichkeitsmodelle – im Gegensatz zur „Realität“ – sind auf Dauer gestellte Arrangements der Sinnorientierung, die aus Handeln und Kommunikation entstehen. Vgl. Schmidt 2003, S. 4 115 Emrich 2008 116 Sozialisation kann als gesellschaftlich verbindliches „Kulturprogramm“ aufgefasst werden, dass die Annahme verbürgt, dass Mit-Menschen in evidenter Weise über vergleichbares Wissen wie das selbst verfügen. Vgl. Schmidt 2003, S. 4 117 Welsch 2006, S. 35 118 Wie Axel Honneth (2005, S. 53) aufzeigt, geht dem Erkennen also das Anerkennen voraus und damit die Hoffnung auf Sicherheit durch den Anderen. Schon Allport (1974, S. 37) ist der Ansicht, dass es ein beträchtliches Maß an Sicherheit in den ersten Jahren eines Menschen benötigt, um den Start in einen „produktiven Lebensstil“ zu ermöglichen. 119 Vgl. Camus 1997, S. 15 120 Joas 1997, S. 22f.
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erschöpft, so bin ich nun auf dem harten Felsen angelangt, und mein Spaten biegt sich
zurück. Ich bin dann geneigt zu sagen: »So handle ich eben«.“121
Werteakte lassen sich in zwei Klassen einteilen. Die erste Klasse bilden die absoluten
Wertungen, die mittels der axiologischen Grundprädikate „gut“, „schlecht“, „indifferent“
formuliert werden; zur zweiten gehören komparative Wertungen mit den Prädikaten
„besser“, „schlechter“, „gleichwertig“.122 Aus beiden resultieren Werte- wie
Güterhierarchien. Bei diesen komparativen Werturteilen nach dem Muster „A ist besser
als B“ kann ein „irreducible nervous net“ entstehen, wenn nämlich A besser als B, B
besser als C, aber C besser als A ist - Heterarchie statt Hierarchie ist das Ergebnis.123
Menschen schreiben also Dingen und Mitmenschen Wert(e) zu, weil sie – bewusst oder
unbewusst – schätzen, werten, bewerten, einschätzen, würdigen.124 Der Mensch
entwickelt sich „unter dem Einfluss von Wert-Schemata, deren Beachtung er als
wünschenswert empfindet, auch wenn er nie Vollkommenheit darin erreicht. In
Übereinstimmung mit solchen Schemata wählt er seine Wahrnehmungen, befragt er
sein Gewissen, hemmt er irrelevante oder ihm entgegengesetzte Verhaltenslinien, bildet
er Untersysteme von Gewohnheiten, je nachdem, ob sie ihm Einklang mit seinen
Verpflichtungen stehen oder nicht,“125 so der US-Psychologe Gordon W. Allport. Oder
wie es die Neurowissenschaft formuliert: „Einzelne Gehirne organisieren sich auf Grund
genetischer Unterschiede und nicht reproduzierbarer Prägungsvorgänge durch
Umwelteinflüsse selbst – und zwar auf sehr unterschiedliche Weise, individuellen
Bedürfnissen und einem individuellen Wertesystem folgend.“126
Demnach müssten Werte auch zeit- und raumabhängig sein, also in jeweiligen
(sozialen und personalen) Kontexten anders interpretiert werden. Ein junger Mensch
auf der Bodenseeinsel Mainau wird höchstwahrscheinlich andere Erfahrungen haben
und Werte bevorzugen, wie ein älterer Nomade in der Wüste Gobi. So werden
diejenigen Werte am stärksten verinnerlicht, die am besten helfen, gemachte
Erfahrungen sinnvoll zu ordnen und gegebene Lebensumstände zu meistern. Daher 121 Wittgenstein 1984, Philosophische Untersuchungen, S. 350, Nr. 216 122 Riedel 2004, S. 77 123 Vgl. McCulloch 1945, S. 3 sowie in dieser Abhandlung Kapitel 5.1. 124 Würde und Wert sind etymologisch verwandt. Pieper (2007, S. 13f.) hierzu: „Wir schreiben dem Leben als Mensch immer schon einen Wert zu. Wir entdecken uns als Normen und Werte setzende Instanz, indem wir alles, was das [unser, JAS] Leben behindert, moralisch verbieten.“ 125 Allport 1974, S. 71 126 Manifest 2004, S. 36
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bringen Wertungen auch immer Empfindungen, Gefühle, Neigungen zum Ausdruck: „In
dem man gemeinhin sagen würde, man fälle ein ethisches Urteil, ist die Funktion des
relevanten ethischen Wortes rein »emotional«. Es wird dazu verwendet, eine
Empfindung über bestimmte Gegenstände auszudrücken, nicht aber, eine Behauptung
über sie aufzustellen […] um so Handlungen anzuregen.“127 Wenn wir etwas als „gut“
bezeichnen, sprechen wir also damit eine Empfehlung aus, die denselben logischen
Strukturen folgt, wie normative Urteile. Daraus erklärt sich, weshalb die Meinung
vertreten werden konnte, dass zwischen Werten und Normen gar nicht unterschieden
zu werden braucht.128
Während Werthaltungen beziehungsweise Wertorientierungen eher abstrakt, stabil und
situationsübergreifend sind, sind Einstellungen auf spezifische Personen, Gruppen,
Ideen oder Objekte gerichtet. 129 Normen wiederum sind im Unterschied zu den zu
Wertorientierungen gesellschaftlich sanktionierte Werte, die nicht unbedingt
verinnerlicht werden müssen.130 Wertorientierungen sind auch in Abwesenheit
äußerlicher Sanktionen wirksam. Man unterscheidet bei Werten primäre, terminale
Zielwerte wie Glück, Wohlstand, Sicherheit von den sekundären, instrumentellen Werte
wie Ehrlichkeit, Pünktlichkeit etc., die zum Erreichen der Zielwerte beitragen sollen.131
Aber nicht nur Individuen, auch Kollektive und Kulturen können als letzte Bezugsgrößen
Werte haben.132 Während biologische Evolution den Genpool und damit die biologische
Identität steuert, ist die „kulturelle Evolution“ verantwortlich für ein Verbleib im „Mem“-
Pool133 und den Ausbau kultureller Identität. Der homo sapiens kann sich also als
diejenige Gattung unter den Lebewesen definieren, die durch eine doppelte Erbschaft
geprägt ist, insofern die natürliche Sprache - der genetische Code - von einer
127 Ayer 1970, S. 142 128 Vgl. Riedel 2004, S. 87 129 Stahlberg 1996, S. 230 130 Welzel 2007, S. 1 131 Analog zu Thomae, der zwischen auf ein Ziel, eine „Endqualität, auf „Sinn“ oder Bedeutsamkeit ausgerichtete „Daseinsthemen“ und instrumentellen „Daseinstechniken“ unterscheidet. Vgl. unter anderem Thomas 1968, S. 331 132 Vgl. Welzel 2007, S. 2 133 Während Gene im wesentlichen Anweisungen zum Bau von Proteinen sind, die in den Zellen des Körpers gespeichert und bei der Fortpflanzung weitergegeben werden, sind Meme Anweisungen zur Ausübung von Verhaltensweisen, die im Gehirn (oder in anderen Objekten) gespeichert und per Imitation weitergegeben. Ihr Wettbewerb treibt die Evolution des Geistes voran. Sowohl Gene als auch Meme sind Replikatoren; sie müssen den allgemeinen Prinzipien der Evolutionstheorie gehorchen und sind in diesem Sinne gleich. Analog zu koadaptierten Genkomplexen kooperieren vor einem gemeinsamen Hintergrund selektierte Meme in einander unterstützenden Memplexen – unterstützend innerhalb des Memplexes, aber feindlich gegenüber rivalisierenden Memplexen. Vgl. Blackmore 2005, S. 48f.
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„exosomatischen Sprache“134 - der kulturellen Tradition und denen in ihr befindlichen
Werteclustern - begleitet ist. Werte werden hier durch Vorbilder („heroische Geschichte“
/ Historismus), soziale Verpflichtungen und Gruppennormen weitergegeben und
nachgeahmt. Somit leiten Werte Identität, Bewertungen und Handeln auf
gesellschaftlicher, Organisations-, Gruppen- und Personen-Ebene.
In einer aufwändigen Studie hat der bereits erwähnte Psychologe Shalom Schwartz
Daten aus 67 Ländern135 – davon 21 europäische („European Social Survey“) –
erhoben. Die Auswertung zeigt, dass in nahezu allen Kulturen zehn identische
Wertetypen ausgemacht werden können: „These ten values cover the distinct content
categories I found in earlier value theories, in value questionnaires from different
cultures, and in religious and philosophical discussions of values.”136 Die Verortung und
Wiedergabe dieser Werttypen erfolgt in einem Wertekreis:137
Dieser Wertekreis gibt die Struktur sich ergänzender und konkurrierender Werte wieder.
Ähnliche Wertorientierungen liegen nahe beieinander, konfligierende einander
134 Vgl. Agamben 2001, S. 87 135 Schwartz 2003, S. 268 136 Schwartz 2003, S. 267 137 Schwartz 2006, S. 5
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gegenüber. So stehen Selbst-Steigerungs-Werte (Self-Enhancement) gegen Selbst-
Übersteigende-Werte (Self-Transcendence), oder wie es in der deutschen Übersetzung
des Schwartzschen Wertekreises von Micha Strack heißt: Egozentrische gegen
Universalistische Werte.138 Ebenso stehen Werte, die laut Schwartz mit „Offenheit für
Wandel“(Opennes to Flux) umschrieben werden können, gegen konservative Werte
(Conservation). In der Kennzeichnung von Strack sind dies Selbstbestimmungswerte
gegen Traditionswerte. Wir werden uns im Folgenden auf den von Micha Strack
modifizierten Wertekreis (von Schwartz) beziehen, der nicht nur sprachlich, sondern
auch inhaltlich an mitteleuropäische (beziehungsweise deutsche) Verhältnisse
angepasst ist.
138 Strack 2008, S. 95
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Als grundlegend gelten die 10 im äußeren Kreis wiedergegebenen Wertorientierungen.
Dies sind Macht, Leistung, Hedonismus (Suche nach Glück und Genuss), Stimulation,
Selbstbestimmung, Universalismus, Sozialität, Tradition, Konformität und Sicherheit,
Schwartz hat diese 10 Werteorientierungen wir folgt charakterisiert:139
POWER: Social status and prestige, control or dominance over people and
resources. (social power, authority, wealth, preserving my public image).
ACHIEVEMENT: Personal success through demonstrating competence
according to social standards. (successful, capable, ambitious, influential).
HEDONISM: Pleasure and sensuous gratification for oneself. (pleasure, enjoying
life,self-indulgence).
STIMULATION : Excitement, novelty, and challenge in life. (daring, a varied life,
an exciting life).
SELF-DIRECTION: Independent thought and action-choosing, creating,
exploring. (creativity, freedom, independent, curious, choosing own goals)
UNIVERSALISM : Understanding, appreciation, tolerance and protection for the
welfare of all people and for nature. (broadminded, wisdom, social justice,
equality, a world at peace, a world of beauty, unity with nature, protecting the
environment).
BENEVOLENCE : Preservation and enhancement of the welfare of people with
whom one is in frequent personal contact. (helpful, honest, forgiving, loyal,
responsible).
TRADITION: Respect, commitment and acceptance of the customs and ideas
that traditional culture or religion provide the self. (humble, accepting my portion
in life, devout, respect for tradition, moderate).
CONFORMITY: Restraint of actions, inclinations, and impulses likely to upset or
harm others and violate social expectations or norms. (politeness, obedient, self-
discipline, honouring parents and elders).
SECURITY: Safety, harmony and stability of society, of relationships, and of self.
(family security, national security, social order, clean, reciprocation of favours).
Es gibt aber auch Kritik am Modell des Wertekreises.140 Zu statisch heißt es da, zumal
ja jeder individuell behauptete Wert, jede Be-Wertung, auf Urteilen und Fühlen beruht,
139 Schwartz 2003, S. 267 140 Vgl. Mohler 2005
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also letztlich kontingent sei. Ebenso liessen sich hierarchische Ungleichheiten kaum
darstellen, wie zum Beispiel Lebenszyklen, Stadt/Land, Nationalität etc., die nach wir
vor im Bewusstsein der Bevölkerung präsent seien.141 Für die vertikale Darstellung des
Wertekreises sprechen hingegen die Vereinheitlichung der Lebensbedingungen, die
Auflösung schichttypischer Subkulturen und traditioneller Solidaritäten, das allgemein
höhere Bildungsniveau, die Zunahme sozialer Mobilität und die Pluralisierung von
Konfliktlinien. Arbeitslosigkeit und/oder geringes Einkommen sind keineswegs mehr nur
von Schicht oder Bildungsniveau abhängig. Soziale Konflikte sind immer weniger
Klassen- und Schichtkonflikte, denn themen- und situationsspezifische
Interessenkollisionen.142 Diese zumindest auf Europa zutreffenden Phänomene könnten
daher auch ausschlaggebend sein, dass der Wertekreis in nahezu allen europäischen
Ländern verifiziert wurde.
Für die nun folgenden Darstellungen ist der Wertekreis auch nicht sakrosankt. Aber
auch hier – analog dem „epistemologischen Urknall“ des Beobachtens – gilt, „dass wir
immer anfangen müssen mit einer Einteilung der Welt in einen Gegenstand, den wir
studieren wollen und in die übrige Welt, zu der wir auch selbst gehören, und dass diese
Einteilung bis zu einem gewissen Grade willkürlich ist“ – so Werner Heisenberg.143
Damit ist natürlich die Gefahr einer „verdinglichenden Konzeptbildung“ verbunden, die
den Prozessen lebender Systeme nicht gerecht wird.144 Andererseits soll der Wertekreis
ja „nur“ als „diagrammatisches“ Konzept im Sinne einer Zusammenballung fungieren -
nicht als inter- und transsubjektives Wahrheits- und Wirklichkeitskriterium – denn er
ermöglicht die Darstellung von Polarisierung.145
Die mit den verschiedenen Wertesektoren verbundenen Werthaltungen sind nach
unserer Meinung auf keinen Fall so aufzufassen, dass damit ein über alle Kontexte
erhabener statischer Charakter dargestellt und nomothethisch erfassbar wäre.146 Wir
gehen vielmehr von einem situativen, technischen Eklektizismus des Individuums in
verschiedenen Handlungssituationen und Kontexten aus, die durch unterschiedlichste
Orientierungsmuster und Werthaltungen strukturiert sein können und insofern alle 141 Vgl. Solga 2003, S. 5 142 Vgl. Solga 2003, S. 13. Dennoch bleibt natürlich auf jeden Fall zu berücksichtigen, dass es sich bei Wertkonstellationen im Zeitalter des Postmaterialismus immer um transitorische Positionen handelt. 143 Heisenberg 2008, S. 59 144 Vgl. Simon 1993, S. 249ff. 145 Kreis heißt griechisch „sphaira“ 146 Zur Unterscheidung idiographischen und deskriptiven sowie nomothetischen und normativen Ansätzen in der Persönlichkeitsforschung vgl. Thomae 1968, S. 10ff.
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Sektoren und Werthaltungen des Wertekreises in gleicher Weise relevant erscheinen
lassen. Die Bezugnahme auf den Wertekreis gestattet uns in vielerlei Hinsicht, die
ansonsten recht übliche Kreuztabellierung zu umgehen, die einen eher statischen
Eindruck hinterlässt. Uns ist vielmehr ein Anliegen, die hier erarbeiteten „Ergebnisse“
als Zwischenergebnisse und Resultat spezifischer pluralistischer Sprach- und Bildspiele
anzubieten, die wiederum dem dynamischem Wandel unterworfen sind, also nicht
generell, in abstracto, in Ewigkeit und ohne Kontext gelten, da sie aus der Sichtweise
eines notwendigerweise „monistischen“ Beobachters stammen.
Die Dynamik der Kreisform scheint dies am besten zu unterstreichen. Natürlich mit
Abstrichen, merkt doch der französische Philosoph Gilles Deleuze147 mit Recht an, das
sich im Kreis doch wieder eine totalisierende Einheit durchsetzt. Aber der Kulturprozess
des kommenden Kapitels wird vielleicht verdeutlichen, dass dieser (Werte-)Kreis nicht
zweidimensional gedacht werden sollte, sondern als dreidimensionale Spiralbewegung
in Zeit und Raum eher einem mäandernden Tornado ohne Ursprung und Ende gleichen
möge, einer „hermeneutischen Spirale“ (Jürgen Bolten) gleich, die mit Veränderungen
einhergeht und nicht zum Anfang zurückkehrt und deren interne
Rotationsgeschwindigkeit wesentlich höher ist als die der linearen Bewegung. Mit jeder
Kreisbewegung liegt dann zwar eine Wiederholung vor und damit eine „äußere
Ähnlichkeit“, „aber die Tatsache, dass man in winzigen Schritten von einer Sache zur
anderen gelangt, verschlägt nicht, dass eine Wesensdifferenz zwischen beiden
besteht.“148 Vergleichbar mit dem Prozess, der „Identität“ aktiv herstellen muß, bei der
jede Wiederholung auch die Differenz in den Beobachter wieder mit einführt,149 wobei
auch hinsichtlich des Beobachters zu berücksichtigen gilt, dass die Wiederholung sich
aus der Binnenperspektive anders als aus der Außenperspektive darbieten kann. So
dass auch in dieser Arbeit auf identische Wiederholungen zur Faßbarmachung mancher
Wesenseigenschaften rekurriert wird und die verschiebende, differente Wiederholung
komplementär gilt.
Des Weiteren ist der Wertekreis geeignet, Querverbindungen zwischen konzeptuell
unterschiedlichen Ansätzen der Wertforschung herzustellen und empirische
147 Deleuze 1977, S. 10 148 Deleuze 2007, S. 16 149 Die auf den ersten Blick vergleichbare „reentry“ Spencer-Browns kondensiert allerdings schon zu einer Identität (und zwar der Beobachtung), vgl. Kirsch 1998, S. 179, was aber die Leistungsfähigkeit des Modells auch für unsere Abhandlung keinesfalls schmälert.
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Forschungsergebnisse zu integrieren.150 Als Beispiel hierfür haben wir den so
genannten Okay-Corral nach Franklin Ernst151 im Wertekreis verortet. Der Okay-Corral
soll laut Eigendefinition die Grundeinstellungen, die ein Mensch zu sich und anderen
einnehmen kann, mitsamt individueller Bedürfnisdimensionen verdeutlichen.
Demnach würde sich Selbstbestimmung in der Polarität zwischen Freiheit und
Sicherheit gründen. Freiheit wäre ohne ein großes Maß an Sicherheit nicht möglich,
wohingegen Sicherheit und Kontinuität nur möglich wären, wenn Normen und Regeln
den sich entwickelnden Umwelt-Veränderungen angepasst würden. Die Ambivalenz
des Bedürfnisses nach Selbstwert bestünde zwischen Einzigartigkeit und Zugehörigkeit.
Zum Außenseiter würde der Mensch, der sich zu sehr unterscheidet - zum
Opportunisten, wenn er sich zu sehr angepasst und der Gruppen- oder Firmennorm
bedingungslos unterworfen hätte.152 Bindung würde sich schlussendlich in der Polarität
zwischen Nähe und Distanz bilden, was bedeuten soll, jemandem nahe zu kommen und
150 Vgl. Bilsky 2008, S. 63ff. Man vergleiche den Farbenkreis von Johann Wolfgang von Goethe, der im Anhang (1) in Form einer aquarellierten Federzeichnung Goethes aus dem Jahre 1809 dargestellt und mit dem Wertekreis von Schwartz hinterlegt wurde. 151 Vgl. hierzu Kreyenberg 2005, S. 294 152 Kreyenberg 2005, S. 293
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die Sicherheit zu entwickeln, das man auch in der Distanz zu diesem Vertrauen haben
kann.153
Ebenso Im Wertekreis lassen sich im Wertekreis die Ergebnisse der Weltwertestudie
(World Values Survey) des US-amerikanischen Politologen Ronald Inglehart darstellen.
Aus der Datenlage dieser Studie konnte Inglehart seine bekannte These von der
Verschiebung von materialistischen zu postmaterialistischen Werten entnehmen.154 Die
Weltwertestudie ist die umfangreichste und weiträumigste Umfrage menschlicher
Werte, die je durchgeführt wurde. Das in Wellen fortgesetzte Projekt von
Sozialforschern ermittelt permanent soziokulturelle, moralische, ethische und politische
Werte verschiedener Welt-Kulturen in über 62 Ländern. Transponieren wir die
weiterentwickelte Inglehart-Wenzelsche Werte-Karte in den Wertekreis von Schwartz,
so erhält man die kulturell-religiösen Wertesysteme der Welt mit den sie
auszeichnenden Werten, quasi eine Art „Weltkultur-Kreis“.155
So widmet sich das kommende Kapitel den Rollen von Werten in Agrarkultur und der
Bedeutung von – auch agrarkulturellen Werten – für die kulturellen Programme
beziehungsweise Prozesse.
153 Kreyenberg 2005, S. 292 154 Vgl. Klein 2008, S. 31ff. 155 Idee von Strack 2008, S. 96, allerdings dort mit differentem Ergebnis, eine einfache 135 Grad Drehung erbringt kein korrektes Ergebnis.
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2. Wo und wie Bio mit spielt und mitspielt
2.1. Der „agrarische Werte-Kreis-Lauf“ in der Kultu r
Kultur kommt vom Acker. Das Wort „Kultur“ leitet sich aus lateinisch „cultura“ gleich
Bearbeitung, Bebauung, geistige Pflege ab. Kultur hängt also unmittelbar mit einem Akt
der Urbachmachung, zusammen - und damit mit der Natur und dem Abstand des
Menschen zur Natur.156 Dieser macht sich, wie der Germanist Wilhelm Wackernagel
bemerkt, in der Etymologie des Waldes bemerkbar. Der Wald gilt dem Acker als
entgegengesetzt und „tauge“ erst zum Sitz menschlicher Kultur, wenn er verschwände,
also nicht mehr Sitz der Wildheit, des Wildes, wäre. So kann Sigmund Freud Kultur als
die ganze Summe der Leistungen und Einrichtungen bezeichnen, „in denen sich unser
Leben von dem unserer tierischen Ahnen entfernt und die zwei Zwecken dienen: dem
Schutz des Menschen gegen die Natur und der Regelung der Beziehungen der
Menschen untereinander.“ 157
Der Acker symbolisiert den eingegrenzten, gehegten Ort menschlicher Tätigkeiten. Der
Wortfeldforscher Jost Trier führt hier das ganz praktische Beispiel der
Dreifelderwirtschaft an, und zwar in der Form, die man Winterfolge nennt: Ein Drittel der
Ackerflur liegt brach, das zweite Drittel trägt Sommerfrucht, das dritte Winterfrucht, die
Brache wird beweidet. Sie steht mit Wald und übrigem Wiesengrund in ungehinderter
Verbindung, sie ist offen. Aber das Feld mit Sommerfrucht wie das mit Winterfrucht
muss eingefriedet werden, damit das Vieh keinen Schaden anrichtet. Die bestellten,
eingezäunten Teile werden in großen Teilen des deutschen Sprachraums als Zelge
bezeichnet, womit früher Gabelholz (Pflug) und Zaun selbst bezeichnet wurden.158
Am Anfang aller menschlicher Tätigkeit, so Jost Trier, steht die Grenze, der Zaun: „Tief
und begriffsbestimmend durchwirken Zaun, Hegung, Grenze die von Menschen
156 Freud 1997, S. 220. 157 Wackernagel 1842, S. 538f. Die Etymologie (altgriechisch étymos „wahrhaftig“, „wirklich“, „echt“ und logos, Wort, Sprache) wird als Wissenschaftszweig der historischen Linguistik zugeordnet. Hier werden Herkunft und Geschichte der Wörter ergründet und damit, wie sich Bedeutung und Form entwickelt haben und welche ursprünglichen Gedanken und „Sprachspiele“ (Wittgenstein) der Wortschöpfung zugrunde liegen. Aus diesen einstmaligen Bedeutungen lassen sich Formen zu extrahieren, aus denen neue Bedeutungen und Sprachspiele gewonnen werden können. 158 Trier 1945, S. 126f.
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geformte Welt.“159 So wird der durch menschliche Leiber gebildete, eingehegte Kreis –
der so genannte „Mannring“160 - der Mittelpunkt allen kultischen Lebens. Durch den
„Mannring“ wird die „große Arbeit“ verrichtet, vom Hausbau bis zur Ernte, vom
Dreschen bis zum Zäunen, vom Roden bis zur „Landschaftsgestaltung“. Darauf
verweist auch das „Paradies“, das sich vom altpersischen „pairidaeza“ für „Umzäunung“
ableitet.161 So entstammt auch das Wort „Garten“ dem indogermanischen Wortstamm
„ghordo“, was so viel wie „Flechtwerk, Zaun, Hürde“ bedeutet und sich im griechischen
„chórtos“ und im lateinischen „hortus“ spiegelt.162
Auf die Art und Weise des zwischenmenschlichen Umgangs im Mannring geht das
lateinische „ritus“ zurück, die „Ringweise“. Sie bezeichnet die durch „altes Herkommen“
ehrwürdige Form und Ordnung, das Brauchtum, die Feiergewohnheit und Feiersitte, die
Gewohnheit und Sitte sowie die einzelnen Vorgänge des öffentlichen Lebens.163 Damit
hängt Kultur mit Pflege und dem zur Pflege verwendeten Pflug zusammen, was sich im
altgotischen „plega“ – widerspiegelt, das zusätzlich die Bedeutung „Fest“ hat. Es steht
ebenso für spielen und tanzen, was sich bis ins englische „play“ fortgesetzt hat.164
„Pflügen, Pflegen, Spielen“ könnte man daher als Ausprägungen kultureller
Kommunikation interpretieren. Lateinisch „communicare“ heißt „teilen“ oder „teilhaben
lassen“ und „communis“ bedeutet „gemeinsam“.
Das griechische „nomos“ – das verkürzt mit „Gesetz“ bezeichnet wird - hängt auch mit
dieser Wortfeldgruppe zusammen. „Nomos“ leitet sich von „nemein“ ab, einem Wort,
das sowohl nehmen, teilen wie auch weiden bedeutet. Im Nomadenzeitalter war der
Hirte, der Nomeus, das typische Symbol der Herrschaft. In Platons Politikos (274e-
276e) wird dargelegt, dass das „nemein“ des Hirten auf die Nahrung („trophe“) der
Herde verweist165 und der Hirt von seinen geweideten Tieren wie eine Art Gott
159 Trier 1942, S. 232 160 Trier 1942, S. 233. 161 Tabarasi 2007, S. 462. Die fruchtbaren persischen Königsgärten waren stets eingehegt und im Quadrat angelegt, aus dessen Mitte eine Quelle in alle vier Himmelsrichtungen verströmte 162 Mayer-Tasch 1998/2, S. 11 163 Trier 1945, S. 111. Die das öffentliche Leben symbolisierenden und an den Acker erinnernden griechischen Wörter „ageiro“ und „agora“ bezeichnen den politischen und rechtlichen Versammlungsplatz in der athenischen polis. 164 Trier 1945, S. 145ff. 165 In diesem Zusammenhang ist es ggf. von Interesse, dass die Wörter Mähen, Mahlen, Mahl lexikographisch nicht weit voneinander entfernt sind. Das ägyptische Wort „Maat“ bedeutet „Wahrheit, Moral, Anteil“, also eine Ordnung, die aus der unordentlichen Mischung hervorgegangen ist. Die „Maht“ als die Ernte des Grases und Getreides symbolisiert diese jeder Ordnung gemäße Scheidung als Entscheidung über Bedarf und Zugehörigkeit des Geernteten (vgl. hierzu Serres 1994, S. 94). Der
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wahrgenommen werden müsse.166 So ist auch das Wort „Wirt“ in Landwirt mit der
indogermanischen Wurzel „ŭer“ verwandt und dadurch mit „acht geben auf, sorgen für“
konnotiert.167 Diese Sorge hat wiederholenden, kreisförmigen Charakter. Das
lateinische Verb „iteratio“ bedeutete ursprünglich „den Boden noch einmal mit dem
Pfluge aufzureißen“ und nahm erst später die von der eigentlichen Tätigkeit abstrahierte
Bedeutung „Wiederholung“ an. Das Ende einer Wiederholung, einer Tätigkeit verweist
dabei immer wieder auf den Anfang. Ackerbau wie kulturelle Prozesse
beziehungsweise Programme168 sind schöpferische Prozesse in Form spiralförmiger169
„sich nie vollständig gleichenden Wiederholungen und Mustern im Handeln der
Menschen“,170 die die Einheit der Gegensätze bewahren. Ein Großteil des kulturellen,
sozialen und individuellen Lernens, der kollektiven Habitualisierung in der Sozialisation,
erfolgt durch das wiederholte Beobachten von anderen, wie bereits oben beschrieben
wurde.171
Für agrarkulturelle wie sozialkulturelle Prozesse lässt sich ein Aphorismus Nietzsches
anwenden: „Alles geht, Alles kommt zurück; ewig rollt das Rad des Seins […] in jedem
Nu beginnt das Sein; um jedes Hier rollt sich die Kugel dort. Die Mitte ist überall, Krumm
ist der Pfad der Ewigkeit.“172 Ein Bild, das mit dem unsrigem der Windhose vergleichbar
ist. Und damit den Unterschied verdeutlicht zwischen einer „Wiederholung des Selben“,
die „identitär“, „statisch“, „gewöhnlich“, „enthüllt“ daherkommt und aus „Gleichheit,
Kommensurabilität, Symmetrie“ besteht und einer Wiederholung, „die die Differenz
umfasst“, „Heterogenität“, „Appräsentation“, das „Ungleiche, Inkommensurable,
„Assymetrische“.173 Ein Feld, das der Fruchtfolge unterliegt, ist selbstverständlich nie
militärisch-maritime Rang „Maat“ steht dann erstaunlicherweise mit dem Mahl in Verbindung, denn der „Maat“ leitet sich vom mittelhochdeutschen „gemazze“ ab, dem Speise- und Essgenossen, dessen Ursprung sich auch in der „Mast“ findet. 166 Schmitt 1997, S. 39. In Pindars Fragment 169 ist analog der „Nomos Basileus“ mit einer mythischen Ordnungsstiftung durch den Raub der Rinder des dreileibigen Geyron verbunden. Vgl hierzu Schmitt 1995, S. 576ff. 167 Grimm 2004. Neben dem griechischen „nomos“ ist das lateinische nemus „heiliger Hain“ zu erwähnen, weil es eines jener zahlreichen Wörter für Heiligtum ist, die auf Zaun und Hegung zurückzuführen sind, wie templum, forst, pestlum, vé, lundr, hof etc.vgl. Trier 1942, S. 250 168 Der Philosoph und Soziologe Arnold Gehlen sieht in Programmen/Schemata habituell gewordene, eingeschliffene Verhaltensfiguren, die von selbst ablaufen, weswegen ihnen derob eine enorme Entlastungsleistung zukommt. Vgl Gehlen 1957, S. 104f. 169 Die Spirale ist eine natürlich Form beispielsweise an Schnecken, der Doppelhelix der DNS, an Wind- und Wasserformationen, an Ackerwinden und Spiralnebeln, an aufgerollten Schlangen, ebenso wie nicht entfalteten Farnen, ja selbst am/im Kosmos, vgl. Adam 2001, S. 191f. 170 Bolten 2002 171 Damit ist „Kultur“ natürlich streng genommen eine Dikursfiktion, denn jede Beobachtung von Kultur ist zugleich eine Form ihrer Gestaltung durch die „Anwender des Kulturprogramms“, vgl. Schmidt 2003, S. 7 172 Nietzsche AZ 1999, S. 273 173 Deleuze 2007, S. 43f.
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vollständig „identisch“. Aber auch für ein „konventionelles“ Feld gelten die
unabänderlich fortwirkenden organischen Prozesse, dass selbst für den Anschein einer
Gleichheit nur mit dem Verdikt Heinz von Foersters gekontert werden kann: „Nichts ist
jemals so, wie es angeblich gewesen ist. Ich erkenne gerade das wieder, was ich nie
zuvor gesehen habe.“174
Die unterschiedlichen Kreisläufe des Lebens auf der Erde aber setzen die Kreisläufe
des Kosmos voraus. So entstehen beispielsweise die Wechsel von Tag und Nacht
durch die Rotation der Erde um ihre eigene geneigte Achse und die Wechsel der
Jahreszeiten durch das Kreisen der Erde um die Sonne. Auf der Erde sind es die
Kreisläufe der Gesteine, die am langsamsten verlaufen, die sedimentären,
magmatischen und metamorphen Gesteinsbildungen. Durch die Verwitterungen ist der
Gesteinskreislauf in den Kreislauf der Luft und des Wassers einbezogen. Beide sind
Produkte der Gase, die aus dem Erinnern austraten beziehungsweise austreten. Der
Luftkreislauf entsteht durch die Temperaturunterschiede und die entsprechenden
Luftdruckgegensätze, die sich durch Zirkulation ausgleichen, bevor sie sich neu
organisieren.175
Der Kreislauf des Lebens dann ist in die anderen irdischen und in die kosmischen
Kreisläufe einbezogen, ist bedingt durch Sonnenlicht, Luft, die Mineralien und das
Wasser, was Parallelen zur altgriechischen Vier-Elemente-Lehre (Feuer, Wasser, Luft,
Erde) aufwirft. Der Kreislauf des Lebens bildet sich aus den beiden Zyklen der
Photosynthese und der Organismen. Durch die Photosynthese der grünen Pflanzen
werden aus anorganischen Stoffen die organischen Stoffe aufgebaut, die dann Tiere
und Menschen konsumieren. Diese werden nach ihrem Tod wiederum von Bakterien
sowie anderen Mikroorganismen mineralisiert und als Nährstoff den Pflanzen zur
Verfügung gestellt. Hierbei handelt es sich also um das zweckmäßige Zusammenwirken
der drei Hauptbeteiligten des Ökosystems, nämlich der Produzenten, der Konsumenten
und der Reduzenten (Destruenten). Fressen und Gefressenwerden ist das Grundgesetz
des Biozyklus.176
174 Foerster 1993, S. 370 175 Treptow 2001, S. 29ff. 176 Treptow 2002, S. 33
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Auf diesen vorangestellten Ausführungen beruht der Gedanke, die vier
Hauptcharakteristika des Wertekreises von Schwartz (Traditionswerte, universalistische
Werte, Selbstbestimmungswerte, Selbststeigerungs- oder egozentrische Werte) den
vier Hauptwerten agrarischer Tätigkeiten (Nehmen, Teilen, Geben, Weiden
beziehungsweise hier Mehren) zuzuordnen.
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Eine Kultur wie die Agrarkultur ist charakterisiert durch die von einer Gruppe gehaltenen
grundlegenden Denk- und Handlungsmuster, zu denen Werte, Normen, Einstellungen,
Überzeugungen und Ideale gehören.177 Kultur ist eine über die Zeit organisch
gewachsene Lebenswelt, die durch fortlaufend dynamische Handlungsverläufe
entsteht. Dabei folgt sie dem evolutionären Schema der „Variation, Selektion und
Retention“: Aus dem Strom zufällig und dauernd variierender Handlungs- und
Kooperationsmuster werden jeweils aktuell passende Variationen ausgelesen und
genutzt. Bewährt sich eine Variante mehrfach, wird sie dauerhaft beibehalten und mit
Sinn und Bedeutung überformt.178 Bedeutung und Sinn – was in einer spezifischen
Situation „stimmig“ oder „bedeutungshaltig“ wird179 - müssen in einer konsensuellen
Sphäre ermittelt, ausgehandelt, kommuniziert und kooperativ geschaffen werden. Sinn-
und Wertträger generieren, reparieren, adaptieren und transformieren unentwegt die
Wert- und Symbolsysteme, die ihnen erlauben, Sinn zu produzieren.180 Kultur ist, so
könnte man sagen, ein fortwährender Organisations-Prozess der Identität des
Kollektivs.
Kultur ist also ein prozessurales Netz unterschiedlicher Werte- und Symbolsysteme, mit
eigener Sprache, Zeichen, Bildern und mentalen Projektionen und folgt dabei einem
Skript, das sich fortlaufend erstellt, ohne aber explizit niedergeschrieben zu werden.
Aber es gibt dennoch Ausnahmen, Manifestationen, zu denen Artefakte gehören, also
Gebäude, Schriftstücke, Produkte, Technologie, Kunst, Dienstleistungen, aber auch
verbales und nonverbales Verhalten, Mythen, Witze, Rituale oder Regeln.181 Jedes
Kultur(und Organisations-)Mitglied lebt somit nicht nur in seiner „natürlichen“, sondern
darüber hinaus in einer symbolisch vermittelten Umwelt.182 Diese stellen gleichsam
„Selektions- und Interpretationsfilter“183 dar, spannen Bedeutungshorizonte auf und
geben an, was relevant ist und was vernachlässigt werden kann. Artefakte sind quasi
die Oberfläche der Kultur, die sichtbaren Strukturen und Prozesse. Deklarierte Werte
und Be-wert-ungen bilden eine zweite Ebene, zu der offizielle Strategien, Ziele,
177 Vgl. Sackmann 2006 178 Baitsch 2009, S. 224 179 Thomae 1968, S. 586 180 Assmann 2006 S. 34 181 Sackmann 2006 182 Keller 2004, S. 195 183 Sackmann 2006
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Politiken gehören. Eine dritte Ebene sind dann die unbewussten, selbstverständlich
vorausgesetzten Weisen des Wahrnehmens, Denkens und Glaubens.184
Kultur als dynamischer Prozess hat einen doppelten Charakter, sie ist sowohl Medium
wie auch Resultat des Handelns. Damit finden sich kulturelle (Leit-
)Differenzen/Elemente in jedem einzelnen Subsystem/-kulturen oder Wertecluster. Die
Interpretation jedoch geschieht jedoch im Lichte der jeweiligen „Leitwährung“ und „Leit-
wert-ung“ – beispielsweise unter der Brille des Wachstums, der Tradition, der
ausgleichenden Gerechtigkeit oder der Propagierung steten Wandels. Das kann zu
tiefen innersystemischen Differenzierungen und Hierarchisierungen führen.185
Unterschiedliche Kulturen beziehungsweise Kulturstile resultieren aus einem Wandel,
der durch die Betonung anderer Werte und Präferenzen eingeleitet wird. Einen
Werteverlust gibt es danach eigentlich nicht, wohl aber eine Substitution bestehender
184 Vgl. Baitsch 2009, S. 226 185 Beispiele könnten hierfür sein die „Drei Ordnungen“ (G. Duby) von Klerus, Adel und Drittem Stand im feudalistischen Mittelalter (innerhalb traditioneller Leitwertungen), Hierarchien aus produktiven Lohnarbeitern, industriellen Kapitalisten und klassischem Imperialismus (Ausdifferenzierung aufgrund egozentrischer Leitwertungen), allumfassende bürokratische Demokratie (universalistische Leitwertungen) beziehungsweise bewaffnete Anarchie („Machnowschtschina“) als Durchsetzung von Selbstbestimmung.
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Werthierarchien durch alternative Wertecluster.186 Mit jeder neuen gewonnenen
Konstruktion, der Übernahme beziehungsweise dem Wandel von Werten und
Interpretationen stellt sich aber die Welt anders dar.187
Innerhalb einer Kultur lassen sich analog unserer Wertekreiseinteilung verschiedene
spezifische „Lebens- und Sprachformen“188 unterscheiden. In diesen durch Regeln
konstituierten Lebens- und Sprachformen oder Milieus fühlen, denken, sprechen
Menschen und definieren ihre Alltagsprobleme. Insofern ist die wahrgenommene
Wirklichkeit immer von der jeweiligen linguistisch geprägten Lebens- und Sprachform
abhängig. So entwickeln sich spezifische Sprachspiele, mittels derer die Mitglieder die
Welt interpretieren sowie Handlungen und Interaktionen.189 Diese parallelisierenden
Wirklichkeitskonstruktionen bilden Kontextgemeinschaften aus. Die Lebenswelt stellt
also einen Wissensvorrat mit bestimmten Restriktionen für den individuellen Aktor dar
und wird im gleichen Zuge durch Handlungen des Aktors reproduziert.190 Ein Mensch
kann gleichzeitig mehreren Kontextgemeinschaften respektive Mileus angehören, der
Übergang zwischen den Kontexten erfordert einen Perspektivenwechsel, einen
„Kontextswitch“.191
Wo es also keine direkten Anschlussmöglichkeiten gibt, ist ein „oszillierender
Austausch“ von Kommunikation und Wertungen möglich, „wie in manchen Filmen den
Übergang von einem Bild zum nächsten. Der Übergang vollzieht sich nicht plötzlich,
sondern das eine Bild wird allmählich schwächer, das andere taucht langsam auf und
wird stärker, so dass eine Zeitlang beide Bilder durcheinander gehen und man nicht
weiß, was eigentlich gemeint ist.“192 Durch rasante Rückkoppelung kommt es zu einem
schnellen Hin-und-Her-Springen, zu Zuständen des Sowohl-als-auch. Während wir dies
als Oszillation bezeichnen, werden Mischungsverhältnisse und „sanfte Übergänge“ mit
186 Analog zur Rede vom Werteverlust schrieb bereits Luhmann (1987, S. 587): „Besonders »Sinnverlust« ist heute eine Formel, mit der Erfahrbares in die Selbstbeschreibung der Gesellschaft eingearbeitet wird. Aber Sinn ist nach wie vor unvermeidliche Form des Erlebens und Handelns. Ohne Sinn würde die Gesellschaft, würde jedes Sozialsystem schlicht aufhören zu existieren. Was gemeint ist, wird durch diese Formel nicht zutreffend bezeichnet, sondern übersteigert, um die Gesellschaft für schuldig erklären zu können.“ 187 Vgl. Dux 1992, S. 46 188 In Anlehnung an Wittgenstein 1984 (Philosophische Untersuchungen), S. 241 189 Vgl. Hejl 1992, S. 191 190 Kirsch 1999, S. 214 191 So Kirsch 2001, S. 13 192 Heisenberg 2008, S. 38f.
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„Schwelle“ bezeichnet.193 Dementsprechend haben die verschiedenen Wertsysteme
und Leitwertungen in den kulturellen Prozessen verschiedene Aufgaben
beziehungsweise Leistungen zu vollbringen. Moderne Sozialsysteme wie etwa
Ökonomie, Politik, Wissenschaft, Kunst, Erziehung etc. sind also zugleich autonom und
strukturell gekoppelt. Was also auch bedeutet, dass zeitweise eine Dominanz einer
Lebenswelt, eines Wertsystems konstatiert werden kann. In diesem Fall könnte man
von einem „kulturellen Vorlauf“194 sprechen.
Die Leitwerte aus dem Segment der Tradition sorgen jedenfalls dafür, dass die
Menschheit nicht immer wieder bei „Null“ anfangen muss. Denn für jede Generation
steht in der „kulturellen Null-Lage“ der Geburt eine Kulturannahme an. Kein Mensch
kann geben, teilen und zuteilen, ohne zu nehmen, ohne anzunehmen. Menschliche
Gesellschaften sind für ihr Überleben und ihre Bedürfnisbefriedigung auf ihre
überlieferten kulturellen Fähigkeiten - Praktiken, Normen, Werke, Sprache, Institutionen
- angewiesen. Die durch Medialisierung erlernte und vererbte Kultur195 stellt das Selbst-
Verständliche menschlichen Handelns dar, das von selbst Verständliche, das
Vertraute.196
Die Zurückbindung an (lateinisch „religo“) beziehungsweise die Beobachtung von
(lateinisch „religio“) Tradition Letzte Be-Gründ-ung annehmende, prinzipistische
Ansätze teilen die Annahme, dass die humane Welt durch ordnende Prinzipien
ausgezeichnet ist, anhand deren sich das Denken und Handeln objektiv wie definitiv
orientieren lässt.197 Objektivistische Theorien unterstellen in positivistischer und
realistischer Weise jeweils nur eine gültige Weltkonstruktion. Parallele existierende
Weltkonstruktionen können demnach nur im Sinne eines Entweder-Oder Gültigkeit
besitzen. Diese prinzipistischen Ansätze sind, da sich ja die Sektoren in den anderen
Segmenten wiederholen, nicht nur auf das Letztwertesystem beschränkt, sondern
finden sich auch im Kategorischen Imperativ eines Universalismus, eines
utilitaristischen Nutzensummenkalküls im Sektor der Selbststeigerung oder als
dogmatisches Relativitätsprinzip. Der Grund des Mundus, der in der Sprache und
Symbolik gründenden humanen Welt, wird hier so gedacht wie der des physischen
193 Kulturelle Prozesse sind natürlich auch durch Stagnationen, Regressionen und nicht lineare Fortentwicklung gekennzeichnet. 194 Kirsch 1999 II, S. 254 195 Heinrichs 1998, S. 8 196 Vgl. Gottwald 2003, S. 217f. 197 Vgl. Badura 2006, S. 2
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Globus – als unabrückbares Fundament. Nach diesen Auffassungen spiegelt die
Sprache die Realität, beziehungsweise bildet sie wahrheitsgemäß ab.
Hier gelten Werte als offenbarte und verbindliche Wahrheiten, wie Joseph Ratzinger
betont: „Wir sprechen dabei heute lieber von Werten als von Wahrheit, um nicht mit
dem Toleranzgedanken und dem demokratischen Relativismus in Konflikt zu geraten.
Aber der eben gestellten Frage kann man nicht ausweichen, denn Werte beziehen ihre
Unantastbarkeit daraus, dass sie wahr sind und wahren Forderungen des menschlichen
Wesens entsprechen.“198 Nach dieser Ansicht – aber auch durch den
Sozialisationsprozess des Einzelnen – ist Moral „immer schon da“, so dass der Mensch
in Sachen Moral argumentativ immer zu spät kommt; er „hat“ schon „eine Moral“ und
„ein Gewissen“, ehe er über moralische Fragen nachdenken kann.199 Moralische
Imperative brauchen detaillierte Regeln, die sagen, wann die Regel gilt – ein
unendlicher Regress auf unendliche Imperative,200 wobei letztendlich eine (sich selbst?)
autorisierende Stelle den Regress beenden kann, so dass sich moralische
Werthierarchien auch mit menschlichen Status-Hierarchien verbünden können. Daraus
konstituiert sich „ein solidarisches System einer moralischen201 Gemeinschaft, eine
kollektive Angelegenheit.“202 Wobei endogene Traditions-Dynamiken versuchen,
Verbindungen zwischen der Historie, der Gegenwart und einer (möglichen) Zukunft zu
ziehen, während exogene Traditions-Anwendungen immer wieder neue
Abweichungen/Heterogenitäten in die Tradition „einarbeiten“.203
Auf der Schwelle zwischen traditionellen und Selbststeigerungs-Werten existieren
beispielsweise Auffassungen vom Markt als (religiöses) Letztwertesystem wie auch jene
der Organisierung von Letztwertesystemen (Religion) nach Marktgesichtspunkten.204
198 Ratzinger 2005, S. 51 199 Schmidt 2003, S. 12 200 Schönherr-Mann 1997, S. 35 201 Moral von lat. „mores“=Sitten, Gebräuche. Moral ist also ein Moment der Rückbindung, lat. „religere“, inhärent 202 Durkheim 1994, S. 75 203 Kirsch 2001, S. 14 204 Markt/Ökonomie und Religion können daher auch Gemeinsamkeiten aufweisen: Erstens dienen beide dem Speichern und Übertragen von Erinnerung beziehungsweise Werten. Sie dienen zweitens zur Koordination von Interaktionen. Sie verstärken die Möglichkeit, dass Unwahrscheinliches geschieht – so im Abendmahl oder in der kampflosen Güterübertragung. Beide ermöglichen Körperextensionen – Anwesenheit von Jesus Christus beziehungsweise „spekulative“ Anwesenheit in fernen Wirtschaftsprozessen. Beide „Massenmedien“ beruhen auf Beglaubigungsstrategien, auf Credo und Kredit, um gedeckt zu sein.Vgl. hierzu Hörisch 2004, S. 20 ff. Als Kritiker des Marktes als Religion sei hier nur Walter Benjamin angeführt. Der Markt ist nach Benjamin eine reine Kultreligion ohne spezielle Dogmatik, ein Kult in Permanenz „ sans [t]rêve et sans merci“, in dem es keinen Tag gäbe, der nicht
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Zwischen den traditionellen Werten und jenen der Selbstbestimmung, die Offenheit für
Wandel beinhalten, besteht hingegen Oszillation – beispielsweise in der Einnahme
verschiedener Rollenmuster in beruflichen (Wissenschaftler) wie privaten
(Trachtenverein) Funktionen. Die Schwelle zwischen traditionellen und
universalistischen Wertungen bilden Vorstellungen von theologisierter, hypermoraler
Politik oder Auffassungen politischer Theologie, die man mit Voegelin als „politische
Religion“ oder Ideologie bezeichnen könnte.
Dem Segment universalistischer Wertungen nun geht es um eine ganzheitliche Sicht
auf den „Verteilungsschlüssel“ des Genommenen und zu Nehmenden“,205 der temporär
festgeschrieben wird in institutionellen Ordnungen. Das verdeutlicht die Lage des
Segments im Wertekreis zwischen Tradition und selbstbestimmtem Wandel, zwischen
Kontinuität und Kontingenz. Institutionen regeln Zugehörigkeit, Solidaritäten, bringen
Normen und Rollenerwartungen zum Ausdruck. Die hier situierten universalistisch-
pragmatischen „Strategien“206 sind dauerhaft sondierend und ausleuchtend, Strategien
der Er-gründung, sie begreifen die humane Welt als einen durch mannigfaltige
Erfahrungszusammenhänge konstituierten Raum, in dem sich „das Menschsein gleich
einer dauerhaften Passage“ einschreibt, abhängig von Bedingungen des Kontexts, je
realisierter Lebensformen und Erfahrungshorizonte.207 Sprache dient in diesen
Kontexten dem „kommunikativen Handeln“ und der wechselseitigen Verständigung
(Habermas).
Die Gesamtgliederung des Wertekreises und seine unterschiedlichen Werte
wiederholen sich in diesem Segment in unterschiedlichen Auffassungen zur Art des
Verteilungsschlüssels der kollektiven Ressourcen, also zur jeweiligen kollektiven
Festtag in dem fürchterlichen Sinne der Entfaltung allen sakralen Pompes ist, ein Kult der äußersten Anspannung des Verehrenden, der erste Fall einer nicht entsühnenden, sondern verschuldenden Kultreligion. Vgl. Benjamin 2004, S. 15ff. 205 Das politische System ist ein Funktionssystem neben anderen, gekennzeichnet durch die spezifische Funktion der Produktion und Durchsetzung kollektiv-verbindlicher Entscheidungen, der Produktion und Sicherung von Kollektivgütern. Wobei auch die Definition von Kollektivgütern eine Differenzierung, meist ein politische Entscheidung, erfordert. Willke (2001, S. 185ff.) spricht hier von „Kollateralgütern“, Gütern, „an denen ein öffentliches Interesse besteht, deren Produktion auch eine Positiv-Summen-Bilanz erzeugt, deren Herstellung aber weder spontan auf dem Markt erfolgt, noch autoritativ von der Politik diskreditiert werden kann.“ Man könnte stattdessen auch von „Blinden Fleck“-Gütern sprechen. Je mehr Ausweichmöglichkeiten ein kollektives Problem lässt, umso schwieriger ist die Mobilisierung kollektiven Protests oder kollektiver Zustimmung, vgl. Eder 1990, S. 30 206 Strategie wird hier und im Folgenden im Anschluss an Kirsch (2001, S. 76) mit der Formel „die Fähigkeiten signifikant betreffend“ gleichgesetzt. 207 Badura 2006, S. 1
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Verfassung.208 Soll diese legitimiert sein, so bedarf es der Einbindung vertikaler
Legitimierung (Traditionswerte aus beispielsweise Religion und Geschichte) oder der
horizontalen Legitimierung (eine – wie auch immer zu definierende – Mehrheit innerhalb
bestimmter Grenzziehungen).209
Reine Legalität – ohne Legitimität - hieße in diesem Fall einen von der Legitimität
unabhängigen rechtlichen oder ethischen Anspruch auf äußeres Verhalten zu
begründen. Im Unterschied zu den Moralen des Letztwertesystems, die sich auch auf
göttliche Offenbarungen berufen können, kehrt die Ethik das Urteils-System um. Im
Gegensatz zu den Werten (gut-böse) wird der qualitative Unterschied der
Existenzweisen (gut-schlecht) an deren Stelle gesetzt.“210 Das bedeutet, dass die Moral
- als eine Theorie der Absichten - von der Ethik, die über die Wirkungen handelt,
unterschieden wird. Relevant dürfte in diesem Zusammenhang sein, ob auch
„außerhumanes“ Leben in den „kollektiven Teilungsschlüssel“ der Verfassung
aufgenommen wird, also womöglich eine biosphärische oder ökosystematische
Berücksichtigung aller Spezies stattfindet.211
Eine Beispiel für eine Oszillierung zwischen universalistischen Werthaltungen und
selbststeigernden, ökonomischen Werten ist vielleicht das Konzept der Nachhaltigkeit,
das erstmals Mitte/Ende der 80er Jahre im so genannten Brundtland-Bericht der World
Commission on Environment and Development formuliert wurde. Bestandteile waren
die Forderungen nach umweltverträglichem Wirtschaften (Konsistenz), der besseren
Ausnutzung von Ressourcen (Effizienz), der Beschränkung des Gesamtverbrauchs
(Suffizienz) sowie eine intra- und intergenerationelle Verteilungsgerechtigkeit.212 Es
werden also Begriffe des Globalen - ökonomisch-selbststeigernde Wertungen – mit
208 Zum Vergleich die Verfassungskreisläufen von Platon, Aristoteles, Polybios – beziehungsweise die unterschiedlichen Formen politischer Strukturen. 209 Das ganze Mittelalter hindurch wogt der Kampf der Universalmächte – der „auctoritas „des Papstes und der „potestas“ des Kaisers um die die Kontinuität im „corpus morae et politicum“. Da „auctor“ derjenige ist, der die Tat eines anderen oder eine Rechtssituation vermehrt oder perfektioniert, ist der Kampf um die metarechtliche „auctoritas“ letztlich ein Ringen um diejenige Legitimierungskraft, die eine normativ-rechtliche „potestas“ suspendieren oder reaktivieren kann, und das nicht nur im Ausnahmefall des Krieges. Die „auctoritas“ ist das, was vom Recht bleibt, wenn das Recht vollständig suspendiert wird., vgl. Agamben 2004, Seite 90 210 Pfaller 2002 211 Einflüsse traditioneller, religiöser Letztwerte, können auch diesem Kontext prägend sein. So geht beispielsweise der Buddhismus von einer zyklischen Wiederkehr des Lebens aller Lebewesen aus. Ein Mann könnte in einem vorherigen Leben ein Hund gewesen sein, eine Frau in einem nachfolgenden Leben ein Vogel werden. Damit erhalten aber alle Lebewesen den gleichen Wert und die Würde des Menschen kann sich nicht in Abgrenzung zu Tieren oder Pflanzen bestimmen. Vgl. Ida 2007, S. 261 212 Schmuck 2005, S. 85
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jenen des Universellen im Verfahren wechselseitiger Konkordanz abgewogen.213 Es
sollen letztlich Ressourcen für ein maßvolles Wirtschaften erhalten werden.
Wachstumswirtschaft benötigt das zu Mehrende, einen Rest, einen Überhang, etwas
nicht Verteiltes, nicht Verbrauchtes beziehungsweise etwas der Wirtschaft Zu- und
Zurückgeführtes, ein Investitionsgut, wie es beispielsweise auch (früher
zurückgehaltenes) Saatgut bedeutet. „Ab integro nascitur ordo“ – aus dem Nichts
schaffen nur kleine und große Zauberer. Die hier rekurrierte Investition steht dann als
Produkt der Oszillierung zwischen universalistischen Be-wert-ungen des
Verteilungsschlüssels – Normen sind in der Regel Be-grenzungen – und
selbststeigernden Wertungen.
Die Investition investiert also den „Rest“, der nach der körperlichen Restitution bleibt.
Daher benennen wir diesen Sektor mit „Selbststeigerung“. Pragmatische Strategien
zwischen Kontinuität und Kontingenz herrschen auch hier vor, aber im Unterschied zu
den universalistischen sind es hier individuelle Kalküle. Sie gründen sich auf ihre
Schlüssigkeit innerhalb provisorisch etablierter Normierungskonzepte für das eigene
Selbst.
Analog war die Subsistenzwirtschaft, die Erhaltung des Lebensunterhaltes, bis fast ins
19. Jahrhundert hinein charakteristisch für Europa. Nachdem die Befriedigung der
körperlichen Bedürfnisse annähernd sichergestellt war, konnten sich Werteprioritäten
und damit einhergehend auch Organisationsformen verschieben. Dem entspricht die
Eskalationsdynamik der Maslowschen Bedürfnispyramide, nach der zunächst die
Befriedigung körperlicher Bedürfnisse erfolgt.214 Auf der anderen Seite wurde wohl
schon Marx klar, dass der ökonomische Apparat, der sich nur der Lösung der
„Knappheitsproblematik“ widmet, paradox funktioniert: Funktioniert er zu gut, droht er
zusammen mit den Knappheiten auch sich selbst zu beseitigen.215
213 Die Universalität betrifft die Menschenrechte und die Demokratie, die Globalisierung betrifft die Technik und den Markt. Die Globalisierung scheint irreversibel, wohingegen das Universelle im verschwinden begriffen scheint, so jedenfalls Baudrillard 2007, S. 36. Tatsächlich gibt es so etwas wie „strukturelle Verantwortungslosigkeit“ (Künzli 1986, S.145), die der französische Philosoph Michel Serres (1998, S. 345) wie folgt charakterisiert: „Depaysé – aus dem Lande und in die Fremde gegangen, durch Wechsel der Landschaft und das Umherwandern in zahlreichen Ländern, beständige Emigranten, ohne einen heimischen Herd und sein Feuer, heimatlos, solcherart losgelöst ist es uns auf schmerzliche Weise gleichgültig, ob wir im Packeis leben oder in der Südsee, auf einer Insel oder in der Wüste, sofern wie uns nur des Morgens vor unser Blatt Papier setzen und ihm dienen.“ 214 Vgl. Klein 2008, S. 32f. 215 Priddat 2008, S. 92
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Also rückt die Dynamik um den „Rest“216 das Neue statt die Subsistenz in den
Vordergrund. Hier erklärt sich dann auch die quasi natürliche Symbiose mit der Technik.
Der „Rest“ jedenfalls muß nun dynamisch investiert und inventiert werden, damit er zu
konjunkturell belebendem technischen Fortschritt („Inventions“) und technischen
Neuerungen („Innovation“) führt. Der schöpferische, dynamische Unternehmer
(Schumpeter) benötigt Extragewinne und „Pionierrenten“, die seine Investition
amortisieren, bevor der Verdrängungsprozess neuer „schöpferischer Zerstörung“
beginnt.217 Dieser Prozess erinnert wahrscheinlich nicht von ungefähr an den
Kulturprozess, an das „in Lernprozessen von Generation zu Generation Vermittelte“,218
denn Lernen erfordert eine „offene Kombination von festzuhaltendem und zu
änderndem Wissen“.219 Daher existieren innerhalb selbststeigernder Werthaltungen im
Wertesystem der Ökonomie auch Zirkulationsvorstellungen von Güter-, Dienstleistungs-
und Geldströmen – analog zu anderen Wertesystemen und ihren internen Zirkulationen
in Verfassungskreislauf, Erneuerung der Gemeinschaft (Geburt, Kommunion) oder
permanenter Selbsterfindung.
Geldmengenveränderungen (Irving Fisher), Unterkonsumtion (John A. Hobson, John
Maynard Keynes), abnehmende Grenzleistungsfähigkeit von Investitionen (Keynes),
strukturelle Schwankungen (Kondratjeff-Zyklus) können mit den Bedingungen des
„Rests“ und den „zyklisch-periodischen Veränderungen gesamtwirtschaftlicher
Größen“220 verknüpft werden und stehen für die Oszillation zwischen den
Werthaltungen des Universalismus wie auch der Selbststeigerung.221 Auf der Schwelle
in den Bereich des Sektors der traditionellen Letztwerte finden sich technisch-
216 Es entsteht oszillativ natürlich auch eine politische Dynamik um den Rest. Das, wovon die Bürger meinen, dass der Adel es ihnen unrechtgemäß entzöge, behaupteten später die Arbeiter gegenüber den Bürgern. Die Rente, die Kapitalisten den Arbeitern nähmen, sei der der Mehrwert, sagte Marx; vgl. Priddat 2008, S. 90 217 Der amerikanische Ökonom Raymond Vernon verband 1966 die Existenz des technologischen Monopols und des Produktlebenzyklus mit dem internationalen Handel. Ein technisch neuartiges Produkt wird also solange exportiert, bis es von anderen Ländern nachgeahmt, billiger produziert und in die Ursprungsländer exportiert wird, wo der Gesamtkonsum bereits abnimmt, da bereits neuere und technologisch höherwertige Produkte nachgefragt werden. Vgl. Meyers 2006, S. 242f. 218 Gottwald 2003, S. 217 219 Luhmann 1987, S. 448f. 220 Witthoff 1980, S. 5 221 So empfiehlt der Monetarismus der Finanz- wie der Geldpolitik konjunkturpolitische Abstinenz, Eingriffe in den Markt möglichst zu vermeiden und das langfristige Wachstum zu fördern. Auch die Neue Politische Ökonomie verweist auf die Möglichkeit politisch induzierter Konjunkturschwankungen. Es gibt auch politisch-ökonomische Weichenstellungen, die nach Maßgabe einer Kreislaufwirtschaft positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben können. Recycling beispielsweise zielt darauf ab, weiteres Wirtschaftswachstum zu ermöglichen, ohne die natürlichen Energiequellen unnötig rasch aufzuzehren. Sie sind also im Sinne des über Rest und Quantum Vorbemerkten eine Investition, damit Wirtschaften auch zukünftig möglich bleibt.
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ökonomische Lebenssteigerungen wie die Gentechnik. Biotechnologie,
Informationstechnologie und Kognitionswissenschaft lösen – unter anderem unter dem
Paradigma des „guten Lebens“ - die Grenze zwischen natürlich und künstlich
sukzessive auf. Mit genetischen Algorithmen, genetischem Programmieren oder sich
selbst evolutionär entwickelnden Maschinen, Robotern und Programmen könnte sehr
bald ein neuer Zweig der Evolution einsetzen.222 Es existiert auch eine Schwelle zu den
Selbstbestimmungs-Werten, beispielsweise in Form der immer erneute Reize
benötigenden (Fremd-)Stimulation.223 Sprache besitzt in selbststeigernden Kontexten
eine erfolgsorientierte Funktion, ist Mittel zum Zweck.
Die Werthaltungen der Selbstbestimmung liegen jenen der Tradition gegenüber. Hier
geht es nicht um „Halten“ und „Behalten“, sondern um Werden, Wandel, Kontingenz,
Risiko. Die An-Nahme, die sich im Segment traditioneller Werthaltungen vollzieht, wird
hier als Ab-Nahme des Entwerfens „eigentlicher Möglichkeiten“224 durch
Schematisierung, Automatismus und Habitualisierung interpretiert, die den Menschen
(nur) als »Funktionsträger«225 gemeinschaftlicher Pflichten versteht.226 Die Maxime
dieser hier situierten Werthaltungen ist die Erschließung, eine Rückgabe des eigenen
Selbst aus der gesellschaftlichen Verfügungs-Masse.227 Hier herrschen Strategien der
Ent-Gründung, der Dekonstruktion, die die Vorstellung eines vorfindlichen oder
ermittelbaren definitiven Grundes, wie ihn prinzipistische Strategien unterstellen, von
sich weisen. Dekonstruktive Strategien konstatieren, dass die humane Welt keine
definitive Form haben kann, weil sie ein symbolisch konstituierter Raum möglicher
222 Maresch 2001, S. 16 223 Wie sie beispielsweise im Technik-Freak oder dem „Event-Hopper“ der „Spassgesellschaft“ (Gerhard Schulze) vorliegt 224 Vgl. Heidegger 2001, S. 178 225 Max Weber (1980, S. 12) hierzu: „Das streng traditionale Verhalten steht – ganz ebenso wie die rein reaktive Nachahmung – ganz und gar an der Grenze und oft jenseits dessen, was man ein „sinnhaft“ orientiertes Handeln überhaupt nennen kann. Denn es ist sehr oft nur ein dumpfes, in der Richtung der einmal eingelebten Einstellung ablaufendes Reagieren auf gewohnte Reize.“ 226 Gehlen 1957, S. 106. So spielt sich Hegels Herr-Knecht-Dialektik nicht nur zwischen verschiedenen Individuen mit verschiedenem gesellschaftlichem Status ab. Sie ist auch innere Dialektik, ja Schizophrenie, zwischen naturaler Gemeinschafts- und Gruppenzugehörigkeit und innerer Selbstfindung und – bestimmung. 227 Mehrere Sprachen bezeichnen den „Herrn“ durch ein Wort mit der Bedeutung „er (sich) selbst“, das durch die indogermanischen Wurzel „pot“ repräsentiert wird. Im Lateinischen schart sich um das Wort *potis, sei es in freier Form oder in einem Kompositum, eine große etymologische Familie. Neben „hospes“ bildet es die Adjektive „compos“ und „impos“, also „wer Herr seiner selbst, seines Geistes“ ist und das Verb *potere, dessen allein erhaltendes Perfekt „potui“ zum Paradigma von „können“ gezogen wurde. Bei Plautus steht im gesprochenen Latein „ipsissimus“ für Herr, das Selbst, den einzig Wichtigen. (Vgl. Beneviste 1993, S. 71ff.) Wenn Homer beispielsweise vom Land der Zyklopen schreibt, so bezeichnet er dieses als „athémistes“ – jede Familie lebe dort nach ihrem eigenen Gesetz, die Zyklopen seien wahrhaftig Wilde. (Vgl. Beneviste 1993, S. 373f.) Hier entsteht das selbst, das in Dialektik mit dem anderen seiner selbst steht.
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Formen ist und die immer neue Herstellung solcher Formen und ihrer Organisation ein
ihr inhärenter produktiver und kreativer Teil der humanen Welt ist.228 Der „normative“
Anspruch von dekonstruktivistischen Strategien liegt in der Aufzeigung dessen, was im
je Verwirklichten nicht verwirklicht wurde. Hier angesiedelte Sprachauffassungen
spiegeln wieder, dass objektive Realität nicht zu erkennen ist, weil sich jeder Einzelne
seine Wirklichkeit „konstruiert“ und Sprache daher immer mehrdeutig und damit
„Sprachspiel“ sein muß.
Einem in den Übergängen zum Sektor der Selbststeigerung liegender Wettbewerb „um
einen Unterschied gegen die Anderen“229 stehen die Übergänge in den Sektor
universalistischer, pragmatischer Haltungen gegenüber, die Kreativität, Phantasie und
Freiheitsbegehren befördern – und damit durchaus gesellschaftlich „nützlich“ sind. Das
schöpferische Potential verschwindet allerdings, wenn die Differenz zum Anderen
spannungslos wird, wenn also entweder alle widerspruchslos im Kollektiv integriert sind
oder wenn niemand mehr die Sogwirkung einer Gemeinschaft verspürt. Oder auch
wenn keiner den Anderen als möglicherweise heilsame Provokation – „homo mensura“
einmal anders interpretiert – zur Selbstveränderung erlebt.
Betont man also nur das Trennende, lässt sich eine menschliche Existenz als ein
Entweder-oder verstehen; entweder Innen oder Außen, entweder Selbstbestimmung
oder Letztwerte. Aber Existenz trennt und verbindet gleichzeitig, sie ist die
Gleichzeitigkeit des Entweder-oder und des Sowohl-als-auch.230 Das schlägt sich auch
im Identitäts-Paradox nieder: Eine Realisierung von „Ich-Identität“ ist nur im Rahmen
einer kollektiven „Wir-Identität“ möglich.231 Der Mensch ist im eigentlichen kein
Individuum, sondern ein Dividuum, eine Person, die sich teilen, sich re-produzieren oder
maskieren kann. Kennzeichnend für diese oszillierende Beziehung zwischen
Letztwerten und Selbstbestimmungswerten sind die „Bastelbiographien“ der
postmodernen Gegenwart zwischen Abstand und (vermeintlicher) Individualität auf der
einen Seite sowie mimetischer Kopie und Wiederholung auf der anderen Seite. Auf der
Schwelle zwischen Selbstbestimmungs-Werten und universalistischen Werthaltungen
steht beispielsweise ein künstlerischer Expressionismus, wie er sich in Festivitäten,
228 Badura 2006, S. 3 229 Heidegger 2001, S. 126 230 Vgl. Weihe 2004, S. 106 231 Vgl. Lang 2004, S. 138
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Ritualen, Tanz, Gesang232 sowie dramatischen Vorführungen233 findet. Auf dieser
Schwelle finden sich kollektive Ventilformen (Karneval) wie auch symbolisch-
künstlerische Darstellungen234 des von der Gesellschaft Ausgeschlossenen.
Das Ausgeschlossene ist das Freie, das Autonome, sich selbst Bestimmende, so zum
Beispiel die Natur als das, „was draußen ist. In die Natur gehen heißt: nach draußen,
hinaus ins Freie. Die so entdeckte und definierte Natur ist das Draußen, d.h. zunächst
außerhalb der Mauern, also das Ländliche und die Landschaft, […] das
Außerzivilisatorische.“235 Wenn dann auf die Ausweisung die Einweisung folgt,236 wird
das Ausgeschlossene eingeschlossen und gesellschaftlich nützlich privatisiert.237 Dass
zwischen diesen Haltungen zur Natur durchaus „farbige Graustufen“ bestehen, ist
Thema des nächsten Kapitels.238
232 Bäuerliche Ausdruckkultur schlägt sich in Schmuck, Hausbau, Tanzen, Paraden, Festen und Sprachgestalten nieder. Vgl. Gottwald 2004/2, S. 275 233 Wie in Shakespeares Hamlet, bei dem der Zuschauer quasi Beobachter (zweiter Ordnung) der Beobachtung (Inszenierung) von Selbstbestimmungs-Werthaltungen wird. Vom ersten Satz an ist der Prot-Agon-ist (griechisch agon = piel, Wettkampf) auf der Flucht vor Identitäts-Fixierungen. Den dänischen Prinzen, der aus einer Rolle in die andere fällt, zeichnet ein distanzierter und skeptischer Blick aus. Das skandinavische Wort „Amleth“ bedeutet übrigens Narr, was überleitet zum regelgeleiteten Regel-Derblecken, dem gesteuerten „Bierdorf“ des Karneval. 234 Symbole stehen auch in einer Analogie zur menschlichen Existenz. Denn ein „symbolon“ sind zwei getrennte Stücke, die zusammenpassen und eine Einheit repräsentieren. 235 Böhme 1989, S. 61 236 Die im doppelten Sinne zu verstehende Ausweisung von Naturschutzgebieten könnte Giorgio Agambens These unterstreichen, dass sich das „nackte Leben“ (nur) im Lager ausgeschlossen beziehungsweise eingeschlossen wieder findet. 237 Der Verbrauch, der notwendigerweise die Sache vernichtet, ist nichts anderes als die Verneinung des Gebrauchs, der die Substanz der Sache unversehrt halten möchte. Vgl. Agamben 2005, S. 80 238 Im Augenblick größtmöglicher Autarkie der „zweiten Natur“ – der menschlichen Kultur - fordert die erste Natur Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit für sich, für das Ausgeschlossene – durch den Klimawandel.
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2.2. Die Natur – (nur) zwischen Ökonomie und Ökolog ie?
Wahrnehmungen von Natur reichen vom antiken Verständnis der quasi-theologischen
Natur als Kosmos, an dessen harmonischer Ordnung sich menschliches Handeln zu
orientieren habe über moderne Haltungen von Natur als Ergebnis zunächst planloser
Mutationen und natürlicher Selektion und einem letztlich doch erreichten Gleichgewicht
der Arten und Lebensbedingungen bis zur „liberalen“ Natur als Ort beständiger
Konkurrenz.239 Letztendlich bewegt sich eine Bewertung der Natur zwischen der
Einordnung als Leben spendend und –sichernd auf der einen Seite sowie als das
Bedrohende und Lebensgefährdende auf der anderen Seite, das keine Rücksicht auf
menschliches Leben nimmt. Letztere Kategorisierung wird zuweilen als unbeschränkte
Freiheit zu einem Handeln des Menschen in und an der Natur interpretiert. Woraus
unbedingte Aneignung und Bearbeitung, Vernutzung und Destruktion resultieren
können. Auf der anderen Seite stehen praxisferne, nur „anschauende“ Verhältnisse,
ästhetische Wahrnehmung von Natur, die der Natur eine Freiheit von menschlichen
Handlungen, menschlicher Arbeit einräumt.240 Im Folgenden werden nun exemplarisch
einige Typisierungen innerhalb der „farbigen Graustufen“ zwischen den Antagonismen
vorgenommen.
In der als „individualistische Stadtnatur“241 von Stefan Körner (TU Berlin) bezeichneten
Haltung wird eine spezifisch „heimatliche Qualität“ der Natur negiert. Statt einer
„Eigenart“ und einem daraus folgenden „Management“ „neuer“ Arten wird vor allem die
Flexibilität und Leistungsfähigkeit der Arten gleich welcher Herkunft geschätzt, die zu
immer wieder überraschenden Anpassungsvorgängen an veränderte
Umweltbedingungen führen. Menschliche Nutzungen sind Anstoß und Chance für neue
evolutionäre Entwicklungen innerhalb der Natur nach Maßgabe eines kontingenten,
freien Spiels von Möglichkeiten. Da menschliche Nutzung als Auslöser evolutionärer
Entwicklungen angesehen wird, gilt die städtische Nutzungsvielfalt als Ursache
besonders diverser Umweltbedingungen und wird damit als Ursache hoher Artenvielfalt
interpretiert.
239 Vgl. Eser 2004, S. 170 240 Vgl. hierzu Ludwig 2004, S. 229. Wobei Wahrnehmung stets von Handlungsschemata begleitet wird und – da Erleben und Handeln durch das umfassende systemspezifische Steuerungskriterium „Sinn“ rückgekoppelt sind (vgl. Willke 2006, S. 153) – dadurch in den Arbeitsprozess eingegliedert werden kann. 241 Vgl. Körner 2004, S. 87
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In Auffassung von Natur als Ressource greift das biologische Prinzip des
Sozialdarwinismus, um vollzogene oder antizipierte Machtentfaltungen im Rahmen der
Spencer-Formel des „survival of the fittest “ zu legitimieren.242 Hier wird der Blick frei auf
eine Welt, die gemessen, vermehrt oder vermindert werden kann.243 Das Denken von
den messbaren, ausgedehnten Dingen her – griechisch „pragmata“ – birgt dann
allerdings die Gefahr der Verdinglichung auch des Nicht-Dinglichen, die Betrachtung
von Subjekten als Objekte, als Vorrat, als Bestand für die Steigerung. Johannes
Heinrichs bezeichnet dies mit „strategisch-einseitiger Reflexion“,244 Werner Kirsch als
„erfolgsorientiertes Handeln“, dem er das „verständigungsorientierte Handeln
gegenüberstellt.245 Im Namen der kollektiven und ökonomischen Selbststeigerung kann
also ein Wald zum Forst werden, der Berg ein Steinbruch, der Fluß Wasserkraft, der
Wind zum Wind in den Segeln246 und der Ackerbau zur „motorisierten
Ernährungsindustrie“.247 Das beobachtete „Objekt“ wird als nicht gleichwertige, triviale
Maschine eingestuft.248 In diesem Kontext können ebenso bestimmte medizinische
Werthaltungen lokalisiert sein, Medizin verstanden als Wissenschaft, die sich den
„Zumutungen der Natur“ stellt. Streng genommen kann aus dieser Position keine
Aufforderung zum Naturschutz abgeleitet werden.249
Im Kontext ökonomisch-selbststeigerndern Werthaltungen zur Natur existieren ebenso
Naturauffassungen, die zwischen den verschiedenen werthaltigen Naturkonzepten
oszillieren. Beispielsweise das Konzept der Nachhaltigkeit, das erstmals Mitte/Ende der
80er Jahre im so genannten „Brundtland-Bericht“ der „World Commission on
Environment and Development“ formuliert wurde. Bestandteile waren die Forderungen
242 Vgl. Birnbacher 1997, S. 232 243 Frei nach dem Satz Galileis „Messen, was messbar ist, was nicht messbar ist, messbar machen.“ Vgl. Baruzzi 1993, S. 323 244 Vgl. hierzu Heinrichs 1998, S. 9 245 Kirsch 1999 II, S. 58 246 Heidegger 2001, S. 70 247 Heidegger 2002, S. 14. Ein Beispiel für diese Haltungen findet sich in Maxeiner 2008, S. 214f.: „Es dröhnt und staubt, die Erde zittert. […] In einer Fünferreihe fressen sich gewaltige Mähdrescher durch die endlosen Getreidefelder und spucken ihre Ladungen auf bereitstehende Lastwagen […] Ein Team unternehmerischer Landwirte arbeitet […] effizient, hoch technisiert und in riesigen Dimensionen […] Agrarkonzerne, Düngemittelhersteller, Landmaschinen- und Saatgut-Produzenten profitieren davon, es etabliert sich aber auch ein neuer Bauerntypus.“ Dieses martialische Szenario erinnert doch ein wenig an einen Hollywood-Plot, in dem Techno-Landkrieger mit „Mehrachsern“ des Guten auf dem Feld der Ähre die unzivilisiert-wilden „Schurkensaaten“ ausradieren und die „Spreu“ vom „Weizen“ trennen. 248 Eine triviale Maschine ist durch eine eindeutige Beziehung zwischen ihrem Input (Stimulus, Ursache etc.) und ihrem Output (Reaktion, Wirkung) gekennzeichnet. Die „Maschine“ besteht aus einer als „unveränderbar“ gekennzeichneten Beziehung, der „output“ ist demnach durch Beobachtung bestimmbar, weswegen die Maschine als ein deterministisches, vorhersagbares System, gekennzeichnet werden kann; vgl. Foerster 1939, S. 357f. 249 Vgl. Körner 2004, S. 88
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nach umweltverträglichem Wirtschaften (Konsistenz), der besseren Ausnutzung von
Ressourcen (Effizienz), der Beschränkung des Gesamtverbrauchs (Suffizienz) sowie
eine intra- und intergenerationelle Verteilungsgerechtigkeit.250 Damit finden sich
Kriterien aus den Bereichen ökonomisch-selbststeigernder Werthaltungen (Konsistenz
und Effizienz), traditioneller Letztwerte (Suffizienz) wie auch universalistischer
Wertauffassungen (intra- und intergenerationelle Verteilungsgerechtigkeit).
Zu den oszillierenden Argumentationen gehören auch solche, die die Einstufung von
Natur als Nicht-Ressource mit ökonomischen Gründen stützen. David Ehrenfeld,
Biologe von der Rutgers-University New Brunswick/USA, zählt beispielsweise auf:251 1.
Tourismus und Erholung 2. Schutz unentdeckter Nutz-Werte (beispielsweise die
Bedeutung wenig bekannter Pflanzen für Medikamente und Nahrungsmittel 3.
Stabilisierung von auch Menschen betreffender Ökosysteme (wozu für ihn Formen der
ökologischen Landwirtschaft zählen) 4. Systembeispiele für Langzeitüberleben von
Ökosystemen 5. Überwachungsfunktionen für Umweltbedingungen 6.
Wissenschaftliche Untersuchungs-Werte 7. Didaktisch-edukative Werte 8. Verbleib von
Potential zur Renaturierung des Lebensraums 9. Generelle Erhaltungswerte.
Eine andere Wertauffassungen beinhaltende Einstufung von Natur findet sich im
Kulturlandschaftsschutz, der im Wesentlichen eine Ausgestaltung der Natur als einer
mit heimatlicher Eigenart gekennzeichneten, harmonischen Nutzlandschaft im Sinne
einer konkret landschaftsarchitektonischen Bauaufgabe anstrebt.252 Landschaft gilt
nach dieser Auffassung als Ausdruck des kulturellen Geistes und damit als existentieller
Urgrund. Der Kulturlandschaftsschutz hat sich, so die Umweltethikerin Uta Eser,
Fachhochschule Nürtingen, historisch als konservative Antwort auf die zunehmende
Individualisierung der Gesellschaft entwickeln können, was Werte wie
„Bodenständigkeit, Tradition, Zugehörigkeit, Eigenart, Anpassung an naturräumliche
Gegebenheiten, starke Bindung des Einzelnen, usw.“ unterstreichen.253 Heimat-
Argumente sind hier Argumente zum Erhalt der vom Menschen geprägten
Kulturlandschaft mitsamt den tradierten Formen der Landnutzung, den lokalen Sitten
250 Schmuck 2005, S. 85 251 Vgl. Ehrenfeld 1997, S. 139ff. 252 Vgl. Körner 2004, S. 78 253 Eser 2004, S. 186
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und Gebräuchen, Nutzungsformen, Gewohnheitsrechten, Mundarten usw.. Wildnis und
Heimat hingegen sind damit kaum vereinbar.254
Ziel des Kulturlandschaftsschutzes ist der Schutz „physiognomischer Eigenart“, in das
auch das Grundprinzip der Generationenfolge integriert ist, das von der Konstanz der
Wirkungsweisen von Natur, die Regelmäßigkeit und Ordnung gewährleistet, verbirgt
wird.255 Natur hat also eine Eigenart, die sich durch Ideen des Schönen und ihre
Gestaltungen aus den Tiefen der Metayphysik offenbaren kann.256 Muster dafür ist die
„nachahmende Sicht des Genies“ auf die Landschaft.257 Topos ist das „Sublime“258, das
ER-Haben(e), das als Ausdruck einer (funktional interpretierten)
Ästhetik259 auf ideal-normative Kriterien eines kosmotischen, göttlichen Hauses
verweist.260 Analog zur doppelten Bedeutung des lateinische Wortes „sacer“ als „heilig“
und „verflucht“ existieren im traditionellen Letztwertebereich, in dem sich qua Tradition
auch der Kulturlandschaftsschutz befindet, auch Vorstellungen von Natur als „gefallener
254 So Ott 2004, S. 288 255 Vgl. Plamper 1998, S. 71 256 Vgl. Hasse 2004, S. 46 257 Vgl. Dinnebier 2004, S. 72 258 Lateinisch „sublim“ steht für verfeinert, erhaben, aus sub „von unten her“ und limen „Türschwelle“, womit die obere Schwelle, der Türsturz gemeint ist. 259 Adorno kritisierte Auffassungen des „hohlen Erhabenen“ (vgl. Welsch 2006, S. 116), in denen Furcht vor Ideologie, Respekt, Macht und Größe dominierend sei. 260 Der Linguist Jost Trier behandelt die (Tür)Schwelle im Bereich des indogermanischen Wortfeldes „Giebel“ und des Hauses: „Das Haus spendet metaphorisch einen Teil jenes Wortschatzes der Welt, der für das Verständnis der Welt, des Kosmos, gebraucht wird. Es ist eine Frage, die die Religionsgeschichte auf dringendste angeht, auf welcher Stufe der Entwicklung und unter welchen geschichtlichen Bedingungen der Mensch den Gedanken fasste, die Welt als ein erweitertes Haus und damit als etwas Gebautes, Gegliedertes, Geordnetes und Schützendes innerlich zu sehen. Denn der metaphorische Gebrauch von Wörtern des Hauses im All ist nichts Äußerliches, kein bloßer Kunstgriff, der mit etwa an sich beliebigen Mitteln einer Bezeichnungsnot steuerte, sondern er ist Ausdruck einer umfassenden neuen Erfahrung, Zeichen eines Schrittes auf einem Eroberungsweg, der das Haus in die Welt hinein weitet, den Gedanken einer sichernden Ordnung aus dem kleinräumigen Innern ins großräumige Außen hinausstrahlen lässt.“ Vgl. Trier 1939, S. 22. Man denke hierbei auch an die Ökologie, die sich vom griechischen „oikos“ für „Haus“ herleitet. Wenn die Formel vom „delightful horror“ – wörtlich „entzückender Schrecken“ - im englischsprachigen Raum des 18. Jahrhunderts geradezu zur stereotypen Kennzeichnung des Erhabenheitserlebnisses verwendet wurde (Ludwig 2004, S. 246), dann bestätigt das nur die hier vorgenommene Einordnung, denn „horror“ rekurriert auf das lateinische „horrere“ = „in die Höhe richten“ (ganz abgesehen von der mit „light“ möglichen Lichtmetaphorik) und erinnert an den deutschen Begriff der positiv Ehr-furcht, dem bereits durch die Wurzel des indogermanischen êra ein starkes Moment der Scheu zueigen ist (vgl. Grimm 2004, Ehrfurcht). Moses näherte sich beispielsweise in Ehrfurcht dem brennenden Dornbusch, durch den die Stimme Gottes ihn ansprach. Ehrfurcht wird vom ökologischen Philosophen Henryk Skolimowski, Universität Lodz, als Zentral-Topos ökologischer Werte angesehen, vgl. Skolimowski 1995, S.231. Das lat. „horrere“ deckt sich in der Bedeutung mit dem griechischen „hypsos“, das soviel heißt wie „in die Höhe heben beziehungsweise Anhöhe“. Im ersten Buch über das Erhabene, vom Philosophen Longinos im 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung geschrieben, was „hypsos“ die entsprechende Benennung des Erhabenen, (vgl. Treptow 2001, S. 14). Hier steht also die religiöse Andacht Pate, vgl. dazu Assmann 2001, S. 22
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Natur“.261 Hier ist die Natur vollständig von der menschlichen Geschichte abhängig ist -
die selbst als Heilsgeschichte vom Paradies ausgehend über Sündenfall bis zum
Untergang/Gericht interpretiert wird262 -, was den Menschen qua Gewissen zum
Bezwinger und Beherrscher von Natur erklärt.263
Der Arten- und Biotopschutz, als weiteres Beispiel für Haltungen zur Natur, geht von
einem Gleichgewicht innerhalb ökosystemischer Lebensgemeinschaft (Biozönose) aus,
das durch drei Haupteigenschaften - Beständigkeit, Unabhängigkeit und
Selbstregulation – gekennzeichnet ist.264 Diese sich nach dem Krieg und der damit
verbundenen Fragwürdigkeit des Volk- und Heimatgedankens ausbreitende Form des
Naturschutzes befürwortet intakte Biotope und als intakt gilt, was Eigenart hat und eine
spezifische Typik und Repräsentativität innerhalb eines gegebenen physiognomischen,
(kultur)landschaftlichen Gesamtkontextes aufweist.265 Dabei besagt die „Diversitäts-
Stabilitäts-Hypothese“, dass die überlieferte kulturlandschaftliche Vielfalt, die
wachsende Zahl der Arten in einer Lebensgemeinschaft, einen maßgeblichen Beitrag
zur funktionalen Stabilität leistet. Womit größtenteils keine natürlichen Ökosysteme,
sondern – ähnlich wie beim Kulturlandschaftsschutz - die Spuren historischer
Landnutzung geschützt würden, so der Landschaftsplaner Stefan Körner, TU Berlin.266
Beim Schutz „physiognomischer Eigenart“ wird beispielsweise ein Wald-Ökosystem
nicht als zerstört betrachtet, wenn innerhalb von dessen Grenzen bestimmte
ursprünglich vorhandene Pilze oder Insekten aussterben, sondern erst, wenn die
Bäume fehlen oder andere gestaltgebende Organismentypen an deren Stelle treten.
Diese „Denkmalpflege“ manifestiert sich in der Förderung des heimischen
Arteninventars und der Begrenzung der „Einwanderung“ fremder Arten. Typische und
damit schützenswerte Artenkombinationen bemessen sich nach bestimmten,
historischen, repräsentativen oder aber „natürlichen“ Kriterien.267 Restaurierungs-
beziehungsweise Renaturierungsmaßnahmen können sich auch an historisch-
evolutionären Mustern orientieren, wie beispielsweise im „Yellowstone-Ökosystem“
261 Das „Rauschen“ als Aspiration (aspirātiō, von aspirāre = ansaugen, aus ad = heran und spirāre = atmen) der dem Erhabenen eigenen Aura erregt sowohl Lust wie Unlust. 262 Vgl. Plamper 1998, S. 28ff. 263 So Welsch 2006, S. 116 264 Vgl. Plamper 1998, S. 71 265 Vgl. Körner 2004, S. 83 266 Körner 2004, S. 83 267 Vgl. Jax 2004, S. 140
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durch Verwendung alter Fotoaufnahmen (repeat photography) praktiziert wurde.268 Die
zu schützenden „Gegenstände“ sind also historisch, zeitlich kontingent, nicht jedoch
örtlich, räumlich. Dies verdeutliche, so Kurt Jax von der TU München, dass es nicht die
Eigenart der Natur oder eines Ökosystems gäbe, sondern viele mögliche Eigenarten.269
Ökosystemare und kulturlandschaftliche Naturauffassungen argumentierten damit nicht
nur naturwissenschaftlich, sondern auch eudaimonistisch.
Die Kasseler Schule sieht hingegen „Heimat“ als progressive Heimat im Sinne eines
soziokulturellen Raums, der politische Partizipation und Emanzipation der Individuen
und Identitäten ermöglicht, Sicherheit und aktive Lebensgestaltung, Solidarität und
Kooperation ermöglicht.270 Die universal-sozial(istisch)e Bedürfnisbefriedigung (im
Gegensatz zur individualistischen Nutzenhandlung) hat Priorität. Kleingärten und
Brachen, Bauernhaus und Bauerngarten werden zu Symbolen, in denen menschliche
Nutzungsinteressen und „die strukturelle Gewalt herrschaftlicher Grünkonzepte“
zeitweise suspendiert werden können, um ein Wechselspiel sich frei entfaltender
Vegetation und menschlicher Aneignung zu ermöglichen.271 Der Mensch soll nicht aus
der schützenswerten Natur ausgegrenzt werden,272 Störungen/Perturbationen werden
als Ursache von Artenvielfalt nicht pauschal verdammt.
Tiefenökologische Naturauffassung fordern hingegen Wohlsein und Sich-entfalten-
Können für menschliches und nichtmenschliches Leben, ebenso wie Vielfalt,
Bevölkerungspolitik im Interesse allseitigen Wohlseins und eine nichtdualistische
Spiritualität.273 Darin spielt eine neue kosmisch-ökologische Metaphysik ein
entscheidende Rolle, die die (Ich-Du-)Identität zwischen Mensch und nicht-
menschlicher Natur hervorhebt. Daraus leiten sich wiederum Appelle ab, die eine
„objektive“ Einstellung zur Natur fordern, Diversität anmahnen, sich für
Persönlichkeitserziehung, mehr Freizeit für künstlerische Betätigung, lokale Autonomie
und Dezentralisierung sowie weiche Energieversorgung aussprechen.274 Die Welt gilt
als Netzwerk gleichberechtigter, partnerschaftlicher Phänomene – analog der in
tiefenökologischen Naturauffassungen vertretenen Gaia-Hypothese. Diese besagt, dass
268 Vgl. Jax 2004, S. 153 269 Vgl. Jax 2004, S. 157 270 Körner 2004, S. 89 271 Vgl. Körner 2004, S. 92ff. 272 Körner 2004, S. 79 273 Vgl. Gottwald 1995, S. 17ff. 274 Vgl. Devall 1997, S. 17ff.
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die Erde, insbesondere die Erdoberfläche einschließlich der gesamten Biosphäre als
ein lebender Organismus betrachtet werden kann, der erst die Evolution komplexerer
Organismen ermöglicht. Damit leiten sich Eigenwerte nichtmenschlicher Naturwesen ab
sowie als Leitwerte Ehrfurcht, Verantwortung, Gerechtigkeit, Mäßigung, Vielfalt sowie
ein einfaches Leben.275
Eine andere Sicht entwickelt der ökosystemische Prozessschutz, der Natur nicht als
museal-kulturlandschaftliche Heimatnatur, sondern als fließendes evolutionäres
Geschehen versteht. Innerhalb dieser Auffassungen verabschiedet man sich vom
„Mythos Gleichgewicht“, das die Natur als eine perfekte „cartesianisch-newtonische“
Maschine darstelle.276 Ökologische Systeme sind nach der Auffassung des
Prozessschutzes nicht vorwiegend stabil und im Gleichgewicht, sondern dynamisch im
Sinne einer permanenten, nicht deterministischen Transformation ihrer Struktur.277 Der
Prozessschutz orientiert sich eher an instrumentellen Werten wie dem Schutz von
Regulationsprozessen (Wasserkreisläufe, Klima, Böden, Biomasse, Recycling), der
Tragefunktion (Erholung, Bauland, landwirtschaftliche Nutzflächen), Produktionsfunktion
(Nahrungsmittel, energetische Ressourcen, genetisches Material) wie der
Informationsfunktion (Nachahmung der Natur im Bereich der Bionik).278
Der Natur wird freie Entfaltung eingeräumt wie auch autonomes Gestaltungsvermögen
– Wildnis wird zur Idealnatur.279 Es geht darum, soviel natürliche Dynamik zuzulassen
wie irgend möglich („medium disturbance hypothesis“), wozu auch nicht anthropogen
verursachte Störungen wie beispielsweise Überalterungen, Überschwemmungen,
Feuer, Sturm, Dürre- und Eisperioden und Windbruch in Wäldern („Mosaik-Zyklus-
Theorie“) gehören, die Raum für eine Vielzahl von Sukzessionsstadien und Arten
begründen.280 Es handelt sich hierbei aber nicht um eine völlig offene Vorstellung
natürlicher Entwicklung, sondern um ein teleologisches Idealzustands-Ziel
(Biodiversität), zu dem auch die Auswilderung seltener heimischer Arten und das
Unterbinden verwilderter fremder Arten, beispielsweise durch die Rolle großer
275 Tiefenökologischer Wertekanon von Skolimowski 1995, S. 231 276 Vgl. Potthast 2004, S. 202 277 Potthast 2004, S. 203 278 Vgl. Ott 2004, S. 282 279 Vgl. Körner 2004, S. 85 280 Der Störungsbegriff allerdings kommt selbst nicht ohne die Vorstellung eines vor der Störung liegenden Ganzen, eines harmonischen Gleichgewichts, aus – „Stören kann man nur, was vorher ungestört war;“ vgl. Eser 2004, S. 184. So besteht hier auch die Annahme, dass (allein) die natürlichen Prozesse funktionell angepasst und/oder optimiert sind („nature knows best“), vgl. Potthast 2004, S. 213
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Weidegänger („Megaherbivoren“ – Pferd, Rind, Auerochse, Wisent etc.) eines
bestimmten Pflanzenspektrums, gehört.281
Ästhetische Haltungen zur Natur wiederum umreisst der US-amerikanische Philosoph
Holmes Rolston II wie folgt: „Wir brauchen die wilde Natur in ziemlich der gleichen
Weise, wie wir all die anderen Dinge im Leben brauchen, die wir aufgrund ihres
intrinsischen statt ihres instrumentellen Wertes schätzen: Musik und Kunst, Philosophie
und Religion, Literatur und Drama.“282 Ästhetik beinhaltet Empfindungen, die dem Sein
absichtslos begegnen.283 Hier geht es primär um eine gelassene Stimmung, die das,
was ist, achtet und sich von der „Stille seiner selbst“284 berühren lässt. Die typischen
Atmosphären bestehen aus der Wahrnehmung von Temperaturen, Gerüchen,
Geräuschen, Sichtbarkeiten, Gesten und Symbolen.285 Sie werden zuweilen als
„Halbdinge“ zwischen Subjekt oder Objekt interpretiert, die auch gegeben sind, wenn
niemand eigens auf sie achtet.286 Allein die Beschreibung von Eigenschaften der jeweils
situativen Atmosphäre belegt allerdings die selektive Auswahl eines Beobachters, der
das von ihm festgestellte Eigenschaftsinventar festzuschreiben versucht. Geschmack
aber, so der Philosoph Gernot Böhme zu Recht, ist Beurteilungs- und
Auswahlvermögen.287 Spezifischer Geschmack zeichnet Singularität aus, schafft erst
Singularität.
Singuläre Eigenschaftsinventare entstehen aber ebenso nur für den Beobachter wie die
Paradoxie einer „atmosphärischen Diskrepanzerfahrung“,288 beispielsweise die
Erfahrung eines „heiteren Frühlingsmorgens trotz trauriger Gemütsstimmung“. Diese
atmosphärische Diskrepanzerfahrung könnte zwar für die Einordnung von Atmosphären
als quasi-objektive Halbdinge zwischen Subjekt und Objekt sprechen. Es wäre aber 281 Vgl. Potthast 2004, S. 199 282 Rolston 1987, S. 269 283 Ob sich das „ästhetische Interesse“ durch eine „potentielle Indifferenz“, eine „Gleichgültigkeit“ gegenüber dem Sosein auszeichnet, mag dahingestellt sein (So Seel 2003, S. 107). Denn Interesse und Indifferenz schließen sich begrifflich aus, die Entscheidung zur Indifferenz verlangt bereits Differenzierung. Zutreffender wäre vielleicht von einer bewussten Entscheidung zu indifferenter, vielfältiger, schöpferischer Wahrnehmung zu sprechen. Vielleicht gilt aus ökologisch orientierter Sicht auch deswegen das Ästhetische als schwer objektivierbar und mit der inhärenten Neigung ausgestattet, mythische und wissenschaftliche Naturdeutungen als gleichrangig einzustufen; vgl. hierzu Ott 2004, S. 286 284 Heidegger 2001, S. 296 285 Seel 2003, S. 153 286 Böhme 2001, S. 56. Wenn niemand auf eine Atmosphäre achtet, weiß auch niemand, dass es sie gibt. Bei künstlichen hergestellten/erhaltenen Atmosphären gibt es zumindest den (beauftragten) Beobachter, der die Atmosphäre gegen interdependente Einflüsse aufrechterhält. 287 Böhme 2001, S. 179 288 So die Bezeichnung und das Modell von Böhme 2001, S. 47ff.
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ebenso möglich, dass sich aktuelle wie erinnerte Stimmungen oszillieren
beziehungsweise übereinander legen. Stimmungen könnten auch Erfahrungsfelder
sein, in denen der Beobachter Objekte oder Organismen isoliert, die „Begleitmusik“,
während Objekte in einen geistigen „Proto-Raum“ abgelegt werden, in dem sie sich
während der Zeiträume aufhalten können, in denen man sie nicht wahrnimmt, sie aber
trotzdem außerhalb des eigenen Erfahrungsfeldes fortdauernd gedacht werden
können.289 „Geschmack“ wird dann im Proto-Raum gespeichert, repräsentiert, erinnert.
Damit geht in jeden Wahrnehmungs- und Verstehensakt ein gewisses Maß an
rekursiver Invention ein.290 Der Betrachter projiziert sich und seine Empfindungen auf
die Natur, erkennt sich darin selbst wieder und gewinnt damit einen Einblick auch in die
eigene Natur.291
Was immer der Mensch tut, er tut es in Gestalt einer Setzung, die notwendig selektiv
und kontingent sind – und daher auf nichts anderem beruhen als auf einem Akt
„heiliger“ Gründungsgewalt.292 Die positivistische „Moderne“ hatte dementsprechend
diese Setzungen noch als objektive, herrschaftsunabhängige, ahistorische,
transkulturelle und durch Rationalität und Deduktion zugängliche Wahrheit gelesen.293
Dabei ging man von der Vorstellung aus, dass sich die Naturgegenstände zu stabilen
und hierarchischen Systemen formieren und von feststehenden Gesetzen beherrscht
werden. Je mehr man davon überzeugt war, dass Prinzipien der Stabilität und
Hierarchie einer rationalen Naturordnung entsprungen waren, desto mehr erklärte und
rechtfertige sich selbiges als rationale Ordnung von Gesellschaften.294 Postmoderne
Denkart geht hingegen davon aus, dass es keinen neutralen Beobachtungsstandort
gibt, Naturvorstellungen kontextabhängig und in Macht-Wissen-Diskursen, ergo
soziokulturell konstruiert werden. Auch in einem postmodernen, diskursiven Konzept
der Natur kann es deshalb vom Menschen unberührte, unabhängige Natur geben. Auch
289 Glasersfeld 1997, S. 148 290 Piaget 1973, S. 87 291 Allerdings eröffnet sie, so die Kritik, Ästhetik als alleinige Anschauung erst auf der Basis einer gesicherten und „anderswo“ bewerkstelligten „Vernutzung von Natur“, so der Literaturwissenschaftler Ludwig Fischer (2004, S. 238), TU Hamburg 292 Dieser heiligen Gründungsgewalt liegt die Tendenz zugrunde, das Heilige auszulöschen und es gänzlich zu elminieren (Girard 2006, S. 474), eine Verkennung, Unsichtbarmachung des Ursprungs (Girard 2006, S. 154), die Entstehungsgeschichte wird verwischt, Identitäten und Beziehungsmuster gelten dann als selbstevident. 293 Vgl. Dingler 1998, S. 2. Dazu gehört auch der Entwurf einer Interpretation von Natur und Naturwissenschaft, ein Streben nach mathematischer Exaktheit, logischer Strenge und eine egalitäre Praxis. Darauf fußt das zielgerichtete organisierte Verhalten, die Rationalität des Maschinenmodels, das – nicht nur – die „disassembly lines“ der Chicagoer Schlachthöfe „inspirierte“. 294 Vgl. Reihlen 1999, S. 4
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dort sind Prozesse und Strukturen in der Natur vorstellbar, welche nicht kulturell
beeinflusst oder geschaffen sind, aber auch sie sind nicht extra-diskursiv zugänglich,
sondern nur als Konstruktion in diskursiven Konzepten abbildbar.295
Haltungen zur Natur scheinen nicht zuletzt von gesellschaftspolitischen Konzeptionen
abhängig zu sein, von der Kontextualisierung der Fakten in der jeweiligen Theorie und
dem jeweilig geltenden Mythos.296 Davon beeinflusst wird nicht zuletzt die derjenigen
Kriterien, die wiederum die „Identität“ von Natur konstituieren, die zu erhalten oder
wiederherzustellen zur Aufgabe gemacht wird. Das „Identität“ aber auch anders
aussehen kann bzw. immer wieder aktiv hergestellt werden muß, wird anhand von
brachliegenden Flächen deutlich, die in kürzester Zeit ihre „alte“ Identität, ihr Erscheinen
wandeln.
Natur wird also häufig zur Projektionsfläche und rechtfertigt damit nur die Selbstfindung
der Subjekte beziehungsweise die politischen Vorstellungen vom guten und richtigen
Leben zirkulär. Durch einen Mechanismus der „doppelten Projektion“ wird diskursiv ein
Naturbegriff konstruiert, dieser in die Natur projiziert, dort essentialisiert und als
natürliche Natur definiert, um dann wieder zurück auf den Diskurs projiziert und als
extra-diskursive Natur wahrgenommen zu werden.297 Indem der Naturbegriff sowohl
deskriptive als auch normative Bedeutungen annehmen kann, ist er wie kein anderer
prädestiniert, die Kluft zwischen Sein und Sollen zu überspringen beziehungsweise die
Existenz dieser Kluft zu verschleiern.298 Daher ist die Einstufung von ökologischen
Werten als „transideologisch“299 äußert problematisch angesichts des
„Alltagsnarzismus“ – überall, wo man hinschaut, sieht man nur das Spiegelbild seiner
selbst.
295Vgl. Dingler 1998, S. 9ff. 296 Potthast 2004, S. 215 297 Dingler 1998, S. 10. Oder in den etwas schärferen Worten des Humanökologen Ulrich Eisel, TU Berlin: „Nachdem die politische Doktrin auf dem Wege über die Wissenschaft längst in die Natur hineingelesen wurde, wird sie anschließend dort naiv – und scheinbar unabhängig – aufgesucht und zur höheren Weihe der eigenen Interessen durch Nachweis eines natürlichen Ursprungs der politischen Doktrin herangezogen;“ Eisel 2004, S. 41 298 Voraussetzungen für den naturalistischen Fehlschluss, indem von einem vermeintlichen „natürlichen Sein“ auf ein „Sollen“ geschlossen wird. Zu einer Ableitung moralischer und anderer normativer oder evaluativer Aussagen muss mindestens eine Voraussetzung herangezogen werden, die selbst weder normativ oder evaluativ ist, vgl. Birnbacher 1997, S. 223 299 So aber Skolimowski 1995, S. 240
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Praktische, theoretische und ästhetische Tätigkeiten bilden einen rückbezüglichen
Prozess und einen sich selbst regulierenden Kreis, in dem sie jeweils sowohl
Voraussetzungen wie auch Resultate sind.300 Wollte man in dem rekursiven Prozess
zwischen Indiviuum und den Anderen beziehungsweise der Natur die kreisförmig
geschlossenen Struktur von Ereignissen, Zuständen oder interagierenden Objekten
einem der „Interaktionspartner“ das Etikett „ursächlich“, dem anderen das Etikett
„bewirkt“ zuschreiben, so wäre dies eine vom Beobachter vorgenommene Interpunktion.
Es wäre die mehr oder weniger willkürliche Zerlegung einer Kreisstruktur, einer
rekursiven Funktion, in gradlinige Ursache-Wirkungs-Segmente.301
Natur könnte man eher wie einen Text lesen.302 Manche Stellen sind gut lesbar,
manche erfordern Spezialisten. Manche Absätze haben viele Autoren geschrieben,
manche sind anonym. Texte sind in vielen Sprachen geschrieben, brechen plötzlich ab,
existieren nur noch als Zitat. Diskontinuitäten herrschen vor. Natur erscheint als Vielzahl
von Texten, die gleichzeitig bestehen, die allesamt gleichzeitig gelesen oder zu Gehör
gebracht werden müssten. Alle Textstellen erfordern aber eine verstehende
Interpretation, damit nicht der Text unter der Interpretation verschwindet. So wird sich
die Erfahrung von Freiheit nicht im Zoo oder der Fuchsienausstellung ereignen, das
Bedürfnis nach Aneignung nicht durch ausgewiesene Schutzzonen gestillt werden, der
Wunsch nach Kulturlandschaft kaum in der Wildnis befriedigt werden können und eine
für alle Lebewesen symbolisch-universale Gesetzmäßigkeit kaum aus der
Verdinglichung der Umwelt als Ressource abgeleitet werden.
Wie „Realität“ verschieden „objektiv“ beurteilt werden kann, zeigt sich beispielsweise
dem französischen Philosophen Michel Serres während einer Kutterfahrt, auf der ihm
der Kapitän den Weg nach Saint-Pierre erläutert: „Fahre so lange Richtung
untergehender Sonne, wie du im Wasser eine bestimmte kleine Alge treiben siehst;
wenn dann das Meer sehr, sehr blau wird, halte dich etwas links, da kannst du gar nicht
irregehen; das ist die Gegend, wo die kleinen Tümmler sich mit Vorliebe aufhalten, wo
es eine starke Nordströmung gibt, wo der vorherrschende Wind nur schwach, in
300 So werden vermittels der praktischen Eingriffe in die Natur neue theoretische Einsichten und ästhetische Erlebniswelten gewonnen, die ihrerseits die praktische Aneignung der Natur beeinflussen. Im theoretischen Kreis sind die abstrahierende Erkenntnis und die Sinneswahrnehmung wechselseitig aufeinander bezogen. Gegenstände werden mit ihrer Wahrnehmung sogleich interpretiert, vgl. Treptow 2001, S. 70 301 Vgl. Simon 1993, S. 38 302 So Schlögel 2003, S. 287
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leichten Böen bläst und die Dünung stets kurz ist, dann kommt das große graue
Rechteck und dann die Gegend, in der man den Kurs der großen Eisberge kreuzt;
wenn man sie sieht, liegt da die erste Bank, unter dem Wind […] Dort, wo der alte
Wissenschaftler nur Gleichförmiges wahrnahm, sah der Kapitän offenbar einen
gerieften, changierenden, getigerten, gestreiften, hochgradig differenzierten Körper,
eine Fläche, auf der er lokale Gebiete wahrnahm, auf der zu jeder Zeit und selbst noch
in dichtem Nebel der Punkt bereits gesetzt war: Dort, wo der Wissenschaftler nur
Instabiles erblickte, da sah der Kapitän einen Raum, der sich nur langsam änderte.“303
Es hängt vom Typ des Beobachters und seinen Differenzen und Vor-stellungen ab, ob
Natur und Kultur gar nicht zu trennen sind, oder ob „Natur“ Vorstellungen auslöst und
damit Kultur produziert, so dass man von Kultur produzierender Natur sprechen kann.
Oder ob man auch von einer Natur produzierenden Kultur sprechen sollte, innerhalb
derer eine Differenzierung zwischen „Sein“ und „Bewusstsein“304 und die
eindimensionale Erhöhung eines Phänomens einer kausalfiktiven Interpunktion
gleichkommt.
Oder ob man gar angesichts der Leitdifferenz Natur/Kultur von einer verstärkt
wechselseitigen Abhängigkeit der Differenzen auszugehen hat, die sich nicht aufheben,
sondern miteinander wachsen. Beispielsweise zu ermergenten Formen, die aus dem
Wiedereintritt (re-entry) einer Unterscheidung in die Unterscheidung resultieren. So
differenzieren sich auf einer nächsthöheren Stufe „kulturelle Natur“ und „natürliche
Natur“ funktional auf Seiten der Natur, wie „kulturelle Kultur“ und „natürliche Kultur“ auf
Seiten der Kultur. Während „natürliche Natur“/Realität nicht erkennbar305 und insofern
„frei“ – „Niemandsland“306 - ist, ist „natürliche Kultur“ die nach kulturellen Vorstellungen
geformte, eingenommene, vergebene Natur, ein „Jemandsland“. Unter „kulturelle Natur“
könnte man Haltungen subsumieren, die bestimme Wahrheiten über Natur festlegen
und eine Koexistenz im Sinne dieser Wahrheiten für Mensch und Natur fordern, also
unterschiedliches, je-weiliges Niemandsland. Die entgegengesetzte Haltung der
„kulturellen Kultur“ definiert das von ihr Unterschiedene mechanistisch als nicht
gleichberechtigte Ressource, also als entweder Nicht-mehr- oder Noch-nicht-
303 Serres 1998, S. 337 304 „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“ sowie das „Das Bewusstsein bestimmt das Sein“ entsprechen der Differenzierung des „Man isst, was man ist“ beziehungsweise „Man ist, was man isst“ 305 306 Vgl. dazu auch Badura 2006 II
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Jemandsland. Bevor wir uns den Werthaltungen im Landbau widmen, nochmals eine
tabellarische wie grafische Übersicht des Kapitels.
Naturbild 307 Zentrale Thesen und Werte
Individualistische
Stadtnatur
Liberaler „Prozessschutz“, technologischer Umweltschutz,
Leistung, Flexibilität, Nutzen, unkontrollierbare
Unabhängigkeit, Artenwandel als Motor der Veränderung.
Natur als Ressource Neu besser als alt, individuelle Nutzenbefriedigung, („homo
Oeconomicus“), Antizipation künftigen Hungers, „Kampf
aller gegen alle“.
Kulturlandschaft Kulturell-natürliche Ausgestaltung der Heimat,
Vervollkommnung, Eigenart, eher anthropozentrisch,
geographischer Heimat-Raum, Volk, Tradition, Ordnung,
Gemeinschaft, Bindung, Verbindlichkeit.
Spontannatur Gleichheit in der Aneignung für Mensch und Natur,
Emanzipation, Solidarität, Kooperation, Gleichheit,
Individualität und Vielfalt (nur) als Nebeneffekt, eher
anthropozentrisch.
Biotopnatur Konservierung von Arten- und Biotopen,
naturwissenschaftliche Ökosystemökologie, Eigenart,
statisch-traditionelle Vielfalt, balancebetonend,
kausaldeterministisch, probabilistisch.
Spirituelle Natur Nichtdualistische Spiritualität, Gaiatheorie, Eigenwert
nichtmenschlicher Naturwesen, Ehrfurcht, Verantwortung,
Gerechtigkeit, Mäßigung, Vielfalt, einfaches Leben.
Natur als maßvoll-
dynamische Wildnis
Prozessschutz, Funktionsorientierung (Arten als Akteure
von Prozessen)Vielfalt, Sukzessions-Klimax, dynamische
Veränderungen, Unsicherheit und Unbestimmtheit
ökologischer Prozesse, Emergenz.
Ästhetik Bewahrung von vielfältigen Stimmungen und Atmosphären.
Als Aisthesis Offenlegung des „Blinden Flecks“, der
Ausgrenzungen.
307 Bezeichnungen/Kategorisierungen von Körner 2004, S. 96
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2.3. Eine kleine Wert-Historie des Landbaus
In der vorindustriellen Zeit wurden Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in
Mitteleuropa über ein Jahrtausend hinweg weitgehend durch den
agrargesellschaftlichen Feudalismus bestimmt. Der Bauer war im Rahmen von Leib-,
Munt- und Schutzherrschaft gebunden und zu wirtschaftlichen Leistungen verpflichtet.
Daneben bestanden landesherrliche und gerichtsherrliche Abhängigkeiten sowie dem
kirchlichen Patronatsrecht zu leistende Hand- und Spanndienste. 308 Die Graphik zeigt
zur näheren Erläuterung Waren- und Geldströme eines norddeutschen Bauernhofes
von 15 bis 20 ha um 1750.309
Der Aufbruch aus der traditionellen, feudalistischen Wirtschaftsweise zwischen 1750
und 1870 hatte seine Ursachen in der Erstarkung der obersten Territorialherrn, der
Beseitigung medial-herrschaftlicher Abhängigkeiten und Standesschranken, sowie der
zunehmenden Bevölkerung und der damit verbundenen Ausdehnung des sekundären
und tertiären Sektors.310 Da aber die landwirtschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten nicht
grundlegend mitwuchsen und der Industrialisierungsprozess – insbesondere des
Textilgewerbes - die außerlandwirtschaftlichen Einkommensmöglichkeiten auf dem
Dorfe verminderte, wanderte Bevölkerung ab. Dies resultierte in zunehmender 308 Henning 1988, S. 45ff. 309 Graphik nachHenning 1988, S. 108 310 Henning 1988, S. 12f.
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Differenzierung innerhalb der Landwirtschaft und neuartigen Zusammenschlüssen. Seit
den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts war es in Deutschland zu einer ganzen Reihe
von Vereinigungen selbständiger Landwirte in Form von Landwirtschaftsgesellschaften
gekommen, die sich vor allem der Vermittlung und Verbreitung des Wissens um neue
Produktionsmethoden und dem Erfahrungssaustausch widmeten.311 Bis in die 70er
Jahre des 19. Jahrhunderts konnte die Produktion von Nahrungsmitteln stark
ausgedehnt werden. Ausschlaggebend hierfür waren unter anderem die Ausdehnung
der Flur (Markenteilung), die verbesserte Ausnutzung der natürlichen Kräfte,
Methodenwechsel in der Tier- und Pflanzenzucht, der Einsatz von Düngemitteln, die
Abschaffung der Dreifelderwirtschaft mit ihren Fruchtfolgen und dem dritten Jahr der
Brache.312
In den USA war nach Beendigung des Sezessionskrieges (1861/65) ebenso eine starke
Ausdehnung der Agrarproduktion erfolgt. Dort konnten die Produktionskosten gesenkt
werden, weil man neue Techniken wie die Mähmaschine einführte. Die Agrarpreise
sanken auf dem Weltmarkt in erheblichem Maße, weil das Überangebot den Preis
drückte und die Erzeuger in den Überschussgebieten zu niedrigen Preisen anbieten
konnten und mussten.313 Die deutsche und europäische Landwirtschaft konnte ihre
Produkte, vor allem Getreide, nicht zu so günstigen Preisen anbieten wie die
überseeische Konkurrenz. Der Preisrückgang in Verbindung mit einer gewissen
Fortschritts- und Technikskepsis war daher der Anstoß für den ab 1. Januar 1880 in
Deutschland eingeführten Agrarschutz, der im Grundzug bis zur Gegenwart Bestand
habe, so der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Friedrich-Wilhelm Henning.314
Die 90er Jahre des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg waren gekennzeichnet
vor allem durch wachsende städtische Bevölkerung, steigende Reallöhne und
steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln, insbesondere Fleisch. In dieser Zeit
entstand der Bund der Landwirte (1893), der sich im Bereich wirtschaftpolitischer
Fragen positionierte, sich vor allem für hohe Getreidezölle einsetzte und damit die
Interessen der vieharmen, auf Getreideproduktion ausgerichteten größeren Betriebe
vertrat.315 In den katholischen Gegenden bildeten sich christliche Bauernvereine, deren
311 Henning 1988, S. 161. Die erste Landwirtschaftskammer wurde 1849 in Bremen gegründet. 312 Vgl. Blotevogel 2003, S. 17 313 Henning 1988, S. 115 314 Henning 1988, S. 13 315 Henning 1988, S. 164ff.
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Fokus auf der Gründung von Spar- und Darlehnskassen sowie Hagel- und
Viehversicherungseinrichtungen lag. Der Deutsche Bauernbund hingegen ging in
seinen Forderungen über die engeren landwirtschaftlichen Interessen hinaus, indem er
zum Beispiel auch eine Reformation des Wahlrechts zu den Landtagen forderte. Im
Prinzip lassen sich die drei bestehenden Gruppierungen den entsprechenden
politischen Richtungen zuordnen, die sich im Parteiensystem des Kaiserreichs fanden.
Der Bund der Landwirte war weitgehend mit der Konservativen Partei identisch. Der
Deutsche Bauernbund hatte mit liberalen Mittelstandparteien eine weitgehende
Übereinstimmung, die Bauernvereine standen dem Zentrum nahe. 1909 kam es zur
Gründung des Deutschen Landarbeiter-Verbandes, dessen Organisationsgrad und
Erfolg aber sehr gering blieb. Die 1884 gegründete Deutsche
Landwirtschaftsgesellschaft widmete sich dagegen in erster Linie der Agrartechnik und -
wissenschaft wie auch der Prämierung und Anerkennung züchterischer und
produktionstechnischer Leistungen. Ihre Mitgliederzahl wuchs von 1885=2500 auf
1910=18000, wie auch infolge ihres Engagements die Zahl der Züchterverbände von 60
auf 1388 stieg.316
Die dreißigjährige Kriegs- und Nachkriegsphase von 1914-1945 ist geprägt durch die
Weltwirtschaftskrise. Als Ursache des Preisverfalls auf den Agrarmärkten werden
weltweite Überproduktion, Ausdehnung der nordamerikanischen Anbauflächen,
Mechanisierung sowie der Einsatz künstlicher Düngemittel genannt. Gegenüber der
Vorkriegszeit hatte sich die Struktur der Düngerverwendung erheblich geändert:
Stickstoff und Kali wurden je Flächeneinheit in stärkerem Maße verwendet.317 Überall
versuchten die Landwirte die durch rückläufige Agrarpreise verursachten
Einnahmeausfälle durch eine Ausdehnung der Produktion auszugleichen.318 Doch fand
die Produktion keine Abnehmer, da selbst die relativ unflexible Nachfrage nach
Nahrungsgütern stark vermindert war durch die großen Einkommenseinbußen der
Bevölkerung.
Staatliche Agrarpolitik lässt sich für die Weimarer Zeit in drei Hauptbereiche gliedern:
Siedlungspolitik, Agrarschutzzoll- und Agrarsubventionspolitik. Die Siedlungspolitik und
der Bodenreformgedanke erhielten im Wesentlichen durch vier verschiedene
316 Henning 1988, S. 168 317 Henning 1988, S. 191 318 Henning 1988, S. 194
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Richtungen Impulse.319 Die Agrarsozialisten forderten die Schaffung
genossenschaftlicher und kommunaler Großbetriebe. Die Agrarrevisionisten forderten
die Aufsiedlung des Großgrundbesitzes mit Kleinbauern. Ähnliches strebte die sozial-
politische Schule an, die die Aufsiedlung der Großbetriebe zu bäuerlichen
Familienwirtschaften forderte. Damit sollte der selbständige Mittelstand gestärkt, die
Landflucht vermindert, die Bevölkerung dezentralisiert, die Produktion je Flächeneinheit
vergrößert werden und die Tradition der Siedlungs- und Autarkiepolitiker aus der Zeit
vor dem Ersten Weltkrieg fortgesetzt werden. Politisch wurden die drei genannten
Strömungen vor allem von den Mittelstandparteien unterstützt. Die Radikal-
Konservativen als vierte Gruppierung wandten sich indes gegen eine grundsätzliche
und umfassende Beseitigung des Großgrundbesitzes. Von entscheidendem Einfluss auf
die staatliche Agrarpolitik wurden die Interessenverbände der selbständigen Landwirte,
von denen zwei besonders hervorragten. Der Reichs-Landbund setzte die Politik des
Bundes der Landwirte aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg fort, den Ton gaben
Vertreter des Großgrundbesitzes an. In der Vereinigung der deutschen christlichen
Bauernvereine waren hingegen vor allem die klein- und mittelbäuerlichen Schichten
vertreten, die mehr die Politik des Zentrums vertraten.320
In den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts traten erstmals
„ökologische“ Schädigungen an Böden und im Naturhaushalt auf. Bodenverdichtung,
Bodenmüdigkeit, Saatgutabbau, Zunahme von Pflanzenkrankheiten und
Schädlingsbefall sowie abnehmende Nahrungsqualität durch steigende
Stickstoffdüngung wurden konstatiert.321 Bereits zu Ende des 19. Jahrhunderts hatte
sich die Lebensreform-Bewegung für eine „naturgemäße Lebensweise“ eingesetzt. Ziel
war unter anderem eine Ernährungsreform – Vegetarismus, Naturheilkunde und
Körperkultur – die durch die Anlage von Schrebergärten und Gartenstädten sowie
einem praktizierten Tier-, Natur- und Heimatschutz unterstützt werden sollte. Die daraus
entstehende Landreform-Bewegung, die sich in der Weimarer Republik auch auf das
Reichsiedlungsgesetz berufen konnte, setzte diese Gedanken um. Eine gärtnerische
Existenz sollte unter Verzicht auf stickstoffhaltige Mineraldünger sowie
schwermetallhaltige Pestizide, aber mit Rückbesinnung auf die zu Anfang des
Jahrhunderts erarbeiteten wissenschaftlichen Erkenntnisse der „Landwirtschaftlichen
319 Henning 1988, S. 198 320 Henning 1988, S. 209 321 Vogt 2001, Teil I, S. 47
-69-
Bakteriologie“ aufgebaut sein. Dazu gehörte Düngung mit gerotteten organischen
Abfällen, vererdende Kompostierung und Edelmistbereitung, Gründüngung und
Bodenbedeckung, schonende und nicht wendende Bodenbearbeitung, Nährstoffersatz
durch die Rückführung kompostierter städtischer organischer Abfälle und Fäkalien
sowie durch schwerlösliche Mineraldünger und Gesteinsmehle.322
Neben dem Natürlichen Landbau der Landreform-Bewegung entstand in den 20er
Jahren ein zweites ökologisches Landbausystem: die auf der esoterischen
Anthroposophie Rudolf Steiners und seinen „Geisteswissenschaftlichen Grundlagen
zum Gedeihen der Landwirtschaft“ aufbauende biologisch-dynamische
Wirtschaftsweise. Das biologisch-dynamische Schlüsselkonzept fasst einen
landwirtschaftlichen Betrieb als eine eigenständige, lebendige Wesenheit auf, die durch
sämtliche vier Dimensionen des anthroposophischen Naturbildes – einer stofflich-
physikalischen, einer lebendig-ätherischen, einer seelisch-astralen sowie einer Ich-haft-
geistigen Ebene – geprägt ist.323 Grundlage landwirtschaftlichen Tätigseins bildet ein
persönliches Verhältnis zum Naturgeschehen, das Arbeiten und Erkennen miteinander
verbindet. Landwirtschaftliche Arbeit trägt – beispielsweise über den Aufbau von
Hofindividualitäten im Sinne der Anthroposophie – zur weiteren Evolution von Natur,
Gesellschaft, Menschheit und Kosmos bei.
Im Nationalsozialismus sodann wurden alle privaten und öffentlich-rechtlichen
agrarischen Differenzierungen im Reichsnährstandsgesetz gleichgeschaltet. Der sog.
„Reichsnährstand“ umfasste Erzeuger, Bearbeiter und Verarbeiter sowie den Handel.
Es herrschte innerhalb des „Führerprinzips“ eine straffe Durchgliederung bis ins kleinste
Dorf.324 Die Agrarproduktion erreichte erst im Jahre 1950 wieder ein Niveau, das mit
den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg vergleichbar war.
Die Nachkriegszeit ab 1950 ist vor allem durch Mechanisierung, Zusammenlegung von
Parzellen, Entwässerungen und Gewässerbegradigungen (Flurbereinigung) geprägt.
Bis zum Jahr 1960 wurde die DDR-Landwirtschaft beispielsweise umfassend sozialisiert
und zusammengelegt, Betriebe vergrößert und eine zunehmende Spezialisierung
angestrebt.325 1969 lag die durchschnittlich von einer LPG bewirtschaftet Fläche bei
322 Vogt 2001, Teil I, S. 49 323 Vogt 2001, Teil I, S. 49 324 Henning 1988, S. 215ff. 325 Henning 1988, S. 239ff.
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580ha, 1972 bereits bei 890 ha. Hierdurch wurde der Einsatz größerer
Maschinenaggregate ermöglicht, zugleich aber auch der durchschnittliche
Transportweg vergrößert und die Überschaubarkeit des Betriebes verringert.
Schweinemast mit bis zu 100000 und Rindermast mit bis zu 40000 Plätzen schafften
eine industrielle Produktionsweise - der Genossenschaftsbauer war eher mit einem
Industriearbeiter als mit einem traditionellen Bauern zu vergleichen.326 Die zunehmende
Spezialisierung der einzelnen LPGs sollte den Nutzen durch Rationalisierung noch
vergrößern. „Kooperative Einrichtungen“ (KOE) begründeten eine Zusammenarbeit
zwischen LPG und Nahrungsgüterbetrieben beziehungsweise dem Handel.
Andere, aber im Ergebnis ähnliche Entwicklung nimmt die Landwirtschaft im anderen
Teil Deutschlands. Die Landwirtschaft der BRD war im Vergleich dazu von schlechteren
natürlichen Produktionsvoraussetzungen (Bodenqualität), dem Überwiegen
kleinbetrieblicher Agrarstrukturen sowie einer im Verhältnis zur Nutzfläche größeren
Menschenanzahl geprägt.327 Trotzdem wurde bereits 1949 das Vorkriegsniveau in der
Flächenproduktion erreicht und bei Früchten sogar übertroffen, was an der stark
gestiegenen Verwendung von betriebsfremden, chemischen Düngemitteln, neuen
Zuchtmethoden und der Mechanisierung lag.
Diese erhebliche Zunahme auch über das Vorkriegsniveau hinaus zeigte nicht nur, dass
die nationalsozialistische „Erzeugungsschlacht“ noch Reserven hatte, sondern dass
diese erst in der Nachkriegszeit im Kampf der Blöcke richtig zur Entfaltung gebracht
werden konnte. Die Landwirtschaft wurde als Begleiter industriellen Wachstums
326 Henning 1988, S. 251. Nicht umsonst ist laut Lenin Kommunismus gleich (Sowjet-)Macht plus Elektrifizierung (Technisierung) des ganzen Landes. 327 Henning 1988, S. 254
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angesehen, womit ihr die Aufgabe zufiel, mit ihren Produktionssteigerungen zum
Industrialisierungsprozess und zum Bevölkerungswachstum beizutragen. Gleichzeitig
schrumpfte die landwirtschaftliche Nutzfläche, die in Mitteleuropa im 18. Jahrhundert
noch stark ausgedehnt worden war, sowie die Zahl der in der Landwirtschaft
Beschäftigten wie auch der hauptberuflich betriebenen landwirtschaftlichen Höfe.
1950 1962 1975 1986
Landwirtschaftliche
Nutzfläche328
14,185 14,191 13,303 12,000
Ackerfläche 7,983 7,886 7,538 7,251
Dauergrünlandfläche 5,625 5,718 5,244 4,537
Stickstoff kg/ha 23,1 52,9 90,0 126,1
Phosphorsäure kg/ha 24,2 54,1 65,77 61,3
Kali 41,6 79,7 87,7 77,5
Hauptansatzpunkt der zunehmenden Mechanisierung war die Einführung des
Schleppers, der nicht nur als Zugmaschine, sondern mit Hilfe der Hydraulik auch mit
anderen landwirtschaftlichen Geräten bestückt werden konnte. Die Ernte der
verschiedenen Feldfutterarten, der Zuckerrüben und der Kartoffeln wurde weitgehend
durch Vollerntemaschinen bewältigt. Erhöhte Ernteerträge führten zu einer
Verbesserung der Viehfütterung und damit zu erhöhtem Dunganfall.
Grundwasserverseuchung oder erforderlich werdende Sonderdeponien zeigten dabei
die negativen Folgen auf. Die Viehhaltung wurde durch die ständig wachsende
Nachfrage nach Fleisch erheblich ausgedehnt, wobei Rückgänge in der Pferde- und
Schafhaltung durch andere Produktionszweige – Rinder- und Schweinehaltung – mehr
als ausgeglichen wurden.
Die genannten Faktoren sorgten dafür, dass sich die Sozialstruktur der Dörfer in den
letzten zweihundert Jahren maßgeblich veränderte.329 Entweder wurden sie
„industrialisiert“ oder sie erhielten einen erheblichen Bevölkerungszuwachs an
Personen, deren Arbeitsplatz außerhalb des Dorfes lag, so dass sich das Bild eines
solchen Dorfes aufgrund von Arbeitersiedlungen optisch und gesellschaftlich änderte.
328 Tabelle nach Henning 1988, S. 264 329 Henning 1988, S. 34ff.
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Der mit der Landwirtschaft verbundene Bevölkerungsanteil fiel sukzessive auf weniger
als ein Drittel.
In der nun folgenden grafischen Übersicht wird die Historie der (konventionellen)
Landwirtschaft und die mit ihr verbundenen Werthaltungen und Präferenzen graphisch
dargestellt. Der Aufbruch aus feudalen Verhältnissen beginnt zunächst mit einer
Ausweitung traditioneller Werthaltungen und handwerklicher Tätigkeiten. Spätestens mit
der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts kommen, durch ökonomische und
politische Determinanten bewirkt, technische und marktökonomische Werthaltungen
hinzu. Auf der Schwelle zwischen den traditionellen „Letztwerten“ und den
Selbststeigerungs-Werten entstehen mithin rationale Organisationsformen, die die
Optimierung traditioneller Werthaltungen – auch in der landwirtschaftlichen Sorge und
Fürsorge – zum Zweck haben. Die Jahresangaben in Klammern dienen in erster Linie
der Orientierung, sie bedeuten nicht, dass „historische“ Wertorientierungen keine
Bedeutung mehr hätten, sie werden nur überlagernd, sind aber kopräsent und haben
als benötigte Werthaltungen für die jeweiligen Individuen und Organisationen auch ihre
Bedeutung. So macht das Spektrum aller Haltungen die konventionelle Landwirtschaft
aus. Selbst aus anderen Sektoren können sich Werthaltungen addieren, doch die
Graphik zeigt die bestimmenden Hauptdeterminanten an.
-73-
Der Deutsche Bauernverband (DBV) legt in seiner „Stellungnahme zur Situation des
Ökolandbaus und des Biomarktes in Deutschland“ für den Bundestagsausschuss
„Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz“ vom 12.12.2007 die Ansicht nahe,
dass es für außerökonomische Werte im Schaffen eines Landwirtes kaum Platz gibt.
Denn „gesellschaftliche Leistungen z.B. im Unwelt- und Naturschutz“ sind außerhalb
der Produktion von Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen „effizient“ zu
erreichen.330 Anlässlich des Deutschen Bauerntages im Juni 2008 fordert das DBV-
Präsidium den Abbau von Wettbewerbsverzerrungen, die Entlastung von Kosten und
staatliche Risikovorsorge.331 Das Leitbild des Unternehmers scheint beherrschend,
auch aufgrund des Preisdrucks am Weltmarkt. Der DBV bemängelt ergo am
ökologischen Landbau zersplitterte Vermarktungsstrukturen332 wie auch einen geringen
technischen Fortschritt. Die Eigenschaften, die im Rahmen der Charakterisierung des
330 http://www.bundestag.de/ausschuesse/a10/anhoerungen/a10_62/16_10_696B.pdf 331 http://www.bauernverband.de/?redid=205560. Die Positionierung im Rahmen ökonomischer, egozentrischer (homo oEconomicus) Werthaltungen vernachlässigt den Faktor, dass in einer von Wissensakkumulation und Mass Customization geprägten Ökonomie der Preis von Hart-Waren immer niedriger wird – es sei denn, sie weisen noch zusätzlich Eigenschaften auf. 332 Wenn ein Hersteller direkt an die Endverbraucher sowie gleichzeitig an Großhändler und Einzelhändler absetzt, betreibt er ein Mehrkanalsystem, da er die Ware – in diesem Fall – über drei Kanäle an seine Kunden absetzt. Will das der DBV kritisieren?
-74-
DBV eher kritisch333 eingeordnet werden, können aber ebenso als positive
Eigenschaften interpretiert werden.
Die schweizerische Bauern-Heimatbewegung sah beispielsweise in einer organisch-
biologischen Landbewirtschaftung eine Lösung, wie sich eine bäuerliche, auf einem
christlichen Glaubensverständnis beruhende Lebensweise in der modernen Welt
erhalten und subsidiare, dezentrale Strukturen entwickelt werden könnten. Die
Grundsätze Familie, Hof, Heimat und Tradition wurden zusätzlich durch Verantwortung
für Natur und Verbraucherschaft ergänzt.334 Die organisch-biologischen Erzeugnisse
der Bauern-Heimatbewegung konnten über die Absatz- und
Verwertungsgenossenschaft „Heimat“ vermarktet werden. Neben dem Vertrieb über
den Genossenschaftsbund Migros wurden die Verbraucher zudem direkt über
Paketversand beliefert.
Im biologischen Landbau, der sich sukzessive im deutschsprachigen Raum in den 50er
und 60er Jahren ausbreitete, wurden die mehr als eine halbes Jahrhundert
bestehenden Grundsätze der Lebensreform-Bewegung aufgegriffen. Die Komponenten
Vegetarismus, viehloser Landbau und Siedlungswesen wurden rudimentär. Stattdessen
wurden wissenschaftliche Forschungsergebnisse, vor allem zur Bodenfruchtbarkeit und
Bodenbewirtschaftung, wie Lebensverbauung und die darauf aufbauende
Landbewirtschaftungskonzepte eines „biotechnischen Landbaus“, Humusforschung und
–wirtschaft, vererdende Kompostierung etc. berücksichtigt.335
Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, die, wie beschrieben, schon seit den 20er
Jahren bestand, rückte in den 50er und 60er Jahren die bäuerliche Lebenswelt sowie
Betriebsgemeinschaften in den Mittelpunkt und integrierte wissenschaftliche
Erkenntnisse aus der biologisch ausgerichteten Landbauforschung. Man begann mit der
Züchtung von an ökologische Landbauverhältnisse angepassten Kultursorten, sowie
der „wesensgemäßen“ Tierhaltung und Gestaltung von Kulturlandschaften nach
biologisch-dynamischen Prinzipien.336
333 Kritik (von griech. krinein=scheiden, schneiden) ist ja letztlich nur eine Trennung, die aussagt, die anderen (das Getrennte) sind nicht wir – soweit ist dann auch die Kritik des DBV völlig berechtigt. 334 Vogt 2001, Teil II, S. 47 335 Vogt 2001, Teil II, S. 49 336 Vogt 2001, Teil II, S. 47
-75-
Hans Müller, der die oben erwähnte Bauernheimatbewegung in der Schweiz
begründete, entwickelte zusammen mit seiner Frau Maria und dem deutschen Arzt H.
P. Rusch die Grundlagen des organisch-biologischen Landbaus. Um diese Ideen
besser umsetzen und die gemeinsamen Interessen besser vertreten zu können, wurde
der „bio-gemüse e.V.“ gegründet. Zehn Jahre später hatte der Verein bereits 200
Mitglieder. Aus dem „bio-gemüse e.V.“ wurde zunächst die „Fördergemeinschaft
organisch-biologischer Land- und Gartenbau“. Mitte der 70er Jahre wird dann der Name
„Bioland“ als Vereinsname und Warenzeichen etabliert.
Das Aufkeimen von postmaterialistischen Werten bildete die Grundvoraussetzung für
einen gesellschaftlichen Aufbruch, der seit den späten 1960er Jahren in den Studenten-
, Anti-Atomkraft- und Friedens-Bewegungen seinen Ausdruck fand. Der ökologische
Landbau wurde dabei von den Aktivisten der Umweltbewegung als die geeignete
landwirtschaftliche Produktionsweise entdeckt. Dies brachte eine Wende für die bis
dahin von der Öffentlichkeit und der Politik kaum wahrgenommene Form der
Landwirtschaft.
In den 80er und 90er Jahren wurden die Konzepte des biologischen Landbaus
weiterentwickelt. Der inhaltliche Schwerpunkt verschob sich vom Erhalt einer
bäuerlichen Lebenswelt zur Entwicklung einer umweltschonenden und dauerhaften
Landbau- und Lebensweise. Die Auseinandersetzungen mit den
Landbauwissenschaften um die Notwendigkeit von „Alternativen im Landbau“ Ende der
70er sowie Anfang der 80er Jahre führten zu einer ersten wissenschaftlichen
Anerkennung der Konzepte ökologischer Landbewirtschaftung.337 Die Konzepte der
biologischen Bodenfruchtbarkeit wurden mit der Ökosystemtheorie verbunden, in den
Mittelpunkt rückte der Stoffaustausch im Wurzelraum. Die gesellschaftlichen
Auseinandersetzungen um die Massentierhaltung führten zur Entwicklung von
Konzepten artgemäßer Tierhaltung. Zudem wurde seit Ende der 80er Jahre ein
unabhängiges Kontroll- und Zertifikationssystem sowie eine eigene
Vermarktungsstruktur etabliert (Naturkosthandel).
Lebensmittelskandale der „konventionellen“ Landwirtschaft, umfassende
Zertifizierungsbemühungen des ökologischen Landbaus sowie gesellschaftliche Trends
führen in der Gegenwart dazu, dass die durch den ökologischen Landbau weitgehend 337 Vogt 2001, Teil II, S. 49
-76-
garantierte Unabhängigkeit gegenüber der Landwirtschafts- und Ernährungsindustrie -
ein zentrales Element bäuerlichen Selbstverständnisses - immer mehr in den
Vordergrund rückt. Eine mit Recht in den Raum gestellte Forderung nach
marktwirtschaftlicher Konsumentensouveränität und Autonomie angesichts der immer
knapper werdenden Entscheidungsspielräume und der forcierten Abhängigkeit von
entscheidungsmächtigen Akteuren. So stemmen sich ökologische (wie auch
konventionelle) Landwirte gegen Subventionen, Strafabgaben, Milchquoten,
engmaschige Netze aus Gesetzen und Verordnungen sowie Agrarmonopolisten.
Jüngere Meilensteine auf dem Weg zur Institutionalisierung setzte die europäische
Agrarpolitik, u.a. mit der Verordnung (EWG) 2092/91.338 Die BSE-Krise und die in Folge
von der rot-grünen Bundesregierung eingeleitete Agrarwende brachten den Öko-
Landbau auf der politischen Agenda zeitweise ganz nach oben.
Auch wenn die Pioniere des biologisch/ökologischen Landbaus unterschiedliche
Auffassungen hatten, vertraten sie doch weitestgehend ähnliche Grundprinzipien, wie
Gunter Vogts Zusammenstellung sehr gut belegt:339
338 Schick 2009, S. 364 339 Tabelle aus Vogt 2001, Teil II, S. 48
-77-
-78-
Doch kann man auch innerhalb der ökologischen Landwirtschaft einen Wertewandel
bemerken. Entstammte die schweizerische Bauern-Heimatbewegung noch nahezu
vollständig dem christlich-traditionellen Spektrum, so rücken mehr und mehr soziale und
kreative Werte – auch hinsichtlich biologischer Produktionsmittel und Methoden – in
Verbindung mit dem Schutz der Natur in den Mittelpunkt. Letzter wird ebenso auf
Konsumentenseite geschätzt wie auch die mit dem ökologischen Landbau verbundenen
Zusatzleistungen wie beispielsweise die Aufrechterhaltung eines Mindestmaßes an
Selbstversorgung, die Offenhaltung und Pflege der Kulturlandschaft, Beiträge zur
ländlichen Regionalentwicklung und bestimmte Umweltleistungen. Der Ökologische
Landbau ist unter dem Strich die umwelt- und naturfreundlichste Anbaumethode: a) Der
Nitrataustrag ins Grundwasser wird um 35 – 65 % reduziert b) Keine Pestizidrückstände
in Böden, Wasser und Lebensmitteln c) Verringerte Erosion d) Höhere Wasserkapazität
(Hochwasserschutz) e) Höhere Humusgehalte, das bedeutet 35 bis 50 t mehr
gebundenes CO2/ha (Klimaschutz) f) Höhere Biodiversität in der Agrarlandschaft und
größere genetische Vielfalt bei den Nutztieren und –Pflanzen g) Effizienterer
Wassergebrauch h) Geringerer Bedarf an fossilen Energieträgern.340 Hinzu kommen
positive Effekte für die ländliche Regionalentwicklung und die Volkswirtschaft, da
ökologische Betriebe (laut Agrarbericht der Bundesregierung) etwa ein Drittel mehr
Arbeitskräfte als vergleichbare konventionelle Betriebe beschäftigen.
Gerhard Plakolm und Elisabeth Fromm von der HBLFA (Höhere Bundeslehr- und
Forschungsanstalt) in Irdning/Österreich haben für Österreich die meist diskutiertesten
Werte ermitteln können, die hier in nicht hierarchischer Reihenfolge aufgezählt werden:
Kreislauf und Boden, Gesundheit, Qualität, Natur, Vielfalt, Nachhaltigkeit, Ökonomie,
Kontrolle und Vertrauen, Gentechnikfreiheit, Tiergerechtigkeit, Vermarktung,
Regionalität, Kooperation, Austausch und Vorbildwirkung. Insbesondere wird die durch
den Bio-Landbau ermöglichte Eigenständigkeit hervorgehoben, die zu erhalten als sehr
wichtig angesehen wird. In diesem Kontext werden Entscheidungsfreiheit und
Selbstversorgung als Umstellungsgründe genannt, wie auch eigene
Gestaltungsmöglichkeiten.341 Bio-Bauern müssten mehr ausprobieren und vordenken
als konventionelle Bauern, eben un-konventioneller sein.
340 Vgl. hierzu Blumenschein 2007, S. 4 341 Vgl. Plakolm 2007, S. 4
-79-
Die hier folgende grafische Übersicht zeigt gesamtbäuerliche Werte und Merkmale
sowie Leitwerte der „International Foundation for Organic Agriculture“ (IFOAM). Die
IFOAM (International Federation of Agriculture Movement) ist die 1972 gegründete
internationale Dachorganisation des ökologischen Landbaus. Zum jetzigen Zeitpunkt
sind über 750 Mitgliedsorganisationen in mehr als 108 Ländern unter der IFOAM
vereinigt, wozu beispielsweise Öko-Anbauverbände, Unternehmen der ökologischen
Lebensmittelwirtschaft, Forschungseinrichtungen sowie einzelne Landwirte gehören.
Die IFOAM übernimmt die internationale Koordination dieser unterschiedlichen
Interessengruppen unter einem gemeinsamen Leitbild.
Das IFOAM-Prinzip „Gesundheit“, das im Wertekreis als individuelle, körperliche
Gesundheit zwischen Macht und Sicherheit eingeordnet ist, wird in der Grafik diametral
eingeordnet. Denn Gesundheit, so die IFOAM, fängt bei gesunden Böden an, wird also
nicht individuell, sondern ganzheitlich-universalistisch verstanden.
-80-
Auszüge aus den Prinzipien der IFOAM:342
Das Prinzip der Gesundheit
Ökologische Landwirtschaft soll die Gesundheit von Böden, Pflanzen, Tieren,
Menschen und des ganzen Planeten als untrennbare Einheit aufrecht erhalten
und verbessern. […] Die Aufgabe der ökologischen Landwirtschaft, ob in der
Erzeugung, bei der Verarbeitung, dem Vertrieb oder dem Verbrauch, ist es, die
Gesundheit von Ökosystemen und Organismen von den Kleinsten im Boden bis
zum Menschen aufrecht zu erhalten und zu verbessern. Genauer gesagt soll die
ökologische Landwirtschaft qualitativ hochwertige, nahrhafte Nahrungsmittel
produzieren, die zur Gesundheitsvorsorge und zum Wohlbefinden beitragen.In
Anbetracht dessen sollte der Einsatz von Düngern, Pestiziden,
Tiermedikamenten und Nahrungsmittelzusätzen vermieden werden, da diese
ungünstige Auswirkungen auf die Gesundheit haben können.
Prinzip der Ökologie
Produktionen sollen auf ökologischen Prozessen und Wiederverwertung
basieren. Nährwert und Wohlbefinden werden durch die Ökologie der
spezifischen Produktionsumgebungen erreicht. […] Ökologische Landwirtschaft,
Nutztierhaltung und Systeme der Wild-Sammlung sollen sich den Zyklen und
dem ökologischen Gleichgewicht der Natur anpassen. Diese Zyklen sind
universell, aber ihre Funktionsweise ist standortspezifisch. Das ökologische
Management muss an lokale Bedingungen, Ökosysteme, Kultur und weitere
Rahmenbedingungen angepasst werden. Durch Wiederverwendung,
Wiederverwertung und effektives Material- und Energiemanagement sollen
Auswirkungen auf die Umwelt verringert werden, um ihre Beschaffenheit zu
bewahren und zu verbessern und Ressourcen zu schonen. Ökologische
Landwirtschaft soll durch Gestaltung der Nutztierhaltung, Einrichtung von
Lebensräumen und Erhaltung der genetischen und landwirtschaftlichen Vielfalt
ein ökologisches Gleichgewicht erreichen. Diejenigen, die ökologische Produkte
produzieren, verarbeiten, damit handeln oder sie konsumieren, sollen die
gemeinsame Umwelt, einschließlich der Landschaften, des Klimas, der
Lebensräume, der biologischen Vielfalt, der Luft und des Wassers, schützen und
zu ihrem Vorteil nutzen. 342 http://www.ifoam.org/germanversion/ifoam/prinzipien_des_oekolandbaus.html
-81-
Prinzip der Gerechtigkeit
Gerechtigkeit wird charakterisiert durch Gleichheit, Achtung, Rechtmäßigkeit und
Verantwortlichkeit gegenüber einer von allen geteilten Welt, sowohl unter den
Menschen als auch in deren Beziehungen zu anderen Lebewesen. […] Dieses
Prinzip hebt hervor, dass jene, die mit ökologischer Landwirtschaft zu tun haben,
menschliche Beziehungen so führen, dass Gerechtigkeit auf allen Ebenen und
gegenüber allen Parteien - Landwirten, Arbeitern, Herstellern, Vertreibern,
Händlern und Verbrauchern – sichergestellt wird. […] Dieses Prinzip besteht
darauf, dass Tieren die Bedingungen und Möglichkeiten zum Leben geboten
werden, die ihrer Physiologie und ihrem natürlichen Verhalten entsprechen und
zu ihrem Wohlbefinden beitragen. […] Rohstoffquellen und Umweltressourcen,
die für Produktion und Konsum verwendet werden, sollen auf eine Weise
verwaltet werden, die gesellschaftlich und ökologisch gerecht ist. Zudem sollen
sie für zukünftige Generationen erhalten werden.
Prinzip der Fürsorge
Ökologische Landwirtschaft soll auf eine vorbeugende und verantwortungsvolle
Art betrieben werden, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der
gegenwärtigen und zukünftigen Generationen sowie die Umwelt zu schützen.
[…] Ökologische Landwirtschaft ist ein lebendes und dynamisches System, das
auf die inneren und äußeren Anforderungen und Bedingungen reagiert.
Fachleute der ökologischen Landwirtschaft können deren Leistungsfähigkeit
verbessern und die Produktivität erhöhen, wodurch aber keine Gefährdung von
Gesundheit und Wohlbefinden entstehen darf. Infolgedessen müssen neue
Technologien entsprechend beurteilt und neue Methoden überprüft werden. In
Anbetracht des noch immer unvollständigen Verständnisses von Ökosystemen
und Landwirtschaft ist Vorsicht geboten. […] Wissenschaftliche Kenntnisse
alleine genügen jedoch nicht. Praktische Erfahrung, gesammeltes Wissen sowie
traditionelles und einheimisches Wissen bieten viable Lösungen an. Ökologische
Landwirtschaft soll durch die Übernahme von angemessenen und die
Zurückweisung von unkalkulierbaren Techniken, wie z.B. Genmanipulationen,
wesentlichen Risiken vorbeugen. Alle Entscheidungen sollen durch transparente
und partizipatorische Verfahren die Werte und Bedürfnisse der von diesen
Entscheidungen Betroffenen mitreflektieren.
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Den unterschiedlichen Werten und Schwerpunkten entspricht die Fülle verschiedenster
Anbauverbände, Herkunftsländer und Zertifizierungen, die unterschiedlichsten
Produkte, Distributionskanäle sowie Konsumententypen und – Bedürfnisse. Während
in der „Pionierzeit“ immaterielle Werte wie Boden- und Tiergesundheit den ersten Bio-
Landwirten die nötige Überzeugungskraft gaben, um sich gegen die agrarpolitische
Grundausrichtung behaupten zu können, muss die etablierte Bio-Landwirtschaft von
heute vor allem den immer härter werdenden Bedingungen des Marktes standhalten,
um sich erfolgreich weiterzuentwickeln.343 Dieser ist gekennzeichnet durch einen steten,
rasanten Wandel, ein Wandel, der ebenso ganze Kulturen und Gesellschaften betrifft.
343 So Greger 2007, S. 33f.
-83-
3. Am Point of Sales Purchase
3.1. Typisierungen der Bio-Wertschöpfungskette
Nicht nur bäuerliche Lebenswelten und Traditionen haben sich in den letzten
Jahrzehnten gewandelt. Lokal verankerte „Schicksalsgemeinschaften“ mit
wechselseitigen Verpflichtungen – wie nachbarschaftliche, verwandtschaftliche,
familiäre Konstellationen – verlieren an Bedeutung. Neue Vergesellschaftungsmuster in
„funktional differenzierten Systemen“344 treten an diese Stelle, charakterisiert durch
strukturelle Offenheit, lockere Verknüpfung und Wahlfreiheit. Massenmedien, World
Wide Web, mobile Kommunikation, interpersonale Netzwerke sind nur noch bedingt
ortsgebunden und von klassischen Knotenpunkten sozialer Kohäsion, wie von
Nationalstaaten und politischen Akteuren, weitgehend unabhängig.
Verschiedene Lebens-, Sprach und Wissensformen – kurz Milieus - mit geteilten
Werthaltungen sowie vergleichbaren Selbst- und Fremdbildern345 konstituieren sich, mit
eigenen Spezialsprachen, Relevanzkriterien, Exklusionen und Eigen-Sinnigkeiten.346
Eine Sozialität, die weder kollektiv ist noch individualistisch, weder Staat noch Markt
vollständig zuzurechnen ist, sondern beide Ressourcen nutzt für ihre hybriden
Strukturen. Beziehungsnetzwerke, auf permanente Selbsttransformation angelegt,
leisten bei der Konstruktion des Selbstkonzeptes der Person, der Identität, relevante
Unterstützung. Sich auf Unbestimmtheit einlassend, immer wieder
Bestimmtes/Bestimmbares hervorzubringen ist ein modus socialis in Projektform. 347
Milieus können ebenso vertikal differenziert sein durch unterschiedliche Lebensstile,348
die sich in unterschiedlichen Zeitauffassungen, Dialekten, Verhaltensweisen, Kleidung,
Ritualen, Manieren, Gesprächsführung wie auch Konsumformen niederschlagen.349
344 Funktionale Differenzierung meint, dass Gesellschaften nicht mehr aus einer Vielzahl gleicher oder ähnlicher Einheiten wie Familien, Clans oder Gruppen (segmentäre Differenzierung) bestehen, sondern aus unterschiedlichen, spezialisierten Teilen, die voneinander abhängen – Ökonomie, Politik, Wissenschaft, Erziehung, Gesundheitssystem, Familie, Religion, Kunst etc. Vgl. Willke 2006, S. 19 345 Hellmann 2003, S. 411 346 Willke 2001, S. 100f. 347 Priddat 2008, S. 91 348 Vgl. Solga 2003, S. 6. Vertikale Lebensstilunterschiede lassen sich gegenwärtig immer weniger auf berufliche und ökonomische Determinanten denn kulturelle Ressourcen unterscheiden. Horizontale Differenzen in den Lebensstilen machen sich hauptsächlich an Bildung und Lebensalter fest. Vgl. Stein 2006, S. 141 349 Vgl. Hellmann 2003, S. 411
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In Milieus und Lebensstilen sucht der Mensch Struktur und Orientierung („Re-
Grounding“), allerdings in den höchst fließenden Formen eines „Reality-Sampling“.350
Pflichten wie Rechte gesellschaftlicher Anforderungen in Form von „Rolle“ werden als
situativ bezogene und im Interaktionsprozess entstehende wie auch wandelbare
Systeme von Erwartungen erlebt.351 Werthaltungen werden in unterschiedlichen Rollen
verschieden hierarchisiert und angepasst. Diese Hybridisierung und Parallelität
unterschiedlicher Werthaltungen gehorcht den Prinzipien von „Konnexion und
Heterogenität“, der „Vielheit“ und dem „asignifikanten Bruch“, keinem „strukturalem oder
generativem Modell“ verpflichtet zu sein, kurz: der Rhizomisierung.352
Ein Beispiel für eine Differenzierung der Milieus und der mit ihnen verbundenen
Lebensstile soll hier anhand der kommerziellen Sinus-Milieus erfolgen:353
350 Schipperges 2007 351 Vgl. Thomae 1968, S. 548 352 Rhizome sind „Pfahlwurzeln mit zahlreichen Verzweigungen, seitlichen und sternförmigen […] Jeder beliebige Punkt eines Rhizoms kann und muss mit jedem anderen verbunden werden […] Es gibt nichts als Linien;“ Deleuze 1977, S. 8ff. Übrigens ist eine etymologische Erklärung für „Risiko“ die Herleitung aus dem griechischen „rhiza“, also der Wurzel, was mit „Klippe“, Schwelle in Verbindung gebracht wurde. 353 Sinus Sociovision, Heidelberg, ist Spezialist für psychologische und sozialwissenschaftliche Forschung und Beratung. Grafiken von Wippermann 2005 beziehungsweise http://www.sinus-sociovision.de
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In der folgenden Graphik sind die vertikal-hierarchischen Sinus-Milieus im Wertekreis
von Shalom Schwartz verortet, nunmehr horizontal-flach:354
354 Marktforschung und Meinungsumfragen unterliegen der schwierigen Bedingungen, dass der Konsument seine wahren Motive und Bedürfnisse bei der Nutzung eines Produktes oder eine Marke gar nicht artikulieren kann, denn sie sind ihm nicht bewusst. Grenzen der Messbarkeit bei komplexen Wirklichkeiten, die Beantwortung nach Maßgabe der „sozialen Erwünschtheit“, Response-Sets, Umgebungseinflüsse, suggestive Antwort- und Fragekategorien führen zum Teil zu Ergebnissen mangelnder Validität und Reliabilität. Emotionsquellen, Assoziationen und Konnotationen, Bilder, olfaktorische, haptische, akustische Eindrücke lassen sich nicht immer in Worte fassen. Verstand und Vernunft sind zum Teil nur Berater, vgl. Albrecht 2005, S. 4ff.; Grünewald 2006, S. 8ff. Daher sollen die hier genannten Werte/Zahlen Anhaltspunkte, nicht aber als statische Aussagen im Sinne einer mechanischen Berechenbarkeit gelten.
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Den hybriden Werthaltungen entspricht der hybride, situativ entscheidende,
ungebundene Konsument, der einerseits hochwertige Markenartikel kauft, andererseits
aber auch den preisbewussten Griff zu günstigen Handelsmarken oder No Names nicht
scheut, der experimentiert oder aus Bequemlichkeit diejenigen Produkte kauft, die
gerade im Handel verfügbar sind.355 Dazu addiert sich die Transaktionskosten
reduzierende Wirkung der IuK-Technologien. Da ist es für Produzenten, Marketing-
Abteilungen und Unternehmensberater natürlich vorteilhaft, wenn sich zumindest eine
eher kohärente, stetige Klassifizierung abzeichnet – die auch noch Milieu und
Werthaltungen übergreifend ist. Dieser nahezu mit 30% aller Haushalte veranschlagte
Konsumstil356 wird kurz mit LOHAS bezeichnet und meint den „Lifestyle of Health and
Sustainability“. In der unten stehenden Graphik ist der LOHAS-Konsumstil anhand
seiner Hauptattribute „Gesundheit“ (health) und „Nachhaltigkeit“ (sustainability) inmitten
der transponierten Sinus-Milieus im Wertekreis verortet.
355 Haedrich 2003, S. 28 356 So eine AC Nielsen/“Karma Konsum“-Studie im Mai 2008, http://www.focus.de/finanzen/news/studie-wer-sind-die-lohas_aid_305216.html
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Dazu haben wir zart gestrichelt noch den „Lifestyle“ in die Graphik eingefügt. Das hat in
diesem Falle weniger mit der recht neutralen Bezeichnung unterschiedlicher Lebensstile
zu tun, sondern eher mit dem Lebensstil „Lebensstil“. Die Zeitung „Die Welt“
überschreibt ihre Online-Rubrik „Lifestyle-Nachrichten“ mit „Informationen über neue
Modetrends, Design, Architektur, Wein, Essen, Wellness und Kosmetik. Für alle, die
Luxus schätzen.“ Es gibt also einen Lebensstil mit Werthaltungen im Übergang von
Selbststeigerungs-Werten zu selbstbestimmenden Werthaltungen. Im Fokus steht die
im Rahmen des „In“-Seins ständige Neuerfindung mithilfe der neuesten käuflichen
Trends. Den Zusammenhang mit dem Generalthema der Nachhaltigkeit erklärt der
österreichische Journalist Robert Misik wie folgt: „Klimaschutz ist hot, oder, was auch
ein schönes Wortspiel ergibt: cool. Das Thema Ökologie, das sehr deutsch und auf
engen Bahnen seinen Weg um den Erdball begonnen hat - mit Verbots− und
Verzichtsjargon, Gegen−Lifestyle und Technikskepsis -, kommt nun sehr amerikanisch
wieder zurück: als breite Entertainmentwelle, mit viel Schick und einem großen Löffel
Wohlfühlrhetorik. Statt des übellaunigen »Wir müssen uns bescheiden« jetzt das
ermunternde »Wir können es schaffen«. Heute heißt es nicht mehr »Jute statt Plastik«,
sondern Hybridauto statt Benzinstinker.“357
Der LOHAS wird also durch unterschiedliche Werthaltungen und Milieus konstituiert.
Dabei unterstreichen hauptsächlich Postmaterielle, aber auch angrenzende
Experimentalisten und Teile der Bürgerlichen Mitte, dass Bio einen hohen Stellenwert in
punkto nachhaltigem Wirtschaften einnimmt. Hedonisten, Etablierte und ein weiterer
Teil der bürgerlichen Mitte stellen hingegen den Aspekt der individuellen, körperlichen
Gesundheit in den Vordergrund. Die recht unterschiedlichen Werte und Motivationen,
die sich hinter den Gruppierungen verbergen, aber auch das Gemeinsame, verdeutlicht
vielleicht folgende Grafik.
357 Misik 2007
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In der Analyse der Bundestagswahl 2005 konnte festgestellt werden, dass Bündnis
90/Die Grünen über ein ähnliches Wählerprofil wie die FDP verfügen. Berufstätige
Wähler waren bei den Liberalen (55%) und den Bündnisgrünen (57%) deutlich
überrepräsentiert, wie auch Wähler mit mittlerer und hoher Bildung.358 Über die LOHAS-
Pole und die sie auszeichnenden Werte scheint eine „überparteiliche“
Anschlussmöglichkeit vorzuliegen. Das Wähler-Profil deckt sich dann auch mit den
Erhebenungen der „Bio-Shopper-Studie“ / Information Resources GmbH. Danach war
der Bio-Konsument im Jahre 2006 weiblich (61,1%), in allen Altersklassen ungefähr
gleich vertreten (mit einem leichten Vorteil bei den über 50jährigen) und zumeist
Angestellter (31%, 16,8% waren Rentner).359
Die hybride Konstruktion der LOHAS-Gesamtwerthaltung spiegelt sich in der Studie von
Thomas Perry/Sinus Sociovision wider. Perry unterscheidet hier einerseits zwischen
„Bio“ einerseits mit den „Beigaben“ Geschmack, Genuss, Sinnlichkeit und Egoismus
sowie „Öko“ andererseits, das durch die Attribute moral correctness, rational,
358 Jesse 2005, Kapitel 2.7 359 BSS 2006. Das deckt sich in etwa mit der Charakteristik der Nutzer von Bio-online-communities wie www.naturkost.de im gleichen Zeitraum. Gut 72% waren weiblich, über 60% hatten Abitur, ein Drittel ein Hochschulstudium. Vgl. Müller 2005, S. 64
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altruistisch und lustfeindlich charakterisiert wird.360 Das deckt sich mit unseren
Verortungen im Wertekreis. „Bio“ und „Öko“ haben andere Grund-Wertigkeiten, das
gleiche Produkt wird differierend wahrgenommen und eingeordnet.
In der sich nun anschließenden Grafik wurden die von der „Gesellschaft für
Konsumforschung (GfK) erarbeiteten Ernährungs-Typen361 verortet, wobei wir
alternative Bezeichnungen gewählt haben. Alle Angaben beziehen sich auf den
gesamten Lebensmittelmarkt, ökologische und konventionelle Produktion zusammen.
Der Umsatz an Produkten aus ökologischer Landwirtschaft hat in Deutschland einen
Anteil von zwischen 3% und 5% am Gesamt-Lebensmittelmarkt, aber einen Anteil von
mehr als 30% am Europäischen Bio-Lebensmittelmarkt.362 Etwa 40% aller
Konsumenten können aus verschiedenen Gründen zur erweiterten Bio-Bezugsgruppe
gezählt werden.363
360 Perry 2007, S. 2 361 CC 07, S. 30 362 Eichholz 2008 363 Vgl. Spiller 2006, S. 7
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Im unteren „Health-Pool“ wird der zentrale Wert der „Gesundheit“ hauptsächlich
individuell-körperlich und nicht ganzheitlich interpretiert, wie es beispielsweise ein (nicht
immer unproblematischer) Begriff der gesunden Böden oder der gesunden Umwelt
vorsehen würde. „Gesundheit“ findet sich nach dieser Interpretation ergo im Bereich der
Selbststeigerungs-Werte.
Nach einer Studie von Eurostat gehören individuelle Gesundheit (99%) und Familie
(97%) für alle Europäer zu den wichtigsten Aspekten im eigenen Leben.364
Dementsprechend stieg im Zeitraum von 2002 bis 2005 der auf die Segmente
Convenience, Genuss und Wellness entfallende Anteil an den gesamten Food- und
Getränkeausgaben von knapp 30 auf fast 40 Prozent mit einem Gesamtmarktvolumen
von mehr als 60 Milliarden Euro.365 Trotzdem die an Einkommen schwachen Haushalte
sukzessive zunehmen,366 wird der Trend zu mehr „Wohlfühl-Ausgaben“ und „Anti-
Aging“367 verstärkt durch den Wunsch nach vorwiegend qualitätsorientiertem Einkauf.368
So konnte auch der Markt für Functional Food - Nahrungsmittel, die mit zusätzlichen
Inhaltsstoffen angereichert werden und einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben
sollen – deutlich zulegen. Attribute wie beispielsweise natürlich, probiotisch,
zuckerreduziert/-frei, fettreduziert/-frei, diätetisch, vollwertig und frisch369 sind für die
„Health“- Konsumentenklientel am wirksamsten.
Etwa für ein Drittel aller Haushalte ist gesunde Nahrung wichtig, doch nur ein fünftel –
das Segment der Premium-Konsumenten – zeigt sich so überzeugt, dass es
regelmäßig Gesundheitsprodukte einkauft und dabei überproportional, nämlich zu gut
25%, am Gesamtumsatz von Gesundheitsprodukten beteiligt ist.370 Der Anteil der Bio-
Kernkäufer und die Ausgaben für Bio-Produkte sind bei den Premium-Konsumenten am
zweithöchsten. Diejenigen Premium-Konsumenten, die Bio-Käufer sind, verbinden mit
Bio nicht nur Gesundheit. Bio als qualitativ wie preislich hochwertiges Lebensmittel ist
364 Carballo 2007 365 CC 05, S. 7 366 CC 07, S. 16 367 So kann es nicht verwundern, dass die Bio-Überzeugten, die für die wachsende Nachfrage der letzten Jahre ausschlaggebend waren, laut GfK älter, finanzstark und in ihren Einkaufsgewohnheiten fachhandelsorientiert sind; vgl. CC 07, S. 39ff. 368 CC 07, S. 14 369 Vgl. CC 07, S. 35 370 CC 07, S. 39
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für sie gleichzeitig Ausdruck des Erfolges wie auch des Genusses. Nicht zuletzt
erwartet sich der Premium-Konsument eine optimale Leistungssteigerung, die
Wiederherstellung der eigenen Kraft für den täglichen Wettbewerb.
Ein Teil der „Experimentellen“ sieht in Bio eine stimulierende Abwechslung im
Speiseplan. Neu entdeckte alte Sorten – wie beispielsweise Emmer-Bier - machen
sowohl in punkto Geschmack als auch in Fragen der Verarbeitung neugierig. Das
Erlebnis und die „Leistung“ der Ware stehen hier im Vordergrund. Aber auch Flexibilität
– es kann, aber es muss nicht immer Bio sein – die Freiheit nimmt sich dieser Teil der
Experimentellen. Der andere Teil dieser Bezugsgruppe rechnet sich eher zu den Eco-
Flux, die im übernächsten Kapitel behandelt werden.
Die Geld- oder Zeitknappen stufen entweder Ernährung oder den Einkauf als
zweitrangig ein. Knappheit führt zu einem Bedarf an Komplexitätsreduktion und
Simplifizierung. Unter den - am Steuerungsmedium der Ökonomie – „Geld“-Knappen
finden sich paradoxerweise Konsum-Materialisten, die mithalten und „trendy“ sein
möchten. Der Fokus liegt auf dem Einkauf als soziales Phänomen, weniger auf der
Ernährung.
Auf der anderen Seite stehen die an Zeit „Armen“. Nach einer GfK-Studie gehören 36
Prozent der deutschen Verbraucher zu dieser Gruppierung, von denen wiederum 39
Prozent den Einkauf von Lebensmitteln/Getränken als lästig empfinden.371
Ökologisches Einkaufshandeln nimmt ab, wenn Konsumenten sich unter Zeitdruck
sehen beziehungsweise Zeitersparnisse bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln als
nötig erachten.372 60 Prozent der Frauen im erwerbstätigen Alter gehen mittlerweile
einer Tätigkeit nach, womit – gepaart mit der Berufstätigkeit der Männer – das
Nahrungs-Know-how für die Produktauswahl am Point of Purchase wie auch in der
Küche sinkt.373 Damit wandeln sich die vergesellschaftende Rhythmisierung des Alltags,
Sitte, gemeinsame Tischgespräche, Benimmregeln sowie Austauschmöglichkeiten, die
vorher während der Mahlzeiten bestanden.
371 CC 05, S. 50 372 Tanner 2002, S. 89. Das bestätigt indirekt auch die Studien von Bierhoff (1996, S. 396), wonach altruistisches Verhalten durch Stress, Gefährlichkeit, Zeit- und Materialverlust gehemmt wird. 373 Vgl. Kirig 2007, S. 7
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Hier besteht jedenfalls ein enormes Potential für Bio-Convenience, denn, so belegt eine
KPMG-Studie aus 2006,374 der Biotrend ist unmittelbar mit dem Convenience-Trend
verbunden - der Umsatz im Convenience-Segment stieg zwischen 2002 und 2005 um
ca. 31 Prozent.375 In diesem Zusammenhang sollte auch die „Vorbildvariante“ der
Industriestaaten erwähnt werden. In Schwellenländern wie Indien oder China werden
Fastfood und Fertigmahlzeiten immer beliebter. Im indischen Mumbai beispielsweise
lassen sich täglich 200.000 Kunden das Curry an den Arbeitsplatz liefern.376
Die Ausblendung des gesellschaftlichen Mehrwerts von Nahrung wie auch der
Produktionsmethoden der Nahrung betont allein den funktionalen Aspekt. „Functional
Food“ - mit Zusatzstoffen wie Heilkräutern, Vitaminen, Mineralien versetzt – steigern
diesen Aspekt. Da der Erfolg von Bio sich unter anderem auf den Anti-Aging-Trend der
90er Jahre zurückfahren kann, muß in diesem Zusammenhang bemerkt werden, dass
der Konsum der angesprochenen Konsumententypen Zwecke mit bestimmten Mitteln
verfolgt, die durchaus substituierbar sind. Gesundheit, Krankheitsprävention oder
Genuss und sogar ethischen Mehrwert versprechen auch andere existente wie sich
abzeichnende Label, beispielsweise „functional food“, „CO2-frei“ (Emissionshandel)
oder „Invitro“. Sie könnten Bio „ersetzen“, damit aber auch den gesellschaftlichen und
natürlichen Mehrwert einer ökologischen Landwirtschaft.
Im Frühjahr 2008 fand beispielsweise die weltweit erste Konferenz zum Thema „In Vitro
Meat“ – Laborfleisch – statt. Die Forscher prognostizieren, dass der Konsument in fünf
bis zehn Jahren künstlich hergestelltes Hackfleisch, Chicken Nuggets und Leberwurst
aus „Gewebezüchtung“ kaufen kann. Aus einer tierischen Stammzelle können schon
heute in einer Nährschale Muskelzellen und wachstumsfähiges Gewebe gezüchtet
werden. Anfänglich dünne Muskelfasern kann man durch leichte Stromstösse
"trainieren" und zu dickeren Fasern heranwachsen lassen. Der nächste Schritt, und
daran bastelt man gerade, ist die Nährstoffversorgung mehrschichtiger Fasergebilde
und die Kombination von Muskel- und Fettgewebe. Aus einer einzigen Zelle könnte man
den weltweiten Fleischbedarf für ein ganzes Jahr herstellen, mit vorteilhaften
Auswirkungen auf Tierschutz, Reduzierung von Bodenbelastung und Wasserverbrauch,
374 Kreimer 2006, S. 32 375 CC 05, S. 36 376 Diese aus ernährungswissenschaftlicher Sicht verhängnisvolle Entwicklung (so Proell 2008), die als „Wandel im Ernährungsverhalten“ (nutrition transition) bezeichnet wird, führt weltweit zu einem dramatischen Anstieg von Übergewicht und damit einhergehenden Erkrankungen.
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denn für die Produktion von 100 Gramm Rindfleisch werden aktuell 7000 Liter Wasser
verbraucht.377 Unbestreitbar sind dies immense Vorteile,378 ganz zu Schweigen vom
„Mythos der Reinheit“. Die mögliche Zukunft beschreibt Matthias Horx dann so: „Überall
wird es geheime Restaurants geben, in denen man geschlachtete Tiere essen kann –
zu horrenden Preisen, manchmal mit Ekelgefühlen, aber welch ein verbotener
Genuss.“379
Gesundheit hat aber nicht nur etwas mit den Inhaltsstoffen der Ernährung, mit
individuell-körperlicher Gesundheit zu tun. Gesundheitliche Belastungen werden
zunehmend ausgemacht in beginnendem Klimawandel, ansteigender Lärmkulisse,
Bewegungsarmut und Wasserverunreinigung ausgemacht.380 Dazu kommen vom
Lebensstil abhängige Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Karies, Krebs,
Diabetes und Adipositas, letzteres insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. „Stress-
Coping“-Krankheitsmodelle, Borderline, Schizophrenie, „Burn-out“-Symptome und
posttraumatische Belastungsstörungen sind nur einige Nennungen aus den rapide
anwachsenden zivilisatorischen und psychosomatischen Erkrankungen.381 Nach
Analyse des Fehlzeiten-Reports, der vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO)
und der Universität Bielefeld herausgegeben wird, stieg die Zahl der Fälle mit
psychischen Krankheiten seit 1996 um knapp 84%, wobei besonders Frauen betroffen
sind. In der Rangliste der Männer nehmen psychische Gebrechen Platz sechs ein, in
377 Vgl. http://www.taz.de/1/zukunft/wissen/artikel/1/schoenes-neues-steak/?src=MC&cHash=047afb910e 378 Bei einer Milliardenbevölkerung wie in Indien können schon relativ kleine Änderungen der Gewohnheiten auf individueller Ebene erhebliche Folgen für die Lebensmittelwirtschaft haben. So wird in Indien der Einfluss hinduistischer Ernährungsregeln schwächer, immer mehr Menschen entscheiden sich für eine zumindest nicht mehr streng vegetarische Lebensweise. Moderne Inder können sich der Verführungskraft preisgünstiger Chicken Tandooris an vielen Straßenecken auf Dauer offensichtlich nur schwer entziehen. Selbst der Verzehr von Rindfleisch nimmt zu – im Hinduismus ein absolutes Tabu. Vgl. Proell 2008 379 Horx 2002, S. 52. Da mit dem Mythos der Reinheit von „Invitro“ aber auch Anforderungen an die Gesundheit und „das gute Gefühl“ beim Verzehr steigen, könnte diese Fleisch zumindest aus der Bio-Produktion stammen. 380 Jeder einzelne Bundesbürger gab 2006 laut Statistischem Bundesamt mehr als 3000 Euro für Arztrechnungen, Krankenhauskosten, Medikamente und Pflegdienste aus - Tendenz steigend. Zum umfassenden „Empowerment“ des Individuums gehört dann auch die (aus Kostengründen) staatlich initiierte Emanzipation von der Macht des (staatlichen) medizinischen Apparates. Der Einzelne ist aufgefordert, sich jenseits von Umwelt- und Arbeitsbedingungen seiner eigenen genetischen Risiken bewusst zu werden und eine entsprechende Lebensführung zu pflegen. 381 Die Posttraumatische Belastungsstörung (Abk.: PTBS; engl.: Post-traumatic Stress Disorder, Abk.: PTSD) entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. PTBS wurde und wird bisher hauptsächlich aufgrund von Kriegstraumata diagnostiziert.
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der Rangliste der Frauen bereits Platz drei.382 Da kann es nicht verwundern, dass die
Gesundheitsbranche Arbeitgeber Nummer eins in Deutschland ist.
„Health is created by caring for oneself and others, by being able to take decisions and
have control over one's life circumstances“, so die Ottawa Charter for Health Promotion
der WHO. Selbstbestimmung, Identitätsmanagement wie körperliches Wohlbefinden
bilden sozusagen eine ganzheitliche Gesundheits-Trias. Dementsprechend geht das
„salutogenetische Modell“ des Soziologen Aaron Antonovsky davon aus, dass
Menschen auf belastende Lebenssituationen (Stressoren) nur organismisch-
konstitutionell (gutes Immunsystem), materiell (Geld, Arbeit, Wohnung), kognitiv
(„symbolisches Kapital“ wie Intelligenz, Wissen und Bildung) oder emotional
(Identitätsmanagement, soziale Unterstützung, zwischenmenschliche Beziehungen)
reagieren können.383 Für einen ganzheitlichen Gesundheitsbegriff braucht man geistig-
seelische Komponenten und von innen kommende, intrinsische Motivation. Gesundheit
hängt mit innovativer Kraft zusammen, im Sinne Edisons, für den eine Innovation nichts
anderes war, als die Realität aus einer anderen Perspektive zu sehen.384 Damit aber
gibt es durchaus jenseits der (verbraucherpolitisch nachvollziehbaren aber bürokratisch
überregulierenden) Health-Claims VO385 für die mit dem ökologischen Landbau
verbundene Wertschöpfungskette Möglichkeiten, umfassend und ganzheitlich auf
Gesundheit zu rekurrieren.386
Individuen werden in der Zukunft aufgrund ihrer mannigfaltigen Bindungen und
Situationen weit mehr ein gelingendes Identitätsmanagement, intrinsische Zufriedenheit
brauchen, was die vom Shanghaier Verkehrsnetz inspirierte „Trend Map“ des US-
Zukunftsforschers Richard Watson durch die maßgeblichen fünf Trendrubriken belegt:
382 Vgl. http://www.heise.de/tp/blogs/3/120653 383 Keupp 2008, S. 19ff. 384 In Kotler 2005, S. 108 385 Detlev Groß, Geschäftsführer und Bereichsleiter „Recht, Wettbewerb, Verbraucher- und Umweltpolitik“ des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels, sieht zudem in der Health-Claim VO Zielkonflikte zwischen Verbraucherschutz und Innovationskraft enthalten. Durch zu viele Grauzonen seien Streitpunkte vorprogrammiert, zudem stellt die VO eine besondere Belastung für den Mittelstand und die KMU dar, was auch „Abmahnvereinen“ neue Spielwiesen bescheren könnte. Vgl. Groß 2008 386 Erstaunlich ist in diesem Kontext und angesichts der Verortung der IFOAM-Leitwerte im fundierten Wertekreis, dass eine in Zusammenarbeit der Uni Siegen mit der IFOAM gestartete Image Kampagne Öko/Bio und damit die IFOAM zwischen Wellness, Urlaub, Freizeit, Familie, Freunde, Gesundheit und Körperbewusstsein positionieren möchte – in der Hauptsache Werte, die nicht den Leitwerten der IFOAM entsprechen, nicht mal dem Wertesektor, ja gar als hedonistisch-stimulative Werthaltungen diametral entgegengesetzt sind. Vgl. UniSiegen/IFOAM 2008
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Virtual worlds, Digitalisation, Globalisation, Ageing, Anxiety.387 Natürlich ist Zukunft
evolutionär offen und nicht determiniert, so dass auch in der Trendmap Trends
zusammen mit Gegentrends gedacht und sich insofern paradoxe Konstellationen
ergeben. Die Trendrubrik „Angst“ ist angesichts der Erosion vieler
„Selbstverständlichkeiten“ in einer globalen Welt und den damit verbundenen
identitären Verunsicherungen nicht ganz von der Hand zu weisen. Das
verplausibilisieren bereits die vielen paradoxen Entwicklungsstränge.
387 http://www.nowandnext.com/PDF/trend_blend_2008_map.pdf
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1. Weltmarkt der fraktalen Märkte
a. Single global currency, Industry convergence, End of low-cost inputs,
Economic Recession, Food inflation, Corporate Power
b. Personalisation, attention Economy, Shortage of talent, Private currencies,
Deregulation, p2p lending, digital money, Polarisation of markets,
Monolines, Industrial provenance, Enterprise 2.0, Speeding-up
2. Globalregierung der Regionen und Tribalisierunge n
a. Global voting, Device Convergence, Immigration
b. Re-localisation, Mobile devices, NGO Power, Public-private partnerships,
Anti-incumbent elections, Urbanisation, Xenophobia, Tribalism,
Nationalism
3. Gemeinschaft der Individuen
a. Boomerang kids, Power shifts eastwards, Chime liquidity, chines liquidity,
death of cash, social networks, web 2.0, Physiological Neoteny,
Rhythm&Balance, extended financial families, blended families, same sex
couples
b. Individualism, Labour migration, Female chauvinism, declining fertility,
single person households, fragmented families, middle class unrest,
downshifting
3.1. Die „eine Welt“ der Milliarden Welten
c. The Environment; Climate Flux
d. Fantasy&Escape, Prediction markets, Voter antipathy, Nostalgia,
Celebrity politicians
3.2. Mensch/Technik-Symbiose als Form „neuer Einfa chheit“
e. Nanotech, Biotech, Genetic Engineering, ubiquitous connectivity,
Geospatial web, Embedded intelligence, Artifical intelligence, RFID, too
much information, Aggretion, Reality mining, Humans 2.0,
Techophobia, networked risk
f. Simplicity, VOIP, 3-D-printers, data visualisation, Robotics, Wireless,
place shifting, time shifting, Online video, Artifical body parts, virtual
protest
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Für Matthias Horx und etliche andere Zukunftsforscher ist „Asien“ ein Megatrend der
nächsten Jahrzehnte.388 China wird dabei eine besondere Rolle spielen. In China ist
das Wort für Krise „weiji“ – die „gefahrvolle Chance“.389 Gemeinsam mit „te se“ –
besondere Farbe, ein Lieblingsausdruck von Deng Xiaoping – meint dies eine generelle
Offenheit für Neues, das aber immer unter Berücksichtigung chinesischer Einfärbung
rezipiert und implantiert werden sollte.390 Dieses Denken findet sich bereits in den in
China äußert populären Strategemen (sanshiliu ji) des General Tan Daoji aus dem 5.
Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, zum Beispiel im Strategem Nr. 16 „Will man
fangen, muss man zunächst loslassen“ wie auch im Strategem Nr. 30 „Gast und
Gastgeber sollen die Plätze tauschen“.391 Identität im Wandel – und damit das
asiatische Beziehungs-Konzept392 – wie auch Wandel der Identität – was eher dem
westlich-individualistischen Ansatz entspricht – lassen sich vereinen.
Diese beiden Charakterisierungen im Umgang mit Identität treffen auch auf die dem
„Eco-Heritage“ nahestehenden Konsumententypen zu, den postmateriellen „Eco-Flux“ –
eine Kombination der Food-Typen „Postmaterielle“ und „Experimentelle“ - wie auch den
relationalen „Eco-Bind“ – eine Kombination der von „Mutter-Regional-Küche“ mit den
„Anspruchslosen“. Selbstverständlich finden sich diese Haltungen nicht nur am „Point of
Purchase“, sondern über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg.
388 Horx 1996, S. 156 389 Weggel 1999, S. 40 390 Weggel 1999, S. 31 391 Vgl. Senger 1996, S. 22ff. 392 In Asien ist noch das „Wir“ in der Familie oder in der gesellschaftlichen Zelle „danwei“, die Pflichten des Einzelnen und statt Konflikt der Konsens tonangebend.
Eco-Flux
Eco-Bind BIO (Heritage)
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3.2. Der Eco-Bind – stetige Identität im Wandel
Für die hier situierten Wertehaltungen stellvertretend die Aussage des
Zukunftswissenschaftlers Horst Opaschowski: „In unserer sogenannten
»Multioptionsgesellschaft« regieren doch Austauschbarkeit, Beliebigkeit, Rastlosigkeit,
Maßlosigkeit und zunehmend auch Bindungslosigkeit. Soziale Sicherheit, soziale
Gerechtigkeit und soziale Verantwortlichkeit drohen auf der Strecke zu bleiben.“393
Radikale Enttraditionalisierung der Lebensformen verstärkt den Wunsch nach Klarheit,
Überschaubarkeit, Einfachheit.394 Dementsprechend wachsen Bedürfnisse wie
„Aufgehobensein in einer Gemeinschaft, die dem Ich Selbstwert und Stärke
vermittelt,395 oder jenes der „nachgeahmten Substantialität“, deren Unbefragtheit und
Unverfügbarkeit jene Sicherheit zurückgeben sollen, die der „aufgeklärte Wahn freier
Selbstbestimmung“396 einst genommen hatte. Die Deutschen suchen beispielsweise
nach wie vor Heimat und Zugehörigkeit im engen sozialen Kreis, wünschen sich
Sicherheit und Stabilität. Doch, wie Sinus Sociovision bestätigt:397 Während in den
letzten Jahren der Rückzug in den Inner Circle dominierte, werden nun vorsichtige
Entwicklungs- und Eroberungsstrategien sichtbar.398
Soziale Verhältnisse von starker personaler Differenziertheit und Individualisierung
gestatten und fordern stattdessen das Geheimnis und umgekehrt trägt und steigert das
Geheimnis solche Differenziertheit.399 In einer vermeintlich entzauberten Welt400 hat das
Geheime wieder Konjunktur, denn „was wir bis auf den letzten Grund deutlich
durchschauen, zeigt uns eben damit die Grenze seines Reizes, und verbietet der
393 Opaschowski 2004, S. 380 394 Der Soziologe Ronald Hitzler bezeichnet dies etwas provokant als „moralische Omnipräsenz von technophoben Jammergemeinschaften, therapeutischen Selbstsuchern und ideologischen Heilsfindern, professionellen Benachteiligungssprechern und emanzipativen Klagevirtuosen, die sich in immer neuen Einspruchs- und Verhinderungskoaltitionen zu punktuellen und situativen Widerständen gruppieren.“ Hitzler/Koenen 1994, S. 450 395 Keupp 1994, S. 341 396 So der Münchner Soziologe Elmar Konen in Hitzler/Koenen 1994, S. 456 397 http://www.sinus-sociovision.de/Download/Management-Summary_Sinus-Trendreport-2008.pdf 398 Marlboro, zum Beispiel, hat in diesen Milieus schon immer punkten können, denn die Marke kommuniziert domestizierte und kontrollierte Genuß-Freiheiten in einem weitgehend reglementierten und konservativen Alltag; vgl. Grünewald 2006, S. 4 399 Simmel 1999, S. 410 400 Weber 1980, S. 308
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Phantasie, ihre Möglichkeiten darin zu weben, für deren Verlust keine Wirklichkeit uns
entschädigen kann.“401
So wird die Natur aktuell neu entdeckt, als etwas Unvertrautes, beispielsweise als
Quelle der Spiritualität. Das Geheimnis soll dabei nicht bis ins Molekül ergründet
werden, denn damit stirbt es. Natur als das, was »webt und strebt«.402 Das Geheimnis
als kultureller Prozess „bietet sozusagen die Möglichkeit einer zweiten Welt neben der
offenbaren […] Die geschichtliche Entwicklung der Gesellschaft ist in vielen Teilen
dadurch bezeichnet, dass früher Offenbares in den Schutz des Geheimnisses tritt, und
dass umgekehrt früher Geheimes dieses Schutzes entbehren kann und sich
offenbart.“403
Zum „Geheimnisvollen“ der Gegenwart gehört – den Werthaltungen der Eco-Bind
entsprechend - das „Cocooning“, in dem das „Unbehagen an der Moderne“, das sich an
glatten, kühlen, technologischen Umwelten manifestiert, ins Privatissimum gezogen
wird. Hier können „High-Tech“ wie „High-Touch“ in vertrauter, warmer Atmosphäre
integriert werden und die Formen virtueller Körperlosigkeit sich wie von selbst mit
traditionell-religiösen Vorstellungen inkludieren.404
Der Weg zu mehr Körperlosigkeit und Virtualität wird dabei von immer
bedeutungsvolleren anderen „virtuellen Arealen“ – Werte, Ethiken, Moral, Gefühle,
Emotionen – begleitet. Hier finden sich so genannte „Geschützte Werte“, die – so die
Schweizer Psychologin Carmen Tanner - von einer Gemeinschaft als absolut gesehen
und deshalb nicht geopfert und gegen andere Werte eingetauscht werden dürfen.405
Man geht von einer zeitunabhängigen Welt absoluter, erkennbarer Ideen und Werte
aus. Personen mit Geschützten Werten reagieren weniger sensibel auf kontextuelle
401 Simmel 1999, S. 404. Der zunehmende Voyeurismus entspringt ebenso dem Interesse an einem Geheimnis. 402 Heidegger 2001, S. 70 403 Simmel 1999, S. 406 404 Zeitgemäß kann sich hier das „Empyreum“ in einem säkularen, technologisch akzeptierten Format der Körperlosigkeit finden, vgl. Wertheim 2002, S. 26. John Perry Barlow, Internetpionier und Begründer der „Electronic Frontier Foundation“, schreibt beispielsweise über den „Cyberspace“: „Ours is a world that is both everywhere and nowhere, but it is not where bodies live. We are creating a world that all may enter without privilege or prejudice accorded by race, Economic power, military force, or station of birth. We are creating a world where anyone, anywhere may express his or her beliefs, no matter how singular, without fear of being coerced into silence or conformity.” So Barlow 1996 405 Tanner 2008, S. 172
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Veränderungen, behalten ihr auf den geschützten Werten basierendes Handeln bei,
selbst wenn damit höhere Kosten verbunden und die Aussicht auf Erfolg minimal ist.406
Beispiele für diese geschützten Werte finden sich in Tradition, Religion und
Raumstruktur. Als Beispiel für Haltungen aus diesem Spektrum steht die Stimme eines
biologisch-dynamischen Hoferben: „„Ich stand in einer doppelten Tradition, was ein
Doppelpack war für mich als Mensch. Und zwar, in der Landwirtschaft... geboren zu
sein, einen Hof übernehmen zu müssen, im Grunde ohne dass die Eltern sagen: du
musst. Aber es ist einfach eine gewisse Verpflichtung, wenn man da aufgewachsen
ist... Da sein Eigenes darin zu finden, ist unglaublich schwer... Ich hätte was anderes
lernen können, selbstverständlich wollt ich das auch, aber die Bindung war zu stark...
Und dann biologisch-dynamisch. Das heißt Kollegen, die umgestellt haben in dieser
Zeit, die haben diesen Bruch geleistet.”407
Hier finden sich also Grundhaltungen, die sich eingebunden wissen in eine
Schöpfungsordnung: „Bäuerliche Menschen sind »verwurzelt im Glauben« und im
»christlich gelebten und gewachsenen Brauchtum« […] Bäuerliche Grundhaltung
entsteht aus der Begegnung und dem Umgang mit dem Lebendigen“.408
Das Lebendige findet sich im Einzugs- und Wirtschaftsbereich des Landwirts, in der
Region, in der der Landwirt verwurzelt ist. Regionalität steht dann für „Übersichtlichkeit,
Klarheit, Geborgenheit und menschliche Wärme, das »Große« [dagegen für]
Unübersichtlichkeit, Verwirrung, Entfremdung und Kältetod der Gefühle […] Das
Kleinumhegte wird aber zugleich als Hort der Natürlichkeit im Gegensatz zu
babylonischer Verkünstelung Garant der Stabilität im Kontrast zu rastloser Mobilität, als
Bollwerk der »neuen« Genügsamkeit im Widerstreit zur wachstumstrunkenen
Begehrlichkeit, der inneren Triebfeder der Industrie- und Konsumkultur, interpretiert. Vor
allem aber wird es im Zeichen jener Vorstellung von Mitte und Maß gesehen, der das
abendländische Denken stets einen so hohen Rang zuerkannte und die in der
Auseinandersetzung mit der – von einer wachsenden Anzahl von Menschen als totalitär
empfundenen – Industriekultur im Gewande eines »ökologischen Humanismus« aufs
neue epochale Bedeutung zu gewinnen scheint,“ so der Münchner Rechts- und
406 Tanner 2008, S. 186 407 In Schick 2009, S. 366 408 Haberger 2007, S. 5
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Politikwissenschaftler Peter-Cornelius Mayer-Tasch. 409 Vertrautheit bringt also auch
Vertrauen hervor. 410
Die „Korrelation von geographischer Lage und soziopolitischer Ordnung“ und damit ein
spezifisches „Bedürfnis nach Gelassenheit, Ordnung, Mitte und Maß“411 hat nicht an
Bedeutung verloren. So bleibt auch die moderne Landwirtschaft bei Einsatz aller
technischen Möglichkeiten – noch – an die natürlichen Bedingungen des Standortes
gebunden, an den Raum mit seinen klimatischen und geologischen Gegebenheiten.412
Eine Vorliebe für Region und Beschränkung auf das Lebensnotwendige findet sich bei
den LOVOS, den „Lifestyle of Voluntary Simplicity“. Hier wird „Bio“ im Sinne Perrys zu
„Öko“, hier findet sich der eigentliche Kern-Support für den ökologischen Landbau, was
die Nähe der Werthaltungen der Konsumenten zu jenen des ökologischen Landbaus
belegt.
Die asketische Haltung der LOVO lässt sich bis zur Wende zum 20. Jahrhundert
zurückführen, unter anderem auf die den ökologischen Landbau prägende
Lebensreformbewegung. Das ethische Leitkonzept der „Freiwilligen Einfachheit“ wurde
von Richard Gregg 1936 formuliert und zielt auf die Steigerung von Lebensqualität
durch materielle Reduktion des Lebensstandards ab. Den LOVO bewegt der Wunsch
nach mehr Zeit für die Familie, Abbau von Stress, materieller Übersättigung und
Medienflut und eine dadurch geprägte Vorliebe für provinzielle Regionen.413
Bio wird hier solidarisch unter dem Motto „Alles-was-Man-braucht“ wahrgenommen.
Propagiert werden Suffizienz und Maßnahmen der ökologischen Konsistenz, in der es
wie in der Natur nur weiterverwertbare Produkte gibt und keine Abfälle mehr, also
geschlossene Kreisläufe.414 Der LOVO-Lebensstil beinhaltet ergo eine
umweltbewusste, regional ausgerichtete, vielseitige, vegetabile Ernährung. Wenn
409 Vgl. Endress 2001, S. 190 410 Zygmunt Bauman (1996, 657ff.) sieht die Regionalisierung/Glokalisierung als Begleiterscheinung der Globalisierung: „Herrschaft besteht immer darin, für sich selbst ein Höchstmaß an Bewegungsfreiheit und Spielraum zu gewinnen, während man den Entscheidungsprozeß der beherrschten Seite in möglichst enge Grenzen einzwängt.“ 411 Vgl. Mayer-Tasch 1994, S. 50 und S. 79 412 Gottwald 2003/2, S. 271. Bereits Montesquieu bemerkte, dass der spezifische Gemeingeist eines Volkes sich aus Klima, Religion, Gesetzen, Staatsmaximen, Beispielen aus der Geschichte, Sitten und Lebensstil zusammensetzt. Vgl. Montesquieu 2001, S. 266ff. 413 Vgl. Horx 2002, S. 168 414 Vgl. Scherhorn 2008, S. 3ff.
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Fleisch und Wurstwaren konsumiert werden, ist artgerechte und umweltbewusste
Haltung Bedingung.415
In das Spektrum des LOVO passt wohl auch der weit verbreitete Klassiker der
Selbstversorgung für „Realisten und Träumer“, John Seymour: „Es ist verrückt, sich von
materiellen Dingen abhängig zu machen, wie es uns von der Warenwelt mit ihrer
Habsucht eingetrichtert wird. Es ist allerhöchste Zeit, sich von Dingen zu
verabschieden, die wir nicht brauchen, um einfacher und glücklicher zu leben. Gute
Nahrungsmittel, bequeme Kleidung, solide Unterkunft und Bewahrung der eigenen
Kultur – das ist alles, was zählt. Nur wenn wir gewöhnlichen Menschen die ausufernden
multinationalen Konzerne boykottieren, die unsere Erde zerstören, werden wir ein
neues Zeitalter schaffen.“416
Dementsprechend kann ein Protagonist der 70er-Jahre-Pioniere im ökologischen
Landbau anführen: „„Der Gedanke von der Landwirtschaft war bei uns eigentlich total
die Selbstversorgung. Also wir haben wirklich kaum Geld ausgegeben... Wir hatten so
die Idee von damals, dass man sehr autark wirtschaftet, sehr im Kreislauf, unabhängig.
Auszuprobieren, was kann man selbst machen auf allen Gebieten ... Ich hab auch
damals von politischen Aktivitäten nichts gehalten. Ich muss was machen, was ich für
richtig halte und wenn das für manche vorbildhaft ist, dann machen sie’s nach... Großes
Ziel war immer, dass alle umstellen.“417 Und Franz Greif, Leiter der Abteilung
Agrarpolitik, Landessoziologie und Agrarforschung der Bundesanstalt für
Agrarwirtschaft / Österreich, ergänzt im Sinne der LOVO-Haltungen selbstbewußt:
„Grundsätzlich hat ja das Prinzip, dass der Mensch in seinem Leben dem Wesentlichen
den Vorrang geben soll, mit einem Streben nach „wertbewusstem“, „wertgerechtem“,
„erfülltem“, „einfacherem“, „alternativem“ Leben viel – wenn nicht alles – gemeinsam.“418
Mit dem Typus „Klassische-Regional-Küche“ kommen wir zu einem Food-Typus, der
trotz allmählicher Involvierung in die Umwelt- und Bio-Debatte noch enormes 415 Vgl. Bierhoff 2005, S. 5 416 Seymour 2003, S. 8. Die LOVOS machen aber deutlich, dass selbst eher traditionelle, konservative Haltungen bewusst „gemacht“, „hergestellt“ werden. Es scheint hier das Diktum des amerikanischen Psychologen Gordon Allports zu gelten: „Sicher, wir folgen Konventionen der Bescheidenheit, des Anstands und der Selbstbeherrschung, und wir besitzen manche Gewohnheiten, die uns zum Teil als Spiegelbilder unserer Familie, unserer Klasse und unserer Kultur erscheinen lassen. Aber wir wissen, dass wir aus all diesem erheblich ausgewählt haben, dass wir es umformten und dass wir darüber erheblich hinausgegangen sind.“ So Allport 1974, S. 39 417 Zitiert in Schick 2009, S. 365 418 Greif 2005, S. 30
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Mobilisierungs-Potential hat. Inmitten einer unüberschaubaren Differenzierung des
Nahrungsmittelmarktes verheißt Regionalität Vertrauen und gleichzeitig Solidarität mit
den heimischen Bauern. 70 Prozent aller Haushalte – weit mehr, als sich im Typus
„Klassische-Regional-Küche“ finden - ist beim Einkauf „gesunder“ Lebensmittel die
Herkunft aus ihrer Region wichtig. Konsumenten sehnen sich nach Authentizität und
Wohlfühl-Räumen. Transparenz und Partizipation sind die Stichwörter, die kleine
Einheiten jenseits von Massentierhaltung und Flächenwirtschaft sowie nahe
Erreichbarkeit ausmachen.
Gehobene Traditionalisten und Etablierte, die in den 80er Jahren eine große
ideologische und stilistische Distanz gegen „Öko“ hatten, tragen nun in stärkerem Maße
zur Bio-Nachfrage bei. Hier gilt: Naturschutz ist Humanismus, ist Heimatschutz.
Angesichts der Bevorzugung einer klassischen Regionalküche ist erwähnenswert, dass
im Jahre 2005 ein Haushalt im Durchschnitt 440 verschiedene Lebensmittelartikel,
ausgenommen Frischeprodukte, eingekauft hat. Das sind gemessen an der Summe der
angebotenen Artikel (EAN) nicht einmal 0,3 Prozent.419 Fast 50 Prozent der 440 im
Jahre 2005 angebotenen Artikel wurden bereits im Vorjahr gekauft, die Neugier der
Kunden scheint im sensiblen Lebensmittelbereich nicht sehr ausgeprägt zu sein. Da
verwundert es nicht, das 70 Prozent aller Neuprodukte floppen, also bereits im
Folgejahr nicht mehr im Regal stehen.
Der Food-Typus „Klassische-Regional-Küche“ ist bei Nahrungsskandalen sehr
aufmerksam und ändert bei Vorliegen eines solchen sofort sein Einkaufsverhalten. Bio
steht hier explizit für Sicherheit und Verhütung von Krankheiten, insbesondere bei
sensiblen Produkten wie Baby-Nahrung. Bio erleichtert für die Angehörigen diesen
Food-Typus die Entscheidungsfindung (Komplexreduktion) bei beruflicher und privater
Doppelbelastung. Zum Typus junger Familien beziehungsweise Eltern scheint in
diesem Kontext auch ein Kommentar von Andreas Bernard im Magazin der
Süddeutschen Zeitung zu passen: „Die Begeisterung für den »grünen Lifestyle« dient in
erster Linie zur Linderung eines kollektiven Identitätskonflikts der 35-Jährigen; unter
diesem Banner soll es gelingen, die widerstreitenden Stränge der eigenen Biografie in
Einklang zu bringen, das Ich-zentrierte der Karriereexistenz und die
Verantwortungsbereitschaft des neuen Familienlebens.“420 Das harmoniert mit den
419 Vgl. CC 05, S. 13 420 Bernard 2008
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Aussagen des Münchner Organisations-Psychologen Lutz von Rosenstiel, der bereits
1998 feststellte, dass bei den akademisch qualifizierten Nachwuchskräften
umweltbezogene Werthaltungen zwar eine beachtliche Rolle spielen, selbige aber im
Zuge der beruflichen Erfahrungen und der dort sich auftuenden Zielkonflikte
absinken.421
Zu den Befürwortern der regionalen und klassischen Küche gehören auch die
quantitativ wie qualitativ im ökologischen Bewusstsein sich entwickelnden Senioren, die
längst zur Bio-Avantgarde zählen. Bis zum Jahr 2020 wird nach Berechnungen des
Statistischen Bundesamtes der Anteil der Senioren auf 45 Prozent der
Gesamtbevölkerung anwachsen.422
Wie aber interpretieren „Eco-Bind“ die Zentralwerte des ökologischen Landbaus, die
hier mit denen der „IFOAM“ gleichgesetzt werden? „Eco-Bind“ erleben die vier IFOAM
Werte 1. Ökologie, 2. Gerechtigkeit, 3. Fürsorge und 4. Gesundheit als 1. Harmonie
zwischen Mensch und Natur innerhalb einer Kulturlandschaft, 2. nach Maßgabe von
Tradition und Verdiensten innerhalb eines kohärenten, monolithischen Seinsentwurfes,
3. aktive Herstellung einer Ordnung, 4. als individuelles Wohlbefinden und
Aufgehobenheit.
421 So Rosenstiel 2003, S. 245 422 CC 05, S. 46
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3.3. Der Eco-Flux – Identität des steten Wandels
Die Hauptstütze des Bio/Öko-Konsums liegt im relativ kleinen Segment der
Postmateriellen, die sich mit Teilen des „Experimentellen“ zur Bezugsgruppe der „Eco-
Flux“ vereinigen. Nach der Sinus-Studie „Bio-Käufer in den Sinus-Milieus“ von Carsten
Wippermann sind 20% der ökologische Produkte kaufenden Haushalte für 72% aller
Ausgaben im ökologischen Produktbereich verantwortlich - es sind die Haushalte der
„Eco-Flux“.423 Das wirft Parallelen zum LOHAS-Pol „Gesundheit“ auf, der durch eine
überdurchschnittliche Konsumtätigkeit der Premium-Konsumenten ausgemacht wird.
Was aber „sind“ die „Eco-Flux“ beziehungsweise was „wird“ ein „Eco-Flux“?
Denn die Annahme einer menschlichen Natur, in der ein für allemal festgelegt sei, was
der Mensch ist und was ihm demzufolge gut tut, wird vom „Eco-Flux“
zurückgewiesen.424 Identität entsteht nicht quasi-biologisch durch Entfaltung eines
Personenkerns,425 ist nicht monolithisch, sondern nur plural möglich, ein Leben im
Übergang zwischen unterschiedlichen Lebensformen. Während universalistische
Werthaltungen von verschiedenen, räumlich getrennten Identitäten ausgehen und
daraus ethische Handlungsmaximen ableiten, geht der postmoderne „Eco-Flux“ auch
von zeitlich unterschiedenen Identitäten aus.
Sein Ziel ist die Autonomie durch spielerische Selbsterschaffung, weswegen sich für ihn
Ethik daran bemisst, „dass sie ihren Bürgern erlaubt, so privatisierend,
»irrationalistisch« und ästhetizistisch zu sein, wie sie mögen, solange sie es in der Zeit
tun, die ihnen gehört, und soweit sie anderen keinen Schaden damit zufügen und nicht
auf Ressourcen zurückgreifen, die von weniger Begünstigten gebraucht werden.“426
Dadurch aber gibt es eine Art Konvergenz zwischen Eco-Flux und ökologischen
Anschauungen, und zwar im Abrücken von Monotheismen, die sich äußern in
Herrschaft, Zentralität und Anthropozentrismus.427 Man muß sich also eigentlich gar
nicht mehr fragen, „was die Sinnbastler tun, wenn sie beginnen, aus ihrer
423 Das entspricht der im Marketing als „20:80“-Regel bekannten Theorie: 20 Prozent der Konsumenten einer Marke oder einer Produktgruppe tätigen 80 Prozent des Volumens und sorgen, unter gleich bleibenden Bedingungen, für 80 Prozent der Gewinne. Vgl. Bagozzi 2000, S. 307. Ein Szenario, dass sicher auch bestimmend ist für die Annahme, dass die Welt der Zukunft durch eine 20:80-Gesellschaft charakterisiert sein wird. 424 Schneider 2004, S. 1ff. 425 Welsch 2006, S. 171 426 Rorty 1989, S. 13 427 Vgl. Welsch 2006, S. 218
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Bastelexistenz auch politische Folgerungen zu ziehen, Forderungen abzuleiten und
(kollektive) Aktivitäten zu entwickeln, was sie also tun bei und nach ihrer Rückkehr aus
der Privatsphäre in die Gestaltungsräume des öffentlichen Lebens.“428
Sinnbastler haben wenig Zeit und haben ob ihrer immanenten Gestaltungsverpflichtung
keine feste, aber situative Ethiken. Identitäten und die von ihnen abhängigen Ethiken
sind Bestandteil einer Aushandlung und so vielgestaltig wie die Aushandlungsprozesse
selbst - im Alltag, in den Familien, in der Schule, der Universität, in der Arbeitswelt
sowie in (situativen) Initiativgruppen. Damit sind die Menschen in „moralischen
Situationen“ plötzlich mit mehr als nur einer Verpflichtung und gegebenenfalls auch
eigenen Handlungsorientierungen konfrontiert, müssen Abstufungen und Wertungen
vornehmen.429 Erst das ist dann im eigentlichen Sinne eine Entscheidungssituation,
wenn also ein Problem nicht unter Rekurs auf ein höheres Prinzip gelöst werden kann,
wie auch Heinz von Foerster überzeugend darlegt: „Wir können nur jene Fragen
entscheiden, die prinzipiell unentscheidbar sind. Warum? Schlicht deshalb, weil alle
entscheidbaren Fragen entschieden worden sind, indem ein theoretischer Rahmen
bestimmt wurde, innerhalb dessen diese Fragen gestellt wurden, und indem Regeln
festgelegt wurden, nach denen jede Aussage innerhalb dieses Rahmens (so etwa »die
Frage«) mit jeder anderen Aussage (so etwa »der Antwort«) verknüpft werden kann.“430
Zentral ist für den „Eco-Flux“ das Paradox eines unverbindlichen Verbundenseins, das
sich diesen situativen Prozessen in bestimmten Kontexten annähert. Der „Eco-Flux“ ist
ein „Kontextpartisan“, jemand, der eine „relativierende“ oder pragmatische Einstellung
zu seinem eigenen Kontext einnimmt.431 Daraus erwächst zwar „ein hohes Maß an
Toleranz und Achtung vor dem anderen sowie an Kooperationsbereitschaft und
Fairness im Umgang mit ihm, andererseits auch eine Gleichgültigkeit und Indifferenz
gegenüber allem, was nicht zu einem passt.“432
Wer sich aber sozial abheben möchte – und das möchte zuweilen der „Eco-Flux“ - hat
eine Beziehung zum Sozialen. Das Gegenteil sozial integrierender Verhaltensweisen ist
428 So Zapf 1994, S. 312 429 Vgl. Vossenkuhl 2001, S. 138 430 Foerster 1993, S. 351f. 431 So Kirsch 1999, S. 216 432 Funk 2006, S. 2f.
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soziales „Disengagement“,433 erst hier kommt es zu einer Eliminierung des
schöpferischen Potentials der Differenz, die Differenz wird spannungslos, weil keiner
der Beteiligten sich mehr an- noch abstößt.
Doch den Eco-Flux zeichnen Offenheit, Innovationsfreude, Kreativität,434 Kontaktfreude
und Verbundenheitserleben aus. Das selbstbestimmte Erzeugen von Erlebnissen oder
zumindest die Teilhabe an inszenierten Wirklichkeiten ist dem „Eco-Flux“ wichtig.435
Erlebnisse geben Raum für Neuinterpretation und tragen damit zur Identität bei.436
Stellvertretend hierfür die Stimme eines Öko-Pioniers der 70er Jahre: „Und einmal, dass
man da politisch bewusst was gemacht hat, auch gegen diesen allgemeinen Trend so
gewesen ist und nicht alles das gemacht hat, was uns vorgemacht worden ist. Sondern
wir haben versucht, was Eigenes zu entwickeln.“437
Für Identitätsmanagement und die dazu nötigen Erfahrungen/Erlebnisse nimmt sich der
„Eco-Flux“ Zeit. Er teilt mit den im nächsten Kapitel behandelten LOVOs eine Vorliebe
für „downshifting,“ also mehr Lebensqualität, gezielten Konsum, mehr Eigenzeit und
Aufmerksamkeit für emotional wichtige Dinge, kleinere Wohnungen in Innenstädten.438
Verbunden damit sind beispielsweise Jobwechsel zu kreativen Berufen oder in die
Selbständigkeit, Purismus und Minimalismus. Hier finden sich die „self-developer“, die
sachlich nicht begründete Autoritätsverhältnisse ablehnen, Arbeit als Gelegenheit
sehen, etwas Neues zu lernen, sich weiterzuentwickeln und unter Rückbezug auf die
eigene Emotionalität und Persönlichkeitsentfaltung selbiges für die Arbeit
reklamieren.439
433 Vgl. Thomae 1968, S. 319 434 Lou Andreas-Salomé schreibt über den Künstler, was auch auf den Typus des postmodernen „Eco-Flux“ zutreffen würde: „Durch zeitweiliges Zurückgenommensein in ursprünglicheren Zusammenschluß dessen, was sich uns sonst nur in Subjekt und Objekt spaltet, ist er seinem Einzelsinn und Privatsein im Schaffen enthobener als sonst irgendwo.“Andreas-Salomé 1999, S. 206 435 Funk 2005, S. 61ff. 436 Kilian 2007/2, S. 388 437 Schick 2009, S. 365 438 In diesem Kontext ist es nicht uninteressant, dass die Zahl der Single-Haushalte in Deutschland weiter wächst. Nach der Studie GfK Bevölkerungsstrukturdaten 2008 von GfK GeoMarketing bestehen schon 38 Prozent der Haushalte nur noch aus einer Person. Vgl. http://www.heise.de/tp/blogs/3/119887 439 Auch C.G. Jung hat sich mit diesem Typus unter dem Stichwort „Kindarchetypus“ beschäftigt. Ein wesentliches Merkmal des Kindmotivs ist seine Entstehung aus dem Zusammenprall der Gegensätze, aus dem der Kindarchetypus „faszinierende“, „unerkannte“ Inhalte formt, die Einheit in Vielheit schafft und als „irrationales tertium“ hervorgeht (Jung 2008, S. 123f.). Erkennbar vom Hintergrund (der Mutter) gelöst hat das Kindmotiv starken Zukunftscharakter (Vgl. Jung 2008, S. 119ff.), den Drang sich selbst und seine Identität immer neu zu verwirklichen, „denn nur die Trennung, die Loslösung und das leidensvolle In-
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Eco-Flux interessieren sich für ein Produkt, wenn es nicht ein Produkt von der Stange
ist, wenn es seinen Wandel unterstreicht und selber wandelbar ist, also auch ggf.
geleast werden kann.440 Eco-Flux lassen sich Exklusivität nicht mehr fertig verkaufen,
zudem sprengt er „Regeln“ durch exotische Produktverwendung.
Im „Eco-Flux“ findet der ökologische Landbau daher einen „natürlichen“ Verbündeten
gegen die Reduzierung der Vielfalt des Lebens auf einige nützliche Formen441 sowie die
Kreierung von duplizierbaren Chimären, was ja „Stummelindividualitäten“ (Gottfried
Benn) zur Folge haben müsste. Vielfalt ist attraktiv. Allein die Möglichkeit, eine Wahl zu
haben, gilt als hohes Gut, denn das bedeutet, selbständig autonome Entscheidungen
treffen zu können. Dementsprechend gilt auch nach Maßgabe des von Heinz von
Foerster – Biophysiker und Kybernetiker - formulierten (KybernEthischen) Prinzips:
„Handle stets so, dass die Anzahl der Möglichkeiten wächst.“442 Freiheit - und Glück -
lassen sich nur dort finden, wo das Ergreifen bestimmter Möglichkeiten stets noch einen
unausschöpfbaren Rest bestehen lässt, der sich der Uniformierung und Monokausalität
entzieht. „Aktivieren wir die Differenzen, retten wir die Differenzen“,443 so der
französische Philosoph Jean-Francois Lyotard, retten wir das Eigenartige und
Eigentümliche, das Einzigartige.
Rhizomartige Verbindungen, Leben als Leben im Übergang, könnten durchaus einer
Agrarkultur Vorschub leisten, die sich nicht korsettiert, sich für fehlerfreundliche
Gegensatz-Gestelltsein, kann Bewusstsein und Erkenntnis zeugen.“ (Jung 2008, S. 127). Da passt der mythologische Odysseus, dessen Er-Fahrung zu einem Codewort unserer Zeit geworden ist. 440 Tausch oder Leasing eines Lebensmittels ist natürlich zunächst gar nicht denkbar, aber die Wandelbarkeit eines Lebensmittels ist ja die Grundannahme der Küche und der Köche. 441 Wie die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung mitteilt, nimmt die genetische Vielfalt in der Landwirtschaft in Form der genutzten Tierrassen und Pflanzensorten infolge zunehmender Industrialisierung der Landwirtschaft und als Folge von Konzentrationseffekten weltweit rapide ab. Wenige moderne, auf hohe Erträge gezüchtete Sorten und Rassen verdrängen die alten Kulturarten, Landsorten und –rassen. So werden heute über 50 % der für die menschliche Ernährung weltweit benötigten Nahrungsenergie aus lediglich drei Pflanzenarten (Mais, Reis, Weizen) erzeugt. Laut der Welternährungsorganisation (FAO) sind 7.616 Tierrassen weltweit gemeldet, davon werden rund 20% als gefährdet eingestuft, von über 30% liegen keinerlei Populationsdaten vor. In Bereichen, in denen ausschließlich Wildformen genutzt werden, wie z. B. in der Küsten und Hochseefischerei, ist eine genetische Einengung und Gefährdung von Beständen auf andere Ursachen, wie z. B. Überfischung oder bestimmte Fangtechniken, zurückzuführen. Bei Forstpflanzen, Wildtieren und Fischen führen zudem schädliche Umweltveränderungen wie z .B. überhöhte Nähr- und Schadstoffeinträge, Verlust und Zerschneidung von Lebensräumen durch Siedlung, Straßen und Wasserbaumaßnahmen zum Rückgang genetischer Vielfalt. In Deutschland sind aktuell rd. 40 % der wild lebenden Tierarten, ca. 30 % der Farn und Blütenpflanzen und etwa 70 % der Lebensräume (Biotoptypen) gefährdet. Vgl. http://www.genres.de/CF/genres/ibv/downloads/faktenblaetter/faktenblatt_agrobiodiversitaet_de.pdf 442 Foerster 1993, S. 49 443 Lyotard 1990, S. 48
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Umwelten einsetzt und die den sachlich wie räumlich diversifizierten Lösungen Vorrang
einräumt.444 Einer Agrarkultur der Erhaltung natürlicher Empfindungs- und
Erfahrungswelten und damit derjenigen Vielfalt, aus der sich erst Letztwerte und
Identitäten elevatorisch ableiten lassen.
Wie aber interpretieren „Eco-Flux“ die Zentralwerte des ökologischen Landbaus, die
hier mit denen der „IFOAM“ gleichgesetzt werden? „Eco-Flux“ deuten 1. Ökologie, 2.
Gerechtigkeit, 3. Fürsorge und 4. Gesundheit als 1. Vielfalt der Lebensentwürfe (sowohl
räumlich, also zu gleicher Zeit; wie auch zeitlich, im selben Raum, aber chronologisch
nacheinander), 2. Selbstbestimmung für alle, 3. zwischen Toleranz und Desinteresse, 4.
aktives Identitätsmanagement, orientiert an Um- und Mitwelten und Wandel.
Dreiviertel aller postmateriellen „Eco-Flux“ praktizieren zwar einen Bio-Lebensstil,
dennoch würden sich weniger als Ökologen denn als intellektuelle und kulturelle
Avantgarde bezeichnen. Sie sind die kritischen Begleiter des sozialen, technologischen
und globalen Wandels,445 schätzen Bio als eine Art Präventivtechnologie und
Gegenwelt. Die „Eco-Flux“ legen auf Vielfalt der Nahrung, aber auch auf klassische Bio-
Argumente wie Regionalität, Frische und Natürlichkeit Wert. Das Milieu der „Eco-Flux“
weist mit das größte Fachwissen über den ökologischen Landbau auf. Nicht unwichtig
für einen Markt, auf dem Trittbrettfahrer nicht zuletzt von höheren Margen am Markt
profitieren wollen und den Eindruck von ökologischer Qualität erwecken.446 Sie sind
aber auch durch ein überproportionales Markenbewusstsein charakterisiert, Bio steht
hier zuweilen durchaus in Konkurrenz zu traditionellen Markenartikeln.447
Gerade das zeichnet sich allerdings auf dem Lebensmittelmarkt ab. Der
Lebensmittelmarkt muss sich auf unterschiedlichste Konsumententypen einstellen. Er
unterliegt einem zähen Konkurrenzkampf, ist gesättigt, Sortimente und Distributeure
444 Vgl. auch hierzu Guggenberger 1986, S. 57 445 Wippermann 2005, S. 4 446 Interessant scheint nämlich eine solche Positionierung für Marken, die schon ein bio-ähnliches Image haben (!) oder aber für jene, die ein „Wahrnehmungsdefizit“ bezüglich der Reinheit, Natürlichkeit und Gesundheit ihrer Produkte haben, so mit Recht Michael Reuter von der ÖkoStrategieBeratung Berlin. Vgl. Reuter 2007. Hier entsteht auch die Grauzone zu jenen konventionellen Produkten/Anbietern, die Bio simulieren. „Naturnah“, „umweltverträglich“, „aus kontrolliertem Anbau“, „gläserne Produktion“ sind nur einige Bezeichnungen, auf die die Verbraucherzentralen in diesem Zusammenhang aufmerksam machen. Vgl. Kreimer 2006, S. 33. Wenn große Markenhersteller ökologische Produkte in ihr Sortiment aufnehmen, geht es dabei auch um das Ziel Marktanteile in gesättigten Märkten zu gewinnen. Hier kann Bio zur Emotionalisierung beitragen. 447 Vgl. Spiller 2006, S. 13
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stehen in hartem Wettbewerb.448 Diesen Kontext aufnehmend, haben wir in der
kommenden Grafik (etwas gewagt) Handelstypen und Umsatzanteile des Gesamt-Bio-
Umsatzes im Wertekreis verortet, die Zahlen stammen von Susanne Eichholz-Klein,
BBE Retail Experts449.
Das größte Vertrauen ob der Qualität und Herkunft der Lebensmittel genießen nach wie
vor Bioläden450 und Biosupermärkte. Aber laut einer Studie der Werbeagentur
Serviceplan aus dem Oktober 2008 mangelt es dem Einzelhandel an einer klaren
Positionierung.451 Der Untersuchung zufolge wünscht der Verbraucher hauptsächlich
Top-Qualität zu Top-Preisen (84 Prozent), kundenfreundliche Öffnungszeiten (59
Prozent) sowie freundliche und kompetente Mitarbeiter (41 Prozent). Faktoren wie eine
angenehme Einkaufsatmosphäre (30 Prozent), ein breites Warenangebot (21 Prozent)
oder etwa die Teilnahme an einem Bonussystem (9 Prozent) hingegen erscheinen
zweitrangig. Erscheinen.
448 Eichholz 2008 449 Eichholz (2008). Mit einem Bio-Umsatzanteil von 13% ist „tegut“ die europäische Benchmark für Bio-Erfolg im LEH. „tegut“ weist auf diesem hohen Niveau noch immer Bio-Umsatzzuwächse von über 10% auf. Vgl. Reuter 2007 450 Naturkostläden verkaufen beispielsweise Produkte aus ökologischer Landwirtschaft (Naturkost) und umweltfreundlicher Verarbeitung. Reformhäuser, die sich auf die auf die Lebensreform-Bewegung zurückführen, führen additiv Heilkräuter, pflanzliche Produkte als Ersatz für Fleisch, natürliche Kleidung und Naturheilmittel. 451 http://presse.serviceplan.de/presse/598.pdf
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Denn Marktforschung und Meinungsumfragen unterliegen der schwierigen Bedingung,
dass der Konsument seine wahren Motive und Bedürfnisse bei der Nutzung eines
Produktes oder einer Marke gar nicht artikulieren kann, denn sie sind ihm nicht
bewusst.452 Dem bewussten Formulieren eines Kaufwunsches geht immer ein
unbewusster Prozess voraus. Die menschliche Gefühlswelt wird vom limbischen
System gesteuert, welches bei der Handlungssteuerung das erste und letzte Wort hat –
Verstand und Vernunft sind nur Berater.453 Ausschlaggebend sind Erfahrungen,
Emotionen, Hoffnungen und Ängste, die unbewusst mitregieren beziehungsweise als
Werthaltungen bewusst werden können. Das heißt also, „Quantifizierungen sind
sinnlos, wenn die Kauf-Entscheidung von modifizierbaren (seelischen) Zuständen
abhängt.“454
Das gilt auch für die zentralen Kaufbarrieren bei Bioprodukten, die Achim Spiller vom
Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung Göttingen aufführt:
Preisbarriere, Echtheitszweifel, fehlende Produktkenntnisse, wahrgenommenes
Kaufrisiko, Beschaffungsschwierigkeiten, geringes Lebensmittelrisikobewusstsein,
mangelnde Akzeptanz von Eigenverantwortung, Trittbrettfahrerverhalten,
Motivationskonflikte, Habitualisierungen, mangelndes Involvement.455 Alle vorgenannten
Punkte sind abhängig von den letztgenannten. Können Habitualisierungen und
mangelndes Involvement aktiv angegangen werden, „fallen“ alle anderen
„Kaufbarrieren“. Bio wird seinen Bestand sichern und ausweiten können, wenn es sich
aus den schnelldrehenden Produkten („Fast Moving Consumer Goods“) des täglichen
Bedarfes aktiv heraus positioniert und den Hauptteil der „Most Valuable Consumers
(MVC)“ anspricht. Und damit eine Revitalisierung vorhandener Werte und Identitäten
durch kreative Konfrontation mit jenen der Schwellen-Werthaltungen einleitet.
Bereits im Jahre in der „BIOwelt 10/2006“ mahnt Henning Meyer, Herausgeber des
Standardwerkes „Marken-Management - Jahrbuch für Strategie und Praxis der
Markenführung“ unter der Überschrift „Die Zeit ist reif für starke Bio-Marken“, das nicht
452 Hier wird auch das Phänomen des impliziten Wissens, der „sticky information“ (Hippel) vakant. Grenzen der Messbarkeit bei komplexen Wirklichkeiten, die Beantwortung nach Maßgabe der „sozialen Erwünschtheit“, Response-Sets, Umgebungseinflüsse, suggestive Antwort- und Fragekategorien führen zum Teil zu Ergebnissen mangelnder Validität und Reliabilität. 453 Albrecht 2005, S. 4 454 Grünewald 2006, S. 8. Die indirekten über den Endverbraucher in Richtung Handel wirkende Kräfte wie Markenwertwert, Produktqualität und Werbung sind dabei günstiger als die teuer zu erkaufenden Push-Maßnahmen. 455 Spiller 2006, S. 16
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etwa die Stärkung von Bio als Kategorienbegriff oder strengere Zertifizierungen das
Problemfeld der Branche beschreibt.456 Nachholbedarf sieht Meyer im Bereich der
Differenzierung, des Qualitätsversprechens, der Kundenbindung und der Preispolitik. Es
sollte, so Meyer, verstärkt herausgestellt werden, dass sich die Produkte verschiedener
Anbieter jenseits des Bio-Standards substanziell unterscheiden und sich durch
individuelle Qualitäten, Eigenschaften, Besonderheiten auszeichnen.
Denn nach wie vor dominieren staatliches wie auch EU-Bio-Siegel die Wahrnehmung
beim Konsumenten - mit großem Abstand vor Bioland, Demeter, Naturland, Biokreis,
Biopark, Ecovin, Gäa, IFOAM.457 Das kann Vorteile wie Nachteile haben. Vorteil: Alle
„Untermarken“ tragen den notwendigen Markenaufwand gemeinsam, neue
„Untermarken“ lassen sich vergleichsweise leicht einführen und können am Goodwill
der „Dachmarke“ des Bio-Siegels partizipieren, kurze Produktlebenszyklen bei
einzelnen Untermarken gefährden nicht die gesamte „Dachmarke“. Aber auch die
Nachteile liegen auf der Hand: Eine klare Profilierung und damit Differenzierung ist
relativ schwer, weswegen allgemeine, unspezifische „Lagen“ vorherrschen, im Falle von
Skandalen ergeben sich Badwill-Transfereffekte auf die „Dachmarke“ und alle
„Untermarken“ insgesamt.458
Daher sieht Meyer auch zwei Jahre später, im Juli 2008, in einem erneuten Interview
mit der BIOwelt, das sich die Branche nach wie vor zu viel über das Merkmal Bio und zu
wenig über die eigene Marke – über die eigene Identität - und ihre Besonderheiten
definiere: „Aber welche Schlüsse soll ich als Konsument ziehen, wenn auf einer Bio-
Premiummarke dasselbe Zeichen klebt wie auf einem Orangensaft vom Discounter?“459
Künftig, so im selben Tenor die Strategieagentur „diffferent“, wird es am Bio-Markt nur
starke, exzellent geführte Marken geben: „Wer jetzt die Positionierungsräume für
Biomarken rechtzeitig nutzt, kann aus der Abwärtsspirale des Preiskampfes rechtzeitig
ausbrechen.“460
456 Meyer 2006 457 BSS 2006. Schon Spiller 2006, S. 14 mahnt größere Kommunikationsanstrengungen an, um bei der Informationsüberflutung der Konsumenten eine aktive Markenerinnerung zu erreichen. 458 Vgl. hierzu Haedrich 2003, S. 82 459 Meyer 2008. Das ist in etwa so, als wenn man nur über Europa spräche, aber die Identitäten der Teile vernachlässigen würde. 460 Kiock 2008
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4. Marken-Identität und Vielfalt als Marke
4.1. Eine Marke, aber bitte recht stufig…
Hier schließt unter anderem das Konzept der Marken an. Marken sind Nutzenbündel mit
materiellen und immateriellen Komponenten. Marken sind dem Konsumenten
Orientierungshilfen, fungieren als Qualitätssignal, geben Hilfestellung beim Kauf,
reduzieren also Transaktionskosten461 in Form von Komplexreduktion. Sie fungieren
zudem als soziale Visitenkarte, Werte- und Identitätskommunikator. Aus
Unternehmenssicht dienen Marken dem Differenzierungspotenzial zur Profilierung und
Verringerung von Risiken bei Markteintritt beziehungsweise Markenstretching,462
fördern die Kundenbindung und bewirken eine größere Toleranz auf
Preisveränderungen. Bei verbreiteter Nutzengleichheit differenzieren sich
Produktangebote heute fast ausschließlich über ihren symbolischen Überbau, den
Markenwert. Der Erfolg einer Marke hat drei Voraussetzungen: Erstens hat der
Verbraucher Kenntnis erhalten, zweitens hat er verstanden, dass und weshalb sich
dieses Produkt für ihn eignet, und drittens überzeugt ihn dieses Wissen soweit, dass er
das Produkt am Ende tatsächlich kauft.463
Marken können in fünf verschiedene Entwicklungsstufen eingeteilt werden.464
Erste Stufe der Markenentwicklung
Auf der ersten Stufe des Modells ist die Ware allein mit einer physischen Markierung
und einem rechtlichen Schutzrahmen ausgestattet. Als Marke wird jedes „Angebot
bezeichnet (Konsumgut, Dienstleistung, Investitionsgut), das mit einem Markennamen
und zusätzlich mit festen Markenelementen gekennzeichnet ist, das den Angehörigen
der Zielgruppe und weiterer Bezugsgruppen bekannt und mit einem ausgeprägten und
unverwechselbaren Markenbild (Image) versehen ist.“465
461 Transaktionskosten sind die Kosten für die Verhandlung, Prüfung und Durchsetzung von Vereinbarungen über Transaktionen, wobei Transaktionen Verfügungsrechte, Waren und auch Dienstleistungen umfassen können; Vgl. Willke 2001, S. 287. 462 Vgl. Zimmermann 2001, S. 9 463 Hellmann 2007, S. 2 464 Vgl. zu der hier vorgenommenen Einteilung Zimmermann 2001, S. 16ff. 465 Haedrich 2003, S. 18
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Die Marke ist Markierung und offenbart als Grenze eine Differenz, die sie aus der
amorphen Masse heraushebt. Grenzen stellen Kriterien auf, die Personen, Dinge und
Ereignisse als das, wozu sie erst durch die Grenze werden, zu bezeichnen vermag,
indem sie entweder der einen oder der anderen Seite einer Grenze zugeordnet werden
können. Sie führen neben den beiden Seiten der Unterscheidung über eine Figur des
Übergangs von der einen auf die andere Seite: „Wer Grenzen zieht, beschwört eine
Phantasmagorie der Mobilität, des Auftauchens und Verschwindens, des Verlusts und
der Ansteckung“466 – eine Erfahrung des Grenzgängers, der sowohl hüben wie drüben
das Vertraute wie auch das Fremde erblickt. Die Markierung – Name, Schriftzug, Logo,
Slogan, Farbe, Verpackung, Melodie etc. – dient auf der einen Seite als
Herkunftsangabe oder „Senderprofil“, auf der Seite des Empfängers als Qualitätssiegel
(Unterscheidungs- und Identifizierungsfunktion467).
So ist die Markenidentität als die eine Seite - die Unternehmensseite - der Marke „die
außengerichtete Kommunikation des Markennutzenversprechens im Sinne einer Soll-
Positionierung und die innengerichtete Umsetzung und finale Einlösung dieses
Versprechens durch ein adäquates Verhalten aller an der Erbringung von
Markenleistung beteiligten Personen.“468 Markenidentität setzt sich zusammen aus
Markenherkunft (regional, kulturell, institutionell), Markenführungskompetenz
(Ressourcen, Wissen), Markenvision (langfristige, strategische Unternehmensziele),
Markenwerten (Grundüberzeugungen, Emotionen), Markenpersönlichkeit (menschliche
Merkmale, die die Marke beseelen) und Markenleistung (funktionaler und symbolischer
Kundennutzen).469
Das Markenimage hingegen ist die andere Seite der Marke, die dem Konsumenten
gehörige Seite, verbunden mit den dazugehörigen verschiedenen Markenassoziationen
wie Eigenschaften, Nutzen und Einstellungen.470 Im wechselseitigen Verhältnis von
Unternehmen und Konsument, Markenidentität wie auch –image, bilden sich Marken
und ihre spezifischen Eigenschaften heraus.
466 Baecker 2007, S. 159 467 Hellmann 2003, S. 127 468 Burmann 2007, S. 4 469 Burmann 2007, S. 5ff. 470 Konsumenten beurteilen die Leistungsbündel einer Marke beispielsweise als Mittel („Means“), um wünschenswerte Ziele („Ends“) und Werte zu realisieren („Means-End-Theorie“).
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Die einfache Form des „Handelns“ 471 – besser: des einer Routine unterliegenden,
habitualisierten Handelns – beherrscht den Konsumvorgang bei alltäglichen Produkten,
denn das sich selbst regulierende psychische System strebt nach kortikaler
Entlastung.472 Subkortikale Speicher- und Verarbeitungsinstanzen weisen
Deutungsmuster auf, die in Form von brain-scripts gespeichert sind, und die in der
Regel automatisiert aufgesucht werden. Sind brain-scripts nicht vorhanden, wird der
Verstand eingeschaltet in Form von Handlungsorientierungen und
Orientierungsmustern.473 Eine typische Handlungsorientierung wäre „Vergleiche beim
Einkauf immer in der Leistung gleiche Produkte und wähle das Billigste“. Das
dazugehörige, abstrakte Orientierungsmuster hieße dann „Erinnere: kostenbewußt
Leben!“. Abstufungen lassen sich dann vornehmen ausgehend von 1. alltäglichem
Handeln nach dem Motto „Und immer so weiter..“, 2. Handlungen, die das Ergebnis
expliziter Reflexion sind („Taktik“), 3. Handlungen als Ausfluss jüngerer
Orientierungsmuster, die wiederum Ergebnis mehrerer generalisierter Handlungen sind
(„Strategie“) und 4. dem „außeralltäglichen“ Handeln in/vor/nach einem
Ausnahmezustand.474
Die Lebensmittel des täglichen Bedarfs, Fast Moving Consumer Products, gehören
daher meist zur ersten Stufe der Markenentwicklung, haben ein eher geringes
Involvement, was zur Folge hat, dass Informationen nur mit erheblichen
Einschränkungen aufgenommen und verarbeitet werden. Zudem steigern
Variantenexplosionen wie auch immer ähnlicher werdende Produkt- und
Leistungsprogramme verschiedener Hersteller sowohl Wettbewerbsintensität wie
Preiswettbewerb.475 Damit reduzieren sich für den Konsumenten die „Wechselkosten“
bei vergleichbarer Qualität „konventioneller“ Lebensmittel.
471 Bagozzi 2000, S. 667ff. 472 Gutjahr 2005, S. 10 473 Kirsch 2001, S. 70 474 Wobei ein Ausnahmezustand auch zum Dauerstand durch ewiges Andauern werden kann, Stichwort „Kairos“ etc. 475 Jäger 2004, S. 216
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Zweite Stufe der Markenentwicklung
Auf der nächsthöheren Entwicklungsstufe spricht man von einem Markenartikel, der
sich durch Überdurchschnittlichkeit in Qualität, Preisniveau, Bekanntheitsgrad (90%),
Anerkennung, Verbreitung, Distributionsquote (80% im relevanten Handel) auszeichnet.
Marken und ihre Identitäten werden hier also erstmals mit relativ andauernder
Aufmerksamkeit bedacht.
Das entlastet den Käufer von der Notwendigkeit eines ausgedehnten Produktvergleichs
(Entlastungs- und Orientierungsfunktion). Auf dieser Stufe dominiert funktionelles
Interesse beziehungsweise „Involvement“, also binäre „Sachprogramme“, die beim
Einkauf zwischen Qualität und Nicht-Qualität differenzieren.476 Hier wird von der Marke
ein „Mehr“ an Problemlösung erwartet, ein höherer funktionaler Produktnutzen - etwa
durch technologische Überlegenheit, hohe Langlebigkeit, Verlässlichkeit, ein sehr gutes
Preis-Leistungsverhältnis.
476 Hellmann 2003, S. 304f.
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Nach dem Elaboration-Likelihood Modell (ELM) werden auf dieser Stufe Einstellungen
zur Marke auf der Basis von Argumenten und Informationen gebildet.477 Bei
funktionalen Marken ist das wahrscheinlichste Reaktionsmuster auf eine Botschaft also
jene des „Lernens“478 – was sich als Informations- und Bewertungsprozess bei
komplexen und teueren Produkten äußert. Hier herrscht eine höhere Bereitschaft, sich
mit dem Gegenstand zu befassen, ein hohes Involvement. Bei der Verarbeitung jeder
Botschaft aber, insbesondere bei argumentativ-funktionalen, ist die Wirkung von
Aufmerksamkeit, Verständnis, Akzeptanz, Beibehaltung der bisherigen Einstellungen
oder Übernahme der Argumente und einem daraus abgeleiteten Verhalten abhängig.479
Die „Latte“ an Voraussetzungen verdeutlicht, warum ein bestimmtes (Einkaufs-
)Verhalten durch Informationskampagnen so schwierig herbeizuführen ist.480
Dritte Stufe der Markenentwicklung
Auf der dritten Stufe der Markenentwicklung spricht man von „Positionierten Marken“.
Auf dieser Stufe differenzieren sich Marken über einen funktionalen Nutzen hinaus
durch emotionale und kognitive Wirkungen. Werte und Attribute sind von unbewußten
Emotionen, bewussten Gefühlen begleitet. Komplexe Probleme benötigen gar den
vollplastischen Blick – IQ plus EQ. Gedanken profitieren von Gefühlen, Gefühle
profitieren von Gedanken, Gefühle sind ansteckender als Gedanken. Ein
Steigerungsspiel eines der beiden Elemente hat Einseitigkeit zur Folge, beispielsweise
auf Kosten sozialer oder emotionaler Intelligenz.481
477 Vgl. Strebinger 1997, S. 4 478 Bagozzi 2000, S. 667ff. 479 Stroebe 1996, S. 260 480 Zwar könnten wiederholte Kontakte mit einer Botschaft Informationen (z.B. Markennamen oder zentrale Produktattribute) vom Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis transferieren, aber gleichzeitig entsteht mit der Wiederholung die Gefahr des Abnutzungseffektes. Dem kann man mit geringfügigen Änderungen des Inhalts wie auch der Struktur der Werbung entgegentreten, so mit dem Einsatz differenter Kommunikatoren (Sprecher), Humor und/oder das Aufzeigen nicht beworbener Produkteigenschaften; vgl. Bagozzi 2000, S. 577. Trotzdem ein schwieriges Unterfangen, da jede Neuerung auch problematisch empfunden werden kann. Insbesondere aber im Konsumgüterbereich bestand Markenkommunikation bis vor kurzem hauptsächlich darin, dass möglichst viele Konsumenten mit einer einheitlichen Botschaft angesprochen werden, Variationen unerwünscht; vgl. Haedrich 2003, S. 150 481 Vgl. Höhler 1999, S. 49
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Marken und ihre Identitäten werden auf dieser Stufe sinnlich bewertet, das
Objekt/Subjekt oder das „Testimonial“ (Fürsprecher)482 sieht gut aus, hat etwas
Aufregendes, verbreitet eine angenehme Stimmung, ist sympathisch, fühlt sich gut an
etc. Über die Vermittlung von Erlebnissen soll Markentreue (Vertrauen) emotional
begründet und eine Akzeptanz des Preispremiums geschaffen werden. (Garantie- und
Vertrauensfunktion) Wenn eine Marke in letzter Konsequenz nichts anderes ist als
„Emotion plus abstrakte Werte“,483 dann könnte man sagen, dass „wahre“ Marken erst
ab dieser Stufe der Markenentwicklung entstehen.
Die hier wirkenden experienziellen Markenkonzepte, so Andreas Strebinger, York
University Toronto, betonen das sinnliche Erleben des Produkts durch Aufbau von
Assoziationen geschmacklicher, olfaktorischer, akustischer, visueller oder taktiler Natur.
Genuss und Vergnügen stehen im Vordergrund, der vorherrschende Verarbeitungsstil
ist experienziell484 - also die mit allen Sinnen vorgenommene Wahrnehmung. Bei
experienziellen Marken ist das wahrscheinlichste Reaktionsmuster auf eine Botschaft
jene des „Fühlens“,485 der komplexen sinnlichen Wahrnehmung. Auch hier kommt es
dadurch zu einem starken Involvement, was sich als Affekt oder Emotion äußert.
Wahrnehmung funktioniert in der Regel nur selektiv. Etwas zu sehen bedeutet im
gleichen Akt, etwas anderes nicht sehen zu können. Das trifft ebenso auf den Akt, den
Prozess der Identitätsherstellung zu: Das wieder und wieder (Re-)Präsentierte verweist
auf das Nicht-Repräsentierte, das bereits durch Selektion im „Vorraum“ isoliert,
abgewiesen und ausgeschieden wird. So auch innerhalb der Sinne: was dem Sehen vor
die Augen kommt, ist das Unerhörte, das, was durch den beherrschenden Sehsinn für
die anderen Sinne zumeist verschlossen bleibt.486
Das Gehör zum Beispiel ist direkt verbunden mit Stimm-ungen. Die Nase hat über die
Wahrnehmung von Gerüchen eine direkte Verbindung zum Gedächtnis und zur
Erinnerung. Der Fühl- und Tastsinn ist zwar weniger empfindlich, ermöglicht aber eine
weitere spezielle Wahrnehmung. Farberlebnis, Denken, Lesen, Hören werden zwar
482 Der Effekt der Attraktivität des Sprechers (der Botschaft) auf die Bezugsgruppe hängt von deren Medien- und Botschafts-Involvement ab. Tatsächlich ist der Einfluss der Attraktivität größer, je weniger die Bezugsgruppe (in die Thematik/die Marke) involviert ist, so Bagozzi 2000, S. 600 483 Albrecht 2005, S. 7f. 484 Strebinger 2007, S. 95ff. 485 Bagozzi 2000, S. 667ff. 486 Vgl. Welsch 2006, S. 32
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intermodal integriert und synthetisiert, 487 aber Emotionen sind eine ursprünglichere Art
der Kommunikation als Sprache und andere symbolische Formen.488
Der Mund ist ein Sonderungsorgan, er trennt nicht nur die Nahrung, sondern auch
Sprache und Geschmack. Schmeckt man bewusst, so kann man gleichzeitig nicht
sprechen489 - und umgekehrt. Hier scheint die etymologische Verwandtschaft des
griechischen „nous“ mit dem indogermanischen „snovos“ – schnüffeln“ 490 – direkt er-
lebbar. Nahrung und Nahrungsaufnahme sind bereits Formen der Kommunikation in der
Antike, in der Gemeinschaft als Tischgemeinschaft mit den Göttern konstituiert
wurde.491 Seit je her finden sich Vorstellungen von der Kraft des Mahles und seiner
vielfältigen sinnlichen Eigenschaften, die auf den Esser übergehen.492 Je mannigfaltiger
die Nahrung, je mehr Sinne sie anspricht – nicht nur das Auge – desto umfassender die
Kräfterestitution.493
Hier setzt Christine Arncken vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in
Frick/Schweiz an: „Immer wieder kann man bei sich selbst beobachten, dass man
schon vor der Wahrnehmung wissen möchte, um was es sich handelt. Dies ist ein
starkes Hindernis auf dem Weg zur Wesensbegegnung über Geruchs- und
Geschmackssinn. Wenn ich schon weiß, was ich vor mir habe, dann habe ich oft auch
schon ein dezidiertes Vorurteil über die zu erwartenden Eindrücke. Es gelingt mir nicht,
diesen inneren „Vor-Verurteiler“ zum Schweigen zu bringen. Durch verblindetes
Riechen und Schmecken kann ich mich von ihm frei machen und mich einlassen auf
487 Emrich 2008 488 Vgl. Horx 1996, S. 135 489 „Essen im dunkeln“ kann dabei zu einer ganz besonderen Erfahrung werden. Auch des Vertrauens, denn wer weiß schon, was auf dem Teller wirklich liegt? 490 Vgl. Welsch 2006, S. 53 491 Die griechische Hestia ist die Göttin des Herd- und Opferfeuers und der Familieneintracht, man opfert ihr auf dem Herd. Dampf und Rauch gekochter wie gebratener Nahrung erinnern an die Veda, in der Agni den Göttern Opfergaben in Form von Rauch bringt. Auch die griechischen Götter ernähren sich von Ambrosia, Nektar und Rauch. Im Hebräischen heißt „ruach“ (dt. Rauch) Hauch, Luft, Wind, Atem, Geist, Heiliger Geist. 492 „Charakter“ kommt von griechisch „charassein“ und bedeutet eingraben, einritzen, einprägen. So ist nicht nur die Erde ein gigantischer Speicher menschlichen kulturellen Schaffens. Ihre Früchte wiederum prägen den sie konsumierenden Menschen und prägen damit wiederum seinen Charakter. 493 Diese Ansicht müsste sich in der Gegenwart fatal ausüben, denn das Fleisch vernutzter Tiere müsste dem Esser bewusst machen, dass er in vielen Fällen nur „Mehrwertlieferanten“ der Wertschöpfungskette“ ist. Welche eindimensionale Zukunft in dieser Wertschöpfungskette, so müsste der Verbraucher denken, habe ich, wenn der Reduktionismus der Landwirtschaft - beispielsweise beim Weizen auf sechs Hochertragssorten, bei den Puten auf eine Hochleistungsart, bei den Milchkühen auf die Turbo-Zwölftausendliter-Kuh (kreaturangemessen wären höchstens 4000l.) – weiter zunimmt? Vgl. Gottwald 2002, S. 144.
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das Unbekannte.“494 Arncken untersucht daher sensorisch die Wachstumsdynamik der
Winterweizensorte „Tamaro“ aus konventionellen und biologischen Anbau in einem
Langzeit-Feldversuch. Es konnte festgestellt werden, dass Sensorik und
Gestalt/Entwicklungsdynamik in einem sinnvollen Zusammenhang stehen und dass
man Geruch und Geschmack als direkteste Gradmesser der Nahrungsqualität ansehen
kann.495
Jeder Organismus verfügt über zumeist vielfältige Weisen - Signale (Farben) und Reize
(Gerüche) – sich darzustellen. Unternehmen verschenken erhebliches Potenzial, wenn
sie nicht „synästhetisch“ kommunizieren. Nur 0,0004 Prozent aller Reize und Signale
der Außenwelt gelangen in das Bewusstsein.496 Dazu verlaufen 70-80% aller
Entscheidungen durch gespeicherte Reiz-Reaktionsmuster unbewusst.497 Durch das
Ansprechen mehrerer Sinnesorgane erhöht sich aber die Verarbeitungskapazität wie
auch Erinner- und Abrufbarkeit der Informationen.498
Der "real,- Future Store"/Metro Group in Tönisvorst nutzt modernste Technologien in
dieser Weise: „Innovative Technologien unterstützen die ansprechende Präsentation
des Frischfischsortiments, darunter das Erlebnis „Klang“. Über verdeckt angebrachte
Lautsprecher ist in einem klar abgegrenzten Raum Meeresrauschen zu hören. Vor der
Theke befindet sich ein interaktiver Boden. Diese Projektion reagiert auf Bewegung.
Betritt ein Kunde die Fläche, verändert sich das projizierte Bild. Zum Einkaufserlebnis,
das alle Sinne anspricht, gehört natürlich ebenso „Erlebnis-Duft“. An der Fisch-
Bedienung weht ein Hauch von Kräutern der Provence mit Limone. Der Geruch wird
mithilfe ätherischer Öle erzeugt und über die Klimaanlage sanft im Verkaufsraum
verbreitet. Eine angenehme und anregende Atmosphäre entsteht.“499 Professionelle
Verkostungspunkte für die meisten geführten Produkte, Radiofrequenz-Identifikation
(RFID), die die automatische Produkterkennung über einen Smart Chip an der Ware
494 Arncken 2008, S. 180 495 http://orgprints.org/11127/ 496 Kilian 2007, S. 326 497 Häusel 2005, S. 66 498 Physiologisch betrachtet werden zunächst Farben, dann Formen/Figuren und zuletzt der Text wahrgenommen. Primär aus Farben und Formen bestehende Bilder werden in der Regel als erstes und länger als geschrieben Texte fixiert, vgl. Kilian 2007, S. 339. Um ein Bild mittlerer Komplexität so aufzunehmen, dass es später erinnert wird, sind 1,5 bis 2 Sekunden erforderlich – in der selben Zeit kann lediglich ein Satz mit einer Länge von sieben bis zehn Wörtern aufgenommen werden, vgl. Herbst 2006, S. 88 499 Innovationsbroschüre unter http://www.future-store.org/fsi-internet/get/documents/FSI/multimedia/pdfs/Innovationsueberblick_080526_DE_final.pdf
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und damit Qualitätssicherung sowie die Auswertung des Einkaufsverhalten des
jeweiligen Kunden (CRM) ermöglicht sowie „mobile Einkaufsassistenten“, die
selbständiges Scannen und Abrechnen sowie die Erstellung elektronischer
Einkaufslisten ermöglichen, gehören ebenso zum Konsum der (sehr) nahen Zukunft.
Vierte Stufe der Markenentwicklung
Auf der vierten Entwicklungsstufe entsteht eine symbolische, identitätsstiftende Marke.
Die Marke wird zum Symbol, das als „Zeichen für Zeichen“ ermöglicht, etwas
Abwesendes anwesend sein zu lassen beziehungsweise etwas nicht Darstellbares
darzustellen.500 Symbolische Markenkonzepte erlauben dem Konsumenten,
Persönlichkeitseigenschaften sichtbar auszudrücken (symbolisch-nicht-sprachliche
Kommunikation), und helfen in der Aufrechterhaltung und Steigerung des
Selbstwertgefühls sowie in der sozialen Selbstdarstellung (Prestige- und
Identitätsfunktion). Die Marke und ihre Identität gilt als Medium eines zweiseitigen Aktes
der Selbstwertschätzung, ob also der/die/das Andere meine Selbstbewertung, wie gut
und nützlich ich mich fühle, durch Gewahrwerdung der Marke zu unterstreichen
vermag. Selbstkonsistenz, -darstellung und Selbstwertsteigerung sind das Ziel.501 Das
erworbene Markenprodukt dient „symbolischer Selbstergänzung“.502
Symbole sind geronnener Sinn.503 Soziale Systeme wie psychische Systeme können
als Sinnsysteme verstanden werden, die sich einerseits durch Sinn konstituieren und
andererseits sich durch diesen sich von/aus ihrer Umwelt ab-/ausgrenzen. Soziale
Systeme prozessieren Sinn über sprachlich-symbolische Kommunikation. Psychische
Systeme verarbeiten Sinn über Vorstellungen und Gedanken. Psychische und soziale
Systeme sind im Wege der Co-evolution entstanden. Sinn ermöglicht damit die
Interpenetration psychischer wie auch sozialer Systembildungen bei Bewahrung ihrer
Autopoiesis. Sinn ermöglicht das Sichverstehen und Sichfortzeugen von Bewusstsein in
der Kommunikation und zugleich das in Ordnung resultierende Zurückrechnen der
Kommunikation auf das Bewusstsein der Beteiligten.504 Die jeweils eine Systemart ist
notwendige Umwelt der jeweils anderen. Nur solange sich alle Handlungen und
500 Baecker 2007, S. 75 501 Der vorherrschende ELM-Verarbeitungsstil ist der der aktiven Aufmerksamkeit und Voreingenommenheit. 502 Strack 2008, S. 110 503 Griechisch „symballein“ = zusammenballen, zusammenwerfen 504 Vgl. Luhmann 1987, S. 297
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Kommunikationen, die im System stattfinden, auf dieses Sinnkonstrukt beziehen, kann
das System seine Identität aufrechterhalten.505 Sinn schafft also wie die Gesamtheit der
„Sinne“ in der Kultur ein gemeinsames Bezugssystem, das Erwartungen beeinflusst,
Wahrnehmungen filtert, Interpretationen und Verständnis erleichtert,
Komplexitätsreduktion ermöglicht, Handlungen lenkt und legitimiert.506
Die Besonderheit verschiedener Steuerungsmedien wie Geld, Sprache oder Sinn,
besteht darin, dass sie sich als Symbole nach und nach von der Ebene realer,
handgreiflicher Objekte lösen und eine je spezifische Eigendynamik entwickeln. Sinn
hebt das von ihm betroffene Objekt auf, in der dreifachen hegelschen Bedeutung. Sinn
bagatellisiert erstens das Objekt, indem ihm (nur) eine (herrschende) Bedeutung (und
„Realität“) zugeschrieben wird, bewahrt es aber zweitens vor der Vernichtung mit der
Sinnzuschreibung und erhöht es drittens gar durch den „Überschusssinn“. Der
Überschusssinn vermag das Objekt gar in eine abgesonderte Sphäre zu versetzen. In
dieser können die Objekte dem allgemeinen Gebrauch, dem freien Verkehr des
Menschen entzogen sein. Ein Vorgang, der dies bewerkstelligen kann, ist die religiöse
Weihung, bei der ein Überrest der jeweils anderen Sphäre – des profanen Objektes
oder aber des heiligen Sinns – auch nach der Weihe respektive dem Profanierungsakt
verbleibt.507
Der Besitz eines Sinn-Objektes mit Sinnüberschuss hat dabei die Funktion,
Anerkennung für den Besitzer zu erwirken, seiner Persönlichkeit als ein Wert
zugerechnet zu werden, Äußerlichkeit und Innerlichkeit miteinander zu verweben. Der
Reiz des „Echten“, wie er sich auch in der echten und nicht kopierten Marke wieder-
findet, besteht darin, dass es mehr ist, als sein unmittelbare Erscheinung, mehr als der
funktionale Wert des Objektes, den das „Echte“ mit dem Falsifikat teilt.508 Dieses „Mehr-
als-Erscheinung“ übersteigt Gebrauchs- und ggf. auch Tauschwert, ist der eigentliche
Wert symbolischer Marken. Der Konsum einer Marke vermag qua
„symbolischenrSelbstergänzung“509 eine Person aufzuwerten, oder aber die gegebenen
505 Vgl. Luhmann 1987, S. 92ff. 506 Vgl. Keller 2004, S. 196 507 Agamben 2005, S. 75. Als Exempel sei hier auf die Heilige Lanze, das Schild des Achill verwiesen oder auf einige Blankwaffen, wie Rolands Schwert Durendal oder Arthus’ Exkalibur. 508 Vgl. auch Simmel 1999, S. 414ff. 509 Strack 2008, S. 110
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Attribute zu unterstreichen510 beziehungsweise die Verlässlichkeit und gleich bleibende
Identität zu belegen (Selbstkongruenz).511 Institutionen, Organisationen und Marken
statten Individuen mit materiellen und symbolischen Ressourcen aus, die ihnen erst
einen Sinn von Autonomie verleihen. Diese Autonomie aber hat gleichzeitig Freisetzung
und Überforderung als Resultat, weswegen Autonomie wiederum in die herrschenden
Institutionen und Machtbeziehungen in Form von „Unterwerfungsbereitschaft“ investiert
wird.512
Die Marke strahlt wie eine Körpersprache Signale an die soziale Mitwelt aus. Affiliation
– das Bedürfnis nach sozialem Kontakt – geht mit drei Motiven einher, dem sozialen
Vergleich, der Verringerung von Angst und der Informationsgewinnung. In
mehrdeutigen Situationen bietet die Gesellschaft anderer die Möglichkeit, die eigenen
Reaktionen mit denen anderer zu vergleichen, um dadurch die Angemessenheit der
eigenen Gefühle und Unsicherheiten einschätzen zu können beziehungsweise Lob und
Anerkennung zu erheischen (Stressreduktion, „buffering effect“).513 Symbolische
Zeichen können in diesem Kontext den Vergleich vereinfachen beziehungsweise
gleichzeitig integrieren und differenzieren, es „läuft“ das Sozialprogramm mit seinem
Binärcode von Inklusion und Exklusion.514 Symbolischer Nutzen besteht also auch in
der Vermittlung von Gruppenzugehörigkeit und der Generierung von
Beziehungsvorteilen oder als Sinnbild individuell wichtiger Werte und Lebensstile.515 Je
stärker dabei die Identifikation mit einer Marke, umso stärker das Bedürfnis, dass alle in
gleicher Weise und Intensität auf das Identifikationsobjekt rekurrieren.516
Marken erreichen auf dieser Stufe „Mythos-Charakter“. Die „mythoi“ sind nichts anderes
als besondere Geschichten. Und das In-Geschichten-Verstricktsein ist die Grundlage
für jede Rede von Mensch oder Seele.517 Geschichten, darin liegt eine Hauptaufgabe,
sind Instrumente, um Komplexität zu reduzieren. Mythen stellen eine spezielle Form der
510 Beim Halo-Effekt überstrahlen einzelne, besonders betonte Eigenschaften (z. B. Attraktivität, Behinderung, sozialer Status) die Wahrnehmung der anderen Eigenschaften, so dass ein eindimensionales Bild der Person entsteht. 511 Strebinger 1997, S. 15 512 Holtgrewe 2005, S. 355ff., angelehnt an die „subjection“ Foucaults 513 Vgl. Buunk 1996, S. 366, der in diesem Kontext die Theorie des sozialen Vergleichs (Festinger) ausbreitet. 514 Helmann 2003, S. 306 515 Burmann 2007, S. 9ff. 516 Es gilt aber auch: Je mehr die Marke im Umlauf ist, je mit ihr kommuniziert wird, desto abnehmender wird ihr Grenznutzen hinsichtlich der Konstituierung von individueller Identität. 517 Schapp 1985, S. 160
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Reduktion von Komplexität dar, indem sie die Entzweiung der Welt und die
Entfremdung des Menschen zugunsten einer herstellen.518 Durch das Vertraute und die
vertraute Form von Mythen und Geschichten wird das Unvertraute, Neue, ins Vertraute
überführt. So können wir „in einer vertrauten Welt leben, weil wir das Unvertraute
wieder ins Vertraute einführen können, indem wir Symbole verwenden. Wir müssen
niemals die vertraute Welt verlassen;“519 so Niklas Luhmann.
Mythen sind Medien zwischen dem Unbekannten und dem Bekannten. Mythen
oszillieren zwischen beiden Seiten der Unterscheidung, jeweils mit einem semiotischen
Rest der anderen Seite – und damit Anschlussfähigkeit - behaftet.520 Das Oszillieren
des Mythos ist damit „feste Verflüssigung“, sein Sinn besteht darin, Sinn (wieder) in
Form umzuwandeln – beispielsweise in ein Markenprodukt - und diese Form „auf der
anderen Seite“ – auf der „Konsumentenseite“ - wieder in Bekanntes, Bedeutendes,
Komplementär-Sinn zu verwandeln.521
Damit erinnern Mythen an die Interpretation der Büchse der Pandora durch Christoph
Martin Wieland: „Die Büchse der Pandora […] war weder mehr noch weniger als eine
wirkliche Büchse, im eigentlichen Wortverstande, und zwar – eine Schminkbüchse […]
Scheinen und Seyn, welche Eins seyn sollten, wurden zweyerlei […] Die menschliche
Gesellschaft glich nun einer großen Maskerade.“522
Die Schminkbüchse aber ist Kosmetik, also eine Kunst des Schmückens, des
Ausschmückens der Ordnung, denn Kosmetik leitet sich vom griechischen „Kosmos“,
der Ordnung, ab. Kulissen und Rollen sind daher auch Bestandteil eines jeden Lebens,
die Kernidee des Theaters ist allgegenwärtig im Alltagsleben. Denn das Subjekt erfährt
sich sowohl in der Identifikation mit Schemata als auch in deren (vorsichtiger)
Überschreitung.523 Mythen oder Geschichten schaffen dabei Anreize zur Identifikation,
518 Vgl. dazu Hellmann 2005, S. 3f. 519 Luhmann 2001, S. 144ff. 520 Vgl. hierzu Horkheimer/Adorno (2006, S. 6), für die bereits der Mythos Aufklärung ist und die Aufklärung in Mythologie zurückschlägt. 521 In diesem Sinne erklären sich die von Hans Blumenberg als Merkmale von Mythen ausgewiesenen Eigenschaften: Gleichzeitigkeit beziehungsweise Doppeldeutigkeit, latente Identität, Kreisschlüssigkeit, Wiederkehr des Gleichen, Reziprozität von Widerstand und Daseinssteigerung in der Problemlösung und Isolierung des Realitätsgrades; vgl. Blumenberg 2006, S. 80. Zur Semiologie des Mythos vgl. Barthes 1964, in dem hier angesprochenen Kontext insbesondere 104ff. 522 Wieland 2002, S. 168. Einer schönen Ordnung, denn Kosmetik leitet sich vom griechischen Kosmos für Ordnung ab. 523 Vgl. Schulze 2000, S 73
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zur Übernahme neuer Rollen und Motivationen. Sie sind die Werkzeuge der „inneren
Werkstatt“, in der „die Elemente alles Seins in den mannigfaltigsten Arten auf den
mannigfachsten Stufen ihrer Verarbeitung erscheinen.“524 Menschen brauchen
Symbole und Bilder, Gruppen von Menschen, Öffentlichkeiten brauchen Symbole und
Bilderwelten.525 Marken führen die durch die Individualisierung und Auflösung von
Schichten und Klassen zum Teil verloren geglaubte Sicherheit durch die Hintertür
wieder ein. Kollektive und individuelle Habitualisierung stammt heutzutage nicht mehr
aus direkten Umwelten. Marken und Massenmedien lassen Handeln zum Handeln in
Inszenierungen nach dem Muster von Medien-Vorbildern werden.526 Die Marke
avanciert zum Identitäts-Medium.
Insofern sind Mythen (wie Marken-Mythen) „eine Taucherglocke“, in der jeder seinen
eigenen Ausdruck und Sinn zu finden vermag527 sowie gleichzeitig auch ein
„Beherrschtsein durch Überindividuelles in unmittelbar erfahrenen Bildern.“528 Im
Überindividuellen finden sich „Grundmuster instinkthaften Verhaltens“,529 „spezifisch
geprägte Formen“ und „Erlebniskomplexe“530: die Archetypen, die ebenso wie die
Mythen vieldeutig und paradox sind.531 Der Markenbesitzer wird hier Besitzer von
Produktionsmitteln für kollektiv geltende Symboliken, von „mobilen
Repräsentationen“.532
Es kommt, laut Gerhard Schulze, daher nicht mehr auf Bildung im klassischen Sinne
an, sondern auf „folkloristische Formensouveränität“, zu denen er rechnet: die
Zeichensprache zu kennen, standardisierte Situationen richtig einzuschätzen, mit dem
Archiv der Ereignismuster vertraut zu sein. 533
524 Fiedler 1977, S. 138 525 Vgl. Gottwald 2003/3, S. 189 526 Vgl. Payrhuber 2008, S. 211ff. 527 Kerényi 1971, S. 17ff. 528 Kerényi 2007, S. 7f. 529 Jung 2008, S. 46 530 Jung 2008, S. 32 531 Jung 2008, S. 40f. Der Freud-Schüler, Schweizer Mediziner und Psychologe und sowie Begründer der Analytischen Psychologie Carl Gustav Jung (1875-1961) zählt zu den hauptsächlichen Archetypen den „Schatten“, den „ Alten“, das „Kind“ (inklusive der Heldenjunge), die „Mutter“ („Urmutter“ und „Erdmutter) als übergeordnete Persönlichkeit („dämonisch“, weil übergeordnet) und ihr entsprechendes Gegenteil, das „Mädchen“, sodann die „Anima“ beim Manne und „Animus“ bei der Frau, vgl. Jung 2008, S. 138 532 Vergleichbar auch mit “The King's Two Bodies“ von Ernst Kantorowicz, der aus der politischen Theologie des Mittelalters die Vorstellung eines natürlichen (materiellen), sterblichen Körpers und eines übernatürlichen (immateriellen), also unsterblichen Körpers des Königs destilliert, die entscheidend auch für die Repräsentationstheorien des modernen Staates waren - und dessen Gehalt sich zumindest partiell in die Marken überlädt. 533 Schulze 2000, S. 94ff.
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Als Zeichen von Zeichen sind Symbole des weiteren Speicher von Sinn in Form
positiver Stimmungen, angenehmer Musik, attraktiven Szenen oder Sprechern,
angenehmen Stimuli wie Geschmack, Aromen, Ausblicke, Geräusche sowie
Erinnerungen an Ereignisse oder Orte. Viele Produkteigenschaften können auch gar
nicht direkt wahrgenommen werden. So lässt sich beispielsweise nicht unmittelbar
erkennen, ob Äpfel biologisch angebaut wurden oder Kleidungsstoffe hautverträglich
sind. In solchen Situationen erhöhter Unsicherheit kommt dem (Vor-)Wissen und den
Erwartungen des Konsumenten beziehungsweise der Symbolhaftigkeit eine Marke
besonders handlungsleitende Funktion zu.
Die nicht greifbaren, „intangiblen Phänomene“ gewinnen immer mehr an Bedeutung. In
vielen Unternehmen sind die immateriellen Ressourcen inzwischen deutlich mehr wert
als die materiellen Vermögensgegenstände. Unter intangiblen beziehungsweise
immateriellen Ressourcen werden einerseits immaterielle Vermögenswerte (assets) und
andererseits Fähigkeiten (skills) und Kompetenzen (competences) der Mitarbeiter
verstanden. Faktoren wie Bekanntheit, Wissen, Reputation/Image, Vertrauen, Loyalität
und Engagement, Akzeptanz und Übereinstimmung mit den Unternehmenszielen,
Führungsverhalten und Motivation/Kooperation im Unternehmen, Kundenzufriedenheit
und Präferenz können zudem nicht ohne weiteres imitiert werden.534 Immaterielle
Unternehmenswerte beeinflussen die Marktkapitalisierung direkt als Geschäftswert und
indirekt durch die Förderung von Transaktionen.535 Das macht sie zur Quelle für
nachhaltige Wettbewerbsvorteile und neue Rechnungslegungsmethoden und
Managementsysteme unterstützen dies. 536
Fünfte Stufe der Markenentwicklung
Der Status, den eine Marke erreicht hat, ist allerdings im Zeitverlauf keineswegs
konstant. Marken können durch externe und interne Einflüsse ihre Position verlieren,
ihre Wertigkeiten ändern, ihren Charakter wandeln – wie menschliche Persönlichkeiten
534 Vgl. Hellmann 2007, S. 1 535 Vgl. Rosenstiel 2007, S. 199 536 Vgl. Pfannenberg 2005, S. 185. Dies wird bereits messbar gemacht, beispielsweise im Intangible Assets Monitor von Sveiby oder im Intellectual Capital Monitor von Stewart oder auch in Kaplan/Nortons Balance Scorecard, vgl. Lehner 2000, S. 313ff.
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– oder auch einfach das Vertrauen verlieren. Das Ziel der fünften Stufe der
Markenentwicklung heißt Vertrauen.
Fragile Industrie-Gesellschaften sind durch einen hohen Bedarf an verlässlicher
Kooperation mit »Fremden« gekennzeichnet, also Personen, mit denen zumeist bis
dato keine persönliche Erfahrung oder geteilte Lebenswelt bestand beziehungsweise
besteht.537 In der globalen Ökonomie wird die gegenseitige Einsicht in die Verhältnisse
„unvollkommener, das Vertrauen bedingter, die Vollstreckbarkeit der Ansprüche
unsicherer“,538 so der Soziologe Georg Simmel bereits vor über 100 Jahren. Jedes
komplexe psychische oder soziale System erfährt zwar die eigenen Kontingenzen als
Freiheitsgrade oder Alternativspielraum, die Kontingenzen anderer Systeme aber als
ein Problem von Ungewissheit und mangelnder Erwartungssicherheit.539
Bereits im 17. Jahrhundert thematisierte Thomas Hobbes Vertrauen im Kontext
vertraglich vereinbarter Leistungen. Vertragliches Übereinkommen, so Hobbes,
verlangt „Treu und Glauben“.540 Denn eine Seite muss fast immer eventuell riskante
Vorleistungen erbringen und ergo ein Risiko eingehen. Die Vorleistungen erbringende
Seite muss dabei entweder auf die Ehre des Vertragspartners (Treu=Ehre, Reputation)
oder auf die weltliche (Recht) beziehungsweise göttliche Sanktion (Glauben=Moral)
hoffen. Nur diese drei Elemente – Ehre/Reputation, Recht, Moral - mögen die „drei
Hauptursachen des Streites in der menschlichen Natur [...] Wettstreben, Argwohn und
Ruhmsucht“541 zugunsten der Vertragserfüllung bannen. Diese Begriffsreihe „Moral-
Reputation-Recht“ wird uns im folgenden Kapitel im Kontext des ethischen Konsums
wieder begegnen.
Der Faktor „Glauben“ verdeutlicht die Rolle des Credo, des kreditgleichen
Vertrauensvorschusses, der bei unsicherem Erfahrungswissen notwendig ist. Vertrauen
ist also ein „mittlerer Zustand zwischen Wissen und Nichtwissen, der eine Ein- und
Abschätzung erfordert.“542 Kernpunkt personaler Identität wie auch des Vertrauens ist
537 Vgl. Offe 2001, S. 261 538 Simmel 1991, S. 220 539 Willke 2006, S. 31 540 Vgl. Hobbes 1965, S. 105 541 Hobbes 1965, S. 98. Widerspruch und Interdependenzen inbegriffen, so zwischen Ehre und Ruhmsucht, zwischen Argwohn und Recht wie auch – cum grano salis – zwischen Moral und Wettstreben, das sich im Kampf der Moralen untereinander/gegeneinander wie auch hinsichtlich richtiger Exegese der Moral äußern kann. 542 Simmel 1999, S. 393f.
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also nicht die physikalische Erscheinung oder eine biologische Abstammung, sondern
ein soziales Konstrukt,543 das sich in Form gebündelter Erwartungen äußert. Vertrauen
ist also eine (gegenseitige544 und zum Teil unbewusste) Spekulation auf mögliche
Transaktionskosten545 und Kohärenz, auf auch in der Zukunft anhaltende Identität und
ein Handeln, das sich aufgrund einer Interaktionsgeschichte, eines Erfahrungswissens,
als berechenbar zeigt.546
Je länger die für beide Seiten befriedigende Interaktionsgeschichte, desto größer das
Vertrauen und das historische Erfahrungswissen, dass Erwartungen nicht enttäuscht
werden. Je weniger ein solches Erfahrungswissen vorliegt, desto größer die Sehnsucht
nach einem „Schonverständigtsein in den Kernschichten und in den
Handlungsgewohnheiten“,547 nach „Rückzug in kleinere Welten rein lokaler
Bedeutsamkeit“.548 Hier kann das weniger Vertraute mit vertrauten Medien und
Symbole – wie beispielsweise in Region, Heimat, Geschichte549 – erneut in Vertrautes,
Alltägliches, überführt werden.
Vertrauen fordert also eine gelingende Interaktionsgeschichte und eine gelingende
Interaktionsgeschichte erfordert Vertrauen. In der Weltmarktgesellschaft sind daher
Anreize erforderlich. Anreize für den Vertrauensgeber, seine Entscheidung zu fällen
sowie Anreize für den Vertrauensnehmer, das Vertrauen zu erfüllen.550 Denn mit dem
Tätigen von (faktorspezifischen) Investitionen begibt sich der Vorleistende in
Abhängigkeit und damit in das Risiko, opportunistisch ausgebeutet zu werden.551 In der
Welt(markt)gesellschaft addieren sich zudem Unsicherheiten, die aus den vermehrt
asymmetrischen Beziehungen der Tauschpartner herrühren, Asymmetrien im Besitz
543 Vgl. Willke 2006, S. 175 544 Vertrauen oszilliert zwischen Vertrauensnehmer und –geber, ist „fuzzy“, vgl. Kosko 1999, S. 27ff. 545 So zum Beispiel der Ex-ante-Transaktionskosten, die bei Entwurf, Verhandlung, sowie Absicherung eines Vertrages auftreten und den Ex-post-Transaktionskosten, die durch Anpassung, Kontrolle und Überwachung während der Austauschbeziehung verursacht werden; vgl. Keller 2004, S. 81 546 Vgl. hierzu das spieltheoretische Gefangenendilemma. Die gegenwärtige ökonomische Globalkrise ist durch Erosion nicht nur der „Zahlungsmittelmenge“ in der „Spekulationskasse“ (Keynes) gekennzeichnet, sondern auch durch jene des Vertrauens – nicht nur innerhalb des Weltfinanzsystems. 547 Gehlen 1986, S. 54 548 Luhmann 2001, S. 157 548 Simmel 1999, S. 393f. 548 Luhmann 2001 549 So Mayer-Tasch 1985, S. 231 550 Vgl. Hardin 2001, S. 295 551 Sog. „Hold-up“-Verhalten, vgl. Keller 2004, S. 83. In diesem Kontext greift dann auch die „Principal-Agent-Theorie“, die sich mit dem Risiko befasst, das ein Agent (beispielsweise der Arbeitnehmer) nicht im Sinne des Prinzipals handelt.
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von Produktionsmitteln und –Faktoren als auch in der Einschätzung von Tauschbarkeit,
Konvertierbarkeit und Marktfähigkeit einer jeden Sache.552
Das Ziel einer Marke ist Vertrauen, Vertrauen, das sich das spezifische Versprechen
der Marke für den Konsumenten immer wieder erfüllt. Vertrauen spart dann auf
Konsumentenseite Transaktions-Kosten, die ansonsten für das Verringern des Risikos
eines Fehlkaufes hätten investiert werden müssen. Reputation als Ruf der
Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens hingegen hilft diesem, die Marketing-Effizienz
und Effektivität zu vergrößern, Markentreue aufzubauen, Gewinnmargen zu verbessern,
Einfluss über die Einzelhändler zu bekommen und sich von der Konkurrenz zu
differenzieren.553
Vertrauensbildende Maßnahmen – noch kein Vertrauen selbst - sind beispielsweise
Zertifikate. In punkto Lebensmittelsicherheit gibt es neben den rechtlichen Vorgaben der
EU und der einzelnen Nationalstaaten internationale Standards wie etwa den ISO
22000, ein weltweit ausgelegtes Managementsystem. Ein weiteres Exempel ist der
International Food Standard, der der Überprüfung und Zertifizierung von Systemen
dient, die Sicherheit und Qualität bei der Produktion von Lebensmitteln garantieren
sollen. Dem „Qualitätssicherungssystem“ haben sich bis heute etwa 100.000
Systempartner im Bereich der Fleischwaren und mehr als 16.000 im Bereich Obst und
Gemüse angeschlossen – aus dem europäischen Ausland kommen noch einmal 7500
Betriebe hinzu.554
Vertrauen ist also das Ergebnis einer gelingenden Interaktionsgeschichte, ein
kohärentes Verhalten, ein Zusammenhang, der sich ebenso in der zyklischen
Grundkonstellation einer Sitcom findet. Diese besticht in erster Linie durch stereotype
Verhaltensweisen der einzelnen Serienfiguren, die verschiedene Erwartungs- und
Werthaltungen innerhalb einer homöostatischen „Transformation des Immergleichen“
bestätigen.555 Es gilt im wahrsten Sinne das „Gesetz des Wiedersehens“556 und damit
eine Einhaltung gegebener Zusagen innerhalb der Interaktionsgeschichte. Somit gibt es
552 Asymmetrische Beziehungen, die die Vertragstheorien nicht erfassen, sind beispielsweise Beziehungen von Erwachsenen zu Kindern, Jungen zu Alten, Reichen zu Armen, Gesunden zu Kranken, Nichtbehinderten zu Behinderten etc. 553 Vgl. Bagozzi 2000, S. 551. 554 Vgl. Gottwald 2008, S. 195 555 Esser 2005, S. 2 556 Vgl. Weber 1980, S. 383
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zwei Situationen, in denen Kommunikation – auch diejenige der symbolischen und
relationalen Markenkommunikation - kritisch werden könnte. Ein Zuviel an Variabilität
könnte einen Abbruch der Kommunikation implizieren, ein Zuwenig an Variabilität birgt
die Gefahr der „Kommunikationssklerose“.557
Bei gelingender Markenkommunikation gehen Konsumenten in der vierten und fünften
Stufe regelrecht Beziehungen zu Marken ein, die menschlichen, psychologischen
Beziehungen gleichen können.558 Personifizierungen der Marke durch „menschliche
Touchpoints“ wie Marketing-Testimonials, Werbe-Stars, bekannte
Unternehmerpersönlichkeiten, Personal und Verkaufsberater befördern dies noch. Ein
Meilenstein in der wissenschaftlichen Erforschung der Markenpersönlichkeit ist die von
Jennifer Aaker, Marketing-Professorin in Stanford, aus dem Jahre 1997. Danach ist
eine Markenpersönlichkeit „the set of human characteristics associated with a brand. To
illustrate, Absolut vodka personified tends to be described as a cool, hip, contemporary
25-year old, whereas Stoli´s (Stolichnaya) personified tends to be decribed as an
intellectual, conservative, older man. In contrast to „product-related attributes“, which
tend to serve a utilitarian function for consumers, brand personalitiy tends to serve a
symbolic or self-expressive function.”559
Die Präferenz für eine Marke nimmt dabei zu, je stärker sie mit den Eigenschaften des
Konsumenten übereinstimmt: „Motivated by this logic, previous research has suggested
that the greater the congruity between the human characteristics that consistently and
distinctively describe an individuals´s actual or ideal self and those that describe a
brand the greater the preference fort he brand.“560 Die Psychologen Arnd Florack und
Martin Scarabis sprechen von „Feeling right“, wenn Produktattributionen den
motivationalen Orientierungen des Konsumenten entsprechen.561 Damit steigt die
Identifikation mit der Marke wie auch Kaufabsicht sowie Zahlungsbereitschaft. Marken
machen also dem Verbraucher verschiedene Verfassungsangebote, der wiederum die
Marke wählt, die am besten seiner intendierten Verfassung entspricht.562
557 Hellmann 2003, S. 338 558 Vgl. Florack 2007, S. 186. 559 Aaker 1997, S. 347 560 Aaker 1997, S. 348 561 Vgl. Florack 2007, S. 184f. 562 Vgl. Scarabis 2007, S. 424
-131-
Die Identität der Markenpersönlichkeit muss dabei - wie die Identität der Subjekte - stets
aktiv hergestellt werden. Denn im Prozess wechselseitiger Interaktion und
Veränderungen wirkt jeder Interaktionsteilnehmer auf alle anderen ein, und jeder
Beobachter beschreibt sich und sein Verhalten als „etwas“, das vom Beobachter
beschrieben wird, was vom Beobachter beschrieben wird, das vom Beobachteten
beschrieben wird, was vom Beobachter beschrieben wird etc.563 Dementsprechend
kann man „Aktuelles Selbst“ (momentane Selbsteinschätzung), „Ideales Selbst“ (wie
man sich gerne hätte), „Aktuelles Sozial-Selbst“ (wie man glaubt, von anderen
Personen wahrgenommen zu werden) und „Ideales Sozial-Selbst“ (wie man von
anderen gerne wahrgenommen werden möchte) unterscheiden.564 Dabei sind die
sozialen Selbstkonzepte nicht nur zweimal, sondern so oft vorhanden, wie das
Individuum Andere mit unterschiedlichen Wahrnehmungen und Ansprüchen ausmachen
kann. Das „Selbst“ als identitäre Fiktion ist ja nichts anderes als ein „assoziatives
Netzwerk“, als Wissensknoten im Langzeitgedächtnis, das bei passender Gelegenheit
abgerufen, aber mit der Zeit auch redigiert, verändert, neu geknüpft werden kann.565
563 Simon 1993, S. 107 564 Vgl. Strebinger 1997, S. 5 565 Horx 2002, S. 162
Ego Unternehmen / Markenidentität
Alter Konsument /
Markenimage
Identität der Markenpersönlichkeit
Aktuelles Selbst
Ideales Selbst
Aktuelles Sozial- Selbst
Ideales Sozial-Selbst
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Laut Aaker können Marken, analog zu den fünf Hauptdimensionen der menschlichen
Persönlichkeit566, auf fünf grundlegende Dimensionen reduziert werden:567 Competence
(Sachkundigkeit), Sincerity (Aufrichtigkeit), Sophistication (Kultiviertheit), Ruggedness
(Unempfindlichkeit), Excitement (Erregung). Doch variieren diese Dimensionen von
Kultur zur Kultur: “For example, in individualist cultures, where independence,
autonomy, and uniqueness are valued, consumers are more likely to use brands to
express how they are different from members of their in-group. In contrast, in collectivist
cultures, where interdependence, conformity, and similarity are valued, consumers are
more likely to use brands to express how they are similar to members of their in-
group“.568 Ralf Mäder hat fünf Dimensionen für Deutschland ermittelt,569 die wir hier im
Wertekreis darstellen:
566 Das psychologische Fünf-Faktoren Modell der „Big Five“ postuliert die fünf Dimensionen Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit 567 Aaker 1997, S. 352 568 Aaker 1997, S. 355. So konnte Aaker bei späteren Studien feststellen, dass beispielsweise in Spanien die Dimensionen „Competence” und „Ruggedness“ durch „Passion” (Leidenschaft) und „Peacefulness“ (Friedfertigkeit) ersetzt werden müssten 569 Nach Waller 2007, S. 15. Fabian Hieronimus hingegen stellt für Deutschlang eine zwei Faktoren beinhaltende Doppeldimension fest: Vertrauen und Sicherheit auf der eine Seite, Temperament und Leidenschaft auf der anderen Seite. Diese würden sich noch „besser“ in den Wertekreis integrieren lassen, aber der „Faktor Natürlichkeit“ ist für diese Arbeit nicht ganz irrelevant.
-133-
Wenn die Marke eine Persönlichkeit ist, dann sind die Werbe-Maßnahmen (Anzeigen,
Plakate, Spots, Events etc.) im weitesten Sinne ihre Gesten, Verhalten, Kommentar,
dann sind die Markeneigenschaften (Preis, Qualität, Verarbeitung, Geschmack) ihre
Fähigkeiten und Anlagen, dann ist die Packung ihre Kleidung, ihr Gesichtsausdruck.570
Da Vermenschlichung eines passiven Objekts alleine stellt noch keine hinreichende
Voraussetzung für das Vorliegen einer Marken-Konsumenten-Beziehung dar.571 Es
sollten weitere Möglichkeiten zur Interaktion geschaffen werden, um den Aufbau eines
affektiven, emotionalen „Markencommitments“ zu bewirken, „through meaningful brand
and consumer actions, as per the reciprocity principle of which all relationships are
grounded.“572 Susann Fournier hat als Associate Professor of Business Administration
der Harvard Business School aus menschlichen Beziehungsformen 15 wichtige
Markenbeziehungsformen extrahiert:573
Arrangierte Ehe
inhibited/gehemmt
Durch Dritte arrangierte Gemeinschaft, gering an
Affektivität und Engagement
Bekanntschaft
sociable/gesellig
Freundschaft mit geringer Zuneigung und Intimität.
Zweckmäßige Ehe
detached/gelöst
Langfristige, engagierte Verbindungen, durch
äußere Anlässe motiviert.
Ehe aus Verbundenheit
warm/warmherzig
Langfristige, freiwillig, mit Liebe, Intimität,
Vertrauen und Treue
„Beste Freunde“
friendly/befreundet
Freiwillig, Gegenseitigkeit, Ehrlichkeit und
Intimität, Interessenübereinstimmung
Interessengemeinschaft
assured/sicher, überzeugt
Spezialisiert, situationsbestimmt, interdependent,
leicht zu etablieren und aufzulösen.
Verwandtschaft
deferent/respektvoll
Unfreiwillige Gemeinschaft aufgrund der
Abstammung.
Ersatz-/ Sicherheitsbeziehung
unassured/unsicher
Übergangsbeziehung - „Rites de passage“
Jugendfreundschaft
trusting/vertrauensvoll
Unregelmässig, affektiv, Erinnerungsfokussiert
570 Grünewald 2006, S. 3 571 Vgl. Bruhn 2007, S. 231 572 Fournier 1998, S. 365 573 Eigene Darstellung nach Fournier 1998, S. 362, ergänzt um den Typus „Eifersüchtige Beziehung“
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Werben / Brautschau
exhibitionistic/exhibitionistisch
Offene Beziehungen
Verfallenheit/ Abhängigkeit
submissive/demütig, unterwürfig
Obsessive, hoch emotionale, selbstsüchtige
Anziehungskraft, Partner ist unersetzlich.
Flüchtige Liebschaften
competitive/hart umkämpft
Kurzzeitige Verbindungen mit hoher emotionaler
Bestätigung
Hass-Liebe
cold/kaltherzig
Intensive Beziehungen, charakterisiert durch
Egoismus und Abneigung.
Geheime Affairen
dominant/beherrschend
Sehr gefühlsbetont, riskant - Privatissimum
Versklavung / Hörigkeit
hostile/feindseelig
Unfreiwillige Gemeinschaft, höchst einseitig.
Eifersüchtige Beziehung
mistrusting/misstrauisch
Hoch emotional, einengend
Fournier leitet daraus sechs Dimensionen ab, die jeweils einen starken Einfluss auf die
Markenbeziehung haben: Verpflichtende Bindung (commitment), Expressivität (self-
connection), Interdependenz (interdependence), Intimität (intimacy),
Leistungsversprechen (Brand Partner Quality), Leidenschaft (Love an Passion).574 In
der sich anschließenden Grafik ist die Dimension „Interdependenz“ nicht extra verortet,
da sie bereits Bestandteil des Wertekreises ist, gekennzeichnet in der
Gegenüberstellung zwischen „Ich“ und „Wir“. Der interpersonale Circumplex (IPC), der
als eines der am besten erforschten und ausgearbeiteten Modelle zur Beschreibung
und Messung von Persönlichkeit gilt und sich in der Emotionspsychologie und der
interpersonellen Traitforschung etabliert hat,575 wurde auf der Innenseite des
Wertekreises eingezeichnet und harmoniert sowohl mit dem Wertekreis als auch mit
den Ergebnissen von Fournier.
574 Fournier 1998, S. 363ff. 575 Vgl. http://www.interpersonalcircle.com/
-135-
Der Fokus mythisch-symbolischer Markenkonzepte liegt daher auf der Erzielung von
Sympathie und gegenseitigem Vertrauen zwischen den jeweiligen Bezugsgruppen und
den Marken (Kommunikations- und Inklusionsfunktion). Relationale Markenkonzepte
übernehmen die Funktion eines festen Anbieters von Deutungshilfen und
Erklärungen.576 Markencommunities können die Distinktion gegenüber anderen
Kollektiven, Gruppen oder Marken bewirken: „Pride is driven by the knowledge that they
are part of a distinct minority, an in-group of the initiated.”577 Dadurch weisen
markentreue Konsumenten in dieser Markenentwicklungsstufe eine hohe Treue zu ihrer
präferierten Einkaufsstätte auf, wie auch umgekehrt Einkaufsstättentreue häufig mit
Markentreue einhergeht.578
Selbstverständlich steht das Erreichen einer evolutionären Markenstufe immer unter
dem Verdikt der Veränderung. Marken können sich höher entwickeln oder erreichte
Entwicklungsstufen verlassen.
576 Hellmann 2005, S. 20 577 McEwen 2005, S. 89ff. 578 Haedrich 2003, S. 215
-136-
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4.2. Der symbolische Tausch im ethischen Konsum
Das ökonomische Steuerungsmedium Geld macht die Operationen der anderen
Funktionssysteme anfällig für die Idee der Steigerung, die jedem Wirtschaften inhärent
ist. Beispielsweise werden unternehmerische und marktwirtschaftliche
Organisationsformen bei der Erledigung öffentlicher Aufgaben zugrunde gelegt. Public-
Private-Partnerships (PPP), also Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand und
privaten Institutionen, sollen zum einen die Lösung staatlicher Aufgaben
gewährleisten.579 Gleichzeitig wird die Transformation des Staatsbürgers zum
Unternehmer im Rahmen eines „Empowerment“ zu mehr Selbstbestimmung
vorgenommen.580
Dementsprechend richtet sich der Protest des ermächtigten Individuums nicht mehr nur
gegen klassische politische Entscheidungsträger,581 sondern verstärkt gegen
Unternehmen oder ganze Branchen.582 Die Antwort der Unternehmen besteht in
gesteigerter Demonstration sozialer und ökologischer Verantwortung. Damit erklärt sich
ein parallel verlaufender Prozess: Märkte und Konsumpraktiken „entern“ Politik und
Gesellschaft, legen sich aber gleichzeitig Regeln der Selbstkontrolle und
Selbststeuerung zu; die (Zivil-)Gesellschaft wiederum erklärt die Wirtschaft zu ihrer
Arena. 583
Vor wenigen Jahren konnte der Wirtschaftsethiker Karl Homann mit Recht festhalten,
dass sich Wettbewerb und Ethik/Moral nicht ausschließen, wenn Ethik in den
Handlungsbedingungen und Wettbewerb in den Spielzügen herrsche.584 Doch die
579 Gefängnisse, Krankenhäuser, öffentliche Verwaltung, Bildung, Krieg und Kommunen werden privatisiert – der Bertelsmannkonzern Arvato hat bereits mehrere Kommunen und Verwaltungen in Großbritannien und Deutschland, unter anderem Würzburg, digitalisiert und gestrafft. 580 Ewert 2005, S. 3. Nach Ewert wird dies insbesondere von Marktliberalen - aber auch Anhängern der progressiv-sozialdemokratischen Reformstrategie des dritten Weges – begrüßt. 581 Ob reziprok oder nicht: Die Bürger verlieren sukzessive das Vertrauen in die Politik. Nach einer Forsa-Studie aus dem Jahre 2006 haben 70% kein Vertrauen mehr in das politische Führungspersonal, es werden politischen Akteure und Institutionen deutliche Wertedefizite unterstellt; vgl. Behnke 2008, S. 61. Nach Behnke würde ein Vertrauensgewinn durch die Schaffung von mehr politischen Kontroll-möglichkeiten zu realisieren sein. Aber ist nicht bereits schon der Akt der Kontrolle ein Akt des Misstrauens? Von Wertedefizit kann man wohl auch nicht sprechen, denn Werte sind nicht defizitär, sondern Werteinstellungen weichen in andere Wertesektoren aus. Die Unzufriedenheit der Bürger scheint darin zu bestehen, dass ggf. erwartete Werthaltungen im Bereich der politischen Repräsentanten unterrepräsentiert sein könnten. 582 Vgl. Baringhorst 2007, S. 7 583 Lamla 2005, S. 1 584 Homann 2005, S. 56f.. Hohmann zu Adam Smith´s Metapher von der „unsichtbaren Hand“, die nur gilt
für „Prozesse innerhalb einer geeigneten Rahmenordnung; die Entwicklung und Etablierung dieser
-138-
ungenügende (Kontext-)Steuerung im Bereich ethischer Weltwirtschaftsbindungen lässt
Wettbewerb in den Handlungsbedingungen zu und führt damit zur „Moralisierung“, zur
Moralisierung von Spielern und Spielzügen, zur Kontextsteuerung von Angebot und
Nachfrage am Point of Purchase. Damit wird das im Bereich des Vertrauens so
relevante Phänomen der „Treue“ und die Einhaltung selbiger reaktiviert, was früher
unter der eher aristokratischen Ehre, heute unter dem Stichwort „Reputation“ und
„ethischer Konsum“ zu einer Bestenauslese am Markt führen soll. Damit wird eine
umfassende und gelingende Markenkommunikation gemäß der
Markenentwicklungsstufen für alle Teile der Wertschöpfungskette zur Voraussetzung.
In der Begriffsreihe Moral-Reputation-Recht deckt grundsätzlich jeder vorstehende
Begriff den Umfang des folgenden, aber nicht umgekehrt: Die vollkommene Moral
gebietet von sich aus, was Reputation und Recht fordern, die vollkommene Reputation,
was das Recht verlangt, das Recht aber hat den geringsten Umfang, es ist das
„ethische Minimum“.585 Das Recht erwirkt äußere Zwecke (Handlungen) durch äußere
Mittel (Gesetze), die Sittlichkeit (Moral) innere Zwecke (Gewissensreinheit) durch innere
Mittel (Sanktionen), die Reputation erreicht äußere Zwecke durch äußere und innere
Mittel. So steht die Reputation in der Mitte der Begriffsreihe, da sie weder nur die reine
Innerlichkeit des moralischen Vorwurfs, noch ausschließlich die staatliche Gewalt
rechtlicher Sanktionen besitzt.586
Rahmenordnung verdankt sich dagegen evolutionären Lernprozessen und der „sichtbaren Hand“ des Rechts. “
585 Vgl. Ehmann 2000, S. 9ff. 586 Vgl. Huizinga 1961, S. 101ff.
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Reputation liegt im Wertekreis nicht zwischen Recht und Moral/Ethik, sondern dem
Recht nahezu komplementär gegenüber im Schwellenbereich traditionaler und
selbststeigernder Werthaltungen.587 Reputation umfasst auf der einen Seite die eher
passive Variante, die im Wertekreis mit den Stichwörtern „Gesicht wahren“ und
„Zugehörigkeitsgefühl“ charakterisiert ist, wie auch aktive Handlungen, die die
Erarbeitung sozialer Anerkennung, von Erfolg und Autorität zum Ziel haben. Reputation
bezeichnet ergo „das öffentliche Ansehen, das eine Person, Institution, Organisation
oder allgemeiner ein (Kollektiv-)Subjekt mittel- oder langfristig genießt und das aus der
Diffusion von Prestigeinformationen an unbekannte Dritte über den Geltungsbereich
persönlicher Sozialnetze hinaus resultiert.“588
Der Wettbewerb in den Handlungsbedingungen und Vertrauensverlust führen dazu,
dass Bestandteil von Unternehmensreputation eine glaubwürdige, freiwillige
Selbstbindung an Werte ist. Nicht zuletzt, um sich gegenüber neuen
Umweltkonstellationen verbesserte „evolutionäre“ Chancen zu verschaffen. Ziel der sich
selbst rückbindenden Unternehmen589 ist es, sich gegenüber dem Wettbewerbsumfeld
587 Da Reputation aus dem Phänomen der Ehre hervorgeht und Ehrenhändel notfalls auch das Recht zur Widerherstellung bedrohter Ehre suspendieren, scheint die Verortung grundsätzlich begründet zu sein. 588 Eisenegger 2005, S. 24 589 Lat. religere=Rückbindung. Die Nähe der Reputation zum traditionellen „Letztwertesektor“ manifestiert sich in ihrer Nähe zu Credo (Glaube) und Hoffnung, denn „da notabene Reputation wie Börsenwert zentral von positiven Zukunftserwartungen getrieben sind, besteht zwischen beiden Größen zwangsläufig eine signifikante Korrelation,“ so der Schweizer Reputationsfachmann Mark Eisenegger (2005, S. 37). Gegenseitige Selbstbindung, die sich symbolisch am Point of Purchase vereint, firmiert auch unter dem
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positiv abzuheben, die Konsumenten zu involvieren und jene damit selbst mit
rückzubinden, nämlich an die jeweiligen Marken wie auch die Unternehmung als
Corporate Brand selbst. Dabei wird häufig auf die obersten Werte einer kulturellen oder
subsystemischen Hierarchisierung rekurriert, was die angestrebte Ungleichheit –
Differenzierung durch Selbstbindung an Werte – vielfach in Gleichheit enden lässt.590
Je nach Unternehmensvision beziehungsweise Mission und Charakter der
Anspruchsgruppen ist unternehmerische Verantwortung auf die Verwirklichung von
Umweltthemen (Corporate Environmental Responsibility, CER) ausgerichtet oder zielt
auf soziales Engagements im Rahmen eines „Corporate Citizenship“. Dieses liegt dann
vor, wenn Unternehmen als gute Bürger – als Corporate Citizen – auftreten, „in ihr
gesellschaftliches Umfeld investieren und ordnungspolitische Mitverantwortung
übernehmen. Sie helfen mit, Strukturen bereichsübergreifender Zusammenarbeit und
Soziales Kapital aufzubauen, um zusammen mit Partnern aus anderen
gesellschaftlichen Bereichen (Bildungs-, Sozial- und Kultureinrichtungen,
Bürgerinitiativen und NGOs, Verbänden, Politik, anderen Unternehmen etc.) konkrete
Probleme ihres Gemeinwesens zu lösen. In diesen Prozess bringen sie nicht nur Geld,
sondern alle ihre Ressourcen – also Mitarbeiterengagement, fachliches Know-how und
Organisationskompetenz, Informationen etc. – ein.“591
Gesellschaftliches Engagement soll wirtschaftlichen Erfolg implizieren wie auch
umgekehrt wirtschaftlicher Erfolg als Indikator für die öffentliche Anerkennung
gesellschaftlichen Engagements gelten möge. Das notwendige erwerbswirtschaftliche
Prinzip der Unternehmen wird angesichts diverser Bewertungsrichtlinien und
Börsennotierungen berücksichtigt: „Sustainability and efficiency initiatives save costs
and increase the value of the company. The FTSE4Good Index and the emergence of
external CSR rankings (for instance Sustainable Value) highlight how companies are
increasingly assessed in terms of their sustainability and CSR activities.”592 Silke Riedel
vom Imug-Institut Hannover, das börsennotierte Unternehmen nach ökologischen und
ethischen Kriterien durchleuchtet, ergänzt: „Ethisch, ökologisch und wirtschaftlich
Stichwort „Karma-Kapitalismus“. In der hinduistischen Lehre ist Karma das universelle Zusammenspiel von Ursache und Wirkung. Hier hängt das zukünftige Leben von den Handlungsweisen im Hier und Jetzt ab. 590 Hellmann 2007, S. 6. 591 So Habisch 2003, S. 58 592 Burmeister 2008, S. 2
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verantwortliches Verhalten verbessert die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens und
damit auch die Erträge der Aktionäre.“593
Wenn aber das Einnehmen von Werten nur der Wert-Einnahme – im Sinne von Erlösen
– dient und zu einem „struggle between looking good and doing good“594 führt, kann das
für die Unternehmung katastrophale Folgen haben im Sinne eines symbolischen
Offenbarungseides und Vertrauensverlustes.595 Wichtig ist die Glaubwürdigkeit, die in
der Vergangenheit durch zu viele Botschaften, Produkte und Dienste erschüttert wurde,
so dass Verbraucher annehmen, dass ihnen in der Produktwerbung nur etwas
vorgaukelt wird.596 Ein nicht gerade unwichtiges Moment, werden doch bis zu 80% der
Kaufentscheidungen aus dem Bauch gefällt,597 und 70% Prozent aller Konsumenten
kaufen keine Waren von Unternehmen, von denen sie eine schlechte Meinung
haben.598
In einem fünfstufigen Modell wollen wir die unterschiedlichen Intensitäten einer ethisch-
moralischen Konsumhandlung aufzeigen. Dabei liegen jeder Stufe zwei elevatorische
Grunddifferenzierungen zugrunde, und zwar die Unterscheidung zwischen einerseits
der Positionierung / der Stufe des Produktes im Markenentwicklungs-Wertkreis,
andererseits zwischen der Motivation des Konsumenten, also ob das (Marken-) Produkt
dem aktuellen/idealen Selbst oder dem aktuellen/idealen Sozial-Selbst zukommen soll.
Aktuelles und ideales Selbst finden sich im Wertekreis in der ovalen Markierung „Ich“,
sind mit selbstbestimmenden und selbststeigernden Werthaltungen konnotiert. Die
Formen des sozialen Selbst erstrecken sich über universalistische und traditionelle
Werthaltungen, die durch den „Wir-Kreis“ repräsentiert werden.
1. Ein Konsument erwirbt Milch, da diese besonders gesund sein soll, die
Leistungsfähigkeit steigert und auch noch gut schmeckt. Sein Motiv wird geleitet durch
die Werte individuelle-körperliche „Gesundheit“ und „Leistungsfähigkeit“ – den
selbststeigernden Werthaltungen entstammend, es geht dem Konsumenten um ein
aktuelles (Erhaltung) oder ideales Selbst (Gesundheitsverbesserung). Bei der 593 Gerth 2008 594 Zitiert nach Maaß 2002, S. 132 595 Beispielhaft steht hier die 200 Millionen Euro teure Kampagne „Beyond Petroleum“ von BP, bei der sich drei Jahre später herausstellte, dass sie mehr den PR-Anforderungen als der Realität entsprach, was die Börse sofort mit einem Verlust von zehn Prozent der Aktie quittierte. Gerth 2008 596 http://www.sinus-sociovision.de/Download/Management-Summary_Sinus-Trendreport-2008.pdf 597 Schmidt 2004, S. 224 598 Herbst 2006, S. 10
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Produktauswahl vergleicht er bewusst gesundheitsfördernde Ingredienzien und Zusätze
wie auch Testergebnisse - „functional food“ gehört nicht nur begrifflich zu funktionalenb
Marke - sowie Bekanntheit der Marke und entscheidet sich für ein für ihn gutes Preis-
Leistungsverhältnis.
Ein anderer Konsument nutzt beispielsweise die Möglichkeit, an einem
Verkostungspunkt mehrere Sorten Milch direkt zu vergleichen, die einen besonders
samtenen oder süßlichen Geschmack verheißen.599 Ein dritter mag Milch, aber am
liebsten weiterverarbeitet in einem Milch-Schokoladen-Mischprodukt, das extra viel
Milch enthält und auch Spiel, Spaß und Spannung verspricht. Hier handelt es sich auf
Seiten des Konsumenten um selbstbestimmende Werthaltungen – Neugierde,
Stimulation -, die mit experienziellen Marken gestillt werden möchte. Aber es handelt
sich in keinem Fall um ethischen Konsum.
2. Die erste ethische Konsumstufe ist der „gelegentlich moralische Konsum“, 600 der hier
mit „konsumierter Ethik“ bezeichnet wird. Der Konsum einer symbolischen oder
599 Für „nur Milch“ gilt die bereits angesprochene habitualisierte Einkaufshandlung der „Fast Moving Consumer Goods“ 600 Lamla 2005, S. 4
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relationalen Marke dient der gelegentlichen Gewissensberuhigung601 oder auch der
Vergewisserung – sollte eine bestimmte ethische Haltung „in“ sein -, dass man noch „en
vogue“ ist. Hier findet sich der Lifestyle-Konsum, der zwar von außen kommend,
extrinsisch motiviert ist, nicht zuletzt aber auch hedonistisches Vergnügen bereitet.
Für diesen Typus des ethischen Konsums gilt am ehesten ein
„Selbstergänzungsmotiv“.602 Konsum von „Ethical Lifestyle Brands“ steigert das
Selbstwertgefühl. Dass „Bio“ im Ganzen als „Ethical Lifestyle Brand“ gesehen werden
könnte – qua EU abgesiegelt –, verdeutlicht Franz-Theo Gottwald, Bio-Lebensmittel
„sind durch die öffentliche Diskussion über Fairness, Nachhaltigkeit,
Generationengerechtigkeit, Klimaschutz, Gesundheit und regionale
Ernährungssicherheit geradezu moralische Güter geworden und beinhalten eine klare
Botschaft: Sie schützen Pflanze, Tier und Mensch. Moralisch Fragwürdiges wie der
Einsatz von potenziell gefährlichen Chemikalien, von Mastmitteln, von gentechnisch
hergestellten oder nanoskallierten Hilfs- oder Zusatzstoffen wird nicht verwendet.“603
601 Das Gewissen ist „nur eine Fähigkeit, Konflikte in Beziehung zu der Matrix der Werte zu setzen, die als eigene Werte gefühlt werden […] Schuld ist […] mehr das Gefühl eines verletzten Wertes, ein Widerwille dagegen, dem idealen Selbst-Bild nicht zu entsprechen.“ Allport 1974, S. 69 602 Vgl. Strebinger 2008, S. 98 603 Gottwald 2008, S. 15
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Kennzeichen der „konsumierten Ethik“ ist die „transzendierende Aufmerksamkeit“.604 Es
geht darum, von möglichst vielen gesehen zu werden, Attribute und Begriffe wie Ruhm,
Reputation und Prominenz sind hier leitend. Es handelt sich quasi um „geborgte
Anerkennung“. Der transzendierenden Aufmerksamkeit geht es darum, von möglichst
vielen gesehen zu werden, um Inszenierung. Es gilt das „Selbstdarstellungsmotiv“, bei
dem die (ethischen) Eigenschaften eines Produktes/einer Marke signalisieren sollen,
dass der Konsument die gleichen Eigenschaften besitzt.605 Die Kaufhandlung generiert
das werbliche Paradox - individuelle Identität durch Mimesis, Auserwähltheit durch
rivalisierende „Ansteckung“.606
3. Dazwischen befindet sich der Konsument mit eher situativem Verhalten, der sich erst
am Point of Purchase, angeregt durch Angebote, Displays - durch (gesteuerten) Zufall –
entscheidet. Es zählen ethische Prämissen, die in der jeweiligen Situation hilfreich sind,
eine „Landstreichermoral“: „Der Landstreicher wählt sich seine Ziele, wie sie kommen
und wie er sie von den Wegweisern abliest; aber selbst dann weiß er nicht sicher, ob er
an der nächsten Station Rast machen wird, und für wie lange.,“ so Ulrich Beck.607
Verhaltensweisen werden gemischt, situativ, hybrid, verbunden mit einer kurzfristigen
Issue-Orientierung.608 Beim „hybriden Konsumenten“609 wird es, wie bereits erwähnt,
immer schwieriger, stringente Konsummuster zu erkennen.
4. In der vierten Stufe lässt sich nun mit Fug und Recht von „ethischem Konsum“
sprechen. Wenn man bei Werten primäre, terminale Zielwerte von sekundären,
instrumentellen Werten unterscheidet, dann steht hier das zweite im Fokus, das „Wie“
der „Daseinstechnik“, 610 die bestimmt, in welcher Form das „Was“ erreicht wird. Zu den
bereits aufgezählten Implikationen des ethischen Konsums und des Reputation-
Managements zählen ebenso der historisch einmalige Anstieg des durchschnittlichen
Wohlstands in den westlichen Gesellschaften: Viele können es sich heute leisten,
ethisch zu handeln. Zweitens der historisch einmalig gestiegene Bildungsstand der
Bevölkerung: Früher war der Kunde nicht nur in der Warenkunde „Analphabet“ – und für 604 Assmann 2001, S. 21f. 605 Vgl. Strebinger 2008, S. 98 606 Als grundlegender, kultureller Prozess interpretiert in Girard 2006, S. 211ff. 607 Vgl. Beck 1994, S. 13 608 Im angelsächsischen Sprachgebrauch bezeichnet der Begriff „issue“ allgemein ein öffentliches Anliegen oder Problem beziehungsweise eine politische oder soziale (Streit-)Frage, so Liebl 2001, S. 30 609 Unternehmen verdienen 80 % ihres Umsatzes mit Stammkunden. Aber sie verlieren im Schnitt 43 % ihrer Stammkunden in nur drei Jahren. Vgl. http://www.trendbuero.de/upload/07-Trendtag/2008/IDM-Workshop/13TT_IDM.pdf 610 Thomae 1968, S. 331
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die Produzenten Mittel zum Zweck - heute ist er aufgeklärt und bestimmt die Zwecke
und Ziele der Produzenten, so der Kulturwissenschaftler Nico Stehr.611
Was hier stattfindet könnte man als „prosoziale Transformation“ bezeichnen: Eine
ursprünglich auf Kosten und Nutzen beruhende Austauschbeziehung wandelt sich in
eine prosoziale Beziehung.612 Getragen ist diese prosoziale Transformation durch das
Bedürfnis nach Affiliation – dem Wunsch nach sozialem Anschluss, nach Beachtung
und Billigung, nach Getragenheit, nach Sinngebung des Daseins durch Betätigung in
einem größeren sozialen Kreis.613 Zu den positiven Konsequenzen, die prosoziale
Handlungen erleichtern, gehören Steigerungen des Selbstwertgefühls und positive
Rückmeldungen.
Kontinuierlicher ethischer Konsum verlangt intrinsische Motivation, Bewusstheit beim
Einkauf, stetige Aufmerksamkeit, nichts „Falsches“ zu kaufen. Diese „strategische
Aufmerksamkeit“ ist mit Vigilanz gleichzusetzen.614 Hier geht es darum, möglichst viel
zu übersehen. Diese Aufmerksamkeit richtet sich auf Techniken der
Selbstermächtigung, sei es durch Risikobewältigung oder Selbstdarstellung, sie ist eine
Öffnung gegenüber dem Unbekannten, dem Anderen. Hier wird signalisiert, was „zählt“
(Counting), was also relevante Informationen sind, was nicht ausgeblendet,
herabgespielt oder nicht Ernst genommen werden darf (Discounting).615 Ethischer
Konsum signalisiert eine Botschaft innerhalb eines „interaktiven Role Making“,616 wird
zu einem öffentlichen Denkzettel nach Maßstab eines antiken Ostrakismos.617
Der Ökonomie und der Warenwelt steht zwar der Weg einer vollkommenen
Immaterialisierung, wie sie symbolische Medien bewerkstelligen, nicht offen.618 Daher
611 Stehr 2007, S. 2 612 Vgl. Bierhoff 1996, S. 403 613 Thomae 1968, S. 319 614 Assmann 2001, S. 21f. 615 Kreyenberg 2005, S. 289 616 Die Identifikation eines Akteurs mit einer noch nicht wirksamen aber gewünschten Strategie zu einem Role Making, von dem sich der Akteur eine Wirksamkeit der Strategie verspricht. Gleichsam geht damit eine Erwartungshaltung im Sinne einer „Fremdzuschreibung“ , von sozialen Erwartungen an andere Akteure, vgl. Kirsch 2001, S. 156 617 Die altgriechischen Scherbengerichte könnte man zu den ältesten Formen der „Bürgerinitiative“ zählen, so Mayer-Tasch (1985, S. 9) 618 So Winkler 2004, S. 313.
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trennt sich das Geld sukzessive von der gesellschaftlichen Produktion.619 Auf der
anderen Seite aber wird auch die Warenwelt „fluider“, weil sie sich des Symbolischen
bedienen kann, das wiederum Teil eines Identitätsmanagements, Teil des
menschlichen Bewusstseins ist. Das Symbolische und das Ökonomische bedienen sich
einander, parasitieren sich gegenseitig. Denn das Bündnis mit der Ökonomie
„substituiert Referenz“620, es verschafft dem Symbolischen einen zweiten Bezug auf die
„Realität“. Gleichzeit leiht das Geld seine Eigenschaft der Knappheit aus und verleiht
damit eine gewisse Signifikanz.
Die „sehr positive Eigenschaft, die man mit dem negativen Begriffe der
Charakterlosigkeit bezeichnet“621, die Simmel dem Geld zuschreibt,622 wird qua
Kontextsteuerung auf der Seite des „gewünschten Charakters“ diskontiert. Durch den
Erwerb einer symbolischen oder relationalen Marke wird aus der Indifferenz, dem Geld,
Differenz, Kontext, Sinn und Information. Die Komplexreduktion, die die Fixierung auf
den Preis beinhaltet, wird aufgehoben, aber durch die Komplexreduktion des
Symbolischen – in Form von Mythen und Geschichten – wieder hergestellt.
Am Point of Purchase zählt damit plötzlich die Sicht der Anderen auf das Selbst
beziehungsweise das Bild, das die Anderen vom Sozial-Selbst haben könnten. Einige
Menschen sind prädisponiert dafür, mehr als andere auf Erwartungen oder
Bewertungen der Menschen um sie herum zu reagieren. Menschen mit hohem ATSCI-
Wert („attention to social comparison information“)623 konsumieren eher bestimmte
Produkte aufgrund sozialer Fingerzeige als Menschen mit niedrigem ATSCI-Wert. Wie
weit der Kreis „der Menschen um sie herum“ gezogen wird, differenziert dann
universalistische von eher traditionellen, im Wertekreis mit „Benevolence“/Wohlwollen
umschriebenen Werthaltungen. Wohlwollen bezieht sich auf die Sorge um das
Wohlergehen von Nahestehenden in alltäglichen Interaktionen, während sich
Universalismus auf das Verständnis, die Wertschätzung, die Toleranz und den Schutz
619 Dabei wird zum Teil jeder Bezug auf einen Referenzwert aufgegeben, übrig bleibt eine „allgemeine Austauschbarkeit, Kombinatorik und Simulation“, vgl. Baudrillard 1991, S. 18f. Die globalen Ströme des Finanzkapitals, Spekulationspapiere, Optionsscheine, future bonds scheinen dies zu unterstreichen 620 Winkler 2004, S. 316 621 Simmel 1991, S. 273 622 Das lateinische „pecunia non olet“ – Geld stinkt nicht - macht übrigens den Zusammenhang zwischen den Anfängen menschlicher Kultur und der gegenwärtigen Kultur deutlich. Tatsächlich hatte „peku“ zuerst die Bedeutung von „beweglichem Vermögen“, also beweglichem Sinn, erst später nahm es die konkretisierendere Bezeichnung „Vieh“ an. Vgl. Benveniste 1993, S. 39ff. 623 Vgl. Bagozzi 2000, S. 280
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zum Wohlergehen aller Menschen bezieht. Das ist – unter anderem – auch ein
Unterschied zwischen dem universalistischen „Eco-Heritage“ und den „Eco-Bind“.
Der ethische Konsum dieser Stufe ist dabei eine zeitgenössische Interpretation der
„Bürgerinitiative“, die vorliegt, „wo immer außerhalb der politischen
Herrschaftsinstitutionen stehende Angehörige eines Gemeinwesens in Ergänzung
obrigkeitlicher Fürsorge oder in konstruktiver Auseinandersetzung mit ihr initiativ
geworden sind, um Mitgestaltung des sozialen Lebens bemüht [sind]“624, so der
Münchner Rechts- und Politikwissenschaftler Peter-Cornelius Mayer-Tasch. Daraus
erklären sich die lockeren Zusammenschlüsse, sog. „Tribes“,625 die selbst Buykott und
Boykott initiieren können.626
Auch für die „Tribes“ gilt das Gesetz der „antagonistischen Kooperation“627 mit stärkeren
Parteien oder Allianzen – wie mächtigen Marken - , bei denen immer die Gefahr
besteht, durch „Schein“ in Form „unechter“ Ethik-Produkte infiltriert und seiner
Engagementmittel beraubt zu werden, ohne dass sich mit seinem Konsum tatsächlich
Weichenstellungen in Richtung Nachhaltigkeit und/oder ökologischem Landbau etc.
verbinden. Aber wenn es „gut“ geht, dann ist der Nutzen des ethischen Konsums aller
Beteiligten direkt wahrnehmbar, was man durchaus mit „Effektivierung des
Systemgeschehens“628 charakterisieren kann.
624 Mayer-Tasch 1985, S. 9 625 Penz 2007, S. 49 626 Der Boykottaufruf gegen den Ölkonzern Shell wegen dessen geplanter Versenkung der Ölplattform Brent Spar 1995, war der bisher erfolgreichste Konsumentenboykott. Dem Aufruf von Umweltschutzbünden, künftig die Tankstellen von Shell zu meiden, folgten etwa 50 % der Bevölkerung. Auch Unternehmen wie die Tengelmann-Gruppe beteiligten sich an der Aktion. Tengelmann forderte die fast 200.000 Mitarbeiter im In- und Ausland auf, beim Betanken ihrer Privatwagen Shell-Tankstellen zu meiden. 627 Mayer-Tasch 1985, S. 227 628 So Mayer-Tasch (1985, S. 47) über „die Verdeutlichung von Erwartungen und die Bereitstellung von Sachverstand“ im „Zeichen intendierter Wertverwirklichung“.
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5. In der letzten Stufe, der „ethischen Mission“, wird hohes Vertrauen und Identifikation
mit der Marke erreicht. Eine „Marriage to the brand“629 (inklusive Einkaufsstättentreue)
wird erreicht, mit allen „Zeichen“ der Kohärenz und Dauerhaftigkeit630, die einem ewigen
Treueversprechen zueigen sind.
Allerdings wächst die Nähe zu introspektiven „top down“-Anschauungen,631
gekennzeichnet durch Meta-Schleifen der Selbstreferenz632 und Eigenkonfiguration als
ethische (Trivial-)Maschine. Eine Moral, wie sie sich hier findet, hat eine verhängnisvolle
Tendenz zur Totalisierung und Derogation von Mehrheitsmeinungen, weil sie einen
rechthaberischen und selbstgerechten Code von gut und böse, von gut und schlecht
aufbaut.633 Marken und ihre Produkte werden fast zu heiligen Dingen, die eine Art
Selbstheiligung bewirken. Aus diesen Haltungen können dann Abqualifizierungen der
„unteren“ Stufen des ethischen Konsums erwachsen, wie die Schmähung als „Ablass-
Kapitalisten“. Damit unterstellt man mit moralisch-religiösem Duktus den Geschmähten,
sie würden sich mit der Kaufhandlung nur reinwaschen und - ähnlich dem
mittelalterlichen Ablasshandel – zwischen den Kaufakten ungehemmt „sündigen“, sich
sondern, also die (quasi „religiös“ gebotene) Aufmerksamkeit schleifen lassen.634
Kollektive Gesinnungsethik als „Fortsetzung abendländischer Metaphysik“635 ist
natürlich besonders verlockend, je größer die Überzeugung eigener Rechtschaffenheit
bei gleichzeitig auftretenden zivilisatorischen und sozialen Krisen ist.
629 McEwen 2005, S. 35ff. 630 Von Strebinger (2008, S. 97) als „Selbstkonsistenzmotiv“ bezeichnet. Bereits Heiders Konsistenztheorie wie auch Festingers Dissonanztheorie gehen davon aus, dass sich Menschen in ihren Meinungen, Einstellungen und Verhalten gerne als widerspruchsfrei wahrnehmen und präsentieren; vgl. Florack 2007, S. 184 631 Das Denken in dichotomischen Begriffen wiederholt sich hier in den Anf-order-ungen ethisch-moralischer Ge- und Verbote, die jedes Individuum der Aufgabe verpflichten, täglich das Richtige vom Falschen zu unterscheiden. „Damit entsteht freilich auch eine leicht obskure Diskrepanz zwischen der Monumentalität der Herausforderung und der apokalyptischen Wucht der behaupteten Gefahr einerseits und der Banalität der Rettungsaktionen andererseits,“ so Misik 2007 632 Willke 2006, S. 176 633 Willke 2009, S. 5 634 Das erinnert an Unterscheidungen der praktischen Philosophie, wie die zwischen Ethik und Moral, Zweck und Mittel, Gesinnungs- und Verantwortungsethik, zwischen konsequentialistisch-normativen und teleologisch-deontologischen Differenzierungen, zwischen Legitimität und Legalität oder die von Thomas von Aquin in der 19. Untersuchung „Güte und Schlechtigkeit der inneren Wirke des Willens“ abgeleiteten Schlussfolgerungen sowie die Unterscheidung zwischen moralischer Kultur auf der einer Seite und der nur die Sitten und den Anstand betonenden Zivilisation von Kant. Zur näheren Darlegung sei hier nur kurz auf die Unterscheidung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik, von Max Weber stammend, eingegangen. Die Verantwortungsethik zielt auf die Verantwortbarkeit der Folgen des Handelns beziehungsweise der Ergebnisse ab. Im Gegensatz zur Gesinnungsethik stellt sie die tatsächlichen Ergebnisse der Handlung über Motiv und Absicht der Handlung. 635 Schönherr-Mann 1997, S. 30
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Doch eine von Öffentlichkeiten massiv initiierte Hypermoral wird dann seitens der
betroffenen Organisationen mit Abwehrtechniken gekontert werden, einer Als-Ob-
Integrität. Ein CSR-Konzept deutet in diesem Fall nicht darauf hin, dass sich eine
Organisation öffnet, sondern vor allem darauf, dass sie etwas zu verbergen hat. Das hat
eine – bereits zum Thema CSR angedeutete – paradoxe Spirale zum Resultat: „Wir
erzwingen moralisch programmierte Reaktionen, die wir jederzeit als interessengeleitet
enttarnen und ihr auch die kleinste Chance auf Authentizität entziehen können“.636
Vielleicht auch dies ein Grund für die paradoxe Konstatierung von Ernst Forsthoff, dass
die Chance der Durchsetzung eines Interesses mit dem Grad seiner Allgemeinheit
schwindet.637
An unserem Modell des Ethischen Konsums werden die bereits eingeführten
Handlungs-Abstufungen ersichtlich, an die in diesem Kontext nochmals erinnert werden
soll. 1. Alltägliches Handeln, 2. Handlungen, die das Ergebnis expliziter Reflexion sind,
3. Handlungen als Ausfluss jüngerer Orientierungsmuster, die wiederum Ergebnis
mehrerer generalisierter Handlungen sind und 4. „Außeralltägliches“ Handeln
in/vor/nach einem Ausnahmezustand.638
Die sich anschließende Graphik zeigt komprimiert die herausgearbeiteten
verschiedenen Nutzen- und Kommunikationsformen von Lebensmitteln auf.639
636 Wetzel 2009 II, S. 67. Die Krise offenbart auch eine Abwehrtechnik gegen Hypermoral, nämlich den Austausch führender Mitglieder der Organisation, die dann im übrigen weiter verfahren kann wie zuvor. 637 Zitiert in Mayer-Tasch 1985, S. 49 638 Wobei ein Ausnahmezustand auch zum Dauerstand durch ewiges Andauern werden kann, Stichwort „Kairos“ etc. 639 Kategorisierung der Individualisierungsmöglichkeiten der Sekundärdienstleistungen nach Jäger 2004, S. 229
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4.3. Bio als Marke der Vielfalt
Unterscheidungen kann man wieder und wieder treffen (call); man kann sie kreuzen,
um auf die andere Seite der Unterscheidung zu wechseln, um dort weitere
Unterscheidungen zu treffen (cross); und man kann Unterscheidungen in den gleichen
Raum der Unterscheidung wiedereinführen und so auf ihre Unterscheidungsfähigkeit
hin überprüfen (re-entry). Wenn also eine Unterscheidung – Vielfalt/Einheit (analog zu
Markt/Hierarchie) - wiederum in das Unterschiedene einfährt, dann lassen sich vier
Arten von Vielfalt erzeugen. Vielfalt als zeitliches Nacheinander unterschiedlicher
Zustände (einheitliche Vielfalt); als räumlich und zeitlich unbegrenzte Wandlung und
Durchmischung (vielfältige Vielfalt); als räumlich wie zeitlich relativ kohärentes
Nebeneinander (vielfältige Einheit), als räumliches Nebeneinander rational-
ökonomischer Systeme in einem Naturzustand, aus dem durch (zufällige, evolutionäre
oder autoritäre) Intervention (Selektion, Variation, Retention) weniger vielfältige
Zustände hervorgehen können (einheitliche Einheit).
Im Folgenden wollen wir die Schwellen/Übergänge von Formen der vielfältigen Vielfalt
und der einheitlichen Vielfalt sowie den Übergang zwischen Formen einheitlicher Vielfalt
mit jenen der vielfältigen Einheit beleuchten. Zumal sich in diesen Übergängen
einerseits die Werthaltungen des postmodernen „Eco-Flux“ wie auch andererseits jene
des „Eco-Bind“ wieder finden und damit die jeweiligen „zielgruppenspezifischen
Schlüsselreize der Sympathie“.640
640 Bergler 2007, S. 583. Dabei ist zwischenmenschliche Anziehung eine direkte lineare Funktion des Anteils ähnlicher Einstellungen. So Buunk 1996, S. 376
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Die Fruchtfolge ist das zentrale Gestaltungselement des ökologischen Ackerbaus. Die
relative Kohärenz der Fläche wie der Wandel der Frucht in der Zeit entsprechen dem
Grenzgebiet von vielfältiger Einheit und einheitlicher Vielfalt. Die Gestaltung der
Fruchtfolgen ahmt durch zeitliches Hintereinander ackerbaulich nach, was im
vielfältigen, natürlichen Pflanzenbestand räumlich nebeneinander angeordnet ist. Dabei
gilt es, die Wirkungen der Vorfrucht mit den Ansprüchen der nachfolgenden Frucht auf
möglichst optimale Weise abzustimmen. Die Fruchtfolgegestaltung muss
Standortverhältnisse, pflanzenbauliche Faktoren, Ackerflächenverhältnisse,
Futterbedarf, Arbeitskapazitäten sowie betriebs- und marktwirtschaftliche Aspekte in
Einklang bringen. Funktionen der Fruchtfolgegestaltung sind die Erhaltung der
Bodenfruchtbarkeit, Förderung eines Abwehrpotentials gegen Schädlinge und
Krankheiten, Unkrautkontrolle, Stickstoffanreicherung, Bodenlockerung, Humuszufuhr
und Nährstoffmobilisierung.
Grundregeln der Fruchtfolgegestaltung sind 1. Fruchtbarkeitszehrende Kulturen hinter
fruchtbarkeitsmehrende Kulturen stellen („Werte-Wandel“) 2. Ausgewogener Wechsel
von Halm- und Blattfrüchten 3. Wechsel von Winterung und Sommerung 4.
Leguminosenanteil in der Fruchtfolge möglichst nicht unter 25 bis 30 Prozent 5. Davon
mindestens ein Jahr Futterleguminosen oder Grünbrache 6. So oft wie möglich
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Zwischenfrüchte und Leguminosen-Untersaaten 7. Nach Möglichkeit ein
Hackfruchtglied zur Unkrautregulierung einbauen 8. Kulturen mit langsamer
Jugendentwicklung nach unkrautunterdrückende Bestände stellen.641
Die Grenze zwischen vielfältiger Vielfalt wiederum und einheitlicher Vielfalt wollen wir
am Gegensatz zum antagonistischen Grenzgebiet beleuchten. Dieser dichotomischen
Ausprägung entspricht in der nun folgenden praktischen Gegenüberstellung der
englische Landschaftsgarten auf der einen Seite, der französische Barockgarten auf der
anderen Seite; eine Gegenüberstellung, die nicht zuletzt Ähnlichkeiten mit jener des
ökologischen Landbaus und der „konventionellen“ Landwirtschaft aufweisen könnte.
Bis ins 19. Jahrhundert hinein galt bei vielen Wald und Moor wie auch unberührte Natur
als Unkultur, Wildnis, ja Frevel und nicht als Chiffre positiven Naturverständnisses.642
Der schlesische Dichter Daniel Caspar von Lohenstein vergleicht etwa um das Jahr
1689 das Reich mit einem Garten, welcher ohne tägliches Jähten, Abraupen,
Ausputzen, Stutzen, Abschaben und tausenderlei Arbeit verwildert.643 Die Arbeit des
Fürsten müsse wie Myrrhen und Majoran sein, bitter aber heilsam, denn im Garten
eines Reichs seien Untertanen Gewächse, der Fürst aber die Sonne.
Der Übergang von der formalen Gartenkultur zum Stil des englischen
Landschaftsgartens – in England zwischen 1720 und 1750, im übrigen Europa
unmittelbar daran anschließend – wurde von den Zeitgenossen als „Gartenrevolution“644
bezeichnet, da er eng mit der „Glory Revolution“ verbunden war. Die Triebkräfte der
englischen Gartenrevolution waren sozialer und politischer Natur, die sich in etwa wie
folgt zuspitzen ließen: England gegen Frankreich, politische, moralische, ästhetische
Freiheit und Vernunft gegen Rationalisierung, Regeln und Repräsentation.645
641 Quelle: http://www.oekolandbau.de/erzeuger/pflanzenbau/grundlagen/grundlagen-pflanzenbau-allgemein/fruchtfolgegestaltung-im-oekologischen-landbau/ 642 Blotevogel 2003, S. 6 643 Vgl. Tabarasi 2007, S. 356 644 Lateinisch revolvere = zurückrollen entstammt dem astronomischen und astrologischen Sprachgebrauch und bezeichnet eigentlich den Kreislauf der Gestirne. Dem entsprach die ursprüngliche politische Bedeutung des Revolutionsbegriffs, die sich auf einen Kreislauf der Verfassungsformen bezog, wie ihn Aristoteles beschrieben hatte. Vgl. Tabarasi 2007, S. 34 645 Tabarasi 2007, S. 10. Wobei der krasse Gegensatz zwischen Frankreich und England so nicht bestand, denn Frankreich hatte ebenso Phänomene und Protagonisten des Landschaftsgartens. Die Ideologie der Physiokraten Quesnays entsprach weitgehend der des englischen Landschaftsgartens. Doch in Frankreich existierten nicht die politisch-gesellschaftlichen Strukturen wie die einer Trennung zwischen „Country“ und „City“, die eine Gartenrevolution befördert hatten. Die anglo-chinesische Garten-Mischform, in der noch rokokohafte Elemente überlebten, und die ihre Wirkung insbesondere durch
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Die französische Form der Naturgestaltung, die auch die architektonische genannt wird,
besteht in einer geometrischen und ornamentalen Durchgestaltung der Natur. Drei
Aspekte sind mit dem geometrischen Barockgarten verbunden: der Einfluss der
Architektur und ihrer Regeln (Symmetrie und Geometrie), die sichtbare Dominanz der
Menschen über die Natur (rechteckige Kanäle, Baumschnitt und Alleen), Etikette und
das formelle Zeremoniell im Garten.646 Die Gestalter dieser geometrischen Gärten
waren Architekten und sie gestalteten den Garten als eine Erweiterung des
Hauses/Schlosses – mit Gängen, Hallen, Nischen – als eine Einbeziehung der Natur in
das Anwesen.647 Nach dem bereits Cicero in „de natura deorum“ als „erste Natur“ die
Wildnis (Wohnort der Götter) bezeichnete und als „zweite Natur“ die vom Menschen zu
Überlebenszwecken bearbeitete Natur galt, handelt es sich beim Barockgarten um eine
Art „dritter Natur“.648
Dementsprechend folgte, architektonisch umgesetzt, auf den als Fortsetzung des
Schlosses gedeuteten geometrischen Barockgarten die zweite Natur mit Obstgärten
und Feldern sowie „Wildnis“ und Wald.649 Die Schönheit des von hohen Buchswänden
umstandenen Barockgartens konnte sich daher besser aus dem ersten Stock des
Schlosses erschließen, den Räumen des Königs, aus der Perspektive des höheren,
erhöhten Beobachters, weswegen der Barockgarten nicht zuletzt der Präsentation und
Repräsentation von Herrschaft dient.650
Die Landschaftsgestalter des englischen Landschaftsgartens hingegen inszenieren
Natur als Erfahrungsraum.651 Seine Gestalter waren häufig Maler, so dass frühe
Würdigungen des Gartenstils ihn mit dem Begriff „picturesque“ versahen. Im
Italienischen verstand man Mitte des 17. Jahrhunderts unter „Pittoresco“ etwas, das die
Fantasie beflügelte, eine direkte Nachahmung der Natur beinhaltete und die
Illusionismus und Staffage erzielte, ist charakteristisch für Frankreich, bevor die Französische Revolution nach dem Motto „Kartoffeläcker statt Luxusgärten“ das Ancient einebnete. Vgl. Tabarasi 2007, S. 174ff. 646 Tabarasi 2007, S. 25 647 Böhme 1989, S. 82 648 Tabarasi 2007, S. 21 649 Tabarasi 2007, S. 22 650 Wie auch bei Francis Bacon in seiner Utopie „Nova Atlantis“ zu Anfang des 17. Jahrhunderts: „In Parks und Gehegen halten wir alle möglichen Tiere und Vögel, und zwar weniger wegen ihrer Merkwürdigkeiten oder Seltenheit, als vielmehr zu Sektionen und anatomischen Untersuchungen, um dadurch so weit wie möglich Aufklärung über den Körper zu erlangen. Wir erzielen dabei zahlreiche wunderbare Wirkungen, wie die Erhaltung des Lebens trotz Verlustes angesehener Organe, die Wiederbelebung Scheintoter und ähnliches. Wir stellen an den Tieren auch Versuche mit allen möglichen Giften, Gegengiften sowie chirurgische und internistische Verfahren an, um dadurch den menschlichen Körper besser schützen zu können.“ Vgl. Bacon 2003, S. 47 651 Böhme 1989, S. 64
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Aufmerksamkeit auf das Malmittel selbst lenkte.652 Der Umgang mit Farbe, Textur, Licht
und Schatten gewann an Bedeutung. Das erklärte Ziel der englischen
Landschaftsgärtnerei war die Erzeugung von Stimmungen, die zur Entdeckung
auffordern sollten.653 Und weil die menschliche Vorstellungskraft so aktiv und
vielgestaltig ist, gewann die Schaffung von Gärten, die diese Innenwelt zu spiegeln und
auszudrücken vermochten, erheblich an Bedeutung. Im Unterschied zum
architektonischen Barockgarten lässt der englische Landschaftsgärtner wachsen, ihm
dient die Selbstproduktivität der Natur zum Zustandekommen des Gesamtwerkes.654 Er
sorgt nur für den Rahmen, in dem sich das „Bild“ (des englischen Gartens) autonom
entwickelt.
Die Theoretiker des englischen Landschaftsgartens übernahmen aus der chinesischen
Gartenkunst den Begriff des „sharawadgi“= Unregelmäßigkeit,655 der bestimmend für
den Entwurf von Landschaftsgärten werden sollte. Und so manifestieren sich
beispielsweise für Anthony Ashley Cooper, 3. Earl of Shaftesbury, die die Welt
gründenden Gegensätze, aus denen erst „die Harmonie des Ganzen“656 entsteht, im
englischen Landschaftsgarten: „Selbst schroffe Felsen, bemooste Höhlen,
unregelmäßige, natürliche Grotten und unterbrochene Wasserfälle, mit allen
grauenhaften Schönheiten der Wildnis, sind um so anziehender für mich, je mehr sie
die Natur selbst zeigen und in einer Pracht erscheinen, welche steifen Nachäffereien
fürstlicher Gärten bei weitem übertreffen.“657
Umwelt/Natur wird hier fast schon wie ein „Bioindikator“ interpretiert, steht als „quasi
integratives Messinstrument“658 unmittelbar im Zusammenhang mit der Qualität der
Lebensfähigkeit. Vorbildcharakter für den englischen Landschaftsgarten hatte die
652 Hunt 2004, S. 12f. 653 Hunt 2004, S. 6. Bezeichnenderweise fällt der Landschaftsgarten, das „Picturesque“, zeitlich mit dem Beginn des Sensualismus John Lockes zusammen, der geistige Vorstellungen aus empirischen Erfahrungen ableitet. John Locke beobachtete etwa, dass sich die komplexe Idee der Freiheit aus „Denken“ und „Bewegung“ zusammensetzt, die beide direkt durch sinnliche Erfahrung entstehen und aufgrund des gemeinsamen Aspektes der „Aufeinanderfolge“ assoziiert werden. Das bedeutet implizit, dass die Erfahrung der Bewegung im natürlichen Raum – der Natur – zur Entstehung von Freiheitsideen kann. vgl. Tabarasi 2007, S. 346 654 Böhme 1989, S. 87 655 Tabarasi 2007, S. 121 656 Shaftesbury 1980, S. 60 657 Shaftesbury 1980, S. 178 658 So Böhme 1989, S. 49
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Antike,659 die Elysischen Gefilde, - eine Mischung von „Erlebniswelten“, in der Mythos,
Dichtung und Wirklichkeit verschmelzen konnten – wie auch das Goldene Zeitalter mit
seinem „ewigen Frühling“. Was nicht als Anspielung auf den Klimawandel zu verstehen
ist. Obwohl die „Gartenrevolution“ tatsächlich nicht ohne einen bereits zur damaligen
Zeit konstatierten Klimawandel hätte stattfinden können. Zwischen 1700 und 1740 fing
die Temperatur an zu steigen, so dass man die Gartenflora auch mit ausländischen
Arten bereichern konnte und wollte, weil man bereits damals neuen Pflanzen- und
Baumbesatz als Lösung gegen Klimaprobleme ansah.660
Bevor die Verortung verschiedener Gartentypen, insbesondere die des englischen
Landschaftsgartens wie auch die des französischen Barockgartens, im Wertekreis
erfolgt, möchten wir an dieser Stelle noch einige Charakteristika anderer Gartenformen
aufzeigen.
Zu den orientalischen „paradeiza“, den paradiesischen Parks und Gärten gehörten
terrassenförmige Anlagen, wie beispielsweise die in der Antike legendären „hängenden
Gärten der Semiramis“. Sie wurden zum Teil als Jagdreviere genutzt, „Könige und
andere Potentaten gaben ihnen das Gepräge.“661 Die italienischen Renaissance-Gärten
waren ebenso im Besitz wohlhabender Familien oder Fürsten. Typisch waren
Terrassen-Treppen, Wasserspiele, Brunnen, Kaskaden sowie eine „eigenartige
Geschlossenheit“662 der symmetrisch gestalteten Anlagen.
Chinesische Gärten hingegen verbreiten gleichzeitig eine spirituelle Atmosphäre und
schwerelose Heiterkeit wie auch einen „erhabenen“ Schrecken, der sich in Form
drohender Felsen, dunkler Höhlen, schäumender Wasserfälle, verkrüppelter Bäume
und Ruinen zeigt. Asymmetrie, die plötzlichen Übergänge und heftigen Gegensätze in
Form, Farbe und Schattierung663 sollen die Natur im Prozess der Selbstorganisation
659 Tarbarasi 2007, S. 11. Für die christliche Tradition galt/gilt Natur als gefallene Natur, der geometrische Garten steht symbolisch für die geordnete Welt – das Paradies - vor dem Sündenfall. Dementsprechend war die der hermetischen Einfriedung der „respublica Christian“ des Mittelalters entsprechende Gartenform der „hortus conclusus“; vgl. auch Mayer-Tasch 1998/2, S. 52 660 Vgl. Tabarasi 2007, S. 45 und S. 259 661 Treptow 2001, S. 185. Mit der hier erfolgenden Einordnung der orientalischen Gärten sehen wir nicht den rhizomatischen Charakter, den Guattari und Deleuze (1977, S. 30), im Charakter orientalischer Gärten verorten wollen: „Im Abendland: Landwirtschaft mit auserlesenen Abstammungslinien und vielen verschiedenen Individuen; im Morgenland: Gartenbaukultur mit einer kleinen Anzahl von Individuen, auf eine große Skala von „Klonen“ verweist.“ 662 Treptow 2001, S. 186 663 Tabarasi 2007, S. 121
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zeigen, aber auch auf Gleichgewicht und Harmonie in einem (geordneten) Universum
hinweisen. Insbesondere der japanische Zengarten als „Trockengarten“, der lediglich
aus Kies, Steinen und Felsbrocken besteht, betont Ordnungsaspekt und Meditation. 664
Aus der englischen Gartenbauform entwickelte sich sukzessive auch eine Form des
Landbaus. Schon dem Landschaftsgarten entsprachen sowohl ästhetischen als auch
agrarökonomischen Nutzen zu vereinen und die Schafzucht in das Gesamtkonzept zu
integrieren, da Weideflächen fast doppelt so rentabel waren wie Ackerland.665 Daraus
entstand das Konzept der „ornamental farm“ zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Die
„ornamental farm“ oder französisch „Ferme Ornée“ avancierte zu einem Projekt, das
ganz im Sinne der Aufklärung versuchte, den wissenschaftlichen Fortschritt
voranzutreiben und mit einer ästhetisch ansprechbaren Gestaltung der Landschaft zu
verbinden. Agrarwirtschaftliche Neuerungen und Verbesserungen gingen einher mit
einer Gestaltung der Landschaft durch die Kunst.
664 Treptow 2001, S. 190 665 Vgl. Tabarasi 2007, S. 47. Der Schäfer aus dem Englischen Garten in München musste gerade seine Tätigkeit dort aufgeben, da vermehrter Hundekot seine Schafe krank machten.
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Nach Vorbild der „Leasowes“, der Ferme Ornée des englischen Dichters William
Shenstone, entstanden landwirtschaftliche Gärten in Europa und den USA, in denen
Viehweiden, Fischteiche, Obstgärten, Ackerland sowie Parklandschaften vereint
wurden. Wesentliche gestalterische Elemente der „Ferme Ornée“, die fast alle Formen
der Naturgestaltung beinhalten, waren Weidewirtschaft und Ackerbau als ökonomisches
Rückgrat der Flächennutzung, fließende und stehende Gewässer, Waldinseln mit
Hutewäldern (Wald-Weiden) und Wildnis, formale und ornamentale Gartenelemente,
Baumalleen zur Landschaftsgliederung, inszenierte besondere Orte und Picknickplätze
sowie (Rund-)Wanderwege zur Erschließung der Landschaftsszenerie.666
Eine Form der „Ferme Ornée“ war die „Pastoral Farm“, die, mit Motiven der
Schäferdichtung geschmückt, die literarische Landschaft Arkadiens zum Thema hatte.
Die „Ancient Farm“ widmete sich ihrerseits der Landbestellung der Bauern in früheren
Zeiten. Felder wurden hier nicht von Hecken, sondern von Wäldern umgeben, was den
Eindruck erweckte, die kultivierten Teile dehnten sich langsam in das unkultivierte Land
aus. Aber nicht die Trennung von Wald und Wiese war bezweckt, sondern „Holz“ und
„Gras“ sollten vereinigt werden und konnten inmitten kultivierter Äcker gefunden
werden. Im Wald fanden sich dann Schmuckbauten wie Türme oder Bögen, kleine
Burgen und Kapellen.667 Eine weitere Form, die „Simple Farm“, präsentierte
„Naturmaterialien“ wie Felder, Wald und Wasser in verschiedenen Formen und
Anordnungen.668
Eine aktuelle Version der „Ferme Ornée“ entsteht gegenwärtig im nördlichen Saarland.
Dort wird auf einem ca. 180 ha großen Gelände das Projekt „Landschaftspark Imsbach”
realisiert. Für das Hofgut Imsbach und die umliegenden land- und forstwirtschaftlichen
Flächen ist die Konzeption als Landschaftspflegehof mit landwirtschaftlichen
Einrichtungen vorgesehen. Der Landschaftspark verbindet die landwirtschaftliche
Nutzung der Flächen mit den „traditionellen“, gestalterischen Bausteinen:
Weidewirtschaft als Rückgrat der Flächennutzung, Waldinseln mit Hutewäldern und
Wildnis, formale und ornamentale Gartenelemente, die Farbe Rot als Reminiszenz an
den Rötelabbau, die „Imsbach-Promenade“ als ringförmige Erschließung der
Landschaftsszenerie inszenierte besondere Orte und Picknickplätze.669
666 Schulz 2004, S. 123ff. 667 Schulz 2004, S. 131 668 Schulz 2004, S. 127 669 Mehr dazu unter www.agl-online.de
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Hier wird die „Ferme Ornée“ zum symbolischen „Gegenort“ der Stadt, einem Ort der
Vervollkommnung und Regeneration,670 wie sie bereits im Rahmen der „Retirement-
Philosophie“ der englischen Whigs wahrgenommen wurde. Shaftesbury hat in
„poetische Extase“ ein Beispiel seiner „Retirement-Empfindungen“ gegeben: „Ihr Gefilde
und Wälder, meine Zuflucht aus dem ermüdenden Getümmel der Welt, nehmt mich auf
in euer stilles Heiligtum und segnet die Stunden meiner Einsamkeit und stillen
Betrachtung.“671
Gleichzeitig werden heute die Innenstädte als lebenswerter Raum wiederentdeckt. Die
Trennung von Stadt (Arbeit) und Land (Leben) scheint aufgrund des auch in diesem
Punkt immobiler werdenden Industriezeitalters – der Auto(im)mobilität und seiner
Verkehrskollapse – passe. Erstmals leben weltweit mehr Menschen in Städten als auf
dem Land. In 50 Jahren wird es mehr als 100 Mega-Cities mit einer Einwohnerzahl von
über fünf Millionen geben und in 25 Jahren werden zwei Drittel der Menschheit in
Städten leben.672 Zur Ernährung ihrer Bewohner braucht eine durchschnittliche Stadt
aber bereits heute eine Ackerlandfläche, die das Zehnfache ihrer eigenen Größe
beträgt. Bis zum Jahr 2050 werden zusätzlich mehr als eine Milliarde Hektar benötigt,
eine Fläche von der Größe Brasiliens, die nicht verfügbar ist.
Insofern wird folgerichtig die Landwirtschaft – nicht nur in Form der „Thünenschen
Ringe“673 - ein Teil der städtischen Kultur werden. Denn auch im Zuge des aktuellen
Strukturwandels fallen immer mehr Stadtflächen einer Brachenbildung anheim. Doch
Grund und Boden, der durch den Abriss von Wohngebäuden oder die Aufgabe
670 Schulz 2004, S. 384 671 Shaftesbury 1980, S. 146 672 Vgl. Laskowski 2001, S. 261. Es ist dabei noch nicht erwiesen, bleibt aber zu hoffen, dass, wie Wenzel (2007, S. 6) behauptet, die Stadt der Zukunft auf Lebensqualität, Greenstyle, Downshifting-Viertel und „Slow-Citys“ setzt. Denn ganz andere Herausforderungen könnten entstehen. Richard Norton, Professor für „national security affairs” am US-„Naval War College“, betont die Dringlichkeit, Aufmerksamkeit nicht mehr nur auf „failed states“, sondern auf bereits drohende „feral cities“ – wilde Städte – zu konzentrieren. Diese sind „an immense petri dish of both ancient and new diseases, a territory where the rule of law has long been replaced by near anarchy in which the only security available is that which is attained through brute power […] Such megalopolises will provide exceptionally safe havens for armed resistance groups,” Norton 2003 673 Bereits zu Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Johann Heinrich von Thünen mit seiner Abhandlung „Der isolierte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie“ in einem Gedankenexperiment einen idealtypischen Aufbau stadtabhängiger Landwirtschaftsformen – die „Thünenschen Ringe“ - entwickelt. Landwirtschaftliche Produktion sollte – nicht zuletzt durch die Treffpunkte der Direktvermarktung – ein Teil Stadt werden; vgl. Lohrberg 2001
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gewerblicher Standorte von seiner wirtschaftlichen Nutzung befreit wurde, ist totes
Kapital.
Unterschiedliche Landwirtschaftstypen bieten hierzu Entwürfe: Extensive Tierhaltung in
gepflegten Freiflächen, Blumenwiesen als Bienenweiden, Obstbäume und
Beerensträucher für Selbstpflücker, Anbau nachwachsender Rohstoffe,
Demonstrationsfelder für Getreidekulturen, Färbe- und Kräuterpflanzen, Duftfelder,
Mieter- und Schulgärten, Maislabyrinthe, Farbfelder, Wiesenlandschaften. Es entstehen
und entstanden City-Farms in England, der Schweiz, der Niederlande, Deutschland,
Dänemark und Frankreich. Interkulturelle Gärten auf ausgewiesenen Freiflächen dienen
als Treffpunkt und zur Teilselbstversorgung mit ökologischen Lebensmitteln. In Leipzig
werden auf einem an ein Neubaugebiet grenzendes ehemaliges Manövergelände
Heckrinder gehalten, in Gera in leerstehenden Plattenbauten Austernpilze gezüchtet.
Wie Felicitas Fuhrmann von der Humboldt-Universität Berlin ergänzt: „Landwirtschaft in
der Stadt kann als Innovationsmotor oder als Experimentierfeld gelten.“674 Da
verwundert es nicht, wenn das städtische Angebot an Weiterbildung hinsichtlich
ökologischen Themen und Servicepakete aus den Bereichen Bildung und Gesundheit
stark zunehmen.
Erste Ansätze für Öko-Städte sind im Moment in China geplant. Dort soll in der Nähe
von Shanghai die erste komplett nachhaltige Stadt entstehen: Dongtan. In ihr sollen so
viele Lebensmittel erzeugt werden, wie auf einer Landwirtschaftsfläche gleicher Größe
wachsen würden. Die Öko-Stadt wird mit erneuerbaren Energien, Regenwasser und
Brennstoff aus Küchenabfällen „funktionieren“. Maximal 40 Prozent der Fläche sollen
mit Häusern bebaut werden, der Rest für Landwirtschaft und ein Vogelschutzgebiet
bleiben.675
Auch in europäischen Städten könnten Kombinationen von „Ferme Ornée“ und den
„Hängenden Gärten der Semiramis“ entstehen. Eine Idee in dieser Richtung existiert
bereits. Das Konzept stammt von Dickson Despommier, Professor der
Umweltwissenschaften der Columbia University in New York City.676 Las Vegas wird die
weltweit erste, 30 Stockwerke hohe Vertical Farm bauen. Geplant ist eine Eröffnung in
674 Fuhrmann 2006, S. 12 675 http://www.sueddeutsche.de/wissen/artikel/923/109814/ 676 Mehr dazu auf http://www.verticalfarm.com
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2010; das 200 Millionen Dollar teure Projekt würde Nahrung für 72.000 Menschen
erzeugen. Mit „Vertical Farming“ könnten Nahrungsmittel wie Früchte, Gemüse, Fisch-
und Viehbestände durch die Nutzung von Treibhäusern und recyclebaren Ressourcen
das ganze Jahr über angebaut beziehungsweise gehalten werden. Dies könnte Städten
ermöglichen sich in Zukunft selbst zu versorgen.
Die potenziellen Vorteile von „Vertical Farming“, so Despommier, wären die Prävention
von Abholzung, Desertifikation, Zersiedelung und andere Konsequenzen steigender
landwirtschaftlicher (Land-)Nutzung. Mit der Produktion von Nahrungsmitteln in
Bevölkerungszentren würde weniger Luftverschmutzung erzeugt als beim Transport von
Nahrungsmitteln von entfernten Bauernhöfen – auch hier der Beleg für den
ökonomisch-ökologischen Doppelnutzen kurzer Wege. Die kontrollierte Umwelt der
Treibhäuser könnte außerdem zu größeren Erträgen und geringerem Gebrauch von
chemischen oder biologischen Wachstumsmitteln führen. Wie zurzeit angedacht,
könnten „Vertical Farms“ Abwässer in frisches Wasser umwandeln, durch Nutzung von
Abfällen ihre eigene Elektrizität erzeugen und theoretisch selbstversorgend sein.
Kombiniert werden könnte das ganze System mit der Technik des „Electronic Farming“,
bei der Computer und Internet-gestützte Anwendungen die präzise Bewirtschaftung der
Flächen, optimale Wärmeausnutzung, die Chargenverfolgung von Betriebsmitteln und
Vieh vom Rohstoff bis zum Fertigprodukt im Sinne einer gläsernen Produktion sowie
kundenfreundlichen Televertrieb und –Service erlauben.677
Dadurch könnten öffentliche Räume entstehen, die, um es mit Jürgen Habermas
auszudrücken, in der Lage sind, „im Hinblick auf die geheimnisvolle Kraft der
Intersubjektivität, Verschiedenes zu vereinigen, ohne es aneinander anzugleichen.“678
In der Verfassung öffentlicher Räume, so Habermas weiter, verraten sich am ehesten
anomische Züge des Zerfalls oder Risse einer repressiven Vergemeinschaftung.
Moderne Städteplanung verhindert diese repressive Vergemeinschaftung, wenn sie, wie
Marcus Zepf von der Ecole Polytechnique Federale de Lausanne, eine „Urbanität als
mot magique“ fordert und städtischen Raum als Platz für eine Vielfalt von paradoxen
Nutzungsarten innerhalb einer Ambivalenz zwischen Geschlossenheit (Fassaden) und
Öffnungen (Plätze, Zu- und Durchgänge) definiert. Die Stadt ist hier fokales System,
Verbindung von Modernität und Geschichte, Mischung und Separation, Kommerz und
677 Vgl. Gottwald 2005, S. 143 678 Habermas 2004
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Kunst, Mobilität und Verweilen, Stabilität und Wandel, zwischen individueller
Wahrnehmung und „mémoire collective“.679
Auch im Hinblick dessen, dass sich der (bundesdeutsche) Städter vor allem auf
landwirtschaftlichen Flächen erholt,680 ist die Integrierung von landwirtschaftlichen
Nutzflächen in die Stadt – aufgrund der „kurzen Wege“ – ökologisch. An den „Rändern“
dieser Stadt-Land-Wirtschaften und „Vertical Farms“ könnten sich Stellen bilden, an
denen sich Menschen ungezwungen aufhalten, verweilen, innehalten und am „Betrieb“
teilhaben könnten.681 Dieses Konzept ermöglicht für Städter das, was für die
Landschaftsarchitektin Antonia Dinnebier der Landschaftsgarten verkörpert: ein
„Hineinschlüpfen in vorgegebene Deutungsmuster“ wie gleichzeitig die
„eigenverantwortliche Sinnvermittlung“, die Sicherheit des Umhegten wie die Ahnung
der Freilandschaft.682
Diese paradoxen Vielfalten, die sich durch ein räumlich wie zeitlich rasantes
Aufeinander zu bewegen der Gegensätze auszeichnen, findet auch in ökonomischen
Strategien ihren Widerhall. Durch die zunehmende Fraktalisierung von Arbeits- und
Absatzmärkten sehen sich Unternehmen vermehrt mit einer externen Vielfalt – hybriden
Konsumenten, unterschiedliche (Mitglieder-)Kulturen - konfrontiert, auf die sie flexibel
reagieren müssen. Will ein System überleben, so muss es auf die Unterschiede in der
Umwelt mit Unterschieden in der eigenen Struktur reagieren: Es muss Informationen
bilden, es muss lernen. „Diversity Management“ zielt darauf ab, die Eigen- und
Vielheiten von Individuen und Gruppen gezielt als strategische Ressource zu nutzen.
Drei wichtige Argumente sprechen aus der Sicht der Unternehmen für Diversity
Management: Höhere Flexibilität bei Makro-Umwelt-Veränderungen, kreative
Problemlösungen und gesteigerte Marketingeffektivität, weil eine vielfältig
zusammengesetzte Belegschaft sich besser auf die Wünsche und Bedürfnisse
heterogener Kunden einstellen kann.683
679 Zepf 2000, S. 43 680 Lohrberg 2001, S. 2. Wer sein Wohngebiet verlässt und in die Umgebung spaziert, bewegt sich zumeist an Äckern und Wiesen, an Weinbergen und Gärtnereien vorbei. Die Statistik weist durchschnittlich ein Viertel der Stadtfläche deutscher Großstädte als Agrarland aus. Wälder und Forste kommen demgegenüber nur auf ca. 17 Prozent. 681 Christoper Alexander, Pattern 124 des „A pattern language: towns, buildings, construction”. Vgl. http://www.uni-weimar.de/architektur/InfAR/lehre/Entwurf/Patterns/124/ca_124_d.html 682 Dinnebier 2004, S. 64 683 Vgl. Vedder 2008. Dazu addieren sich des weiteren Kostensenkung durch bessere Mitarbeitermotivation und –integration sowie verbesserte Personalrekrutierung
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Unternehmen bewegen sich im Rahmen des Diversity-Management-Prozesses durch
drei Phasen, die erstaunliche Parallelen zu verschiedenen Stufen mit Behandlung von
Vielfalt im Rahmen des Umwelt- und Naturschutzes aufweisen. Phase 1 ist die der
Antidiskriminierung. Hier geht es darum, die Mitarbeiterschaft aus moralischen Gründen
vielfältiger zu machen, nicht aber die Organisation in ihrer Arbeitsweise an den
Unterschieden lernen zu lassen.684 Antidiskriminierung ist ja im Sinne des Wortes die
Rückgängigmachung einer Unterscheidung, die ja trotzdem die Nennung des
Unterschiedenen, das nicht mehr einem Unterschied unterliegen soll, benötigt. Mit dem
Nicht-Benannten kann damit verfahren werden wie zuvor. Dem entspricht analog die
Ausweisung von Naturschutzgebieten beziehungsweise die Nichtausweisung.
In Phase 2, der Phase der Legitimation, werden zunehmend ethnische Gruppen oder
Nischenmärkte als Bezugsgruppen identifiziert - mit der Gefahr der Stereotypisierung.
Analog dazu steht die Entdeckung von „geschützter Natur“, die vermarktet werden kann
als „Kulturlandschaft“, „gefährliche Natur“ (Extremsportarten), Wildnis, erhabene Natur
etc.
In der dritten Phase finden sich schließlich vermehrt Unternehmen und Organisationen,
die explizit Mitarbeiter mit vielfältigem Identitätshintergrund, Kompetenzen und
professioneller Ausrichtung einstellen. Persönliche Geschichte und Eigenarten werden
wertgeschätzt und verarbeitet, nach dem Motto: „We are all on the same team with our
differences – not despite them.“685
Synergie durch Vielfalt, so könnte man Diversity Management auf eine knappe Formel
bringen686 - eine Formel, die auch auf neue Formen von Kooperationen und
Vernetzungen zwischen Markt und Staat zutrifft.
684 Keil 2004, S. 87 685 Keil 2004, S. 88 686 Kooperative soziale Verhaltensweisen haben wesentlichen Anteil am reproduktiven Erfolg, der so genannten „Darwin’schen Fitness“, in sehr vielen Organismen. Dies gilt für Viren und Bakterien - viele davon sind Pathogene - wie auch für komplexere Organismen bis hin zum Menschen. Gregory Velicer vom Max-Planck-Insitut für Entwicklungsbiologie Tübingen hat bei Mycobakterien „Jagen im Rudel“ sowie die „Schwarmbewegung“ als „Social Movement“, wie allerdings auch überlebensnotwendiges Betrügen (während der Fruchtkörperentwicklung), feststellen können; vgl. Velicer 2006
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5. Von der Masse zum „Must“ des Maßes
5.1. Netz und doppelte Moden: Mit Netzen ackern…
Wenn die Gesellschaft als Ensemble menschlicher Kommunikation als soziales System
erster Ordnung anzusehen ist, dann entstehen soziale Systeme höherer Ordnung,
wenn sich innerhalb der Gesellschaft, beispielsweise gegenüber diffuser
Kommunikation, Spezialkommunikationen herausdifferenzieren und zu Systemen mit
eigener Identität verketten.
Autonomie gewinnen diese Teilsysteme nach einem elevatorischen Prinzip: 1. Wenn sie
die Systemkomponenten selbstreferentiell definieren (Selbstbeobachtung), 2. wenn
zusätzlich diese Selbstbeobachtung als Selbstbeschreibung im System operativ
verwendet wird (Selbstkonstitution) 3. und wenn schließlich in einem Hyperzyklus die
selbstkonstituierten Systemkomponenten – Element, Struktur, Prozess, Identität,
Grenze, Umwelt, Leistung, Funktion – als einander wechselseitig produzierend verkettet
werden687 (Autopoiesis oder „autonome Selbstkonstitution“688). Auf der ersten Stufe
haben sich beispielsweise aus der Gesellschaft sekundäre Lebens- und Sprachformen
ausdifferenziert, in deren Kontext über die (primäre, private) alltägliche Lebensform
kommuniziert wird (Stammtisch ökologischer Landwirte). In der zweiten Stufe haben
sich schon spezielle Traditionen und damit derivative Lebens- und Sprachformen
ausgebildet (ÖL-Organisationen wie Betriebe, Interessen-Verbände). Und die dritte
Stufe ist erreicht, wenn die derivative Lebens- und Sprachform gegenüber der
originären abgeschottet bleibt und sich durch kontextspezifische Kommunikation
ausschließlich selbst reproduziert (wissenschaftliche Forschungstraditionen in „Fibl“,
„Orgprints“ etc.).689
Organisationen beispielsweise differenzieren sich gegenüber diffuser Kommunikation
und Interaktion durch die spezifischen Komponenten der Grenze (Mitgliedschaft), des
Elements (Entscheidung), der Struktur (Norm) und der Identität (Kollektiv) reflexiv
heraus. Sie reproduzieren sich durch den Anschluss an systeminterne Vorgaben
(Selektionskriterien) und vorangegangene Kommunikationen (in Organisationen:
687 Teubner 1987, S. 102 688 Kirsch 1999 II, S. 89 689 Zu den Stufen „autonomer Selbstkonstitution“ und Lebenswelten vgl. Kirsch 1999 II, S. 83ff.
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Entscheidungen).690 Anschlussfähigkeit wird dadurch hergestellt, dass Kommunikation
bzw. eine Handlung (als spezifische Kommunikation) immer zugleich auf eine
Anschlusshandlung verweist, die wiederum auf die Ausgangshandlung zurückverweist
und so Handlungen an Handlungen anschließen können. Eine vollständige Autonomie
von Organisationen, eine „totalitäre Lebenswelt“691 erscheint allerdings
unwahrscheinlich.
Dennoch schaffen sich Organisationen aus der Fülle möglicher Menschen jenen
Organisationsmenschen, der den Funktionsbedingungen von Organisationen angepasst
ist. Über die parasitäre Verwendung des Menschen schaffen es Organisationen, neue
Informationen zu generieren. Dabei greifen sie lediglich auf die für sie
funktionsrelevanten Anteile der Individuen zu, während die Individuen auf die
Verfolgung individueller Bedürfnisse und Autonomie gegen Entgelt verzichten. Identität
der jeweiligen Mitglieder wird gewissermaßen „aus Versehen“ importiert,692
beispielsweise – wie bei unbestimmten Rechtsbegriffen – durch nicht vollständig
definierte Regeln, Routinen und Vorgehensweisen. So lässt sich erklären, dass die
meisten Menschen in Organisationen Differenzen beobachten und Informationen
ableiten, an denen sie oft selbst nicht das geringste Interesse haben.693
Informationskosten machen mittlerweile einen beträchtlichen Teil der Gesamtkosten
eines Produktionsprozesses aus. In traditionellen Produktionsunternehmen ist der Anteil
der eigentlichen Produktionskosten an den Produktkosten inzwischen auf unter 20%
gesunken.694 Ausschlaggebend dafür ist der immense Innovationsdruck, die
Kompliziertheit technischer Produkte, hybride Kundenwünsche und die Kooperation mit
unterschiedlichen Klienten bei kooperationsbedürftigen Projekten.695
Organisationsstrukturen haben zwar Vorteile im Bereich der Redundanz, dass also
690 Vgl. Meissner 2009, S. 28ff. 691 Kirsch 1999 II, S. 91 692 Holtgrewe 2005, S. 345ff.Chester I. Barnard nannte diesen Bereich des fremdmotivierten Verhaltens „zone of indiference“ (Indifferenzzone), das heißt, es macht für Mitarbeiter keinen relevanten Unterschied, was sie da tun, ob es es so oder anders machen. Der Arbeiter liefert quasi sein Gewissen und bestimmte eigene Werte, Einstellungen und Überzeugungen am Werktor ab und lässt in der Organisation einiges mit sich machen, was den eigenen Überzeugungen entgegenläuft. Diese Entkopplung von Person und Handlung und die Bildung arbeitsteiliger Handlungsmuster, an denen eine Vielzahl von Akteuren mit ihren unterschiedlichen Aktionen beteiligt ist, stellt den evolutionären Gewinn der Organisationsbildung dar. Es können damit hochkomplexe Prozesse realisiert und Funktionen erfüllt werden, die das alleinige Handlungsvermögen von Individuen übersteigen; vgl. Simon 2009, S. 43f. 693 Willke 2001, S. 323f. 694 Vgl. Lehner 2000, S. 7 695 Teubner 2004, S. 41
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mehrere Teile dasselbe tun, lenken und gestalten. Doch Umweltkontakte sind
meistenteils hierarchisch und formell exklusiv auf die Organisationsspitze ausgerichtet,
was Innovationsmangel, Bürokratismus und hohe Informationskosten zur Folge hat.696
Ob eine Organisation aus beobachteten Differenzen lernt, hängt davon ab, wie stark sie
bereit ist, Erwartungsenttäuschungen als Versagen des vorhandenen Wissens zu
klassifizieren. Jedenfalls erfordert eine hohe Umweltdynamik schnelle Wandelprozesse,
die wiederum schnelles Entscheiden benötigen. Die Wissensabhängigkeit aller
Entscheidungen und Phasen eines Produktionszyklus beziehungsweise
Wertschöpfungsprozesses – von der Idee bis zum Recycling – macht mittlerweile ein
kontinuierliches Wissens-Management bzw. Wissens-Revision unumgänglich.697
Wissen aber ist systemgebunden und perspektivisch, besteht aus Routinen
(Selbstbestätigung) und Interpretationen, ist also eine „Kombination von
festzuhaltendem und zu änderndem Wissen.“698
Organisationen muss es nunmehr gelingen, dezentral verteilte Intelligenz zu
mobilisieren. Was bedeutet, die formalen Strukturen zu verlassen, um Kooperations-
und Kommunikationsmöglichkeiten zu bauen, die disziplinübergreifend,
fachübergreifend, aber auch Hierarchie übergreifend eine intelligente Vernetzung
ermöglichen.699 Im Zuge dessen werden aus Arbeitnehmern Unternehmer, von denen
erwartet wird, dass sie beispielsweise die Herstellung, den Kundenkontakt und den
Verkauf zu ihrem eigenen Handeln machen. Produktion, Konsum, Arbeit, Lernen und
Leben verschmelzen.
Durch dieses „Grenzgängertum der Subjekte“700 und ihre pluralen Identitäten und
Bindungen gehen politische, ethnische, familiäre, religiöse Kontakte in die
Organisationen ein, was sich in Organisationen längst als funktional erwiesen hat. In
Organisationen, die dies berücksichtigen, sich flexibilisieren, vernetzen, ihr
Innovationspotential erhöhen, vervielfältigen sich organisatorische Schnittstellen, 696 Teubner 1992, S. 197 697 Vgl. Willke 2001, S. 286 698 Luhmann 1987, S. 448. Beobachten lässt sich Wissen nur in Form von vergegenständlichten Artefakten - wie zum Beispiel dokumentierten Strategien, Leitbildern, Organigrammen und Prozessbeschreibungen (Wolf 2009, S. 124) - die wiederum kollektives Wissen und „Realitäten“ schaffen können. Eine intersubjektive Bewertung von Wissen wird zumeist anhand der Häufigkeit der Verwendung des beobachteten Wertes der Information vorgenommen; doch „Massen“ alleine spielen in immer weniger eine Rolle. 699 Wimmer 2009 II, S. 78 700 Holtgrewe 2005, S. 255
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Spezialisierungen und Perspektiven. Damit wird nicht nur die Gesellschaft in die
Organisation vermittelt, sondern auch umgekehrt die Organisation in die Gesellschaft.
Organisationen machen sich also nicht nur ihre Subjekte, sondern Subjekte auch ihre
Organisation – und zwar an allen Punkten der Wertschöpfungskette.
Sowohl Gesellschaft als auch Organisation nehmen sukzessive ob dieser Fluidität und
Wissensfokussierung die Form von projektbezogener Vernetzung an, gekennzeichnet
von vertrauensbasierter Kooperation, langfristiger Informationsbeziehungen, rekursiven
Neuinterpretationen von Ereignissen und kollektiver Konstruktionen von Wissen.701 Nur
unter der Bedingung generalisierter Reziprozitätsverpflichtungen, nach dem Modell des
„Und-so-weiter“ sowie des „amici degli amici degli amci“, bilden sich Netzwerke als
„hochunwahrscheinliche Reproduktionszusammenhänge heterogener Elemente“.
So spricht man also von Netzwerken, wenn ein Handlungssystem sich zugleich als
formale Organisation und als Vertragsbeziehung zwischen autonomen Akteuren
formiert, wenn summa summarum Kooperationsformen zwischen Markt und Hierarchie
zustande kommen, die selbst etwas völlig eigenständig Drittes (bzw. Viertes) sind,702
was die folgende Grafik aufzeigen möchte.
701 Teubner 2004, S. 38 702 Etwas „uneingeständiges“ Drittes würde, wie die Grafik verdeutlicht, sich zwischen Wettbewerb (und der Sorge um einen Unterschied zu dem/den Anderen) und machtförmiger Zementierung dieses Unterschiedes bewegen.
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703
Netzwerke sind Resultat einer „re-entry“ der Unterscheidung – Vertrag und Organisation
- in das durch sie Unterschiedene. Verträge nehmen damit organisatorische Elemente
in sich auf, und Organisationen werden mit marktlichen Elementen durchsetzt. Je
nachdem, welche Seite der Ausgangsunterscheidung primär ist, kann man
Organisationsnetzwerke von Marktnetzwerken unterscheiden.704
Organisationsnetzwerke entstehen, wenn Organisationen innerhalb eigener
Systemgrenzen die Unterscheidung von eher formal organisierten und spontanen
Bereichen wiederholen. Marktnetzwerke hingegen entstehen im vertraglich
organisierten Bereich und versuchen durch den Einbau von Organisationselementen
die Redundanz zu steigern, wie beispielsweise in Franchise-Systemen. Starke
Beziehungsnetze wie Organisationsnetzwerke fördern das Entstehen abgeschlossener
Netze mit relativ homogenen Knoten, während schwache Beziehungsstrukturen wie
jene in Marktnetzwerken gerade aufgrund ihrer Toleranz gegenüber stark heterogenen
Netzwerkaktoren funktionale Bedeutsamkeit erlangen.705
703 Grafik in Anlehnung an Königswieser 2006, S. 7ff. 704 Teubner 2009, S. 7ff. 705 Vgl. Kirsch 1999 II, S. 347
-169-
Kennzeichen der Netzwerkrevolution sind drastische Dezentralisierungen von
Entscheidungsabläufen, eine hohe operative Autonomie der „Netzknoten“, hohe
Umweltoffenheit und Anpassungsfähigkeit sowie Steigerung von Responsivität und
Flexibilität.706 Als dritte Form zwischen Markt und Hierarchie ist Netzwerken eine
eigentümliche Selbststeuerung zueigen, die auf einer Dreifachorientierung – Austausch,
Kontrolle, Kooperation/Autonomie – beruht. Alle Transaktionen dienen gleichzeitig dem
Profit des Netzwerks, dem des individuellen Akteurs wie auch dem für Kooperationen
wichtigen reziproken Vertrauenskonto.707 So dass Netzwerken angesichts der
Nebenwirkungen von Markt und Hierarchie eine gewisse
„Inkompetenzkompensationskompetenz“ zukommt.708 Eben weil sie etwas Drittes bzw.
Viertes zwischen Markt und Hierarchie sind. Etwas, das gegenüber der Selbstlähmung
perfekter Ordnung und der Willkür perfekter Unordnung eine produktive Dynamik
zulässt.
Daher verlangt auch die zunehmende Wissensbasierung und Wissensintensität eine
radikale Umstellung von einem normgeleiteten Entscheidungsstil auf einen
evidenzbasierten, kognitiven Entscheidungsmodus, der ein Optimum an kognitiver
Flexibilität und Variabilität und auch Stabilität kombiniert.709 Kennzeichen moderner
industrieller Großbetriebe unter den Bedingungen der Massenproduktion war die
Entqualifizierung der Arbeiter zugunsten einer stärkeren Wissenszentralisierung bei den
technokratischen Stäben und dem Management.710 Dynamische Umwelten verlangen
hingegen dezentrale Steuerung.711 Dies bedarf der Stärkung dezentraler Fähigkeiten
zur Selbstorganisation, Selbststeuerung und Selbstthematisierung. Damit wird freilich
Komplexität innersystemisch erhöht, aber gegen Komplexität hilft nur Komplexität,712
weil nur im Rahmen komplexer Beziehungsmuster (zwischen Menschen, Maschinen,
706 Durch diese Netzwerkrevolution, so Gunther Teubner, Rechtssoziologe/Uni Frankfurt, ist zwar der „Hierarchieteufel“ unter „Ächzen und Stöhnen“ aus den Organisationskörpern weitgehend ausgefahren, Umwelt-Ungewissheiten exorziert worden. Doch Umwelt-Ungewissheiten sind durch den Beelzebub der Ungewissheit über die innere Koordination der verselbständigten Knoten der Netze ersetzt worden, durch Schnittstellenprobleme, Entscheidungskonflikte, asymmetrische Machtbeziehungen, opportunistisches Verhalten von Netzknoten oder Netzzentrale, negative Externalitäten; so Teubner 2009, S. 2ff. Die Produktionsprozesse von handelbaren Gütern sind beispielsweise in immer kleinere Fragmente sowie globale „Supply-chains“ aufgesplittet worden, was sich in der Krise allerdings als höchst störanfällig erwiesen hat. 707 Teubners Metapher der „vielköpfigen Hydra“ verdeutlicht den Charakter des „polykorporativen Akteurs“ der Netzwerkes; vgl. Teubner 2009, S. 14 708 Marquardt 1981, S. 29ff. 709 Beispielhaft ist dies etwa in den Streitschlichtungsverfahren der WTO; vgl. Willke 2009, S. 9 710 Reihlen 1999, S. 5 711 Proff 2009, S. 30 712 Vgl. Aufschnaiter 1992, S. 400
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Techniken, Regeln, Erfahrungen, Erwartungen, Prozessen, Technologien,
Wissensbeständen, etc.) ein hoher Grad an Innovation, Dynamik, Elastizität und
Responsivität erreicht werden kann, der Überlebensvoraussetzung entwickelter
Unternehmen ist.713 Komplexbejahung bedeutet dann, dass die Entscheidungsarena so
gestaltet wird, dass im Prinzip alle betroffenen Kontexte Eingang finden können.
„Kontextsteuerung“ der Organisation meint in diesem Zusammenhang, dass nicht direkt
oder direktiv auf die Teilsysteme zugegriffen wird, weil sonst deren Autonomie
gefährdet würde, sondern nächst höhere Ebenen oder Umweltsysteme
Kontextbedingungen setzen, die die Optionen des betreffenden Systems nach dem
Gesichtspunkt höchstmöglicher Umweltverträglichkeit, Kompatibilität und Ko-Existenz
steuern,714 was gleichzeitig Steigerung von Autonomie (Independenz) und
Abhängigkeit(Interdependenzen) möglich macht. Kontextsteuerung ist also die „reflexive
dezentrale Steuerung der Kontextbedingungen aller Teilsysteme und autonome
Selbststeuerung der internen Prozesse jedes einzelnen Teilsystems.“715 Kurz:
Kontextsteuerung ist das, was der Gärtner im Englischen Garten macht – er setzt den
Rahmen, Wachstum geschieht „autonom“.
Das für die Kontextsteuerung nötige Mindestmaß an gemeinsamer Orientierung und
Weltsicht wird nicht mehr von einer zentralen Einheit vorgegeben, sondern aus dem
Diskurs der autonomen Teile konstituiert.716 Damit konstituiert sich eine Art
„Nebenordnung“ als offener Entscheidungsprozess, ein „Verhandlungssystem“717, kurz:
eine Heterarchie.718 Heterarchien gehorchen den Prinzipien von „Konnexion und
Heterogenität“, kurz: der Rhizomisierung: „Jeder beliebige Punkt eines Rhizoms kann
und muß mit jedem anderen verbunden werden. Ganz anders dagegen der Baum oder
die Wurzel, wo ein Punkt und eine Ordnung festgesetzt werden“.719 Im Gegensatz zur
letztgenannten Hierarchie zeichnen sich rhizomatische Heterarchien durch Transparenz
der Entscheidungsfindung, Zugänglichkeit von Informationsquellen und faire
Konfliktregelungsmechanismen aus. Die Menschen/Mitglieder in diesen
heterarchischen Verhandlungssystemen lernen, durch Partizipation, eigenen Ideen und
713 Willke 1989, S. 18 714 Willke 2001, S. 132 715 Willke 1989, S. 20 716 Vgl. Willke 2005, S. 224 717 Willke 2001, S. 116ff. 718 Vgl. McCulloch 1945, S. 2ff. 719 Deleuze 1977, S. 11
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Erfahrungen nötige Entscheidungsprozesse mitzugestalten. Partizipation fördert das
gegenseitige Verständnis und die Ausbildung einer informierten, lernfähigen
Gemeinschaft. Heterarchische Netzwerksysteme verfügen deshalb auch über höhere
Informationsverarbeitungskapazitäten und können das dezentralisierte Wissen ihrer
Mitglieder besser in Entscheidungsprozessen integrieren, als dies in
Hierarchien/Bürokratien der Fall ist.720
Interventionen erfolgen nur bei auffälligen Dysfunktionalitäten,721 für das Gesamtsystem
„irrelevante“ Ereignisse können damit in der internen Operationsweise der Subsysteme
abgearbeitet werden722 – der sog. „Buffering-Effekt“.723 Die Probleme der Koordination
durch Verhandlung steigen allerdings mit der Zahl der selbständig beteiligten
Entscheidungsträger und ihrer wechselseitigen Handlungsoptionen. Doch Ziel bleibt die
Aufrechterhaltung des heterarchischen Entscheidungsprozesses mit Themen und
„Issue-streams“, deren Interpunktion die Entscheidung als temporäre Hierarchie ist. Bei
allen mentalen Prozessen handelt es sich um ein Wechselspiel von inter-kontexturalen,
heterarchischen und hierarchisch strukturierten Prozessen, wobei Kognition und Volition
als verwobenes, dialektisches Wechselspiel untrennbar sind.724
Darum zeichnet heterarchische Netzwerke eine prekäre Balance von Selbstidentität und
Fremdbestimmung, Selbststeuerung und Kontrolle aus. Für die Ausbildung eines
funktionierenden Beziehungsgefüges benötigt es daher Identitätsmanagement, das die
Mobilisierung der Entscheidungsträger für eine arbeitsteilige Lösung bewerkstelligt.
Dazu gehört die Kultivierung kollektiver Überzeugungen, Werte und Normen sowie die
gemeinsame Entwicklung grober Handlungsziele, durch die der Mangel an formalen
Integrationsmechanismen (hierarchischer Befehl) kompensiert werden kann.725
Des Weiteren braucht es die die Fähigkeit und das Interesse zur effektiven
Selbstführung. Ziel ist es, kontinuierlich und konsequent zu persönlicher Sicherheit,
Stärke, Klarheit und Zielorientierung zu gelangen, wobei der eigene
Handlungsspielraum erweitert wird, ohne den Handlungsbereich anderer 720 Vgl. Reihlen 1999, S. 16 721 Drei Ansätze könnten dann zum Tragen kommen: 1. „single loop learning“, die Korrektur von Handlungsprogrammen 2. „double loop learning“, die Veränderung handlungsleitender Regeln, Annahmen, Werte 3. „deutero-learning“, die Reflexion von Lernprozessen und Lernvoraussetzungen. 722 Willke 2001, S. 77 723 Weick 1995, S. 163ff. 724 Goldammer 2003, S. 20f. 725 Reihlen 1999, S. 19
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einzuschränken. Dieser Prozess macht proaktives Handeln, Ziele, Zeitmanagement,
Win-Win-Denken, (wertschätzende) Kommunikation, kontinuierliche Revision und
Kreativität erforderlich.726
Kurz: Intrinsische Motivation als „the inherent tendency to seek out novelty and
challenges, to extend an exercise one´s capacities, to explore, and to learn.”727
Intrinsische Motivation geht mit einer „schöpferischen, kreativen Leidenschaft“ einher,
einem „autotelischen Wesen“, das ohne externe Anreize Freude am Tun verspürt und
sich von der Aufgabe fesseln lässt („Flow“): „Die positive Freiheit besteht im spontanen
Tätigsein (activity) der gesamten, integrierten Persönlichkeit […] Unter Tätigsein
beziehungsweise Aktivität verstehen wir nicht, dass jemand » irgend etwas tut «; es
handelt sich vielmehr um das kreative Tätigsein,“728 so bereits Erich Fromm im
vergangenen Jahrhundert. Intrinsische Motivation, die Resultat von autonomer, freier
Gestaltung von Aufgaben oder Tätigkeiten und mit positiven Gefühlen verbunden ist,729
ist geradezu ein Gradmesser für Gesundheit im ökologischen Sinne, da diese
Gesundheit weit mehr einem ganzheitlichen Charakter entspricht als jene der
ausschließlich körperlichen Gesundheitsauffassung.730 Damit haben „Knoten“ andere
Anforderungsmerkmale beziehungsweise Leistungsbestimmungen als dies für
Mitglieder in formalen Organisationen typisch war/ist.
Dementsprechend sieht Richard Florida, Carnegie Mellon University Pittsburgh, in den
„kreativen Köpfen“731 einer Gesellschaft und in den von ihnen ausgehenden
Innovationen die entscheidenden Impulse für ökonomisches Wachstum: Mitglieder des
„Supercreative Cores“ entwickeln neue Gedanken, Prozesse, Produkte und die
726 Kostka 2002, S. 110 727 Ryan 2000, S. 70. Zur Differenzierung: Bei der externalen extrinsischen Motivation ist ein Verhalten durch die Erwartung von Belohnung respektive Bestrafung motiviert. Introjezierte extrinsische Motivation liegt vor, wenn beispielsweise ein Verhalten einem Pflichtgefühl geschuldet ist. Identifizierte extrinsische Motivation zeichnet sich durch die Einsicht in die Notwendigkeit der Tätigkeit aus, während integrierte extrinsische Motivation nicht nur die Einsicht, sondern auch die breite Integration der Tätigkeit/des Verhaltens in das eigenen Leben mit sich bringt; vgl. Ryan 2000, S. 72f. 728 Fromm 2003, S. 5 729 Vgl. Mattenklott 2007, S. 266f. 730 Rosenstiel (2003, S. 229) hat bereits als zentrale Veränderungen der 70er Jahren diagnostiziert: Betonung eigener Selbstentfaltung und eigenen Lebensgenusses, Gleichstellung und Emanzipation der Frauen, Ablösung der Sexualität von überkommenen gesellschaftlichen Normen, Abnehmende Bereitschaft zur Unterordnung, Sinkende Bedeutung der Arbeit als Pflicht, Höherbewertung von Freizeit sowie einer unzerstörten und bewahrten Natur, Beachtung der eigenen körperlichen Gesundheit sowie Skepsis gegenüber den Leitwerten der Industrialisierung wie Wachstum, Leistung, technischer Fortschritt. 731 Auch wenn es schwer ist das zu definieren, was Kreativität ist. Denn sie ist paradox und entwischt im Augenblick ihrer Erklärung, ihrer Festschreibung.
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„Creative Professionals“ kreative Problemlösungen.732 „Creative Economy is the ideas
business […] and is growing at 5% a year […] In the OECD countries the annual growth
rate of creative Economy through the '90s was twice that of the service sector and four
times that of manufacturing. […] More than 50% of the consumer spending is now on
outputs from creative industries in G-7 countries.”733
Kreative Prozesse stellen hohe Ansprüche an Nervenstärke und psychische Kondition.
So lautet die erste Regel für die Creative Class des jetzigen und kommenden Zeitalters:
„Invent yourself, own your image and manage it. Be clear about your own assets and
talents; they are unique and they are all you have. Break the rules, but never stop
learning.”734 Die Chance zum Erlebnis der Selbstbestätigung und Selbstachtung gehört
zu den wichtigsten Motivationskomplexen innerhalb beruflicher,735 ja menschlicher
Tätigkeit. Soziale Umgebungen sollten, damit sie Wachstum, Leistung und
Wohlbefinden fördern, drei Voraussetzung aufweisen: „competence, autonomy, and
relatedness,” so die amerikanischen Psychologen Ryan und Deci.736
Womit auch zwei wesentliche Merkmale von “Eco-Flux” (“autonomy”) und “Eco-Bind”
(relatedness) genannt sind. Das widerspricht sich nicht. Autonomie, so belegen die
Untersuchungen der US-Psychologen Ryan und Deci737 wie auch die Weltwertstudie
„World Value Survey“738, ist Voraussetzung von sowohl Emanzipation als auch
freiwilliger Vergemeinschaftung. Das trifft auch auf den internationalen Fußball zu: „Das
Spiel ist dynamischer geworden, die Mannschaften treten zugleich kollektiver und
individueller auf. Kollektiver: weil das rasante Kurzpassspiel über 90 Minuten hinweg die
Zusammenarbeit aller Akteure ungeheuer intensiviert hat. Individueller: weil im Grunde
nun jeder ein »Spielmacher« sein muß, der in der Lage ist, aus höchster Bedrängnis
heraus den genialen Pass zu schlagen.“739
732 Vgl. Florida 2004 733 Suciu 2004, S. 2ff. 734 Suciu 2004, S. 6 735 Thomae 1968, S. 552. Neben der rein inhaltlichen Aufwertung der Aufgaben trägt eine Erweiterung von Handlungs- und Entscheidungsspielräumen maßgeblich zur Anreizwirkung bei, ferner Ganzheitlichkeit, Anforderungsmöglichkeiten, Interaktionsmöglichkeiten, Autonomie und Lernprozesse; vgl. Keller 2004, S. 252 736 Ryan 2000, S. 68 737 Vgl. Ryan 2000, S. 74 738 Welzel 2007, S. 18. s.a. http://www.worldvaluessurvey.org 739 Koch 2008, S. 68
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Vielleicht sollten, um mit dem kürzlich verstorbenen norwegischen Philosophen und
Begründer der Tiefenökologie Arne Naess zu sprechen, mehr die „Neigungen des
Menschen anzusprechen, und nicht ihre Moral.“740 Erfolge durch Perfektibilitäts-
Programme des Menschen sind empirisch nicht überzeugend nachweisbar. Dem
gegenüber ist eine indirekte, kontextuelle Steuerbarkeit menschlicher Entscheidungen
durch organisationale und institutionelle Parameter gut belegt, nicht nur in
ökonomischer Hinsicht, sondern bezüglich vieler unterschiedlicher Anreize, so dass es
vielversprechend erscheint, an die Stelle moralischer Appelle dynamische, lernende
Strukturen, reflektierte Prozesse und intelligente Regeln zu setzen.741 Regeln, die
Reversibilitätschancen und Innovationsroutinen gleich mitfestlegen.
Allerdings weist das heterarchische Netzwerkmodell auch eine Schwäche auf. Kann
man nicht mit der nötigen Motivation, dem erforderlichen Engagement, Leistungswillen,
Ausbildungsstand und Kooperationsvermögen bei den Organisationsmitgliedern
rechnen, scheitert die Heterarchie.742 Doch das besondere Engagement, das den
ökologischen Landbau, seine Pioniere und gegenwärtige Protagonisten auszeichnet,
scheint dem vehement zu widersprechen.
Dem Gedanken der heterarchischen Vernetzung und der selbstorganisierenden
Kontextsteuerung entspricht die Netzwerkform des ökologischen Landbaus in Form des
BÖLW wie auch die autonomen Teilsysteme, die Landwirte. Die Möglichkeit des
Einbringens eigener Werte gibt den „Partialsystemen“ Gelegenheit, eigene,
partialsystemspezifische Interessen zu verfolgen und spezifische
Informationsvorsprünge zu nutzen.743 Des Weiteren sind Kooperationsverträge
zwischen ökologischen Produzenten (Traditionelle Erzeugergemeinschaften oder
Marketing Cooperatives) und den Handelsketten/Distributeuren bereits weitgehend
Standard. Im Bereich von Zuliefererbeziehungen und Business-to-Business-
Transaktionen ist in der Regel die Abwicklung der Wertschöpfung in Netzwerken bereits
die dominierende Form. Entsprechende Verträge, in denen Betriebsablauf, Zulieferer,
Subunternehmen erfasst werden, könnten aber selbst schon Teil einer zertifizierten
Nachhaltigkeits-Positionierung der Handelskette, des Distributeurs sein. Ökologische
Landwirte/Kooperativen könnten Allianzen mit der Cleantech-Industrie bilden, also mit
740 Naess 1995, S. 147 741 Vgl. Willke 2009, S. 8 742 Vgl. Reihlen 1999, S. 22 743 Vgl. Kirsch 2001, S. 52
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denjenigen Unternehmen, die sich den Problemen Umweltverschmutzung,
Überbevölkerung und Verstädterung widmen. Deutschland bietet ein hervorragendes
Umfeld für die Entwicklung solcher Technologien, sowohl was den gesellschaftlichen
Rückhalt als auch die Möglichkeiten des High-Tech-Sektors anbelangt.
In Sponsoring-Allianzen könnten Bio-Produzenten als „Objekt“ des Sponsoring oder
einer Corporate Social Responsibility-Campaign Markenanbietern ermöglichen, im
Rahmen der integrierten Kommunikation über eine effiziente Zielgruppenansprache
effiziente Markenführung zu betreiben, eine starke Markenidentität zu etablieren und
sich durch einen hohen Markenwert langfristig im verschärften Wettbewerbsumfeld der
Marken zu behaupten.744
Man kann generell zwischen vertikalen Kooperationen unterschiedlicher
Wertschöpfungsstufen und horizontalen Kooperationen beziehungsweise Netzwerken
unterscheiden („Competitive Cooperations“).745 Anknüpfungspunkte für eine Allianz
können relational, symbolisch, experienziell oder funktional-strukturell sein. Zumindest
sollte eine begünstigende Transaktionsatmosphäre vorliegen, also Vertrauen,
gemeinsame Werthaltungen oder Zugang zu benötigten Ressourcen (Kapital, Know-
how, IuK-Technologie) vorhanden sein können.746 Funktionale Kooperation basiert
dabei auf einem zielgerichteten, rationalen, nutzenkalkulierenden Handeln.747
Experienzielle Kooperation ist auf das empathische Verstehen der Intentionen des
Partners ausgerichtet, wobei nicht der Inhalt der angestrebten Ziele, sondern vielmehr
auch die Art und Weise von Kommunikation und Umsetzung sowie deren Wertung
relevant ist.748 Relationale Kooperation ist (interaktions-)historisch oder lokal und
regional geprägt,749 symbolische Kooperation hingegen eher universalistisch.750
744 Hermanns 2007, S. 404 745 Todeva 2002, S. 346f. Zwischen den Polen von Macht/Hierarchie und Markt entstehen Joint Ventures, Kapitalbeteiligungen, Kooperativen, Forschungs- und Entwicklungskonsortien, strategische Kooperationsvereinbarungen, Kartelle, Franchising, Lizenzverträge, Subunternehmer-Netzwerke, Normenverbände, Koalitionen. 746 Cramer 2000, S. 8. Die Wahrscheinlichkeit, das bis dato nicht miteinander verbundene Firmen/Systeme eine Allianz eingehen, wird höher, wenn bei Beziehungen zu einem gemeinsamen Dritten aufweisen. 747 Analog zum norwegischen Politologen Johan Galtung, der 1983 eine Studie zum Thema kulturbezogener Stile formuliert hat, könnte man hier von einer Mischung zwischen „sachsonischem Kulturstil (faktenorientiert, empirisch, personenzugewandt, humorvoll, pragmatisch) und „teutonischem Kulturstil“ (strenge, abstrakte Rationalität, Denkprinzip „Entweder/Oder“) sprechen; vgl. Bolten 2002 748 Vgl. Keller 2004. S. 60ff. Galtung würde dies wohl als Mischung von „sachsonischem Kulturstil“ und „gallischen Kulturstil“ (ästhetisch-expressiv, Eleganz und Esprit) einordnen; vgl. Bolten 2002 749 Bei Galtung eine Mischung zwischen „teutonischem Kulturstil“ und „nipponischem Kulturstil“ (Meister-Bezug beziehungsweise Ancienität, Primat sozialer Beziehungen); vgl. Bolten 2002
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Franz-Theo Gottwald hat drei alternative Dimensionen bäuerlichen Wirtschaftens
entwickelt,751 die sich gut und gerne auch in Formen von Kooperationen und
Netzwerken umsetzen ließen. Vorteile von Vernetzungen in der Wertschöpfungskette
liegen in der Bündelung von Ressourcen, der Erweiterung von Kapazitäten, in der
Flexibilität und der allseitigen Relationierung der Netzpartner.752
Eine Vernetzungs- oder Berufsform, die Gottwald exploriert hat, ist das Berufsbild eines
Rohstoff-, Lebensmittel- und Marktwirts mit dem Ziel, nachwachsende Rohstoffe in
Form von Pflanzenöl, Biogas und Bioalkohol für Treibstoffe oder Wind für elektrische
Energie, Ölpflanzen für Biodiesel, technische Öle für Schmiermittel und die Oleochemie
herzustellen.
Eine zweite Variante ist der Bauer als Umweltwirt zur Erhaltung von Vielfältigkeit,
Artenreichtum, Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit. Hierzu gehören nachhaltige
Produktionsansätze, der Schutz der Grund- und Oberflächengewässer, der Biodiversität
wie auch ein regionaler Kreislauf, in den Stoffwechselprodukte und Derivate aus der
Energiegewinnung als Futter-, Dünge- und Pflanzenschutzmittel eingebracht werden
können.753
Energieressourcen aus Biomasse nutzt hingegen der Energiewirt. Zu dieser Biomasse
gehörten totes, organisches Material und andere Stoffe, die bei der Erzeugung von
Lebensmitteln für die menschliche und tierische Ernährung nicht brauchbar sind. In
diesem Kontext könnten sich auch Stallungen als hervorragende Träger von
Solarkollektoren und Photovoltaikanlagen erweisen. Viel versprechend klingt ebenso
eine Konzeptstudie von Lars Kiel, die sich mit dem „Solarplanting“ befasst.754 Mit
Solarplanting wird Sonnenenergie nicht mehr passiv auf Dächern und anderen, fest
installierten Anlagen erzeugt. Solarplantagen werden ähnlich wie herkömmlich genutzte
Ackerflächen aktiv bewirtschaftet, wobei das große Flächenpotenzial der Landwirtschaft 750 Bei Galtung eine Mischung zwischen „gallischem“ und „nipponischen Kulturstil“; vgl. Bolten 2002 751 Gottwald 2003/2, S. 272ff. 752 Teubner 2004, S. 43f. 753 In diesem Kontext wird auch über Agrarsymbiosen nachgedacht, in denen die pflanzlichen Abfälle von Gewächshäusern als Tierfutter dienen. Umgekehrt liefern die Tiere Dünger für die Pflanzen oder Biogas für die Energieversorgung von Gewächshäusern. Die kohlendioxidreiche Luft aus Ställen könnte ebenfalls in Gewächshäuser geleitet werden und dort für Wärme und Wachstum sorgen. Vgl. Maxeiner 2008, S. 222 754 Siehe hierzu http://www.iwimafi.com/futur/solarplanting2030/PDF/Solarplanting2030_%20Konzept_Lars_Kiel.pdf
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genutzt wird, ohne die konventionelle Ernte zu beeinflussen. Die Sunplants sind etwa
ein Meter hohe, aus Maisstärke-Kunststoff gefertigte Leichtbauprofile, die von einer
Erntemaschine etwa 20cm in den Boden gestoßen werden. Am oberen Ende des Profils
befindet sich ein Drehkopf, der die ausgerollten, etwa 30x30 cm großen, im Abstand
von 50cm plazierten Solarmodule zur Sonne ausrichtet. Der Strom könnte von
mittelständischen Unternehmen erzeugt und verkauft werden und bei verhältnismäßig
geringen Investitionen ganze Kleinstädte versorgen. Nebenbei würde dies für den
Landwirt eine bessere Abkopplung von Ernteausfällen und Subventionen bedeuten.
Verbraucher könnten sich von Preisschwankungen des Energiemarkts lösen, indem sie
eigene Sunplants durch einen Solarfarmer bewirtschaften lassen. Technisch scheinen
die Solarplantagen bereits realisierbar, allein die effiziente Technologie ist noch nicht
marktreif.755
Der ökologische Landwirt könnte sich ebenso als Wissenswirt vernetzen, mit seinem
Kern- und Detailwissen über ökologisch-nachhaltiges Wirtschaften in natürlichen
Zusammenhängen. Angesichts drohender Nahrungs- und Trinkwasserkrisen und dem
nicht absehbaren Umweltwandel wird dieses Wissen auch außerhalb des Primärsektors
verlangt werden, beispielsweise in der praktischen Beratung von
Hochtechnologieprojekten wie Biosphere II. Inter- und intra-agrarische
Kommunikationsplattformen sind dazu erforderlich, nicht nur zum direkten Austausch
von Trend, Entwicklungen und Produktionsanalysen, sondern auch zu
Metadiskussionen wie der Werteproblematik.
Zur Einordnung und graphischen Wiederholung des hier Dargelegten in die bisher
erarbeiteten Zusammenhänge dient eine Studie von Geert Hofstede, ein
emniederländischen Experten für Kulturwissenschaften, der die Zusammenhänge
zwischen nationalen Kulturen und Unternehmenskulturen anhand der Mitarbeiter von
IBM untersuchte. Er unterscheidet fünf kulturelle Dimensionen:756 1. Die Verteilung von
Macht und die Beziehung zur Autorität, die er unter dem Begriff Machtdistanz
zusammenfasst 2. Das Konzept vom eigenen Ich (Individualismus versus
Kollektivismus) 3. „Maskuline“ (Konkurrenz, Selbstbewusstsein) und feminine Werte
755 Zudem besteht die Möglichkeit aus Salzwasser verwertenden Halophyten ( (Strandwegerich; „Salicornia bigelovii“) Öl für Biosprit zu erzeugen. Die „Salicornia bigelovii“ liefert 1,7 Mal so viel Öl pro Grundflächeneinheit wie die Sonnenblume. Für den Anbau solcher Pflanzen zur Energiegewinnung kämen 1,2 Millionen Quadratkilometer bisher brachliegenden Landes in Frage – darunter vor allem die Küstengebiete von Wüsten und sehr salzhaltige Böden. http://www.heise.de/tp/blogs/2/119955 756 Vgl. Bagozzi 2000, S. 1094
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(Fürsorge, Kooperation) 4. Risikobereitschaft versus Unsicherheitsvermeidung 5. Lang-
oder kurzfristige Zeitauffassungen. Im Wertekreis kann dann verdeutlicht werden, dass
Hierarchie nicht das „komplette“ Gegenteil von Markt ist, sondern wertetheoretisch als
Komplementärausdruck selbststeigernder Werte ein Anschlusssystem an Traditions-
Werte darstellt. Durch Hierarchie/Organisation können Werte aus diesem Bereich dem
Markt zugeführt werden bzw. der Markt durch diese Werte „geentert“ werden. Dazu
mehr im kommenden Kapitel.
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5.2. Vom Massen-Kuss zur „Mass“-Cust
Werner Kirsch, Emeritus für Strategische Unternehmensführung / LMU München,
unterscheidet hinsichtlich der Evolution unternehmerischer Entwicklung drei
„Sinnmodelle“.757 Danach gilt: Je mehr moralisch-praktische und ästhetisch-expressive
Argumentationen auftreten und Lernprozesse fremden Kontexten gelten, desto mehr
findet eine Entwicklung hin zum Fortschrittsmodell statt.
Im Organisations-Instrumental-Modell bedeutet Sinn in erster Linie die Durchsetzung
der Interessen der primären Nutznießer. Lernprozesse werden vornehmlich als Mittel
zur besseren Willendurchsetzung betrachtet. Dabei treten in erster Linie kognitiv
instrumentelle, zweckgerichtete Argumentationen auf. Der Umgang mit
unterschiedlichen Lebens- und Sprachformen wird eher pragmatisch – aus der Sicht
des Beobachters - gehandhabt, die „Übersetzungsleistung“758 zwischen den
verschiedenen Lebensformen hingegen ist eher schwach.
Das Koalitionsmodell geht davon aus, dass Organisationsmitglieder Koalitionen als
Mittel zum Zweck der Durchsetzung individueller Interessen bilden, wobei auch das
Überleben des Gesamtsystems thematisiert wird. Die Übersetzungsleistung innerhalb
der Koalitionsformen nimmt zu.
Nach dem Überlebens- oder Bestandsmodell wiederum hat eine Organisation viele
Beteiligte, mit denen sie ihre Austauschbeziehungen so zu regeln hat, dass das System
unabhängig von einem gewissen Wandel der Teilnehmer und der Umweltbedingungen
überlebt – was nicht ausschließt, dass Einzelne im Sinne des Instrumentalmodells
besonders herausgestellt werden. Dennoch können sich halbautonome Lernprozesse
entfalten, kurzfristige Zweckorientierungen treten zurück. Die Basisfähigkeiten stehen
im Dienst der Lebensfähigkeit der Organisation. Die Übersetzungsleistung innerhalb der
eigenen Organisation ist hoch, pragmatische Einstellungen sind auch hinsichtlich der
Eigenkontexte rudimentär.
757 Kirsch 2001, S. 34 sowie Kirsch 2001, S. 244ff. 758 Vgl. zur „Typologie des Verhaltens in unterschiedlichen Lebens- und Sprachformen“ Kirsch 1999, S. 217
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Das Institutionsmodell ist dadurch gekennzeichnet, dass das System versucht, sich im
Bewusstsein der Gesellschaft zu verankern und beginnt, seine Verantwortung
gegenüber der Gesamtgesellschaft zu thematisieren. Sowohl Pragmatik im Umgang mit
anderen Lebens- und Sprachformen wie auch Übersetzungsleistung sind ausgeprägt.
Im Fortschrittsmodell steht hingegen das Bestreben der Organisation im Vordergrund,
einen Fortschritt in der Befriedigung der Bedürfnisse und Interessen der vom Handeln
der Organisation direkt Betroffenen zu erzielen. Die Organisation sieht dabei diese
Bedürfnisse und Interessen nicht statisch. Authentizitäten, ethische Begründungen und
die Möglichkeit von Veränderungen sind Bestandteil eines Fortschrittmodells. Hier
nimmt Lernen die Form rationaler Erkenntnisprozesse an, wie sie insbesondere die
Wissenschaften kennzeichnet. Moralisch-praktische und ästhetisch-expressive Aspekte
sind nicht mehr instrumentalisiert, sondern gleichberechtigte, wenn nicht sogar
wichtigere Argumente bei der Entscheidungsfindung. Die Pragmatik im Umgang mit
differenten Lebens- und Sprachformen, die Sicht des Beobachters, ist sehr ausgeprägt,
die Übersetzungsleistung immer noch recht hoch. Die Professionalität einer
strategischen Führung im Fortschrittsmodell äußert sich in der Art und Weise, wie
Strategien bestätigt, andere Strategien zum Thema gemacht werden und dabei die
Verankerung der jeweiligen Strategie in den Persönlichkeitsstrukturen, in der Kultur und
in den institutionellen Ordnungen beachtet werden.759
Von Höherentwicklung spricht Kirsch, wenn das Unternehmen auf ein neues
Entwicklungsniveau übergeht. Eine Wertsteigerung liegt dann vor, wenn sich das
Unternehmen auf einem Entwicklungsniveau verbessert, so Werner Kirsch.760
759 Kirsch 1999, S. 235 760 Kirsch 2001, S. 245
-181-
Im Fortschrittmodell wird von den Möglichkeiten des Anschlusses, der Verbindungen,
der Relationen gedacht. Hier spiegelt sich der Zentraltopos der Computer-Kulturform
wieder, also die Suche nach Anschlüssen in einem unbestimmt gehaltenen Umfeld, in
denen Anschlüsse sowohl über die Welt als auch gleichzeitig über die Unbestimmtheit
der Anschlüsse informieren und angesichts dessen die einzige Entscheidung lauten
kann, ob man mit dieser Information etwas anfangen kann oder nicht.761 Damit aber
kommt frei nach der Forderung des französischen Philosophen Jean-Francois Lyotard:
„Aktivieren wir die Differenzen, retten wir die Differenzen, retten wir die Ehre des
Namens.“762 Damit gerät das Individuum in den Blick, die Person, das Eigenartige und
Eigentümliche, das Einzigartige, der Mensch wie auch die Dinge als je einziges.
Und so erklärt sich vielleicht am schlüssigsten der Begriff der „Reverse Economy“ von
Ralf Reichwald, der aufgibt, „Markt“ nicht mehr von der Masse und den „One-to-may“-
Strukturen,763 sondern vom Einzelnen, auch von einzelnen Handlungen her, zu denken.
761 Baecker 2007, S. 35. Eine Entscheidung, die sich wiederum teilen könnte in Anschluss (Deutung als eine spezifische Kommunikation und Handlung), Ausschluss („Erkennung“, aber keine An-Erkennung), Rauschen (des „Datenmeers“ ohne „Navigator“) („Ambiguitätstoleranz“) oder und/oder (so Foerster 1993, S. 32) Rekursivität als nie enden wollender kognitiver Prozess des (Er-)Rechnens 762 Lyotard 1990, S. 48 763 Winkler 2004, S. 311
-182-
Im Mittelpunkt der „Reverse Economy“ steht daher der Abnehmer als Auslöser jeder
einzelnen kundenspezifischen Handlung. Dazu die sich anschließende Tabelle:764
Moderne („Old Economy“) Postmoderne („Reverse Economy“)
Leitmaxime: Gewissheit, Stabilität, Einheit,
Hierarchie, erkenntnistheoretischer rationaler
Monismus
Anpassungsfähigkeit, Pluralität, Vernetzungen
zwischen Markt und Hierarchie, rationaler
(radikaler) Pluralismus
Industriegesellschaft (Marktregulierung und
Wohlfahrtsstaat)
Wissensgesellschaft (Markregulierung und
kooperative Technologiepolitik)
Massenproduktion, Massenkonsumption,
Preiswettbewerb
Flexible Spezialisierung, hoch differenzierte und
individuelle Konsumption, Innovationswettbewerb
Anonyme Beziehungen zwischen den
Marktteilnehmern
Kooperative und anonyme Beziehungen
Maximale Durchplanung und Effektivierung aller
betrieblichen Abläufe
Flexible Konkretisierung von Leistungspotentialen
durch Interaktion zwischen Leistungsgebern und –
nehmern
Klare arbeitsteilige Abgrenzung von Ressorts,
fachlichen Zuständigkeiten und hierarchischen
Verantwortlichkeiten
Weitgehende Modularisierung der
Unternehmensprozesse und der Leistungen
Eindeutige Präferenz für unternehmensinterne
Lösungen
Vernetzung spezialisierter Akteure in
Wertschöpfungspartnerschaften innerhalb von
Netzwerken
Marktbehauptung durch inkrementale
Produktinnovationen
Marktbehauptung durch integrierte,
kundenindividuell konfigurierte Produkt-Service-
Bündel
Primat von arbeitssparenden Investitionen und
Innovationen
Primat der Produktionsfaktoren Mensch und
Wissen als strategische Ressource
Maximale Nutzung des Serieneffekts (Economics
of scale)
Maximale Nutzung der Kostensenkungspotentiale
durch Kundenintegration (Economics of
interaction)
Erstellung von Produkten Plus Bereitstellung von Leistungspotentialen
Produktinnovation Plus Dienstleistungsinnovation
Economies of scale und scope Plus Economies of integration
Nutzungserlebnis Plus Innovationserlebnis
Kunde Plus Innovator / Designer
764 Tabelle angelehnt an Reichwald 2001, S. 16 und 32 sowie Reihlen 1999, S. 14
-183-
Die „Old Economy“, die traditionelle Industrieorganisation, zeichnete Strategien aus der
(arbeitssparenden) Rationalisierung, der inkrementellen Produktinnovationen, der
maximalen Nutzung des Serieneffekts (Economies of scale) der (Massen-
)Güterproduktion, der hierarchisch strukturierten Verantwortlichkeiten, der funktionalen
Arbeitsteilung in der Aufbauorganisation, dem „one best way“ der Ablauforganisation.765
Zu den Voraussetzungen traditioneller Industrieorganisation gehören relativ lange
Produkt-Lebenszyklen, stabile Absatzmärkte, eine begrenzte Zahl von Wettbewerbern
mit bekannten Stärken und Schwächen, niedrige Kosten natürlicher Ressourcen und
geringe Umweltlasten für die Unternehmen sowie reichlich Verfügbarkeit von hoch
motivierten, gut qualifizierten Arbeitskräften.766
Die industriellen Großunternehmen der „Old Economy“ erlang(t)en ihre auf günstige
Produktionskosten beruhenden Wettbewerbsvorteile durch ein kontinuierlich
bewirtschaftetes (neo-)fordistisches Produktionssystem mit hochentwickelter
Technologie und einer „an Präzision, Stetigkeit, Disziplin, Straffheit und Verlässlichkeit:
also Berechenbarkeit“767 ausgerichteten bürokratischen Organisation und arbeitsteilige
Produktion. Die Pfeiler des modernen Industrieunternehmens sind das System der
Massenproduktion und die komplexe, hierarchische Koordinationsstruktur.768
Doch diese Prämissen sind erschüttert.
Gegenwärtige Märkte sind vor allem durch drei zentrale wettbewerbsstrategische
Herausforderungen geprägt: 1. dem Innovationswettbewerb, der eine ständige
Anpassung des Leistungsprogramms notwendig und langfristige Planung unmöglich
macht, 2. dem internationalen Wettbewerbsdruck, in dessen Folge Abnehmer auch bei
einem günstigen Absatzpreis relativ hohe Ansprüche an Qualität, Service, Varietät oder
Funktionalität oder bei einer ausgeprägten Differenzierung des Produkts gewisse
Mindestanforderungen an dessen günstige Preisgestaltung haben, 3. der
Heterogenisierung und Individualisierung der Nachfrage.769
Das Konzept der „Revers Economy“ führt zu einem intensiven CRM, zu weiteren
Formen zwischen Konsument und Produzent, zu produzierenden Konsumenten und
765 Reichwald 2001, S. 5f. An dieser Stelle herzlichen Dank an Prof. Dr. Prof. hc. Dr. hc. Ralf Reichwald, der dem Verfasser die Zitation aus seinem „halböffentlichen“ Beitrag „Reverse Economy“ gestatte. 766 Reichwald 2001, S. 6 767 Weber 1980, S. 128 768 Reihlen 1999, S. 5 769 Reichwald 2001, S. 7f.
-184-
konsumierenden Produzenten, wobei auch oszillative Formen vorkommen. Damit wird
letztlich ökonomisch vollendet, was das „Empowerment“ politisch-sozial fordert. Hier
erhält der „Faktor Mensch“ eine neue Rolle, die allerdings ein auf allen Stufen der
Wertschöpfungskette gesteigerten Qualifizierungsbedarf verlangt, der Mensch wird zum
zentralen Produktionsfaktor.770 Eine Rolle, die er seit der Entstehung des
Markenwesens und der standardisierten Produktion für anonyme Massen im 19.
Jahrhundert nicht mehr hatte, da diese mit der Abkehr von der Produktion auf
Bestellung und vom engen und vertrauensvollen Kontakt zum Produzenten verbunden
war.771 In der Gegenwart kehrt sich diese Entwicklung um: Wo keine wirtschaftliche
Stabilität und diese erhaltende Institutionen vorhanden sind,772 da kann es keine
massenhafte Beschäftigung (fragmentierte Märkte) und infolge dessen auch kein en
massenhaften Konsum (hybrider Konsument) geben.
In einem solchen Wettbewerbsumfeld wird Wissen und Innovation zum eigentlichen
Motor. Das manifestiert sich auch im Wandel vom „Sales Driven Marketing“ zum
„Experience Driven Marketing“:773
Sales Driven Marketing Experience Driven Marketing
Presales We make you to want us What do you want us to make?
Sales What you see is what you get What you want is what you get
Presales Thank you Are you really happy?
Die „Revers Economy“ bagatellisiert die gänzlich herstellerdominierten
Wertschöpfungsprozesse (MAP, manufacturing-active paradigm) zugunsten von
kundendominierten Wertschöpfungsprozessen (CAP, customer-active paradigm). Im
Gegensatz zur konventionellen Vorstellung des MAP, in dem ein Hersteller via
Marktforschung ein Bedürfnis der (potenziellen) Kunden zu erkennen versucht und
dieses dann in eine Lösung überführt, geht das CAP davon aus, dass Konsumenten
770 Reichwald 2001, S. 20 771 Vgl. Hellmann 2003, S. 47 772 Beispielsweise kollektive Verhandlungssysteme zwischen Unternehmensverbänden und Gewerkschaften, um die Kaufkraft mit den Produktionskapazitäten abzugleichen, ein Wohlfahrtsstaat, der unterkonsumptionsbedingte Rezessionen vermeiden soll, eine Keynesianische Globalsteuerung, die durch staatlichen Interventionismus Nachfragelücken zur Auslastung der Kapazitäten zu schließen versucht, und sektorspezifische Regulierungen, die darauf abzielen, die Produktion innerhalb dieser Sektoren zu steuern; vgl. Reihlen 1999, S. 8f. 773 Tabellle in Platt 2003
-185-
selbst ein vorhandenes Bedürfnis lösen und Initiator des Innovationsprozesses sein
wollen.774 Während der ethische Konsum Kontextsteuerung am „Point of Purchase“
etabliert, setzt das CAP der „Revers Economy“ noch früher an.
Je nach Phase des Wertschöpfungsprozesses, in der eine Kundenintegration
stattfindet, unterscheidet man zwischen „Engineer-to-Order“ (kundenspezifische
Entwicklung und Fertigung); „Make-to-Order“ (kundenspezifische
Komponentenproduktion / Maßkonfektion), „Assemble-to-Order“ (kundenspezifische
Kombination standardisierter Module), Adjust-at-Purchase (kundenspezifische
Endanpassung eines Standardproduktes vor dem Verkauf) sowie Configure-by-Use
(Selbstindividualisierung z.B. der Benutzeroberfläche). 775 Open Innovation776
bezeichnet dabei den reziproken Austauschprozess von Produzent und Abnehmer in
den ersten drei genannten Varianten bis zur Markteinführung. Der Abnehmer wird
gleichberechtigter Partner in einem interaktiven Wertschöpfungsprozess.777 Und zwar
freiwillig, im Gegensatz zur „erzwungenen“ Integration in Form der Selbstbedienung.
774 Reichwald/Piller 2006, S. 123 775 Reichwald/Piller 2006, S. 209f. 776 Piller definiert auf seiner Seite http://www.mass-customization.de/glossary.htm die Open Innovation wie folgt: „Open innovation describes collaboration for innovation within networks of firms and external entities like customers, retailers, suppliers, competitors, universities, and other research labs. It is opposed to the conventional model of closed innovation taking place just within the boundaries of a manufacturer. Open innovation in the understanding of my research and this web site is focused on cooperation between manufacturers and customers and users. The main benefit of open innovation is to capture the large base of information and knowledge about needs, applications, and solution technologies that resides in the domain of the users of a product or service. Analogous to the open source idea, users can build upon other users contributions or collaborate with other users to develop a final product without the help of a manufacturer. If user interaction platforms also provide features for consumer-to-consumer interaction in online communities, powerful user networks around a core product can be established.” 777 Reichwald/Piller 2006, S. 50
-186-
778
Die „Open Innovation“ verlangt Konsumenten mit sog. „Lead User“-Eigenschaften.779
Lead User haben früher als die Mehrheit eines Zielmarktes ein persönliches Bedürfnis
für eine bestimmte Problemlösung, sei sie funktionaler, experienzieller, symbolischer
oder relationaler Art. Lead User agieren am Markt häufig als Meinungsführer und haben
einen starken Einfluss auf Kaufentscheidung, Motive und Einstellungen anderer
Verbraucher und sind zumeist „Early Adopter“, Pionierkäufer mit hohem Involvement.
Lead User sind etwa 10-40% aller Konsumenten, je nach Branche.780
Lead User können extrinsisch motiviert sein durch die Aussicht auf ein besseres
Produkt oder aber eine monetäre Gegenleistung in Form von Transferzahlungen oder
Rabatten. Intrinsisch motivierte Lead User haben hingegen Freude an einer Tätigkeit,
die Nutzen, Spaß, Kompetenz, Exploration und Kreativität vermittelt und ggf. zusätzlich
778 Tabelle aus Reichwald/Piller 2006, S. 44 779 Reichwald/Piller 2006, S. 46 780 Vgl. Hippel 2005, S. 3
-187-
den sozialen Austausch, das Sozial-Selbst befördert.781 Eric von Hippel vom MIT
Cambridge hierzu: „It has been found that when users can innovate for themselves to
create precisely what they want, rather than being restricted to a set of options on offer
that have been created by others, their satisfaction is significantly higher.”
Bei intrinsisch motivierten Lead Usern findet man das Phänomen des „free revealing”,
das viele ihr Wissen unter bewusstem Verzicht auf Gegenleistung erbringen, denn die
Urheber-Leistung erhöht den indirekten Kundennutzen: „Freely revealing users also
may benefit from enhancement of reputation, from positive network effects due to
increased diffusion of their innovation, and from other factors. Being the first to freely
reveal a particular innovation can also enhance the benefits received, and so there can
actually be a rush to reveal.”782 Der eher individuale Akt der Online-
Produktkonfigurierung, dem eigentlich nicht das symbolisch-soziale Element des
öffentlichen Kaufaktes wie im ethischen Konsum oder im Einkauf als Sinnenerlebnis
zueigen ist, erhält hier und in diesem Fall seine symbolisch-soziale Note. Digitale
Toolkits werden hier zu Transformationszonen, in denen man mit dem/n Anderen
anders wird.783
Dabei sollte der interaktive Innovationsprozess bequem und einfach gestaltet sein, um
die Kommunikation im Sinne der Übermittlung von „sticky information“ zu gewährleisten.
Denn „users generally have a more accurate and more detailed model of their needs
than manufacturers have, while manufacturers have a better model of the solution
approach in which they specialize than the user has.“784 Der Massenmarkt hat hier – mit
Ausnahme fehleranfälliger Marktforschung – einen „Blinden Fleck“, weil er nahezu
monologisch funktioniert. Für die einerseits symbolisch getriggerte Ware fließt
andererseits eine ökonomische Antwort in Form von Geld. Hin- und Rückkanal sind
systematisch getrennt, die Systemlogik oszilliert zwischen beiden Kanälen. Dieser
781 „Solving is a motivator for many individual problem solvers in at least some fields. Consider for example the millions of crossword-puzzle aficionados. Clearly, for these individuals enjoyment of the problem-solving process rather than the solution is the goal. One can easily test this by attempting to offer a puzzle solver a completed puzzle”. So Hippel 2005, S. 7 782 Hippel 2005, S. 10 783 Auch für diese Toolkits gelten, wenn man so will, Zwischenstufen von Hierarchie und Markt, die man mit „flexibler Automatisierung“ beschreiben kann. Dies meint flexible Produktionsmittel - um auf Stückzahlschwankungen und Variantenvielfalt reagieren und rasche Modulwechsel für unterschiedliche Aufgaben durchführen zu können – wie auch hybride Montagekonzepte, bei denen automatisierte Stationen und Handarbeitsplätze gemischt werden. Dabei kommt es besonders auf die Mensch-Maschine-Schnittstellen an. 784 Hippel 2005, S. 8
-188-
Prozess wird bei der „Open Innovation“ zerlegt, dialogisiert. Durch kontrolliertes
Feedback kommt es von Anfang an zu einem Erfahrungs- und Informationsaustausch,
zu Kommunikation, zur Wissensgenese. Digitale Toolkits als Entwicklungsumgebung
ermöglichen dabei den Konsumenten, ihre Bedürfnisse iterativ und spielerisch in eine
konkrete Lösung zu überführen, häufig sogar ohne dabei mit dem Hersteller persönlich
in Kontakt treten zu müssen.785
Reputation, symbolischer Nutzen, soziale Vernetzung begründen den Lead-User – und
die Lust zu entwickeln, zu spielen. Menschen sichern ihren Lebensunterhalt oder
vermeiden den Schmerz, so der französische Philosoph Georges Bataille, gerade um
diesen „insubordinierten Tätigkeiten“ der freien Verausgabung des
Energieüberschusses nachzugehen.786 Selbst der Ursprung des Tausches, so Bataille,
liegt in der freien Verausgabung, in dem Bedürfnis, etwas zu verlieren.787
Vorteile von „Open Innovation“ liegen jedenfalls auf Seiten des Unternehmens in der
Reduktion von Kosten und Zeit bis zur Markeinführung („Cost and Time-to-Market“), in
der Steigerung der Marktakzeptanz (Fit-to-Market) und der Attraktivität des
entsprechenden Produkts (New-to-Market).788 Reichwald/Piller nennen vier Instrumente
der „Open Innovation“: 1. Die Identifikation von Lead Usern und deren Einbindung in
Innovationsworkshops, 2. Toolkits für die Übertragung der Nutzer-Bedürfnisse in neue
Produktkonzeptionen, 3. Innovationswettbewerbe, 4. Schaffung virtueller
Gemeinschaften („Communities“) für ein kollaboratives Zusammenarbeiten mehrerer
Akteure. 789
785 Reichwald/Piller 2006, S. 164 786 Wenn ein biologisches System eine bestimmte Größe erreicht und die weitere Zufügung von Substanz und Energie unmöglich wird, da die Fähigkeit des Systems, lebende Materie zu organisieren, ihre Grenze erreicht hat, muss die „Überschussenergie“ anderweitig verwendet werden. Phänomene des außersystemischen Wachstums werden hier vakant, beispielsweise Fortpflanzung oder Formen des Spiels; vgl. Alexander 1965, S. 476. Solche „Produkte“ freier Verausgabung sind für Bataille beispielsweise Trauerzeremonien, Kriege, Kulte, Prachtbauten, (Wett)Spiele, Theater und Künste, Feste, Opfer, Poesie, Sexualität, Gaben der Barmherzigkeit und Luxusgüter, die ursprünglich ihren Zweck in sich selbst hatten; vgl. Bataille BV 2001, S. 31 787 Vgl. Bataille VT 2001, S. 93ff. Erst später hätte die Funktion der Produktion verlangt, dass die Produkte, zumindest vorübergehend, dem Verlust entzogen würden, so Bataille BV 2001, S. 20 788 Reichwald/Piller 2006, S. 150 789 Reichwald/Piller 2006, S. 156
-189-
Die Etablierung des Letztgenannten, der virtuellen Innovationsgemeinschaften790
geschieht entweder auf Initiierung und mit Betreuung des Herstellers, oder bestehende
fremde Gemeinschaften werden genutzt, um Innovationsaufgaben oder Wettbewerbe
zu initiieren.
Die zweitgenannte Form von „Crowdsourcing“ kennzeichnete beispielsweise die
Kooperation zwischen dem japanischen Getränkehersteller Calpis und dem in Japan
äußerst populären Social Network Mixi. Im Rahmen der Partnerschaft wurden Nutzer
der Netz-Community dazu aufgefordert, ihre persönlichen Vorschläge hinsichtlich
Geschmacksrichtung, Verpackungsdesign und Werbegestaltung für eine neue
Fruchtdrink-Reihe des Lebensmittelkonzerns abzugeben.791 Das ließ sich digital schnell
abfragen, zudem geriert sich ein ungeheurer Werbeeffekt durch den kommunikativen
Austausch in den Netzwerken. Bio-online-communities eignen sich ebenso dafür792 und
könnten Konsumentencluster – wie Eco-Bind und Eco–Flux – in interdependenten
Wertschöpfungsnetzwerken integrieren. Von Hippel und Johann Fueller haben in einer
Studie feststellen können, dass Netz-Communities und Marken-Hersteller ein großes,
meist unausgeschöpftes Synergiepotential eingehen könnten: „One interesting
possibility is that producer brands may lose significant market share to user community
brands under some conditions. Another is that producers may sometimes find it
profitable to co-brand with user communities: this form of co-branding created the
highest brand premiums we observed in our study.”793
Für die Begründung sozialer Netzwerke im „Web/Netz 2.0“ braucht es in erster Linie ein
soziales, symbolisches, ein fokales Objekt, denn „social networks consist of people who
are connected by a shared object“, so Jyri Engeström, Erfinder des Microblogging-
790 Virtuelle Gemeinschaften lassen sich über verschiedene Merkmale charakterisieren. Hinsichtlich der Kommunikationsstruktur können zum einen Communication Rings, bei denen Informationen direkt zwischen den Individuen ausgetauscht werden (Email, Net Pagers oder Groupware) von Content Trees unterschieden werden, bei denen indirekt kommuniziert wird mittels Usenets, Bulletin Boards, Chat Rooms oder Virtual Worlds. Virtuelle „Open Innovation“ Gemeinschaften sind beispielsweise Wiki-Communities. Die Nutzer stellen Inhalte online, um sie anderen Nutzern zur Verfügung zu stellen. Zu Moderierung der Inhalte wird eine Wiki-Software benutzt, man ist weniger über Chat oder Foren organisiert. Vgl. Reichwald/Priller 2006, S. 178ff. 791 http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=081128002 792 Bei www.naturkost.de waren im Jahre 2006 42% der Nutzer an Nachrichten und Informationen interessiert, erst dann folgten, die „High-Involvierten“, die an allem interessiert waren, sodann die Unterhaltungs- und Interaktionsorientierten und am Ende rangierten die Nutzenorientierten; vgl. Müller 2005, S. 64 793 Hippel 2008
-190-
Service Jaiku und Produktmanager bei „google“.794 Bio – wir haben es anhand des
ethischen Konsums aufzeigen können – ist ein solches „Objekt“. Jyri Engeström
empfiehlt eine fünf Punkte umfassende Checkliste zum Aufbau eines „sozialen Netzes“:
1. Definiere den Inhalt, also das Objekt, das im Mittelpunkt des Netzwerkes stehen soll.
Auf „eBay“ und „amazon“ ist es ein Verkaufsprodukt, bei „flickr“ ein Photo, bei
„del.ici.us“ sind es „URL“, bei anderen sind es Videos (youtoube) oder Musik (last.fm),
kleine Nachrichten („micro-bloggs“ oder „tweets“ bei „Twitter“). 2. Definiere Aktion und
„Verben“, lege also fest, was die Nutzer mit dem sozialen Objekt machen sollen, ob sie
es kommentieren, bewerten, teilen, anschauen, anhören, kaufen, verkaufen sollen. 3.
Mach das Objekt teilbar, entwickle also digitale Toolkits, die es einfach machen, das
Objekt zu teilen, zu bewerten, darüber zu kommunizieren und dauerhaft hinzuweisen,
etwa durch Permalinks (URL) oder Widgets. 4. Verbinde deine Einladung zu deinem
Netzwerk mit einem „viralen“ Geschenk, verbinde sie mit einem witzigen Video, einer
kleinen Geldsumme, einer „Gabe“. 5. Berechne nur den aktiven Nutzern eine n
Mitgliedschaftsbeitrag, nicht den Zuschauern. Bezahlt wird nicht für den Gebrauch,
sondern für den Verbrauch im Sinne der Ressourcennutzung, beispielsweise für
Publizieren, das Daten- und Transportvolumen etc.
Zurück zur „Open Innovation“, besser gesagt, zum zweiten Teil der Individualisierung
der Wertschöpfungskette, der Produktindividualisierung oder auch „Mass
Customization“. Produktindividualisierung setzt auf der Stufe der Fertigung ein,
zwischen dem Innovationsprozess der „Open Innovation“ und dem herkömmlichen
Angebot vorgefertigter Varianten, das dem Nachfrager lediglich die Auswahl derjenigen
Variante ermöglicht, die seinen Bedürfnissen am nächsten kommt. Auch bei der
Produktindividualisierung wird mit dem Produktionsprozess erst gestartet, wenn der
Kundenauftrag und ein Produktentwurf vorliegen, die den Anforderungen des Kunden
gerecht werden.795 Ziel ist es, an wenigen Komponenten, die aus Kundensicht aber den
wesentlichen individuellen Produktnutzen ausmachen, eine Gestaltungs-
beziehungsweise Auswahlmöglichkeit zur Verfügung zu stellen. Kognitive Dissonanz in
der Nachkaufphase - Unzufriedenheit mit dem Produkt - wird durch den Co-Design-
Prozess des Kunden („Idealpunkt“-Produktion) vermieden.796
794 Engeström 2005 795 Vgl. Hippel 2005, S. 6 796 Reichwald/Piller 2006, S. 195
-191-
Man kann deshalb auch von einer Standardisierung der Individualisierung sprechen.797
Individualisierungsmöglichkeiten bestehen beispielsweise hinsichtlich Maßen und
technischen Features (funktionale Individualisierung) oder ästhetischer, gustativer und
visueller Wahrnehmung (experienzielle Individualisierung). Sie könnten aber auch
zusätzlich in bestimmten ethischen (fair, bio, CO2-frei) Vorleistungen bestehen
(symbolische Individualisierung) beziehungsweise regionale und/oder traditionale
Attribute (relationale Individualisierung) aufweisen. Oder in allem zusammen, denn „for
mass producers, the focus of the marketing group is not about spotting differences
among customer needs; it´ s about identifying and exploiting comminalities.”798 Man
kann quasi Werthaltungen des ganzen Wertekreises artefaktisch in Form verschiedener
Produktvarianten und Konzeptionsmöglichkeiten anbieten, wobei erst das Endprodukt,
sozusagen retrospektiv, eine Einordnung ermöglicht.
Kunden, die vorher ein Standardgut gekauft haben, sind oft bereit, einen Aufschlag von
bis zu 100 Prozent für ein individuelles Gut zu zahlen.799 Damit liegen trotz höherer
Herstellkosten die Margen von Mass-Customization-Gütern oft über denen
vergleichbarer Standardgüter.
Vorteile/Ertragspotenziale800 der „Mass Customization“ liegen in erhöhter
Kundenzufriedenheit und Loyalität, steigender Zahlungsbereitschaft,
Wiederholungskäufen, Flexibilität (durch IuK-Technologie),
Kostensenkungspotenzialen801 wie auch in der hybriden Wettbewerbsstrategie, die zum
einen danach strebt, sich im Markt zu differenzieren und gleichzeitig eine günstige
Kostenposition einzunehmen.802 Nicht zu vergessen die erhöhte Kundenintegration. Die
individualisierte Problemlösungskompetenz trägt dazu bei, die Opportunitäts- und
Wechselkosten zu erhöhen, so dass der Kunde “freiwillig” dem Anbieter treu bleibt („log-
797 Reichwald/Piller 2006, S. 203 798 Piller 2009, S. 76 799 Piller 2005 800 Reichwald/Piller 2006, S. 235. Nachteile/Mehrkosten für Systeme der „Mass Customization“ liegen in den zu tätigenden Investitionen in flexible Leistungssysteme, Koordinationsaufwand in Produktion und Logistik, Kosten der Produktadaption und Kundeninteraktion, im Aufbau von Vertrauen. 801 Nicht unwichtig, gerade auch angesichts der hohen Floprate bei Lebensmitteln. Zimmermann (2001, S. 12) spricht von einer Floprate/Gesamtmarkt Deutschland von 85%. Bei durchschnittlich 910 Neueinführungen/Woche auf dem deutschen Markt – nicht nur Nahrungsmittel – floppen also mehr als 750 Produkte. Zu den Flopraten im Lebensmittelmarkt s.a. Kapitel 3.2. „Eco-Bind“ 802 Stotko 2002, S. 4. Strategien der Kostenführerschaft oder/und der Differenzierung sind nur in einer weitgehend stabilen Umwelt gewinnoptimal, Produktinnovationsstrategien dagegen sind flexibilitätsorientiert und (nur) in einer dynamischen Umwelt gewinnmaximal; vgl. Proff 2009, S. 31
-192-
on“), da ihm die individuelle Lösung höheren Nutzen stiftet und auf seiner eigenen
spezifischen Investition – Wissen - beruht („High Involvement“).803
804
Wie aber schaut es hinsichtlich des Mass Customization bei Lebensmitteln aus?
Studien zum „Variety Seeking“ haben ergeben, dass bei bestimmten Produkten wie
Milch, Butter, Margarine, Eiern der Kunde kaum nach Abwechslung sucht,805 hingegen
aber insbesondere bei Joghurts, den Warengruppen Käse und Wurst, bei Desserts und
Fruchtsäften etwa 55% aller Lebensmittel-Konsumenten zu den „untreuen“, hybriden
Suchern nach Abwechslung gehören.806 Hier begründet sich beispielsweise der Erfolg
von „MyMuesli.com“: „Endlich schmeckt Dein Müsli so, wie Du es immer wolltest. Denn
bei mymuesli kannst Du Dein individuelles Müsli selbst zusammenstellen. […] mymuesli
ist ideal für Genießer, Rosinenhasser, Allergiker, Sportler und Vollblutökos: 70 Zutaten.
803 Ein Thema von „Learning Relationships”, „Life Time Value“ und „Customer Equity“; vgl. Rogers 2005 804 Tabelle aus Reichwald/Piller 2006, S. 205 805 Meixner 2005, S. 51 806 Hippel 2002, S. 23. Die Antwort auf den hybriden Konsumenten ist „Hybrid-Commerce“ unter Nutzung von Mehrkanalabsatzsystemen. Innerhalb dessen ist mit einer Schwerpunktverlagerung innerhalb des „Kontaktprinzips“ zu rechnen, mit einer Bagatellisierung des „Residenzprinzips“, indem der Kunde den Anbieter aufsuchen muss (stationäre Einzelhandelsläden) zugunsten des „Distanzprinzips“ (Versandhandel, Mass Customization“), und des „Domizilprinzips“, indem der Anbieter („Ökokiste“) den Kunden aufsucht. Letztendlich muß dies Auswirkungen auf das „Category-Management“ haben. Zu den bisher verwendeten Strategien vgl. Kunz 2006. Das sollte Folgen für das klassische „Category-Management“ haben. Der Food-Markt / Lebensmittelhandel konnte bisher bei Bio die Preis-Leistungs-Strategie und Wellness-Strategie (funktionaler Nutzen) anwenden, zum Teil Genuss- und Erlebnisstrategie (experienzieller Nutzen). Es könnten sich auf dem Weg vom Lebensmittelhändler zum Lebensgefühlhändler auch Vertrauens- und Familienstrategien (relationaler Nutzen) wie Symbolstrategien (fairer Handel, artgerechte Tierhaltung) bewähren.
-193-
Alle Bio. 566 Billiarden verschiedene Müslivariationen. Keine zusätzlichen Inhaltsstoffe
wie Farbstoffe oder Geschmacksverstärker. Ohne Zuckerzusatz. Fünf mal denselben
Mix bestellen - 1 Dose gratis!“ .807 Wer die sympathische Art der Kundenbindung
kennenlernen möchte, sollte sich dann auch den mymuesli-blog anschauen. Das
gleiche klappt auch mit Bio-Brot aus Natursauerteig und mit besten Vollkornmehlen,
Natursalz sowie Bergquellwasser (www.panemeo.de).
Beim Einbruch unveränderter Einzelprodukte in der Lebensmittel-Direktvermarktung808
ist Form und Erfolg des Mass Customization ein Fingerzeit, auch wenn die Vordenker
des Mass Customization noch an der Jahrtausendwende mit Recht anmerkten, dass
landwirtschaftliche Produkte schlecht „digitalisierbar“ und oft nur über viele Parameter
zu beschreiben seien und Lebensmittel generell einen (zu) hohen Anteil an Vertrauen
und Erfahrungseigenschaften besäßen.809 Gerade aber darin liegt das
Alleinstellungsmerkmal von Bio, dem ebenso generell ein hohes Maß an Vertrauen -
insbesondere in Verbindung mit additiven ethischen Parametern – entgegengebracht
wird. Durch die Produktindividualisierung wird ein Mehrwert geschaffen, der die
Bedenken zerstreut, dass der aufgrund erhöhter Logistik und Lieferkosten gestiegene
Preis so gut wie keinen Anreiz mehr biete.810 Dabei ist der „Mass Customization”-
Prozess als Ergänzung aufzufassen, nicht als Alleinlösung oder prinzipistisches
Allheilmittel: „To reap the benefits of mass customization, though, managers need to
think of it not as a stand-alone business strategy for replacing production and
distribution process but as a set of organizational capabilities that can help a company
better align itself with its customers´ needs.”811
„Mass Customization“ bietet die Möglichkeit, verschiedene Anbieter unter einem Dach
zusammenzufassen und mit einem geschlossenen homogenen Angebot gegenüber
dem Konsumenten aufzutreten – auch nachdem der Trend im Lebensmitteleinzelhandel
sehr stark in Richtung „Alles aus einer Hand“ geht. Das Internet erhöht die
Markttransparenz durch die Möglichkeit, weltweit Preise zu vergleichen und Waren
(theoretisch) weltweit zu beziehen. Kunden, die schlechten Zugang zu ökologischen
807 http://www.mymuesli.com 808 Spiller 2005, S. 16 809 Vgl. Jahn 2003, S. 336 810 Dworak 2003, S. 330 811 Piller 2009, S. 72
-194-
Produkten haben oder im Internet preisgünstigere Bioprodukte finden, können
gewonnen werden – auch und gerade durch die Produktindividualisierung.812
Denn auch auf „Mass Customization“ aufbauende Stufen und Technologien kündigen
sich schon an: So wie der Personal Computer die Datenverarbeitung nach Hause
gebracht hat, wird bald ein Personal Fabicator das Rapid Manufacturing - die
maßgeschneiderte Produktfertigung ohne Werkzeug, direkt aus dem Datenmodell
heraus - nach Hause bringen: Homo Fabber sitzt zuhause am Schreibtisch, konstruiert
sich digital seine Warenwelt und „druckt“ sie dann Stück für Stück in seiner Mini-Fabrik
aus eigenem Plastikmüll – Recycling und Verbrauchermacht inklusive.813 Im Media Lab
des Massachusetts Institute of Technology/USA steht bereits ein spülmaschinengroßer
Prototyp parat, der für jede Mahlzeit frische Teller, Tassen und Schüsseln fabriziert –
„Dishes on Demand“ heißt der selbsterklärende Titel des Verfahrens814 und die US-
Armee druckt teilweise bereits Ersatzteile am Einsatzort aus. Sicher könnte so ein
Personal Fabicator mit Flüssigkeiten wie Bio-Schokolade oder Bio-Teig funktionieren
beziehungsweise Bio-Kleidung aus dem Bio-Fabb herstellen. Frank Piller, der deutsche
„Open Innovation“- und „Mass Customization“-Experte von der RWTH Aachen, sieht
Probleme nicht mehr in der Technik, sondern darin, dass es noch viel zu wenige
Menschen gibt, die Produkte für diese Technik entwickeln.815
Die darauf folgende Stufe, so spekulierte bereits der Soziologe und Ökonom Jeremy
Rifkin, wird den Übergangsprozess vom Eigentum zum Leasing und Outsourcing
beinhalten.816 Es wird weniger Ver-braucher, denn Ge-braucher geben. Räumlich und
zeitlich unbeschränkt werden Nutzer per Mitgliedschaft, Abonnement, Verleih oder
Nutzungslizenz auf Eigentum Zugriff haben.817 Man zahlt nicht mehr für die Übertragung
einer Ware im Raum, sondern für den Fluss einer spezifisch benötigten, persönlich
812 Dworak 2002, S. 60 813 Neef 2008 814 Bilderstrecke des Verfahrens unter http://www.wired.com/science/discoveries/multimedia/2005/10/69113 815 Piller 2007 816 Rifkin 2000, S. 70 817 Im Oktober 2006 hat die Hochtief PPP Solutions GmbH mit einer symbolischen Schlüsselübergabe das Rathaus in Gladbeck gemeinsam mit den Bürgern der Stadt eingeweiht. Das Unternehmen hat das Verwaltungsgebäude mit einem Vertragsvolumen von etwa 44 Millionen Euro geplant, finanziert sowie gebaut und wird es in den kommenden 25 Jahren betreiben. Während dieses Zeitraums zahlt die Stadt ein monatliches Nutzungsentgelt. Das neue Rathaus verfügt über eine Fläche von 11 000 Quadratmetern und bietet 300 Mitarbeitern der Stadt Platz. Es ist das erste PPP-Pilotprojekt für einen Rathaus-Neubau in Nordrhein-Westfalen, vgl. http://www.hochtief-pppsolutions.de/ppp/36.jhtml
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angepassten Erfahrung in der Zeit.818 Etwas Ähnliches bietet bereits die „Web 2.0“-
Seite „Hunch“, wo Nutzer anderen Nutzern helfen, Entscheidungen zu fällen. Und zwar
mit Hilfe von Enscheidungsbäumen, die ständig mit (natürlich subjektivem) Erfahrungs-
Wissen angereichert und verbessert werden.
Ein „Rifkin-Konzept“ findet sich auch in der IuK-Technologie. Beim „Grid Computing“
werden freie Ressourcen einer speziellen Anwendung genau dann zur Verfügung
gestellt, wenn sie gebraucht werden. Grid-Infrastrukturen bieten eine Vielzahl von
Vorteilen, wie zum Beispiel den transparenten Zugriff und die bessere Nutzung der
Ressourcen, nahezu unendlich große Rechen- und Speicherkapazität, Flexibilität und
automatische Anpassung von komplexen Rechenprozessen durch dynamischen und
konzertierten Betrieb der vernetzten Ressourcen, höhere Qualität der Ergebnisse durch
gridunterstützte Entwicklung, und schließlich Einsparungen durch eine
verbrauchsorientierte Abrechnung.819 Ingenieure sind dadurch in der Lage, jegliche
Ressource (wie Computer, Anwendung, Daten und Software-Werkzeuge) sozusagen
auf Knopfdruck zu nutzen, um Prozesse und Produkte virtuell zu simulieren, bevor sie
an deren reale Entwicklung gehen.820 Hier schließt auch das „User Manufacturing“ an:
„You select materials, you push a button, and you start a remote production process.
Two days later, your design arrives at your home. So you have an entire machine park
at your disposal;” so Frank Piller.821 So bietet beispielsweise www.emachineshop.com
818 Rifkin 2007, S. 161. Und das Ganze ggf. nur noch durch Messung der Hirnströme, denn das Netz (Internet) wird als solches nicht mehr in Erscheinung treten, weil es in die Dinge der äußeren Wirklichkeit fundamental einbezogen beziehungsweise solche Entitäten selbst wiederum Teil des Netzes sein werden; vgl. Palm 2009, S. 107. Honda hat mittlerweile eine Gehirn-Maschinen-Schnittstelle (BMI) entwickelt, um mit Gedanken einen Roboter im Raum zu steuern. Über Nah-Infrarotspektroskopie (NIRS) wird optisch die Veränderung der Blutzirkulation in Gehirnregionen gemessen. Der Träger des Helms muss sich nur vorstellen, die Arme oder Beine zu bewegen, um diese motorischen Impulse, die von beiden Sensortypen aufgenommen und durch ein neu entwickeltes Programm verarbeitet werden, auf den Roboter zu übertragen, der nach einigen Sekunden entsprechend reagiert. Der Roboter wird durch eine solche Gehirnsteuerung zu einem erweiterten Körper, zumindest zu einem neuen Körperteil, der Mensch zu einem Cyborg. 819 http://www.d-grid.de/index.php?id=57. BitTorrent (Bit: kleinste Daten-Einheit, engl. torrent: reißender Strom, von lat. torrens) ist ein kollaboratives Filesharing-Protokoll, das sich besonders für die schnelle Verteilung großer Datenmengen eignet. Im Gegensatz zu anderen Filesharing-Techniken setzt Bittorrent nicht auf ein übergreifendes Filesharing-Netzwerk, sondern baut für jede Datei ein separates Verteilnetz auf. 820 Insofern könnte man das gegenwärtige Zeitalter der Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK) als „Quartär“ bezeichnen, im Unterschied zum primären Wirtschaftssektor (Urproduktion, Landmehrung), dem sekundären Wirtschaftssektor (Industriegüterproduktion, Kapitalmehrung), wie auch den tertiären Sektor (Dienstleistungen, Arbeitsmehrung). Das Quartär hebt im hegelschen Sinne die genannten Wirtschaftssektoren auf. Es ist die Bewahrung alles vorangegangenen, aber die Vernichtung der Dominanz des sekundären Wirtschaftssektors, sowie die Erhöhung der symbolischen, intangiblen Determinanten, insbsondere der Kooperationsformen 821 Piller in Thilmany 2009, S. 5
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eine eigene CAD-Software zum download an, an der Teile konstruiert und dann aus
einem Material der Wahl computerlasergesteuert hergestellt werden.
Aber zurück zu den Prozessen interaktiver Wertschöpfung. Eine Zwischenstufe von auf
der einen Seite „Old Economy“ und „Revers Economy“ liegt in der „Kollektiv-Mass-
Customization“, dem bereits behandelten Regionalismus, der als relationales (Marken-
)Konzept Vertrautheit und Vertrauen vermittelt. Die Schweisfurth-Stiftung - in Gestalt
der Publikationen ihres Vorstandes Franz-Theo Gottwald, Humboldt-Universität Berlin
und LMU München - propagiert den Gedanken des „Aus-der-Region-für-die-Region“
bereits seit Jahrzehnten als Alternative zur globalen Industrialisierung des
Lebensmittelanbaus. Dazu gehört eine „Marktwirtschaft der Regionen“,822 gepaart mit
Subsidiarität und Solidarität, eine „Ökologie der kurzen Wege“ und natürliche, regionale
Kreisläufe.823 Die Forderung nach Beibehaltung spezifisch kultureller Rhythmen und
„fundamentaler Anpassungsleistungen“824 rechtfertigt nicht zuletzt den Begriff der
„Kollektiv-Mass-Customization“. Mit diesem Programm geht nicht nur eine Renaissance
von Qualität825 und „Nähe“ am Point of Purchase einher, sondern ebenso eine
zukunftsfähige, nachhaltige Landwirtschaft wie auch eine wertgeleitete
gesamtgesellschaftliche Entwicklung.826 Eine Entwicklung, die für regionale Kooperation
als „Drittes“ zwischen Markt und Hierarchie wirbt.
Laut Emnid827 haben Verbraucher ganz klare Vorstellungen von Werteprioritäten in der
gesamten Landwirtschaft, nicht nur im ökologischen Landbau. Umweltfreundliche
Produktion, artgerechte Tierhaltung stehen dabei ganz vorne. So auch die Studie von
Katrin Zander und Ulrich Hamm. Ausgehend von ersten erfolgreichen Ansätzen der
Kommunikation ethischer Werte gegenüber Konsumenten wurden in mehreren
europäischen Ländern (Deutschland, Großbritannien, Italien, Österreich und der
Schweiz) verschiedene ethisch begründete Argumente ausgewählt und unter
Verwendung der Informations-Display-Matrix (IDM) auf ihre Relevanz für das
Einkaufsverhalten getestet. Die beiden in der gesamten Stichprobe der fünf Länder am
häufigsten zuerst „angeklickten“ Attribute sind „Artgerechte Tierhaltung“ und „Regionale 822 Vgl. Gottwald 2007/2, S. 165 823 Vgl. Gottwald 2007, S. 14 824 Gottwald 2002, S. 147 825 Sozusagen „Frische“ statt Kühle“. Frische- und Molkereiprodukte spielen für den Absatz von Lebensmitteln aus dem ökologischen Landbau eine entscheidende Rolle; sie machen den Gesamtumsatz von Lebensmitteln aus der ökologischen Landwirtschaft aus. Vgl. www.orgprints.org/11096/ 826 Vgl. Gottwald 2003, S. 224 827 Emnid 2007, S. 12
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Erzeugung“. Auf sie entfallen jeweils gut 20% der Abfragen. Der Preis wird mit 13%
deutlich seltener als erste Information herangezogen.828
Und so haben sich nicht zuletzt durch diese Initiativen und Gedanken Plattformen
begründet, mit denen Fairness, Bio und Regionalität zusammen befördert werden, wie
beispielsweise die „Fair-Regio-Charta“ für Berlin-Brandenburg sowie die bayerische
Informationskampagne für solidarisches Einkaufen „Bio-Regio-Fair“. Mit dem Projekt
„regional&fair“ hat sich der Biokreis e.V. die Kommunikation der Begriffe Regionalität
und Fairness auf Basis fester, seriöser Standards zur Aufgabe gemacht.829 Auch das
agrarkulturelle Netzwerk „Unser Land e.V.“ ist zu erwähnen, das als
Solidargemeinschaft aus Landwirten, Handwerkern, Handel, Verbrauchern, Kirchen
sowie Umwelt- und Naturschutzorganisationen verfasst ist.830 Ähnliche Konzepte finden
sich in vielen Regionen Europas wie „Sheepdrove Farmhouse“, „Fundacion Monte
Mediterraneo“, „La Selva Azienda Bioagricola“, „Hermannsdorfer Landwerkstätten“ etc.
Im European Network for Eco Agriculture (ENEAC), das sich auch um Wissenstransfer
bemüht, schließen sich immer mehr Betriebe netzwerkförmig zusammen. Des weiteren
sind seit dem Jahr 2003, als die Regionalwährung „Chiemgauer“ startete, in Europa
eine Vielzahl regionaler Währungen entstanden, wobei jeder Erlös systemgemäß in der
Region ausgegeben wird, in der er erzielt wird.831
Darüber hinaus sind überall in Asien und anderen Kontinenten Bewegungen
entstanden, die sich zum Ziel gesetzt haben, nachhaltige Landwirtschaft und
Biodiversität sowie die Rückgewinnung eines Marktes vor Ort zu fördern und die
Ernährungsrechte der Menschen in ihrer Region zu verteidigen.832 Hier stehen Cultural
Diversity und Biodiversity auf der einen Seite gegen „Bio-piracy“,833 die Verwertung
traditionellen Wissens durch „intellectual property rights“, die Weltwirtschaft, globale
Gesundheitsökonomien und den Expansionsdrang globalisierter Wissenschaft und
828 Zander 2009, S. 341 829 Vgl. Gottwald 2009 830 Vgl. Gottwald 2005, S. 152f. 831 Vgl. Rost 2007, S. 3. Beispiele für weitere Regionalwährungen sind beispielsweise der „Lausitzer“ in der Lausitz, der „Waldviertler“ im Waldviertel/Nieder-Österreich, „Havelblüte“ in Potsdam, „Urstromtaler“ in Sachsen-Anhalt, „Elbtaler“ in Dresden. 832 Verständlich, angesichts der Gefährdung der Grundernährung der dort ansässigen Bevölkerungen durch den Export von Luxusagrargütern – Schnittblumen, Cash Crops - für westliche Märkte (vgl. hierzu Shiva 2007, S. 209). Hier tritt der hiesige Verbraucher als Konkurrent um die wesentlichen Lebens- und Nahrungsgrundlagen der Exportländer auf, so Vgl. Gottwald 2007/3, S. 90 833 Wortschöpfung von Teubner 2009 II, S. 8.
-198-
Kultur.834 Denn Vorteile von Netzbildungen können sich gleichzeitig als Nachteil
erweisen. Netzwerke lassen Unternehmensgrenzen verschwimmen, sie verbessern
dadurch ihre Umweltposition, machen aber zugleich eine Verantwortungszurechnung
unmöglich. Ein und dasselbe Netzwerk kann in der einen Umwelt als Kollektivakteur mit
einer abgrenzbaren Identität, in einer anderen Umwelt als eine Vielzahl individueller
Akteure erscheinen. Dies beschreibt Gunther Teubner treffend als „unitas multiplex“ und
„chamäleonartiges Changieren“.835
Das erinnert an vorstaatliche „Netzwerkwellen“ in der frühen Neuzeit, Netzwerke sind ja
nicht umsonst ein autonomes Drittes zwischen Hierarchie/Staat und Markt. Eine solche
„Netzwelle“ schwappte in der frühen Neuzeit über die sich öffnenden Märkte des bis
dato „hortus conclusus“ der Respublica christiana im Wettlauf um Welthandel und
Kolonien. So entstand beispielsweise 1602 die auf privatisierte Handels- und
Kapergewinne ausgerichtete „Generale Neederlandsche Geoctroyierte Oostindische
Companie“, die sich zur weltweit dominierenden Handelsgesellschaft jener Zeit
entwickelte. In der „nachstaatlichen“ Gegenwart scheinen sich einige Parallelen
aufzutun836 und mit der „Entstofflichung der Weltwirtschaft“ auch das Prinzip des „Cuius
Economia, eius regio“ zu verfestigen.
Gegen diese die Vielfalt (traditioneller, indigener Wissensbestände und Kulturen)
bedrohenden Netzwerke helfen nur Netzwerke, die diese Vielfalt schützen. Die
Konzepte des ökologischen Landbaus können sich zu diesen Netzwerken zählen.
So lässt sich auch eine ethisch-biologische Variante eines abgespeckten „Mass
Customization“ im Bereich der Produktion ermöglichen. Das ursprünglich nach Art der 834 Cum grano salis gilt dies auch für globale Juridifizierung und transnationale Regulierungsregime, die – ähnlich wie das britisch-koloniale „indigenous law“ – die ihnen als wertvoll erscheinenden Elemente des Fremden (Be-wertung eines Beobachters) in eigener Begrifflichkeit re-konstruieren, damit überhaupt Schranken an geeigneter Stelle errichtet werden können. Der unmittelbare Rückgriff auf indigene Gewohnheitsrechte ist dabei unmöglich, weil die Bezugnahme auf lokales Gewohnheitsrecht die holistisch organisierten Gesellschaftsformationen bereits mit der Brille funktionaler Differenzierung betrachtet und funktional codiert, was ganzheitlich nicht-differenziert ist. So müsste zum einen eine Vielzahl systematisch voneinander abweichender Beobachtungspositionen geschaffen werden (Teubner (2009, S. 20) wie auch kompensierende Ressourcentransfers an Indigene und Transformation von ökonomischen Risiken in rechtseigene Risiken in der Form von Haftungsnormen erfolgen; so Teubner (2009 II, S. 12ff.) 835 Teubner 2004, S. 55 836 So die mit „gewerblichen Kaperbriefen“ ausgestatteten „globalplayer“, die die Anker lichten und in einem anderen Erdteil vor Anker gehen, ausgestattet mit den Repressalien des Friedens, „lettres de marque et de représailles“, und jederzeit in der Lage sind, das zum Teil unter Schutz privater Sicherheitsdienste „offshore“ angesammelte (Wissens-)Kapital zu neuen „Ankerplätzen“ zu bewegen; vgl. Schulze 2005, S. 169f.
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Kibbuz entworfene Organisationskonzept des „Community Supported Agriculture
(CSA)“ beinhaltet einen Zusammenschluss von Verbrauchern und einem (Bio-)Landwirt
zu einer Versorgergemeinschaft. Die Verbraucher geben eine Abnahmegarantie und
erhalten im Gegenzug Einfluss auf die Produktion.837 Die Vorteile eines solchen „Crowd
Funding“, in dem die Konsumenten als Investoren auftreten, liegen auf der Hand: Der
Konsument erhält sichere und hochwertige Lebensmittel und Möglichkeiten der aktiven
Mitgestaltung im kleinen Rahmen. Der Landwirt hat die Freiheit zur Umsetzung eigener
Vorstellungen, besitzt finanzielle Sicherheit, spart die Vermarktung und knüpft aktiv ein
Netzwerk des Nahrungs- und Wissenstransfers838 und hat in einer „Vertical Farm“
weitere Möglichkeiten, horizontale Wertschöpfungsallianzen zu bilden.
Ein weiterer Schritt in Richtung „Mass Customization“ wäre ein Anbau nach Wunsch
und Menge, ggf. verbunden mit einer fein abgestimmten Weiterverarbeitung nach den
Vorstellungen des Kunden. Damit würde der Landwirt erst produzieren, wenn feststeht,
was er in welcher Menge produzieren soll, wenn der Abnehmer feststeht und ggf. auch
die Weiterverarbeitungswege eruiert worden sind. Ein Vorteil läge darin, dass
Individualisierung und Ethisierung bereits am „Point of Production“ beginnen könnten
und Vertrauen zum Produkt im wahrsten Sinne wachsen kann.
837 Das Konzept entstand in den 1960er Jahren in Japan wo heute etwa ein Viertel der Haushalte an einem „Teikei“ (dt. Partnerschaft) beteiligt sind. Während sich in den USA etwa 2500 Hofgemeinschaften dieser Art begründet haben, gibt es in Deutschland gerade 8. 838 Kraiß 2008, S. 46
-200-
5.3. „Flexible Response” statt „Massive Reta(i)liation”
Der netzwerkartige Charakter des Ökologischen Landbaus manifestiert sich in seiner
„Patchwork-Identität“,839 die durch mehrere gleichberechtigte Selbstbeschreibungen
verschiedener Verbände gebildet wird. Die BÖLW-Identität konstituiert sich - wie jedes
System - als Differenz zu seiner Umwelt hauptsächlich durch diese Prinzipien: 1.
Geschlossene Stoffkreisläufe im landwirtschaftlichen Betrieb, 2. Stärkung und Nutzung
natürlicher Selbstregulationsmechanismen, 3. Schonender Umgang mit nicht
erneuerbaren Ressourcen, 4. Erhaltung und Verbesserung von Artenvielfalt und
Landschaftsbild, 5. Artgemäße Tierhaltung, -fütterung und –zucht, 6. Forcierung lokaler
und regionaler Produktion und Distribution, 7. Anstrebung einer sozial gerechten und
ökologisch verantwortlichen, qualitativen Lebensmittelkette.840 Konventionalisierung
bedeutet dagegen, so Lindenthal, das Gegensätzliche:841 1. Betriebsmittelzukauf statt
Kreislaufdenken, 2. Nicht dringende Berücksichtigung aktuell ökologischer
Erfordernisse, 3. Spezialisierung, Leistungsmaximierung und Kostenminimierung, 4.
Verringerung der Arten- und Sortenvielfalt wie auch der Fruchtfolge, 5. Standardisierung
auch der Tierhaltungssysteme, 6. Längere Transportstrecken (globaler Markt), 7.
Reduzierung des ökologischen Landbaus auf die jeweils in Anspruch genommenen
Richtlinien.
Um den Grad konventioneller Methoden zu messen. haben Darnhofer et al. eine
tabellarische Auflistung von „Indikatoren der Konventionalisierung im Ackerbau und in
der Tierhaltung“ exploriert. Ein erstes Feedback darauf bemängelt die Zerlegung des
„ganzheitlichen Gesamtsystems“.842 Doch die „Zerlegung“ eines Systems in seine
Elemente beseitigt keinesfalls eine wie auch immer aufzufassende Ganzheitlichkeit, die
ontisch nicht vorgegeben ist, sondern erst als Einheit durch das System (oder einen
Beobachter) konstituiert wird, wobei bestimmte Elemente als Elemente für
Relationierungen in Anspruch genommen werden.843 Ganzheitliche „Autonomie“ eines
Systems entsteht also beispielsweise durch eigensystemische Selbstbeobachtung,
Selbstbeschreibung, operative Verwendung der Selbstbeschreibungen im System
(Selbstkonstitution) und durch wechselseitige Verkettung der Systemkomponenten –
839 Keupp 1994, S. 346 840 Lindenthal 2006, S. 1 841 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 9 842 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 1 843 Luhmann 1987, S. 42
-201-
Element, Struktur, Prozess, Identität, Grenze, Umwelt, Leistung, Funktion.844 Insofern
dient der tabellarische Entwurf von Darnhofer et al. der Selbstbeschreibung:845
Indikator Begründung Prinzipien
Ackerbau: Geringe Artenvielfalt
in der Fruchtfolge (FF) / geringer
Anteil von Leguminosen und
hoher Getreideanteil in der FF /
Überschreiten von Anbaupausen
Verringerung der öko-logischen
Stabilität der Anbausysteme
Prinzip der Ökologie
Prinzip der Fürsorge
(Prinzip der Vielfalt)
(Prinzip des lebendigen
Bodens)
Ackerbau: Häufiger Einsatz von
zugelassenen, leicht löslichen
organischen Düngern (oft als
Ersatz für Leguminosen)
Verringerung der ökologischen Stabilität
der Anbausysteme; Erhöhung der
Energie- und Materialintensität;
Mögliche Erhöhung von NO3-Gehalten
im Boden und den Produkten
Prinzip der Ökologie
Prinzip der Fürsorge
(Kreislaufprinzip)
(Prinzip des lebendigen
Bodens)
(Prinzip
Überschaubarkeit)
Prinzip der Gesundheit
Ackerbau: Agrarökosystem mit
geringer Biodiversität / geringer
Anteil von ausgew. Landschafts-
elementen (regionale
Betrachtung)
Verringerung der ökologischen Stabilität
der Anbausysteme; Verlust der
ökologischen Vorbild-funktion des
Biolandbaus
Prinzip der Ökologie
Prinzip der Fürsorge
Tierhaltung: Kürzere
Nutzungsdauer
Überbeanspruchung der Selbst-
Regulationsfähigkeit wegen steigender
Anforderungen an Produktionsleistung
bei gleichzeitig abnehmendem Grad der
Bedarfsdeckung / Bedürfnisbefriedigung
Prinzip der Gesundheit
Prinzip der Fürsorge
Prinzip der Gerechtigkeit
Tierhaltung: Hoher Anteil an
zugekauften Futtermitteln in der
Ration
Gefahr der zunehmenden Entkoppelung
von Tier-haltung und Pflanzenbau durch
Import von limitierenden Nährstoffen in
den Betrieb
Prinzip der Ökologie
Tierhaltung: Gehäufter
Medikamenten-Einsatz
Status quo der Tiergesundheit in der
Bio-Tierhaltung widerspricht vielfach
den Ansprüchen der TierhalterInnen,
KonsumentInnen bzw. der Gesellschaft;
Medikamenteneinsatz als
Korrekturmaßnahme; ökologische
Risiken des Einsatzes allopathischer
Medikamente
Prinzip der Gesundheit
Prinzip der Fürsorge
Prinzip der Ökologie
844 Teubner 1987, S. 102 845 Tabelle aus Darnhofer 2009, S. 516
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Mit dieser Tabelle werden Entdifferenzierungen differenziert, Grenzarbeit geleistet,
denn Systemerhaltung heißt Grenzerhaltung (boundary maintenance).846 Die
Grenzwerte sollen dazu führen, die Grauzonen aufzuhellen, auszudifferenzieren. Damit
wird der Handlungsbereich konkretisiert, der ökologisch bevorzugte Eingriffe des
Menschen in die Natur entwirft und von einem anderen Bereich trennt, in dem
Handlungen als für Natur sowie Produktions- und Lebensweise bedrohlich eingestuft
werden. Die Machbarkeit dieser Handlungsempfehlungen und Grenzwerte - die unter
anderem abhängig von Zustimmung, also Machtstrukturen, wirtschaftlichen
Implikationen, kulturellen Werten und Wissensstand sind - ist allerdings ein deutlicher
Beleg für Normativität und Veränderbarkeit von Naturvorstellungen, von Vorstellungen
der Natur als System.847
Daher hat sich der ökologische Landbau zu einem am stärksten politisch beeinflussten
Bereich der Landwirtschaft entwickelt,848 mit antagonistischen Fronten und „alten
Lösungsrezepten“.
Auf der einen Seite die „Konventionalisierung“. Ein tragendes Moment der
Konventionalisierung wird beispielsweise in der EU-Agrarpolitik gesehen. Hubert
Weiger, Vorsitzender des BUND, nennt als wesentliche Kennzeichen der
Industrialisierung der Landwirtschaft durch EU-Agrarpolitik die Förderung von
Großstrukturen, Betriebs-Spezialisierungen, Rationalisierung durch
Flächenzusammenlegung sowie die Vergrößerung der Tierbestände bei Erhöhung der
Mechanisierungs- und Automatisierungsprozesse.849 Die Hierarchie/Bürokratie der EU
spiegelt sich in den industrialisierenden und hierarchische Strukturen bevorzugenden
Förderrichtlinien wider.
Auf der anderen Seite finden sie jene, die anmerken, dass der ökologische Landbau
Gefahr läuft, einen Teil der Werte und Ideale, die seine Identität wie auch die
846 Luhmann 1987, S. 35 847 Eigentlich hat man es bei Natur/Umwelt mit einer Komplexität zu tun, die kein System ist, weil sie nicht durch eine eigene System/Umwelt-Differenz reguliert ist; vgl. Luhmann 1987, S. 55. Umwelt ist im Gegensatz zu Systemen dadurch gekennzeichnet, dass sie keine Grenzen hat, sich nicht selbstständig gegen eine Umwelt abgrenzt. Deswegen ist sie auch nicht mit dem griechischen Kosmos gleichzusetzen, in dem alles eine „schöne“ Ordnung hat, wie in Kapitel 4.1. kurz dargelegt. Der Mensch als Beobachter erst schafft „Sinn“, differenziert die Umwelt als System aus, bestimmt deren Grenze, ganz nach dem nicht nur für die Neuzeit bestimmenden Motto „Messen, was messbar ist, was nicht messbar ist, messbar machen.“ So fasst Baruzzi (1993, S. 323) das für die Neuzeit bestimmte Diktum Galileis zusammen. 848 So Stolze 2003, S. 293 849 Vgl. Weiger 2005, S. 104f.
-203-
besonderen Bewirtschaftungsregeln bestimmen, zu verlieren.850 Auch hier finden sich
hierarchische Lösungs-Verordnungen, Rufe nach „Vereinheitlichung“, „Konzentration“
und „Zusammenführung“ der unübersichtlichen Vielfalt der Akteure, Labels und
Aktivitäten des Biologischen Landbaus.851 Dazu gesellen sich „Propheten des
Untergangs“, die als Hervor-Sager „den Anfang mit dem Ende“852 verknüpfen und das
Abrücken von hierarchisierten Pionier-Werten als eben diesen Anfang vom Ende
deuten.
Beide Phänomene erinnern an die Reaktionen auf die Wirtschafts- und Finanzkrise, den
Rufen nach mehr Kontrolle und einheitlichen Regelwerken, nach konsequenterem
Eingreifen einer möglichst weltweit zentralen Bankenaufsicht mit entsprechendem
Regelwerk.
Der Forderung nach hierarchischen Lösungen scheint Bernd Rudolph, stellvertretender
Direktor des LMU Entrepreneurship Center und Vorstand des Instituts für
Kapitalmarktforschung und Finanzierung (LMU) zuzustimmen, wenn er das rein umsatz-
und ergebnisorientierte Handeln ausgegliederter Zweckgesellschaften ohne
Eigenkapital und Haftung rügt.853 Auf der anderen Seite aber bergen „einheitliche
Regelwerke“ wie Basel II854, so Rudolph, „eine nicht zu unterschätzende Gefahr in sich,
850 So aber Schick 2009, S. 364 851 Aufgezählt von Lindenthal 2006, S. 7 und mit Recht hinterfragt. 852 Mayer-Tasch 2000, S. 25 853 Rudolph 2009, S. 4f. Als Zweckgesellschaft, engl.: Special Purpose Vehicle (SPV) oder Special Purpose Entity (SPE) wird eine juristische Person bezeichnet, die für einen klar definierten und eingegrenzten Zweck, insbesondere aber für strukturierte Finanzierungen, gegründet wird. Damit soll ein Zugriff finanzierender Gläubiger auf Vermögenswerte des Investors vermieden werden und der Finanzierungsgegenstand gegen Insolvenzrisiken aus der Sphäre des Investors abgeschirmt werden (bankruptcy-remote). 854 Die vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht erlassenen Regeln in Basel II haben die Anforderungen der Bankenaufsicht und die von den Kreditinstituten verwendeten Risikomess- und Risikomanagementverfahren in den vergangenen Jahren so weit wie möglich synchronisiert. Eingeführt wurden dafür technisch komplexe, weitgehend quantitative Instrumente wie beispielsweise das sogenannte Value-at-Risk Risikomessverfahren. Dabei werden mögliche hohe Verluste mit Blick auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet, die sich ihrerseits an ihrer historischen Häufigkeit bemisst. Wie fatal sich das auswirken kann, hat die Immobilienkrise gezeigt. Hinzu kommt ein weiteres Manko der einheitlichen Eigenkapitalregulierung durch Basel II: Die komplexen Risikomesssysteme bewerten die Risiken der Finanzakteure in Relation zum tagesaktuellen Marktwert ihrer Anlagen. In Zeiten des konjunkturellen Aufschwungs werden die Risiken also zunehmend niedriger bewertet. Die Banken haben dann Eigenkapital frei und müssen weitere Risiken ins Portfolio nehmen, um ihre Eigenkapitalrendite zu steigern. Das kurbelt die Konjunktur zusätzlich an. Beim Umschwung allerdings steigen die gemessenen Risiken an und zwingen alle Marktteilnehmer gleichzeitig zur Aufstockung des Eigenkapitals. Aufgrund der global vereinheitlichten Regelwerke ist jedoch in dieser Situation kein Institut mehr bereit, neue Risiken aufzunehmen und anderen Akteuren im Gegenzug Kapital zu überlassen. Das Dilemma der Eigenkapitalregulierung, dass das Eigenkapital als Risikopuffer dienen soll, dieser Puffer aber letztlich nicht ohne drastische Konsequenzen in Anspruch genommen werden kann, zeigt sich hier in voller Schärfe. Rudolph 2009, S. 3f.
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weil sie weltweit zu einem Gleichlauf der Handlungsmuster führen und daher
prozyklisch wirken.“855 Rudolph fordert daher höhere Eigenkapitalpuffer und
vereinfachte Risikomesssysteme unabhängiger Institutionen im Markt, die differenziert
vorgehen und so das internationale Finanzsystem durch größere Heterogenität
stabilisieren.
Zentraler Punkt der Krise als Geflecht zahlloser Einflussfaktoren scheint demnach ein
Versagen von hierarchischen Regelwerken und Marktstrukturen zu sein. Angesichts
dieser Konstellation müssen die Rufe nach Marktregulierung durch Hierarchien, zum
Beispiel durch den Staat, genauso wie die Rufe nach Heilung der Krise durch die
Marktmechanismen erstaunen. Vor diesem Hintergrund wollen wir noch einmal die
Differenzierung zwischen Markt (Selbsteuerung), Hierarchie (Fremdsteuerung) und den
emergenten dritten bzw. vierten Ausprägungen – Markt- und Organisationsnetzwerken
– bemühen.
Nach Edgar H. Schein bzw. Christof Baitsch und Erik Nagel kann man bei
(Organisations-)Kulturen drei Ebenen unterscheiden. Die erste Ebene von
Organisationskulturen bildet Strukturen und Prozesse, all jenes, was man sehen, hören,
lesen oder fühlen (Artefakte), aber nur schwer auf eine Bedeutung hin entschlüsseln
kann. Diese Oberflächenphänomene manifestieren sich in verbalem und nonverbalem
855 Rudolph 2009, S. 3
-205-
Verhalten, Mythen, Witzen, Ritualen oder Regeln, die gleichsam „Selektions- und
Interpretationsfilter“856 darstellen. Eine zweite Ebene bezieht sich auf Werte, zu denen
auch offizielle Strategien, Ziele, Politiken, Handlungsvorschriften gehören.857 Dabei sind
ebenso gelebte und erlebte Werte, nicht nur die deklarierten, relevant. Eine dritte Ebene
bezeichnet die Basisannahmen, also Vorannahmen über die Wirklichkeit, die
stillschweigend vorausgesetzt, nicht problematisiert und nicht direkt zugänglich sind.
858
Zunächst zur zweiten Ebene, der Werte-Ebene. Vom Netzwerkmodell und den
Erkenntnissen aus dem Wertekreis abgeleitet, unterscheiden wir zwischen vier
verschiedenen Werte-Ordnungen und den für sie typischen Umgang mit Werten.
856 Sackmann 2006 857 Vgl. Baitsch 2009, S. 226 858 Baitsch 2009, S. 226
Zweite Ebene (Deklarierte Werte,
Strategien, Ziele, Politiken)
Erste Ebene (Artefakte, sichtbare
Strukturen und Prozesse, verbales und nonverbales
Verhalten)
Dritte Ebene (Zu Grunde liegende
Annahmen des Wahrnehmens, Denkens,
Glaubens)
-206-
„Markt-Werte-Ordnung“
Ein „marktkonformer“ Umgang mit Werten wäre beispielsweise die vertikale,
hierarchische Anordnung von als subjektiv und konstruktivistisch geltenden Werten.
Innerhalb der Wertehierarchie, ausgenommen der ersten Norm „individueller Nutzen“
(homo oeconomicus), besteht leichte Rotationsmöglichkeit, je nach situativem
Erfordernis, Kontext und den Möglichkeiten der Erfolgsdurchsetzung.
„Hierarchie-Werte-Ordnung“
In Hierarchien herrscht vertikale Anordnung, allerdings handelt es sich eher um
übersubjektive beziehungsweise intersubjektive, kontextunabhängige, verpflichtende,
verobjektivierte Werte mit relativ statischem Charakter, vorwiegend „output“-orientiert,
also auf normative Durchsetzung fixiert.
-207-
„Organisations-Netzwerk-Werte-Ordnung“
Für Organisationsnetzwerke typisch ist die horizontale, gleichberechtigte Anordnung
verobjektivierter Werte, die verpflichtend innerhalb der Gruppe oder des Netzwerkes
gelten. Die Beobachtung von Werten der Umwelt und/oder anderen Systemen folgt
Mustern von Affiliation und Sympathie beziehungsweise von Negation und Ablehnung.
„Markt-Netzwerk-Werte-Ordnung“
Marktnetzwerke charakterisiert eine horizontale, gleichberechtigte Anordnung subjektiv
und konstruktivistisch geltender Werte. Es findet eine Oszillation mit Werten aus der
Umwelt statt, beispielsweise durch institutionalisierte Reflexions- und Lernprozesse.
Dieser für Marktnetzwerke typische Umgang mit Werten lässt sich unter das
subsumieren, was Werner Kirsch, Emeritus für Strategische Unternehmensführung, als
-208-
„Professionalisierung“ bezeichnet: „Professionalisierung hat (vereinfacht) mit der
Existenz nachhaltiger Reflexionen von Führungsrollen zu tun859 […] Bezüglich der
Professionalisierung könnten dann wieder folgende Eskalationsstufen in Erwägung
gezogen werden: (a) Rollenreflexionen unter primärer Bezugnahme auf die Frage, was
machen andere, insbesondere Konkurrenten, Lieferanten, Kunden etc.; (b)
Rollenreflexion unter zusätzlicher Bezugnahme auf ein zentrales Managementmodell
(ohne Reflexion, dass es hier auch eine Vielfalt gibt); (c) Reflexion unter Öffnung
gegenüber der Vielfalt von Ansätzen zur Professionalisierung in der Literatur860 […]
Professionalisierung lässt sich somit an zwei, allerdings eng miteinander verschränkten
Mechanismen festmachen: (1) an Reflexionsprozessen, in denen bewusst die eigenen
Aufgaben, aber auch die eigene Rolle reflektiert werden (was neben einem Erfüllen
fremder Erwartungen an die eigene Rolle, also dem so genannten »role taking«, immer
auch Formen des »role making« als ein bewusstes Suchen nach neuen Rollen und
Aufgaben impliziert) und (2) an Prozessen des Aufgreifens von Wissen, das eine
Unterstützung bei der Erfüllung dieser Aufgaben leistet.“861
Bei vielen Bioakteuren, so haben Darnhofer et al. feststellen können, bestehen
Unklarheiten, ob denn Konventionalisierung nicht gleichzusetzen sei mit
Professionalisierung; zum Teil wird Konventionalisierung als Übergang zur
Professionalisierung gesehen.862 Mit Hilfe des Werte-Ordnungs-Modells lässt sich ein
Unterschied zwischen Konventionalisierung und Professionalisierung herausarbeiten,
der keinen unmittelbar ökonomischen Bezug hat. Professionalisierung braucht ständige
Differenzierung, Suche nach Informationen und offene Reflexion als Fähigkeit, die
eigene Identität im Spiegel ihrer Außenansicht zu betrachten und die Beziehung zu sich
selbst auch noch unter dem Gesichtspunkt der Einheit des Systems zu organisieren.863
Es geht hier mithin um Prozesse der Genese, Kommunikation und Verwendung von
Wissen und damit um stete Verflüssigung, ein In-Bewegung-halten der Wissenströme
und Wissensnetzwerke.864 Nur daraus kann eine – stets zu hinterfragende – breite
Wissensbasis entstehen, die Grundlage sein kann für sozial konstruierte
Wirklichkeitsmodelle und davon abgeleitete Leitmaxime/Werte, die natürlich zirkulär
auch schon in den Prozess der Wissensgenese eingehen.
859 Kirsch 1999, S. 235 860 Kirsch 1999, S. 224 861 Kirsch 1999 II, S. 359 862 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 5 863 Vgl. Luhmann 1987, S. 617 864 Kirsch 1999 II, S. 333
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Konvention ist hingegen die „innerhalb eines Menschenkreises als »geltend« gebilligte
und durch Missbilligung gegen Abweichungen garantierte »Sitte« […] Ein Verstoß
gegen die Konvention (»Standessitte«) wird oft durch die höchst wirksame und
empfindliche Folge des sozialen Boykotts […] stärker geahndet, als irgendein
Rechtszwang dies vermöchte,“865 so Max Weber. Kongruent dazu ist für das Heidegger
das „Man“, in dem „jeder der Andere und keiner er selbst“866 ist. Das Dasein im „Man“
zeigt sich als Durchschnittlichkeit und Einebnung.867 Eine Sache ist so, weil man es
sagt, es immer schon so gesagt hat: „In solchem Nach- und Weiterreden […]
konstituiert sich das Gerede.“868 Oder das Gerücht, mit dem uns mitgeteilt wird, „was wir
zu denken haben, wenn wir weiter dazugehören wollen.“869
Konventionalisierung könnte man ergo als Wiedereingliederung in eine Gruppe
bezeichnen, verbunden mit der Anerkennung der dort vertretenen Werte und Normen.
Die durch Selbstbeobachtung und Selbstbeschreibung „gefundenen“ Werte
konstituieren die Gruppe als „corporate actor“, schaffen eine dauerhafte Repräsentation
der Gruppe in Form von Artefakten und Wertungen. Deklarierte Werte und
„unsterbliche“ Repräsentation stehen dabei in Wechselwirkung. Auf der einen Seite
erhält die artefaktische Repräsentation Wert, einen Eigen-Wert, was dazu führt, dass
die korporative Repräsentation selbst bei einem Wechsel des „Personals“ erhalten
bleibt.870 So feiert man beispielsweise 850 Jahre München oder 110 Jahre Siemens.
Auf der anderen Seite werden damit verbundene Werte und Wertungen „unsterblicher“,
erhalten „Letzwertcharakter“. Doch dadurch sind Lern- und Reflexionsprozesse eher
unflexibel und langwierig, weil sie die Identität des ganzen Systems betreffen.
Konventionalisierung ist also in gewisser Weise mit der Hierarchisierung (von
kollektiven Letztwerten) verwandt und schlägt sich beispielsweise nieder im „Anziehen
der Zügel“, der Vergrößerung von Kompetenzen und Eingriffsmöglichkeiten der Spitzen
865 Weber 1980, S. 18 866 Heidegger 2001, S. 128 867 Vgl. Heidegger 2001, S. 127. So ist auch das „Convenience“ in „Convenience-Food“ der sprachlichen Wurzel des convenire=zusammenkommen ntlehnt. Als Konvenienz rekurriert es auf die gute Sitte innerhalb der Zusammenkommenden und auf Bequemlichkeit. „Convenience-Food“, das es ja in mehreren Preisklassen und Kategorien gibt, ist in seinen Ausführungen für den Massenmarkt insofern eben auch etwas spezifisch Durchschnittliches zueigen. 868 Heidegger 2001, S. 168 869 Kapferer 1997, S. 66 870 Vgl. Weick 1995, S. 53
-210-
und in einem ggf. daraus resultierenden „Teufelskreis“ von Interventionen, der
komplexen Systemen nicht mehr gerecht wird.871
Insofern ist die dem „Eco-Bind“ zuzurechnende „Botschaft von Niederalteich zum 10-
jährigen Bestehen des Ökosozialen Forums Niederalteich“ zwar durchaus nicht
unberechtigt, wenn sie fordert: „Die Kluft zwischen den Zielen weltweiter sozialer
Gerechtigkeit und ökologischem Gleichgewicht bei wirtschaftlich verantwortungsvollem
Handeln auf der einen und der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit
auf der anderen Seite kann nur auf der Basis ethischer und religiöser Werte
überwunden werden.“872
Temporäre Hierarchien – in denen also etwas Geheiligtes oder Heiliges (griechisch
„hieros“) herrscht - sind sicherlich unumgänglich. Der Christ kann sich auch auf
biblische Texte beziehen, die mehr als 3000 Jahre Geschichte des Menschen mit den
Nutztieren einbeziehen.873 Statische Identitäten sind aber auch nur retrospektiv
feststellbar. Erst das mit Erfolg Begründete, das dann auch über eine
Interaktionsgeschichte verfügt, macht die retrospektive Auswahl von begründeten
Werten möglich.874 Der Unterschied zur Konventionalisierung, die auch Hierarchisierung
ist, wird aber durch die Berufung auf zeit- und kontextlos geltende Werte sehr schmal,
liegt nurmehr in den Inhalten, nicht jedoch in der Wertestruktur, in der Werte-Ordnung.
So braucht es wahrscheinlich promovierende und inhibierende Kräfte,875 nicht nur
Gläubige, sondern auch Häretiker, wörtlich „Wählende“, die wissentlich und immer
wieder „das eine dem anderen“ vorziehen, was „die alleinige und besondere
Auszeichnung des Menschen“ ist.876 Jene, die „Code of Conducts“ nicht interpretieren
als präskriptive, dekalogartige Regelwerke einer gesetzgebenden Autorität. Jene, die
das Problem des Nichtwissens der Zukunft nicht leichten Herzens vom Kognitiven ins
871 Willke 1989, S. 24 872 BN 2005, S. 8 873 Vgl. Gottwald 2004, S. 19ff. 874 So wie Entscheider in ihren Entscheidungssituationen zumeist (noch) nicht die Existenz einer Maxime vergegenwärtigen, sondern erst später in die anscheinende Logik konkreter Maßnahmeentscheidungen hineininterpretieren, vgl. Kirsch 2001, S. 63. Analog dazu, so Kirsch, werden auch Unternehmensziele erst retrospektiv gekürt, denn Zielartikulation und Mittelentscheidungsprozess sind eng verzahnt, so dass öfter Ziele den Mittelentscheidungen folgen als umgekehrt, vgl. Kirsch 2001, S. 68 875 Vgl. Gottwald 2003, S. 219 876 Gadamer 2004, S. 35
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Normative verschieben. Denen es um eine fortschreitende, immer wieder neu
einzuübende Verantwortung geht.877
An dieser Stelle wird deutlich, dass Konventionalisierung einen unmerklichen Schritt in
Richtung der dritten Ebene von (Organisations-)Kulturen unternimmt, indem sie
Basisannahmen, Vorannahmen über die Wirklichkeit, zementiert. Zementierte
Basisannahmen immunisieren eine reflexive Beschäftigung mit Werten und Wertungen
auf der zweiten Ebene, zu denen auch offizielle Strategien, Ziele, Politiken,
Handlungsvorschriften gehören, aus denen sie wiederum zwangsläufig jene Annahmen
der ersten Ebene ableiten müssen.
Dabei werden dynamische Strategien – zumindest auf der ersten kulturellen Ebene -
auch von Seiten der Bioakteure befürwortet. Bei den von Darnhofer et al. entworfenen
Indikatoren der Konventionalisierung wurde dies ausdrücklich gewünscht, damit
Entwicklung und kontinuierliche Verbesserungen der Betriebe Berücksichtigung
finden.878 Dynamische Fragestellungen in diesem Bereich können sich auch mit
Ausgleichsregelungen beschäftigen, ob beispielsweise die Übererfüllung mancher
Kriterien ein leichtes Defizit bei anderen Kriterien wettmachen kann. Wobei sich
natürlich empfiehlt, möglichst viele „Mitglieder“ in einen Werte- und Identitäts-
Gestaltungsprozess einzubeziehen, verstärkte Kooperation, Kommunikation und
Netzwerkarbeit innerhalb des Biolandbaus anzustreben und Selbstbeobachtung und
Selbstbeschreibung zu institutionalisieren.
Prozesse interaktiver Wertschöpfung entfalten bereits einen solchen institutionalisierten
„Identitäts-Dialog”: „One of the keys to a mass customized product is a way to help
customers figure out what they want even if they can´t articulate it – like a design
tool.”879 Die spezifische Produktidentität konstituiert sich nach dem Weikschen Motto:
„Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich sehe, was ich sage“.880 Interaktive
Wertschöpfung institutionalisiert Selbstbeobachtung wie Selbstbeschreibung, 877 Ursprünglich hängt „Verantwortung“ mit dem Austausch von Garantien zusammen. „Respondeo, responsum“ heißt es von den Mittelsmännern der Götter, den Priestern, die als Erwiderung auf die Opfergabe ein Versprechen abgeben oder im Tausch gegen ein Geschenk Sicherheit garantieren […] altenglisch and-swaru (an-swer) gegenüber got. swaran „schwören, feierliche Worte sprechen“ stellen wortwörtlich dasselbe wie respondere dar.“ So Benveniste 1993, S. 465f. Diese Form der Verantwortung gegenüber etwas Absolutem erhält einen statischen Ewigkeitscharakter und erhebt den einmal ge- und versprochenen Satz zu einem Kontextunterschiede nicht berücksichtigenden, allgemeinen Gesetz. 878 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 4 879 So Joseph Pine, einer der Vordenker der „Mass Customization“ im Interview; vgl. Thilmany 2009, S. 4 880 Weick 1995, S. 195
-212-
übermittelt Stimuli der Umwelt, die als Information Anlass zum ko-evolutionären,
reflexiven Lernen, zur Rekonstruktion von Identität sein können.
Die digitalen Toolkits, die hierfür nötig sind, erlauben den Einbezug einer großen Zahl
von Kunden in verschiedene Phasen des Innovations- und Wertschöpfungsprozesses.
In diese spezifischen Entwicklungsumgebungen können Kunden ihre Bedürfnisse
iterativ in eine konkrete Lösung überführen. Dem Hersteller kommt so nicht mehr die
Aufgabe zu, Bedürfnisse der Nutzer exakt zu verstehen und selbst in eine mögliche
Lösung zu übersetzen und diese dann zu evaluieren. Vielmehr muss der Hersteller
„nur“ die vom Nutzer selbst geschaffene Lösung produzieren und distributieren.881
Differierende Interpretationen von Produkteigenschaften, Mustern des Gebrauchs etc.
sind Bestandteil dieser Verfahren, Vorbedingung überhaupt für einen
Produktionsprozess.
Analog zu den drei Ebenen der Organisationskultur lassen sich im Bereich der Toolkits
drei verschiedene Arten unterscheiden:882 1. Toolkits zum Ideentransfer aus der
Nutzerdomäne. Diese Toolkits sind „offene Kanäle“ zur Eingabe von konkreten
Verbesserungsvorschlägen, aber auch von neuen Verfahren. Im Fokus steht das breite
Abgreifen genereller Bedürfnisinformation aus einem „freien“, unbegrenzten
Lösungsraum, ggf. sogar im Rahmen von Innovationswettbewerben. 2. Toolkits für User
Innovation, die an der Generierung von allgemeinen Innovationsideen ansetzen und ein
vollständiges Trial-and-Error-Feedback enthalten. Der Unterschied zum Ideentransfer
liegt darin, dass der Hersteller sein vorhandenes Lösungswissen dem Kunden in Form
eines vorstrukturierten Toolkits zu Verfügung stellt - beispielsweise eine Bibliothek an
Funktionen, eine Rückgriffsmöglichkeit auf vorhandene Entwicklungen (CAD-Files) oder
genaue Informationen über das Fertigungssystem. 3. Toolkits für User Co-Design, die
die Leistungsindividualisierung durch individuelle Produktkonfiguration zum Ziel haben.
Alles nur Computer-Spielerei? Auch Kultur, so der niederländische Kulturhistoriker
Johann Huizinga, ist in ihren ursprünglichen Phasen etwas „Spielmäßiges“883 zueigen.
Das Spiel vermag Gemeinschafen ins Leben zu rufen, „die ihrerseits sich gern mit
einem Geheimnis umgeben oder durch Verkleidung als anderes als die gewöhnliche
881 Reichwald/Piller 2006, S. 165 882 Reichwald/Piller 2006, S. 167ff. 883 Huizinga 1961, S. 51
-213-
Welt herausheben.“884 Auch wenn diese Illusion als Spiel durchschaut wird, sie
„packt“885 und kann das Bewusstsein „bloß zu spielen“ in den Hintergrund treten
lassen.886 Erst der „heilige Ernst“887 lässt den Kult auf das Spiel aufpfropfen, „das
Spielen an sich aber war das Primäre.“888 Die Erosion kultureller Sicherheiten und
Identitäten in einer globalen Welt geht zwangsläufig – so könnte Huizinga interpretiert
werden - mit einer Konjunktur vorkultureller Spiel- und Erlebniswelten einher,
„katatoxisch“ mit dem Kampfbegriff „Spaßgesellschaft“889 verbunden, doch warum
sollten aus den freien Formen des Spiels nicht wieder neue Impulse für einen „heiligen
Ernst“890 entstehen können?
Die Spielfelder von Identität, ihrer Bedeutung wie ihrer Entfaltung, sind die Netze,891
reale wie virtuelle Netzwerke. Digitale Entwicklungs- und Feedback-Umgebungen
können durchaus mit der Werte- und Identitätsgestaltung verbunden werden,892 denn
Werte und Identitäten sind ebenso Produkt, eine Vor- bzw. Hinführung.893 Je tiefer die
zur Diskussion gestellte Ebene der Kultur, desto reflexiver und professioneller das
Identitätsmanagement. Darnhofer et al. haben für ihre Betrachtung den Mittelbau der
„Organisationskultur“, die IFOAM-Werte ausgewählt. Handlungsstrukturen und
Prozesse der ersten Kultur-Ebene werden in die zweite Kulturebene subsumiert,
rückgerechnet. Damit kann aufgezeigt werden, dass das nonverbale und verbale
Verhalten der ersten Ebene deutlich von den Werten der zweiten Ebene differieren
kann.
In der Sprache der „Toolkits“: Darnhofer et. al haben aufgezeigt, dass das „User Co-
Design“ auf der ersten kulturellen Ebene innerhalb des zur Verfügung gestellten
Lösungsraumes der zweiten kulturellen Ebene abweichende Ergebnisse, ungewünschte
Interpretationen, hervorbringt. Aber sind die drei kulturellen Ebenen tatsächlich
hierarchisch aufzufassen, und geht aus der einen zwangsläufig die andere hervor wie
bei einer russsischen Matrjoschka-Puppe?
884 Huizinga 1961, S. 19ff. 885 Pfaller 2002, S. 115 886 Huizinga 1961, S. 27 887 Huizinga 1961, S. 50 888 Huizinga 1961, S. 131 889 Vgl. Schulze 2004, S. 148 890 Analog zur „Spassgesellschaft“ kann das Gegenteil des heiligen Ernstes nur der Heidenspass sein. 891 So Münker 2004, S. 347 892 Inkrementelle und iterative Vorgehensmodelle, die eine zyklische Wiederholung (Strategieschleife) der einzelnen Phasen vorsehen, wären dazu besonders geeignet. 893 Lateinisch pro-ducere= vor- bzw. hinführen
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Die Frage ist also, ob aus erkenntnistheoretischen oder anthropologischen Sichten der
ersten kulturellen Ebene bestimmte Werte erwachsen müssen, aus denen sich
wiederum bestimmte Handlungsethiken und Handlungen zwangsläufig generieren. Und
andererseits ob dieser Weg auch in seiner Umkehrung gilt, ob also von einem Handeln
auf das Vorhandensein bestimmter werthafter Orientierungsmuster und diesen
wiederum bestimmte generelle Annahmen zugrunde liegen. Es fragt sich also, ob die
kulturellen Ebenen nicht vielmehr heterarchisch interdependent, als kausal-hierarchisch
gegliedert sind.
So ließe sich verbales und nonverbales Verhalten (Ebene 3) auf Passfähigkeit in
spezielle Handlungsrichtlinien, also spezielle Interventionsstrukturen auf der gleichen
Ebene einordnen.894 Es lassen sich ebenso Rückschlüsse von deklarierten Strategien
oder „Codes of Conduct“ auf zugrundeliegende Werthaltungen (Ebene 2) ziehen.
Ebenso können zum Teil Ankerpunkte ganzer Theoriegebäude auf
erkenntnistheoretisch-anthropologische Grundpräferenzen (Ebene 1) untersucht
werden, beispielsweise Rationalismus, Empirismus, Skeptizismus, Idealismus. Aber ob
ein den speziellen Anbaurichtlinien eines Verbandes des Biolandbaus nicht
entsprechendes Handeln (Ebene 3) auf bestimmte erkenntnistheoretisch-
anthropologische Grundhaltungen (Ebene 1) bei demselben Handelnden schließen
lassen können, ist fraglich. Auf der anderen Seite lassen die Kriterien der Gerechtigkeit
und der Fürsorge einen enormen Interpretationsspielraum zu, so dass fast jede
Handlung sich auf diese Wertigkeiten berufen könnte. Die Tabelle Darnhofers et al.
würde auch Sinne ergeben, wenn man sie von rechts nach links lesen würde.
In Folge dessen interpretieren wir das an E.H. Schein angelehnte Modell der
Organisationskultur von Baitsch und Nagel weniger hierarchisch denn heterarchisch.
zyklisch, oszillierend, interdependent. Die Ebenen sind interdependent, aber nicht so,
dass ein einfaches Justieren am Stellhebel der einen Ebene gewünschte Ergebnisse
auf der anderen zeitigt, zu Wettbewerbsvorteilen führt, zur Systemerhaltung, zu einer
Identität aus einem Guss. Dafür benötigt es spezifische Kontextsteuerung auf jeder
Ebene.
894 Was logisch zwingend einen Abschluss der Handlung verlangt, der aber nicht objektiv, sondern nur subjektiv von einem Beobachter durch Interpunktion festgestellt werden kann und in Folge dessen die Gesamthandlung und/oder das Ergebnis einer retrospektiven Bewertung zugänglich macht.
-215-
Vor diesem Hintergrund soll die dritte Ebene organisationeller Kultur, die wir bereits im
Kapitel 2.1. (Kultur) und 2.2. (Natur) behandelt haben, noch einmal aufgegriffen
werden. Autistische Strategien der „Trivialisierung“895, die prinzipistische Schnürung
vergangener Plateau-Wahrheiten, können fehlende Viabilität, ungenügende
„Alltagstauglichkeit“ im Umgang mit anderen Systemen oder der Umwelt zur Folge
haben. Da Trivialisierung mit Hierarchisierung und Konventionalisierung einhergeht, ist
sie per definitionem aus Lösungsmöglichkeiten des Ökologischen Landbaus
ausgeschlossen, der sich bewusst durch eine Gegenidentität von der
Konventionalisierung absetzt, abtrennt. Trennung oder Scheidung bezeichnet das
griechische Wort „Krisis“. Instabilitäten und Krisen sind nicht irrelevant, denn sie sind
die Voraussetzung für neue stabilere Strukturbildungen. Der ökologische Landbau hat
seine stärksten Impulse aus dieser Trennung, einer kritischen Hinterfragung
sozioökonomischer Konstellationen der „Konventionen“ und „Konventionellen“ erhalten.
So an der Wende zum 20. Jahrhundert, zwischen den Kriegen, in den 50er und 70er
895 Eine triviale Maschine ist durch eine eindeutige Beziehung zwischen ihrem Input (Stimulus, Ursache etc.) und ihrem Output (Reaktion, Wirkung) gekennzeichnet. Die „Maschine“ besteht aus einer als „unveränderbar“ gekennzeichneten Beziehung, der „output“ ist demnach durch Beobachtung bestimmbar, weswegen die Maschine als ein deterministisches, vorhersagbares System, gekennzeichnet werden kann; vgl. Foerster 1993, S. 357f.
Erste Ebene (Artefakte, sichtbare
Strukturen und Prozesse, verbales und nonverbales
Verhalten)
Zweite Ebene (Deklarierte Werte,
Strategien, Ziele, Politiken)
Dritte Ebene (Zu Grunde liegende
Annahmen des Wahrnehmens, Denkens,
Glaubens)
-216-
Jahren sowie in der Wende zum 21. Jahrhunderts, die ja mit diversen
Nahrungsmittelskandalen gepflastert war.
Die „ökologische Krisen-Identität“ manifestiert so etwas wie einen anschließenden
Ausschluss, eine Ablehnung wie gleichzeitig strukturelle Kopplung an die
„Konventionelle“. Durch die Thematisierung ökologischer Probleme, an denen das
Ausmaß des „Nichtwissens“ der „Konventionellen“ deutlich wird, verunsichert der
Ökologische Landbau Gesellschaft wie „Konventionelle“ nach Maßgabe eines
Tauschprinzips, das Differenzen zwischen „Natur“ und Kultur zu überwinden trachtet,
dabei aber weitere Differenzen, unter anderem innergesellschaftlicher Art,
verursacht.896 Der Ökologische Landbau wirkt also auf das Immunsystem der
„Konventionellen“ wie eine Vakzination, eine aktive Impfung mit abgeschwächten oder
fragmentierten Krankheitserregern. Wie ein Beobachter, der sieht, was die „Konvention“
nicht sieht, nämlich den „blinden Fleck.“
Der blinde Fleck ist eine „lokalisierte Blindheit“ im Auge als Folge des Fehlens von
Photorezeptoren (Stäbchen und Zapfen) an dem Punkt der Retina, wo alle Fasern von
der lichtempfindlichen Schicht des Auges zusammenkommen und den Sehnerv bilden.
Diese Blindheit wird aber nicht als Blindheit wahrgenommen, d.h. weder als etwas, das
gegeben ist, noch als etwas, das fehlt: Wir sehen nicht, dass wir nicht sehen. Insofern
ist es auch „unmöglich, etwas objektiv zu beschreiben.“897 Der „blinde Fleck“ macht vor
niemandem Halt. Ein ganzheitlicher Ansatz kann ergo nur ein solcher sein, der die
Vielfalt von Natur- und Wertprojektionen berücksichtigt. Denn je mehr Be- und
Anreicherung von Einstellungen auf ein und denselben Gegenstand vereint werden
können, desto reicher an Aspekten stellt dieser in den jeweiligen subjektiven
„Realitäten“ dar.898
Dem entspräche auf der driten kulturellen Ebene eine Agrarkultur des Respekts im
wahrsten Sinne des Wortes,899 ein Schauen, das nicht abhakt, sondern wiederholende
Hinwendung in der Vorstellung ist, dass sich die Wahrnehmungsweise - Anblicken und
896 Vgl. zu diesem „teuflischen“ Tauschprinzip Luhmann 1991, S. 66 897 Foerster 1939, S. 353 898 Vgl. Honneth 2005, S. 75f. 899 Lateinisch „respicere“ = nochmals hinsehen; Akzeptanz = acceptare = wiederholt empfangen, annehmen
-217-
Angeblicktwerden – auch umkehren könnte.900 Vielfalt braucht – was letztgültige
Ansprüche anbelangt – ein „schwaches Denken901,“ eine „Kultur der Bescheidenheit“,
eine Haltung der Gelassenheit, „des Offenen, des Nicht-zu-und-eingreifens, auch Nicht-
begreifens“,902 der pluralen Definitionen von Natürlichkeit.903
Benötigt wird letztlich ein „schwaches Denken“, das analog zur Metapher des Werte-
Kultur-Kreises wie die Spiralbewegung eines mäandernden Tornados zu denken ist.
Tornados entstehen in Folge des Zusammenpralls zwischen Wetterfronten mit kalter
und warmer Luft beziehungsweise zwischen hohem und tiefem Luftdruck als
ausgleichende Luftbewegung. Beim Tornado ist die interne Rotationsgeschwindigkeit
wesentlich höher als die der linearen Bewegung. Aber je näher man dem Mittelpunkt
des Tornados kommt, desto stärker die Druckabsenkung. Das „schwache Denken“ als
pragmatische Orientierungsmarke steht dabei zwischen dem „hohen Luftdruck“
fundamentalistischer Letztbegründungen und dem oftmals auch rigorosen „niederen
Luftdruck“ steter Dekonstruktion. Schwaches Denken hebt hegelianisch die
Annahmepflicht der Letzbegründungen wie auch die Verweigerungspflicht der
Dekonstruktion auf, vernichtet den Absolutheitscharakter beider Verpflichtungen,
bewahrt sie aber als antagonistisch-dialektisches Prinzip und erhöht sie, indem daraus
etwas Drittes, Emergentes erwächst.
Das „schwache Denken“ folgt damit nicht der harten kausal-statischen „weil“-
Begründung, sondern dessen etymologischem Ursprung, der Weile, die auf den
Übergang, auf Bedeutungen des „während es so ist“ verweist.904 Diese „weilenden“
Interpretationen sind nur eine Annäherung - „Interpretation ist immer unterwegs“905 -
und müssen auf letztes Verstehen verzichten, ohne von der Anstrengung des
Verstehens zu lassen.906 „Schwaches Denken“ schafft eine „frei“-lassende Ökologie.907
Gerade im Rahmen einer „multifunktionalen Landwirtschaft“,908 die nicht nur Agrargüter
für den Markt produziert, sondern gleichzeitig noch andere „nicht importierbare“, so
genannte gemeinwirtschaftliche Leistungen erbringt, ist eine frei-lassende Ökologie im
900 Böhme 1989, S. 185 901 Vgl. Vattimo 2007, S. 33ff. 902 Baruzzi 1993, S. 370 903 Lau 2001, S. 95 904 Vgl. Badura 2006, S. 6 905 Gadamer 2004, S. 47 906 Schönherr-Mann 2004, S. 28 907 Gemäß Abels (2004, S. 97) „freilassender Ethik“. 908 Popp 2004, S. 80
-218-
doppelten Sinne erforderlich. Denn die Definition, was denn im Einzelnen unter
„gemeinwirtschaftlichen Leistungen“ zu verstehen ist, braucht einerseits Interpretation
und andererseits eine Handlungsweise, die Interpretations- und Möglichkeitsspielraum
erhält.
Gründe und Wertungen der zweiten kulturellen Ebene können trotz dieser „frei-
lassenden Ökologie“ auf der ersten kulturellen Werteebene tragfähig werden, aber sie
sind es nicht deshalb, weil sie die „einzigen“ Begründungen wären, sondern weil
diejenigen, die sich auf sie beziehen, diese bewusst ausgewählt haben und sich an sie
binden.909 Sobald fundamentalistische Verfestigungen spürbar werden, „verschwendet“
das „schwache Denken“ seine Grundlagen in einem immateriellen „Potlatsch“.910 Was
auch außersystemische Wirkungen zeitigen sollte, wie Jean Baudrillard etwas
pathetisch formuliert: „Wenn die Herrschaft daraus entspringt, dass das System das
Monopol der Gabe ohne Gegengabe innehat [was Traditionen, Hierarchien etc.
auszeichnet, JAS], dann ist die einzige Lösung die, gegen das System das Prinzip
seiner Macht selbst zu kehren: […] Das System herauszufordern durch eine Gabe, auf
die es nicht antworten kann, es sei denn durch seinen eigenen Tod und
Zusammenbruch. Denn niemand, nicht einmal das System, entgeht der symbolischen
Verpflichtung.“911
Mit dem „schwachen Denken“ ist Identität, was Identität schon immer war, nämlich
keine sich automatisch oder deterministisch einstellende Identität, sondern eine
gewünschte Identität, hergestellt durch diskursive Rekonstruktion der Identität (von
Beobachtern) und substantielles und nachhaltiges „Warum“-Fragen.912 Denn über
welche Identitäten, Grenzen, Umwelten eine Organisation sinnhaft verfügt – auch
potentiell -, kann sie nur herausbekommen, indem sie beginnt, über ihre eigenen
909 Badura 2006, S. 9 910 Potlatsch ist ein historisches, indoeuropäisches Phänomen, die Zurschaustellung und Vernichtung von Reichtümern anlässlich eines Festes, an dem verschwenderisch mit einem Gut umgegangen werden muss, um zu zeigen, dass es einem nicht darauf ankommt, und um seine Rivalen durch die sofortige Vergeudung zu beschämen. Die Rivalen werden ihrerseits zum (Aus-)Geben provoziert, woraus sich ein nicht enden wollender Kreislauf ergibt; vgl. Mauss 1990 911 Baudrillard 1991, S. 64ff. 912 Typische Fragen im „Digitial Leadership“-Zeitalter wären beispielsweise: Gibt es ein Company-Monitoring, das die Kultur des Unternehmens in adäquater Weise abbildet? Gibt es eine vernetzte Bewertung der unterschiedlichen Teilaufgaben des Unternehmens? Welche ernst zu nehmenden Dialogformen gibt es als Bestandteil des Company-Monitoring? Gibt es ein kontinuierliches State-of-the-World-Monitoring, einen CEO-Radar? Wird dieser Radar den Anforderungen einer Digital-Newsroom-Welt gerecht? Zum „Digital Leadership“ und seinen wichtigsten Fragen vgl. Gottwald 2003/3, S. 230f.
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Vorstellungen zu sprechen, nach dem (zentralen Organisations-)Motto von Weick: „Wie
kann ich wissen, was ich denke, bevor ich sehe, was ich sage“.913
Damit wären Wertungsprozesse auf der zweiten Stufe kultureller Identität möglich, die
einem Seiltanz gleichen. Ein Seiltänzer kann passiv und starr – aber im Gleichgewicht –
auf dem Seil stehen und jede Bewegung nach rechts oder links unterlassen. Jede
plötzliche Abweichung führt hier zum Sturz. Andererseits führen aber starke
Pendelbewegungen um den Gleichgewichtspunkt zu einem dynamischen,
ökonomischen Gleichgewicht.914 Wenn Identitätsmanagement also immer im Aufsuchen
des Schnittpunktes zweier konträr-komplementärer Prozesse liegt, Identität sich also
zwischen dem Beharren auf Erprobtem und dem Anpassen an veränderte Kontexte
bildet, dann kann es geboten sein, antagonistische Prozesse zu implementieren.
Es kommt hier weniger auf den Schnittpunkt, auf den Konsens an, „der nur Anlass zu
seiner Auflösung bieten kann“915, sondern auf die informationellen Gewinne aus der
diskursiven Rationalität. Identitätsmanagement auf der zweiten Stufe kultureller Identität
oszilliert damit zwischen einerseits einem Übermaß an Werten, Wettbewerb und
Konflikt, mit der Gefahr, dass jeder Akteur seine eigenen Interessen verwirklicht und
Entscheidungen anderer nur akzeptiert werden, wenn sie den eigenen Zielen nicht im
Wege stehen, wobei jede Kanonisierung als ein Mechanismus künstlicher Verknappung
und damit Hierarchisierung zu verstehen ist, was schöpferische Kreativität gefährdet.
Leitbilder können also „mimetisch“ sein, die Aufforderung oder Pflicht zur Kopie
beinhalten. Oder alles „auf eine Karte“ setzen, wobei Karten „offen“ sind, „in allen ihren
Dimensionen verbunden“, „ständig modifizierbar“.916 Gelingende Integration,
Identitätsmanagement, verlangt beides; einen Mischungsgrad zwischen Independenzen
und Interdependenzen.917
Die Mischungsgrade finden sich in allen „Traditionen“, da diese ebenso einem
Reproduktions- und Interpretationsprozess unterliegen,918 der schon aufgrund der
Unterschiedlichkeit der Konstrukteure und ihrer jeweiligen Kontexte ausgeschlossen ist.
Grundwerte aus den Anfängen der biologischen Landwirtschaft mit neuen Werten zu
913 Weick 1995, S. 195 914 Beispiel in Simon 1993, S. 257 915 Willke 2005, S. 229 916 Deleuze 1977, S. 21 917 Willke 1989, S. 9 918 Vgl. Kirsch 2001, S. 14
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verbinden, wie es Franz-Theo Gottwald vorschlägt,919 ist also nur die berechtigte
Forderung nach Reflexivität eines Prozesses, der sowieso tagtäglich inkrementell, aber
nicht öffentlich reflektiert, geschieht. Der Ökologischen Landwirtschaft ist ein Denken in
Kreisläufen zueigen, das an einen innerstrukturell geforderten Wandel von Identität
anschließen kann: an die „Fruchtfolge“. Damit könnten sich dynamische Strategien
etablieren, denen das Zulassen und Kultivieren von Widersprüchen,920 die situative,
nicht ideologische, Angemessenheit,921 die immerwährende Selbstbeunruhigung922
inhärent ist.
Das alles spricht für die Institutionalisierung des Paradoxes auf der zweiten der Werte-
Ebenen. Für – beispielsweise - Identitätsallianzen über die horizontale wie vertikale
Wertschöpfungskette, mit den spezifischen Identitäten und Identitätsmanagement-
Methoden eines „Eco-Flux“ und „Eco-Bind“,923 aber auch darüber hinaus. Dieses
institutionalisierte, chronisch skandalöse Koan924 vermag nicht nur den Zugang zur
Alterität, sondern auch die Schöpfung des Neuen (aus dem Alten) zu ermöglichen.925
„Neues“ kann nur in Abgrenzung zu bereits Gegebenem entwickelt werden.
Innovationen sind ohne den routinierten Einsatz von Ungewissheit (Vorstellungen über
das Unbekannte, Neue) und Planung (mit und anhand des Gegebenen) nicht
denkbar.926 Konkurrierende Ziele und Maxime regen dabei Kreativität und Diskurs an927
und stehen selbst einem einheitlichen Gesamtbild nicht entgegen. Schließlich muß es
auch unterschiedliche Versionen einer Story mit speziellen „Buzzwords“ geben, je
nachdem wem gegenüber man diese Story erzählt.
919 So mit Recht Gottwald 2009. Denn es besteht immer auch die Gefahr, dass Ideen, Epochen ins Museum verlegt werden, wo sich findet, was einst als wahr und entscheidend empfunden wurde, aber jetzt nicht mehr ist, so Agamben 2005, S. 82 920 Kelly 2005. Es war schon immer möglich in mehreren Kulturen oder Subsystemen zu leben, zu wandeln. Unter anderem durch das Studium alter Kulturen auf der Grundlage von Büchern oder konkreten Anschauungsgegenständen, Sprachen, Musikkompositionen, (Nahrung-)Gerüchen etc. 921 Vgl. Baecker 2007 II sowie Krusche 2008 922 Vgl. Krusche 2008, S. 77ff. 923 In der Vergangenheit haben eher höher gebildete, einkommensstarke Personen mit konservativem („bereits Gegebenem“) und/oder postmateriellem („Neues“) Hintergrund die Kernbezugsgruppe konstituiert; vgl. Spiller 2006, S. 5. Personen, die Bio-Produkte überwiegend im Bio-Supermarkt einkaufen, sind überdurchschnittlich jung und einkommensstark, ggf. also mit Nähe zu den „Eco-Flux“; vgl. SevenOneMedia 2008, S. 22 924 Ein Kōan ist im chinesischen Chan- bzw. japanischen Zen-Buddhismus eine Art (sehr) kurze Anekdote oder eine Sentenz, die eine beispiel- oder lehrhafte Handlung oder pointierte Aussage eines Zen-Meisters, ganz selten auch von Zen-Schülern, darstellt. Das 18. Kōan des Mumonkan beispielsweise lautet: „Ein Mönch fragte Tozan: 'Was ist Buddha?' Tozan antwortete: Masagin, drei Pfund Flachs.“ Vgl. www.wikipedia.de zu „Koan“ 925 Mersch 2009, S. 12 926 Baecker 2009, S. 260 927 Ganz nach der Sentenz Gottfried Benns: „Ach, synthetisieren Sie doch nicht! Verweilen Sie vor dem Unvereinbaren, halten Sie durch usque ad finem.“ In „Drei alte Männer“, Benn 2006, S. 439
-221-
Lindenthal et al. bemängeln mit Recht eine zunehmend eindimensionale Wirkung von
Bioprodukten am Point of Purchase. Sie sehen darin eine Anpassung der für Bio-
Produkte geltenden Qualitätskriterien an konventionelle Kriterien (z.B. bei Backweizen,
Schweinefleisch, Apfelproduktion), was nicht zuletzt von Verarbeitung und Handel
wesentlich mitgeprägt würde. Daher fordern sie erweiternde Parameter für Bioprodukte
(Regionalität, Vitalitätsbestimmungen, Rasse/Sorte).928 Und auch die Mehrheit der
Bioakteure würde befürworten, wenn faire Preise, Klimaschutz, Nachhaltigkeit,
Regionalität und soziale Standards Teil der Biolebensmittel wären.929 Eine darauf
abzielende Markenführung und -politik, die ja in jedem Fall aktives
Identitätsmanagement innerhalb einer strukturellen Kopplung von Hersteller und
Konsument ist, setzt dem prinzipiell keine Grenzen. Gesundheit hat nicht nur die
körperlich-individuellen Komponenten, wie sie sich in der Health-Claim VO finden.
Seelisch gesund macht so manchen auch der ethische Konsum. Markenpolitik ist mehr
als Marktpolitik und hat generell nichts mit Konventionalisierung zu tun, die wiederum
nicht nur auf die Ökonomie zu beschränken ist, sondern auf jede statische
Hierarchisierung zutrifft.
Wobei auch klar ist, dass es gänzlich ohne Konvention nicht geht. Auch
Kontextsteuerung ist Steuerung, Intervention. So gilt es, die richtige Balance zwischen
Vielfalt/Auswahl und Einfalt/hierarchischen Vorgaben zu finden. Und das nicht nur am
Point of Purchase: „It is important to remember that when a customer is exposed to
myriad choices, the cost of evaluating those options can easily outweigh the additional
benefit from having so many. The resulting syndrome has been called the “paradox of
choice”, in which too many options can actually reduce customer value instead of
increasing it.”930 Sondern auch hinsichtlich der Biodiversität: Ein „Zuviel“ an Vielfalt und
Mobilität in einem Ökosystem gefährdet die Bildung von Beziehungen, die sich als
„kaleidoskopartiges Muster sich fortbewegender Spiralen“ formen, so der Bio-Physiker
Erwin Frey von der LMU München.931
Insofern befruchten sich Konventionelle wie Ökologische Landwirtschaft gegenseitig. So
wie der Ökologische Landbau eine „Blinde Fleck“-Ethik, eine Vakzination gegenüber
928 Lindenthal 2006, S. 6 929 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 3 930 Piller 2009, S. 74. 931 Frey 2008, S. 69. Frey Bild der „kaleidoskopartigen Muster sich fortbewegender Spiralen“ ähnelt stark unserer Tornado-Metapher, die wir hierfür den Kulturprozess verwenden.
-222-
dem konventionellen Landbau ist, so wichtig ist die „Konvention“, sind die
„Konventionellen“ für den Biolandbau und die eigene spezifische Bio-Identität. Man ist
sich gegenseitig ein Pharmazeutikum, ein „Pharmakos“. Die „Pharmakoi“ jagte man in
der griechischen Polis – geschmückt mit Laub und mit Sünden des Gemeinwesens
überhäuft – vor die Stadt und schlug sie tot. Im Glauben, dass ihr Tod Heilung brächte
und das ungütige Schicksal von der Stadt abließe.932 Damit waren die „Pharmakoi“
sowohl Übel-Bringer als auch Heils-Bringer, Krankheitserreger und Therapeutikum,
Verführer und Erlöser. In den Formen und Organisationen des Landbaus weist man
glücklicherweise den Anderen nur noch aus dem Konzept eigener Identität aus, braucht
ihn aber auch zur Konkretisierung der eigenen Selbstbeobachtungen und
Selbstbeschreibungen.
Vielfalt, auch identitäre Vielfalt, braucht Falten im Sinne von Verwerfungen und
Facetten. Vielfalt steht einfachen, linearen Lösungen entgegen. Zur Vielfalt gehört die
Ent-Faltung, nicht das Glatte, Gebügelte, einheitlich Gemachte. Zur Bewahrung der
Vielfalt könnte eine kontextgesteuerte Strategie der „Flexible Response“ an allen
Punkten der Wertschöpfungskette beitragen, eine Strategie, die auch ohne
prinzipistisches „Freund-Feind-Denken“ einer „Massive Retail-iation“933 entgegenwirkt.
Eine flexible Strategie, die stetig materielle wie ideelle Werte reflexiv professionalisiert,
Waren und Warenkennzeichnungen in Frage stellt, nie statisch behandelt, sondern
darin immer „Umstellungsware“ sieht. Diese Kultur des Wissens erfordert einen anderen
Menschentypus. Es scheint kein Zufall zu sein, dass erstmals wieder seit Beginn der
industriellen Revolution Menschen wieder Maschinen „schlagen“. Auch weil ihnen eine
Schätzung und Bewertung immaterieller Dinge wie Schönheit, Natur und Landschaft
gelingt.
Die Erfolgsgeschichte eines schwedischen Möbelhauses ist mit dem Claim „Entdecke
die Möglichkeiten“ verbunden. Die Erfolgsgeschichte des Biolandbaus könnte
umschrieben werden mit: „Entdecke alle Möglichkeiten (Eco-Flux) und bewahre sie
(Eco-Bind).“
932 Vgl. Schulze 2007, S. 486, FN 64 933 „Flexibel Response“ war die ab 1967 bis zum Ende des Kalten Krieges 1991 geltende NATO-Verteidigungsstrategie, die das Konzept der Massiven Vergeltung (Massive Retaliation) ablöste. Bei der Retaliation wie auch der „Retail-iation“ gilt das Prinzip der mittelalterlichen „Territion“ – der sog. „Schreckung“ -, in welcher bereits das Vorzeigen der Folterinstrumente „Eindruck“ machte.
-223-
ANHANG
Gegenüberstellung von Eco-Flux, Eco-Heritage, Eco-B ind
Kategorie 934
Eco-Flux Eco-Heritage Eco-Bind
Identität Identität durch Wandel Identität im Kreislauf der
Natur, Plateautradition
Identität durch Kontinuität
Raumstruktur Kreative Diversität Abwechslung Ordnung
Kultur / Wahrnehmung Kultur des Spiels, Freiheit,
schnelle Entscheidungen
One-World-Kultur Kultur der Sicherheit, Zeit für
das Wichtigste und
Überdauernde (Institutionen,
Familie), Wohlüberlegtheit
Wahrheit Wahr ist, was wir im Austausch
mit anderen als sinnvoll
definieren
Wahr ist, was allen nutzt Wahr ist, was überliefert ist
und was „schon immer so war“
Veränderungen Veränderung hält uns wach, sie
ist willkommene Möglichkeit,
unsere Kooperation und unsere
Aufmerksamkeit zu optimieren
Veränderungen sind
wünschenswert, wenn sie uns
in die richtige Richtung
weiterbringen
Veränderungen bringen
Unruhe, Unordnung, und
Verunsicherung
Zumutbarkeit Selbstverantwortung Fürsorge was das „Gruppen“-
Management“ bestimmt
934 Mit Anregungen aus Baitsch 2009, S. 236f.
-225-
Kategorie
Eco-Flux ECO-Heritage Eco-Bind
Fehler Fehler sind nur Fehler aus der
Sicht eines Beobachters und
weisen auf Optimierungs-
potential hin
Fehler können jedem
passieren, aber möglichst
nicht zweimal
Fehler deuten auf Versagen
hin
Egoismus /
Solidarität
Lose Kopplung Einer für alle, alle für einen Teams- und Subkulturen
Produktgefühl Innovation, Emotion/Gefühl,
hybrid
Bewusst und solidarisch Hang zum Bewährtem,
Klassischem
Sehen (Bilder) Dunkle Farben, dunkelrot,
schwarz, zwanglos aber
einfallsreich
Natürliche, helle Gelbtöne Herbstfarben,
warm, dezent, gedeckt
Hören (Töne)= Eher lauter und anregend,
schnell, synkopiert
Dur, lebhaft, fröhlich Ruhig und regelmäßig,
gedämpft, hell, einfache
Harmonien
Riechen / Schmecken Süß, kräftig, würzig, knusprig,
scharf
Sauer und süß, frisch Wiederkehr der Gerüche in
und um Mutters Küche, saftig,
bitter, salzig
Fühlen (Material) Fest, rau, heiß, schwer Glatt, lichthaft, weich, warm Weich und eher warm, leicht,
-226-
Firmenverortung anhand ihres Web-Auftrittes
Marke Werte Verortung
„besser bio“ / Bio-Molkerei
Lembach
Gesündere Umgebung, besseres Leben, natürlicher
Kreislauf, keine Gentechnik und Agrarchemikalien, regional
Eco-Heritage
Aldi / Bio, Prima Bio Keine Angaben auf den Netz-Seiten Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen)
Allos Qualität, Gesundheit, Handwerk, Umweltschutz,
Nachhaltigkeit, Eigenständigkeit
Eco-Heritage
Alnatura Ganzheitliches Denken, Kundenorientierung,
Selbstverantwortlichkeit
Eco-Flux, Heritage
Andechser „Natürliches natürlich belassen“, „Ökologisch-ökonomisch
wirtschaften“, „Verantwortungsvoll den Menschen dienen“,
ethisch verantwortliches Wirtschaften + Lebensführung,
gutes Gewissen, Urlaub auf dem Bio-Bauernhof, Bio-Club-
Andechs
Eco-Heritage, Eco-Bind
Basic „Bio für alle“, Gesundheit und Genuss, Harmonie,
Verantwortung, Vielfalt
Eco-Bind, Eco-Heritage
Bio Company Gesundheit, faire Preise, Regionalität, artgerechte
Tierhaltung
Eco-Bind
Bio Verde Isana Höchste Qualität, Naturfeinkost, Geschmack, Gesundheit Eco-Heritage / Eco-Flux
-227-
Bio Wertkost Ausgewogene, vollwertige Ernährung, Abwechslung,
Genießer
Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen)
Bio Zentrale / Gut&Gerne Qualität, Wirtschaften im Einklang mit der Natur,
Nachhaltigkeit
Eco-Heritage
BioBio / PLUS Bio-Produkte für alle, Kleine Preise, Graphische Anmutung Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen) / ggf. Eco-Bind
Bio-Kreis Ökologisch, regional, gesund, handwerklich Eco-Heritage
Bioland Geschlossene Kreisläufe, Bodenleben, keine
agrarchemischen Dünger+ Schutzmittel+Gentechnik,
Hecken, stabiles Ökosystem, höchste Qualität
Eco-Heritage
Bionade Humor-Botschaften:
„33cl gegen innere Leere“
„Egal wo ihre Aktentasche hin will – fahren Sie heute mal in
die andere Richtung“
„Gut in Bio. Schlecht in Chemie“ (nahe Schulen/Unis“
„Unser Ausgehtipp – Wenn Litschi ausgegangen ist, einfach
nachkaufen“
„Holunder statt Blackberry“
Eco-Flux
Bioness / Lidl Hochwertig, schmackhaft, gesund Premium-Handelsmarke
Biopark Qualität, artgerechte Tierhaltung, Gentechnikfrei Eco-Heritage
Bioquelle Wertvolle Lebensmittel für eine ausgewogene Ernährung Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen)
-228-
Bio-Sonne / Norma „Ökologische und sinnvolle Nutzung der natürlichen
Ressourcen“
Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen)/ ggf. Eco-Heritage, aber Infos
spärlich
Demeter Anthroposophie, Partnerschaft, Umwelt, Qualität Eco-Bind / Eco-Heritage
Denn´s Biomarkt Verantwortung, faire Preise, Geschmack, Region Eco-Bind
Ebken Wohlbefinden, Gesundheit Eco-Flux / Funktionaler Nutzen
EBL Naturkost Gesund, lecker, regional, ökologisch Eco-Heritage / Eco-Bind
Ecoland Naturgemäßer Landbau im Sinne des Natur- und
Umweltschutzes, Erhalt der Kulturlandschaft und Stärkung
des ländlichen Raumes fördert, ohne Ideologien und
Dogmen zu arbeiten, Praxisbezug, Dialog, Offenheit für
wissenschaftliche Erkenntnisse, flexibler Verband
Eco-Heritage / Bio-Eco-Flux
Ecovin Schonender Umgang mit Boden und Wasser, Prävention
statt Pestizide, keine transgenen Reben und Hefen,
Gesundheit, Geschmack
Eco-Heritage
Edeka / Wertkost Bio-Siegel Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen)
Erkorn Verantwortung, Ökologie, Discount Eco-Bind
Füllhorn / REWE-Bio Genuss, Verantwortung, Vielfalt für jeden Tag Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen)
-229-
Gäa Ganzheitlichkeit, Stützung regionaler Strukturen und
privatrechtlicher Wirtschaft, Fairness und partnerschaftliche
Zusammenarbeit
Eco-Heritage
Grünes Land / Real Vertrauen, individuelle Gesundheit, Tradition, Geschmack Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen) / ggf. Eco-Bind,
Hermannsdorfer
Landwerkstätten
Artgerechte Tierhaltung, Bodenbedarf berücksichtigend,
ehrliches Handwerk, moderne Technik, hohe Qualität,
zukunftsweisend, Nähe, Region, Vertrauen
Eco-Heritage / Eco-Bind
Hipp Christliche Tradition, Tradition, Ethik-Management,
Nachhaltigkeit, Umweltschutz
Eco-Bind / Eco-Heritage
Lebensbaum / Ulrich
Walter GmbH
Nachhaltigkeit, Harmonie, Soziales, Qualität Eco-Heritage
Müller / Bio Primo Gesundheit, Geschmack, Abwechslung Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen)
Naturkind / Kaisers,
Tengelmann
Bewusste Ernährung, hochwertige Lebensmittel, Geschmack Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen)
Naturland Ganzheitlichkeit, Nachhaltigkeit, Natur- und Klimaschutz,
Sicherung von Boden, Luft, Wasser, Verbraucher
Eco-Heritage
Netto / Maximum Natur Gesund, traditionell, artgerechte Tierhaltung Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen) / Eco-Bind
Ökoland Qualität&handwerkliche Verarbeitung, Sicherheit&Kontrolle,
Artgerechte Tierhaltung
Eco-Bind
-230-
Ökonova / Bio B. BIO-
DISCOUNT
Naturkostmärkte
Ökologie, Preis, Qualität Eco-Heritage / Eco-Bind
Penny / Naturgut Natürlich und gut Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen)
Rapunzel Bio-Pionier, Qualität, Selbstverwirklichung, Gerechtigkeit,
Genfreiheit
Eco-Heritage
Reformhaus Bacher ? ?
Rossmann / bleib gesund Gesundheit Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen)
SuperBioMarkt Verantwortung, Ökologie, Qualität Eco-Heritage
Tegut…Bio Partnerschaft, heimische Region, Qualität, „Bio mit Gesicht“ Eco-Heritage / Eco-Bind
Verival / Vita+ Genuss, Gesundheit, Zeitgeist Premium-Handelsmarke (funktioneller
Nutzen)
Vierlinden Nachhaltigkeit, Fair-Trade, Trade Fair, Regionalität,
Saisonalität
Eco-Heritage
Vitalia Natur, Tradition, vollwertige Ernährung Eco-Heritage
Weleda Anthroposophie, Partnerschaft, Umwelt, Qualität Eco-Bind / Eco-Heritage
Zwergenwiese dem ökologisch orientierten Fachhandel vorbehalten,
Engagement, Kreativität, Transparenz, Produktsicherheit
Eco-Heritage
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