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Jan-Andres Schulze Bio-Vielfalt und Ökologischer Landbau in der Krise? Identitäten und Identitätsallianzen „revisited“

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Jan-Andres Schulze

Bio-Vielfalt und Ökologischer Landbau in der Krise?

Identitäten und Identitätsallianzen „revisited“

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1. Werte und Identität im Diskurs

1.1. Bio unter Dampf und Druck

1.2. Die „Dampfmaschine“ oder wie Identität wird

1.3. Eigener Wert ist Goldes Herd

2. Wo und wie Bio mit spielt und mitspielt

2.1. Der agrarische „Werte-Kreis-Lauf“ in der Kultur

2.2. Die Natur – (nur) zwischen Ökonomie und Ökologie?

2.3. Eine kleine Wert-Historie des Landbaus

3. Am Point of Sales Purchase

3.1. Typisierungen der Bio-Wertschöpfungskette

3.2. Der Eco-Bind – stetige Identität im Wandel

3.3. Der Eco-Flux – Identität des steten Wandels

4. Marken-Identität und Identität durch Marken

4.1. Eine Marke, aber bitte recht stufig…

4.2. Der symbolische Tausch im ethischen Konsum

4.3. Bio als Marke der Vielfalt

5. Von der Masse zum „Must“ des Maßes

5.1. Netz und doppelte Moden: Mit Netzen ackern…

5.2. Vom Massen-Kuss zur „Mass-Cust“

5.3. „Flexible Response“ statt „Massive Retail-iation“

Anhang

Literaturverzeichnis

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1. Werte und Identität im Diskurs

1.1. Bio unter Dampf und Druck

„Immer dieser Druck“, dachte das Zeichen, als es durch den Stempel auf das Papier

gebracht wurde. Doch wo wäre das Zeichen, wenn nicht der Druck des Stempels es

erst erzeugen würde? Diesen und anderen Fragen, die sich mit Identität und

Identitätsmanagement im Allgemeinen und jener des Ökologischen Landbaus im

Besonderen befassen, stellt sich dieses Buch im Folgenden.

Denn auch der Ökologische Landbau befasst sich seit einiger Zeit mit Druck, und zwar

in Form des „Konventionalisierungsdrucks“. Unter dieser begrifflichen Prägung

manifestieren sich Sorgen eines breiten Spektrums von Produzenten, Herstellern wie

auch der Politik, gegen den eigenen Willen einen Stempel aufgedrückt zu bekommen,

der so gar nicht in das Selbstverständnis des Ökologischen Landbaus passt.

Konventionalisierung, so heißt dieser „Stempel“. Damit wird die Infiltration und

Sogwirkung der so genannten konventionellen Landwirtschaft in sozialen,

ökonomischen und technischen Anschauungen und Techniken bezeichnet.

Der Konventionalisierungsdebatte zufolge halten Industrialisierung (Mechanisierung,

Organisation der betrieblichen Abläufe, Nutzung von Skaleneffekten), das verstärkte

Zurückgreifen auf zugekaufte Betriebsmittel (Maschinen, Düngemittel, Futtermittel,

Pestizide), sowie Substitution (Kapital statt Arbeit bzw. Fläche) auch in der biologischen

Landwirtschaft (und deren Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen) Einzug.1

Als gefährdet werden insbesondere angesehen die Betriebsvielfalt, Tierschutz,

Rückstandsfreiheit im Hinblick auf Medikamenteneinsatz sowie Umweltschutz.2

Konventionalisierung macht sich beispielsweise bemerkbar durch die Zunahme des

Verarbeitungsgrads, die steigende Anzahl an Zusatzstoffen, den Einsatz

konventioneller Verarbeitungstechnologien, ein Mehr an Verpackung, steigende

Konkurrenz, Verlust an Saisonalität, die Dominanz des konventionellen

Lebensmitteleinzelhandels sowie die Verdrängung von Herstellermarken durch

1 Darnhofer 2009, S. 514 2 Padel 2007, S. S. 20

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Handelsmarken und die zunehmende Abhängigkeit und Austauschbarkeit der

Zulieferer.3

Im Pflanzenbau zum Beispiel können Anzeichen für eine Konventionalisierung gesehen

werden in der Verringerung der Arten- und Sortenvielfalt, in nicht standortangepassten

Sorten, Spezialisierung (weg vom Kreislaufkonzept), der Entkopplung von Tierhaltung

und Pflanzenbau, der Verringerung der Vielfalt in der Fruchtfolge (steigender

Getreideanteil, sinkender Leguminosenanteil), dem zunehmenden Einsatz von

zugelassenen, leicht löslichen, organischen Düngern wie auch von

Pflanzenschutzmitteln (Kupfer, Schwefel, Phyrethrum, Rotenon) und einer durch die

Gesamtheit dieser Kriterien sich verringernden Biodiversität.4

Die Konfliktfronten spiegeln die Leitdifferenz von Biolandbau und konventioneller

Landwirtschaft. Vereinfacht ausgedrückt manifestiert sich die Spannung zwischen

Biolandbau-Pionieren und Neu-UmstellerInnen, Idealisten und Profiteuren, kleinen und

großen Betrieben, regionalen Produktions-Netzwerken und exportorientierten

Herstellern, Systemdenkern und „Substituierern“, die Betriebsmittel zukaufen.5

Nicht nur Urgesteine unter den Bioakteuren können sich zum Teil mit Bio nicht mehr

identifizieren, bemängeln das Fehlen an Balance, Gleichgewicht, Ethik, Fairness,

ökologischer Kreislaufwirtschaft und Vielfalt der Kulturen - beziehungsweise

diagnostizieren vermehrt kurzfristiges Denken, das sich in ökonomischen

Orientierungen und Spezialisierungen äußert.6 Zum Teil wird dies mit Kritik an den

Verbänden verbunden, die gegenüber den (neuen) Betriebsleitern alleine die

Richtlinien, aber nicht mehr (ausreichend) die Werte des Biolandbaus kommunizieren

würden.

Den Konventionalisierungsdruck verstärkt der Umsatz-Einbruch bei Naturkostläden,

verbunden mit starken Umsatz-Zuwächsen bei Discountern, der Einstieg

konventioneller Unternehmen in den Biolandbau, die Auswirkungen globalen Vertriebs

und globaler Beschaffungsmöglichkeiten. Schon für 2008 galt nach einer Studie der

Berliner Strategieagentur „diffferent“, dass für die überwiegende Zahl der Bio-Käufer der

3 Darnhofer 2008, S. 6 4 Darnhofer 2008, S. 4 5 Darnhofer 2009, S. 515 6 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 2

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Preis das wichtigste Kriterium bei der Kaufentscheidung war.7 Dazu war im ersten

Halbjahr 2008 die bisher boomende Branche auch noch ins Minus gerutscht, fünf

Prozent weniger Bio-Gemüse hatten die Deutschen gekauft, so die Zentrale Markt- und

Preisberichtsstelle für Agrarprodukte (ZMP). Der Gesamtumsatz im Fachhandel ging im

zweiten Quartal um mehr als zwei Prozent zurück. Betroffen ist aber das ganze

Spektrum, vom Naturkostlädchen bis zum großflächigen Bio-Supermarkt.8

Wenn die Handlungsfähigkeit schwerwiegend gefährdet ist und/oder nur unter

Verletzung zentraler Werte und Normen gewahrt bleiben kann, dann spricht man von

einer Krise.9 Krisen sind wortwörtlich Trennungen.10 Es geht mithin um Identität und

Integrität der Biologischen Landwirtschaft.

Götz Rehn, Geschäftsführer der Bio-Supermarktkette „Alnatura“ ist trotz allem verhalten

zuversichtlich: „Alles hängt jetzt davon ab, wie die Branche Naturkost begreift und

gestaltet […] Wenn das Profil der Bio-Erzeugnisse verschwimmt und Öko schließlich

zum bloßen Label wird, dann könnte der Markt sehr bald gesättigt sein […] Sofern Bio

als ganzheitlicher Impuls auf die Kultur verstanden wird, sehe ich aber noch immer ein

enormes Potenzial.“11 Und Georg Schweisfurth von Basic: „Wir brauchen wieder

Geschichten zu den Produkten […] Qualität hat mehr Facetten als den bloßen

ökologischen Anbau.“12

Die Arbeit hat sich – eingedenk dieser Statements – zum Ziel gesetzt, einige mögliche

Wege zu einem gelingenden Identitätsmanagement näher zu beleuchten. So folgen im

Anschlusskapitel 1.2. Ausführungen zum Phänomen der „Identität“, dem wir uns – nicht

ausschließlich, aber hauptsächlich – mit dem Vokabular der neuen Systemtheorie

nähern wollen. Erläuterung zur Funktion von Werten schließen sich im darauf

folgenden Kapitel 1.3. an. Der hier vorgestellte „Wertekreis“ wird letztlich die gesamte

Publikation begleiten und dient in vielen Fällen der Visualisierung und

Zusammenfassung der Inhalte.

7 Kiock 2008. Manche Konsumententypen sind natürlich auch für andere Bio-Kauf-Kriterien offen. Darüber handelt diese Arbeit. 8 Exler 2008 9 Kirsch 1999 II, S. 255 10 Krise, von griech „krinein“ = scheiden, sondern, trennen 11 Exler 2008/2 12 Exler 2008

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Das Kapitel 2.1. beginnt mit einer etymologischen Verdeutlichung agrartypischer

Tätigkeiten und Werthaltungen, die letztlich für den gesamten menschlichen

Kulturprozess paradigmatisch sind. Darauf aufbauend werden im folgenden Abschnitt

2.2. einige ausgewählte, unterschiedliche Haltungen zur Natur dargelegt, wie sie sich

beispielsweise in Natur- und Umweltschutz finden, im Kulturlandschaftsschutz, dem

Biotopnaturschutz, der „Spontannatur“, der Natur als maßvoller Wildnis, der

individualistischen Stadtnatur, der spirituellen Natur wie auch der Natur als Ressource.

Das Kapitel 2.3. widmet sich der Bestandsaufnahme verschiedener Werthaltungen im

ökologischen und konventionellen Landbau. Dabei sollen Bandbreiten, Wertdiffusionen

wie auch historischer Wertewandel verdeutlicht werden.

Der Abschnitt 3.1. befasst sich mit einer Typisierung der Konsumentenseite des

ökologischen Landbaus. Der Fokus liegt auf einer Verortung der verschiedenen

Konsumententypen, ihrer Eigenschaften und Werthaltungen im Wertekreis. Die

komplementären Eigenschaften der „Most Valuable Consumers“ an den

Schwellen/Übergängen des Biolandbaus werden in Kapitel 3.2. – der „Eco-Bind“ – und

Abschnitt 3.3. – der „Eco-Flux“ – näher charakterisiert.

Auch im Kapitel 4.1. bleiben wir am „Point of Purchase“. Zunächst teilen wir Marken in

verschiedene Entwicklungsstufen ein, wobei jede spezifische Stufe mit verschieden

„Persönlichkeitsmerkmalen“, Nutzen und Kommunikationsformen einhergeht. Kapitel

4.2. hat den „Ethischen Konsum“ und seine herausragende Bedeutung für den

Biolandbau zum Thema. 4.3. wiederum wechselt den Ort der Betrachtung, vom „Point

of Purchase“ zum „Point of Production“. Ausgehend von Analogien und Symbiosen

zwischen Gartenbauformen und Landwirtschaft werden mögliche Synergieeffekte durch

Vielfalt und übergreifende Kooperationen dargelegt.

Dies leitet über zum Kapitel 5.1., in dem Heterarchien als emergente

Kooperationsformen jenseits von Markt und Hierarchie vorgestellt werden. Im Abschnitt

5.2. werden die durchaus unter dem Fokus der Ganzheitlichkeit zu betitelnden „Open

Innovation“ und „Mass Customization“, die als Antwort auf die Krise der „Old Economy“

entwickelt wurden, behandelt. Das Schlusskapitel fokussiert im Rahmen der

erarbeiteten Ergebnisse eine mögliche Strategie zu einem gelingenden Kultur-,

Professionalisierung- und Identitätsmanagement, das sich größtmöglich von einer

Konventionalisierung unterscheidet.

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Bevor es „losgeht“ möchte ich ausdrücklich der Schweisfurth-Stiftung, insbesondere

ihrem Vorstand danken. Ohne Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald wäre diese Arbeit nie

entstanden. Sowohl thematisch als auch inhaltlich. Was nicht heißt, dass Franz-Theo

Gottwald auch inhaltlich das hier Dargebrachte zu verantworten hat. Aber er hat die

Identität dieser Arbeit, die sich natürlich jedem Leser anders darbringt, er hat meine

Gedanken zu diesem Thema durch seine Sicht, seine Anregungen, seine Insider-

Kenntnis und tiefgründigen Analysen, nicht zuletzt durch seine Publikationen

entscheidend beeinflusst. Er hat sie aber niemals in eine Richtung gedrängt. So war

das Ergebnis innerhalb einer großzügigen und flexiblen Themenstellung, das Resultat

unserer Zusammenarbeit, jederzeit offen. Jeder, der gerne frei und kreativ arbeitet,

weiß diese Art der Kooperation zu schätzen. Und daher sei Franz-Theo Gottwald das

gesamte Buch, insbesondere aber das 5. Kapitel, in dem es unter anderem um

Kontextsteuerung geht, zugeeignet.

Für das Vorwort gilt: In der Kürze liegt die Würze, leider konnte dieses Motto nicht das

gesamte Essay lang durchgehalten werden…

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1.2. „Die Dampfmaschine“ oder wie Identität wird

In Heinrich Spoerls Feuerzangenbowle fragt der Lehrer „Bömmel“ in gemütlich-

niederrheinischem Dialekt: „Also, wat is en Dampfmaschin? Da stelle mer uns janz

dumm. Und da sache mer so: En Dampfmaschin, dat is ene jroße schwarze Raum, der

hat hinten un vorn e Loch. Dat eine Loch, dat is de Feuerung. Und dat andere Loch, dat

krieje mer später.“ Ähnlich verhält es sich mit der Identität (vgl. Grafik am Ende dieses

Unterkapitels). Das Handwerkszeug, das hier zur Bestimmung von System und Identität

benutzt wird, entstammt zum größten Teil dem Konstruktivismus der neuen,

soziologischen Systemtheorie. Zentralbegriff der folgenden Ausführungen ist neben der

Identität der des Beobachters.

Der Beobachter legt – wie der Lehrer Bömmel – die Art und Weise fest, wie und was er

beobachtet. Durch ihn wird die Welt in diejenigen Räume, Zustände oder Inhalte geteilt,

die beobachtet und diejenigen, die nicht beobachtet werden.13 Bereits die Bezeichnung

des Beobachteten macht eine Unterscheidung zwingend.14Es handelt sich

beispielsweise um einen, den Sessel (und nicht irgendein anderes Objekt), das „Innen“

(und nicht das Draußen), das „Diabolische“ (das Ent-zweite – und nicht das Sym-

bolische, das Zusammen-getragene). Am Anfang steht also der Beobachter und seine

Differenz als „epistemologischer Urknall“,15 dem Kriterien wie Brauchbarkeit,

Nützlichkeit, Sinnhaftigkeit entwachsen.16 Kriterien, die die Persönlichkeitsstruktur des

Beobachters widerspiegeln. Seine Kultur und Lebenswelt. Mit der Auswahl des

Bezeichneten, des Unterschiedenen geht aber die Identität der Differenz verloren: „Man

hat die Wahl, ob man von wahr/unwahr, Krieg/Frieden, Frau/Mann, gut/böse,

Heil/Verdammnis etc. ausgeht, aber wenn man für die eine oder die andere

Unterscheidung optiert, hat man nicht mehr die Möglichkeit, die Unterscheidung als

13 Simon 1993, S. 77 14 Vgl. Esposito 1991, S. 42 15 Willke 2005, S. 94 16 Analog dazu sind alle Bemühungen des Rechts um Legitimität, normative Begründung oder gar Gerechtigkeit letztlich vergeblich, da sie alle auf Gewalt der ersten Unterscheidung von Recht und Unrecht beruhen, die sich selbst nicht mehr als Recht, legitim oder gerecht, sondern nur noch als kriterienlose Willkür ausweisen kann, so Teubner 1999, S. 4. Techniken der Verhüllung, des Geheimnisses und des Vergessens machen diese Unterscheidung zum „blinden Fleck“, so dass Nietzsche anführen konnte: „Jede Art von Kultur beginnt damit, dass eine Menge von Dingen verschleiert werden. Der Fortschritt des Menschen hängt an diesem Verschleiern;“ Nietzsche KSA 7, S. 435

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Einheit, als Form zu sehen,“ so der Begründer der soziologischen Systemtheorie Niklas

Luhmann.17

Dementsprechend ist die Unterscheidung System/Umwelt die systemeigene Differenz

eines Beobachters. Die Umwelt zieht keine Grenzen um das System, das System

grenzt sich selbst aus.18 Ein System ist etwas, das sich selbst aufbaut und abgleicht, in

dem es sich von der Umwelt und anderen Systemen unterscheidet.19 Systeme sind

nicht nur gelegentlich und nicht nur adaptiv, sie sind strukturell auf ihre Umwelt hin

orientiert und könnten ohne Umwelt nicht bestehen. System und Umwelt, bestimmen

also gegenseitig die Bedingungen ihrer Veränderung oder Erhaltung, so dass man von

einer Ko-Evolution von System und Umwelt ausgeht, in der jeder die

Überlebensbedingungen – und damit Selektionsbedingungen – des anderen festlegt.20

Die damit verbundenen spezifischen Wahrnehmungs- und Organisationsprozesse, so

der Organisationspsychologe Karl E. Weick, haben also nicht von ungefähr Ähnlichkeit

mit den Prozessen der natürlichen Auslese. Weick benennt vier zentrale Elemente: 1.

Ökologischer Wandel 2. Gestaltung 3. Selektion und 4. Retention.21 Ökologischer

Wandel bezeichnet Unterschiede in den „Erlebnisströmen“, die von „reibungslos“

laufenden Dingen abweichen. Diese Unterschiede sind das Rohmaterial für

Gestaltungsprozesse, in denen sie gesondert, „eingeklammert“ werden – was wiederum

Auswirkungen auf die Wahrnehmung des ökologischen Wandels hat. In

Gestaltungsprozessen werden die abweichenden Umwelt-Stimuli interpretiert.22

Selektion ist dann die Auferlegung von Strukturen auf das Ein- beziehungsweise

Ausgeklammerte. „Ursachenkarten“, unterlegte Kausalitäten, sollen dabei

Mehrdeutigkeiten reduzieren. Dies geschieht mit Hilfe von Einstellungen, die im

Kurzzeitgedächtnis gespeichert sind oder mit Informationen und Orientierungsmustern

aus dem die Persönlichkeit konstituierenden Langzeitgedächtnis. Zu den Informationen

letzterer Art gehören Erfahrungen, Überzeugungen, Werte, Attitüden, Gewohnheiten

und Fähigkeiten.23 Retention bedeutet die relativ direkte Speicherung der Produkte

erfolgreicher Sinngebung. Sinnvolle Umwelten sind also „Output“ des „Organisierens“,

17 Luhmann 1991, S. 62ff. 18 Luhmann 1991, S. 73 19 Vgl. Böhringer 1990, S. 21f. 20 Simon 1993, S. 89 21 Weick 1995, S. 189ff. 22 Abel 2004, S. 92 23 Kirsch 2001, S. 146

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des aktiven Identitätsmanagements, nicht „Input“. Sie entstehen retrospektiv, denn

vergangene Handlungen und Ereignisse werden mit Sinn belegt.

24

Bereits an der Wahrnehmung eines Umwelt-Stimulus verdeutlicht sich, dass

„Eigenwerte“ und wahrgenommene „Objekte“ nicht unterschieden werden können.25

Daher ist die Bildung von Tautologien das Prinzip der Konstruktion einer jeden

Realität.26 Oder wie der Biologe und Philosoph Humberto Maturana es ausdrückt: „Wir

bewegen uns in der Welt wie der Pharmakologe, der ein biologisches Messinstrument

benutzt und die verschiedenen Substanzen, die ihn interessieren, mit den

Zustandsänderungen seines Messinstruments beschreibt. Wir jedoch sind unsere

eigenen Messinstrumente für die Beschreibungen, die wir anfertigen, sogar wenn wir

von der Vorgehensweise des Pharmakologen sprechen. Daher benutzen wir unsere

eigenen Zustandsveränderungen […], um die Welt in einem Konsensbereich zu

beschreiben, dessen einziger Anspruch auf Gültigkeit in seinem Beitrag für […] liegt.“27

24 Grafik in Anlehnung an Weick 1995, S. 193 und das psychologische SOR-Paradigma aus Kirsch 2001, S. 146 25 Foerster 1993, S. 109 26 Simon 1993, S. 97 27 Maturana 1991, S. 113

Retention (Speicherung von Sinn

(im Langzeitgedächtnis), Persönlichkeit)

+

+

+;-

+

+

+;-

Auswahl von Wahrnehmungen

(mit Hilfe des Langzeitgedächtnis (Überzeugungen, Werte,

Gewohnheiten, Fähigkeiten)

Auswahl von Handlungen

Umwelt

Selektion (Auswahl von Kausalitäten und Interpretationen (Einstellungen aus dem Kurzzeitgedächtnis))

Ökologischer Wandel

(Veränderung der Umwelt, Stimulus)

Gestaltung (Entscheidung über einen Unterschied, Definition der

Situation)

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Will heißen: Externe Ereignisse und Signale werden in spezifischer Weise intern

verarbeitet und zwar in einer Weise, die vom jeweiligen Zustand des Systems selbst

abhängt. So können dieselben Ereignisse oder Interventionen zu unterschiedlichen

Zeiten oder in unterschiedlichen Situationen ganz unterschiedliche Wirkungen haben.

Komplexe Systeme sind also nicht nur von der Umwelt abhängig, sondern auch von

sicht selbst, ihrer Vergangenheit und ihrne erwarteten Zukünften.28

Kennzeichen so genannter „autopoietischer Prozesse“ ist demnach eine operationelle

oder „organisationelle Geschlossenheit“.29 Der Begriff der Autopoiese entstammt dem

Griechischen30 und kann mit Selbstproduktion übersetzt werden, im Gegensatz zur

Allopoiese, die für die sog. Fremdproduktion steht.31 Das Verhalten solcher Systeme ist

immer von ihren aktuellen eigenen, internen Strukturen bestimmt. Gedanken und

Gefühle schließen an Gedanken und Gefühle an, sie produzieren sie und sorgen für die

Eigenlogik, die Stabilität und die Veränderung psychischer Strukturen und Prozesse.32

Äußere Einwirkungen auf ein System – Perturbationen, Irritationen – sind damit nicht

kausal vorhersagbar, weil Systeme unterschiedlich reagieren. Denn im Laufe der

Systemgeschichte bilden sich eigene, hochspezifische Inferenzregeln aus, die die

Beobachtung der Umwelt strukturieren, um nicht von der Variabilität und Komplexität

der Umwelt überwältigt zu werden33 und die darüber entscheiden, was für das System

als anschlussfähige Operation in Frage kommt und was nicht.

28 Vgl. Willke 1989, S. 3 29 Varela 1991, S. 121 30 Griechisch „autos”=selbst; „poiesis“=schöpferische Tätigkeit. Maturana (1991, S. 94ff.) zur Definition autopoietischer Systeme: „Es gibt eine Klasse von Systemen, bei der jedes Element als eine zusammengesetzte Einheit (System), als ein Netzwerk der Produktionen von Bestandteilen definiert ist, die (a) durch ihre Interaktionen rekursiv das Netzwerk der Produktionen bilden und verwirklichen, das sie selbst reproduziert hat; (b) die Grenzen des Netzwerks als Bestandteile konstituieren, die an seiner Konstitution und Realisierung teilnehmen; und (c) das Netzwerk als eine zusammengesetzte Einheit in dem Raum konstituieren und realisieren, in dem es existiert […] Ein autopoietisches System als ein dynamisches System unterliegt ständigem strukturellem Wandel. Gleichwohl legt die jeweils gegenwärtige Struktur zu jedem Zeitpunkt den Bereich möglicher struktureller Veränderungen eines autopoietischen Systems fest, und seine Organisation bestimmt die Grenzen, innerhalb derer diese Veränderungen tatsächlich stattfinden können, ohne dass das System seine Klassenidentität verliert […] Im Hinblick auf seine Zustände operiert ein autopoietisches System als geschlossenes System, das nur Zustände der Autopoiese erzeugt. Oder anders ausgedrückt: Jeder Zustand in einem autopoietischen System ist ein Zustand der Autopoiese, andernfalls befindet sich das System in einem Zustand der Auflösung.“ 31 Vgl. Kirsch 1999 II, S. 63 32 Simon 2009, S. 55 33 Willke 1989, S. 22

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Dabei bezeichnet der Begriff der Selbstregulation oder Homöostase34 (Gleich-Stand)

die Fähigkeit eines Systems, sich durch Rückkopplung selbst innerhalb gewisser

Grenzen eine stabile „Realität“ zu errechnen.35 Der „Rechenvorgang“ verdeutlicht, dass

es sich dabei nicht um ein ruhiges, sondern dynamisch herzustellendes Gleichgewicht

handelt.36 Denn bezüglich der Aufnahme von Energie und Information in Form von

Differenzen und attraktiven Signalen müssen lebende Systeme offen sein. Ein System

nimmt ständig Energie aus der Umwelt auf, verwandelt sie in negative Entropie

(Information, Struktur, Ordnung) und gibt Entropie („Störungen“) an die Umwelt ab.

Umweltanstöße wirken sich so als Interpunktionen systemeigener Prozesse aus.37

Individuen orientieren sich also aufgrund ihrer eigenen, mal mehr, mal weniger viablen

Wirklichkeitskonstruktion und ihres Scheiterns.

In einer relativ statischen Umwelt überlebt ein System, wenn es seine bis dahin

angepassten Strukturen bewahren kann. Bei der Assimilation nimmt der kognitive

Organismus nur das wahr, was er in die eigenen Strukturen einpassen kann. Erkennen

heißt dann letztlich, die Umwelt an eigene Transformationssysteme zu assimilieren.38

Wo sich also die subjektiven Beschreibungen der Welt im Laufe eines Lebens nicht

ändern, hat sich entweder die Umwelt nicht geändert, oder aber das System hat es

geschafft, diese Veränderung im Rahmen „„syntoxischer Reaktionen“39, passiver

Duldung, für sich nicht zur Information werden zu lassen.40

Ändert sich die Umwelt, so reicht die Bewahrung der Strukturen oft zum Überleben nicht

mehr aus. Das System muss auf die Unterschiede in der Umwelt mit Unterschieden in

der eigenen Struktur reagieren. Der allgemeine Begriff für Lernen aus der Elimination

von Störungen, sog. Perturbationen, ist die Äquilibration, die auch als

„Rückkoppelungssystem“ bezeichnet werden kann.41

34 Das Konzept der Homöostase wurde um 1860 von dem Physiologen Claude Bernard beschrieben, der Begriff 1929 von Walter Cannon geprägt. 35 Foerster 1993, S. 70 36 Franz Alexander, einer der Begründer der modernen Psychosomatik, sieht „eingebaute Selbstkontrollmechanismen“ das „dynamische Gleichgewicht wiederherstellen in einem beständigen Kampf „alter Verhaltensformen“ mit „den Anforderungen der Entwicklung und der wechselnden Umstände;“ Alexander 1965, S. 476 37 Willke 2005, S. 103 38 Piaget 1973, S. 22 39 Vgl. Selye 1988, S. 82. Die Annahme von konstanten Werte- und Motivationslagen im Ablauf menschlicher Entwicklung ist aber empirisch aber nicht haltbar, so Bergler 2007, S. 604 40 Vgl. Simon 1993, S. 165 41 Glasersfeld 1997, S. 119

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Wenn bisher erfolgreiche Strukturen oder Schemen Pertubationen nicht bewältigen

können, dann kommt es in der Regel zur „Akkomodation“ oder „katatoxischen

Agenzien“, die aktive Veränderung auslösen42 und in neuen Strukturen resultieren.43

Hier setzt ein „Lernen des Lernens“ ein,44 bei dem es darum geht, Konstruktionen für

angemessenes Handeln in der jeweils gegebenen Umwelt zu erzeugen.45 Auf die

„Auftauphase“, in der eine eingeübte und verfestigte Verhaltenssequenz unterbrochen

und Problembewusstsein erzeugt wird, folgt die eigentliche Veränderungsphase, das

heißt, eine neue Verhaltensweise wird gelernt, die bei „Erfolg“ – erst aus der

Retrospektive messbar - stabilisiert wird.46

Die Komplexität der Umwelt erzeugt also Konflikte über die Frage, was relevant und

was nicht relevant hinsichtlich der beobachteten Umweltparameter ist (Input-

Relevanzen). Komplexität bedeutet dann „Selektionszwang, Selektionszwang heißt

Kontingenz, und Kontingenz heißt Risiko“.47 Kontingenz hingegen erzeugt Konflikte

über die Frage, welche Handlungsmöglichkeiten günstiger, nützlicher sind (Output-

Strategien). Identität und Selbstverständnis des Systems bewirken, dass Input- und

Output-Konflikte nicht gänzlich unabhängig voneinander entschieden werden, dass also

etwa die Entscheidung über eine bestimmte Handlungsstrategie auf Perzeptionen und

Präferenzen gegenüber der Umwelt zurückwirkt.48

Von Reduktion der Komplexität kann man dann sprechen, wenn das Relationsgefüge –

im Außen-(Umwelt) oder Innenverhältnis des Systems – durch weniger Relationen

rekonstruiert wird.49 So kann die Umwelt durch Geschichten, einen Mythos

komplexreduziert werden. Innerhalb stetig anwachsender Komplexität50 sind kulturelle

Kontrollhandlungen, individuelle Identitätssuche, neue Sinnzuschreibungen relevant. 42 Vgl. Selye 1988, S. 82 43 Vgl. Piaget 1973, S. 96f. beziehungsweise Glasersfeld 1997, S. 114 44 Bateson (1985, S. 357) bezeichnet dies als deutero-lernen. 45 Aufschnaiter 1992, S. 394 46 Vgl. Lehner 2000, S. 284. In diesen Kontext passt auch das TOTE-Schema (Test-Operate-Test-Exit) Millers. Dieses Schema behandelt den Prozess, dass ein Organismus einen Test einer Situation vornimmt, aufgrund von Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Vorstellungen Maßnahmen ergreift, erneut testet und im Falle von Übereinstimmungen von dem Soll- mit dem Ist-Zustand das TOTE-Schema verlässt; vgl. Kirsch 2001, S. 147ff. 47 Luhmann 1987, S. 47. Kontingent „ist etwas, was weder notwendig ist noch unmöglich ist; was also so, wie es ist (war, sein wird, sein kann), aber auch anders möglich ist. Der Begriff bezeichnet mithin Gegebenes (Erfahrenes, Erwartetes, Gedachtes, Phantasiertes) im Hinblick auf mögliches Anderssein, “ so Luhmann 1987, S. 152 48 Willke 2006, S. 39 49 Luhmann 1987, S. 49 50 Komplexität bezeichnet hier mit Willke den Grad der Vielschichtigkeit, Vernetzung und Folgelastigkeit eines Entscheidungsfeldes. Vgl. Willke 2006, S. 23

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Nur Komplexität – neue Relationsgefüge – kann Komplexität reduzieren. Das Ganze ist

damit weniger als die Summe seiner Teile, da es die Möglichkeiten der Teile nicht

erweitert, aber es ist auch gleichzeitig mehr durch die neuartigen Möglichkeiten des

Ganzen, an denen nun die Teile partizipieren.51

Die Reduktion von Kontingenz wiederum wird durch eine Fülle von ordnenden

„Einrichtungen“ gewährleistet, die Erwartungen und Verknüpfungsmöglichkeiten

schaffen, auf Anschlussselektion ausgerichtet sind und die Handlungsalternativen auf

ein handhabbares Maß beschränken: religiöse Deutungssysteme, moralische

Wertordnungen, Institutionen, Normen, Rollen und andere Formen von Konventionen

bis hin zur Sprache und sozialen Normen.52

„Sinn“ spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung von Komplexität und Kontingenz,

der Verbindung von Input und Output bei psychischen und sozialen Systemen. Sinn

äußert sich in Form von Gedanken und Vorstellungen (psychische Systeme) bzw.

sprachlich-symbolisch vermittelter Kommunikation (soziale Systeme).53 Sinn ist

prozessural und ergibt sich durch spezifisch, subjektive Selektion aus der

Kommunikation selbst, Selektion der Information aufgrund eines Unterschiedes,

Selektion der Mitteilung (Art und Weise der Äußerung), Selektion des Verstehens durch

Interpretation.54 Am Anfang, wie wir bereits oben bemerkt haben, steht also die

Differenz, nicht die Identität. Eine Differenz, die zwischen aktual Gegebenem –

beispielsweise einer Aussage - und auf Grund dieser Gegebenheit Möglichem – einer

selektiven, verstehenden Bedeutung unterscheidet.55

Soziale Systeme und psychische Systeme, Kommunikation und Bewusstsein, sind

aufeinander angewiesen und konstituieren sich gegenseitig. Die Beziehung von Sinn

und System ist demnach eine doppelte: Systeme sind sinnkonstituierende und

51 Vgl. Willke 2005, S. 80f. Man spricht dann auch von Emergenz. Emergenz tritt dann auf, wenn selbstreferentielle Zirkel entstehen, die sich in einer Weise miteinander verketten, dass sie die Elemente eines neuen Systems bilden; vgl. Teubner 1992, S. 192. Ein höheres Emergenzniveau bringt Verbesserung der Steuerungsleistung eines Systems mit sich, sinnvolle Relationierungen und Verknüpfungsregeln in (neuartigen) Steuerungsmedien. Exemplarisch hierfür sind Sprache, Werte, Normen, Rollen bis hin zu spezialisierten, symbolisch generalisierten Steuerungsmedien, vgl. Willke 2006, S. 155 52 Vgl. Willke 2006, S. 28ff. 53 Luhmann 1987, S. 194f. 54 Vgl. Luhmann 1987, S. 194 55 Vgl. Luhmann 1987, S. 112. Innerhalb der Sinndimension unterscheiden sich Sachdimension, Zeitdimension und Sozialdimension

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sinnkonstituierte Gebilde. Sie erzeugen kontinuierlich systemspezifischen Sinn und

werden doch selbst erst durch die Ausbildung bestimmter abgrenzbarer Sinnstrukturen

in Existenz gebracht.56

Kommunikation spielt also eine besondere Rolle. Die kleinste Einheit, das Basiselement

aller sozialen Systeme ist die einzelne Kommunikation, die im Unterschied zu einer

Handlung zwei oder mehr Akteure beziehungsweise Akte koppelt.57 Die Beschreibung

zwischenmenschlicher Kommunikation im Rahmen eines einfachen Sender-Empfänger-

Models erscheint aber zu statisch, zu „ontisch“, denn „sie suggeriert, dass der Absender

etwas übergibt, was der Empfänger erhält. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil der

Absender nichts weggibt in dem Sinne, dass er selbst es verliert. Die gesamte

Metaphorik des Besitzens, Habens, Gebens und Erhaltens, die gesamte

Dingmetaphorik ist ungeeignet für ein Verständnis von Kommunikation.“58

Ego und Alter leisten zwar Kommunikationsbeiträge, wie und ob diese aber durch das

Gegenüber verstanden werden, bleibt verborgen. Alter kann nur den

Kommunikationsbeitrag von Ego beobachten und derob eine Erwartung haben.59 Diese

Erwartung bildet die Grundlage für den nächsten Kommunikationsbeitrag von Alter an

Ego.60 Dabei ist die Bedeutung eines Kommunikationsbeitrags nicht ohne seinen

Kontext zu beurteilen,61 also von der Gesprächssituation, den Erfahrungshintergrund,

der Relation der Kommunizierenden etc.62 Es gibt also keine Form ohne Inhalt, keinen

Inhalt ohne Vermittlungsform.

Die Bedeutung von Mitteilung ist damit so relativ wie der Beobachterstandpunkt der

dynamischen und wechselseitigen Rollen im Kommunikationsprozess. Wenn ein

Kommunikationsbeitrag gedeutet wird und dem rezipierenden

Kommunikationsteilnehmer als interessant, unverständlich etc. auffällt, stellt er

möglicherweise einen von außen, aus der Umwelt kommenden Unterschied zu seinem

56 Willke 2006, S. 51 57 Luhmann 1987, S. 193ff. Ähnlich formuliert Weick zum „doppelten Interakt“: „Eine Person führt irgendeine Handlung aus, auf die eine zweite Person reagiert, worauf die erste irgendeine vollende Reaktion auf das, was die zweite tat, von sich gibt;“ Weick 1995, S. 168f. 58 Luhmann 1987, S. 193 59 Jede Seite kann anders auf jede Mitteilung reagieren, als es die jeweiligen Erwartungshaltungen vermuten lassen. Luhmann spricht hier von „doppelter Kontingenz“, vgl. Luhmann 1987, S. 226 60 Tuckermann 2009, S. 157 61 Schon die „Beur-teilung“ legt eine Differenz nahe. 62 Auswahl, Kopplung von „Information“, „Mitteilung“ und „Verstehen“ wird von Luhmann als „emergente Einheit der Kommunikation“ bezeichnet, vgl. Luhmann 1987, S. 196f.

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bisherigen inneren „Welt"-Verarbeitungssystem dar. Ist ein solcher Unterschied wichtig,

macht er also einen Unterschied, ist Information.63

Da Kommunikation nicht direkt beobachtet, sondern nur erschlossen werden kann,

muss sie als „Handlungssystem ausgeflaggt werden“, weil man nur am

Anschlußhandeln ablesen kann, ob man verstanden worden ist oder nicht.“64

Subjektivität konstituiert sich also in intersubjektiven Prozessen sozialen Handelns, im

Spannungsfeld zwischen Erwartungen generalisierter und spezifischer Anderer und der

eigenen Impulse. Subjektivität ist also „Selbstbewusstsein-in-Fremdbewusstsein“65 und

damit „doppelseitige Kommunikation“66. Reine Selbstreferenz im Sinne eines „nur und

ausschließlich sich auf sich selbst Beziehens“ ist unmöglich.67

Zwischen den Menschen kommt es zu einem Prozess wechselseitiger Interaktion.

Identität ist dann die Interaktionsgeschichte biographisch geformter Aufschichtung von

Erfahrungen, Selbstbezügen und Mustern des vergangenen Handelns.68 Hier kann es

dann zur Ausbildung gemeinsamer69 – oder eher ähnlich gelagerten70 - Realitäten von

Sinn und Bedeutung kommen. Maturana bezeichnet dies als „strukturelle Kopplung“.71

Im Rahmen „struktureller Kopplung“ beschreibt sich ein Beobachter und sein Verhalten

beispielsweise als jemand, der vom Beobachter beschrieben wird, der vom Beobachter

beschrieben wird, der vom Beobachteten beschrieben wird, der vom Beobachter

beschrieben wird etc.72 Ein unendlicher Prozess von Operationen an Operationen,

indem die gemeinsamen Lebensbedingungen in einer gemeinsamen (Interaktions-

)Geschichte ausgehandelt werden und permanent neues (Beobachter-)„Wissen“

produziert wird. Eine Handlung weiß sich ergo nicht nur als Vollzug ihrer Intention,

sondern auch als „für Dich“, „gegen Dich“, „vor Dir“, als für Wahrnehmung bestimmt, als

Dokumentation ihrer eigenen Intention.73

63 Bateson 1985, S. 488 beziehungsweise 582 64 Vgl. Luhmann 1987, S. 226 65 Heinrichs 2007, S. 38 66 Heinrichs 1998, S. 11 67 Luhmann 1987, S. 604 68 Holtgrewe 2005, S. 350ff. 69 Hejl (1991, S. 327) nennt dies „Synreferentialität”. 70 Denn Kirsch (1999 II, S. 98) merkt hier mit Recht an, das sich die Frage stellt, wer sage können soll, dass gemeinsame, gleiche, vergleichbare Realitätskonstrukte vorliegen. 71 Maturana 1991, S. 109 72 Simon 1993, S. 107 73 Luhmann 1987, S. 182

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Die Selbstbeobachtung, die Einführung der System/Umwelt-Differenz in das System,

die Beobachtung der Beobachtung, schafft nicht nur das fokale System, das

Individuum. Es konstituiert ebenso soziale Systeme.74 Ein soziales System als

kommunikatives System wiederum reproduziert sich, indem Kommunikation

Kommunikation auslöst („reflexive Kommunikation“75).

Reflexion meint dann die Fähigkeit, die eigene Identität im Spiegel ihrer Außenansicht

zu betrachten und die Beziehung zu sich selbst auch noch unter dem Gesichtspunkt der

Einheit des Systems zu organisieren.76 Reflexion impliziert mithin, dass Identität zum

relationalen Begriff wird und nicht mehr als unverrückbare Entelechie verstanden wird.

Denn Reflexion ist „selbst-transformativ“77, womit ein Identitätsmanagement darauf

reagieren kann, welche Wirkungen es in der Umwelt erzeugt und welche Identität es –

ggf. orientiert an einer Leitidee, einem Wert – für sich selbst anvisiert. Reflexion beruht

insofern darauf, dass ein System die Differenz von System und Umwelt immer wieder in

das System einführt – und zwar unter dem Gesichtspunkt des Vergleichs möglicher

Identitäten.

Soziale Systeme – wie Organisationen - bestimmen über Reflexion ihre Identität, um

regeln zu können, welche Sinneinheiten intern die Selbstreproduktion des Systems

ermöglichen.78 Die Selbstbeschreibung ist dann derjenige Teil der Selbstbeobachtung,

für den „semantische Artefakte“ (Sprache, Schrift) produziert worden sind. Dazu

gehören „Erzählschemata“79 wie ein „Code of Conduct“, Strategien, Anbaurichtlinien.

Diese biographischen Kernnarrationen als „Ideologien von sich selbst“80 sind auf

dasjenige soziale Umfeld ausgerichtet, das die Identität/Teilidentität hauptsächlich

bestimmt.

74 Luhmann 1987, S. 408 75 Luhmann 1987, S. 63 76 Reflexion steht dann für besondere Sachlagen von „Interaktionssystemen“, wenn Identität über latente Phasen durchgehalten werden muss; vgl. Luhmann 1987, S. 617 77 Willke 1989, S. 12 78 Luhmann 1987, S. 61 79 Schmidt 2003, S. 9. Hier erklärt sich der Zusammenhang zwischen Identität und Identifizierung: idem=der/die/dasselbe und facere/ficere=machen. Eine der überraschenden Folgen dieser „exzentrischen“ Perspektive ist, dass das sich selbst als Einheit beobachtende System auf die Idee kommen kann, dass diese Einheit auch anders aussehen könnte. 80 Straus 2008, S. 7

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So wird sukzessive ein Bereich koordinierten Verhaltens zwischen den gegenseitig

angepassten Systemen konstituiert und in einem Prozess der Rekursion konsensuelle

Bestimmungen von konsensuellen Bestimmungen angefertigt – beispielsweise eine

(Spezial-)Sprache.81 Partizipation und zivilgesellschaftliche Vernetzung sind damit

zentrale Rahmenvoraussetzung für produktive Projekte der Identitätsarbeit in einer

offenen pluralistischen Gesellschaft.82 Das macht es logisch notwendig, die anderen als

autonome Konstrukteure anzuerkennen. Denn „wenn wir sie in irgendeiner Weise mit

Gewalt zwingen, unseren Ideen zu folgen, dann vernichten wir ipso facto die

Möglichkeit, nicht nur nicht in ihnen eine Bestätigung unserer eigenen Konstruktionen

zu finden, sondern auch überhaupt Erfahrungsspielraum für eigene Konstruktionen

auszumachen.“83

Identität, so Jürgen Habermas, „bildet sich zugleich im Medium der sprachlichen

Verständigung mit anderen und im Medium der lebensgeschichtlich-intrasubjektiven

Verständigung mit sich selbst. Individualität bildet sich in Verhältnissen intersubjektiver

Anerkennung und intersubjektiv vermittelter Selbstverständigung […] Die Beteiligten

müssen ihre sozial-integrierten Lebensformen selber erzeugen, indem sie einander als

autonom handlungsfähige Subjekte und überdies als Subjekte, die für die Kontinuität

ihrer verantwortlich übernommenen Lebensgeschichte einstehen, anerkennen.“84

Während dabei die Rollen85 und Teilidentitäten jeweils einen bestimmten Ausschnitt

einer Person darstellen, entsteht das Identitätsgefühl aus der Verdichtung sämtlicher

biographischer Erfahrungen und Bewertungen der eigenen Person auf der Folie

zunehmender Generalisierungen.86

81 Vgl. Maturana 1991, S. 109 82 Keupp 2008, S. 9 83 Glasersfeld 1997, S. 209 84 Habermas 1994, S. 440ff. 85 Rollen sind zu verstehen als Bündel von aufeinander bezogenen Erwartungen und Regeln innerhalb eines bestimmten Spiels, vgl. Willke 2005, S. 151 86 Straus 2008, S. 6

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87

In einem ersten Versuch der Definition könnte Identität dann eine von einem

Beobachter definierte (imaginäre) Einheit sein, die von einem Hintergrund

unterschieden und spezifiziert wird.88 Ein Beobachter agiert damit in zwei

überschneidungsfreien Phänomenbereichen. Als lebendes System operiert er im

Bereich der Autopoiese. Als Beobachter im eigentlichen Sinne operiert er in einem

konsensuellen Bereich, der nur als ein kollektiver Bereich existiert und durch die

Interaktion mehrerer Umwelt-Systeme/Organismen bestimmt wird. Hieraus konstituiert

sich Identität.

Identität ist damit eine Eigenschaft der Beobachtung, nicht unbedingt eine Eigenschaft

des beobachteten Objekts, sie ist Teil der Landkarte, nicht der Landschaft, Teil von

statischen Beschreibungen, also von Zeichen und Sprachregeln, nicht von

Lebensprozessen.89 Welche Eigenschaften die Identität konfigurieren, entscheidet der

Beobachter im Rahmen seiner Erfahrungen aus seiner Interaktionsgeschichte: „Wir

87 Übersicht aus Keupp 2008, S. 17 88 So beginnt die Ausbildung der Identität des Kindes mit der Unterscheidung zwischen dem eigenen Ich und dem Du der Mutter oder des Vaters, vgl. Willke 2006, S. 176. Maturana weiter: „Im Prinzip kann ein Beobachter immer eine sonst einfache Einheit als ein Kompositum behandeln und umgekehrt; dazu muß er nur die geeigneten Unterscheidungsoperationen spezifizieren;“ Maturana 1991, S. 92. 89 Simon 1993, S. 154ff.

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können uns nicht sehen, wenn wir uns nicht in unseren Interaktionen mit anderen sehen

lernen und dadurch, dass wir die anderen als Spiegelungen unserer selbst sehen, auch

uns selbst als Spiegelung der anderen sehen.“90

Identität existiert damit für einen Beobachter, der sich dauerhaft oder vorübergehend

zum Richter über sich selbst, seine eigene Interaktionsgeschichte eingesetzt hat.91

Diese Richtertätigkeit bezeichnen wir als Identitätsmanagement. Sie hat die aktive

Aufrechterhaltung einer bestimmten Differenz zum Ziel, einer Differenz, die das System,

die Umwelt und die Grenze konstituiert.92 Grenzen dienen zur Regulierung der System-

Umwelt-Differenz; Grenzerhaltung ist Systemerhaltung.93 Beobachtungskriterien und

Identität sind interdependent: Ändert sich die Identität, dann wahrscheinlich auch die

Eigenschafts- und Beobachtungskriterien, ändern sich die Beobachtungskriterien, so

wird dies nicht ohne Folgen für die Identität bleiben.

Identitätsmanagement beruht auf einer Reihe aktiver Wiederherstellungen der Identität,

auf Wiederholungen und Differenzen (zu einer Umwelt), ist damit gekennzeichnet durch

„Verschiebungen, Beschleunigungen, Verzögerungen, Varianten, Differenzen.“94 Um

aber als „Einheit des Systems im System erscheinen zu können“, verlangt Identität die

„Selbstsimplifikation“, die Reduktion von Komplexität und anschließende sinnhafte Re-

Generalisierung.95 Identität wird also erst dann erfolgreich gelebt, wenn die

kontingenten Bedingungen dieses Erlebens invisibilisiert worden sind.96

90 Maturana 1991, S. 117 91 Vgl. Rorty 1989, S. 166 92 Oder wie Luhmann (1987, S. 26) schreibt: „Systeme müssen mit der Differenz von Identität und Differenz zurechtkommen, wenn sie sich als selbstreferentielle Systeme reproduzieren; oder anders gesagt. Reproduktion ist das Handhaben dieser Referenz.“ 93 Luhmann 1987, S. 35 94 Deleuze 2007, S. 43 95 Luhmann 1987, S. 624 96 Vgl. Schmidt 2003, S. 17

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97

Damit kollektives, paralleles Handeln „mehrerer autonomer Identitäten“ zustande kommt

bedarf es eines Bezuges auf ein gemeinsam geteiltes Symbol (Wissen, Gefühl,

Überzeugung) und eine soziale Beziehung zwischen den Beteiligten.98 Zu diesen

Bezügen und „normativ eingefrorenen“99 Sinnvorstellungen gehören Werte – die im

folgenden Kapitel im Fokus der Betrachtung stehen.

97 Grafik angelehnt an Willke 2006, S. 233 98 Eder 1990, S. 15 99 Willke 2006, S. 51

Außenwelt z.B. andere soziale Systeme, Umwelt

Innenwelt

z.B. psychisches System oder

soziales Teilsystem

Identität

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1.3. Eigener Wert ist Goldes Herd

Wenn, wie oben dargestellt, Systeme sinnkonstituierende und sinnkonstituierte Gebilde

und Werte als normative Sinnvorstellungen gelten, dann schöpfen Menschen Werte,

und Werte „konstituieren“ Menschen. In der soziologischen Gruppentheorie schließt hier

eine Problemstellung an, die fragt, ob Gruppen entstehen, weil zunächst isolierte

Individuen sich durch gemeinsame Eigenschaften und Interesse

zusammengeschlossen haben, oder ob diese gemeinsamen Eigenschaften und

Interessen sich entwickeln, wenn Mitglieder durch einen Gruppenzusammenhang

verbunden sind.100 Ähnliches gilt für Werthaltungen, ob also Individuen durch

(einstmals) gemeinsam geteilte Normen und Werte sich zu einer Gesellschaft

verbinden, oder ob Gesellschaften erst solche gemeinsamen Orientierungsmuster

erzeugen.

Ähnliches gilt für die Organisationsentwicklung.101 So geht der personale Ansatz der

Organisationsentwicklung davon aus, dass das Verhalten der Organisationsmitglieder

durch Werteänderungen beeinflusst wird, was in der Folge Brüche, Konflikte und

Identifikationskrisen auslösen kann102 und ergo Anpassungsbedarf nötig macht.

Während der strukturale Ansatz der Organisationsentwicklung für Änderungen in der

Organisationsstruktur plädiert, was Wertewandel zur Folge haben soll.103 Hier wird ein

Systemansatz vertreten, der beide Ansätze verknüpft. Zunächst aber brauchen wir

weder „Henne noch Hahn“, sondern müssen, wie die römischen „fetiales“ einen

„Speerwurf in den Sund“ wagen, um zu klären, was Werte sein könnten

beziehungsweise welche Rolle sie spielen.

Für den Psychologen Shalom Schwartz von der Hebräischen Universität Jerusalem,

sind Werte „desirable, transsituational goals […], that serve as guiding principles in

people´s lives104 […] People´s values form a fairly stable hierarchy of relative

100 Vgl. Willke 2006, S. 148 101 Vgl. Lehner 2000, S. 285 102 Rosenstiel 2003, S. 227 103 So führen beispielsweise bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu einem deutlichen Anwachsen selbstgestalterischer Werte. Dies hat laut Welzel (2007, S. 13ff.) nicht mit dem Lebenszyklus zu tun, Menschen würden nicht unbedingt materialistischer, wenn sie altern. 104 Schwartz 2003, S. 267. Oder wie Schwartz etwas ausführlicher zu Anfang seiner Studie beschreibt: Werte sind „deeply rooted, abstract motivations that guide, justify or explain attitudes, norms, opinions and actions […] values are beliefs […] refer to desirable goals […] transcend specific actions and

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importance. Relative importance of values is crucial to decisions.“105 In anderen Worten:

Werte sind wünschenswerte, übersituative Ziele, sie strukturieren das Leben und

bestimmen aktive Planung und Ausrichtung des Verhaltens über Situationen hinweg.106

Werte geben an, welche Wirklichkeit in der Zukunft gewünscht wird, und unterstützen

bei der Selektion von Erfahrungen.107 Werte modellieren und rechtfertigen Verhalten,

dienen der Einordnung von Menschen und Ereignissen, führen zu gezielter

Wahrnehmung und Handlung.108

Werte kommen nicht unabhängig von personalen und sozialen „kommunikativen

Ordnungen“ vor, also von geschichtlichen Kulturgemeinschaften des Miteinanderlebens.

Es „gibt“ also keine Werte an sich, „sondern Werte für uns, die wir, inmitten

kommunikativer Ordnungen lebend, nach »gut« und »böse« beurteilen.“109 „Bewusste“

individuelle Selektion folgt den Regeln der Vermeidung einstellungsdiskrepanter

Informationen beziehungsweise der Stabilisierung von Einstellungen zur

Gewährleistung konsistenter Schlussfolgerungen.110 Doch selbst „bewusste“ Selektion

ist nicht „kalte“, sondern „heiße Kognition“.111 Sie wird beeinflusst durch Temperament,

Lust, Schmerz, Gestimmtheit, affektive Zustände, durch alltägliche Emotionen wie

Liebe, interpersonelle Attraktion, Glück, Freude, Stolz, Wut, Abscheu, Trauer, Scham

und Ängstlichkeit.112 In einem positiven Gemütszustand werden beispielsweise positive

Informationen effizienter wahrgenommen, kodiert und abgerufen, während negative

Informationen in negativen Gemütszuständen besser verarbeitet werden.113 Die

situations […] serve as standards or criteria […] are orders by importance [And] the relative importance of the set of relevant values guides action”. Vgl. Schwartz 2003, S. 261f. 105 Schwartz 2003, S. 3 106 Rosenstiel 2003, S. 225 wie auch Schwartz 2003, S. 3 107 Paul Nolte (2006, S. 249) terminiert die Entstehung von breiten Werthaltungen auf das 18. Jahrhundert. Ohne diese Aussage in Gänze unterstützen zu wollen, bleibt festzuhalten, dass „breite Werthaltungen“ einen offenen Reflexionshorizont des Handelns voraussetzen, der den Menschen in der Voraufklärungszeit so nicht zur Verfügung stand. Wenn alles auf Ewigkeit feststeht, braucht man keine Werte, sondern Normen des Verhaltens, symbolisiert durch soziale Gruppen, die die Normen der ständischen Lebensführung transportieren und individuelle Identität auf ein „Ich bin wir“ beschränkt, so Fromm 1959, S. 5. Auf der anderen Seite gilt die „operationale Geschlossenheit“ individueller Systeme nach wie vor, so dass nur eine „Als-ob“-Parallelisierung durch Normen erreicht wird. Was zählt ist das äußere Verhalten, dass aber nicht in jedem Fall auf die Konstellationen des operierenden Systems schließen lässt. 108 Schwartz 2003, S. 4 109 Riedel 2004, S. 77 110 Stroebe 1996, S. 272 111 Scherer 1996, S. 304f. 112 Bagozzi 2000, S. 275 113 Fiedler 1996, S. 171

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„Selektion“ von Werten ist also abhängig von spezifischen „Wirklichkeitshypothesen“114

einerseits und der Sinnesdatenlage andererseits.115

Die meisten Merkmale, die wir zur Reizbewertung heranziehen, werden schon während

der Sozialisation116 erworben: Das Lernen von Rollen, Werten, besonderen

Geschicklichkeiten, geteilten Überzeugungen, kulturelle und soziale „archetypische

Schemata“. Das alles „imprägniert“ Wahrnehmung und Verhalten,117 die

nichtsdestotrotz noch konstruktivistische Eigenleistung bleiben. Beim Kleinkind

beispielsweise geschieht dies innerhalb der emotionalen Identifizierung mit einer

Bezugsperson. Erst mittels der Perspektiven dieser Bezugsperson gelangt es zu einer

Erkenntnis seiner Wirklichkeit.118 Die Nachahmung des konkreten Anderen, die sich

beim Kleinkind aus libidinösen Energien speist, überträgt sich gewissermaßen auf die

Umwelt, die mit denjenigen Bedeutungskomponenten ausgestattet wird, die die geliebte

Person wahrnimmt. Daraus speisen sich dann individuelle Bedürfnisse wie auch

Grundwerthaltungen. Werthaltungen sind damit eine Art zusammenballende

(symbolische) Wiedergabe unserer Erfahrungen. Das alles geschieht teils so unbewusst

und automatisch, dass man mit Albert Camus „atmen heißt urteilen“119 sagen könnte,

Leben heißt werten.

In dieser Mischung zwischen unbewusstem und bewusstem Lernen wie auch Werten ist

das scheinbar paradoxe Gefühl einer nicht wählbaren und doch freiwilligen Bindung an

Werte angesiedelt. Der Soziologe und Sozialphilosoph Hans Joas dazu: „Zwar mögen

wir durchaus der Meinung sein, dass wir unsere Wertorientierungen begründen können

sollen, und das Begründen und Diskutieren mag für selbst ein hoher Wert sein – aber

das heißt nicht, dass wir unsere Werte tatsächlich aus Begründungen und Diskussionen

gewonnen hätten und sie aufgäben, wenn uns ihre Begründung schwerfällt.“120 Diese

„Ergriffenheit durch Werte“ zeigt sich in ihren Begründungen: „Habe ich die Begründung

114 Wirklichkeitsmodelle – im Gegensatz zur „Realität“ – sind auf Dauer gestellte Arrangements der Sinnorientierung, die aus Handeln und Kommunikation entstehen. Vgl. Schmidt 2003, S. 4 115 Emrich 2008 116 Sozialisation kann als gesellschaftlich verbindliches „Kulturprogramm“ aufgefasst werden, dass die Annahme verbürgt, dass Mit-Menschen in evidenter Weise über vergleichbares Wissen wie das selbst verfügen. Vgl. Schmidt 2003, S. 4 117 Welsch 2006, S. 35 118 Wie Axel Honneth (2005, S. 53) aufzeigt, geht dem Erkennen also das Anerkennen voraus und damit die Hoffnung auf Sicherheit durch den Anderen. Schon Allport (1974, S. 37) ist der Ansicht, dass es ein beträchtliches Maß an Sicherheit in den ersten Jahren eines Menschen benötigt, um den Start in einen „produktiven Lebensstil“ zu ermöglichen. 119 Vgl. Camus 1997, S. 15 120 Joas 1997, S. 22f.

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erschöpft, so bin ich nun auf dem harten Felsen angelangt, und mein Spaten biegt sich

zurück. Ich bin dann geneigt zu sagen: »So handle ich eben«.“121

Werteakte lassen sich in zwei Klassen einteilen. Die erste Klasse bilden die absoluten

Wertungen, die mittels der axiologischen Grundprädikate „gut“, „schlecht“, „indifferent“

formuliert werden; zur zweiten gehören komparative Wertungen mit den Prädikaten

„besser“, „schlechter“, „gleichwertig“.122 Aus beiden resultieren Werte- wie

Güterhierarchien. Bei diesen komparativen Werturteilen nach dem Muster „A ist besser

als B“ kann ein „irreducible nervous net“ entstehen, wenn nämlich A besser als B, B

besser als C, aber C besser als A ist - Heterarchie statt Hierarchie ist das Ergebnis.123

Menschen schreiben also Dingen und Mitmenschen Wert(e) zu, weil sie – bewusst oder

unbewusst – schätzen, werten, bewerten, einschätzen, würdigen.124 Der Mensch

entwickelt sich „unter dem Einfluss von Wert-Schemata, deren Beachtung er als

wünschenswert empfindet, auch wenn er nie Vollkommenheit darin erreicht. In

Übereinstimmung mit solchen Schemata wählt er seine Wahrnehmungen, befragt er

sein Gewissen, hemmt er irrelevante oder ihm entgegengesetzte Verhaltenslinien, bildet

er Untersysteme von Gewohnheiten, je nachdem, ob sie ihm Einklang mit seinen

Verpflichtungen stehen oder nicht,“125 so der US-Psychologe Gordon W. Allport. Oder

wie es die Neurowissenschaft formuliert: „Einzelne Gehirne organisieren sich auf Grund

genetischer Unterschiede und nicht reproduzierbarer Prägungsvorgänge durch

Umwelteinflüsse selbst – und zwar auf sehr unterschiedliche Weise, individuellen

Bedürfnissen und einem individuellen Wertesystem folgend.“126

Demnach müssten Werte auch zeit- und raumabhängig sein, also in jeweiligen

(sozialen und personalen) Kontexten anders interpretiert werden. Ein junger Mensch

auf der Bodenseeinsel Mainau wird höchstwahrscheinlich andere Erfahrungen haben

und Werte bevorzugen, wie ein älterer Nomade in der Wüste Gobi. So werden

diejenigen Werte am stärksten verinnerlicht, die am besten helfen, gemachte

Erfahrungen sinnvoll zu ordnen und gegebene Lebensumstände zu meistern. Daher 121 Wittgenstein 1984, Philosophische Untersuchungen, S. 350, Nr. 216 122 Riedel 2004, S. 77 123 Vgl. McCulloch 1945, S. 3 sowie in dieser Abhandlung Kapitel 5.1. 124 Würde und Wert sind etymologisch verwandt. Pieper (2007, S. 13f.) hierzu: „Wir schreiben dem Leben als Mensch immer schon einen Wert zu. Wir entdecken uns als Normen und Werte setzende Instanz, indem wir alles, was das [unser, JAS] Leben behindert, moralisch verbieten.“ 125 Allport 1974, S. 71 126 Manifest 2004, S. 36

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bringen Wertungen auch immer Empfindungen, Gefühle, Neigungen zum Ausdruck: „In

dem man gemeinhin sagen würde, man fälle ein ethisches Urteil, ist die Funktion des

relevanten ethischen Wortes rein »emotional«. Es wird dazu verwendet, eine

Empfindung über bestimmte Gegenstände auszudrücken, nicht aber, eine Behauptung

über sie aufzustellen […] um so Handlungen anzuregen.“127 Wenn wir etwas als „gut“

bezeichnen, sprechen wir also damit eine Empfehlung aus, die denselben logischen

Strukturen folgt, wie normative Urteile. Daraus erklärt sich, weshalb die Meinung

vertreten werden konnte, dass zwischen Werten und Normen gar nicht unterschieden

zu werden braucht.128

Während Werthaltungen beziehungsweise Wertorientierungen eher abstrakt, stabil und

situationsübergreifend sind, sind Einstellungen auf spezifische Personen, Gruppen,

Ideen oder Objekte gerichtet. 129 Normen wiederum sind im Unterschied zu den zu

Wertorientierungen gesellschaftlich sanktionierte Werte, die nicht unbedingt

verinnerlicht werden müssen.130 Wertorientierungen sind auch in Abwesenheit

äußerlicher Sanktionen wirksam. Man unterscheidet bei Werten primäre, terminale

Zielwerte wie Glück, Wohlstand, Sicherheit von den sekundären, instrumentellen Werte

wie Ehrlichkeit, Pünktlichkeit etc., die zum Erreichen der Zielwerte beitragen sollen.131

Aber nicht nur Individuen, auch Kollektive und Kulturen können als letzte Bezugsgrößen

Werte haben.132 Während biologische Evolution den Genpool und damit die biologische

Identität steuert, ist die „kulturelle Evolution“ verantwortlich für ein Verbleib im „Mem“-

Pool133 und den Ausbau kultureller Identität. Der homo sapiens kann sich also als

diejenige Gattung unter den Lebewesen definieren, die durch eine doppelte Erbschaft

geprägt ist, insofern die natürliche Sprache - der genetische Code - von einer

127 Ayer 1970, S. 142 128 Vgl. Riedel 2004, S. 87 129 Stahlberg 1996, S. 230 130 Welzel 2007, S. 1 131 Analog zu Thomae, der zwischen auf ein Ziel, eine „Endqualität, auf „Sinn“ oder Bedeutsamkeit ausgerichtete „Daseinsthemen“ und instrumentellen „Daseinstechniken“ unterscheidet. Vgl. unter anderem Thomas 1968, S. 331 132 Vgl. Welzel 2007, S. 2 133 Während Gene im wesentlichen Anweisungen zum Bau von Proteinen sind, die in den Zellen des Körpers gespeichert und bei der Fortpflanzung weitergegeben werden, sind Meme Anweisungen zur Ausübung von Verhaltensweisen, die im Gehirn (oder in anderen Objekten) gespeichert und per Imitation weitergegeben. Ihr Wettbewerb treibt die Evolution des Geistes voran. Sowohl Gene als auch Meme sind Replikatoren; sie müssen den allgemeinen Prinzipien der Evolutionstheorie gehorchen und sind in diesem Sinne gleich. Analog zu koadaptierten Genkomplexen kooperieren vor einem gemeinsamen Hintergrund selektierte Meme in einander unterstützenden Memplexen – unterstützend innerhalb des Memplexes, aber feindlich gegenüber rivalisierenden Memplexen. Vgl. Blackmore 2005, S. 48f.

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„exosomatischen Sprache“134 - der kulturellen Tradition und denen in ihr befindlichen

Werteclustern - begleitet ist. Werte werden hier durch Vorbilder („heroische Geschichte“

/ Historismus), soziale Verpflichtungen und Gruppennormen weitergegeben und

nachgeahmt. Somit leiten Werte Identität, Bewertungen und Handeln auf

gesellschaftlicher, Organisations-, Gruppen- und Personen-Ebene.

In einer aufwändigen Studie hat der bereits erwähnte Psychologe Shalom Schwartz

Daten aus 67 Ländern135 – davon 21 europäische („European Social Survey“) –

erhoben. Die Auswertung zeigt, dass in nahezu allen Kulturen zehn identische

Wertetypen ausgemacht werden können: „These ten values cover the distinct content

categories I found in earlier value theories, in value questionnaires from different

cultures, and in religious and philosophical discussions of values.”136 Die Verortung und

Wiedergabe dieser Werttypen erfolgt in einem Wertekreis:137

Dieser Wertekreis gibt die Struktur sich ergänzender und konkurrierender Werte wieder.

Ähnliche Wertorientierungen liegen nahe beieinander, konfligierende einander

134 Vgl. Agamben 2001, S. 87 135 Schwartz 2003, S. 268 136 Schwartz 2003, S. 267 137 Schwartz 2006, S. 5

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gegenüber. So stehen Selbst-Steigerungs-Werte (Self-Enhancement) gegen Selbst-

Übersteigende-Werte (Self-Transcendence), oder wie es in der deutschen Übersetzung

des Schwartzschen Wertekreises von Micha Strack heißt: Egozentrische gegen

Universalistische Werte.138 Ebenso stehen Werte, die laut Schwartz mit „Offenheit für

Wandel“(Opennes to Flux) umschrieben werden können, gegen konservative Werte

(Conservation). In der Kennzeichnung von Strack sind dies Selbstbestimmungswerte

gegen Traditionswerte. Wir werden uns im Folgenden auf den von Micha Strack

modifizierten Wertekreis (von Schwartz) beziehen, der nicht nur sprachlich, sondern

auch inhaltlich an mitteleuropäische (beziehungsweise deutsche) Verhältnisse

angepasst ist.

138 Strack 2008, S. 95

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Als grundlegend gelten die 10 im äußeren Kreis wiedergegebenen Wertorientierungen.

Dies sind Macht, Leistung, Hedonismus (Suche nach Glück und Genuss), Stimulation,

Selbstbestimmung, Universalismus, Sozialität, Tradition, Konformität und Sicherheit,

Schwartz hat diese 10 Werteorientierungen wir folgt charakterisiert:139

POWER: Social status and prestige, control or dominance over people and

resources. (social power, authority, wealth, preserving my public image).

ACHIEVEMENT: Personal success through demonstrating competence

according to social standards. (successful, capable, ambitious, influential).

HEDONISM: Pleasure and sensuous gratification for oneself. (pleasure, enjoying

life,self-indulgence).

STIMULATION : Excitement, novelty, and challenge in life. (daring, a varied life,

an exciting life).

SELF-DIRECTION: Independent thought and action-choosing, creating,

exploring. (creativity, freedom, independent, curious, choosing own goals)

UNIVERSALISM : Understanding, appreciation, tolerance and protection for the

welfare of all people and for nature. (broadminded, wisdom, social justice,

equality, a world at peace, a world of beauty, unity with nature, protecting the

environment).

BENEVOLENCE : Preservation and enhancement of the welfare of people with

whom one is in frequent personal contact. (helpful, honest, forgiving, loyal,

responsible).

TRADITION: Respect, commitment and acceptance of the customs and ideas

that traditional culture or religion provide the self. (humble, accepting my portion

in life, devout, respect for tradition, moderate).

CONFORMITY: Restraint of actions, inclinations, and impulses likely to upset or

harm others and violate social expectations or norms. (politeness, obedient, self-

discipline, honouring parents and elders).

SECURITY: Safety, harmony and stability of society, of relationships, and of self.

(family security, national security, social order, clean, reciprocation of favours).

Es gibt aber auch Kritik am Modell des Wertekreises.140 Zu statisch heißt es da, zumal

ja jeder individuell behauptete Wert, jede Be-Wertung, auf Urteilen und Fühlen beruht,

139 Schwartz 2003, S. 267 140 Vgl. Mohler 2005

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also letztlich kontingent sei. Ebenso liessen sich hierarchische Ungleichheiten kaum

darstellen, wie zum Beispiel Lebenszyklen, Stadt/Land, Nationalität etc., die nach wir

vor im Bewusstsein der Bevölkerung präsent seien.141 Für die vertikale Darstellung des

Wertekreises sprechen hingegen die Vereinheitlichung der Lebensbedingungen, die

Auflösung schichttypischer Subkulturen und traditioneller Solidaritäten, das allgemein

höhere Bildungsniveau, die Zunahme sozialer Mobilität und die Pluralisierung von

Konfliktlinien. Arbeitslosigkeit und/oder geringes Einkommen sind keineswegs mehr nur

von Schicht oder Bildungsniveau abhängig. Soziale Konflikte sind immer weniger

Klassen- und Schichtkonflikte, denn themen- und situationsspezifische

Interessenkollisionen.142 Diese zumindest auf Europa zutreffenden Phänomene könnten

daher auch ausschlaggebend sein, dass der Wertekreis in nahezu allen europäischen

Ländern verifiziert wurde.

Für die nun folgenden Darstellungen ist der Wertekreis auch nicht sakrosankt. Aber

auch hier – analog dem „epistemologischen Urknall“ des Beobachtens – gilt, „dass wir

immer anfangen müssen mit einer Einteilung der Welt in einen Gegenstand, den wir

studieren wollen und in die übrige Welt, zu der wir auch selbst gehören, und dass diese

Einteilung bis zu einem gewissen Grade willkürlich ist“ – so Werner Heisenberg.143

Damit ist natürlich die Gefahr einer „verdinglichenden Konzeptbildung“ verbunden, die

den Prozessen lebender Systeme nicht gerecht wird.144 Andererseits soll der Wertekreis

ja „nur“ als „diagrammatisches“ Konzept im Sinne einer Zusammenballung fungieren -

nicht als inter- und transsubjektives Wahrheits- und Wirklichkeitskriterium – denn er

ermöglicht die Darstellung von Polarisierung.145

Die mit den verschiedenen Wertesektoren verbundenen Werthaltungen sind nach

unserer Meinung auf keinen Fall so aufzufassen, dass damit ein über alle Kontexte

erhabener statischer Charakter dargestellt und nomothethisch erfassbar wäre.146 Wir

gehen vielmehr von einem situativen, technischen Eklektizismus des Individuums in

verschiedenen Handlungssituationen und Kontexten aus, die durch unterschiedlichste

Orientierungsmuster und Werthaltungen strukturiert sein können und insofern alle 141 Vgl. Solga 2003, S. 5 142 Vgl. Solga 2003, S. 13. Dennoch bleibt natürlich auf jeden Fall zu berücksichtigen, dass es sich bei Wertkonstellationen im Zeitalter des Postmaterialismus immer um transitorische Positionen handelt. 143 Heisenberg 2008, S. 59 144 Vgl. Simon 1993, S. 249ff. 145 Kreis heißt griechisch „sphaira“ 146 Zur Unterscheidung idiographischen und deskriptiven sowie nomothetischen und normativen Ansätzen in der Persönlichkeitsforschung vgl. Thomae 1968, S. 10ff.

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Sektoren und Werthaltungen des Wertekreises in gleicher Weise relevant erscheinen

lassen. Die Bezugnahme auf den Wertekreis gestattet uns in vielerlei Hinsicht, die

ansonsten recht übliche Kreuztabellierung zu umgehen, die einen eher statischen

Eindruck hinterlässt. Uns ist vielmehr ein Anliegen, die hier erarbeiteten „Ergebnisse“

als Zwischenergebnisse und Resultat spezifischer pluralistischer Sprach- und Bildspiele

anzubieten, die wiederum dem dynamischem Wandel unterworfen sind, also nicht

generell, in abstracto, in Ewigkeit und ohne Kontext gelten, da sie aus der Sichtweise

eines notwendigerweise „monistischen“ Beobachters stammen.

Die Dynamik der Kreisform scheint dies am besten zu unterstreichen. Natürlich mit

Abstrichen, merkt doch der französische Philosoph Gilles Deleuze147 mit Recht an, das

sich im Kreis doch wieder eine totalisierende Einheit durchsetzt. Aber der Kulturprozess

des kommenden Kapitels wird vielleicht verdeutlichen, dass dieser (Werte-)Kreis nicht

zweidimensional gedacht werden sollte, sondern als dreidimensionale Spiralbewegung

in Zeit und Raum eher einem mäandernden Tornado ohne Ursprung und Ende gleichen

möge, einer „hermeneutischen Spirale“ (Jürgen Bolten) gleich, die mit Veränderungen

einhergeht und nicht zum Anfang zurückkehrt und deren interne

Rotationsgeschwindigkeit wesentlich höher ist als die der linearen Bewegung. Mit jeder

Kreisbewegung liegt dann zwar eine Wiederholung vor und damit eine „äußere

Ähnlichkeit“, „aber die Tatsache, dass man in winzigen Schritten von einer Sache zur

anderen gelangt, verschlägt nicht, dass eine Wesensdifferenz zwischen beiden

besteht.“148 Vergleichbar mit dem Prozess, der „Identität“ aktiv herstellen muß, bei der

jede Wiederholung auch die Differenz in den Beobachter wieder mit einführt,149 wobei

auch hinsichtlich des Beobachters zu berücksichtigen gilt, dass die Wiederholung sich

aus der Binnenperspektive anders als aus der Außenperspektive darbieten kann. So

dass auch in dieser Arbeit auf identische Wiederholungen zur Faßbarmachung mancher

Wesenseigenschaften rekurriert wird und die verschiebende, differente Wiederholung

komplementär gilt.

Des Weiteren ist der Wertekreis geeignet, Querverbindungen zwischen konzeptuell

unterschiedlichen Ansätzen der Wertforschung herzustellen und empirische

147 Deleuze 1977, S. 10 148 Deleuze 2007, S. 16 149 Die auf den ersten Blick vergleichbare „reentry“ Spencer-Browns kondensiert allerdings schon zu einer Identität (und zwar der Beobachtung), vgl. Kirsch 1998, S. 179, was aber die Leistungsfähigkeit des Modells auch für unsere Abhandlung keinesfalls schmälert.

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Forschungsergebnisse zu integrieren.150 Als Beispiel hierfür haben wir den so

genannten Okay-Corral nach Franklin Ernst151 im Wertekreis verortet. Der Okay-Corral

soll laut Eigendefinition die Grundeinstellungen, die ein Mensch zu sich und anderen

einnehmen kann, mitsamt individueller Bedürfnisdimensionen verdeutlichen.

Demnach würde sich Selbstbestimmung in der Polarität zwischen Freiheit und

Sicherheit gründen. Freiheit wäre ohne ein großes Maß an Sicherheit nicht möglich,

wohingegen Sicherheit und Kontinuität nur möglich wären, wenn Normen und Regeln

den sich entwickelnden Umwelt-Veränderungen angepasst würden. Die Ambivalenz

des Bedürfnisses nach Selbstwert bestünde zwischen Einzigartigkeit und Zugehörigkeit.

Zum Außenseiter würde der Mensch, der sich zu sehr unterscheidet - zum

Opportunisten, wenn er sich zu sehr angepasst und der Gruppen- oder Firmennorm

bedingungslos unterworfen hätte.152 Bindung würde sich schlussendlich in der Polarität

zwischen Nähe und Distanz bilden, was bedeuten soll, jemandem nahe zu kommen und

150 Vgl. Bilsky 2008, S. 63ff. Man vergleiche den Farbenkreis von Johann Wolfgang von Goethe, der im Anhang (1) in Form einer aquarellierten Federzeichnung Goethes aus dem Jahre 1809 dargestellt und mit dem Wertekreis von Schwartz hinterlegt wurde. 151 Vgl. hierzu Kreyenberg 2005, S. 294 152 Kreyenberg 2005, S. 293

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die Sicherheit zu entwickeln, das man auch in der Distanz zu diesem Vertrauen haben

kann.153

Ebenso Im Wertekreis lassen sich im Wertekreis die Ergebnisse der Weltwertestudie

(World Values Survey) des US-amerikanischen Politologen Ronald Inglehart darstellen.

Aus der Datenlage dieser Studie konnte Inglehart seine bekannte These von der

Verschiebung von materialistischen zu postmaterialistischen Werten entnehmen.154 Die

Weltwertestudie ist die umfangreichste und weiträumigste Umfrage menschlicher

Werte, die je durchgeführt wurde. Das in Wellen fortgesetzte Projekt von

Sozialforschern ermittelt permanent soziokulturelle, moralische, ethische und politische

Werte verschiedener Welt-Kulturen in über 62 Ländern. Transponieren wir die

weiterentwickelte Inglehart-Wenzelsche Werte-Karte in den Wertekreis von Schwartz,

so erhält man die kulturell-religiösen Wertesysteme der Welt mit den sie

auszeichnenden Werten, quasi eine Art „Weltkultur-Kreis“.155

So widmet sich das kommende Kapitel den Rollen von Werten in Agrarkultur und der

Bedeutung von – auch agrarkulturellen Werten – für die kulturellen Programme

beziehungsweise Prozesse.

153 Kreyenberg 2005, S. 292 154 Vgl. Klein 2008, S. 31ff. 155 Idee von Strack 2008, S. 96, allerdings dort mit differentem Ergebnis, eine einfache 135 Grad Drehung erbringt kein korrektes Ergebnis.

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2. Wo und wie Bio mit spielt und mitspielt

2.1. Der „agrarische Werte-Kreis-Lauf“ in der Kultu r

Kultur kommt vom Acker. Das Wort „Kultur“ leitet sich aus lateinisch „cultura“ gleich

Bearbeitung, Bebauung, geistige Pflege ab. Kultur hängt also unmittelbar mit einem Akt

der Urbachmachung, zusammen - und damit mit der Natur und dem Abstand des

Menschen zur Natur.156 Dieser macht sich, wie der Germanist Wilhelm Wackernagel

bemerkt, in der Etymologie des Waldes bemerkbar. Der Wald gilt dem Acker als

entgegengesetzt und „tauge“ erst zum Sitz menschlicher Kultur, wenn er verschwände,

also nicht mehr Sitz der Wildheit, des Wildes, wäre. So kann Sigmund Freud Kultur als

die ganze Summe der Leistungen und Einrichtungen bezeichnen, „in denen sich unser

Leben von dem unserer tierischen Ahnen entfernt und die zwei Zwecken dienen: dem

Schutz des Menschen gegen die Natur und der Regelung der Beziehungen der

Menschen untereinander.“ 157

Der Acker symbolisiert den eingegrenzten, gehegten Ort menschlicher Tätigkeiten. Der

Wortfeldforscher Jost Trier führt hier das ganz praktische Beispiel der

Dreifelderwirtschaft an, und zwar in der Form, die man Winterfolge nennt: Ein Drittel der

Ackerflur liegt brach, das zweite Drittel trägt Sommerfrucht, das dritte Winterfrucht, die

Brache wird beweidet. Sie steht mit Wald und übrigem Wiesengrund in ungehinderter

Verbindung, sie ist offen. Aber das Feld mit Sommerfrucht wie das mit Winterfrucht

muss eingefriedet werden, damit das Vieh keinen Schaden anrichtet. Die bestellten,

eingezäunten Teile werden in großen Teilen des deutschen Sprachraums als Zelge

bezeichnet, womit früher Gabelholz (Pflug) und Zaun selbst bezeichnet wurden.158

Am Anfang aller menschlicher Tätigkeit, so Jost Trier, steht die Grenze, der Zaun: „Tief

und begriffsbestimmend durchwirken Zaun, Hegung, Grenze die von Menschen

156 Freud 1997, S. 220. 157 Wackernagel 1842, S. 538f. Die Etymologie (altgriechisch étymos „wahrhaftig“, „wirklich“, „echt“ und logos, Wort, Sprache) wird als Wissenschaftszweig der historischen Linguistik zugeordnet. Hier werden Herkunft und Geschichte der Wörter ergründet und damit, wie sich Bedeutung und Form entwickelt haben und welche ursprünglichen Gedanken und „Sprachspiele“ (Wittgenstein) der Wortschöpfung zugrunde liegen. Aus diesen einstmaligen Bedeutungen lassen sich Formen zu extrahieren, aus denen neue Bedeutungen und Sprachspiele gewonnen werden können. 158 Trier 1945, S. 126f.

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geformte Welt.“159 So wird der durch menschliche Leiber gebildete, eingehegte Kreis –

der so genannte „Mannring“160 - der Mittelpunkt allen kultischen Lebens. Durch den

„Mannring“ wird die „große Arbeit“ verrichtet, vom Hausbau bis zur Ernte, vom

Dreschen bis zum Zäunen, vom Roden bis zur „Landschaftsgestaltung“. Darauf

verweist auch das „Paradies“, das sich vom altpersischen „pairidaeza“ für „Umzäunung“

ableitet.161 So entstammt auch das Wort „Garten“ dem indogermanischen Wortstamm

„ghordo“, was so viel wie „Flechtwerk, Zaun, Hürde“ bedeutet und sich im griechischen

„chórtos“ und im lateinischen „hortus“ spiegelt.162

Auf die Art und Weise des zwischenmenschlichen Umgangs im Mannring geht das

lateinische „ritus“ zurück, die „Ringweise“. Sie bezeichnet die durch „altes Herkommen“

ehrwürdige Form und Ordnung, das Brauchtum, die Feiergewohnheit und Feiersitte, die

Gewohnheit und Sitte sowie die einzelnen Vorgänge des öffentlichen Lebens.163 Damit

hängt Kultur mit Pflege und dem zur Pflege verwendeten Pflug zusammen, was sich im

altgotischen „plega“ – widerspiegelt, das zusätzlich die Bedeutung „Fest“ hat. Es steht

ebenso für spielen und tanzen, was sich bis ins englische „play“ fortgesetzt hat.164

„Pflügen, Pflegen, Spielen“ könnte man daher als Ausprägungen kultureller

Kommunikation interpretieren. Lateinisch „communicare“ heißt „teilen“ oder „teilhaben

lassen“ und „communis“ bedeutet „gemeinsam“.

Das griechische „nomos“ – das verkürzt mit „Gesetz“ bezeichnet wird - hängt auch mit

dieser Wortfeldgruppe zusammen. „Nomos“ leitet sich von „nemein“ ab, einem Wort,

das sowohl nehmen, teilen wie auch weiden bedeutet. Im Nomadenzeitalter war der

Hirte, der Nomeus, das typische Symbol der Herrschaft. In Platons Politikos (274e-

276e) wird dargelegt, dass das „nemein“ des Hirten auf die Nahrung („trophe“) der

Herde verweist165 und der Hirt von seinen geweideten Tieren wie eine Art Gott

159 Trier 1942, S. 232 160 Trier 1942, S. 233. 161 Tabarasi 2007, S. 462. Die fruchtbaren persischen Königsgärten waren stets eingehegt und im Quadrat angelegt, aus dessen Mitte eine Quelle in alle vier Himmelsrichtungen verströmte 162 Mayer-Tasch 1998/2, S. 11 163 Trier 1945, S. 111. Die das öffentliche Leben symbolisierenden und an den Acker erinnernden griechischen Wörter „ageiro“ und „agora“ bezeichnen den politischen und rechtlichen Versammlungsplatz in der athenischen polis. 164 Trier 1945, S. 145ff. 165 In diesem Zusammenhang ist es ggf. von Interesse, dass die Wörter Mähen, Mahlen, Mahl lexikographisch nicht weit voneinander entfernt sind. Das ägyptische Wort „Maat“ bedeutet „Wahrheit, Moral, Anteil“, also eine Ordnung, die aus der unordentlichen Mischung hervorgegangen ist. Die „Maht“ als die Ernte des Grases und Getreides symbolisiert diese jeder Ordnung gemäße Scheidung als Entscheidung über Bedarf und Zugehörigkeit des Geernteten (vgl. hierzu Serres 1994, S. 94). Der

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wahrgenommen werden müsse.166 So ist auch das Wort „Wirt“ in Landwirt mit der

indogermanischen Wurzel „ŭer“ verwandt und dadurch mit „acht geben auf, sorgen für“

konnotiert.167 Diese Sorge hat wiederholenden, kreisförmigen Charakter. Das

lateinische Verb „iteratio“ bedeutete ursprünglich „den Boden noch einmal mit dem

Pfluge aufzureißen“ und nahm erst später die von der eigentlichen Tätigkeit abstrahierte

Bedeutung „Wiederholung“ an. Das Ende einer Wiederholung, einer Tätigkeit verweist

dabei immer wieder auf den Anfang. Ackerbau wie kulturelle Prozesse

beziehungsweise Programme168 sind schöpferische Prozesse in Form spiralförmiger169

„sich nie vollständig gleichenden Wiederholungen und Mustern im Handeln der

Menschen“,170 die die Einheit der Gegensätze bewahren. Ein Großteil des kulturellen,

sozialen und individuellen Lernens, der kollektiven Habitualisierung in der Sozialisation,

erfolgt durch das wiederholte Beobachten von anderen, wie bereits oben beschrieben

wurde.171

Für agrarkulturelle wie sozialkulturelle Prozesse lässt sich ein Aphorismus Nietzsches

anwenden: „Alles geht, Alles kommt zurück; ewig rollt das Rad des Seins […] in jedem

Nu beginnt das Sein; um jedes Hier rollt sich die Kugel dort. Die Mitte ist überall, Krumm

ist der Pfad der Ewigkeit.“172 Ein Bild, das mit dem unsrigem der Windhose vergleichbar

ist. Und damit den Unterschied verdeutlicht zwischen einer „Wiederholung des Selben“,

die „identitär“, „statisch“, „gewöhnlich“, „enthüllt“ daherkommt und aus „Gleichheit,

Kommensurabilität, Symmetrie“ besteht und einer Wiederholung, „die die Differenz

umfasst“, „Heterogenität“, „Appräsentation“, das „Ungleiche, Inkommensurable,

„Assymetrische“.173 Ein Feld, das der Fruchtfolge unterliegt, ist selbstverständlich nie

militärisch-maritime Rang „Maat“ steht dann erstaunlicherweise mit dem Mahl in Verbindung, denn der „Maat“ leitet sich vom mittelhochdeutschen „gemazze“ ab, dem Speise- und Essgenossen, dessen Ursprung sich auch in der „Mast“ findet. 166 Schmitt 1997, S. 39. In Pindars Fragment 169 ist analog der „Nomos Basileus“ mit einer mythischen Ordnungsstiftung durch den Raub der Rinder des dreileibigen Geyron verbunden. Vgl hierzu Schmitt 1995, S. 576ff. 167 Grimm 2004. Neben dem griechischen „nomos“ ist das lateinische nemus „heiliger Hain“ zu erwähnen, weil es eines jener zahlreichen Wörter für Heiligtum ist, die auf Zaun und Hegung zurückzuführen sind, wie templum, forst, pestlum, vé, lundr, hof etc.vgl. Trier 1942, S. 250 168 Der Philosoph und Soziologe Arnold Gehlen sieht in Programmen/Schemata habituell gewordene, eingeschliffene Verhaltensfiguren, die von selbst ablaufen, weswegen ihnen derob eine enorme Entlastungsleistung zukommt. Vgl Gehlen 1957, S. 104f. 169 Die Spirale ist eine natürlich Form beispielsweise an Schnecken, der Doppelhelix der DNS, an Wind- und Wasserformationen, an Ackerwinden und Spiralnebeln, an aufgerollten Schlangen, ebenso wie nicht entfalteten Farnen, ja selbst am/im Kosmos, vgl. Adam 2001, S. 191f. 170 Bolten 2002 171 Damit ist „Kultur“ natürlich streng genommen eine Dikursfiktion, denn jede Beobachtung von Kultur ist zugleich eine Form ihrer Gestaltung durch die „Anwender des Kulturprogramms“, vgl. Schmidt 2003, S. 7 172 Nietzsche AZ 1999, S. 273 173 Deleuze 2007, S. 43f.

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vollständig „identisch“. Aber auch für ein „konventionelles“ Feld gelten die

unabänderlich fortwirkenden organischen Prozesse, dass selbst für den Anschein einer

Gleichheit nur mit dem Verdikt Heinz von Foersters gekontert werden kann: „Nichts ist

jemals so, wie es angeblich gewesen ist. Ich erkenne gerade das wieder, was ich nie

zuvor gesehen habe.“174

Die unterschiedlichen Kreisläufe des Lebens auf der Erde aber setzen die Kreisläufe

des Kosmos voraus. So entstehen beispielsweise die Wechsel von Tag und Nacht

durch die Rotation der Erde um ihre eigene geneigte Achse und die Wechsel der

Jahreszeiten durch das Kreisen der Erde um die Sonne. Auf der Erde sind es die

Kreisläufe der Gesteine, die am langsamsten verlaufen, die sedimentären,

magmatischen und metamorphen Gesteinsbildungen. Durch die Verwitterungen ist der

Gesteinskreislauf in den Kreislauf der Luft und des Wassers einbezogen. Beide sind

Produkte der Gase, die aus dem Erinnern austraten beziehungsweise austreten. Der

Luftkreislauf entsteht durch die Temperaturunterschiede und die entsprechenden

Luftdruckgegensätze, die sich durch Zirkulation ausgleichen, bevor sie sich neu

organisieren.175

Der Kreislauf des Lebens dann ist in die anderen irdischen und in die kosmischen

Kreisläufe einbezogen, ist bedingt durch Sonnenlicht, Luft, die Mineralien und das

Wasser, was Parallelen zur altgriechischen Vier-Elemente-Lehre (Feuer, Wasser, Luft,

Erde) aufwirft. Der Kreislauf des Lebens bildet sich aus den beiden Zyklen der

Photosynthese und der Organismen. Durch die Photosynthese der grünen Pflanzen

werden aus anorganischen Stoffen die organischen Stoffe aufgebaut, die dann Tiere

und Menschen konsumieren. Diese werden nach ihrem Tod wiederum von Bakterien

sowie anderen Mikroorganismen mineralisiert und als Nährstoff den Pflanzen zur

Verfügung gestellt. Hierbei handelt es sich also um das zweckmäßige Zusammenwirken

der drei Hauptbeteiligten des Ökosystems, nämlich der Produzenten, der Konsumenten

und der Reduzenten (Destruenten). Fressen und Gefressenwerden ist das Grundgesetz

des Biozyklus.176

174 Foerster 1993, S. 370 175 Treptow 2001, S. 29ff. 176 Treptow 2002, S. 33

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Auf diesen vorangestellten Ausführungen beruht der Gedanke, die vier

Hauptcharakteristika des Wertekreises von Schwartz (Traditionswerte, universalistische

Werte, Selbstbestimmungswerte, Selbststeigerungs- oder egozentrische Werte) den

vier Hauptwerten agrarischer Tätigkeiten (Nehmen, Teilen, Geben, Weiden

beziehungsweise hier Mehren) zuzuordnen.

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Eine Kultur wie die Agrarkultur ist charakterisiert durch die von einer Gruppe gehaltenen

grundlegenden Denk- und Handlungsmuster, zu denen Werte, Normen, Einstellungen,

Überzeugungen und Ideale gehören.177 Kultur ist eine über die Zeit organisch

gewachsene Lebenswelt, die durch fortlaufend dynamische Handlungsverläufe

entsteht. Dabei folgt sie dem evolutionären Schema der „Variation, Selektion und

Retention“: Aus dem Strom zufällig und dauernd variierender Handlungs- und

Kooperationsmuster werden jeweils aktuell passende Variationen ausgelesen und

genutzt. Bewährt sich eine Variante mehrfach, wird sie dauerhaft beibehalten und mit

Sinn und Bedeutung überformt.178 Bedeutung und Sinn – was in einer spezifischen

Situation „stimmig“ oder „bedeutungshaltig“ wird179 - müssen in einer konsensuellen

Sphäre ermittelt, ausgehandelt, kommuniziert und kooperativ geschaffen werden. Sinn-

und Wertträger generieren, reparieren, adaptieren und transformieren unentwegt die

Wert- und Symbolsysteme, die ihnen erlauben, Sinn zu produzieren.180 Kultur ist, so

könnte man sagen, ein fortwährender Organisations-Prozess der Identität des

Kollektivs.

Kultur ist also ein prozessurales Netz unterschiedlicher Werte- und Symbolsysteme, mit

eigener Sprache, Zeichen, Bildern und mentalen Projektionen und folgt dabei einem

Skript, das sich fortlaufend erstellt, ohne aber explizit niedergeschrieben zu werden.

Aber es gibt dennoch Ausnahmen, Manifestationen, zu denen Artefakte gehören, also

Gebäude, Schriftstücke, Produkte, Technologie, Kunst, Dienstleistungen, aber auch

verbales und nonverbales Verhalten, Mythen, Witze, Rituale oder Regeln.181 Jedes

Kultur(und Organisations-)Mitglied lebt somit nicht nur in seiner „natürlichen“, sondern

darüber hinaus in einer symbolisch vermittelten Umwelt.182 Diese stellen gleichsam

„Selektions- und Interpretationsfilter“183 dar, spannen Bedeutungshorizonte auf und

geben an, was relevant ist und was vernachlässigt werden kann. Artefakte sind quasi

die Oberfläche der Kultur, die sichtbaren Strukturen und Prozesse. Deklarierte Werte

und Be-wert-ungen bilden eine zweite Ebene, zu der offizielle Strategien, Ziele,

177 Vgl. Sackmann 2006 178 Baitsch 2009, S. 224 179 Thomae 1968, S. 586 180 Assmann 2006 S. 34 181 Sackmann 2006 182 Keller 2004, S. 195 183 Sackmann 2006

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Politiken gehören. Eine dritte Ebene sind dann die unbewussten, selbstverständlich

vorausgesetzten Weisen des Wahrnehmens, Denkens und Glaubens.184

Kultur als dynamischer Prozess hat einen doppelten Charakter, sie ist sowohl Medium

wie auch Resultat des Handelns. Damit finden sich kulturelle (Leit-

)Differenzen/Elemente in jedem einzelnen Subsystem/-kulturen oder Wertecluster. Die

Interpretation jedoch geschieht jedoch im Lichte der jeweiligen „Leitwährung“ und „Leit-

wert-ung“ – beispielsweise unter der Brille des Wachstums, der Tradition, der

ausgleichenden Gerechtigkeit oder der Propagierung steten Wandels. Das kann zu

tiefen innersystemischen Differenzierungen und Hierarchisierungen führen.185

Unterschiedliche Kulturen beziehungsweise Kulturstile resultieren aus einem Wandel,

der durch die Betonung anderer Werte und Präferenzen eingeleitet wird. Einen

Werteverlust gibt es danach eigentlich nicht, wohl aber eine Substitution bestehender

184 Vgl. Baitsch 2009, S. 226 185 Beispiele könnten hierfür sein die „Drei Ordnungen“ (G. Duby) von Klerus, Adel und Drittem Stand im feudalistischen Mittelalter (innerhalb traditioneller Leitwertungen), Hierarchien aus produktiven Lohnarbeitern, industriellen Kapitalisten und klassischem Imperialismus (Ausdifferenzierung aufgrund egozentrischer Leitwertungen), allumfassende bürokratische Demokratie (universalistische Leitwertungen) beziehungsweise bewaffnete Anarchie („Machnowschtschina“) als Durchsetzung von Selbstbestimmung.

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Werthierarchien durch alternative Wertecluster.186 Mit jeder neuen gewonnenen

Konstruktion, der Übernahme beziehungsweise dem Wandel von Werten und

Interpretationen stellt sich aber die Welt anders dar.187

Innerhalb einer Kultur lassen sich analog unserer Wertekreiseinteilung verschiedene

spezifische „Lebens- und Sprachformen“188 unterscheiden. In diesen durch Regeln

konstituierten Lebens- und Sprachformen oder Milieus fühlen, denken, sprechen

Menschen und definieren ihre Alltagsprobleme. Insofern ist die wahrgenommene

Wirklichkeit immer von der jeweiligen linguistisch geprägten Lebens- und Sprachform

abhängig. So entwickeln sich spezifische Sprachspiele, mittels derer die Mitglieder die

Welt interpretieren sowie Handlungen und Interaktionen.189 Diese parallelisierenden

Wirklichkeitskonstruktionen bilden Kontextgemeinschaften aus. Die Lebenswelt stellt

also einen Wissensvorrat mit bestimmten Restriktionen für den individuellen Aktor dar

und wird im gleichen Zuge durch Handlungen des Aktors reproduziert.190 Ein Mensch

kann gleichzeitig mehreren Kontextgemeinschaften respektive Mileus angehören, der

Übergang zwischen den Kontexten erfordert einen Perspektivenwechsel, einen

„Kontextswitch“.191

Wo es also keine direkten Anschlussmöglichkeiten gibt, ist ein „oszillierender

Austausch“ von Kommunikation und Wertungen möglich, „wie in manchen Filmen den

Übergang von einem Bild zum nächsten. Der Übergang vollzieht sich nicht plötzlich,

sondern das eine Bild wird allmählich schwächer, das andere taucht langsam auf und

wird stärker, so dass eine Zeitlang beide Bilder durcheinander gehen und man nicht

weiß, was eigentlich gemeint ist.“192 Durch rasante Rückkoppelung kommt es zu einem

schnellen Hin-und-Her-Springen, zu Zuständen des Sowohl-als-auch. Während wir dies

als Oszillation bezeichnen, werden Mischungsverhältnisse und „sanfte Übergänge“ mit

186 Analog zur Rede vom Werteverlust schrieb bereits Luhmann (1987, S. 587): „Besonders »Sinnverlust« ist heute eine Formel, mit der Erfahrbares in die Selbstbeschreibung der Gesellschaft eingearbeitet wird. Aber Sinn ist nach wie vor unvermeidliche Form des Erlebens und Handelns. Ohne Sinn würde die Gesellschaft, würde jedes Sozialsystem schlicht aufhören zu existieren. Was gemeint ist, wird durch diese Formel nicht zutreffend bezeichnet, sondern übersteigert, um die Gesellschaft für schuldig erklären zu können.“ 187 Vgl. Dux 1992, S. 46 188 In Anlehnung an Wittgenstein 1984 (Philosophische Untersuchungen), S. 241 189 Vgl. Hejl 1992, S. 191 190 Kirsch 1999, S. 214 191 So Kirsch 2001, S. 13 192 Heisenberg 2008, S. 38f.

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„Schwelle“ bezeichnet.193 Dementsprechend haben die verschiedenen Wertsysteme

und Leitwertungen in den kulturellen Prozessen verschiedene Aufgaben

beziehungsweise Leistungen zu vollbringen. Moderne Sozialsysteme wie etwa

Ökonomie, Politik, Wissenschaft, Kunst, Erziehung etc. sind also zugleich autonom und

strukturell gekoppelt. Was also auch bedeutet, dass zeitweise eine Dominanz einer

Lebenswelt, eines Wertsystems konstatiert werden kann. In diesem Fall könnte man

von einem „kulturellen Vorlauf“194 sprechen.

Die Leitwerte aus dem Segment der Tradition sorgen jedenfalls dafür, dass die

Menschheit nicht immer wieder bei „Null“ anfangen muss. Denn für jede Generation

steht in der „kulturellen Null-Lage“ der Geburt eine Kulturannahme an. Kein Mensch

kann geben, teilen und zuteilen, ohne zu nehmen, ohne anzunehmen. Menschliche

Gesellschaften sind für ihr Überleben und ihre Bedürfnisbefriedigung auf ihre

überlieferten kulturellen Fähigkeiten - Praktiken, Normen, Werke, Sprache, Institutionen

- angewiesen. Die durch Medialisierung erlernte und vererbte Kultur195 stellt das Selbst-

Verständliche menschlichen Handelns dar, das von selbst Verständliche, das

Vertraute.196

Die Zurückbindung an (lateinisch „religo“) beziehungsweise die Beobachtung von

(lateinisch „religio“) Tradition Letzte Be-Gründ-ung annehmende, prinzipistische

Ansätze teilen die Annahme, dass die humane Welt durch ordnende Prinzipien

ausgezeichnet ist, anhand deren sich das Denken und Handeln objektiv wie definitiv

orientieren lässt.197 Objektivistische Theorien unterstellen in positivistischer und

realistischer Weise jeweils nur eine gültige Weltkonstruktion. Parallele existierende

Weltkonstruktionen können demnach nur im Sinne eines Entweder-Oder Gültigkeit

besitzen. Diese prinzipistischen Ansätze sind, da sich ja die Sektoren in den anderen

Segmenten wiederholen, nicht nur auf das Letztwertesystem beschränkt, sondern

finden sich auch im Kategorischen Imperativ eines Universalismus, eines

utilitaristischen Nutzensummenkalküls im Sektor der Selbststeigerung oder als

dogmatisches Relativitätsprinzip. Der Grund des Mundus, der in der Sprache und

Symbolik gründenden humanen Welt, wird hier so gedacht wie der des physischen

193 Kulturelle Prozesse sind natürlich auch durch Stagnationen, Regressionen und nicht lineare Fortentwicklung gekennzeichnet. 194 Kirsch 1999 II, S. 254 195 Heinrichs 1998, S. 8 196 Vgl. Gottwald 2003, S. 217f. 197 Vgl. Badura 2006, S. 2

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Globus – als unabrückbares Fundament. Nach diesen Auffassungen spiegelt die

Sprache die Realität, beziehungsweise bildet sie wahrheitsgemäß ab.

Hier gelten Werte als offenbarte und verbindliche Wahrheiten, wie Joseph Ratzinger

betont: „Wir sprechen dabei heute lieber von Werten als von Wahrheit, um nicht mit

dem Toleranzgedanken und dem demokratischen Relativismus in Konflikt zu geraten.

Aber der eben gestellten Frage kann man nicht ausweichen, denn Werte beziehen ihre

Unantastbarkeit daraus, dass sie wahr sind und wahren Forderungen des menschlichen

Wesens entsprechen.“198 Nach dieser Ansicht – aber auch durch den

Sozialisationsprozess des Einzelnen – ist Moral „immer schon da“, so dass der Mensch

in Sachen Moral argumentativ immer zu spät kommt; er „hat“ schon „eine Moral“ und

„ein Gewissen“, ehe er über moralische Fragen nachdenken kann.199 Moralische

Imperative brauchen detaillierte Regeln, die sagen, wann die Regel gilt – ein

unendlicher Regress auf unendliche Imperative,200 wobei letztendlich eine (sich selbst?)

autorisierende Stelle den Regress beenden kann, so dass sich moralische

Werthierarchien auch mit menschlichen Status-Hierarchien verbünden können. Daraus

konstituiert sich „ein solidarisches System einer moralischen201 Gemeinschaft, eine

kollektive Angelegenheit.“202 Wobei endogene Traditions-Dynamiken versuchen,

Verbindungen zwischen der Historie, der Gegenwart und einer (möglichen) Zukunft zu

ziehen, während exogene Traditions-Anwendungen immer wieder neue

Abweichungen/Heterogenitäten in die Tradition „einarbeiten“.203

Auf der Schwelle zwischen traditionellen und Selbststeigerungs-Werten existieren

beispielsweise Auffassungen vom Markt als (religiöses) Letztwertesystem wie auch jene

der Organisierung von Letztwertesystemen (Religion) nach Marktgesichtspunkten.204

198 Ratzinger 2005, S. 51 199 Schmidt 2003, S. 12 200 Schönherr-Mann 1997, S. 35 201 Moral von lat. „mores“=Sitten, Gebräuche. Moral ist also ein Moment der Rückbindung, lat. „religere“, inhärent 202 Durkheim 1994, S. 75 203 Kirsch 2001, S. 14 204 Markt/Ökonomie und Religion können daher auch Gemeinsamkeiten aufweisen: Erstens dienen beide dem Speichern und Übertragen von Erinnerung beziehungsweise Werten. Sie dienen zweitens zur Koordination von Interaktionen. Sie verstärken die Möglichkeit, dass Unwahrscheinliches geschieht – so im Abendmahl oder in der kampflosen Güterübertragung. Beide ermöglichen Körperextensionen – Anwesenheit von Jesus Christus beziehungsweise „spekulative“ Anwesenheit in fernen Wirtschaftsprozessen. Beide „Massenmedien“ beruhen auf Beglaubigungsstrategien, auf Credo und Kredit, um gedeckt zu sein.Vgl. hierzu Hörisch 2004, S. 20 ff. Als Kritiker des Marktes als Religion sei hier nur Walter Benjamin angeführt. Der Markt ist nach Benjamin eine reine Kultreligion ohne spezielle Dogmatik, ein Kult in Permanenz „ sans [t]rêve et sans merci“, in dem es keinen Tag gäbe, der nicht

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Zwischen den traditionellen Werten und jenen der Selbstbestimmung, die Offenheit für

Wandel beinhalten, besteht hingegen Oszillation – beispielsweise in der Einnahme

verschiedener Rollenmuster in beruflichen (Wissenschaftler) wie privaten

(Trachtenverein) Funktionen. Die Schwelle zwischen traditionellen und

universalistischen Wertungen bilden Vorstellungen von theologisierter, hypermoraler

Politik oder Auffassungen politischer Theologie, die man mit Voegelin als „politische

Religion“ oder Ideologie bezeichnen könnte.

Dem Segment universalistischer Wertungen nun geht es um eine ganzheitliche Sicht

auf den „Verteilungsschlüssel“ des Genommenen und zu Nehmenden“,205 der temporär

festgeschrieben wird in institutionellen Ordnungen. Das verdeutlicht die Lage des

Segments im Wertekreis zwischen Tradition und selbstbestimmtem Wandel, zwischen

Kontinuität und Kontingenz. Institutionen regeln Zugehörigkeit, Solidaritäten, bringen

Normen und Rollenerwartungen zum Ausdruck. Die hier situierten universalistisch-

pragmatischen „Strategien“206 sind dauerhaft sondierend und ausleuchtend, Strategien

der Er-gründung, sie begreifen die humane Welt als einen durch mannigfaltige

Erfahrungszusammenhänge konstituierten Raum, in dem sich „das Menschsein gleich

einer dauerhaften Passage“ einschreibt, abhängig von Bedingungen des Kontexts, je

realisierter Lebensformen und Erfahrungshorizonte.207 Sprache dient in diesen

Kontexten dem „kommunikativen Handeln“ und der wechselseitigen Verständigung

(Habermas).

Die Gesamtgliederung des Wertekreises und seine unterschiedlichen Werte

wiederholen sich in diesem Segment in unterschiedlichen Auffassungen zur Art des

Verteilungsschlüssels der kollektiven Ressourcen, also zur jeweiligen kollektiven

Festtag in dem fürchterlichen Sinne der Entfaltung allen sakralen Pompes ist, ein Kult der äußersten Anspannung des Verehrenden, der erste Fall einer nicht entsühnenden, sondern verschuldenden Kultreligion. Vgl. Benjamin 2004, S. 15ff. 205 Das politische System ist ein Funktionssystem neben anderen, gekennzeichnet durch die spezifische Funktion der Produktion und Durchsetzung kollektiv-verbindlicher Entscheidungen, der Produktion und Sicherung von Kollektivgütern. Wobei auch die Definition von Kollektivgütern eine Differenzierung, meist ein politische Entscheidung, erfordert. Willke (2001, S. 185ff.) spricht hier von „Kollateralgütern“, Gütern, „an denen ein öffentliches Interesse besteht, deren Produktion auch eine Positiv-Summen-Bilanz erzeugt, deren Herstellung aber weder spontan auf dem Markt erfolgt, noch autoritativ von der Politik diskreditiert werden kann.“ Man könnte stattdessen auch von „Blinden Fleck“-Gütern sprechen. Je mehr Ausweichmöglichkeiten ein kollektives Problem lässt, umso schwieriger ist die Mobilisierung kollektiven Protests oder kollektiver Zustimmung, vgl. Eder 1990, S. 30 206 Strategie wird hier und im Folgenden im Anschluss an Kirsch (2001, S. 76) mit der Formel „die Fähigkeiten signifikant betreffend“ gleichgesetzt. 207 Badura 2006, S. 1

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Verfassung.208 Soll diese legitimiert sein, so bedarf es der Einbindung vertikaler

Legitimierung (Traditionswerte aus beispielsweise Religion und Geschichte) oder der

horizontalen Legitimierung (eine – wie auch immer zu definierende – Mehrheit innerhalb

bestimmter Grenzziehungen).209

Reine Legalität – ohne Legitimität - hieße in diesem Fall einen von der Legitimität

unabhängigen rechtlichen oder ethischen Anspruch auf äußeres Verhalten zu

begründen. Im Unterschied zu den Moralen des Letztwertesystems, die sich auch auf

göttliche Offenbarungen berufen können, kehrt die Ethik das Urteils-System um. Im

Gegensatz zu den Werten (gut-böse) wird der qualitative Unterschied der

Existenzweisen (gut-schlecht) an deren Stelle gesetzt.“210 Das bedeutet, dass die Moral

- als eine Theorie der Absichten - von der Ethik, die über die Wirkungen handelt,

unterschieden wird. Relevant dürfte in diesem Zusammenhang sein, ob auch

„außerhumanes“ Leben in den „kollektiven Teilungsschlüssel“ der Verfassung

aufgenommen wird, also womöglich eine biosphärische oder ökosystematische

Berücksichtigung aller Spezies stattfindet.211

Eine Beispiel für eine Oszillierung zwischen universalistischen Werthaltungen und

selbststeigernden, ökonomischen Werten ist vielleicht das Konzept der Nachhaltigkeit,

das erstmals Mitte/Ende der 80er Jahre im so genannten Brundtland-Bericht der World

Commission on Environment and Development formuliert wurde. Bestandteile waren

die Forderungen nach umweltverträglichem Wirtschaften (Konsistenz), der besseren

Ausnutzung von Ressourcen (Effizienz), der Beschränkung des Gesamtverbrauchs

(Suffizienz) sowie eine intra- und intergenerationelle Verteilungsgerechtigkeit.212 Es

werden also Begriffe des Globalen - ökonomisch-selbststeigernde Wertungen – mit

208 Zum Vergleich die Verfassungskreisläufen von Platon, Aristoteles, Polybios – beziehungsweise die unterschiedlichen Formen politischer Strukturen. 209 Das ganze Mittelalter hindurch wogt der Kampf der Universalmächte – der „auctoritas „des Papstes und der „potestas“ des Kaisers um die die Kontinuität im „corpus morae et politicum“. Da „auctor“ derjenige ist, der die Tat eines anderen oder eine Rechtssituation vermehrt oder perfektioniert, ist der Kampf um die metarechtliche „auctoritas“ letztlich ein Ringen um diejenige Legitimierungskraft, die eine normativ-rechtliche „potestas“ suspendieren oder reaktivieren kann, und das nicht nur im Ausnahmefall des Krieges. Die „auctoritas“ ist das, was vom Recht bleibt, wenn das Recht vollständig suspendiert wird., vgl. Agamben 2004, Seite 90 210 Pfaller 2002 211 Einflüsse traditioneller, religiöser Letztwerte, können auch diesem Kontext prägend sein. So geht beispielsweise der Buddhismus von einer zyklischen Wiederkehr des Lebens aller Lebewesen aus. Ein Mann könnte in einem vorherigen Leben ein Hund gewesen sein, eine Frau in einem nachfolgenden Leben ein Vogel werden. Damit erhalten aber alle Lebewesen den gleichen Wert und die Würde des Menschen kann sich nicht in Abgrenzung zu Tieren oder Pflanzen bestimmen. Vgl. Ida 2007, S. 261 212 Schmuck 2005, S. 85

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jenen des Universellen im Verfahren wechselseitiger Konkordanz abgewogen.213 Es

sollen letztlich Ressourcen für ein maßvolles Wirtschaften erhalten werden.

Wachstumswirtschaft benötigt das zu Mehrende, einen Rest, einen Überhang, etwas

nicht Verteiltes, nicht Verbrauchtes beziehungsweise etwas der Wirtschaft Zu- und

Zurückgeführtes, ein Investitionsgut, wie es beispielsweise auch (früher

zurückgehaltenes) Saatgut bedeutet. „Ab integro nascitur ordo“ – aus dem Nichts

schaffen nur kleine und große Zauberer. Die hier rekurrierte Investition steht dann als

Produkt der Oszillierung zwischen universalistischen Be-wert-ungen des

Verteilungsschlüssels – Normen sind in der Regel Be-grenzungen – und

selbststeigernden Wertungen.

Die Investition investiert also den „Rest“, der nach der körperlichen Restitution bleibt.

Daher benennen wir diesen Sektor mit „Selbststeigerung“. Pragmatische Strategien

zwischen Kontinuität und Kontingenz herrschen auch hier vor, aber im Unterschied zu

den universalistischen sind es hier individuelle Kalküle. Sie gründen sich auf ihre

Schlüssigkeit innerhalb provisorisch etablierter Normierungskonzepte für das eigene

Selbst.

Analog war die Subsistenzwirtschaft, die Erhaltung des Lebensunterhaltes, bis fast ins

19. Jahrhundert hinein charakteristisch für Europa. Nachdem die Befriedigung der

körperlichen Bedürfnisse annähernd sichergestellt war, konnten sich Werteprioritäten

und damit einhergehend auch Organisationsformen verschieben. Dem entspricht die

Eskalationsdynamik der Maslowschen Bedürfnispyramide, nach der zunächst die

Befriedigung körperlicher Bedürfnisse erfolgt.214 Auf der anderen Seite wurde wohl

schon Marx klar, dass der ökonomische Apparat, der sich nur der Lösung der

„Knappheitsproblematik“ widmet, paradox funktioniert: Funktioniert er zu gut, droht er

zusammen mit den Knappheiten auch sich selbst zu beseitigen.215

213 Die Universalität betrifft die Menschenrechte und die Demokratie, die Globalisierung betrifft die Technik und den Markt. Die Globalisierung scheint irreversibel, wohingegen das Universelle im verschwinden begriffen scheint, so jedenfalls Baudrillard 2007, S. 36. Tatsächlich gibt es so etwas wie „strukturelle Verantwortungslosigkeit“ (Künzli 1986, S.145), die der französische Philosoph Michel Serres (1998, S. 345) wie folgt charakterisiert: „Depaysé – aus dem Lande und in die Fremde gegangen, durch Wechsel der Landschaft und das Umherwandern in zahlreichen Ländern, beständige Emigranten, ohne einen heimischen Herd und sein Feuer, heimatlos, solcherart losgelöst ist es uns auf schmerzliche Weise gleichgültig, ob wir im Packeis leben oder in der Südsee, auf einer Insel oder in der Wüste, sofern wie uns nur des Morgens vor unser Blatt Papier setzen und ihm dienen.“ 214 Vgl. Klein 2008, S. 32f. 215 Priddat 2008, S. 92

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Also rückt die Dynamik um den „Rest“216 das Neue statt die Subsistenz in den

Vordergrund. Hier erklärt sich dann auch die quasi natürliche Symbiose mit der Technik.

Der „Rest“ jedenfalls muß nun dynamisch investiert und inventiert werden, damit er zu

konjunkturell belebendem technischen Fortschritt („Inventions“) und technischen

Neuerungen („Innovation“) führt. Der schöpferische, dynamische Unternehmer

(Schumpeter) benötigt Extragewinne und „Pionierrenten“, die seine Investition

amortisieren, bevor der Verdrängungsprozess neuer „schöpferischer Zerstörung“

beginnt.217 Dieser Prozess erinnert wahrscheinlich nicht von ungefähr an den

Kulturprozess, an das „in Lernprozessen von Generation zu Generation Vermittelte“,218

denn Lernen erfordert eine „offene Kombination von festzuhaltendem und zu

änderndem Wissen“.219 Daher existieren innerhalb selbststeigernder Werthaltungen im

Wertesystem der Ökonomie auch Zirkulationsvorstellungen von Güter-, Dienstleistungs-

und Geldströmen – analog zu anderen Wertesystemen und ihren internen Zirkulationen

in Verfassungskreislauf, Erneuerung der Gemeinschaft (Geburt, Kommunion) oder

permanenter Selbsterfindung.

Geldmengenveränderungen (Irving Fisher), Unterkonsumtion (John A. Hobson, John

Maynard Keynes), abnehmende Grenzleistungsfähigkeit von Investitionen (Keynes),

strukturelle Schwankungen (Kondratjeff-Zyklus) können mit den Bedingungen des

„Rests“ und den „zyklisch-periodischen Veränderungen gesamtwirtschaftlicher

Größen“220 verknüpft werden und stehen für die Oszillation zwischen den

Werthaltungen des Universalismus wie auch der Selbststeigerung.221 Auf der Schwelle

in den Bereich des Sektors der traditionellen Letztwerte finden sich technisch-

216 Es entsteht oszillativ natürlich auch eine politische Dynamik um den Rest. Das, wovon die Bürger meinen, dass der Adel es ihnen unrechtgemäß entzöge, behaupteten später die Arbeiter gegenüber den Bürgern. Die Rente, die Kapitalisten den Arbeitern nähmen, sei der der Mehrwert, sagte Marx; vgl. Priddat 2008, S. 90 217 Der amerikanische Ökonom Raymond Vernon verband 1966 die Existenz des technologischen Monopols und des Produktlebenzyklus mit dem internationalen Handel. Ein technisch neuartiges Produkt wird also solange exportiert, bis es von anderen Ländern nachgeahmt, billiger produziert und in die Ursprungsländer exportiert wird, wo der Gesamtkonsum bereits abnimmt, da bereits neuere und technologisch höherwertige Produkte nachgefragt werden. Vgl. Meyers 2006, S. 242f. 218 Gottwald 2003, S. 217 219 Luhmann 1987, S. 448f. 220 Witthoff 1980, S. 5 221 So empfiehlt der Monetarismus der Finanz- wie der Geldpolitik konjunkturpolitische Abstinenz, Eingriffe in den Markt möglichst zu vermeiden und das langfristige Wachstum zu fördern. Auch die Neue Politische Ökonomie verweist auf die Möglichkeit politisch induzierter Konjunkturschwankungen. Es gibt auch politisch-ökonomische Weichenstellungen, die nach Maßgabe einer Kreislaufwirtschaft positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben können. Recycling beispielsweise zielt darauf ab, weiteres Wirtschaftswachstum zu ermöglichen, ohne die natürlichen Energiequellen unnötig rasch aufzuzehren. Sie sind also im Sinne des über Rest und Quantum Vorbemerkten eine Investition, damit Wirtschaften auch zukünftig möglich bleibt.

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ökonomische Lebenssteigerungen wie die Gentechnik. Biotechnologie,

Informationstechnologie und Kognitionswissenschaft lösen – unter anderem unter dem

Paradigma des „guten Lebens“ - die Grenze zwischen natürlich und künstlich

sukzessive auf. Mit genetischen Algorithmen, genetischem Programmieren oder sich

selbst evolutionär entwickelnden Maschinen, Robotern und Programmen könnte sehr

bald ein neuer Zweig der Evolution einsetzen.222 Es existiert auch eine Schwelle zu den

Selbstbestimmungs-Werten, beispielsweise in Form der immer erneute Reize

benötigenden (Fremd-)Stimulation.223 Sprache besitzt in selbststeigernden Kontexten

eine erfolgsorientierte Funktion, ist Mittel zum Zweck.

Die Werthaltungen der Selbstbestimmung liegen jenen der Tradition gegenüber. Hier

geht es nicht um „Halten“ und „Behalten“, sondern um Werden, Wandel, Kontingenz,

Risiko. Die An-Nahme, die sich im Segment traditioneller Werthaltungen vollzieht, wird

hier als Ab-Nahme des Entwerfens „eigentlicher Möglichkeiten“224 durch

Schematisierung, Automatismus und Habitualisierung interpretiert, die den Menschen

(nur) als »Funktionsträger«225 gemeinschaftlicher Pflichten versteht.226 Die Maxime

dieser hier situierten Werthaltungen ist die Erschließung, eine Rückgabe des eigenen

Selbst aus der gesellschaftlichen Verfügungs-Masse.227 Hier herrschen Strategien der

Ent-Gründung, der Dekonstruktion, die die Vorstellung eines vorfindlichen oder

ermittelbaren definitiven Grundes, wie ihn prinzipistische Strategien unterstellen, von

sich weisen. Dekonstruktive Strategien konstatieren, dass die humane Welt keine

definitive Form haben kann, weil sie ein symbolisch konstituierter Raum möglicher

222 Maresch 2001, S. 16 223 Wie sie beispielsweise im Technik-Freak oder dem „Event-Hopper“ der „Spassgesellschaft“ (Gerhard Schulze) vorliegt 224 Vgl. Heidegger 2001, S. 178 225 Max Weber (1980, S. 12) hierzu: „Das streng traditionale Verhalten steht – ganz ebenso wie die rein reaktive Nachahmung – ganz und gar an der Grenze und oft jenseits dessen, was man ein „sinnhaft“ orientiertes Handeln überhaupt nennen kann. Denn es ist sehr oft nur ein dumpfes, in der Richtung der einmal eingelebten Einstellung ablaufendes Reagieren auf gewohnte Reize.“ 226 Gehlen 1957, S. 106. So spielt sich Hegels Herr-Knecht-Dialektik nicht nur zwischen verschiedenen Individuen mit verschiedenem gesellschaftlichem Status ab. Sie ist auch innere Dialektik, ja Schizophrenie, zwischen naturaler Gemeinschafts- und Gruppenzugehörigkeit und innerer Selbstfindung und – bestimmung. 227 Mehrere Sprachen bezeichnen den „Herrn“ durch ein Wort mit der Bedeutung „er (sich) selbst“, das durch die indogermanischen Wurzel „pot“ repräsentiert wird. Im Lateinischen schart sich um das Wort *potis, sei es in freier Form oder in einem Kompositum, eine große etymologische Familie. Neben „hospes“ bildet es die Adjektive „compos“ und „impos“, also „wer Herr seiner selbst, seines Geistes“ ist und das Verb *potere, dessen allein erhaltendes Perfekt „potui“ zum Paradigma von „können“ gezogen wurde. Bei Plautus steht im gesprochenen Latein „ipsissimus“ für Herr, das Selbst, den einzig Wichtigen. (Vgl. Beneviste 1993, S. 71ff.) Wenn Homer beispielsweise vom Land der Zyklopen schreibt, so bezeichnet er dieses als „athémistes“ – jede Familie lebe dort nach ihrem eigenen Gesetz, die Zyklopen seien wahrhaftig Wilde. (Vgl. Beneviste 1993, S. 373f.) Hier entsteht das selbst, das in Dialektik mit dem anderen seiner selbst steht.

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Formen ist und die immer neue Herstellung solcher Formen und ihrer Organisation ein

ihr inhärenter produktiver und kreativer Teil der humanen Welt ist.228 Der „normative“

Anspruch von dekonstruktivistischen Strategien liegt in der Aufzeigung dessen, was im

je Verwirklichten nicht verwirklicht wurde. Hier angesiedelte Sprachauffassungen

spiegeln wieder, dass objektive Realität nicht zu erkennen ist, weil sich jeder Einzelne

seine Wirklichkeit „konstruiert“ und Sprache daher immer mehrdeutig und damit

„Sprachspiel“ sein muß.

Einem in den Übergängen zum Sektor der Selbststeigerung liegender Wettbewerb „um

einen Unterschied gegen die Anderen“229 stehen die Übergänge in den Sektor

universalistischer, pragmatischer Haltungen gegenüber, die Kreativität, Phantasie und

Freiheitsbegehren befördern – und damit durchaus gesellschaftlich „nützlich“ sind. Das

schöpferische Potential verschwindet allerdings, wenn die Differenz zum Anderen

spannungslos wird, wenn also entweder alle widerspruchslos im Kollektiv integriert sind

oder wenn niemand mehr die Sogwirkung einer Gemeinschaft verspürt. Oder auch

wenn keiner den Anderen als möglicherweise heilsame Provokation – „homo mensura“

einmal anders interpretiert – zur Selbstveränderung erlebt.

Betont man also nur das Trennende, lässt sich eine menschliche Existenz als ein

Entweder-oder verstehen; entweder Innen oder Außen, entweder Selbstbestimmung

oder Letztwerte. Aber Existenz trennt und verbindet gleichzeitig, sie ist die

Gleichzeitigkeit des Entweder-oder und des Sowohl-als-auch.230 Das schlägt sich auch

im Identitäts-Paradox nieder: Eine Realisierung von „Ich-Identität“ ist nur im Rahmen

einer kollektiven „Wir-Identität“ möglich.231 Der Mensch ist im eigentlichen kein

Individuum, sondern ein Dividuum, eine Person, die sich teilen, sich re-produzieren oder

maskieren kann. Kennzeichnend für diese oszillierende Beziehung zwischen

Letztwerten und Selbstbestimmungswerten sind die „Bastelbiographien“ der

postmodernen Gegenwart zwischen Abstand und (vermeintlicher) Individualität auf der

einen Seite sowie mimetischer Kopie und Wiederholung auf der anderen Seite. Auf der

Schwelle zwischen Selbstbestimmungs-Werten und universalistischen Werthaltungen

steht beispielsweise ein künstlerischer Expressionismus, wie er sich in Festivitäten,

228 Badura 2006, S. 3 229 Heidegger 2001, S. 126 230 Vgl. Weihe 2004, S. 106 231 Vgl. Lang 2004, S. 138

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Ritualen, Tanz, Gesang232 sowie dramatischen Vorführungen233 findet. Auf dieser

Schwelle finden sich kollektive Ventilformen (Karneval) wie auch symbolisch-

künstlerische Darstellungen234 des von der Gesellschaft Ausgeschlossenen.

Das Ausgeschlossene ist das Freie, das Autonome, sich selbst Bestimmende, so zum

Beispiel die Natur als das, „was draußen ist. In die Natur gehen heißt: nach draußen,

hinaus ins Freie. Die so entdeckte und definierte Natur ist das Draußen, d.h. zunächst

außerhalb der Mauern, also das Ländliche und die Landschaft, […] das

Außerzivilisatorische.“235 Wenn dann auf die Ausweisung die Einweisung folgt,236 wird

das Ausgeschlossene eingeschlossen und gesellschaftlich nützlich privatisiert.237 Dass

zwischen diesen Haltungen zur Natur durchaus „farbige Graustufen“ bestehen, ist

Thema des nächsten Kapitels.238

232 Bäuerliche Ausdruckkultur schlägt sich in Schmuck, Hausbau, Tanzen, Paraden, Festen und Sprachgestalten nieder. Vgl. Gottwald 2004/2, S. 275 233 Wie in Shakespeares Hamlet, bei dem der Zuschauer quasi Beobachter (zweiter Ordnung) der Beobachtung (Inszenierung) von Selbstbestimmungs-Werthaltungen wird. Vom ersten Satz an ist der Prot-Agon-ist (griechisch agon = piel, Wettkampf) auf der Flucht vor Identitäts-Fixierungen. Den dänischen Prinzen, der aus einer Rolle in die andere fällt, zeichnet ein distanzierter und skeptischer Blick aus. Das skandinavische Wort „Amleth“ bedeutet übrigens Narr, was überleitet zum regelgeleiteten Regel-Derblecken, dem gesteuerten „Bierdorf“ des Karneval. 234 Symbole stehen auch in einer Analogie zur menschlichen Existenz. Denn ein „symbolon“ sind zwei getrennte Stücke, die zusammenpassen und eine Einheit repräsentieren. 235 Böhme 1989, S. 61 236 Die im doppelten Sinne zu verstehende Ausweisung von Naturschutzgebieten könnte Giorgio Agambens These unterstreichen, dass sich das „nackte Leben“ (nur) im Lager ausgeschlossen beziehungsweise eingeschlossen wieder findet. 237 Der Verbrauch, der notwendigerweise die Sache vernichtet, ist nichts anderes als die Verneinung des Gebrauchs, der die Substanz der Sache unversehrt halten möchte. Vgl. Agamben 2005, S. 80 238 Im Augenblick größtmöglicher Autarkie der „zweiten Natur“ – der menschlichen Kultur - fordert die erste Natur Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit für sich, für das Ausgeschlossene – durch den Klimawandel.

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2.2. Die Natur – (nur) zwischen Ökonomie und Ökolog ie?

Wahrnehmungen von Natur reichen vom antiken Verständnis der quasi-theologischen

Natur als Kosmos, an dessen harmonischer Ordnung sich menschliches Handeln zu

orientieren habe über moderne Haltungen von Natur als Ergebnis zunächst planloser

Mutationen und natürlicher Selektion und einem letztlich doch erreichten Gleichgewicht

der Arten und Lebensbedingungen bis zur „liberalen“ Natur als Ort beständiger

Konkurrenz.239 Letztendlich bewegt sich eine Bewertung der Natur zwischen der

Einordnung als Leben spendend und –sichernd auf der einen Seite sowie als das

Bedrohende und Lebensgefährdende auf der anderen Seite, das keine Rücksicht auf

menschliches Leben nimmt. Letztere Kategorisierung wird zuweilen als unbeschränkte

Freiheit zu einem Handeln des Menschen in und an der Natur interpretiert. Woraus

unbedingte Aneignung und Bearbeitung, Vernutzung und Destruktion resultieren

können. Auf der anderen Seite stehen praxisferne, nur „anschauende“ Verhältnisse,

ästhetische Wahrnehmung von Natur, die der Natur eine Freiheit von menschlichen

Handlungen, menschlicher Arbeit einräumt.240 Im Folgenden werden nun exemplarisch

einige Typisierungen innerhalb der „farbigen Graustufen“ zwischen den Antagonismen

vorgenommen.

In der als „individualistische Stadtnatur“241 von Stefan Körner (TU Berlin) bezeichneten

Haltung wird eine spezifisch „heimatliche Qualität“ der Natur negiert. Statt einer

„Eigenart“ und einem daraus folgenden „Management“ „neuer“ Arten wird vor allem die

Flexibilität und Leistungsfähigkeit der Arten gleich welcher Herkunft geschätzt, die zu

immer wieder überraschenden Anpassungsvorgängen an veränderte

Umweltbedingungen führen. Menschliche Nutzungen sind Anstoß und Chance für neue

evolutionäre Entwicklungen innerhalb der Natur nach Maßgabe eines kontingenten,

freien Spiels von Möglichkeiten. Da menschliche Nutzung als Auslöser evolutionärer

Entwicklungen angesehen wird, gilt die städtische Nutzungsvielfalt als Ursache

besonders diverser Umweltbedingungen und wird damit als Ursache hoher Artenvielfalt

interpretiert.

239 Vgl. Eser 2004, S. 170 240 Vgl. hierzu Ludwig 2004, S. 229. Wobei Wahrnehmung stets von Handlungsschemata begleitet wird und – da Erleben und Handeln durch das umfassende systemspezifische Steuerungskriterium „Sinn“ rückgekoppelt sind (vgl. Willke 2006, S. 153) – dadurch in den Arbeitsprozess eingegliedert werden kann. 241 Vgl. Körner 2004, S. 87

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In Auffassung von Natur als Ressource greift das biologische Prinzip des

Sozialdarwinismus, um vollzogene oder antizipierte Machtentfaltungen im Rahmen der

Spencer-Formel des „survival of the fittest “ zu legitimieren.242 Hier wird der Blick frei auf

eine Welt, die gemessen, vermehrt oder vermindert werden kann.243 Das Denken von

den messbaren, ausgedehnten Dingen her – griechisch „pragmata“ – birgt dann

allerdings die Gefahr der Verdinglichung auch des Nicht-Dinglichen, die Betrachtung

von Subjekten als Objekte, als Vorrat, als Bestand für die Steigerung. Johannes

Heinrichs bezeichnet dies mit „strategisch-einseitiger Reflexion“,244 Werner Kirsch als

„erfolgsorientiertes Handeln“, dem er das „verständigungsorientierte Handeln

gegenüberstellt.245 Im Namen der kollektiven und ökonomischen Selbststeigerung kann

also ein Wald zum Forst werden, der Berg ein Steinbruch, der Fluß Wasserkraft, der

Wind zum Wind in den Segeln246 und der Ackerbau zur „motorisierten

Ernährungsindustrie“.247 Das beobachtete „Objekt“ wird als nicht gleichwertige, triviale

Maschine eingestuft.248 In diesem Kontext können ebenso bestimmte medizinische

Werthaltungen lokalisiert sein, Medizin verstanden als Wissenschaft, die sich den

„Zumutungen der Natur“ stellt. Streng genommen kann aus dieser Position keine

Aufforderung zum Naturschutz abgeleitet werden.249

Im Kontext ökonomisch-selbststeigerndern Werthaltungen zur Natur existieren ebenso

Naturauffassungen, die zwischen den verschiedenen werthaltigen Naturkonzepten

oszillieren. Beispielsweise das Konzept der Nachhaltigkeit, das erstmals Mitte/Ende der

80er Jahre im so genannten „Brundtland-Bericht“ der „World Commission on

Environment and Development“ formuliert wurde. Bestandteile waren die Forderungen

242 Vgl. Birnbacher 1997, S. 232 243 Frei nach dem Satz Galileis „Messen, was messbar ist, was nicht messbar ist, messbar machen.“ Vgl. Baruzzi 1993, S. 323 244 Vgl. hierzu Heinrichs 1998, S. 9 245 Kirsch 1999 II, S. 58 246 Heidegger 2001, S. 70 247 Heidegger 2002, S. 14. Ein Beispiel für diese Haltungen findet sich in Maxeiner 2008, S. 214f.: „Es dröhnt und staubt, die Erde zittert. […] In einer Fünferreihe fressen sich gewaltige Mähdrescher durch die endlosen Getreidefelder und spucken ihre Ladungen auf bereitstehende Lastwagen […] Ein Team unternehmerischer Landwirte arbeitet […] effizient, hoch technisiert und in riesigen Dimensionen […] Agrarkonzerne, Düngemittelhersteller, Landmaschinen- und Saatgut-Produzenten profitieren davon, es etabliert sich aber auch ein neuer Bauerntypus.“ Dieses martialische Szenario erinnert doch ein wenig an einen Hollywood-Plot, in dem Techno-Landkrieger mit „Mehrachsern“ des Guten auf dem Feld der Ähre die unzivilisiert-wilden „Schurkensaaten“ ausradieren und die „Spreu“ vom „Weizen“ trennen. 248 Eine triviale Maschine ist durch eine eindeutige Beziehung zwischen ihrem Input (Stimulus, Ursache etc.) und ihrem Output (Reaktion, Wirkung) gekennzeichnet. Die „Maschine“ besteht aus einer als „unveränderbar“ gekennzeichneten Beziehung, der „output“ ist demnach durch Beobachtung bestimmbar, weswegen die Maschine als ein deterministisches, vorhersagbares System, gekennzeichnet werden kann; vgl. Foerster 1939, S. 357f. 249 Vgl. Körner 2004, S. 88

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nach umweltverträglichem Wirtschaften (Konsistenz), der besseren Ausnutzung von

Ressourcen (Effizienz), der Beschränkung des Gesamtverbrauchs (Suffizienz) sowie

eine intra- und intergenerationelle Verteilungsgerechtigkeit.250 Damit finden sich

Kriterien aus den Bereichen ökonomisch-selbststeigernder Werthaltungen (Konsistenz

und Effizienz), traditioneller Letztwerte (Suffizienz) wie auch universalistischer

Wertauffassungen (intra- und intergenerationelle Verteilungsgerechtigkeit).

Zu den oszillierenden Argumentationen gehören auch solche, die die Einstufung von

Natur als Nicht-Ressource mit ökonomischen Gründen stützen. David Ehrenfeld,

Biologe von der Rutgers-University New Brunswick/USA, zählt beispielsweise auf:251 1.

Tourismus und Erholung 2. Schutz unentdeckter Nutz-Werte (beispielsweise die

Bedeutung wenig bekannter Pflanzen für Medikamente und Nahrungsmittel 3.

Stabilisierung von auch Menschen betreffender Ökosysteme (wozu für ihn Formen der

ökologischen Landwirtschaft zählen) 4. Systembeispiele für Langzeitüberleben von

Ökosystemen 5. Überwachungsfunktionen für Umweltbedingungen 6.

Wissenschaftliche Untersuchungs-Werte 7. Didaktisch-edukative Werte 8. Verbleib von

Potential zur Renaturierung des Lebensraums 9. Generelle Erhaltungswerte.

Eine andere Wertauffassungen beinhaltende Einstufung von Natur findet sich im

Kulturlandschaftsschutz, der im Wesentlichen eine Ausgestaltung der Natur als einer

mit heimatlicher Eigenart gekennzeichneten, harmonischen Nutzlandschaft im Sinne

einer konkret landschaftsarchitektonischen Bauaufgabe anstrebt.252 Landschaft gilt

nach dieser Auffassung als Ausdruck des kulturellen Geistes und damit als existentieller

Urgrund. Der Kulturlandschaftsschutz hat sich, so die Umweltethikerin Uta Eser,

Fachhochschule Nürtingen, historisch als konservative Antwort auf die zunehmende

Individualisierung der Gesellschaft entwickeln können, was Werte wie

„Bodenständigkeit, Tradition, Zugehörigkeit, Eigenart, Anpassung an naturräumliche

Gegebenheiten, starke Bindung des Einzelnen, usw.“ unterstreichen.253 Heimat-

Argumente sind hier Argumente zum Erhalt der vom Menschen geprägten

Kulturlandschaft mitsamt den tradierten Formen der Landnutzung, den lokalen Sitten

250 Schmuck 2005, S. 85 251 Vgl. Ehrenfeld 1997, S. 139ff. 252 Vgl. Körner 2004, S. 78 253 Eser 2004, S. 186

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und Gebräuchen, Nutzungsformen, Gewohnheitsrechten, Mundarten usw.. Wildnis und

Heimat hingegen sind damit kaum vereinbar.254

Ziel des Kulturlandschaftsschutzes ist der Schutz „physiognomischer Eigenart“, in das

auch das Grundprinzip der Generationenfolge integriert ist, das von der Konstanz der

Wirkungsweisen von Natur, die Regelmäßigkeit und Ordnung gewährleistet, verbirgt

wird.255 Natur hat also eine Eigenart, die sich durch Ideen des Schönen und ihre

Gestaltungen aus den Tiefen der Metayphysik offenbaren kann.256 Muster dafür ist die

„nachahmende Sicht des Genies“ auf die Landschaft.257 Topos ist das „Sublime“258, das

ER-Haben(e), das als Ausdruck einer (funktional interpretierten)

Ästhetik259 auf ideal-normative Kriterien eines kosmotischen, göttlichen Hauses

verweist.260 Analog zur doppelten Bedeutung des lateinische Wortes „sacer“ als „heilig“

und „verflucht“ existieren im traditionellen Letztwertebereich, in dem sich qua Tradition

auch der Kulturlandschaftsschutz befindet, auch Vorstellungen von Natur als „gefallener

254 So Ott 2004, S. 288 255 Vgl. Plamper 1998, S. 71 256 Vgl. Hasse 2004, S. 46 257 Vgl. Dinnebier 2004, S. 72 258 Lateinisch „sublim“ steht für verfeinert, erhaben, aus sub „von unten her“ und limen „Türschwelle“, womit die obere Schwelle, der Türsturz gemeint ist. 259 Adorno kritisierte Auffassungen des „hohlen Erhabenen“ (vgl. Welsch 2006, S. 116), in denen Furcht vor Ideologie, Respekt, Macht und Größe dominierend sei. 260 Der Linguist Jost Trier behandelt die (Tür)Schwelle im Bereich des indogermanischen Wortfeldes „Giebel“ und des Hauses: „Das Haus spendet metaphorisch einen Teil jenes Wortschatzes der Welt, der für das Verständnis der Welt, des Kosmos, gebraucht wird. Es ist eine Frage, die die Religionsgeschichte auf dringendste angeht, auf welcher Stufe der Entwicklung und unter welchen geschichtlichen Bedingungen der Mensch den Gedanken fasste, die Welt als ein erweitertes Haus und damit als etwas Gebautes, Gegliedertes, Geordnetes und Schützendes innerlich zu sehen. Denn der metaphorische Gebrauch von Wörtern des Hauses im All ist nichts Äußerliches, kein bloßer Kunstgriff, der mit etwa an sich beliebigen Mitteln einer Bezeichnungsnot steuerte, sondern er ist Ausdruck einer umfassenden neuen Erfahrung, Zeichen eines Schrittes auf einem Eroberungsweg, der das Haus in die Welt hinein weitet, den Gedanken einer sichernden Ordnung aus dem kleinräumigen Innern ins großräumige Außen hinausstrahlen lässt.“ Vgl. Trier 1939, S. 22. Man denke hierbei auch an die Ökologie, die sich vom griechischen „oikos“ für „Haus“ herleitet. Wenn die Formel vom „delightful horror“ – wörtlich „entzückender Schrecken“ - im englischsprachigen Raum des 18. Jahrhunderts geradezu zur stereotypen Kennzeichnung des Erhabenheitserlebnisses verwendet wurde (Ludwig 2004, S. 246), dann bestätigt das nur die hier vorgenommene Einordnung, denn „horror“ rekurriert auf das lateinische „horrere“ = „in die Höhe richten“ (ganz abgesehen von der mit „light“ möglichen Lichtmetaphorik) und erinnert an den deutschen Begriff der positiv Ehr-furcht, dem bereits durch die Wurzel des indogermanischen êra ein starkes Moment der Scheu zueigen ist (vgl. Grimm 2004, Ehrfurcht). Moses näherte sich beispielsweise in Ehrfurcht dem brennenden Dornbusch, durch den die Stimme Gottes ihn ansprach. Ehrfurcht wird vom ökologischen Philosophen Henryk Skolimowski, Universität Lodz, als Zentral-Topos ökologischer Werte angesehen, vgl. Skolimowski 1995, S.231. Das lat. „horrere“ deckt sich in der Bedeutung mit dem griechischen „hypsos“, das soviel heißt wie „in die Höhe heben beziehungsweise Anhöhe“. Im ersten Buch über das Erhabene, vom Philosophen Longinos im 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung geschrieben, was „hypsos“ die entsprechende Benennung des Erhabenen, (vgl. Treptow 2001, S. 14). Hier steht also die religiöse Andacht Pate, vgl. dazu Assmann 2001, S. 22

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Natur“.261 Hier ist die Natur vollständig von der menschlichen Geschichte abhängig ist -

die selbst als Heilsgeschichte vom Paradies ausgehend über Sündenfall bis zum

Untergang/Gericht interpretiert wird262 -, was den Menschen qua Gewissen zum

Bezwinger und Beherrscher von Natur erklärt.263

Der Arten- und Biotopschutz, als weiteres Beispiel für Haltungen zur Natur, geht von

einem Gleichgewicht innerhalb ökosystemischer Lebensgemeinschaft (Biozönose) aus,

das durch drei Haupteigenschaften - Beständigkeit, Unabhängigkeit und

Selbstregulation – gekennzeichnet ist.264 Diese sich nach dem Krieg und der damit

verbundenen Fragwürdigkeit des Volk- und Heimatgedankens ausbreitende Form des

Naturschutzes befürwortet intakte Biotope und als intakt gilt, was Eigenart hat und eine

spezifische Typik und Repräsentativität innerhalb eines gegebenen physiognomischen,

(kultur)landschaftlichen Gesamtkontextes aufweist.265 Dabei besagt die „Diversitäts-

Stabilitäts-Hypothese“, dass die überlieferte kulturlandschaftliche Vielfalt, die

wachsende Zahl der Arten in einer Lebensgemeinschaft, einen maßgeblichen Beitrag

zur funktionalen Stabilität leistet. Womit größtenteils keine natürlichen Ökosysteme,

sondern – ähnlich wie beim Kulturlandschaftsschutz - die Spuren historischer

Landnutzung geschützt würden, so der Landschaftsplaner Stefan Körner, TU Berlin.266

Beim Schutz „physiognomischer Eigenart“ wird beispielsweise ein Wald-Ökosystem

nicht als zerstört betrachtet, wenn innerhalb von dessen Grenzen bestimmte

ursprünglich vorhandene Pilze oder Insekten aussterben, sondern erst, wenn die

Bäume fehlen oder andere gestaltgebende Organismentypen an deren Stelle treten.

Diese „Denkmalpflege“ manifestiert sich in der Förderung des heimischen

Arteninventars und der Begrenzung der „Einwanderung“ fremder Arten. Typische und

damit schützenswerte Artenkombinationen bemessen sich nach bestimmten,

historischen, repräsentativen oder aber „natürlichen“ Kriterien.267 Restaurierungs-

beziehungsweise Renaturierungsmaßnahmen können sich auch an historisch-

evolutionären Mustern orientieren, wie beispielsweise im „Yellowstone-Ökosystem“

261 Das „Rauschen“ als Aspiration (aspirātiō, von aspirāre = ansaugen, aus ad = heran und spirāre = atmen) der dem Erhabenen eigenen Aura erregt sowohl Lust wie Unlust. 262 Vgl. Plamper 1998, S. 28ff. 263 So Welsch 2006, S. 116 264 Vgl. Plamper 1998, S. 71 265 Vgl. Körner 2004, S. 83 266 Körner 2004, S. 83 267 Vgl. Jax 2004, S. 140

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durch Verwendung alter Fotoaufnahmen (repeat photography) praktiziert wurde.268 Die

zu schützenden „Gegenstände“ sind also historisch, zeitlich kontingent, nicht jedoch

örtlich, räumlich. Dies verdeutliche, so Kurt Jax von der TU München, dass es nicht die

Eigenart der Natur oder eines Ökosystems gäbe, sondern viele mögliche Eigenarten.269

Ökosystemare und kulturlandschaftliche Naturauffassungen argumentierten damit nicht

nur naturwissenschaftlich, sondern auch eudaimonistisch.

Die Kasseler Schule sieht hingegen „Heimat“ als progressive Heimat im Sinne eines

soziokulturellen Raums, der politische Partizipation und Emanzipation der Individuen

und Identitäten ermöglicht, Sicherheit und aktive Lebensgestaltung, Solidarität und

Kooperation ermöglicht.270 Die universal-sozial(istisch)e Bedürfnisbefriedigung (im

Gegensatz zur individualistischen Nutzenhandlung) hat Priorität. Kleingärten und

Brachen, Bauernhaus und Bauerngarten werden zu Symbolen, in denen menschliche

Nutzungsinteressen und „die strukturelle Gewalt herrschaftlicher Grünkonzepte“

zeitweise suspendiert werden können, um ein Wechselspiel sich frei entfaltender

Vegetation und menschlicher Aneignung zu ermöglichen.271 Der Mensch soll nicht aus

der schützenswerten Natur ausgegrenzt werden,272 Störungen/Perturbationen werden

als Ursache von Artenvielfalt nicht pauschal verdammt.

Tiefenökologische Naturauffassung fordern hingegen Wohlsein und Sich-entfalten-

Können für menschliches und nichtmenschliches Leben, ebenso wie Vielfalt,

Bevölkerungspolitik im Interesse allseitigen Wohlseins und eine nichtdualistische

Spiritualität.273 Darin spielt eine neue kosmisch-ökologische Metaphysik ein

entscheidende Rolle, die die (Ich-Du-)Identität zwischen Mensch und nicht-

menschlicher Natur hervorhebt. Daraus leiten sich wiederum Appelle ab, die eine

„objektive“ Einstellung zur Natur fordern, Diversität anmahnen, sich für

Persönlichkeitserziehung, mehr Freizeit für künstlerische Betätigung, lokale Autonomie

und Dezentralisierung sowie weiche Energieversorgung aussprechen.274 Die Welt gilt

als Netzwerk gleichberechtigter, partnerschaftlicher Phänomene – analog der in

tiefenökologischen Naturauffassungen vertretenen Gaia-Hypothese. Diese besagt, dass

268 Vgl. Jax 2004, S. 153 269 Vgl. Jax 2004, S. 157 270 Körner 2004, S. 89 271 Vgl. Körner 2004, S. 92ff. 272 Körner 2004, S. 79 273 Vgl. Gottwald 1995, S. 17ff. 274 Vgl. Devall 1997, S. 17ff.

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die Erde, insbesondere die Erdoberfläche einschließlich der gesamten Biosphäre als

ein lebender Organismus betrachtet werden kann, der erst die Evolution komplexerer

Organismen ermöglicht. Damit leiten sich Eigenwerte nichtmenschlicher Naturwesen ab

sowie als Leitwerte Ehrfurcht, Verantwortung, Gerechtigkeit, Mäßigung, Vielfalt sowie

ein einfaches Leben.275

Eine andere Sicht entwickelt der ökosystemische Prozessschutz, der Natur nicht als

museal-kulturlandschaftliche Heimatnatur, sondern als fließendes evolutionäres

Geschehen versteht. Innerhalb dieser Auffassungen verabschiedet man sich vom

„Mythos Gleichgewicht“, das die Natur als eine perfekte „cartesianisch-newtonische“

Maschine darstelle.276 Ökologische Systeme sind nach der Auffassung des

Prozessschutzes nicht vorwiegend stabil und im Gleichgewicht, sondern dynamisch im

Sinne einer permanenten, nicht deterministischen Transformation ihrer Struktur.277 Der

Prozessschutz orientiert sich eher an instrumentellen Werten wie dem Schutz von

Regulationsprozessen (Wasserkreisläufe, Klima, Böden, Biomasse, Recycling), der

Tragefunktion (Erholung, Bauland, landwirtschaftliche Nutzflächen), Produktionsfunktion

(Nahrungsmittel, energetische Ressourcen, genetisches Material) wie der

Informationsfunktion (Nachahmung der Natur im Bereich der Bionik).278

Der Natur wird freie Entfaltung eingeräumt wie auch autonomes Gestaltungsvermögen

– Wildnis wird zur Idealnatur.279 Es geht darum, soviel natürliche Dynamik zuzulassen

wie irgend möglich („medium disturbance hypothesis“), wozu auch nicht anthropogen

verursachte Störungen wie beispielsweise Überalterungen, Überschwemmungen,

Feuer, Sturm, Dürre- und Eisperioden und Windbruch in Wäldern („Mosaik-Zyklus-

Theorie“) gehören, die Raum für eine Vielzahl von Sukzessionsstadien und Arten

begründen.280 Es handelt sich hierbei aber nicht um eine völlig offene Vorstellung

natürlicher Entwicklung, sondern um ein teleologisches Idealzustands-Ziel

(Biodiversität), zu dem auch die Auswilderung seltener heimischer Arten und das

Unterbinden verwilderter fremder Arten, beispielsweise durch die Rolle großer

275 Tiefenökologischer Wertekanon von Skolimowski 1995, S. 231 276 Vgl. Potthast 2004, S. 202 277 Potthast 2004, S. 203 278 Vgl. Ott 2004, S. 282 279 Vgl. Körner 2004, S. 85 280 Der Störungsbegriff allerdings kommt selbst nicht ohne die Vorstellung eines vor der Störung liegenden Ganzen, eines harmonischen Gleichgewichts, aus – „Stören kann man nur, was vorher ungestört war;“ vgl. Eser 2004, S. 184. So besteht hier auch die Annahme, dass (allein) die natürlichen Prozesse funktionell angepasst und/oder optimiert sind („nature knows best“), vgl. Potthast 2004, S. 213

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Weidegänger („Megaherbivoren“ – Pferd, Rind, Auerochse, Wisent etc.) eines

bestimmten Pflanzenspektrums, gehört.281

Ästhetische Haltungen zur Natur wiederum umreisst der US-amerikanische Philosoph

Holmes Rolston II wie folgt: „Wir brauchen die wilde Natur in ziemlich der gleichen

Weise, wie wir all die anderen Dinge im Leben brauchen, die wir aufgrund ihres

intrinsischen statt ihres instrumentellen Wertes schätzen: Musik und Kunst, Philosophie

und Religion, Literatur und Drama.“282 Ästhetik beinhaltet Empfindungen, die dem Sein

absichtslos begegnen.283 Hier geht es primär um eine gelassene Stimmung, die das,

was ist, achtet und sich von der „Stille seiner selbst“284 berühren lässt. Die typischen

Atmosphären bestehen aus der Wahrnehmung von Temperaturen, Gerüchen,

Geräuschen, Sichtbarkeiten, Gesten und Symbolen.285 Sie werden zuweilen als

„Halbdinge“ zwischen Subjekt oder Objekt interpretiert, die auch gegeben sind, wenn

niemand eigens auf sie achtet.286 Allein die Beschreibung von Eigenschaften der jeweils

situativen Atmosphäre belegt allerdings die selektive Auswahl eines Beobachters, der

das von ihm festgestellte Eigenschaftsinventar festzuschreiben versucht. Geschmack

aber, so der Philosoph Gernot Böhme zu Recht, ist Beurteilungs- und

Auswahlvermögen.287 Spezifischer Geschmack zeichnet Singularität aus, schafft erst

Singularität.

Singuläre Eigenschaftsinventare entstehen aber ebenso nur für den Beobachter wie die

Paradoxie einer „atmosphärischen Diskrepanzerfahrung“,288 beispielsweise die

Erfahrung eines „heiteren Frühlingsmorgens trotz trauriger Gemütsstimmung“. Diese

atmosphärische Diskrepanzerfahrung könnte zwar für die Einordnung von Atmosphären

als quasi-objektive Halbdinge zwischen Subjekt und Objekt sprechen. Es wäre aber 281 Vgl. Potthast 2004, S. 199 282 Rolston 1987, S. 269 283 Ob sich das „ästhetische Interesse“ durch eine „potentielle Indifferenz“, eine „Gleichgültigkeit“ gegenüber dem Sosein auszeichnet, mag dahingestellt sein (So Seel 2003, S. 107). Denn Interesse und Indifferenz schließen sich begrifflich aus, die Entscheidung zur Indifferenz verlangt bereits Differenzierung. Zutreffender wäre vielleicht von einer bewussten Entscheidung zu indifferenter, vielfältiger, schöpferischer Wahrnehmung zu sprechen. Vielleicht gilt aus ökologisch orientierter Sicht auch deswegen das Ästhetische als schwer objektivierbar und mit der inhärenten Neigung ausgestattet, mythische und wissenschaftliche Naturdeutungen als gleichrangig einzustufen; vgl. hierzu Ott 2004, S. 286 284 Heidegger 2001, S. 296 285 Seel 2003, S. 153 286 Böhme 2001, S. 56. Wenn niemand auf eine Atmosphäre achtet, weiß auch niemand, dass es sie gibt. Bei künstlichen hergestellten/erhaltenen Atmosphären gibt es zumindest den (beauftragten) Beobachter, der die Atmosphäre gegen interdependente Einflüsse aufrechterhält. 287 Böhme 2001, S. 179 288 So die Bezeichnung und das Modell von Böhme 2001, S. 47ff.

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ebenso möglich, dass sich aktuelle wie erinnerte Stimmungen oszillieren

beziehungsweise übereinander legen. Stimmungen könnten auch Erfahrungsfelder

sein, in denen der Beobachter Objekte oder Organismen isoliert, die „Begleitmusik“,

während Objekte in einen geistigen „Proto-Raum“ abgelegt werden, in dem sie sich

während der Zeiträume aufhalten können, in denen man sie nicht wahrnimmt, sie aber

trotzdem außerhalb des eigenen Erfahrungsfeldes fortdauernd gedacht werden

können.289 „Geschmack“ wird dann im Proto-Raum gespeichert, repräsentiert, erinnert.

Damit geht in jeden Wahrnehmungs- und Verstehensakt ein gewisses Maß an

rekursiver Invention ein.290 Der Betrachter projiziert sich und seine Empfindungen auf

die Natur, erkennt sich darin selbst wieder und gewinnt damit einen Einblick auch in die

eigene Natur.291

Was immer der Mensch tut, er tut es in Gestalt einer Setzung, die notwendig selektiv

und kontingent sind – und daher auf nichts anderem beruhen als auf einem Akt

„heiliger“ Gründungsgewalt.292 Die positivistische „Moderne“ hatte dementsprechend

diese Setzungen noch als objektive, herrschaftsunabhängige, ahistorische,

transkulturelle und durch Rationalität und Deduktion zugängliche Wahrheit gelesen.293

Dabei ging man von der Vorstellung aus, dass sich die Naturgegenstände zu stabilen

und hierarchischen Systemen formieren und von feststehenden Gesetzen beherrscht

werden. Je mehr man davon überzeugt war, dass Prinzipien der Stabilität und

Hierarchie einer rationalen Naturordnung entsprungen waren, desto mehr erklärte und

rechtfertige sich selbiges als rationale Ordnung von Gesellschaften.294 Postmoderne

Denkart geht hingegen davon aus, dass es keinen neutralen Beobachtungsstandort

gibt, Naturvorstellungen kontextabhängig und in Macht-Wissen-Diskursen, ergo

soziokulturell konstruiert werden. Auch in einem postmodernen, diskursiven Konzept

der Natur kann es deshalb vom Menschen unberührte, unabhängige Natur geben. Auch

289 Glasersfeld 1997, S. 148 290 Piaget 1973, S. 87 291 Allerdings eröffnet sie, so die Kritik, Ästhetik als alleinige Anschauung erst auf der Basis einer gesicherten und „anderswo“ bewerkstelligten „Vernutzung von Natur“, so der Literaturwissenschaftler Ludwig Fischer (2004, S. 238), TU Hamburg 292 Dieser heiligen Gründungsgewalt liegt die Tendenz zugrunde, das Heilige auszulöschen und es gänzlich zu elminieren (Girard 2006, S. 474), eine Verkennung, Unsichtbarmachung des Ursprungs (Girard 2006, S. 154), die Entstehungsgeschichte wird verwischt, Identitäten und Beziehungsmuster gelten dann als selbstevident. 293 Vgl. Dingler 1998, S. 2. Dazu gehört auch der Entwurf einer Interpretation von Natur und Naturwissenschaft, ein Streben nach mathematischer Exaktheit, logischer Strenge und eine egalitäre Praxis. Darauf fußt das zielgerichtete organisierte Verhalten, die Rationalität des Maschinenmodels, das – nicht nur – die „disassembly lines“ der Chicagoer Schlachthöfe „inspirierte“. 294 Vgl. Reihlen 1999, S. 4

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dort sind Prozesse und Strukturen in der Natur vorstellbar, welche nicht kulturell

beeinflusst oder geschaffen sind, aber auch sie sind nicht extra-diskursiv zugänglich,

sondern nur als Konstruktion in diskursiven Konzepten abbildbar.295

Haltungen zur Natur scheinen nicht zuletzt von gesellschaftspolitischen Konzeptionen

abhängig zu sein, von der Kontextualisierung der Fakten in der jeweiligen Theorie und

dem jeweilig geltenden Mythos.296 Davon beeinflusst wird nicht zuletzt die derjenigen

Kriterien, die wiederum die „Identität“ von Natur konstituieren, die zu erhalten oder

wiederherzustellen zur Aufgabe gemacht wird. Das „Identität“ aber auch anders

aussehen kann bzw. immer wieder aktiv hergestellt werden muß, wird anhand von

brachliegenden Flächen deutlich, die in kürzester Zeit ihre „alte“ Identität, ihr Erscheinen

wandeln.

Natur wird also häufig zur Projektionsfläche und rechtfertigt damit nur die Selbstfindung

der Subjekte beziehungsweise die politischen Vorstellungen vom guten und richtigen

Leben zirkulär. Durch einen Mechanismus der „doppelten Projektion“ wird diskursiv ein

Naturbegriff konstruiert, dieser in die Natur projiziert, dort essentialisiert und als

natürliche Natur definiert, um dann wieder zurück auf den Diskurs projiziert und als

extra-diskursive Natur wahrgenommen zu werden.297 Indem der Naturbegriff sowohl

deskriptive als auch normative Bedeutungen annehmen kann, ist er wie kein anderer

prädestiniert, die Kluft zwischen Sein und Sollen zu überspringen beziehungsweise die

Existenz dieser Kluft zu verschleiern.298 Daher ist die Einstufung von ökologischen

Werten als „transideologisch“299 äußert problematisch angesichts des

„Alltagsnarzismus“ – überall, wo man hinschaut, sieht man nur das Spiegelbild seiner

selbst.

295Vgl. Dingler 1998, S. 9ff. 296 Potthast 2004, S. 215 297 Dingler 1998, S. 10. Oder in den etwas schärferen Worten des Humanökologen Ulrich Eisel, TU Berlin: „Nachdem die politische Doktrin auf dem Wege über die Wissenschaft längst in die Natur hineingelesen wurde, wird sie anschließend dort naiv – und scheinbar unabhängig – aufgesucht und zur höheren Weihe der eigenen Interessen durch Nachweis eines natürlichen Ursprungs der politischen Doktrin herangezogen;“ Eisel 2004, S. 41 298 Voraussetzungen für den naturalistischen Fehlschluss, indem von einem vermeintlichen „natürlichen Sein“ auf ein „Sollen“ geschlossen wird. Zu einer Ableitung moralischer und anderer normativer oder evaluativer Aussagen muss mindestens eine Voraussetzung herangezogen werden, die selbst weder normativ oder evaluativ ist, vgl. Birnbacher 1997, S. 223 299 So aber Skolimowski 1995, S. 240

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Praktische, theoretische und ästhetische Tätigkeiten bilden einen rückbezüglichen

Prozess und einen sich selbst regulierenden Kreis, in dem sie jeweils sowohl

Voraussetzungen wie auch Resultate sind.300 Wollte man in dem rekursiven Prozess

zwischen Indiviuum und den Anderen beziehungsweise der Natur die kreisförmig

geschlossenen Struktur von Ereignissen, Zuständen oder interagierenden Objekten

einem der „Interaktionspartner“ das Etikett „ursächlich“, dem anderen das Etikett

„bewirkt“ zuschreiben, so wäre dies eine vom Beobachter vorgenommene Interpunktion.

Es wäre die mehr oder weniger willkürliche Zerlegung einer Kreisstruktur, einer

rekursiven Funktion, in gradlinige Ursache-Wirkungs-Segmente.301

Natur könnte man eher wie einen Text lesen.302 Manche Stellen sind gut lesbar,

manche erfordern Spezialisten. Manche Absätze haben viele Autoren geschrieben,

manche sind anonym. Texte sind in vielen Sprachen geschrieben, brechen plötzlich ab,

existieren nur noch als Zitat. Diskontinuitäten herrschen vor. Natur erscheint als Vielzahl

von Texten, die gleichzeitig bestehen, die allesamt gleichzeitig gelesen oder zu Gehör

gebracht werden müssten. Alle Textstellen erfordern aber eine verstehende

Interpretation, damit nicht der Text unter der Interpretation verschwindet. So wird sich

die Erfahrung von Freiheit nicht im Zoo oder der Fuchsienausstellung ereignen, das

Bedürfnis nach Aneignung nicht durch ausgewiesene Schutzzonen gestillt werden, der

Wunsch nach Kulturlandschaft kaum in der Wildnis befriedigt werden können und eine

für alle Lebewesen symbolisch-universale Gesetzmäßigkeit kaum aus der

Verdinglichung der Umwelt als Ressource abgeleitet werden.

Wie „Realität“ verschieden „objektiv“ beurteilt werden kann, zeigt sich beispielsweise

dem französischen Philosophen Michel Serres während einer Kutterfahrt, auf der ihm

der Kapitän den Weg nach Saint-Pierre erläutert: „Fahre so lange Richtung

untergehender Sonne, wie du im Wasser eine bestimmte kleine Alge treiben siehst;

wenn dann das Meer sehr, sehr blau wird, halte dich etwas links, da kannst du gar nicht

irregehen; das ist die Gegend, wo die kleinen Tümmler sich mit Vorliebe aufhalten, wo

es eine starke Nordströmung gibt, wo der vorherrschende Wind nur schwach, in

300 So werden vermittels der praktischen Eingriffe in die Natur neue theoretische Einsichten und ästhetische Erlebniswelten gewonnen, die ihrerseits die praktische Aneignung der Natur beeinflussen. Im theoretischen Kreis sind die abstrahierende Erkenntnis und die Sinneswahrnehmung wechselseitig aufeinander bezogen. Gegenstände werden mit ihrer Wahrnehmung sogleich interpretiert, vgl. Treptow 2001, S. 70 301 Vgl. Simon 1993, S. 38 302 So Schlögel 2003, S. 287

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leichten Böen bläst und die Dünung stets kurz ist, dann kommt das große graue

Rechteck und dann die Gegend, in der man den Kurs der großen Eisberge kreuzt;

wenn man sie sieht, liegt da die erste Bank, unter dem Wind […] Dort, wo der alte

Wissenschaftler nur Gleichförmiges wahrnahm, sah der Kapitän offenbar einen

gerieften, changierenden, getigerten, gestreiften, hochgradig differenzierten Körper,

eine Fläche, auf der er lokale Gebiete wahrnahm, auf der zu jeder Zeit und selbst noch

in dichtem Nebel der Punkt bereits gesetzt war: Dort, wo der Wissenschaftler nur

Instabiles erblickte, da sah der Kapitän einen Raum, der sich nur langsam änderte.“303

Es hängt vom Typ des Beobachters und seinen Differenzen und Vor-stellungen ab, ob

Natur und Kultur gar nicht zu trennen sind, oder ob „Natur“ Vorstellungen auslöst und

damit Kultur produziert, so dass man von Kultur produzierender Natur sprechen kann.

Oder ob man auch von einer Natur produzierenden Kultur sprechen sollte, innerhalb

derer eine Differenzierung zwischen „Sein“ und „Bewusstsein“304 und die

eindimensionale Erhöhung eines Phänomens einer kausalfiktiven Interpunktion

gleichkommt.

Oder ob man gar angesichts der Leitdifferenz Natur/Kultur von einer verstärkt

wechselseitigen Abhängigkeit der Differenzen auszugehen hat, die sich nicht aufheben,

sondern miteinander wachsen. Beispielsweise zu ermergenten Formen, die aus dem

Wiedereintritt (re-entry) einer Unterscheidung in die Unterscheidung resultieren. So

differenzieren sich auf einer nächsthöheren Stufe „kulturelle Natur“ und „natürliche

Natur“ funktional auf Seiten der Natur, wie „kulturelle Kultur“ und „natürliche Kultur“ auf

Seiten der Kultur. Während „natürliche Natur“/Realität nicht erkennbar305 und insofern

„frei“ – „Niemandsland“306 - ist, ist „natürliche Kultur“ die nach kulturellen Vorstellungen

geformte, eingenommene, vergebene Natur, ein „Jemandsland“. Unter „kulturelle Natur“

könnte man Haltungen subsumieren, die bestimme Wahrheiten über Natur festlegen

und eine Koexistenz im Sinne dieser Wahrheiten für Mensch und Natur fordern, also

unterschiedliches, je-weiliges Niemandsland. Die entgegengesetzte Haltung der

„kulturellen Kultur“ definiert das von ihr Unterschiedene mechanistisch als nicht

gleichberechtigte Ressource, also als entweder Nicht-mehr- oder Noch-nicht-

303 Serres 1998, S. 337 304 „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“ sowie das „Das Bewusstsein bestimmt das Sein“ entsprechen der Differenzierung des „Man isst, was man ist“ beziehungsweise „Man ist, was man isst“ 305 306 Vgl. dazu auch Badura 2006 II

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Jemandsland. Bevor wir uns den Werthaltungen im Landbau widmen, nochmals eine

tabellarische wie grafische Übersicht des Kapitels.

Naturbild 307 Zentrale Thesen und Werte

Individualistische

Stadtnatur

Liberaler „Prozessschutz“, technologischer Umweltschutz,

Leistung, Flexibilität, Nutzen, unkontrollierbare

Unabhängigkeit, Artenwandel als Motor der Veränderung.

Natur als Ressource Neu besser als alt, individuelle Nutzenbefriedigung, („homo

Oeconomicus“), Antizipation künftigen Hungers, „Kampf

aller gegen alle“.

Kulturlandschaft Kulturell-natürliche Ausgestaltung der Heimat,

Vervollkommnung, Eigenart, eher anthropozentrisch,

geographischer Heimat-Raum, Volk, Tradition, Ordnung,

Gemeinschaft, Bindung, Verbindlichkeit.

Spontannatur Gleichheit in der Aneignung für Mensch und Natur,

Emanzipation, Solidarität, Kooperation, Gleichheit,

Individualität und Vielfalt (nur) als Nebeneffekt, eher

anthropozentrisch.

Biotopnatur Konservierung von Arten- und Biotopen,

naturwissenschaftliche Ökosystemökologie, Eigenart,

statisch-traditionelle Vielfalt, balancebetonend,

kausaldeterministisch, probabilistisch.

Spirituelle Natur Nichtdualistische Spiritualität, Gaiatheorie, Eigenwert

nichtmenschlicher Naturwesen, Ehrfurcht, Verantwortung,

Gerechtigkeit, Mäßigung, Vielfalt, einfaches Leben.

Natur als maßvoll-

dynamische Wildnis

Prozessschutz, Funktionsorientierung (Arten als Akteure

von Prozessen)Vielfalt, Sukzessions-Klimax, dynamische

Veränderungen, Unsicherheit und Unbestimmtheit

ökologischer Prozesse, Emergenz.

Ästhetik Bewahrung von vielfältigen Stimmungen und Atmosphären.

Als Aisthesis Offenlegung des „Blinden Flecks“, der

Ausgrenzungen.

307 Bezeichnungen/Kategorisierungen von Körner 2004, S. 96

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2.3. Eine kleine Wert-Historie des Landbaus

In der vorindustriellen Zeit wurden Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in

Mitteleuropa über ein Jahrtausend hinweg weitgehend durch den

agrargesellschaftlichen Feudalismus bestimmt. Der Bauer war im Rahmen von Leib-,

Munt- und Schutzherrschaft gebunden und zu wirtschaftlichen Leistungen verpflichtet.

Daneben bestanden landesherrliche und gerichtsherrliche Abhängigkeiten sowie dem

kirchlichen Patronatsrecht zu leistende Hand- und Spanndienste. 308 Die Graphik zeigt

zur näheren Erläuterung Waren- und Geldströme eines norddeutschen Bauernhofes

von 15 bis 20 ha um 1750.309

Der Aufbruch aus der traditionellen, feudalistischen Wirtschaftsweise zwischen 1750

und 1870 hatte seine Ursachen in der Erstarkung der obersten Territorialherrn, der

Beseitigung medial-herrschaftlicher Abhängigkeiten und Standesschranken, sowie der

zunehmenden Bevölkerung und der damit verbundenen Ausdehnung des sekundären

und tertiären Sektors.310 Da aber die landwirtschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten nicht

grundlegend mitwuchsen und der Industrialisierungsprozess – insbesondere des

Textilgewerbes - die außerlandwirtschaftlichen Einkommensmöglichkeiten auf dem

Dorfe verminderte, wanderte Bevölkerung ab. Dies resultierte in zunehmender 308 Henning 1988, S. 45ff. 309 Graphik nachHenning 1988, S. 108 310 Henning 1988, S. 12f.

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Differenzierung innerhalb der Landwirtschaft und neuartigen Zusammenschlüssen. Seit

den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts war es in Deutschland zu einer ganzen Reihe

von Vereinigungen selbständiger Landwirte in Form von Landwirtschaftsgesellschaften

gekommen, die sich vor allem der Vermittlung und Verbreitung des Wissens um neue

Produktionsmethoden und dem Erfahrungssaustausch widmeten.311 Bis in die 70er

Jahre des 19. Jahrhunderts konnte die Produktion von Nahrungsmitteln stark

ausgedehnt werden. Ausschlaggebend hierfür waren unter anderem die Ausdehnung

der Flur (Markenteilung), die verbesserte Ausnutzung der natürlichen Kräfte,

Methodenwechsel in der Tier- und Pflanzenzucht, der Einsatz von Düngemitteln, die

Abschaffung der Dreifelderwirtschaft mit ihren Fruchtfolgen und dem dritten Jahr der

Brache.312

In den USA war nach Beendigung des Sezessionskrieges (1861/65) ebenso eine starke

Ausdehnung der Agrarproduktion erfolgt. Dort konnten die Produktionskosten gesenkt

werden, weil man neue Techniken wie die Mähmaschine einführte. Die Agrarpreise

sanken auf dem Weltmarkt in erheblichem Maße, weil das Überangebot den Preis

drückte und die Erzeuger in den Überschussgebieten zu niedrigen Preisen anbieten

konnten und mussten.313 Die deutsche und europäische Landwirtschaft konnte ihre

Produkte, vor allem Getreide, nicht zu so günstigen Preisen anbieten wie die

überseeische Konkurrenz. Der Preisrückgang in Verbindung mit einer gewissen

Fortschritts- und Technikskepsis war daher der Anstoß für den ab 1. Januar 1880 in

Deutschland eingeführten Agrarschutz, der im Grundzug bis zur Gegenwart Bestand

habe, so der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Friedrich-Wilhelm Henning.314

Die 90er Jahre des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg waren gekennzeichnet

vor allem durch wachsende städtische Bevölkerung, steigende Reallöhne und

steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln, insbesondere Fleisch. In dieser Zeit

entstand der Bund der Landwirte (1893), der sich im Bereich wirtschaftpolitischer

Fragen positionierte, sich vor allem für hohe Getreidezölle einsetzte und damit die

Interessen der vieharmen, auf Getreideproduktion ausgerichteten größeren Betriebe

vertrat.315 In den katholischen Gegenden bildeten sich christliche Bauernvereine, deren

311 Henning 1988, S. 161. Die erste Landwirtschaftskammer wurde 1849 in Bremen gegründet. 312 Vgl. Blotevogel 2003, S. 17 313 Henning 1988, S. 115 314 Henning 1988, S. 13 315 Henning 1988, S. 164ff.

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Fokus auf der Gründung von Spar- und Darlehnskassen sowie Hagel- und

Viehversicherungseinrichtungen lag. Der Deutsche Bauernbund hingegen ging in

seinen Forderungen über die engeren landwirtschaftlichen Interessen hinaus, indem er

zum Beispiel auch eine Reformation des Wahlrechts zu den Landtagen forderte. Im

Prinzip lassen sich die drei bestehenden Gruppierungen den entsprechenden

politischen Richtungen zuordnen, die sich im Parteiensystem des Kaiserreichs fanden.

Der Bund der Landwirte war weitgehend mit der Konservativen Partei identisch. Der

Deutsche Bauernbund hatte mit liberalen Mittelstandparteien eine weitgehende

Übereinstimmung, die Bauernvereine standen dem Zentrum nahe. 1909 kam es zur

Gründung des Deutschen Landarbeiter-Verbandes, dessen Organisationsgrad und

Erfolg aber sehr gering blieb. Die 1884 gegründete Deutsche

Landwirtschaftsgesellschaft widmete sich dagegen in erster Linie der Agrartechnik und -

wissenschaft wie auch der Prämierung und Anerkennung züchterischer und

produktionstechnischer Leistungen. Ihre Mitgliederzahl wuchs von 1885=2500 auf

1910=18000, wie auch infolge ihres Engagements die Zahl der Züchterverbände von 60

auf 1388 stieg.316

Die dreißigjährige Kriegs- und Nachkriegsphase von 1914-1945 ist geprägt durch die

Weltwirtschaftskrise. Als Ursache des Preisverfalls auf den Agrarmärkten werden

weltweite Überproduktion, Ausdehnung der nordamerikanischen Anbauflächen,

Mechanisierung sowie der Einsatz künstlicher Düngemittel genannt. Gegenüber der

Vorkriegszeit hatte sich die Struktur der Düngerverwendung erheblich geändert:

Stickstoff und Kali wurden je Flächeneinheit in stärkerem Maße verwendet.317 Überall

versuchten die Landwirte die durch rückläufige Agrarpreise verursachten

Einnahmeausfälle durch eine Ausdehnung der Produktion auszugleichen.318 Doch fand

die Produktion keine Abnehmer, da selbst die relativ unflexible Nachfrage nach

Nahrungsgütern stark vermindert war durch die großen Einkommenseinbußen der

Bevölkerung.

Staatliche Agrarpolitik lässt sich für die Weimarer Zeit in drei Hauptbereiche gliedern:

Siedlungspolitik, Agrarschutzzoll- und Agrarsubventionspolitik. Die Siedlungspolitik und

der Bodenreformgedanke erhielten im Wesentlichen durch vier verschiedene

316 Henning 1988, S. 168 317 Henning 1988, S. 191 318 Henning 1988, S. 194

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Richtungen Impulse.319 Die Agrarsozialisten forderten die Schaffung

genossenschaftlicher und kommunaler Großbetriebe. Die Agrarrevisionisten forderten

die Aufsiedlung des Großgrundbesitzes mit Kleinbauern. Ähnliches strebte die sozial-

politische Schule an, die die Aufsiedlung der Großbetriebe zu bäuerlichen

Familienwirtschaften forderte. Damit sollte der selbständige Mittelstand gestärkt, die

Landflucht vermindert, die Bevölkerung dezentralisiert, die Produktion je Flächeneinheit

vergrößert werden und die Tradition der Siedlungs- und Autarkiepolitiker aus der Zeit

vor dem Ersten Weltkrieg fortgesetzt werden. Politisch wurden die drei genannten

Strömungen vor allem von den Mittelstandparteien unterstützt. Die Radikal-

Konservativen als vierte Gruppierung wandten sich indes gegen eine grundsätzliche

und umfassende Beseitigung des Großgrundbesitzes. Von entscheidendem Einfluss auf

die staatliche Agrarpolitik wurden die Interessenverbände der selbständigen Landwirte,

von denen zwei besonders hervorragten. Der Reichs-Landbund setzte die Politik des

Bundes der Landwirte aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg fort, den Ton gaben

Vertreter des Großgrundbesitzes an. In der Vereinigung der deutschen christlichen

Bauernvereine waren hingegen vor allem die klein- und mittelbäuerlichen Schichten

vertreten, die mehr die Politik des Zentrums vertraten.320

In den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts traten erstmals

„ökologische“ Schädigungen an Böden und im Naturhaushalt auf. Bodenverdichtung,

Bodenmüdigkeit, Saatgutabbau, Zunahme von Pflanzenkrankheiten und

Schädlingsbefall sowie abnehmende Nahrungsqualität durch steigende

Stickstoffdüngung wurden konstatiert.321 Bereits zu Ende des 19. Jahrhunderts hatte

sich die Lebensreform-Bewegung für eine „naturgemäße Lebensweise“ eingesetzt. Ziel

war unter anderem eine Ernährungsreform – Vegetarismus, Naturheilkunde und

Körperkultur – die durch die Anlage von Schrebergärten und Gartenstädten sowie

einem praktizierten Tier-, Natur- und Heimatschutz unterstützt werden sollte. Die daraus

entstehende Landreform-Bewegung, die sich in der Weimarer Republik auch auf das

Reichsiedlungsgesetz berufen konnte, setzte diese Gedanken um. Eine gärtnerische

Existenz sollte unter Verzicht auf stickstoffhaltige Mineraldünger sowie

schwermetallhaltige Pestizide, aber mit Rückbesinnung auf die zu Anfang des

Jahrhunderts erarbeiteten wissenschaftlichen Erkenntnisse der „Landwirtschaftlichen

319 Henning 1988, S. 198 320 Henning 1988, S. 209 321 Vogt 2001, Teil I, S. 47

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Bakteriologie“ aufgebaut sein. Dazu gehörte Düngung mit gerotteten organischen

Abfällen, vererdende Kompostierung und Edelmistbereitung, Gründüngung und

Bodenbedeckung, schonende und nicht wendende Bodenbearbeitung, Nährstoffersatz

durch die Rückführung kompostierter städtischer organischer Abfälle und Fäkalien

sowie durch schwerlösliche Mineraldünger und Gesteinsmehle.322

Neben dem Natürlichen Landbau der Landreform-Bewegung entstand in den 20er

Jahren ein zweites ökologisches Landbausystem: die auf der esoterischen

Anthroposophie Rudolf Steiners und seinen „Geisteswissenschaftlichen Grundlagen

zum Gedeihen der Landwirtschaft“ aufbauende biologisch-dynamische

Wirtschaftsweise. Das biologisch-dynamische Schlüsselkonzept fasst einen

landwirtschaftlichen Betrieb als eine eigenständige, lebendige Wesenheit auf, die durch

sämtliche vier Dimensionen des anthroposophischen Naturbildes – einer stofflich-

physikalischen, einer lebendig-ätherischen, einer seelisch-astralen sowie einer Ich-haft-

geistigen Ebene – geprägt ist.323 Grundlage landwirtschaftlichen Tätigseins bildet ein

persönliches Verhältnis zum Naturgeschehen, das Arbeiten und Erkennen miteinander

verbindet. Landwirtschaftliche Arbeit trägt – beispielsweise über den Aufbau von

Hofindividualitäten im Sinne der Anthroposophie – zur weiteren Evolution von Natur,

Gesellschaft, Menschheit und Kosmos bei.

Im Nationalsozialismus sodann wurden alle privaten und öffentlich-rechtlichen

agrarischen Differenzierungen im Reichsnährstandsgesetz gleichgeschaltet. Der sog.

„Reichsnährstand“ umfasste Erzeuger, Bearbeiter und Verarbeiter sowie den Handel.

Es herrschte innerhalb des „Führerprinzips“ eine straffe Durchgliederung bis ins kleinste

Dorf.324 Die Agrarproduktion erreichte erst im Jahre 1950 wieder ein Niveau, das mit

den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg vergleichbar war.

Die Nachkriegszeit ab 1950 ist vor allem durch Mechanisierung, Zusammenlegung von

Parzellen, Entwässerungen und Gewässerbegradigungen (Flurbereinigung) geprägt.

Bis zum Jahr 1960 wurde die DDR-Landwirtschaft beispielsweise umfassend sozialisiert

und zusammengelegt, Betriebe vergrößert und eine zunehmende Spezialisierung

angestrebt.325 1969 lag die durchschnittlich von einer LPG bewirtschaftet Fläche bei

322 Vogt 2001, Teil I, S. 49 323 Vogt 2001, Teil I, S. 49 324 Henning 1988, S. 215ff. 325 Henning 1988, S. 239ff.

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580ha, 1972 bereits bei 890 ha. Hierdurch wurde der Einsatz größerer

Maschinenaggregate ermöglicht, zugleich aber auch der durchschnittliche

Transportweg vergrößert und die Überschaubarkeit des Betriebes verringert.

Schweinemast mit bis zu 100000 und Rindermast mit bis zu 40000 Plätzen schafften

eine industrielle Produktionsweise - der Genossenschaftsbauer war eher mit einem

Industriearbeiter als mit einem traditionellen Bauern zu vergleichen.326 Die zunehmende

Spezialisierung der einzelnen LPGs sollte den Nutzen durch Rationalisierung noch

vergrößern. „Kooperative Einrichtungen“ (KOE) begründeten eine Zusammenarbeit

zwischen LPG und Nahrungsgüterbetrieben beziehungsweise dem Handel.

Andere, aber im Ergebnis ähnliche Entwicklung nimmt die Landwirtschaft im anderen

Teil Deutschlands. Die Landwirtschaft der BRD war im Vergleich dazu von schlechteren

natürlichen Produktionsvoraussetzungen (Bodenqualität), dem Überwiegen

kleinbetrieblicher Agrarstrukturen sowie einer im Verhältnis zur Nutzfläche größeren

Menschenanzahl geprägt.327 Trotzdem wurde bereits 1949 das Vorkriegsniveau in der

Flächenproduktion erreicht und bei Früchten sogar übertroffen, was an der stark

gestiegenen Verwendung von betriebsfremden, chemischen Düngemitteln, neuen

Zuchtmethoden und der Mechanisierung lag.

Diese erhebliche Zunahme auch über das Vorkriegsniveau hinaus zeigte nicht nur, dass

die nationalsozialistische „Erzeugungsschlacht“ noch Reserven hatte, sondern dass

diese erst in der Nachkriegszeit im Kampf der Blöcke richtig zur Entfaltung gebracht

werden konnte. Die Landwirtschaft wurde als Begleiter industriellen Wachstums

326 Henning 1988, S. 251. Nicht umsonst ist laut Lenin Kommunismus gleich (Sowjet-)Macht plus Elektrifizierung (Technisierung) des ganzen Landes. 327 Henning 1988, S. 254

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angesehen, womit ihr die Aufgabe zufiel, mit ihren Produktionssteigerungen zum

Industrialisierungsprozess und zum Bevölkerungswachstum beizutragen. Gleichzeitig

schrumpfte die landwirtschaftliche Nutzfläche, die in Mitteleuropa im 18. Jahrhundert

noch stark ausgedehnt worden war, sowie die Zahl der in der Landwirtschaft

Beschäftigten wie auch der hauptberuflich betriebenen landwirtschaftlichen Höfe.

1950 1962 1975 1986

Landwirtschaftliche

Nutzfläche328

14,185 14,191 13,303 12,000

Ackerfläche 7,983 7,886 7,538 7,251

Dauergrünlandfläche 5,625 5,718 5,244 4,537

Stickstoff kg/ha 23,1 52,9 90,0 126,1

Phosphorsäure kg/ha 24,2 54,1 65,77 61,3

Kali 41,6 79,7 87,7 77,5

Hauptansatzpunkt der zunehmenden Mechanisierung war die Einführung des

Schleppers, der nicht nur als Zugmaschine, sondern mit Hilfe der Hydraulik auch mit

anderen landwirtschaftlichen Geräten bestückt werden konnte. Die Ernte der

verschiedenen Feldfutterarten, der Zuckerrüben und der Kartoffeln wurde weitgehend

durch Vollerntemaschinen bewältigt. Erhöhte Ernteerträge führten zu einer

Verbesserung der Viehfütterung und damit zu erhöhtem Dunganfall.

Grundwasserverseuchung oder erforderlich werdende Sonderdeponien zeigten dabei

die negativen Folgen auf. Die Viehhaltung wurde durch die ständig wachsende

Nachfrage nach Fleisch erheblich ausgedehnt, wobei Rückgänge in der Pferde- und

Schafhaltung durch andere Produktionszweige – Rinder- und Schweinehaltung – mehr

als ausgeglichen wurden.

Die genannten Faktoren sorgten dafür, dass sich die Sozialstruktur der Dörfer in den

letzten zweihundert Jahren maßgeblich veränderte.329 Entweder wurden sie

„industrialisiert“ oder sie erhielten einen erheblichen Bevölkerungszuwachs an

Personen, deren Arbeitsplatz außerhalb des Dorfes lag, so dass sich das Bild eines

solchen Dorfes aufgrund von Arbeitersiedlungen optisch und gesellschaftlich änderte.

328 Tabelle nach Henning 1988, S. 264 329 Henning 1988, S. 34ff.

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Der mit der Landwirtschaft verbundene Bevölkerungsanteil fiel sukzessive auf weniger

als ein Drittel.

In der nun folgenden grafischen Übersicht wird die Historie der (konventionellen)

Landwirtschaft und die mit ihr verbundenen Werthaltungen und Präferenzen graphisch

dargestellt. Der Aufbruch aus feudalen Verhältnissen beginnt zunächst mit einer

Ausweitung traditioneller Werthaltungen und handwerklicher Tätigkeiten. Spätestens mit

der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts kommen, durch ökonomische und

politische Determinanten bewirkt, technische und marktökonomische Werthaltungen

hinzu. Auf der Schwelle zwischen den traditionellen „Letztwerten“ und den

Selbststeigerungs-Werten entstehen mithin rationale Organisationsformen, die die

Optimierung traditioneller Werthaltungen – auch in der landwirtschaftlichen Sorge und

Fürsorge – zum Zweck haben. Die Jahresangaben in Klammern dienen in erster Linie

der Orientierung, sie bedeuten nicht, dass „historische“ Wertorientierungen keine

Bedeutung mehr hätten, sie werden nur überlagernd, sind aber kopräsent und haben

als benötigte Werthaltungen für die jeweiligen Individuen und Organisationen auch ihre

Bedeutung. So macht das Spektrum aller Haltungen die konventionelle Landwirtschaft

aus. Selbst aus anderen Sektoren können sich Werthaltungen addieren, doch die

Graphik zeigt die bestimmenden Hauptdeterminanten an.

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Der Deutsche Bauernverband (DBV) legt in seiner „Stellungnahme zur Situation des

Ökolandbaus und des Biomarktes in Deutschland“ für den Bundestagsausschuss

„Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz“ vom 12.12.2007 die Ansicht nahe,

dass es für außerökonomische Werte im Schaffen eines Landwirtes kaum Platz gibt.

Denn „gesellschaftliche Leistungen z.B. im Unwelt- und Naturschutz“ sind außerhalb

der Produktion von Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen „effizient“ zu

erreichen.330 Anlässlich des Deutschen Bauerntages im Juni 2008 fordert das DBV-

Präsidium den Abbau von Wettbewerbsverzerrungen, die Entlastung von Kosten und

staatliche Risikovorsorge.331 Das Leitbild des Unternehmers scheint beherrschend,

auch aufgrund des Preisdrucks am Weltmarkt. Der DBV bemängelt ergo am

ökologischen Landbau zersplitterte Vermarktungsstrukturen332 wie auch einen geringen

technischen Fortschritt. Die Eigenschaften, die im Rahmen der Charakterisierung des

330 http://www.bundestag.de/ausschuesse/a10/anhoerungen/a10_62/16_10_696B.pdf 331 http://www.bauernverband.de/?redid=205560. Die Positionierung im Rahmen ökonomischer, egozentrischer (homo oEconomicus) Werthaltungen vernachlässigt den Faktor, dass in einer von Wissensakkumulation und Mass Customization geprägten Ökonomie der Preis von Hart-Waren immer niedriger wird – es sei denn, sie weisen noch zusätzlich Eigenschaften auf. 332 Wenn ein Hersteller direkt an die Endverbraucher sowie gleichzeitig an Großhändler und Einzelhändler absetzt, betreibt er ein Mehrkanalsystem, da er die Ware – in diesem Fall – über drei Kanäle an seine Kunden absetzt. Will das der DBV kritisieren?

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DBV eher kritisch333 eingeordnet werden, können aber ebenso als positive

Eigenschaften interpretiert werden.

Die schweizerische Bauern-Heimatbewegung sah beispielsweise in einer organisch-

biologischen Landbewirtschaftung eine Lösung, wie sich eine bäuerliche, auf einem

christlichen Glaubensverständnis beruhende Lebensweise in der modernen Welt

erhalten und subsidiare, dezentrale Strukturen entwickelt werden könnten. Die

Grundsätze Familie, Hof, Heimat und Tradition wurden zusätzlich durch Verantwortung

für Natur und Verbraucherschaft ergänzt.334 Die organisch-biologischen Erzeugnisse

der Bauern-Heimatbewegung konnten über die Absatz- und

Verwertungsgenossenschaft „Heimat“ vermarktet werden. Neben dem Vertrieb über

den Genossenschaftsbund Migros wurden die Verbraucher zudem direkt über

Paketversand beliefert.

Im biologischen Landbau, der sich sukzessive im deutschsprachigen Raum in den 50er

und 60er Jahren ausbreitete, wurden die mehr als eine halbes Jahrhundert

bestehenden Grundsätze der Lebensreform-Bewegung aufgegriffen. Die Komponenten

Vegetarismus, viehloser Landbau und Siedlungswesen wurden rudimentär. Stattdessen

wurden wissenschaftliche Forschungsergebnisse, vor allem zur Bodenfruchtbarkeit und

Bodenbewirtschaftung, wie Lebensverbauung und die darauf aufbauende

Landbewirtschaftungskonzepte eines „biotechnischen Landbaus“, Humusforschung und

–wirtschaft, vererdende Kompostierung etc. berücksichtigt.335

Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, die, wie beschrieben, schon seit den 20er

Jahren bestand, rückte in den 50er und 60er Jahren die bäuerliche Lebenswelt sowie

Betriebsgemeinschaften in den Mittelpunkt und integrierte wissenschaftliche

Erkenntnisse aus der biologisch ausgerichteten Landbauforschung. Man begann mit der

Züchtung von an ökologische Landbauverhältnisse angepassten Kultursorten, sowie

der „wesensgemäßen“ Tierhaltung und Gestaltung von Kulturlandschaften nach

biologisch-dynamischen Prinzipien.336

333 Kritik (von griech. krinein=scheiden, schneiden) ist ja letztlich nur eine Trennung, die aussagt, die anderen (das Getrennte) sind nicht wir – soweit ist dann auch die Kritik des DBV völlig berechtigt. 334 Vogt 2001, Teil II, S. 47 335 Vogt 2001, Teil II, S. 49 336 Vogt 2001, Teil II, S. 47

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Hans Müller, der die oben erwähnte Bauernheimatbewegung in der Schweiz

begründete, entwickelte zusammen mit seiner Frau Maria und dem deutschen Arzt H.

P. Rusch die Grundlagen des organisch-biologischen Landbaus. Um diese Ideen

besser umsetzen und die gemeinsamen Interessen besser vertreten zu können, wurde

der „bio-gemüse e.V.“ gegründet. Zehn Jahre später hatte der Verein bereits 200

Mitglieder. Aus dem „bio-gemüse e.V.“ wurde zunächst die „Fördergemeinschaft

organisch-biologischer Land- und Gartenbau“. Mitte der 70er Jahre wird dann der Name

„Bioland“ als Vereinsname und Warenzeichen etabliert.

Das Aufkeimen von postmaterialistischen Werten bildete die Grundvoraussetzung für

einen gesellschaftlichen Aufbruch, der seit den späten 1960er Jahren in den Studenten-

, Anti-Atomkraft- und Friedens-Bewegungen seinen Ausdruck fand. Der ökologische

Landbau wurde dabei von den Aktivisten der Umweltbewegung als die geeignete

landwirtschaftliche Produktionsweise entdeckt. Dies brachte eine Wende für die bis

dahin von der Öffentlichkeit und der Politik kaum wahrgenommene Form der

Landwirtschaft.

In den 80er und 90er Jahren wurden die Konzepte des biologischen Landbaus

weiterentwickelt. Der inhaltliche Schwerpunkt verschob sich vom Erhalt einer

bäuerlichen Lebenswelt zur Entwicklung einer umweltschonenden und dauerhaften

Landbau- und Lebensweise. Die Auseinandersetzungen mit den

Landbauwissenschaften um die Notwendigkeit von „Alternativen im Landbau“ Ende der

70er sowie Anfang der 80er Jahre führten zu einer ersten wissenschaftlichen

Anerkennung der Konzepte ökologischer Landbewirtschaftung.337 Die Konzepte der

biologischen Bodenfruchtbarkeit wurden mit der Ökosystemtheorie verbunden, in den

Mittelpunkt rückte der Stoffaustausch im Wurzelraum. Die gesellschaftlichen

Auseinandersetzungen um die Massentierhaltung führten zur Entwicklung von

Konzepten artgemäßer Tierhaltung. Zudem wurde seit Ende der 80er Jahre ein

unabhängiges Kontroll- und Zertifikationssystem sowie eine eigene

Vermarktungsstruktur etabliert (Naturkosthandel).

Lebensmittelskandale der „konventionellen“ Landwirtschaft, umfassende

Zertifizierungsbemühungen des ökologischen Landbaus sowie gesellschaftliche Trends

führen in der Gegenwart dazu, dass die durch den ökologischen Landbau weitgehend 337 Vogt 2001, Teil II, S. 49

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garantierte Unabhängigkeit gegenüber der Landwirtschafts- und Ernährungsindustrie -

ein zentrales Element bäuerlichen Selbstverständnisses - immer mehr in den

Vordergrund rückt. Eine mit Recht in den Raum gestellte Forderung nach

marktwirtschaftlicher Konsumentensouveränität und Autonomie angesichts der immer

knapper werdenden Entscheidungsspielräume und der forcierten Abhängigkeit von

entscheidungsmächtigen Akteuren. So stemmen sich ökologische (wie auch

konventionelle) Landwirte gegen Subventionen, Strafabgaben, Milchquoten,

engmaschige Netze aus Gesetzen und Verordnungen sowie Agrarmonopolisten.

Jüngere Meilensteine auf dem Weg zur Institutionalisierung setzte die europäische

Agrarpolitik, u.a. mit der Verordnung (EWG) 2092/91.338 Die BSE-Krise und die in Folge

von der rot-grünen Bundesregierung eingeleitete Agrarwende brachten den Öko-

Landbau auf der politischen Agenda zeitweise ganz nach oben.

Auch wenn die Pioniere des biologisch/ökologischen Landbaus unterschiedliche

Auffassungen hatten, vertraten sie doch weitestgehend ähnliche Grundprinzipien, wie

Gunter Vogts Zusammenstellung sehr gut belegt:339

338 Schick 2009, S. 364 339 Tabelle aus Vogt 2001, Teil II, S. 48

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Page 78: BioManuskript

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Doch kann man auch innerhalb der ökologischen Landwirtschaft einen Wertewandel

bemerken. Entstammte die schweizerische Bauern-Heimatbewegung noch nahezu

vollständig dem christlich-traditionellen Spektrum, so rücken mehr und mehr soziale und

kreative Werte – auch hinsichtlich biologischer Produktionsmittel und Methoden – in

Verbindung mit dem Schutz der Natur in den Mittelpunkt. Letzter wird ebenso auf

Konsumentenseite geschätzt wie auch die mit dem ökologischen Landbau verbundenen

Zusatzleistungen wie beispielsweise die Aufrechterhaltung eines Mindestmaßes an

Selbstversorgung, die Offenhaltung und Pflege der Kulturlandschaft, Beiträge zur

ländlichen Regionalentwicklung und bestimmte Umweltleistungen. Der Ökologische

Landbau ist unter dem Strich die umwelt- und naturfreundlichste Anbaumethode: a) Der

Nitrataustrag ins Grundwasser wird um 35 – 65 % reduziert b) Keine Pestizidrückstände

in Böden, Wasser und Lebensmitteln c) Verringerte Erosion d) Höhere Wasserkapazität

(Hochwasserschutz) e) Höhere Humusgehalte, das bedeutet 35 bis 50 t mehr

gebundenes CO2/ha (Klimaschutz) f) Höhere Biodiversität in der Agrarlandschaft und

größere genetische Vielfalt bei den Nutztieren und –Pflanzen g) Effizienterer

Wassergebrauch h) Geringerer Bedarf an fossilen Energieträgern.340 Hinzu kommen

positive Effekte für die ländliche Regionalentwicklung und die Volkswirtschaft, da

ökologische Betriebe (laut Agrarbericht der Bundesregierung) etwa ein Drittel mehr

Arbeitskräfte als vergleichbare konventionelle Betriebe beschäftigen.

Gerhard Plakolm und Elisabeth Fromm von der HBLFA (Höhere Bundeslehr- und

Forschungsanstalt) in Irdning/Österreich haben für Österreich die meist diskutiertesten

Werte ermitteln können, die hier in nicht hierarchischer Reihenfolge aufgezählt werden:

Kreislauf und Boden, Gesundheit, Qualität, Natur, Vielfalt, Nachhaltigkeit, Ökonomie,

Kontrolle und Vertrauen, Gentechnikfreiheit, Tiergerechtigkeit, Vermarktung,

Regionalität, Kooperation, Austausch und Vorbildwirkung. Insbesondere wird die durch

den Bio-Landbau ermöglichte Eigenständigkeit hervorgehoben, die zu erhalten als sehr

wichtig angesehen wird. In diesem Kontext werden Entscheidungsfreiheit und

Selbstversorgung als Umstellungsgründe genannt, wie auch eigene

Gestaltungsmöglichkeiten.341 Bio-Bauern müssten mehr ausprobieren und vordenken

als konventionelle Bauern, eben un-konventioneller sein.

340 Vgl. hierzu Blumenschein 2007, S. 4 341 Vgl. Plakolm 2007, S. 4

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Die hier folgende grafische Übersicht zeigt gesamtbäuerliche Werte und Merkmale

sowie Leitwerte der „International Foundation for Organic Agriculture“ (IFOAM). Die

IFOAM (International Federation of Agriculture Movement) ist die 1972 gegründete

internationale Dachorganisation des ökologischen Landbaus. Zum jetzigen Zeitpunkt

sind über 750 Mitgliedsorganisationen in mehr als 108 Ländern unter der IFOAM

vereinigt, wozu beispielsweise Öko-Anbauverbände, Unternehmen der ökologischen

Lebensmittelwirtschaft, Forschungseinrichtungen sowie einzelne Landwirte gehören.

Die IFOAM übernimmt die internationale Koordination dieser unterschiedlichen

Interessengruppen unter einem gemeinsamen Leitbild.

Das IFOAM-Prinzip „Gesundheit“, das im Wertekreis als individuelle, körperliche

Gesundheit zwischen Macht und Sicherheit eingeordnet ist, wird in der Grafik diametral

eingeordnet. Denn Gesundheit, so die IFOAM, fängt bei gesunden Böden an, wird also

nicht individuell, sondern ganzheitlich-universalistisch verstanden.

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Auszüge aus den Prinzipien der IFOAM:342

Das Prinzip der Gesundheit

Ökologische Landwirtschaft soll die Gesundheit von Böden, Pflanzen, Tieren,

Menschen und des ganzen Planeten als untrennbare Einheit aufrecht erhalten

und verbessern. […] Die Aufgabe der ökologischen Landwirtschaft, ob in der

Erzeugung, bei der Verarbeitung, dem Vertrieb oder dem Verbrauch, ist es, die

Gesundheit von Ökosystemen und Organismen von den Kleinsten im Boden bis

zum Menschen aufrecht zu erhalten und zu verbessern. Genauer gesagt soll die

ökologische Landwirtschaft qualitativ hochwertige, nahrhafte Nahrungsmittel

produzieren, die zur Gesundheitsvorsorge und zum Wohlbefinden beitragen.In

Anbetracht dessen sollte der Einsatz von Düngern, Pestiziden,

Tiermedikamenten und Nahrungsmittelzusätzen vermieden werden, da diese

ungünstige Auswirkungen auf die Gesundheit haben können.

Prinzip der Ökologie

Produktionen sollen auf ökologischen Prozessen und Wiederverwertung

basieren. Nährwert und Wohlbefinden werden durch die Ökologie der

spezifischen Produktionsumgebungen erreicht. […] Ökologische Landwirtschaft,

Nutztierhaltung und Systeme der Wild-Sammlung sollen sich den Zyklen und

dem ökologischen Gleichgewicht der Natur anpassen. Diese Zyklen sind

universell, aber ihre Funktionsweise ist standortspezifisch. Das ökologische

Management muss an lokale Bedingungen, Ökosysteme, Kultur und weitere

Rahmenbedingungen angepasst werden. Durch Wiederverwendung,

Wiederverwertung und effektives Material- und Energiemanagement sollen

Auswirkungen auf die Umwelt verringert werden, um ihre Beschaffenheit zu

bewahren und zu verbessern und Ressourcen zu schonen. Ökologische

Landwirtschaft soll durch Gestaltung der Nutztierhaltung, Einrichtung von

Lebensräumen und Erhaltung der genetischen und landwirtschaftlichen Vielfalt

ein ökologisches Gleichgewicht erreichen. Diejenigen, die ökologische Produkte

produzieren, verarbeiten, damit handeln oder sie konsumieren, sollen die

gemeinsame Umwelt, einschließlich der Landschaften, des Klimas, der

Lebensräume, der biologischen Vielfalt, der Luft und des Wassers, schützen und

zu ihrem Vorteil nutzen. 342 http://www.ifoam.org/germanversion/ifoam/prinzipien_des_oekolandbaus.html

Page 81: BioManuskript

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Prinzip der Gerechtigkeit

Gerechtigkeit wird charakterisiert durch Gleichheit, Achtung, Rechtmäßigkeit und

Verantwortlichkeit gegenüber einer von allen geteilten Welt, sowohl unter den

Menschen als auch in deren Beziehungen zu anderen Lebewesen. […] Dieses

Prinzip hebt hervor, dass jene, die mit ökologischer Landwirtschaft zu tun haben,

menschliche Beziehungen so führen, dass Gerechtigkeit auf allen Ebenen und

gegenüber allen Parteien - Landwirten, Arbeitern, Herstellern, Vertreibern,

Händlern und Verbrauchern – sichergestellt wird. […] Dieses Prinzip besteht

darauf, dass Tieren die Bedingungen und Möglichkeiten zum Leben geboten

werden, die ihrer Physiologie und ihrem natürlichen Verhalten entsprechen und

zu ihrem Wohlbefinden beitragen. […] Rohstoffquellen und Umweltressourcen,

die für Produktion und Konsum verwendet werden, sollen auf eine Weise

verwaltet werden, die gesellschaftlich und ökologisch gerecht ist. Zudem sollen

sie für zukünftige Generationen erhalten werden.

Prinzip der Fürsorge

Ökologische Landwirtschaft soll auf eine vorbeugende und verantwortungsvolle

Art betrieben werden, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der

gegenwärtigen und zukünftigen Generationen sowie die Umwelt zu schützen.

[…] Ökologische Landwirtschaft ist ein lebendes und dynamisches System, das

auf die inneren und äußeren Anforderungen und Bedingungen reagiert.

Fachleute der ökologischen Landwirtschaft können deren Leistungsfähigkeit

verbessern und die Produktivität erhöhen, wodurch aber keine Gefährdung von

Gesundheit und Wohlbefinden entstehen darf. Infolgedessen müssen neue

Technologien entsprechend beurteilt und neue Methoden überprüft werden. In

Anbetracht des noch immer unvollständigen Verständnisses von Ökosystemen

und Landwirtschaft ist Vorsicht geboten. […] Wissenschaftliche Kenntnisse

alleine genügen jedoch nicht. Praktische Erfahrung, gesammeltes Wissen sowie

traditionelles und einheimisches Wissen bieten viable Lösungen an. Ökologische

Landwirtschaft soll durch die Übernahme von angemessenen und die

Zurückweisung von unkalkulierbaren Techniken, wie z.B. Genmanipulationen,

wesentlichen Risiken vorbeugen. Alle Entscheidungen sollen durch transparente

und partizipatorische Verfahren die Werte und Bedürfnisse der von diesen

Entscheidungen Betroffenen mitreflektieren.

Page 82: BioManuskript

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Den unterschiedlichen Werten und Schwerpunkten entspricht die Fülle verschiedenster

Anbauverbände, Herkunftsländer und Zertifizierungen, die unterschiedlichsten

Produkte, Distributionskanäle sowie Konsumententypen und – Bedürfnisse. Während

in der „Pionierzeit“ immaterielle Werte wie Boden- und Tiergesundheit den ersten Bio-

Landwirten die nötige Überzeugungskraft gaben, um sich gegen die agrarpolitische

Grundausrichtung behaupten zu können, muss die etablierte Bio-Landwirtschaft von

heute vor allem den immer härter werdenden Bedingungen des Marktes standhalten,

um sich erfolgreich weiterzuentwickeln.343 Dieser ist gekennzeichnet durch einen steten,

rasanten Wandel, ein Wandel, der ebenso ganze Kulturen und Gesellschaften betrifft.

343 So Greger 2007, S. 33f.

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3. Am Point of Sales Purchase

3.1. Typisierungen der Bio-Wertschöpfungskette

Nicht nur bäuerliche Lebenswelten und Traditionen haben sich in den letzten

Jahrzehnten gewandelt. Lokal verankerte „Schicksalsgemeinschaften“ mit

wechselseitigen Verpflichtungen – wie nachbarschaftliche, verwandtschaftliche,

familiäre Konstellationen – verlieren an Bedeutung. Neue Vergesellschaftungsmuster in

„funktional differenzierten Systemen“344 treten an diese Stelle, charakterisiert durch

strukturelle Offenheit, lockere Verknüpfung und Wahlfreiheit. Massenmedien, World

Wide Web, mobile Kommunikation, interpersonale Netzwerke sind nur noch bedingt

ortsgebunden und von klassischen Knotenpunkten sozialer Kohäsion, wie von

Nationalstaaten und politischen Akteuren, weitgehend unabhängig.

Verschiedene Lebens-, Sprach und Wissensformen – kurz Milieus - mit geteilten

Werthaltungen sowie vergleichbaren Selbst- und Fremdbildern345 konstituieren sich, mit

eigenen Spezialsprachen, Relevanzkriterien, Exklusionen und Eigen-Sinnigkeiten.346

Eine Sozialität, die weder kollektiv ist noch individualistisch, weder Staat noch Markt

vollständig zuzurechnen ist, sondern beide Ressourcen nutzt für ihre hybriden

Strukturen. Beziehungsnetzwerke, auf permanente Selbsttransformation angelegt,

leisten bei der Konstruktion des Selbstkonzeptes der Person, der Identität, relevante

Unterstützung. Sich auf Unbestimmtheit einlassend, immer wieder

Bestimmtes/Bestimmbares hervorzubringen ist ein modus socialis in Projektform. 347

Milieus können ebenso vertikal differenziert sein durch unterschiedliche Lebensstile,348

die sich in unterschiedlichen Zeitauffassungen, Dialekten, Verhaltensweisen, Kleidung,

Ritualen, Manieren, Gesprächsführung wie auch Konsumformen niederschlagen.349

344 Funktionale Differenzierung meint, dass Gesellschaften nicht mehr aus einer Vielzahl gleicher oder ähnlicher Einheiten wie Familien, Clans oder Gruppen (segmentäre Differenzierung) bestehen, sondern aus unterschiedlichen, spezialisierten Teilen, die voneinander abhängen – Ökonomie, Politik, Wissenschaft, Erziehung, Gesundheitssystem, Familie, Religion, Kunst etc. Vgl. Willke 2006, S. 19 345 Hellmann 2003, S. 411 346 Willke 2001, S. 100f. 347 Priddat 2008, S. 91 348 Vgl. Solga 2003, S. 6. Vertikale Lebensstilunterschiede lassen sich gegenwärtig immer weniger auf berufliche und ökonomische Determinanten denn kulturelle Ressourcen unterscheiden. Horizontale Differenzen in den Lebensstilen machen sich hauptsächlich an Bildung und Lebensalter fest. Vgl. Stein 2006, S. 141 349 Vgl. Hellmann 2003, S. 411

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In Milieus und Lebensstilen sucht der Mensch Struktur und Orientierung („Re-

Grounding“), allerdings in den höchst fließenden Formen eines „Reality-Sampling“.350

Pflichten wie Rechte gesellschaftlicher Anforderungen in Form von „Rolle“ werden als

situativ bezogene und im Interaktionsprozess entstehende wie auch wandelbare

Systeme von Erwartungen erlebt.351 Werthaltungen werden in unterschiedlichen Rollen

verschieden hierarchisiert und angepasst. Diese Hybridisierung und Parallelität

unterschiedlicher Werthaltungen gehorcht den Prinzipien von „Konnexion und

Heterogenität“, der „Vielheit“ und dem „asignifikanten Bruch“, keinem „strukturalem oder

generativem Modell“ verpflichtet zu sein, kurz: der Rhizomisierung.352

Ein Beispiel für eine Differenzierung der Milieus und der mit ihnen verbundenen

Lebensstile soll hier anhand der kommerziellen Sinus-Milieus erfolgen:353

350 Schipperges 2007 351 Vgl. Thomae 1968, S. 548 352 Rhizome sind „Pfahlwurzeln mit zahlreichen Verzweigungen, seitlichen und sternförmigen […] Jeder beliebige Punkt eines Rhizoms kann und muss mit jedem anderen verbunden werden […] Es gibt nichts als Linien;“ Deleuze 1977, S. 8ff. Übrigens ist eine etymologische Erklärung für „Risiko“ die Herleitung aus dem griechischen „rhiza“, also der Wurzel, was mit „Klippe“, Schwelle in Verbindung gebracht wurde. 353 Sinus Sociovision, Heidelberg, ist Spezialist für psychologische und sozialwissenschaftliche Forschung und Beratung. Grafiken von Wippermann 2005 beziehungsweise http://www.sinus-sociovision.de

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In der folgenden Graphik sind die vertikal-hierarchischen Sinus-Milieus im Wertekreis

von Shalom Schwartz verortet, nunmehr horizontal-flach:354

354 Marktforschung und Meinungsumfragen unterliegen der schwierigen Bedingungen, dass der Konsument seine wahren Motive und Bedürfnisse bei der Nutzung eines Produktes oder eine Marke gar nicht artikulieren kann, denn sie sind ihm nicht bewusst. Grenzen der Messbarkeit bei komplexen Wirklichkeiten, die Beantwortung nach Maßgabe der „sozialen Erwünschtheit“, Response-Sets, Umgebungseinflüsse, suggestive Antwort- und Fragekategorien führen zum Teil zu Ergebnissen mangelnder Validität und Reliabilität. Emotionsquellen, Assoziationen und Konnotationen, Bilder, olfaktorische, haptische, akustische Eindrücke lassen sich nicht immer in Worte fassen. Verstand und Vernunft sind zum Teil nur Berater, vgl. Albrecht 2005, S. 4ff.; Grünewald 2006, S. 8ff. Daher sollen die hier genannten Werte/Zahlen Anhaltspunkte, nicht aber als statische Aussagen im Sinne einer mechanischen Berechenbarkeit gelten.

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Den hybriden Werthaltungen entspricht der hybride, situativ entscheidende,

ungebundene Konsument, der einerseits hochwertige Markenartikel kauft, andererseits

aber auch den preisbewussten Griff zu günstigen Handelsmarken oder No Names nicht

scheut, der experimentiert oder aus Bequemlichkeit diejenigen Produkte kauft, die

gerade im Handel verfügbar sind.355 Dazu addiert sich die Transaktionskosten

reduzierende Wirkung der IuK-Technologien. Da ist es für Produzenten, Marketing-

Abteilungen und Unternehmensberater natürlich vorteilhaft, wenn sich zumindest eine

eher kohärente, stetige Klassifizierung abzeichnet – die auch noch Milieu und

Werthaltungen übergreifend ist. Dieser nahezu mit 30% aller Haushalte veranschlagte

Konsumstil356 wird kurz mit LOHAS bezeichnet und meint den „Lifestyle of Health and

Sustainability“. In der unten stehenden Graphik ist der LOHAS-Konsumstil anhand

seiner Hauptattribute „Gesundheit“ (health) und „Nachhaltigkeit“ (sustainability) inmitten

der transponierten Sinus-Milieus im Wertekreis verortet.

355 Haedrich 2003, S. 28 356 So eine AC Nielsen/“Karma Konsum“-Studie im Mai 2008, http://www.focus.de/finanzen/news/studie-wer-sind-die-lohas_aid_305216.html

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Dazu haben wir zart gestrichelt noch den „Lifestyle“ in die Graphik eingefügt. Das hat in

diesem Falle weniger mit der recht neutralen Bezeichnung unterschiedlicher Lebensstile

zu tun, sondern eher mit dem Lebensstil „Lebensstil“. Die Zeitung „Die Welt“

überschreibt ihre Online-Rubrik „Lifestyle-Nachrichten“ mit „Informationen über neue

Modetrends, Design, Architektur, Wein, Essen, Wellness und Kosmetik. Für alle, die

Luxus schätzen.“ Es gibt also einen Lebensstil mit Werthaltungen im Übergang von

Selbststeigerungs-Werten zu selbstbestimmenden Werthaltungen. Im Fokus steht die

im Rahmen des „In“-Seins ständige Neuerfindung mithilfe der neuesten käuflichen

Trends. Den Zusammenhang mit dem Generalthema der Nachhaltigkeit erklärt der

österreichische Journalist Robert Misik wie folgt: „Klimaschutz ist hot, oder, was auch

ein schönes Wortspiel ergibt: cool. Das Thema Ökologie, das sehr deutsch und auf

engen Bahnen seinen Weg um den Erdball begonnen hat - mit Verbots− und

Verzichtsjargon, Gegen−Lifestyle und Technikskepsis -, kommt nun sehr amerikanisch

wieder zurück: als breite Entertainmentwelle, mit viel Schick und einem großen Löffel

Wohlfühlrhetorik. Statt des übellaunigen »Wir müssen uns bescheiden« jetzt das

ermunternde »Wir können es schaffen«. Heute heißt es nicht mehr »Jute statt Plastik«,

sondern Hybridauto statt Benzinstinker.“357

Der LOHAS wird also durch unterschiedliche Werthaltungen und Milieus konstituiert.

Dabei unterstreichen hauptsächlich Postmaterielle, aber auch angrenzende

Experimentalisten und Teile der Bürgerlichen Mitte, dass Bio einen hohen Stellenwert in

punkto nachhaltigem Wirtschaften einnimmt. Hedonisten, Etablierte und ein weiterer

Teil der bürgerlichen Mitte stellen hingegen den Aspekt der individuellen, körperlichen

Gesundheit in den Vordergrund. Die recht unterschiedlichen Werte und Motivationen,

die sich hinter den Gruppierungen verbergen, aber auch das Gemeinsame, verdeutlicht

vielleicht folgende Grafik.

357 Misik 2007

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In der Analyse der Bundestagswahl 2005 konnte festgestellt werden, dass Bündnis

90/Die Grünen über ein ähnliches Wählerprofil wie die FDP verfügen. Berufstätige

Wähler waren bei den Liberalen (55%) und den Bündnisgrünen (57%) deutlich

überrepräsentiert, wie auch Wähler mit mittlerer und hoher Bildung.358 Über die LOHAS-

Pole und die sie auszeichnenden Werte scheint eine „überparteiliche“

Anschlussmöglichkeit vorzuliegen. Das Wähler-Profil deckt sich dann auch mit den

Erhebenungen der „Bio-Shopper-Studie“ / Information Resources GmbH. Danach war

der Bio-Konsument im Jahre 2006 weiblich (61,1%), in allen Altersklassen ungefähr

gleich vertreten (mit einem leichten Vorteil bei den über 50jährigen) und zumeist

Angestellter (31%, 16,8% waren Rentner).359

Die hybride Konstruktion der LOHAS-Gesamtwerthaltung spiegelt sich in der Studie von

Thomas Perry/Sinus Sociovision wider. Perry unterscheidet hier einerseits zwischen

„Bio“ einerseits mit den „Beigaben“ Geschmack, Genuss, Sinnlichkeit und Egoismus

sowie „Öko“ andererseits, das durch die Attribute moral correctness, rational,

358 Jesse 2005, Kapitel 2.7 359 BSS 2006. Das deckt sich in etwa mit der Charakteristik der Nutzer von Bio-online-communities wie www.naturkost.de im gleichen Zeitraum. Gut 72% waren weiblich, über 60% hatten Abitur, ein Drittel ein Hochschulstudium. Vgl. Müller 2005, S. 64

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altruistisch und lustfeindlich charakterisiert wird.360 Das deckt sich mit unseren

Verortungen im Wertekreis. „Bio“ und „Öko“ haben andere Grund-Wertigkeiten, das

gleiche Produkt wird differierend wahrgenommen und eingeordnet.

In der sich nun anschließenden Grafik wurden die von der „Gesellschaft für

Konsumforschung (GfK) erarbeiteten Ernährungs-Typen361 verortet, wobei wir

alternative Bezeichnungen gewählt haben. Alle Angaben beziehen sich auf den

gesamten Lebensmittelmarkt, ökologische und konventionelle Produktion zusammen.

Der Umsatz an Produkten aus ökologischer Landwirtschaft hat in Deutschland einen

Anteil von zwischen 3% und 5% am Gesamt-Lebensmittelmarkt, aber einen Anteil von

mehr als 30% am Europäischen Bio-Lebensmittelmarkt.362 Etwa 40% aller

Konsumenten können aus verschiedenen Gründen zur erweiterten Bio-Bezugsgruppe

gezählt werden.363

360 Perry 2007, S. 2 361 CC 07, S. 30 362 Eichholz 2008 363 Vgl. Spiller 2006, S. 7

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Im unteren „Health-Pool“ wird der zentrale Wert der „Gesundheit“ hauptsächlich

individuell-körperlich und nicht ganzheitlich interpretiert, wie es beispielsweise ein (nicht

immer unproblematischer) Begriff der gesunden Böden oder der gesunden Umwelt

vorsehen würde. „Gesundheit“ findet sich nach dieser Interpretation ergo im Bereich der

Selbststeigerungs-Werte.

Nach einer Studie von Eurostat gehören individuelle Gesundheit (99%) und Familie

(97%) für alle Europäer zu den wichtigsten Aspekten im eigenen Leben.364

Dementsprechend stieg im Zeitraum von 2002 bis 2005 der auf die Segmente

Convenience, Genuss und Wellness entfallende Anteil an den gesamten Food- und

Getränkeausgaben von knapp 30 auf fast 40 Prozent mit einem Gesamtmarktvolumen

von mehr als 60 Milliarden Euro.365 Trotzdem die an Einkommen schwachen Haushalte

sukzessive zunehmen,366 wird der Trend zu mehr „Wohlfühl-Ausgaben“ und „Anti-

Aging“367 verstärkt durch den Wunsch nach vorwiegend qualitätsorientiertem Einkauf.368

So konnte auch der Markt für Functional Food - Nahrungsmittel, die mit zusätzlichen

Inhaltsstoffen angereichert werden und einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben

sollen – deutlich zulegen. Attribute wie beispielsweise natürlich, probiotisch,

zuckerreduziert/-frei, fettreduziert/-frei, diätetisch, vollwertig und frisch369 sind für die

„Health“- Konsumentenklientel am wirksamsten.

Etwa für ein Drittel aller Haushalte ist gesunde Nahrung wichtig, doch nur ein fünftel –

das Segment der Premium-Konsumenten – zeigt sich so überzeugt, dass es

regelmäßig Gesundheitsprodukte einkauft und dabei überproportional, nämlich zu gut

25%, am Gesamtumsatz von Gesundheitsprodukten beteiligt ist.370 Der Anteil der Bio-

Kernkäufer und die Ausgaben für Bio-Produkte sind bei den Premium-Konsumenten am

zweithöchsten. Diejenigen Premium-Konsumenten, die Bio-Käufer sind, verbinden mit

Bio nicht nur Gesundheit. Bio als qualitativ wie preislich hochwertiges Lebensmittel ist

364 Carballo 2007 365 CC 05, S. 7 366 CC 07, S. 16 367 So kann es nicht verwundern, dass die Bio-Überzeugten, die für die wachsende Nachfrage der letzten Jahre ausschlaggebend waren, laut GfK älter, finanzstark und in ihren Einkaufsgewohnheiten fachhandelsorientiert sind; vgl. CC 07, S. 39ff. 368 CC 07, S. 14 369 Vgl. CC 07, S. 35 370 CC 07, S. 39

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für sie gleichzeitig Ausdruck des Erfolges wie auch des Genusses. Nicht zuletzt

erwartet sich der Premium-Konsument eine optimale Leistungssteigerung, die

Wiederherstellung der eigenen Kraft für den täglichen Wettbewerb.

Ein Teil der „Experimentellen“ sieht in Bio eine stimulierende Abwechslung im

Speiseplan. Neu entdeckte alte Sorten – wie beispielsweise Emmer-Bier - machen

sowohl in punkto Geschmack als auch in Fragen der Verarbeitung neugierig. Das

Erlebnis und die „Leistung“ der Ware stehen hier im Vordergrund. Aber auch Flexibilität

– es kann, aber es muss nicht immer Bio sein – die Freiheit nimmt sich dieser Teil der

Experimentellen. Der andere Teil dieser Bezugsgruppe rechnet sich eher zu den Eco-

Flux, die im übernächsten Kapitel behandelt werden.

Die Geld- oder Zeitknappen stufen entweder Ernährung oder den Einkauf als

zweitrangig ein. Knappheit führt zu einem Bedarf an Komplexitätsreduktion und

Simplifizierung. Unter den - am Steuerungsmedium der Ökonomie – „Geld“-Knappen

finden sich paradoxerweise Konsum-Materialisten, die mithalten und „trendy“ sein

möchten. Der Fokus liegt auf dem Einkauf als soziales Phänomen, weniger auf der

Ernährung.

Auf der anderen Seite stehen die an Zeit „Armen“. Nach einer GfK-Studie gehören 36

Prozent der deutschen Verbraucher zu dieser Gruppierung, von denen wiederum 39

Prozent den Einkauf von Lebensmitteln/Getränken als lästig empfinden.371

Ökologisches Einkaufshandeln nimmt ab, wenn Konsumenten sich unter Zeitdruck

sehen beziehungsweise Zeitersparnisse bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln als

nötig erachten.372 60 Prozent der Frauen im erwerbstätigen Alter gehen mittlerweile

einer Tätigkeit nach, womit – gepaart mit der Berufstätigkeit der Männer – das

Nahrungs-Know-how für die Produktauswahl am Point of Purchase wie auch in der

Küche sinkt.373 Damit wandeln sich die vergesellschaftende Rhythmisierung des Alltags,

Sitte, gemeinsame Tischgespräche, Benimmregeln sowie Austauschmöglichkeiten, die

vorher während der Mahlzeiten bestanden.

371 CC 05, S. 50 372 Tanner 2002, S. 89. Das bestätigt indirekt auch die Studien von Bierhoff (1996, S. 396), wonach altruistisches Verhalten durch Stress, Gefährlichkeit, Zeit- und Materialverlust gehemmt wird. 373 Vgl. Kirig 2007, S. 7

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Hier besteht jedenfalls ein enormes Potential für Bio-Convenience, denn, so belegt eine

KPMG-Studie aus 2006,374 der Biotrend ist unmittelbar mit dem Convenience-Trend

verbunden - der Umsatz im Convenience-Segment stieg zwischen 2002 und 2005 um

ca. 31 Prozent.375 In diesem Zusammenhang sollte auch die „Vorbildvariante“ der

Industriestaaten erwähnt werden. In Schwellenländern wie Indien oder China werden

Fastfood und Fertigmahlzeiten immer beliebter. Im indischen Mumbai beispielsweise

lassen sich täglich 200.000 Kunden das Curry an den Arbeitsplatz liefern.376

Die Ausblendung des gesellschaftlichen Mehrwerts von Nahrung wie auch der

Produktionsmethoden der Nahrung betont allein den funktionalen Aspekt. „Functional

Food“ - mit Zusatzstoffen wie Heilkräutern, Vitaminen, Mineralien versetzt – steigern

diesen Aspekt. Da der Erfolg von Bio sich unter anderem auf den Anti-Aging-Trend der

90er Jahre zurückfahren kann, muß in diesem Zusammenhang bemerkt werden, dass

der Konsum der angesprochenen Konsumententypen Zwecke mit bestimmten Mitteln

verfolgt, die durchaus substituierbar sind. Gesundheit, Krankheitsprävention oder

Genuss und sogar ethischen Mehrwert versprechen auch andere existente wie sich

abzeichnende Label, beispielsweise „functional food“, „CO2-frei“ (Emissionshandel)

oder „Invitro“. Sie könnten Bio „ersetzen“, damit aber auch den gesellschaftlichen und

natürlichen Mehrwert einer ökologischen Landwirtschaft.

Im Frühjahr 2008 fand beispielsweise die weltweit erste Konferenz zum Thema „In Vitro

Meat“ – Laborfleisch – statt. Die Forscher prognostizieren, dass der Konsument in fünf

bis zehn Jahren künstlich hergestelltes Hackfleisch, Chicken Nuggets und Leberwurst

aus „Gewebezüchtung“ kaufen kann. Aus einer tierischen Stammzelle können schon

heute in einer Nährschale Muskelzellen und wachstumsfähiges Gewebe gezüchtet

werden. Anfänglich dünne Muskelfasern kann man durch leichte Stromstösse

"trainieren" und zu dickeren Fasern heranwachsen lassen. Der nächste Schritt, und

daran bastelt man gerade, ist die Nährstoffversorgung mehrschichtiger Fasergebilde

und die Kombination von Muskel- und Fettgewebe. Aus einer einzigen Zelle könnte man

den weltweiten Fleischbedarf für ein ganzes Jahr herstellen, mit vorteilhaften

Auswirkungen auf Tierschutz, Reduzierung von Bodenbelastung und Wasserverbrauch,

374 Kreimer 2006, S. 32 375 CC 05, S. 36 376 Diese aus ernährungswissenschaftlicher Sicht verhängnisvolle Entwicklung (so Proell 2008), die als „Wandel im Ernährungsverhalten“ (nutrition transition) bezeichnet wird, führt weltweit zu einem dramatischen Anstieg von Übergewicht und damit einhergehenden Erkrankungen.

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denn für die Produktion von 100 Gramm Rindfleisch werden aktuell 7000 Liter Wasser

verbraucht.377 Unbestreitbar sind dies immense Vorteile,378 ganz zu Schweigen vom

„Mythos der Reinheit“. Die mögliche Zukunft beschreibt Matthias Horx dann so: „Überall

wird es geheime Restaurants geben, in denen man geschlachtete Tiere essen kann –

zu horrenden Preisen, manchmal mit Ekelgefühlen, aber welch ein verbotener

Genuss.“379

Gesundheit hat aber nicht nur etwas mit den Inhaltsstoffen der Ernährung, mit

individuell-körperlicher Gesundheit zu tun. Gesundheitliche Belastungen werden

zunehmend ausgemacht in beginnendem Klimawandel, ansteigender Lärmkulisse,

Bewegungsarmut und Wasserverunreinigung ausgemacht.380 Dazu kommen vom

Lebensstil abhängige Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Karies, Krebs,

Diabetes und Adipositas, letzteres insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. „Stress-

Coping“-Krankheitsmodelle, Borderline, Schizophrenie, „Burn-out“-Symptome und

posttraumatische Belastungsstörungen sind nur einige Nennungen aus den rapide

anwachsenden zivilisatorischen und psychosomatischen Erkrankungen.381 Nach

Analyse des Fehlzeiten-Reports, der vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO)

und der Universität Bielefeld herausgegeben wird, stieg die Zahl der Fälle mit

psychischen Krankheiten seit 1996 um knapp 84%, wobei besonders Frauen betroffen

sind. In der Rangliste der Männer nehmen psychische Gebrechen Platz sechs ein, in

377 Vgl. http://www.taz.de/1/zukunft/wissen/artikel/1/schoenes-neues-steak/?src=MC&cHash=047afb910e 378 Bei einer Milliardenbevölkerung wie in Indien können schon relativ kleine Änderungen der Gewohnheiten auf individueller Ebene erhebliche Folgen für die Lebensmittelwirtschaft haben. So wird in Indien der Einfluss hinduistischer Ernährungsregeln schwächer, immer mehr Menschen entscheiden sich für eine zumindest nicht mehr streng vegetarische Lebensweise. Moderne Inder können sich der Verführungskraft preisgünstiger Chicken Tandooris an vielen Straßenecken auf Dauer offensichtlich nur schwer entziehen. Selbst der Verzehr von Rindfleisch nimmt zu – im Hinduismus ein absolutes Tabu. Vgl. Proell 2008 379 Horx 2002, S. 52. Da mit dem Mythos der Reinheit von „Invitro“ aber auch Anforderungen an die Gesundheit und „das gute Gefühl“ beim Verzehr steigen, könnte diese Fleisch zumindest aus der Bio-Produktion stammen. 380 Jeder einzelne Bundesbürger gab 2006 laut Statistischem Bundesamt mehr als 3000 Euro für Arztrechnungen, Krankenhauskosten, Medikamente und Pflegdienste aus - Tendenz steigend. Zum umfassenden „Empowerment“ des Individuums gehört dann auch die (aus Kostengründen) staatlich initiierte Emanzipation von der Macht des (staatlichen) medizinischen Apparates. Der Einzelne ist aufgefordert, sich jenseits von Umwelt- und Arbeitsbedingungen seiner eigenen genetischen Risiken bewusst zu werden und eine entsprechende Lebensführung zu pflegen. 381 Die Posttraumatische Belastungsstörung (Abk.: PTBS; engl.: Post-traumatic Stress Disorder, Abk.: PTSD) entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. PTBS wurde und wird bisher hauptsächlich aufgrund von Kriegstraumata diagnostiziert.

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der Rangliste der Frauen bereits Platz drei.382 Da kann es nicht verwundern, dass die

Gesundheitsbranche Arbeitgeber Nummer eins in Deutschland ist.

„Health is created by caring for oneself and others, by being able to take decisions and

have control over one's life circumstances“, so die Ottawa Charter for Health Promotion

der WHO. Selbstbestimmung, Identitätsmanagement wie körperliches Wohlbefinden

bilden sozusagen eine ganzheitliche Gesundheits-Trias. Dementsprechend geht das

„salutogenetische Modell“ des Soziologen Aaron Antonovsky davon aus, dass

Menschen auf belastende Lebenssituationen (Stressoren) nur organismisch-

konstitutionell (gutes Immunsystem), materiell (Geld, Arbeit, Wohnung), kognitiv

(„symbolisches Kapital“ wie Intelligenz, Wissen und Bildung) oder emotional

(Identitätsmanagement, soziale Unterstützung, zwischenmenschliche Beziehungen)

reagieren können.383 Für einen ganzheitlichen Gesundheitsbegriff braucht man geistig-

seelische Komponenten und von innen kommende, intrinsische Motivation. Gesundheit

hängt mit innovativer Kraft zusammen, im Sinne Edisons, für den eine Innovation nichts

anderes war, als die Realität aus einer anderen Perspektive zu sehen.384 Damit aber

gibt es durchaus jenseits der (verbraucherpolitisch nachvollziehbaren aber bürokratisch

überregulierenden) Health-Claims VO385 für die mit dem ökologischen Landbau

verbundene Wertschöpfungskette Möglichkeiten, umfassend und ganzheitlich auf

Gesundheit zu rekurrieren.386

Individuen werden in der Zukunft aufgrund ihrer mannigfaltigen Bindungen und

Situationen weit mehr ein gelingendes Identitätsmanagement, intrinsische Zufriedenheit

brauchen, was die vom Shanghaier Verkehrsnetz inspirierte „Trend Map“ des US-

Zukunftsforschers Richard Watson durch die maßgeblichen fünf Trendrubriken belegt:

382 Vgl. http://www.heise.de/tp/blogs/3/120653 383 Keupp 2008, S. 19ff. 384 In Kotler 2005, S. 108 385 Detlev Groß, Geschäftsführer und Bereichsleiter „Recht, Wettbewerb, Verbraucher- und Umweltpolitik“ des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels, sieht zudem in der Health-Claim VO Zielkonflikte zwischen Verbraucherschutz und Innovationskraft enthalten. Durch zu viele Grauzonen seien Streitpunkte vorprogrammiert, zudem stellt die VO eine besondere Belastung für den Mittelstand und die KMU dar, was auch „Abmahnvereinen“ neue Spielwiesen bescheren könnte. Vgl. Groß 2008 386 Erstaunlich ist in diesem Kontext und angesichts der Verortung der IFOAM-Leitwerte im fundierten Wertekreis, dass eine in Zusammenarbeit der Uni Siegen mit der IFOAM gestartete Image Kampagne Öko/Bio und damit die IFOAM zwischen Wellness, Urlaub, Freizeit, Familie, Freunde, Gesundheit und Körperbewusstsein positionieren möchte – in der Hauptsache Werte, die nicht den Leitwerten der IFOAM entsprechen, nicht mal dem Wertesektor, ja gar als hedonistisch-stimulative Werthaltungen diametral entgegengesetzt sind. Vgl. UniSiegen/IFOAM 2008

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Virtual worlds, Digitalisation, Globalisation, Ageing, Anxiety.387 Natürlich ist Zukunft

evolutionär offen und nicht determiniert, so dass auch in der Trendmap Trends

zusammen mit Gegentrends gedacht und sich insofern paradoxe Konstellationen

ergeben. Die Trendrubrik „Angst“ ist angesichts der Erosion vieler

„Selbstverständlichkeiten“ in einer globalen Welt und den damit verbundenen

identitären Verunsicherungen nicht ganz von der Hand zu weisen. Das

verplausibilisieren bereits die vielen paradoxen Entwicklungsstränge.

387 http://www.nowandnext.com/PDF/trend_blend_2008_map.pdf

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1. Weltmarkt der fraktalen Märkte

a. Single global currency, Industry convergence, End of low-cost inputs,

Economic Recession, Food inflation, Corporate Power

b. Personalisation, attention Economy, Shortage of talent, Private currencies,

Deregulation, p2p lending, digital money, Polarisation of markets,

Monolines, Industrial provenance, Enterprise 2.0, Speeding-up

2. Globalregierung der Regionen und Tribalisierunge n

a. Global voting, Device Convergence, Immigration

b. Re-localisation, Mobile devices, NGO Power, Public-private partnerships,

Anti-incumbent elections, Urbanisation, Xenophobia, Tribalism,

Nationalism

3. Gemeinschaft der Individuen

a. Boomerang kids, Power shifts eastwards, Chime liquidity, chines liquidity,

death of cash, social networks, web 2.0, Physiological Neoteny,

Rhythm&Balance, extended financial families, blended families, same sex

couples

b. Individualism, Labour migration, Female chauvinism, declining fertility,

single person households, fragmented families, middle class unrest,

downshifting

3.1. Die „eine Welt“ der Milliarden Welten

c. The Environment; Climate Flux

d. Fantasy&Escape, Prediction markets, Voter antipathy, Nostalgia,

Celebrity politicians

3.2. Mensch/Technik-Symbiose als Form „neuer Einfa chheit“

e. Nanotech, Biotech, Genetic Engineering, ubiquitous connectivity,

Geospatial web, Embedded intelligence, Artifical intelligence, RFID, too

much information, Aggretion, Reality mining, Humans 2.0,

Techophobia, networked risk

f. Simplicity, VOIP, 3-D-printers, data visualisation, Robotics, Wireless,

place shifting, time shifting, Online video, Artifical body parts, virtual

protest

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Für Matthias Horx und etliche andere Zukunftsforscher ist „Asien“ ein Megatrend der

nächsten Jahrzehnte.388 China wird dabei eine besondere Rolle spielen. In China ist

das Wort für Krise „weiji“ – die „gefahrvolle Chance“.389 Gemeinsam mit „te se“ –

besondere Farbe, ein Lieblingsausdruck von Deng Xiaoping – meint dies eine generelle

Offenheit für Neues, das aber immer unter Berücksichtigung chinesischer Einfärbung

rezipiert und implantiert werden sollte.390 Dieses Denken findet sich bereits in den in

China äußert populären Strategemen (sanshiliu ji) des General Tan Daoji aus dem 5.

Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, zum Beispiel im Strategem Nr. 16 „Will man

fangen, muss man zunächst loslassen“ wie auch im Strategem Nr. 30 „Gast und

Gastgeber sollen die Plätze tauschen“.391 Identität im Wandel – und damit das

asiatische Beziehungs-Konzept392 – wie auch Wandel der Identität – was eher dem

westlich-individualistischen Ansatz entspricht – lassen sich vereinen.

Diese beiden Charakterisierungen im Umgang mit Identität treffen auch auf die dem

„Eco-Heritage“ nahestehenden Konsumententypen zu, den postmateriellen „Eco-Flux“ –

eine Kombination der Food-Typen „Postmaterielle“ und „Experimentelle“ - wie auch den

relationalen „Eco-Bind“ – eine Kombination der von „Mutter-Regional-Küche“ mit den

„Anspruchslosen“. Selbstverständlich finden sich diese Haltungen nicht nur am „Point of

Purchase“, sondern über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg.

388 Horx 1996, S. 156 389 Weggel 1999, S. 40 390 Weggel 1999, S. 31 391 Vgl. Senger 1996, S. 22ff. 392 In Asien ist noch das „Wir“ in der Familie oder in der gesellschaftlichen Zelle „danwei“, die Pflichten des Einzelnen und statt Konflikt der Konsens tonangebend.

Eco-Flux

Eco-Bind BIO (Heritage)

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3.2. Der Eco-Bind – stetige Identität im Wandel

Für die hier situierten Wertehaltungen stellvertretend die Aussage des

Zukunftswissenschaftlers Horst Opaschowski: „In unserer sogenannten

»Multioptionsgesellschaft« regieren doch Austauschbarkeit, Beliebigkeit, Rastlosigkeit,

Maßlosigkeit und zunehmend auch Bindungslosigkeit. Soziale Sicherheit, soziale

Gerechtigkeit und soziale Verantwortlichkeit drohen auf der Strecke zu bleiben.“393

Radikale Enttraditionalisierung der Lebensformen verstärkt den Wunsch nach Klarheit,

Überschaubarkeit, Einfachheit.394 Dementsprechend wachsen Bedürfnisse wie

„Aufgehobensein in einer Gemeinschaft, die dem Ich Selbstwert und Stärke

vermittelt,395 oder jenes der „nachgeahmten Substantialität“, deren Unbefragtheit und

Unverfügbarkeit jene Sicherheit zurückgeben sollen, die der „aufgeklärte Wahn freier

Selbstbestimmung“396 einst genommen hatte. Die Deutschen suchen beispielsweise

nach wie vor Heimat und Zugehörigkeit im engen sozialen Kreis, wünschen sich

Sicherheit und Stabilität. Doch, wie Sinus Sociovision bestätigt:397 Während in den

letzten Jahren der Rückzug in den Inner Circle dominierte, werden nun vorsichtige

Entwicklungs- und Eroberungsstrategien sichtbar.398

Soziale Verhältnisse von starker personaler Differenziertheit und Individualisierung

gestatten und fordern stattdessen das Geheimnis und umgekehrt trägt und steigert das

Geheimnis solche Differenziertheit.399 In einer vermeintlich entzauberten Welt400 hat das

Geheime wieder Konjunktur, denn „was wir bis auf den letzten Grund deutlich

durchschauen, zeigt uns eben damit die Grenze seines Reizes, und verbietet der

393 Opaschowski 2004, S. 380 394 Der Soziologe Ronald Hitzler bezeichnet dies etwas provokant als „moralische Omnipräsenz von technophoben Jammergemeinschaften, therapeutischen Selbstsuchern und ideologischen Heilsfindern, professionellen Benachteiligungssprechern und emanzipativen Klagevirtuosen, die sich in immer neuen Einspruchs- und Verhinderungskoaltitionen zu punktuellen und situativen Widerständen gruppieren.“ Hitzler/Koenen 1994, S. 450 395 Keupp 1994, S. 341 396 So der Münchner Soziologe Elmar Konen in Hitzler/Koenen 1994, S. 456 397 http://www.sinus-sociovision.de/Download/Management-Summary_Sinus-Trendreport-2008.pdf 398 Marlboro, zum Beispiel, hat in diesen Milieus schon immer punkten können, denn die Marke kommuniziert domestizierte und kontrollierte Genuß-Freiheiten in einem weitgehend reglementierten und konservativen Alltag; vgl. Grünewald 2006, S. 4 399 Simmel 1999, S. 410 400 Weber 1980, S. 308

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Phantasie, ihre Möglichkeiten darin zu weben, für deren Verlust keine Wirklichkeit uns

entschädigen kann.“401

So wird die Natur aktuell neu entdeckt, als etwas Unvertrautes, beispielsweise als

Quelle der Spiritualität. Das Geheimnis soll dabei nicht bis ins Molekül ergründet

werden, denn damit stirbt es. Natur als das, was »webt und strebt«.402 Das Geheimnis

als kultureller Prozess „bietet sozusagen die Möglichkeit einer zweiten Welt neben der

offenbaren […] Die geschichtliche Entwicklung der Gesellschaft ist in vielen Teilen

dadurch bezeichnet, dass früher Offenbares in den Schutz des Geheimnisses tritt, und

dass umgekehrt früher Geheimes dieses Schutzes entbehren kann und sich

offenbart.“403

Zum „Geheimnisvollen“ der Gegenwart gehört – den Werthaltungen der Eco-Bind

entsprechend - das „Cocooning“, in dem das „Unbehagen an der Moderne“, das sich an

glatten, kühlen, technologischen Umwelten manifestiert, ins Privatissimum gezogen

wird. Hier können „High-Tech“ wie „High-Touch“ in vertrauter, warmer Atmosphäre

integriert werden und die Formen virtueller Körperlosigkeit sich wie von selbst mit

traditionell-religiösen Vorstellungen inkludieren.404

Der Weg zu mehr Körperlosigkeit und Virtualität wird dabei von immer

bedeutungsvolleren anderen „virtuellen Arealen“ – Werte, Ethiken, Moral, Gefühle,

Emotionen – begleitet. Hier finden sich so genannte „Geschützte Werte“, die – so die

Schweizer Psychologin Carmen Tanner - von einer Gemeinschaft als absolut gesehen

und deshalb nicht geopfert und gegen andere Werte eingetauscht werden dürfen.405

Man geht von einer zeitunabhängigen Welt absoluter, erkennbarer Ideen und Werte

aus. Personen mit Geschützten Werten reagieren weniger sensibel auf kontextuelle

401 Simmel 1999, S. 404. Der zunehmende Voyeurismus entspringt ebenso dem Interesse an einem Geheimnis. 402 Heidegger 2001, S. 70 403 Simmel 1999, S. 406 404 Zeitgemäß kann sich hier das „Empyreum“ in einem säkularen, technologisch akzeptierten Format der Körperlosigkeit finden, vgl. Wertheim 2002, S. 26. John Perry Barlow, Internetpionier und Begründer der „Electronic Frontier Foundation“, schreibt beispielsweise über den „Cyberspace“: „Ours is a world that is both everywhere and nowhere, but it is not where bodies live. We are creating a world that all may enter without privilege or prejudice accorded by race, Economic power, military force, or station of birth. We are creating a world where anyone, anywhere may express his or her beliefs, no matter how singular, without fear of being coerced into silence or conformity.” So Barlow 1996 405 Tanner 2008, S. 172

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Veränderungen, behalten ihr auf den geschützten Werten basierendes Handeln bei,

selbst wenn damit höhere Kosten verbunden und die Aussicht auf Erfolg minimal ist.406

Beispiele für diese geschützten Werte finden sich in Tradition, Religion und

Raumstruktur. Als Beispiel für Haltungen aus diesem Spektrum steht die Stimme eines

biologisch-dynamischen Hoferben: „„Ich stand in einer doppelten Tradition, was ein

Doppelpack war für mich als Mensch. Und zwar, in der Landwirtschaft... geboren zu

sein, einen Hof übernehmen zu müssen, im Grunde ohne dass die Eltern sagen: du

musst. Aber es ist einfach eine gewisse Verpflichtung, wenn man da aufgewachsen

ist... Da sein Eigenes darin zu finden, ist unglaublich schwer... Ich hätte was anderes

lernen können, selbstverständlich wollt ich das auch, aber die Bindung war zu stark...

Und dann biologisch-dynamisch. Das heißt Kollegen, die umgestellt haben in dieser

Zeit, die haben diesen Bruch geleistet.”407

Hier finden sich also Grundhaltungen, die sich eingebunden wissen in eine

Schöpfungsordnung: „Bäuerliche Menschen sind »verwurzelt im Glauben« und im

»christlich gelebten und gewachsenen Brauchtum« […] Bäuerliche Grundhaltung

entsteht aus der Begegnung und dem Umgang mit dem Lebendigen“.408

Das Lebendige findet sich im Einzugs- und Wirtschaftsbereich des Landwirts, in der

Region, in der der Landwirt verwurzelt ist. Regionalität steht dann für „Übersichtlichkeit,

Klarheit, Geborgenheit und menschliche Wärme, das »Große« [dagegen für]

Unübersichtlichkeit, Verwirrung, Entfremdung und Kältetod der Gefühle […] Das

Kleinumhegte wird aber zugleich als Hort der Natürlichkeit im Gegensatz zu

babylonischer Verkünstelung Garant der Stabilität im Kontrast zu rastloser Mobilität, als

Bollwerk der »neuen« Genügsamkeit im Widerstreit zur wachstumstrunkenen

Begehrlichkeit, der inneren Triebfeder der Industrie- und Konsumkultur, interpretiert. Vor

allem aber wird es im Zeichen jener Vorstellung von Mitte und Maß gesehen, der das

abendländische Denken stets einen so hohen Rang zuerkannte und die in der

Auseinandersetzung mit der – von einer wachsenden Anzahl von Menschen als totalitär

empfundenen – Industriekultur im Gewande eines »ökologischen Humanismus« aufs

neue epochale Bedeutung zu gewinnen scheint,“ so der Münchner Rechts- und

406 Tanner 2008, S. 186 407 In Schick 2009, S. 366 408 Haberger 2007, S. 5

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Politikwissenschaftler Peter-Cornelius Mayer-Tasch. 409 Vertrautheit bringt also auch

Vertrauen hervor. 410

Die „Korrelation von geographischer Lage und soziopolitischer Ordnung“ und damit ein

spezifisches „Bedürfnis nach Gelassenheit, Ordnung, Mitte und Maß“411 hat nicht an

Bedeutung verloren. So bleibt auch die moderne Landwirtschaft bei Einsatz aller

technischen Möglichkeiten – noch – an die natürlichen Bedingungen des Standortes

gebunden, an den Raum mit seinen klimatischen und geologischen Gegebenheiten.412

Eine Vorliebe für Region und Beschränkung auf das Lebensnotwendige findet sich bei

den LOVOS, den „Lifestyle of Voluntary Simplicity“. Hier wird „Bio“ im Sinne Perrys zu

„Öko“, hier findet sich der eigentliche Kern-Support für den ökologischen Landbau, was

die Nähe der Werthaltungen der Konsumenten zu jenen des ökologischen Landbaus

belegt.

Die asketische Haltung der LOVO lässt sich bis zur Wende zum 20. Jahrhundert

zurückführen, unter anderem auf die den ökologischen Landbau prägende

Lebensreformbewegung. Das ethische Leitkonzept der „Freiwilligen Einfachheit“ wurde

von Richard Gregg 1936 formuliert und zielt auf die Steigerung von Lebensqualität

durch materielle Reduktion des Lebensstandards ab. Den LOVO bewegt der Wunsch

nach mehr Zeit für die Familie, Abbau von Stress, materieller Übersättigung und

Medienflut und eine dadurch geprägte Vorliebe für provinzielle Regionen.413

Bio wird hier solidarisch unter dem Motto „Alles-was-Man-braucht“ wahrgenommen.

Propagiert werden Suffizienz und Maßnahmen der ökologischen Konsistenz, in der es

wie in der Natur nur weiterverwertbare Produkte gibt und keine Abfälle mehr, also

geschlossene Kreisläufe.414 Der LOVO-Lebensstil beinhaltet ergo eine

umweltbewusste, regional ausgerichtete, vielseitige, vegetabile Ernährung. Wenn

409 Vgl. Endress 2001, S. 190 410 Zygmunt Bauman (1996, 657ff.) sieht die Regionalisierung/Glokalisierung als Begleiterscheinung der Globalisierung: „Herrschaft besteht immer darin, für sich selbst ein Höchstmaß an Bewegungsfreiheit und Spielraum zu gewinnen, während man den Entscheidungsprozeß der beherrschten Seite in möglichst enge Grenzen einzwängt.“ 411 Vgl. Mayer-Tasch 1994, S. 50 und S. 79 412 Gottwald 2003/2, S. 271. Bereits Montesquieu bemerkte, dass der spezifische Gemeingeist eines Volkes sich aus Klima, Religion, Gesetzen, Staatsmaximen, Beispielen aus der Geschichte, Sitten und Lebensstil zusammensetzt. Vgl. Montesquieu 2001, S. 266ff. 413 Vgl. Horx 2002, S. 168 414 Vgl. Scherhorn 2008, S. 3ff.

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Fleisch und Wurstwaren konsumiert werden, ist artgerechte und umweltbewusste

Haltung Bedingung.415

In das Spektrum des LOVO passt wohl auch der weit verbreitete Klassiker der

Selbstversorgung für „Realisten und Träumer“, John Seymour: „Es ist verrückt, sich von

materiellen Dingen abhängig zu machen, wie es uns von der Warenwelt mit ihrer

Habsucht eingetrichtert wird. Es ist allerhöchste Zeit, sich von Dingen zu

verabschieden, die wir nicht brauchen, um einfacher und glücklicher zu leben. Gute

Nahrungsmittel, bequeme Kleidung, solide Unterkunft und Bewahrung der eigenen

Kultur – das ist alles, was zählt. Nur wenn wir gewöhnlichen Menschen die ausufernden

multinationalen Konzerne boykottieren, die unsere Erde zerstören, werden wir ein

neues Zeitalter schaffen.“416

Dementsprechend kann ein Protagonist der 70er-Jahre-Pioniere im ökologischen

Landbau anführen: „„Der Gedanke von der Landwirtschaft war bei uns eigentlich total

die Selbstversorgung. Also wir haben wirklich kaum Geld ausgegeben... Wir hatten so

die Idee von damals, dass man sehr autark wirtschaftet, sehr im Kreislauf, unabhängig.

Auszuprobieren, was kann man selbst machen auf allen Gebieten ... Ich hab auch

damals von politischen Aktivitäten nichts gehalten. Ich muss was machen, was ich für

richtig halte und wenn das für manche vorbildhaft ist, dann machen sie’s nach... Großes

Ziel war immer, dass alle umstellen.“417 Und Franz Greif, Leiter der Abteilung

Agrarpolitik, Landessoziologie und Agrarforschung der Bundesanstalt für

Agrarwirtschaft / Österreich, ergänzt im Sinne der LOVO-Haltungen selbstbewußt:

„Grundsätzlich hat ja das Prinzip, dass der Mensch in seinem Leben dem Wesentlichen

den Vorrang geben soll, mit einem Streben nach „wertbewusstem“, „wertgerechtem“,

„erfülltem“, „einfacherem“, „alternativem“ Leben viel – wenn nicht alles – gemeinsam.“418

Mit dem Typus „Klassische-Regional-Küche“ kommen wir zu einem Food-Typus, der

trotz allmählicher Involvierung in die Umwelt- und Bio-Debatte noch enormes 415 Vgl. Bierhoff 2005, S. 5 416 Seymour 2003, S. 8. Die LOVOS machen aber deutlich, dass selbst eher traditionelle, konservative Haltungen bewusst „gemacht“, „hergestellt“ werden. Es scheint hier das Diktum des amerikanischen Psychologen Gordon Allports zu gelten: „Sicher, wir folgen Konventionen der Bescheidenheit, des Anstands und der Selbstbeherrschung, und wir besitzen manche Gewohnheiten, die uns zum Teil als Spiegelbilder unserer Familie, unserer Klasse und unserer Kultur erscheinen lassen. Aber wir wissen, dass wir aus all diesem erheblich ausgewählt haben, dass wir es umformten und dass wir darüber erheblich hinausgegangen sind.“ So Allport 1974, S. 39 417 Zitiert in Schick 2009, S. 365 418 Greif 2005, S. 30

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Mobilisierungs-Potential hat. Inmitten einer unüberschaubaren Differenzierung des

Nahrungsmittelmarktes verheißt Regionalität Vertrauen und gleichzeitig Solidarität mit

den heimischen Bauern. 70 Prozent aller Haushalte – weit mehr, als sich im Typus

„Klassische-Regional-Küche“ finden - ist beim Einkauf „gesunder“ Lebensmittel die

Herkunft aus ihrer Region wichtig. Konsumenten sehnen sich nach Authentizität und

Wohlfühl-Räumen. Transparenz und Partizipation sind die Stichwörter, die kleine

Einheiten jenseits von Massentierhaltung und Flächenwirtschaft sowie nahe

Erreichbarkeit ausmachen.

Gehobene Traditionalisten und Etablierte, die in den 80er Jahren eine große

ideologische und stilistische Distanz gegen „Öko“ hatten, tragen nun in stärkerem Maße

zur Bio-Nachfrage bei. Hier gilt: Naturschutz ist Humanismus, ist Heimatschutz.

Angesichts der Bevorzugung einer klassischen Regionalküche ist erwähnenswert, dass

im Jahre 2005 ein Haushalt im Durchschnitt 440 verschiedene Lebensmittelartikel,

ausgenommen Frischeprodukte, eingekauft hat. Das sind gemessen an der Summe der

angebotenen Artikel (EAN) nicht einmal 0,3 Prozent.419 Fast 50 Prozent der 440 im

Jahre 2005 angebotenen Artikel wurden bereits im Vorjahr gekauft, die Neugier der

Kunden scheint im sensiblen Lebensmittelbereich nicht sehr ausgeprägt zu sein. Da

verwundert es nicht, das 70 Prozent aller Neuprodukte floppen, also bereits im

Folgejahr nicht mehr im Regal stehen.

Der Food-Typus „Klassische-Regional-Küche“ ist bei Nahrungsskandalen sehr

aufmerksam und ändert bei Vorliegen eines solchen sofort sein Einkaufsverhalten. Bio

steht hier explizit für Sicherheit und Verhütung von Krankheiten, insbesondere bei

sensiblen Produkten wie Baby-Nahrung. Bio erleichtert für die Angehörigen diesen

Food-Typus die Entscheidungsfindung (Komplexreduktion) bei beruflicher und privater

Doppelbelastung. Zum Typus junger Familien beziehungsweise Eltern scheint in

diesem Kontext auch ein Kommentar von Andreas Bernard im Magazin der

Süddeutschen Zeitung zu passen: „Die Begeisterung für den »grünen Lifestyle« dient in

erster Linie zur Linderung eines kollektiven Identitätskonflikts der 35-Jährigen; unter

diesem Banner soll es gelingen, die widerstreitenden Stränge der eigenen Biografie in

Einklang zu bringen, das Ich-zentrierte der Karriereexistenz und die

Verantwortungsbereitschaft des neuen Familienlebens.“420 Das harmoniert mit den

419 Vgl. CC 05, S. 13 420 Bernard 2008

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Aussagen des Münchner Organisations-Psychologen Lutz von Rosenstiel, der bereits

1998 feststellte, dass bei den akademisch qualifizierten Nachwuchskräften

umweltbezogene Werthaltungen zwar eine beachtliche Rolle spielen, selbige aber im

Zuge der beruflichen Erfahrungen und der dort sich auftuenden Zielkonflikte

absinken.421

Zu den Befürwortern der regionalen und klassischen Küche gehören auch die

quantitativ wie qualitativ im ökologischen Bewusstsein sich entwickelnden Senioren, die

längst zur Bio-Avantgarde zählen. Bis zum Jahr 2020 wird nach Berechnungen des

Statistischen Bundesamtes der Anteil der Senioren auf 45 Prozent der

Gesamtbevölkerung anwachsen.422

Wie aber interpretieren „Eco-Bind“ die Zentralwerte des ökologischen Landbaus, die

hier mit denen der „IFOAM“ gleichgesetzt werden? „Eco-Bind“ erleben die vier IFOAM

Werte 1. Ökologie, 2. Gerechtigkeit, 3. Fürsorge und 4. Gesundheit als 1. Harmonie

zwischen Mensch und Natur innerhalb einer Kulturlandschaft, 2. nach Maßgabe von

Tradition und Verdiensten innerhalb eines kohärenten, monolithischen Seinsentwurfes,

3. aktive Herstellung einer Ordnung, 4. als individuelles Wohlbefinden und

Aufgehobenheit.

421 So Rosenstiel 2003, S. 245 422 CC 05, S. 46

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3.3. Der Eco-Flux – Identität des steten Wandels

Die Hauptstütze des Bio/Öko-Konsums liegt im relativ kleinen Segment der

Postmateriellen, die sich mit Teilen des „Experimentellen“ zur Bezugsgruppe der „Eco-

Flux“ vereinigen. Nach der Sinus-Studie „Bio-Käufer in den Sinus-Milieus“ von Carsten

Wippermann sind 20% der ökologische Produkte kaufenden Haushalte für 72% aller

Ausgaben im ökologischen Produktbereich verantwortlich - es sind die Haushalte der

„Eco-Flux“.423 Das wirft Parallelen zum LOHAS-Pol „Gesundheit“ auf, der durch eine

überdurchschnittliche Konsumtätigkeit der Premium-Konsumenten ausgemacht wird.

Was aber „sind“ die „Eco-Flux“ beziehungsweise was „wird“ ein „Eco-Flux“?

Denn die Annahme einer menschlichen Natur, in der ein für allemal festgelegt sei, was

der Mensch ist und was ihm demzufolge gut tut, wird vom „Eco-Flux“

zurückgewiesen.424 Identität entsteht nicht quasi-biologisch durch Entfaltung eines

Personenkerns,425 ist nicht monolithisch, sondern nur plural möglich, ein Leben im

Übergang zwischen unterschiedlichen Lebensformen. Während universalistische

Werthaltungen von verschiedenen, räumlich getrennten Identitäten ausgehen und

daraus ethische Handlungsmaximen ableiten, geht der postmoderne „Eco-Flux“ auch

von zeitlich unterschiedenen Identitäten aus.

Sein Ziel ist die Autonomie durch spielerische Selbsterschaffung, weswegen sich für ihn

Ethik daran bemisst, „dass sie ihren Bürgern erlaubt, so privatisierend,

»irrationalistisch« und ästhetizistisch zu sein, wie sie mögen, solange sie es in der Zeit

tun, die ihnen gehört, und soweit sie anderen keinen Schaden damit zufügen und nicht

auf Ressourcen zurückgreifen, die von weniger Begünstigten gebraucht werden.“426

Dadurch aber gibt es eine Art Konvergenz zwischen Eco-Flux und ökologischen

Anschauungen, und zwar im Abrücken von Monotheismen, die sich äußern in

Herrschaft, Zentralität und Anthropozentrismus.427 Man muß sich also eigentlich gar

nicht mehr fragen, „was die Sinnbastler tun, wenn sie beginnen, aus ihrer

423 Das entspricht der im Marketing als „20:80“-Regel bekannten Theorie: 20 Prozent der Konsumenten einer Marke oder einer Produktgruppe tätigen 80 Prozent des Volumens und sorgen, unter gleich bleibenden Bedingungen, für 80 Prozent der Gewinne. Vgl. Bagozzi 2000, S. 307. Ein Szenario, dass sicher auch bestimmend ist für die Annahme, dass die Welt der Zukunft durch eine 20:80-Gesellschaft charakterisiert sein wird. 424 Schneider 2004, S. 1ff. 425 Welsch 2006, S. 171 426 Rorty 1989, S. 13 427 Vgl. Welsch 2006, S. 218

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Bastelexistenz auch politische Folgerungen zu ziehen, Forderungen abzuleiten und

(kollektive) Aktivitäten zu entwickeln, was sie also tun bei und nach ihrer Rückkehr aus

der Privatsphäre in die Gestaltungsräume des öffentlichen Lebens.“428

Sinnbastler haben wenig Zeit und haben ob ihrer immanenten Gestaltungsverpflichtung

keine feste, aber situative Ethiken. Identitäten und die von ihnen abhängigen Ethiken

sind Bestandteil einer Aushandlung und so vielgestaltig wie die Aushandlungsprozesse

selbst - im Alltag, in den Familien, in der Schule, der Universität, in der Arbeitswelt

sowie in (situativen) Initiativgruppen. Damit sind die Menschen in „moralischen

Situationen“ plötzlich mit mehr als nur einer Verpflichtung und gegebenenfalls auch

eigenen Handlungsorientierungen konfrontiert, müssen Abstufungen und Wertungen

vornehmen.429 Erst das ist dann im eigentlichen Sinne eine Entscheidungssituation,

wenn also ein Problem nicht unter Rekurs auf ein höheres Prinzip gelöst werden kann,

wie auch Heinz von Foerster überzeugend darlegt: „Wir können nur jene Fragen

entscheiden, die prinzipiell unentscheidbar sind. Warum? Schlicht deshalb, weil alle

entscheidbaren Fragen entschieden worden sind, indem ein theoretischer Rahmen

bestimmt wurde, innerhalb dessen diese Fragen gestellt wurden, und indem Regeln

festgelegt wurden, nach denen jede Aussage innerhalb dieses Rahmens (so etwa »die

Frage«) mit jeder anderen Aussage (so etwa »der Antwort«) verknüpft werden kann.“430

Zentral ist für den „Eco-Flux“ das Paradox eines unverbindlichen Verbundenseins, das

sich diesen situativen Prozessen in bestimmten Kontexten annähert. Der „Eco-Flux“ ist

ein „Kontextpartisan“, jemand, der eine „relativierende“ oder pragmatische Einstellung

zu seinem eigenen Kontext einnimmt.431 Daraus erwächst zwar „ein hohes Maß an

Toleranz und Achtung vor dem anderen sowie an Kooperationsbereitschaft und

Fairness im Umgang mit ihm, andererseits auch eine Gleichgültigkeit und Indifferenz

gegenüber allem, was nicht zu einem passt.“432

Wer sich aber sozial abheben möchte – und das möchte zuweilen der „Eco-Flux“ - hat

eine Beziehung zum Sozialen. Das Gegenteil sozial integrierender Verhaltensweisen ist

428 So Zapf 1994, S. 312 429 Vgl. Vossenkuhl 2001, S. 138 430 Foerster 1993, S. 351f. 431 So Kirsch 1999, S. 216 432 Funk 2006, S. 2f.

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soziales „Disengagement“,433 erst hier kommt es zu einer Eliminierung des

schöpferischen Potentials der Differenz, die Differenz wird spannungslos, weil keiner

der Beteiligten sich mehr an- noch abstößt.

Doch den Eco-Flux zeichnen Offenheit, Innovationsfreude, Kreativität,434 Kontaktfreude

und Verbundenheitserleben aus. Das selbstbestimmte Erzeugen von Erlebnissen oder

zumindest die Teilhabe an inszenierten Wirklichkeiten ist dem „Eco-Flux“ wichtig.435

Erlebnisse geben Raum für Neuinterpretation und tragen damit zur Identität bei.436

Stellvertretend hierfür die Stimme eines Öko-Pioniers der 70er Jahre: „Und einmal, dass

man da politisch bewusst was gemacht hat, auch gegen diesen allgemeinen Trend so

gewesen ist und nicht alles das gemacht hat, was uns vorgemacht worden ist. Sondern

wir haben versucht, was Eigenes zu entwickeln.“437

Für Identitätsmanagement und die dazu nötigen Erfahrungen/Erlebnisse nimmt sich der

„Eco-Flux“ Zeit. Er teilt mit den im nächsten Kapitel behandelten LOVOs eine Vorliebe

für „downshifting,“ also mehr Lebensqualität, gezielten Konsum, mehr Eigenzeit und

Aufmerksamkeit für emotional wichtige Dinge, kleinere Wohnungen in Innenstädten.438

Verbunden damit sind beispielsweise Jobwechsel zu kreativen Berufen oder in die

Selbständigkeit, Purismus und Minimalismus. Hier finden sich die „self-developer“, die

sachlich nicht begründete Autoritätsverhältnisse ablehnen, Arbeit als Gelegenheit

sehen, etwas Neues zu lernen, sich weiterzuentwickeln und unter Rückbezug auf die

eigene Emotionalität und Persönlichkeitsentfaltung selbiges für die Arbeit

reklamieren.439

433 Vgl. Thomae 1968, S. 319 434 Lou Andreas-Salomé schreibt über den Künstler, was auch auf den Typus des postmodernen „Eco-Flux“ zutreffen würde: „Durch zeitweiliges Zurückgenommensein in ursprünglicheren Zusammenschluß dessen, was sich uns sonst nur in Subjekt und Objekt spaltet, ist er seinem Einzelsinn und Privatsein im Schaffen enthobener als sonst irgendwo.“Andreas-Salomé 1999, S. 206 435 Funk 2005, S. 61ff. 436 Kilian 2007/2, S. 388 437 Schick 2009, S. 365 438 In diesem Kontext ist es nicht uninteressant, dass die Zahl der Single-Haushalte in Deutschland weiter wächst. Nach der Studie GfK Bevölkerungsstrukturdaten 2008 von GfK GeoMarketing bestehen schon 38 Prozent der Haushalte nur noch aus einer Person. Vgl. http://www.heise.de/tp/blogs/3/119887 439 Auch C.G. Jung hat sich mit diesem Typus unter dem Stichwort „Kindarchetypus“ beschäftigt. Ein wesentliches Merkmal des Kindmotivs ist seine Entstehung aus dem Zusammenprall der Gegensätze, aus dem der Kindarchetypus „faszinierende“, „unerkannte“ Inhalte formt, die Einheit in Vielheit schafft und als „irrationales tertium“ hervorgeht (Jung 2008, S. 123f.). Erkennbar vom Hintergrund (der Mutter) gelöst hat das Kindmotiv starken Zukunftscharakter (Vgl. Jung 2008, S. 119ff.), den Drang sich selbst und seine Identität immer neu zu verwirklichen, „denn nur die Trennung, die Loslösung und das leidensvolle In-

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Eco-Flux interessieren sich für ein Produkt, wenn es nicht ein Produkt von der Stange

ist, wenn es seinen Wandel unterstreicht und selber wandelbar ist, also auch ggf.

geleast werden kann.440 Eco-Flux lassen sich Exklusivität nicht mehr fertig verkaufen,

zudem sprengt er „Regeln“ durch exotische Produktverwendung.

Im „Eco-Flux“ findet der ökologische Landbau daher einen „natürlichen“ Verbündeten

gegen die Reduzierung der Vielfalt des Lebens auf einige nützliche Formen441 sowie die

Kreierung von duplizierbaren Chimären, was ja „Stummelindividualitäten“ (Gottfried

Benn) zur Folge haben müsste. Vielfalt ist attraktiv. Allein die Möglichkeit, eine Wahl zu

haben, gilt als hohes Gut, denn das bedeutet, selbständig autonome Entscheidungen

treffen zu können. Dementsprechend gilt auch nach Maßgabe des von Heinz von

Foerster – Biophysiker und Kybernetiker - formulierten (KybernEthischen) Prinzips:

„Handle stets so, dass die Anzahl der Möglichkeiten wächst.“442 Freiheit - und Glück -

lassen sich nur dort finden, wo das Ergreifen bestimmter Möglichkeiten stets noch einen

unausschöpfbaren Rest bestehen lässt, der sich der Uniformierung und Monokausalität

entzieht. „Aktivieren wir die Differenzen, retten wir die Differenzen“,443 so der

französische Philosoph Jean-Francois Lyotard, retten wir das Eigenartige und

Eigentümliche, das Einzigartige.

Rhizomartige Verbindungen, Leben als Leben im Übergang, könnten durchaus einer

Agrarkultur Vorschub leisten, die sich nicht korsettiert, sich für fehlerfreundliche

Gegensatz-Gestelltsein, kann Bewusstsein und Erkenntnis zeugen.“ (Jung 2008, S. 127). Da passt der mythologische Odysseus, dessen Er-Fahrung zu einem Codewort unserer Zeit geworden ist. 440 Tausch oder Leasing eines Lebensmittels ist natürlich zunächst gar nicht denkbar, aber die Wandelbarkeit eines Lebensmittels ist ja die Grundannahme der Küche und der Köche. 441 Wie die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung mitteilt, nimmt die genetische Vielfalt in der Landwirtschaft in Form der genutzten Tierrassen und Pflanzensorten infolge zunehmender Industrialisierung der Landwirtschaft und als Folge von Konzentrationseffekten weltweit rapide ab. Wenige moderne, auf hohe Erträge gezüchtete Sorten und Rassen verdrängen die alten Kulturarten, Landsorten und –rassen. So werden heute über 50 % der für die menschliche Ernährung weltweit benötigten Nahrungsenergie aus lediglich drei Pflanzenarten (Mais, Reis, Weizen) erzeugt. Laut der Welternährungsorganisation (FAO) sind 7.616 Tierrassen weltweit gemeldet, davon werden rund 20% als gefährdet eingestuft, von über 30% liegen keinerlei Populationsdaten vor. In Bereichen, in denen ausschließlich Wildformen genutzt werden, wie z. B. in der Küsten und Hochseefischerei, ist eine genetische Einengung und Gefährdung von Beständen auf andere Ursachen, wie z. B. Überfischung oder bestimmte Fangtechniken, zurückzuführen. Bei Forstpflanzen, Wildtieren und Fischen führen zudem schädliche Umweltveränderungen wie z .B. überhöhte Nähr- und Schadstoffeinträge, Verlust und Zerschneidung von Lebensräumen durch Siedlung, Straßen und Wasserbaumaßnahmen zum Rückgang genetischer Vielfalt. In Deutschland sind aktuell rd. 40 % der wild lebenden Tierarten, ca. 30 % der Farn und Blütenpflanzen und etwa 70 % der Lebensräume (Biotoptypen) gefährdet. Vgl. http://www.genres.de/CF/genres/ibv/downloads/faktenblaetter/faktenblatt_agrobiodiversitaet_de.pdf 442 Foerster 1993, S. 49 443 Lyotard 1990, S. 48

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Umwelten einsetzt und die den sachlich wie räumlich diversifizierten Lösungen Vorrang

einräumt.444 Einer Agrarkultur der Erhaltung natürlicher Empfindungs- und

Erfahrungswelten und damit derjenigen Vielfalt, aus der sich erst Letztwerte und

Identitäten elevatorisch ableiten lassen.

Wie aber interpretieren „Eco-Flux“ die Zentralwerte des ökologischen Landbaus, die

hier mit denen der „IFOAM“ gleichgesetzt werden? „Eco-Flux“ deuten 1. Ökologie, 2.

Gerechtigkeit, 3. Fürsorge und 4. Gesundheit als 1. Vielfalt der Lebensentwürfe (sowohl

räumlich, also zu gleicher Zeit; wie auch zeitlich, im selben Raum, aber chronologisch

nacheinander), 2. Selbstbestimmung für alle, 3. zwischen Toleranz und Desinteresse, 4.

aktives Identitätsmanagement, orientiert an Um- und Mitwelten und Wandel.

Dreiviertel aller postmateriellen „Eco-Flux“ praktizieren zwar einen Bio-Lebensstil,

dennoch würden sich weniger als Ökologen denn als intellektuelle und kulturelle

Avantgarde bezeichnen. Sie sind die kritischen Begleiter des sozialen, technologischen

und globalen Wandels,445 schätzen Bio als eine Art Präventivtechnologie und

Gegenwelt. Die „Eco-Flux“ legen auf Vielfalt der Nahrung, aber auch auf klassische Bio-

Argumente wie Regionalität, Frische und Natürlichkeit Wert. Das Milieu der „Eco-Flux“

weist mit das größte Fachwissen über den ökologischen Landbau auf. Nicht unwichtig

für einen Markt, auf dem Trittbrettfahrer nicht zuletzt von höheren Margen am Markt

profitieren wollen und den Eindruck von ökologischer Qualität erwecken.446 Sie sind

aber auch durch ein überproportionales Markenbewusstsein charakterisiert, Bio steht

hier zuweilen durchaus in Konkurrenz zu traditionellen Markenartikeln.447

Gerade das zeichnet sich allerdings auf dem Lebensmittelmarkt ab. Der

Lebensmittelmarkt muss sich auf unterschiedlichste Konsumententypen einstellen. Er

unterliegt einem zähen Konkurrenzkampf, ist gesättigt, Sortimente und Distributeure

444 Vgl. auch hierzu Guggenberger 1986, S. 57 445 Wippermann 2005, S. 4 446 Interessant scheint nämlich eine solche Positionierung für Marken, die schon ein bio-ähnliches Image haben (!) oder aber für jene, die ein „Wahrnehmungsdefizit“ bezüglich der Reinheit, Natürlichkeit und Gesundheit ihrer Produkte haben, so mit Recht Michael Reuter von der ÖkoStrategieBeratung Berlin. Vgl. Reuter 2007. Hier entsteht auch die Grauzone zu jenen konventionellen Produkten/Anbietern, die Bio simulieren. „Naturnah“, „umweltverträglich“, „aus kontrolliertem Anbau“, „gläserne Produktion“ sind nur einige Bezeichnungen, auf die die Verbraucherzentralen in diesem Zusammenhang aufmerksam machen. Vgl. Kreimer 2006, S. 33. Wenn große Markenhersteller ökologische Produkte in ihr Sortiment aufnehmen, geht es dabei auch um das Ziel Marktanteile in gesättigten Märkten zu gewinnen. Hier kann Bio zur Emotionalisierung beitragen. 447 Vgl. Spiller 2006, S. 13

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stehen in hartem Wettbewerb.448 Diesen Kontext aufnehmend, haben wir in der

kommenden Grafik (etwas gewagt) Handelstypen und Umsatzanteile des Gesamt-Bio-

Umsatzes im Wertekreis verortet, die Zahlen stammen von Susanne Eichholz-Klein,

BBE Retail Experts449.

Das größte Vertrauen ob der Qualität und Herkunft der Lebensmittel genießen nach wie

vor Bioläden450 und Biosupermärkte. Aber laut einer Studie der Werbeagentur

Serviceplan aus dem Oktober 2008 mangelt es dem Einzelhandel an einer klaren

Positionierung.451 Der Untersuchung zufolge wünscht der Verbraucher hauptsächlich

Top-Qualität zu Top-Preisen (84 Prozent), kundenfreundliche Öffnungszeiten (59

Prozent) sowie freundliche und kompetente Mitarbeiter (41 Prozent). Faktoren wie eine

angenehme Einkaufsatmosphäre (30 Prozent), ein breites Warenangebot (21 Prozent)

oder etwa die Teilnahme an einem Bonussystem (9 Prozent) hingegen erscheinen

zweitrangig. Erscheinen.

448 Eichholz 2008 449 Eichholz (2008). Mit einem Bio-Umsatzanteil von 13% ist „tegut“ die europäische Benchmark für Bio-Erfolg im LEH. „tegut“ weist auf diesem hohen Niveau noch immer Bio-Umsatzzuwächse von über 10% auf. Vgl. Reuter 2007 450 Naturkostläden verkaufen beispielsweise Produkte aus ökologischer Landwirtschaft (Naturkost) und umweltfreundlicher Verarbeitung. Reformhäuser, die sich auf die auf die Lebensreform-Bewegung zurückführen, führen additiv Heilkräuter, pflanzliche Produkte als Ersatz für Fleisch, natürliche Kleidung und Naturheilmittel. 451 http://presse.serviceplan.de/presse/598.pdf

Page 111: BioManuskript

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Denn Marktforschung und Meinungsumfragen unterliegen der schwierigen Bedingung,

dass der Konsument seine wahren Motive und Bedürfnisse bei der Nutzung eines

Produktes oder einer Marke gar nicht artikulieren kann, denn sie sind ihm nicht

bewusst.452 Dem bewussten Formulieren eines Kaufwunsches geht immer ein

unbewusster Prozess voraus. Die menschliche Gefühlswelt wird vom limbischen

System gesteuert, welches bei der Handlungssteuerung das erste und letzte Wort hat –

Verstand und Vernunft sind nur Berater.453 Ausschlaggebend sind Erfahrungen,

Emotionen, Hoffnungen und Ängste, die unbewusst mitregieren beziehungsweise als

Werthaltungen bewusst werden können. Das heißt also, „Quantifizierungen sind

sinnlos, wenn die Kauf-Entscheidung von modifizierbaren (seelischen) Zuständen

abhängt.“454

Das gilt auch für die zentralen Kaufbarrieren bei Bioprodukten, die Achim Spiller vom

Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung Göttingen aufführt:

Preisbarriere, Echtheitszweifel, fehlende Produktkenntnisse, wahrgenommenes

Kaufrisiko, Beschaffungsschwierigkeiten, geringes Lebensmittelrisikobewusstsein,

mangelnde Akzeptanz von Eigenverantwortung, Trittbrettfahrerverhalten,

Motivationskonflikte, Habitualisierungen, mangelndes Involvement.455 Alle vorgenannten

Punkte sind abhängig von den letztgenannten. Können Habitualisierungen und

mangelndes Involvement aktiv angegangen werden, „fallen“ alle anderen

„Kaufbarrieren“. Bio wird seinen Bestand sichern und ausweiten können, wenn es sich

aus den schnelldrehenden Produkten („Fast Moving Consumer Goods“) des täglichen

Bedarfes aktiv heraus positioniert und den Hauptteil der „Most Valuable Consumers

(MVC)“ anspricht. Und damit eine Revitalisierung vorhandener Werte und Identitäten

durch kreative Konfrontation mit jenen der Schwellen-Werthaltungen einleitet.

Bereits im Jahre in der „BIOwelt 10/2006“ mahnt Henning Meyer, Herausgeber des

Standardwerkes „Marken-Management - Jahrbuch für Strategie und Praxis der

Markenführung“ unter der Überschrift „Die Zeit ist reif für starke Bio-Marken“, das nicht

452 Hier wird auch das Phänomen des impliziten Wissens, der „sticky information“ (Hippel) vakant. Grenzen der Messbarkeit bei komplexen Wirklichkeiten, die Beantwortung nach Maßgabe der „sozialen Erwünschtheit“, Response-Sets, Umgebungseinflüsse, suggestive Antwort- und Fragekategorien führen zum Teil zu Ergebnissen mangelnder Validität und Reliabilität. 453 Albrecht 2005, S. 4 454 Grünewald 2006, S. 8. Die indirekten über den Endverbraucher in Richtung Handel wirkende Kräfte wie Markenwertwert, Produktqualität und Werbung sind dabei günstiger als die teuer zu erkaufenden Push-Maßnahmen. 455 Spiller 2006, S. 16

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etwa die Stärkung von Bio als Kategorienbegriff oder strengere Zertifizierungen das

Problemfeld der Branche beschreibt.456 Nachholbedarf sieht Meyer im Bereich der

Differenzierung, des Qualitätsversprechens, der Kundenbindung und der Preispolitik. Es

sollte, so Meyer, verstärkt herausgestellt werden, dass sich die Produkte verschiedener

Anbieter jenseits des Bio-Standards substanziell unterscheiden und sich durch

individuelle Qualitäten, Eigenschaften, Besonderheiten auszeichnen.

Denn nach wie vor dominieren staatliches wie auch EU-Bio-Siegel die Wahrnehmung

beim Konsumenten - mit großem Abstand vor Bioland, Demeter, Naturland, Biokreis,

Biopark, Ecovin, Gäa, IFOAM.457 Das kann Vorteile wie Nachteile haben. Vorteil: Alle

„Untermarken“ tragen den notwendigen Markenaufwand gemeinsam, neue

„Untermarken“ lassen sich vergleichsweise leicht einführen und können am Goodwill

der „Dachmarke“ des Bio-Siegels partizipieren, kurze Produktlebenszyklen bei

einzelnen Untermarken gefährden nicht die gesamte „Dachmarke“. Aber auch die

Nachteile liegen auf der Hand: Eine klare Profilierung und damit Differenzierung ist

relativ schwer, weswegen allgemeine, unspezifische „Lagen“ vorherrschen, im Falle von

Skandalen ergeben sich Badwill-Transfereffekte auf die „Dachmarke“ und alle

„Untermarken“ insgesamt.458

Daher sieht Meyer auch zwei Jahre später, im Juli 2008, in einem erneuten Interview

mit der BIOwelt, das sich die Branche nach wie vor zu viel über das Merkmal Bio und zu

wenig über die eigene Marke – über die eigene Identität - und ihre Besonderheiten

definiere: „Aber welche Schlüsse soll ich als Konsument ziehen, wenn auf einer Bio-

Premiummarke dasselbe Zeichen klebt wie auf einem Orangensaft vom Discounter?“459

Künftig, so im selben Tenor die Strategieagentur „diffferent“, wird es am Bio-Markt nur

starke, exzellent geführte Marken geben: „Wer jetzt die Positionierungsräume für

Biomarken rechtzeitig nutzt, kann aus der Abwärtsspirale des Preiskampfes rechtzeitig

ausbrechen.“460

456 Meyer 2006 457 BSS 2006. Schon Spiller 2006, S. 14 mahnt größere Kommunikationsanstrengungen an, um bei der Informationsüberflutung der Konsumenten eine aktive Markenerinnerung zu erreichen. 458 Vgl. hierzu Haedrich 2003, S. 82 459 Meyer 2008. Das ist in etwa so, als wenn man nur über Europa spräche, aber die Identitäten der Teile vernachlässigen würde. 460 Kiock 2008

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4. Marken-Identität und Vielfalt als Marke

4.1. Eine Marke, aber bitte recht stufig…

Hier schließt unter anderem das Konzept der Marken an. Marken sind Nutzenbündel mit

materiellen und immateriellen Komponenten. Marken sind dem Konsumenten

Orientierungshilfen, fungieren als Qualitätssignal, geben Hilfestellung beim Kauf,

reduzieren also Transaktionskosten461 in Form von Komplexreduktion. Sie fungieren

zudem als soziale Visitenkarte, Werte- und Identitätskommunikator. Aus

Unternehmenssicht dienen Marken dem Differenzierungspotenzial zur Profilierung und

Verringerung von Risiken bei Markteintritt beziehungsweise Markenstretching,462

fördern die Kundenbindung und bewirken eine größere Toleranz auf

Preisveränderungen. Bei verbreiteter Nutzengleichheit differenzieren sich

Produktangebote heute fast ausschließlich über ihren symbolischen Überbau, den

Markenwert. Der Erfolg einer Marke hat drei Voraussetzungen: Erstens hat der

Verbraucher Kenntnis erhalten, zweitens hat er verstanden, dass und weshalb sich

dieses Produkt für ihn eignet, und drittens überzeugt ihn dieses Wissen soweit, dass er

das Produkt am Ende tatsächlich kauft.463

Marken können in fünf verschiedene Entwicklungsstufen eingeteilt werden.464

Erste Stufe der Markenentwicklung

Auf der ersten Stufe des Modells ist die Ware allein mit einer physischen Markierung

und einem rechtlichen Schutzrahmen ausgestattet. Als Marke wird jedes „Angebot

bezeichnet (Konsumgut, Dienstleistung, Investitionsgut), das mit einem Markennamen

und zusätzlich mit festen Markenelementen gekennzeichnet ist, das den Angehörigen

der Zielgruppe und weiterer Bezugsgruppen bekannt und mit einem ausgeprägten und

unverwechselbaren Markenbild (Image) versehen ist.“465

461 Transaktionskosten sind die Kosten für die Verhandlung, Prüfung und Durchsetzung von Vereinbarungen über Transaktionen, wobei Transaktionen Verfügungsrechte, Waren und auch Dienstleistungen umfassen können; Vgl. Willke 2001, S. 287. 462 Vgl. Zimmermann 2001, S. 9 463 Hellmann 2007, S. 2 464 Vgl. zu der hier vorgenommenen Einteilung Zimmermann 2001, S. 16ff. 465 Haedrich 2003, S. 18

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Die Marke ist Markierung und offenbart als Grenze eine Differenz, die sie aus der

amorphen Masse heraushebt. Grenzen stellen Kriterien auf, die Personen, Dinge und

Ereignisse als das, wozu sie erst durch die Grenze werden, zu bezeichnen vermag,

indem sie entweder der einen oder der anderen Seite einer Grenze zugeordnet werden

können. Sie führen neben den beiden Seiten der Unterscheidung über eine Figur des

Übergangs von der einen auf die andere Seite: „Wer Grenzen zieht, beschwört eine

Phantasmagorie der Mobilität, des Auftauchens und Verschwindens, des Verlusts und

der Ansteckung“466 – eine Erfahrung des Grenzgängers, der sowohl hüben wie drüben

das Vertraute wie auch das Fremde erblickt. Die Markierung – Name, Schriftzug, Logo,

Slogan, Farbe, Verpackung, Melodie etc. – dient auf der einen Seite als

Herkunftsangabe oder „Senderprofil“, auf der Seite des Empfängers als Qualitätssiegel

(Unterscheidungs- und Identifizierungsfunktion467).

So ist die Markenidentität als die eine Seite - die Unternehmensseite - der Marke „die

außengerichtete Kommunikation des Markennutzenversprechens im Sinne einer Soll-

Positionierung und die innengerichtete Umsetzung und finale Einlösung dieses

Versprechens durch ein adäquates Verhalten aller an der Erbringung von

Markenleistung beteiligten Personen.“468 Markenidentität setzt sich zusammen aus

Markenherkunft (regional, kulturell, institutionell), Markenführungskompetenz

(Ressourcen, Wissen), Markenvision (langfristige, strategische Unternehmensziele),

Markenwerten (Grundüberzeugungen, Emotionen), Markenpersönlichkeit (menschliche

Merkmale, die die Marke beseelen) und Markenleistung (funktionaler und symbolischer

Kundennutzen).469

Das Markenimage hingegen ist die andere Seite der Marke, die dem Konsumenten

gehörige Seite, verbunden mit den dazugehörigen verschiedenen Markenassoziationen

wie Eigenschaften, Nutzen und Einstellungen.470 Im wechselseitigen Verhältnis von

Unternehmen und Konsument, Markenidentität wie auch –image, bilden sich Marken

und ihre spezifischen Eigenschaften heraus.

466 Baecker 2007, S. 159 467 Hellmann 2003, S. 127 468 Burmann 2007, S. 4 469 Burmann 2007, S. 5ff. 470 Konsumenten beurteilen die Leistungsbündel einer Marke beispielsweise als Mittel („Means“), um wünschenswerte Ziele („Ends“) und Werte zu realisieren („Means-End-Theorie“).

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Die einfache Form des „Handelns“ 471 – besser: des einer Routine unterliegenden,

habitualisierten Handelns – beherrscht den Konsumvorgang bei alltäglichen Produkten,

denn das sich selbst regulierende psychische System strebt nach kortikaler

Entlastung.472 Subkortikale Speicher- und Verarbeitungsinstanzen weisen

Deutungsmuster auf, die in Form von brain-scripts gespeichert sind, und die in der

Regel automatisiert aufgesucht werden. Sind brain-scripts nicht vorhanden, wird der

Verstand eingeschaltet in Form von Handlungsorientierungen und

Orientierungsmustern.473 Eine typische Handlungsorientierung wäre „Vergleiche beim

Einkauf immer in der Leistung gleiche Produkte und wähle das Billigste“. Das

dazugehörige, abstrakte Orientierungsmuster hieße dann „Erinnere: kostenbewußt

Leben!“. Abstufungen lassen sich dann vornehmen ausgehend von 1. alltäglichem

Handeln nach dem Motto „Und immer so weiter..“, 2. Handlungen, die das Ergebnis

expliziter Reflexion sind („Taktik“), 3. Handlungen als Ausfluss jüngerer

Orientierungsmuster, die wiederum Ergebnis mehrerer generalisierter Handlungen sind

(„Strategie“) und 4. dem „außeralltäglichen“ Handeln in/vor/nach einem

Ausnahmezustand.474

Die Lebensmittel des täglichen Bedarfs, Fast Moving Consumer Products, gehören

daher meist zur ersten Stufe der Markenentwicklung, haben ein eher geringes

Involvement, was zur Folge hat, dass Informationen nur mit erheblichen

Einschränkungen aufgenommen und verarbeitet werden. Zudem steigern

Variantenexplosionen wie auch immer ähnlicher werdende Produkt- und

Leistungsprogramme verschiedener Hersteller sowohl Wettbewerbsintensität wie

Preiswettbewerb.475 Damit reduzieren sich für den Konsumenten die „Wechselkosten“

bei vergleichbarer Qualität „konventioneller“ Lebensmittel.

471 Bagozzi 2000, S. 667ff. 472 Gutjahr 2005, S. 10 473 Kirsch 2001, S. 70 474 Wobei ein Ausnahmezustand auch zum Dauerstand durch ewiges Andauern werden kann, Stichwort „Kairos“ etc. 475 Jäger 2004, S. 216

Page 116: BioManuskript

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Zweite Stufe der Markenentwicklung

Auf der nächsthöheren Entwicklungsstufe spricht man von einem Markenartikel, der

sich durch Überdurchschnittlichkeit in Qualität, Preisniveau, Bekanntheitsgrad (90%),

Anerkennung, Verbreitung, Distributionsquote (80% im relevanten Handel) auszeichnet.

Marken und ihre Identitäten werden hier also erstmals mit relativ andauernder

Aufmerksamkeit bedacht.

Das entlastet den Käufer von der Notwendigkeit eines ausgedehnten Produktvergleichs

(Entlastungs- und Orientierungsfunktion). Auf dieser Stufe dominiert funktionelles

Interesse beziehungsweise „Involvement“, also binäre „Sachprogramme“, die beim

Einkauf zwischen Qualität und Nicht-Qualität differenzieren.476 Hier wird von der Marke

ein „Mehr“ an Problemlösung erwartet, ein höherer funktionaler Produktnutzen - etwa

durch technologische Überlegenheit, hohe Langlebigkeit, Verlässlichkeit, ein sehr gutes

Preis-Leistungsverhältnis.

476 Hellmann 2003, S. 304f.

Page 117: BioManuskript

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Nach dem Elaboration-Likelihood Modell (ELM) werden auf dieser Stufe Einstellungen

zur Marke auf der Basis von Argumenten und Informationen gebildet.477 Bei

funktionalen Marken ist das wahrscheinlichste Reaktionsmuster auf eine Botschaft also

jene des „Lernens“478 – was sich als Informations- und Bewertungsprozess bei

komplexen und teueren Produkten äußert. Hier herrscht eine höhere Bereitschaft, sich

mit dem Gegenstand zu befassen, ein hohes Involvement. Bei der Verarbeitung jeder

Botschaft aber, insbesondere bei argumentativ-funktionalen, ist die Wirkung von

Aufmerksamkeit, Verständnis, Akzeptanz, Beibehaltung der bisherigen Einstellungen

oder Übernahme der Argumente und einem daraus abgeleiteten Verhalten abhängig.479

Die „Latte“ an Voraussetzungen verdeutlicht, warum ein bestimmtes (Einkaufs-

)Verhalten durch Informationskampagnen so schwierig herbeizuführen ist.480

Dritte Stufe der Markenentwicklung

Auf der dritten Stufe der Markenentwicklung spricht man von „Positionierten Marken“.

Auf dieser Stufe differenzieren sich Marken über einen funktionalen Nutzen hinaus

durch emotionale und kognitive Wirkungen. Werte und Attribute sind von unbewußten

Emotionen, bewussten Gefühlen begleitet. Komplexe Probleme benötigen gar den

vollplastischen Blick – IQ plus EQ. Gedanken profitieren von Gefühlen, Gefühle

profitieren von Gedanken, Gefühle sind ansteckender als Gedanken. Ein

Steigerungsspiel eines der beiden Elemente hat Einseitigkeit zur Folge, beispielsweise

auf Kosten sozialer oder emotionaler Intelligenz.481

477 Vgl. Strebinger 1997, S. 4 478 Bagozzi 2000, S. 667ff. 479 Stroebe 1996, S. 260 480 Zwar könnten wiederholte Kontakte mit einer Botschaft Informationen (z.B. Markennamen oder zentrale Produktattribute) vom Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis transferieren, aber gleichzeitig entsteht mit der Wiederholung die Gefahr des Abnutzungseffektes. Dem kann man mit geringfügigen Änderungen des Inhalts wie auch der Struktur der Werbung entgegentreten, so mit dem Einsatz differenter Kommunikatoren (Sprecher), Humor und/oder das Aufzeigen nicht beworbener Produkteigenschaften; vgl. Bagozzi 2000, S. 577. Trotzdem ein schwieriges Unterfangen, da jede Neuerung auch problematisch empfunden werden kann. Insbesondere aber im Konsumgüterbereich bestand Markenkommunikation bis vor kurzem hauptsächlich darin, dass möglichst viele Konsumenten mit einer einheitlichen Botschaft angesprochen werden, Variationen unerwünscht; vgl. Haedrich 2003, S. 150 481 Vgl. Höhler 1999, S. 49

Page 118: BioManuskript

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Marken und ihre Identitäten werden auf dieser Stufe sinnlich bewertet, das

Objekt/Subjekt oder das „Testimonial“ (Fürsprecher)482 sieht gut aus, hat etwas

Aufregendes, verbreitet eine angenehme Stimmung, ist sympathisch, fühlt sich gut an

etc. Über die Vermittlung von Erlebnissen soll Markentreue (Vertrauen) emotional

begründet und eine Akzeptanz des Preispremiums geschaffen werden. (Garantie- und

Vertrauensfunktion) Wenn eine Marke in letzter Konsequenz nichts anderes ist als

„Emotion plus abstrakte Werte“,483 dann könnte man sagen, dass „wahre“ Marken erst

ab dieser Stufe der Markenentwicklung entstehen.

Die hier wirkenden experienziellen Markenkonzepte, so Andreas Strebinger, York

University Toronto, betonen das sinnliche Erleben des Produkts durch Aufbau von

Assoziationen geschmacklicher, olfaktorischer, akustischer, visueller oder taktiler Natur.

Genuss und Vergnügen stehen im Vordergrund, der vorherrschende Verarbeitungsstil

ist experienziell484 - also die mit allen Sinnen vorgenommene Wahrnehmung. Bei

experienziellen Marken ist das wahrscheinlichste Reaktionsmuster auf eine Botschaft

jene des „Fühlens“,485 der komplexen sinnlichen Wahrnehmung. Auch hier kommt es

dadurch zu einem starken Involvement, was sich als Affekt oder Emotion äußert.

Wahrnehmung funktioniert in der Regel nur selektiv. Etwas zu sehen bedeutet im

gleichen Akt, etwas anderes nicht sehen zu können. Das trifft ebenso auf den Akt, den

Prozess der Identitätsherstellung zu: Das wieder und wieder (Re-)Präsentierte verweist

auf das Nicht-Repräsentierte, das bereits durch Selektion im „Vorraum“ isoliert,

abgewiesen und ausgeschieden wird. So auch innerhalb der Sinne: was dem Sehen vor

die Augen kommt, ist das Unerhörte, das, was durch den beherrschenden Sehsinn für

die anderen Sinne zumeist verschlossen bleibt.486

Das Gehör zum Beispiel ist direkt verbunden mit Stimm-ungen. Die Nase hat über die

Wahrnehmung von Gerüchen eine direkte Verbindung zum Gedächtnis und zur

Erinnerung. Der Fühl- und Tastsinn ist zwar weniger empfindlich, ermöglicht aber eine

weitere spezielle Wahrnehmung. Farberlebnis, Denken, Lesen, Hören werden zwar

482 Der Effekt der Attraktivität des Sprechers (der Botschaft) auf die Bezugsgruppe hängt von deren Medien- und Botschafts-Involvement ab. Tatsächlich ist der Einfluss der Attraktivität größer, je weniger die Bezugsgruppe (in die Thematik/die Marke) involviert ist, so Bagozzi 2000, S. 600 483 Albrecht 2005, S. 7f. 484 Strebinger 2007, S. 95ff. 485 Bagozzi 2000, S. 667ff. 486 Vgl. Welsch 2006, S. 32

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intermodal integriert und synthetisiert, 487 aber Emotionen sind eine ursprünglichere Art

der Kommunikation als Sprache und andere symbolische Formen.488

Der Mund ist ein Sonderungsorgan, er trennt nicht nur die Nahrung, sondern auch

Sprache und Geschmack. Schmeckt man bewusst, so kann man gleichzeitig nicht

sprechen489 - und umgekehrt. Hier scheint die etymologische Verwandtschaft des

griechischen „nous“ mit dem indogermanischen „snovos“ – schnüffeln“ 490 – direkt er-

lebbar. Nahrung und Nahrungsaufnahme sind bereits Formen der Kommunikation in der

Antike, in der Gemeinschaft als Tischgemeinschaft mit den Göttern konstituiert

wurde.491 Seit je her finden sich Vorstellungen von der Kraft des Mahles und seiner

vielfältigen sinnlichen Eigenschaften, die auf den Esser übergehen.492 Je mannigfaltiger

die Nahrung, je mehr Sinne sie anspricht – nicht nur das Auge – desto umfassender die

Kräfterestitution.493

Hier setzt Christine Arncken vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in

Frick/Schweiz an: „Immer wieder kann man bei sich selbst beobachten, dass man

schon vor der Wahrnehmung wissen möchte, um was es sich handelt. Dies ist ein

starkes Hindernis auf dem Weg zur Wesensbegegnung über Geruchs- und

Geschmackssinn. Wenn ich schon weiß, was ich vor mir habe, dann habe ich oft auch

schon ein dezidiertes Vorurteil über die zu erwartenden Eindrücke. Es gelingt mir nicht,

diesen inneren „Vor-Verurteiler“ zum Schweigen zu bringen. Durch verblindetes

Riechen und Schmecken kann ich mich von ihm frei machen und mich einlassen auf

487 Emrich 2008 488 Vgl. Horx 1996, S. 135 489 „Essen im dunkeln“ kann dabei zu einer ganz besonderen Erfahrung werden. Auch des Vertrauens, denn wer weiß schon, was auf dem Teller wirklich liegt? 490 Vgl. Welsch 2006, S. 53 491 Die griechische Hestia ist die Göttin des Herd- und Opferfeuers und der Familieneintracht, man opfert ihr auf dem Herd. Dampf und Rauch gekochter wie gebratener Nahrung erinnern an die Veda, in der Agni den Göttern Opfergaben in Form von Rauch bringt. Auch die griechischen Götter ernähren sich von Ambrosia, Nektar und Rauch. Im Hebräischen heißt „ruach“ (dt. Rauch) Hauch, Luft, Wind, Atem, Geist, Heiliger Geist. 492 „Charakter“ kommt von griechisch „charassein“ und bedeutet eingraben, einritzen, einprägen. So ist nicht nur die Erde ein gigantischer Speicher menschlichen kulturellen Schaffens. Ihre Früchte wiederum prägen den sie konsumierenden Menschen und prägen damit wiederum seinen Charakter. 493 Diese Ansicht müsste sich in der Gegenwart fatal ausüben, denn das Fleisch vernutzter Tiere müsste dem Esser bewusst machen, dass er in vielen Fällen nur „Mehrwertlieferanten“ der Wertschöpfungskette“ ist. Welche eindimensionale Zukunft in dieser Wertschöpfungskette, so müsste der Verbraucher denken, habe ich, wenn der Reduktionismus der Landwirtschaft - beispielsweise beim Weizen auf sechs Hochertragssorten, bei den Puten auf eine Hochleistungsart, bei den Milchkühen auf die Turbo-Zwölftausendliter-Kuh (kreaturangemessen wären höchstens 4000l.) – weiter zunimmt? Vgl. Gottwald 2002, S. 144.

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das Unbekannte.“494 Arncken untersucht daher sensorisch die Wachstumsdynamik der

Winterweizensorte „Tamaro“ aus konventionellen und biologischen Anbau in einem

Langzeit-Feldversuch. Es konnte festgestellt werden, dass Sensorik und

Gestalt/Entwicklungsdynamik in einem sinnvollen Zusammenhang stehen und dass

man Geruch und Geschmack als direkteste Gradmesser der Nahrungsqualität ansehen

kann.495

Jeder Organismus verfügt über zumeist vielfältige Weisen - Signale (Farben) und Reize

(Gerüche) – sich darzustellen. Unternehmen verschenken erhebliches Potenzial, wenn

sie nicht „synästhetisch“ kommunizieren. Nur 0,0004 Prozent aller Reize und Signale

der Außenwelt gelangen in das Bewusstsein.496 Dazu verlaufen 70-80% aller

Entscheidungen durch gespeicherte Reiz-Reaktionsmuster unbewusst.497 Durch das

Ansprechen mehrerer Sinnesorgane erhöht sich aber die Verarbeitungskapazität wie

auch Erinner- und Abrufbarkeit der Informationen.498

Der "real,- Future Store"/Metro Group in Tönisvorst nutzt modernste Technologien in

dieser Weise: „Innovative Technologien unterstützen die ansprechende Präsentation

des Frischfischsortiments, darunter das Erlebnis „Klang“. Über verdeckt angebrachte

Lautsprecher ist in einem klar abgegrenzten Raum Meeresrauschen zu hören. Vor der

Theke befindet sich ein interaktiver Boden. Diese Projektion reagiert auf Bewegung.

Betritt ein Kunde die Fläche, verändert sich das projizierte Bild. Zum Einkaufserlebnis,

das alle Sinne anspricht, gehört natürlich ebenso „Erlebnis-Duft“. An der Fisch-

Bedienung weht ein Hauch von Kräutern der Provence mit Limone. Der Geruch wird

mithilfe ätherischer Öle erzeugt und über die Klimaanlage sanft im Verkaufsraum

verbreitet. Eine angenehme und anregende Atmosphäre entsteht.“499 Professionelle

Verkostungspunkte für die meisten geführten Produkte, Radiofrequenz-Identifikation

(RFID), die die automatische Produkterkennung über einen Smart Chip an der Ware

494 Arncken 2008, S. 180 495 http://orgprints.org/11127/ 496 Kilian 2007, S. 326 497 Häusel 2005, S. 66 498 Physiologisch betrachtet werden zunächst Farben, dann Formen/Figuren und zuletzt der Text wahrgenommen. Primär aus Farben und Formen bestehende Bilder werden in der Regel als erstes und länger als geschrieben Texte fixiert, vgl. Kilian 2007, S. 339. Um ein Bild mittlerer Komplexität so aufzunehmen, dass es später erinnert wird, sind 1,5 bis 2 Sekunden erforderlich – in der selben Zeit kann lediglich ein Satz mit einer Länge von sieben bis zehn Wörtern aufgenommen werden, vgl. Herbst 2006, S. 88 499 Innovationsbroschüre unter http://www.future-store.org/fsi-internet/get/documents/FSI/multimedia/pdfs/Innovationsueberblick_080526_DE_final.pdf

Page 121: BioManuskript

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und damit Qualitätssicherung sowie die Auswertung des Einkaufsverhalten des

jeweiligen Kunden (CRM) ermöglicht sowie „mobile Einkaufsassistenten“, die

selbständiges Scannen und Abrechnen sowie die Erstellung elektronischer

Einkaufslisten ermöglichen, gehören ebenso zum Konsum der (sehr) nahen Zukunft.

Vierte Stufe der Markenentwicklung

Auf der vierten Entwicklungsstufe entsteht eine symbolische, identitätsstiftende Marke.

Die Marke wird zum Symbol, das als „Zeichen für Zeichen“ ermöglicht, etwas

Abwesendes anwesend sein zu lassen beziehungsweise etwas nicht Darstellbares

darzustellen.500 Symbolische Markenkonzepte erlauben dem Konsumenten,

Persönlichkeitseigenschaften sichtbar auszudrücken (symbolisch-nicht-sprachliche

Kommunikation), und helfen in der Aufrechterhaltung und Steigerung des

Selbstwertgefühls sowie in der sozialen Selbstdarstellung (Prestige- und

Identitätsfunktion). Die Marke und ihre Identität gilt als Medium eines zweiseitigen Aktes

der Selbstwertschätzung, ob also der/die/das Andere meine Selbstbewertung, wie gut

und nützlich ich mich fühle, durch Gewahrwerdung der Marke zu unterstreichen

vermag. Selbstkonsistenz, -darstellung und Selbstwertsteigerung sind das Ziel.501 Das

erworbene Markenprodukt dient „symbolischer Selbstergänzung“.502

Symbole sind geronnener Sinn.503 Soziale Systeme wie psychische Systeme können

als Sinnsysteme verstanden werden, die sich einerseits durch Sinn konstituieren und

andererseits sich durch diesen sich von/aus ihrer Umwelt ab-/ausgrenzen. Soziale

Systeme prozessieren Sinn über sprachlich-symbolische Kommunikation. Psychische

Systeme verarbeiten Sinn über Vorstellungen und Gedanken. Psychische und soziale

Systeme sind im Wege der Co-evolution entstanden. Sinn ermöglicht damit die

Interpenetration psychischer wie auch sozialer Systembildungen bei Bewahrung ihrer

Autopoiesis. Sinn ermöglicht das Sichverstehen und Sichfortzeugen von Bewusstsein in

der Kommunikation und zugleich das in Ordnung resultierende Zurückrechnen der

Kommunikation auf das Bewusstsein der Beteiligten.504 Die jeweils eine Systemart ist

notwendige Umwelt der jeweils anderen. Nur solange sich alle Handlungen und

500 Baecker 2007, S. 75 501 Der vorherrschende ELM-Verarbeitungsstil ist der der aktiven Aufmerksamkeit und Voreingenommenheit. 502 Strack 2008, S. 110 503 Griechisch „symballein“ = zusammenballen, zusammenwerfen 504 Vgl. Luhmann 1987, S. 297

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Kommunikationen, die im System stattfinden, auf dieses Sinnkonstrukt beziehen, kann

das System seine Identität aufrechterhalten.505 Sinn schafft also wie die Gesamtheit der

„Sinne“ in der Kultur ein gemeinsames Bezugssystem, das Erwartungen beeinflusst,

Wahrnehmungen filtert, Interpretationen und Verständnis erleichtert,

Komplexitätsreduktion ermöglicht, Handlungen lenkt und legitimiert.506

Die Besonderheit verschiedener Steuerungsmedien wie Geld, Sprache oder Sinn,

besteht darin, dass sie sich als Symbole nach und nach von der Ebene realer,

handgreiflicher Objekte lösen und eine je spezifische Eigendynamik entwickeln. Sinn

hebt das von ihm betroffene Objekt auf, in der dreifachen hegelschen Bedeutung. Sinn

bagatellisiert erstens das Objekt, indem ihm (nur) eine (herrschende) Bedeutung (und

„Realität“) zugeschrieben wird, bewahrt es aber zweitens vor der Vernichtung mit der

Sinnzuschreibung und erhöht es drittens gar durch den „Überschusssinn“. Der

Überschusssinn vermag das Objekt gar in eine abgesonderte Sphäre zu versetzen. In

dieser können die Objekte dem allgemeinen Gebrauch, dem freien Verkehr des

Menschen entzogen sein. Ein Vorgang, der dies bewerkstelligen kann, ist die religiöse

Weihung, bei der ein Überrest der jeweils anderen Sphäre – des profanen Objektes

oder aber des heiligen Sinns – auch nach der Weihe respektive dem Profanierungsakt

verbleibt.507

Der Besitz eines Sinn-Objektes mit Sinnüberschuss hat dabei die Funktion,

Anerkennung für den Besitzer zu erwirken, seiner Persönlichkeit als ein Wert

zugerechnet zu werden, Äußerlichkeit und Innerlichkeit miteinander zu verweben. Der

Reiz des „Echten“, wie er sich auch in der echten und nicht kopierten Marke wieder-

findet, besteht darin, dass es mehr ist, als sein unmittelbare Erscheinung, mehr als der

funktionale Wert des Objektes, den das „Echte“ mit dem Falsifikat teilt.508 Dieses „Mehr-

als-Erscheinung“ übersteigt Gebrauchs- und ggf. auch Tauschwert, ist der eigentliche

Wert symbolischer Marken. Der Konsum einer Marke vermag qua

„symbolischenrSelbstergänzung“509 eine Person aufzuwerten, oder aber die gegebenen

505 Vgl. Luhmann 1987, S. 92ff. 506 Vgl. Keller 2004, S. 196 507 Agamben 2005, S. 75. Als Exempel sei hier auf die Heilige Lanze, das Schild des Achill verwiesen oder auf einige Blankwaffen, wie Rolands Schwert Durendal oder Arthus’ Exkalibur. 508 Vgl. auch Simmel 1999, S. 414ff. 509 Strack 2008, S. 110

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Attribute zu unterstreichen510 beziehungsweise die Verlässlichkeit und gleich bleibende

Identität zu belegen (Selbstkongruenz).511 Institutionen, Organisationen und Marken

statten Individuen mit materiellen und symbolischen Ressourcen aus, die ihnen erst

einen Sinn von Autonomie verleihen. Diese Autonomie aber hat gleichzeitig Freisetzung

und Überforderung als Resultat, weswegen Autonomie wiederum in die herrschenden

Institutionen und Machtbeziehungen in Form von „Unterwerfungsbereitschaft“ investiert

wird.512

Die Marke strahlt wie eine Körpersprache Signale an die soziale Mitwelt aus. Affiliation

– das Bedürfnis nach sozialem Kontakt – geht mit drei Motiven einher, dem sozialen

Vergleich, der Verringerung von Angst und der Informationsgewinnung. In

mehrdeutigen Situationen bietet die Gesellschaft anderer die Möglichkeit, die eigenen

Reaktionen mit denen anderer zu vergleichen, um dadurch die Angemessenheit der

eigenen Gefühle und Unsicherheiten einschätzen zu können beziehungsweise Lob und

Anerkennung zu erheischen (Stressreduktion, „buffering effect“).513 Symbolische

Zeichen können in diesem Kontext den Vergleich vereinfachen beziehungsweise

gleichzeitig integrieren und differenzieren, es „läuft“ das Sozialprogramm mit seinem

Binärcode von Inklusion und Exklusion.514 Symbolischer Nutzen besteht also auch in

der Vermittlung von Gruppenzugehörigkeit und der Generierung von

Beziehungsvorteilen oder als Sinnbild individuell wichtiger Werte und Lebensstile.515 Je

stärker dabei die Identifikation mit einer Marke, umso stärker das Bedürfnis, dass alle in

gleicher Weise und Intensität auf das Identifikationsobjekt rekurrieren.516

Marken erreichen auf dieser Stufe „Mythos-Charakter“. Die „mythoi“ sind nichts anderes

als besondere Geschichten. Und das In-Geschichten-Verstricktsein ist die Grundlage

für jede Rede von Mensch oder Seele.517 Geschichten, darin liegt eine Hauptaufgabe,

sind Instrumente, um Komplexität zu reduzieren. Mythen stellen eine spezielle Form der

510 Beim Halo-Effekt überstrahlen einzelne, besonders betonte Eigenschaften (z. B. Attraktivität, Behinderung, sozialer Status) die Wahrnehmung der anderen Eigenschaften, so dass ein eindimensionales Bild der Person entsteht. 511 Strebinger 1997, S. 15 512 Holtgrewe 2005, S. 355ff., angelehnt an die „subjection“ Foucaults 513 Vgl. Buunk 1996, S. 366, der in diesem Kontext die Theorie des sozialen Vergleichs (Festinger) ausbreitet. 514 Helmann 2003, S. 306 515 Burmann 2007, S. 9ff. 516 Es gilt aber auch: Je mehr die Marke im Umlauf ist, je mit ihr kommuniziert wird, desto abnehmender wird ihr Grenznutzen hinsichtlich der Konstituierung von individueller Identität. 517 Schapp 1985, S. 160

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Reduktion von Komplexität dar, indem sie die Entzweiung der Welt und die

Entfremdung des Menschen zugunsten einer herstellen.518 Durch das Vertraute und die

vertraute Form von Mythen und Geschichten wird das Unvertraute, Neue, ins Vertraute

überführt. So können wir „in einer vertrauten Welt leben, weil wir das Unvertraute

wieder ins Vertraute einführen können, indem wir Symbole verwenden. Wir müssen

niemals die vertraute Welt verlassen;“519 so Niklas Luhmann.

Mythen sind Medien zwischen dem Unbekannten und dem Bekannten. Mythen

oszillieren zwischen beiden Seiten der Unterscheidung, jeweils mit einem semiotischen

Rest der anderen Seite – und damit Anschlussfähigkeit - behaftet.520 Das Oszillieren

des Mythos ist damit „feste Verflüssigung“, sein Sinn besteht darin, Sinn (wieder) in

Form umzuwandeln – beispielsweise in ein Markenprodukt - und diese Form „auf der

anderen Seite“ – auf der „Konsumentenseite“ - wieder in Bekanntes, Bedeutendes,

Komplementär-Sinn zu verwandeln.521

Damit erinnern Mythen an die Interpretation der Büchse der Pandora durch Christoph

Martin Wieland: „Die Büchse der Pandora […] war weder mehr noch weniger als eine

wirkliche Büchse, im eigentlichen Wortverstande, und zwar – eine Schminkbüchse […]

Scheinen und Seyn, welche Eins seyn sollten, wurden zweyerlei […] Die menschliche

Gesellschaft glich nun einer großen Maskerade.“522

Die Schminkbüchse aber ist Kosmetik, also eine Kunst des Schmückens, des

Ausschmückens der Ordnung, denn Kosmetik leitet sich vom griechischen „Kosmos“,

der Ordnung, ab. Kulissen und Rollen sind daher auch Bestandteil eines jeden Lebens,

die Kernidee des Theaters ist allgegenwärtig im Alltagsleben. Denn das Subjekt erfährt

sich sowohl in der Identifikation mit Schemata als auch in deren (vorsichtiger)

Überschreitung.523 Mythen oder Geschichten schaffen dabei Anreize zur Identifikation,

518 Vgl. dazu Hellmann 2005, S. 3f. 519 Luhmann 2001, S. 144ff. 520 Vgl. hierzu Horkheimer/Adorno (2006, S. 6), für die bereits der Mythos Aufklärung ist und die Aufklärung in Mythologie zurückschlägt. 521 In diesem Sinne erklären sich die von Hans Blumenberg als Merkmale von Mythen ausgewiesenen Eigenschaften: Gleichzeitigkeit beziehungsweise Doppeldeutigkeit, latente Identität, Kreisschlüssigkeit, Wiederkehr des Gleichen, Reziprozität von Widerstand und Daseinssteigerung in der Problemlösung und Isolierung des Realitätsgrades; vgl. Blumenberg 2006, S. 80. Zur Semiologie des Mythos vgl. Barthes 1964, in dem hier angesprochenen Kontext insbesondere 104ff. 522 Wieland 2002, S. 168. Einer schönen Ordnung, denn Kosmetik leitet sich vom griechischen Kosmos für Ordnung ab. 523 Vgl. Schulze 2000, S 73

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zur Übernahme neuer Rollen und Motivationen. Sie sind die Werkzeuge der „inneren

Werkstatt“, in der „die Elemente alles Seins in den mannigfaltigsten Arten auf den

mannigfachsten Stufen ihrer Verarbeitung erscheinen.“524 Menschen brauchen

Symbole und Bilder, Gruppen von Menschen, Öffentlichkeiten brauchen Symbole und

Bilderwelten.525 Marken führen die durch die Individualisierung und Auflösung von

Schichten und Klassen zum Teil verloren geglaubte Sicherheit durch die Hintertür

wieder ein. Kollektive und individuelle Habitualisierung stammt heutzutage nicht mehr

aus direkten Umwelten. Marken und Massenmedien lassen Handeln zum Handeln in

Inszenierungen nach dem Muster von Medien-Vorbildern werden.526 Die Marke

avanciert zum Identitäts-Medium.

Insofern sind Mythen (wie Marken-Mythen) „eine Taucherglocke“, in der jeder seinen

eigenen Ausdruck und Sinn zu finden vermag527 sowie gleichzeitig auch ein

„Beherrschtsein durch Überindividuelles in unmittelbar erfahrenen Bildern.“528 Im

Überindividuellen finden sich „Grundmuster instinkthaften Verhaltens“,529 „spezifisch

geprägte Formen“ und „Erlebniskomplexe“530: die Archetypen, die ebenso wie die

Mythen vieldeutig und paradox sind.531 Der Markenbesitzer wird hier Besitzer von

Produktionsmitteln für kollektiv geltende Symboliken, von „mobilen

Repräsentationen“.532

Es kommt, laut Gerhard Schulze, daher nicht mehr auf Bildung im klassischen Sinne

an, sondern auf „folkloristische Formensouveränität“, zu denen er rechnet: die

Zeichensprache zu kennen, standardisierte Situationen richtig einzuschätzen, mit dem

Archiv der Ereignismuster vertraut zu sein. 533

524 Fiedler 1977, S. 138 525 Vgl. Gottwald 2003/3, S. 189 526 Vgl. Payrhuber 2008, S. 211ff. 527 Kerényi 1971, S. 17ff. 528 Kerényi 2007, S. 7f. 529 Jung 2008, S. 46 530 Jung 2008, S. 32 531 Jung 2008, S. 40f. Der Freud-Schüler, Schweizer Mediziner und Psychologe und sowie Begründer der Analytischen Psychologie Carl Gustav Jung (1875-1961) zählt zu den hauptsächlichen Archetypen den „Schatten“, den „ Alten“, das „Kind“ (inklusive der Heldenjunge), die „Mutter“ („Urmutter“ und „Erdmutter) als übergeordnete Persönlichkeit („dämonisch“, weil übergeordnet) und ihr entsprechendes Gegenteil, das „Mädchen“, sodann die „Anima“ beim Manne und „Animus“ bei der Frau, vgl. Jung 2008, S. 138 532 Vergleichbar auch mit “The King's Two Bodies“ von Ernst Kantorowicz, der aus der politischen Theologie des Mittelalters die Vorstellung eines natürlichen (materiellen), sterblichen Körpers und eines übernatürlichen (immateriellen), also unsterblichen Körpers des Königs destilliert, die entscheidend auch für die Repräsentationstheorien des modernen Staates waren - und dessen Gehalt sich zumindest partiell in die Marken überlädt. 533 Schulze 2000, S. 94ff.

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Als Zeichen von Zeichen sind Symbole des weiteren Speicher von Sinn in Form

positiver Stimmungen, angenehmer Musik, attraktiven Szenen oder Sprechern,

angenehmen Stimuli wie Geschmack, Aromen, Ausblicke, Geräusche sowie

Erinnerungen an Ereignisse oder Orte. Viele Produkteigenschaften können auch gar

nicht direkt wahrgenommen werden. So lässt sich beispielsweise nicht unmittelbar

erkennen, ob Äpfel biologisch angebaut wurden oder Kleidungsstoffe hautverträglich

sind. In solchen Situationen erhöhter Unsicherheit kommt dem (Vor-)Wissen und den

Erwartungen des Konsumenten beziehungsweise der Symbolhaftigkeit eine Marke

besonders handlungsleitende Funktion zu.

Die nicht greifbaren, „intangiblen Phänomene“ gewinnen immer mehr an Bedeutung. In

vielen Unternehmen sind die immateriellen Ressourcen inzwischen deutlich mehr wert

als die materiellen Vermögensgegenstände. Unter intangiblen beziehungsweise

immateriellen Ressourcen werden einerseits immaterielle Vermögenswerte (assets) und

andererseits Fähigkeiten (skills) und Kompetenzen (competences) der Mitarbeiter

verstanden. Faktoren wie Bekanntheit, Wissen, Reputation/Image, Vertrauen, Loyalität

und Engagement, Akzeptanz und Übereinstimmung mit den Unternehmenszielen,

Führungsverhalten und Motivation/Kooperation im Unternehmen, Kundenzufriedenheit

und Präferenz können zudem nicht ohne weiteres imitiert werden.534 Immaterielle

Unternehmenswerte beeinflussen die Marktkapitalisierung direkt als Geschäftswert und

indirekt durch die Förderung von Transaktionen.535 Das macht sie zur Quelle für

nachhaltige Wettbewerbsvorteile und neue Rechnungslegungsmethoden und

Managementsysteme unterstützen dies. 536

Fünfte Stufe der Markenentwicklung

Der Status, den eine Marke erreicht hat, ist allerdings im Zeitverlauf keineswegs

konstant. Marken können durch externe und interne Einflüsse ihre Position verlieren,

ihre Wertigkeiten ändern, ihren Charakter wandeln – wie menschliche Persönlichkeiten

534 Vgl. Hellmann 2007, S. 1 535 Vgl. Rosenstiel 2007, S. 199 536 Vgl. Pfannenberg 2005, S. 185. Dies wird bereits messbar gemacht, beispielsweise im Intangible Assets Monitor von Sveiby oder im Intellectual Capital Monitor von Stewart oder auch in Kaplan/Nortons Balance Scorecard, vgl. Lehner 2000, S. 313ff.

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– oder auch einfach das Vertrauen verlieren. Das Ziel der fünften Stufe der

Markenentwicklung heißt Vertrauen.

Fragile Industrie-Gesellschaften sind durch einen hohen Bedarf an verlässlicher

Kooperation mit »Fremden« gekennzeichnet, also Personen, mit denen zumeist bis

dato keine persönliche Erfahrung oder geteilte Lebenswelt bestand beziehungsweise

besteht.537 In der globalen Ökonomie wird die gegenseitige Einsicht in die Verhältnisse

„unvollkommener, das Vertrauen bedingter, die Vollstreckbarkeit der Ansprüche

unsicherer“,538 so der Soziologe Georg Simmel bereits vor über 100 Jahren. Jedes

komplexe psychische oder soziale System erfährt zwar die eigenen Kontingenzen als

Freiheitsgrade oder Alternativspielraum, die Kontingenzen anderer Systeme aber als

ein Problem von Ungewissheit und mangelnder Erwartungssicherheit.539

Bereits im 17. Jahrhundert thematisierte Thomas Hobbes Vertrauen im Kontext

vertraglich vereinbarter Leistungen. Vertragliches Übereinkommen, so Hobbes,

verlangt „Treu und Glauben“.540 Denn eine Seite muss fast immer eventuell riskante

Vorleistungen erbringen und ergo ein Risiko eingehen. Die Vorleistungen erbringende

Seite muss dabei entweder auf die Ehre des Vertragspartners (Treu=Ehre, Reputation)

oder auf die weltliche (Recht) beziehungsweise göttliche Sanktion (Glauben=Moral)

hoffen. Nur diese drei Elemente – Ehre/Reputation, Recht, Moral - mögen die „drei

Hauptursachen des Streites in der menschlichen Natur [...] Wettstreben, Argwohn und

Ruhmsucht“541 zugunsten der Vertragserfüllung bannen. Diese Begriffsreihe „Moral-

Reputation-Recht“ wird uns im folgenden Kapitel im Kontext des ethischen Konsums

wieder begegnen.

Der Faktor „Glauben“ verdeutlicht die Rolle des Credo, des kreditgleichen

Vertrauensvorschusses, der bei unsicherem Erfahrungswissen notwendig ist. Vertrauen

ist also ein „mittlerer Zustand zwischen Wissen und Nichtwissen, der eine Ein- und

Abschätzung erfordert.“542 Kernpunkt personaler Identität wie auch des Vertrauens ist

537 Vgl. Offe 2001, S. 261 538 Simmel 1991, S. 220 539 Willke 2006, S. 31 540 Vgl. Hobbes 1965, S. 105 541 Hobbes 1965, S. 98. Widerspruch und Interdependenzen inbegriffen, so zwischen Ehre und Ruhmsucht, zwischen Argwohn und Recht wie auch – cum grano salis – zwischen Moral und Wettstreben, das sich im Kampf der Moralen untereinander/gegeneinander wie auch hinsichtlich richtiger Exegese der Moral äußern kann. 542 Simmel 1999, S. 393f.

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also nicht die physikalische Erscheinung oder eine biologische Abstammung, sondern

ein soziales Konstrukt,543 das sich in Form gebündelter Erwartungen äußert. Vertrauen

ist also eine (gegenseitige544 und zum Teil unbewusste) Spekulation auf mögliche

Transaktionskosten545 und Kohärenz, auf auch in der Zukunft anhaltende Identität und

ein Handeln, das sich aufgrund einer Interaktionsgeschichte, eines Erfahrungswissens,

als berechenbar zeigt.546

Je länger die für beide Seiten befriedigende Interaktionsgeschichte, desto größer das

Vertrauen und das historische Erfahrungswissen, dass Erwartungen nicht enttäuscht

werden. Je weniger ein solches Erfahrungswissen vorliegt, desto größer die Sehnsucht

nach einem „Schonverständigtsein in den Kernschichten und in den

Handlungsgewohnheiten“,547 nach „Rückzug in kleinere Welten rein lokaler

Bedeutsamkeit“.548 Hier kann das weniger Vertraute mit vertrauten Medien und

Symbole – wie beispielsweise in Region, Heimat, Geschichte549 – erneut in Vertrautes,

Alltägliches, überführt werden.

Vertrauen fordert also eine gelingende Interaktionsgeschichte und eine gelingende

Interaktionsgeschichte erfordert Vertrauen. In der Weltmarktgesellschaft sind daher

Anreize erforderlich. Anreize für den Vertrauensgeber, seine Entscheidung zu fällen

sowie Anreize für den Vertrauensnehmer, das Vertrauen zu erfüllen.550 Denn mit dem

Tätigen von (faktorspezifischen) Investitionen begibt sich der Vorleistende in

Abhängigkeit und damit in das Risiko, opportunistisch ausgebeutet zu werden.551 In der

Welt(markt)gesellschaft addieren sich zudem Unsicherheiten, die aus den vermehrt

asymmetrischen Beziehungen der Tauschpartner herrühren, Asymmetrien im Besitz

543 Vgl. Willke 2006, S. 175 544 Vertrauen oszilliert zwischen Vertrauensnehmer und –geber, ist „fuzzy“, vgl. Kosko 1999, S. 27ff. 545 So zum Beispiel der Ex-ante-Transaktionskosten, die bei Entwurf, Verhandlung, sowie Absicherung eines Vertrages auftreten und den Ex-post-Transaktionskosten, die durch Anpassung, Kontrolle und Überwachung während der Austauschbeziehung verursacht werden; vgl. Keller 2004, S. 81 546 Vgl. hierzu das spieltheoretische Gefangenendilemma. Die gegenwärtige ökonomische Globalkrise ist durch Erosion nicht nur der „Zahlungsmittelmenge“ in der „Spekulationskasse“ (Keynes) gekennzeichnet, sondern auch durch jene des Vertrauens – nicht nur innerhalb des Weltfinanzsystems. 547 Gehlen 1986, S. 54 548 Luhmann 2001, S. 157 548 Simmel 1999, S. 393f. 548 Luhmann 2001 549 So Mayer-Tasch 1985, S. 231 550 Vgl. Hardin 2001, S. 295 551 Sog. „Hold-up“-Verhalten, vgl. Keller 2004, S. 83. In diesem Kontext greift dann auch die „Principal-Agent-Theorie“, die sich mit dem Risiko befasst, das ein Agent (beispielsweise der Arbeitnehmer) nicht im Sinne des Prinzipals handelt.

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von Produktionsmitteln und –Faktoren als auch in der Einschätzung von Tauschbarkeit,

Konvertierbarkeit und Marktfähigkeit einer jeden Sache.552

Das Ziel einer Marke ist Vertrauen, Vertrauen, das sich das spezifische Versprechen

der Marke für den Konsumenten immer wieder erfüllt. Vertrauen spart dann auf

Konsumentenseite Transaktions-Kosten, die ansonsten für das Verringern des Risikos

eines Fehlkaufes hätten investiert werden müssen. Reputation als Ruf der

Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens hingegen hilft diesem, die Marketing-Effizienz

und Effektivität zu vergrößern, Markentreue aufzubauen, Gewinnmargen zu verbessern,

Einfluss über die Einzelhändler zu bekommen und sich von der Konkurrenz zu

differenzieren.553

Vertrauensbildende Maßnahmen – noch kein Vertrauen selbst - sind beispielsweise

Zertifikate. In punkto Lebensmittelsicherheit gibt es neben den rechtlichen Vorgaben der

EU und der einzelnen Nationalstaaten internationale Standards wie etwa den ISO

22000, ein weltweit ausgelegtes Managementsystem. Ein weiteres Exempel ist der

International Food Standard, der der Überprüfung und Zertifizierung von Systemen

dient, die Sicherheit und Qualität bei der Produktion von Lebensmitteln garantieren

sollen. Dem „Qualitätssicherungssystem“ haben sich bis heute etwa 100.000

Systempartner im Bereich der Fleischwaren und mehr als 16.000 im Bereich Obst und

Gemüse angeschlossen – aus dem europäischen Ausland kommen noch einmal 7500

Betriebe hinzu.554

Vertrauen ist also das Ergebnis einer gelingenden Interaktionsgeschichte, ein

kohärentes Verhalten, ein Zusammenhang, der sich ebenso in der zyklischen

Grundkonstellation einer Sitcom findet. Diese besticht in erster Linie durch stereotype

Verhaltensweisen der einzelnen Serienfiguren, die verschiedene Erwartungs- und

Werthaltungen innerhalb einer homöostatischen „Transformation des Immergleichen“

bestätigen.555 Es gilt im wahrsten Sinne das „Gesetz des Wiedersehens“556 und damit

eine Einhaltung gegebener Zusagen innerhalb der Interaktionsgeschichte. Somit gibt es

552 Asymmetrische Beziehungen, die die Vertragstheorien nicht erfassen, sind beispielsweise Beziehungen von Erwachsenen zu Kindern, Jungen zu Alten, Reichen zu Armen, Gesunden zu Kranken, Nichtbehinderten zu Behinderten etc. 553 Vgl. Bagozzi 2000, S. 551. 554 Vgl. Gottwald 2008, S. 195 555 Esser 2005, S. 2 556 Vgl. Weber 1980, S. 383

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zwei Situationen, in denen Kommunikation – auch diejenige der symbolischen und

relationalen Markenkommunikation - kritisch werden könnte. Ein Zuviel an Variabilität

könnte einen Abbruch der Kommunikation implizieren, ein Zuwenig an Variabilität birgt

die Gefahr der „Kommunikationssklerose“.557

Bei gelingender Markenkommunikation gehen Konsumenten in der vierten und fünften

Stufe regelrecht Beziehungen zu Marken ein, die menschlichen, psychologischen

Beziehungen gleichen können.558 Personifizierungen der Marke durch „menschliche

Touchpoints“ wie Marketing-Testimonials, Werbe-Stars, bekannte

Unternehmerpersönlichkeiten, Personal und Verkaufsberater befördern dies noch. Ein

Meilenstein in der wissenschaftlichen Erforschung der Markenpersönlichkeit ist die von

Jennifer Aaker, Marketing-Professorin in Stanford, aus dem Jahre 1997. Danach ist

eine Markenpersönlichkeit „the set of human characteristics associated with a brand. To

illustrate, Absolut vodka personified tends to be described as a cool, hip, contemporary

25-year old, whereas Stoli´s (Stolichnaya) personified tends to be decribed as an

intellectual, conservative, older man. In contrast to „product-related attributes“, which

tend to serve a utilitarian function for consumers, brand personalitiy tends to serve a

symbolic or self-expressive function.”559

Die Präferenz für eine Marke nimmt dabei zu, je stärker sie mit den Eigenschaften des

Konsumenten übereinstimmt: „Motivated by this logic, previous research has suggested

that the greater the congruity between the human characteristics that consistently and

distinctively describe an individuals´s actual or ideal self and those that describe a

brand the greater the preference fort he brand.“560 Die Psychologen Arnd Florack und

Martin Scarabis sprechen von „Feeling right“, wenn Produktattributionen den

motivationalen Orientierungen des Konsumenten entsprechen.561 Damit steigt die

Identifikation mit der Marke wie auch Kaufabsicht sowie Zahlungsbereitschaft. Marken

machen also dem Verbraucher verschiedene Verfassungsangebote, der wiederum die

Marke wählt, die am besten seiner intendierten Verfassung entspricht.562

557 Hellmann 2003, S. 338 558 Vgl. Florack 2007, S. 186. 559 Aaker 1997, S. 347 560 Aaker 1997, S. 348 561 Vgl. Florack 2007, S. 184f. 562 Vgl. Scarabis 2007, S. 424

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Die Identität der Markenpersönlichkeit muss dabei - wie die Identität der Subjekte - stets

aktiv hergestellt werden. Denn im Prozess wechselseitiger Interaktion und

Veränderungen wirkt jeder Interaktionsteilnehmer auf alle anderen ein, und jeder

Beobachter beschreibt sich und sein Verhalten als „etwas“, das vom Beobachter

beschrieben wird, was vom Beobachter beschrieben wird, das vom Beobachteten

beschrieben wird, was vom Beobachter beschrieben wird etc.563 Dementsprechend

kann man „Aktuelles Selbst“ (momentane Selbsteinschätzung), „Ideales Selbst“ (wie

man sich gerne hätte), „Aktuelles Sozial-Selbst“ (wie man glaubt, von anderen

Personen wahrgenommen zu werden) und „Ideales Sozial-Selbst“ (wie man von

anderen gerne wahrgenommen werden möchte) unterscheiden.564 Dabei sind die

sozialen Selbstkonzepte nicht nur zweimal, sondern so oft vorhanden, wie das

Individuum Andere mit unterschiedlichen Wahrnehmungen und Ansprüchen ausmachen

kann. Das „Selbst“ als identitäre Fiktion ist ja nichts anderes als ein „assoziatives

Netzwerk“, als Wissensknoten im Langzeitgedächtnis, das bei passender Gelegenheit

abgerufen, aber mit der Zeit auch redigiert, verändert, neu geknüpft werden kann.565

563 Simon 1993, S. 107 564 Vgl. Strebinger 1997, S. 5 565 Horx 2002, S. 162

Ego Unternehmen / Markenidentität

Alter Konsument /

Markenimage

Identität der Markenpersönlichkeit

Aktuelles Selbst

Ideales Selbst

Aktuelles Sozial- Selbst

Ideales Sozial-Selbst

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Laut Aaker können Marken, analog zu den fünf Hauptdimensionen der menschlichen

Persönlichkeit566, auf fünf grundlegende Dimensionen reduziert werden:567 Competence

(Sachkundigkeit), Sincerity (Aufrichtigkeit), Sophistication (Kultiviertheit), Ruggedness

(Unempfindlichkeit), Excitement (Erregung). Doch variieren diese Dimensionen von

Kultur zur Kultur: “For example, in individualist cultures, where independence,

autonomy, and uniqueness are valued, consumers are more likely to use brands to

express how they are different from members of their in-group. In contrast, in collectivist

cultures, where interdependence, conformity, and similarity are valued, consumers are

more likely to use brands to express how they are similar to members of their in-

group“.568 Ralf Mäder hat fünf Dimensionen für Deutschland ermittelt,569 die wir hier im

Wertekreis darstellen:

566 Das psychologische Fünf-Faktoren Modell der „Big Five“ postuliert die fünf Dimensionen Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit 567 Aaker 1997, S. 352 568 Aaker 1997, S. 355. So konnte Aaker bei späteren Studien feststellen, dass beispielsweise in Spanien die Dimensionen „Competence” und „Ruggedness“ durch „Passion” (Leidenschaft) und „Peacefulness“ (Friedfertigkeit) ersetzt werden müssten 569 Nach Waller 2007, S. 15. Fabian Hieronimus hingegen stellt für Deutschlang eine zwei Faktoren beinhaltende Doppeldimension fest: Vertrauen und Sicherheit auf der eine Seite, Temperament und Leidenschaft auf der anderen Seite. Diese würden sich noch „besser“ in den Wertekreis integrieren lassen, aber der „Faktor Natürlichkeit“ ist für diese Arbeit nicht ganz irrelevant.

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Wenn die Marke eine Persönlichkeit ist, dann sind die Werbe-Maßnahmen (Anzeigen,

Plakate, Spots, Events etc.) im weitesten Sinne ihre Gesten, Verhalten, Kommentar,

dann sind die Markeneigenschaften (Preis, Qualität, Verarbeitung, Geschmack) ihre

Fähigkeiten und Anlagen, dann ist die Packung ihre Kleidung, ihr Gesichtsausdruck.570

Da Vermenschlichung eines passiven Objekts alleine stellt noch keine hinreichende

Voraussetzung für das Vorliegen einer Marken-Konsumenten-Beziehung dar.571 Es

sollten weitere Möglichkeiten zur Interaktion geschaffen werden, um den Aufbau eines

affektiven, emotionalen „Markencommitments“ zu bewirken, „through meaningful brand

and consumer actions, as per the reciprocity principle of which all relationships are

grounded.“572 Susann Fournier hat als Associate Professor of Business Administration

der Harvard Business School aus menschlichen Beziehungsformen 15 wichtige

Markenbeziehungsformen extrahiert:573

Arrangierte Ehe

inhibited/gehemmt

Durch Dritte arrangierte Gemeinschaft, gering an

Affektivität und Engagement

Bekanntschaft

sociable/gesellig

Freundschaft mit geringer Zuneigung und Intimität.

Zweckmäßige Ehe

detached/gelöst

Langfristige, engagierte Verbindungen, durch

äußere Anlässe motiviert.

Ehe aus Verbundenheit

warm/warmherzig

Langfristige, freiwillig, mit Liebe, Intimität,

Vertrauen und Treue

„Beste Freunde“

friendly/befreundet

Freiwillig, Gegenseitigkeit, Ehrlichkeit und

Intimität, Interessenübereinstimmung

Interessengemeinschaft

assured/sicher, überzeugt

Spezialisiert, situationsbestimmt, interdependent,

leicht zu etablieren und aufzulösen.

Verwandtschaft

deferent/respektvoll

Unfreiwillige Gemeinschaft aufgrund der

Abstammung.

Ersatz-/ Sicherheitsbeziehung

unassured/unsicher

Übergangsbeziehung - „Rites de passage“

Jugendfreundschaft

trusting/vertrauensvoll

Unregelmässig, affektiv, Erinnerungsfokussiert

570 Grünewald 2006, S. 3 571 Vgl. Bruhn 2007, S. 231 572 Fournier 1998, S. 365 573 Eigene Darstellung nach Fournier 1998, S. 362, ergänzt um den Typus „Eifersüchtige Beziehung“

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Werben / Brautschau

exhibitionistic/exhibitionistisch

Offene Beziehungen

Verfallenheit/ Abhängigkeit

submissive/demütig, unterwürfig

Obsessive, hoch emotionale, selbstsüchtige

Anziehungskraft, Partner ist unersetzlich.

Flüchtige Liebschaften

competitive/hart umkämpft

Kurzzeitige Verbindungen mit hoher emotionaler

Bestätigung

Hass-Liebe

cold/kaltherzig

Intensive Beziehungen, charakterisiert durch

Egoismus und Abneigung.

Geheime Affairen

dominant/beherrschend

Sehr gefühlsbetont, riskant - Privatissimum

Versklavung / Hörigkeit

hostile/feindseelig

Unfreiwillige Gemeinschaft, höchst einseitig.

Eifersüchtige Beziehung

mistrusting/misstrauisch

Hoch emotional, einengend

Fournier leitet daraus sechs Dimensionen ab, die jeweils einen starken Einfluss auf die

Markenbeziehung haben: Verpflichtende Bindung (commitment), Expressivität (self-

connection), Interdependenz (interdependence), Intimität (intimacy),

Leistungsversprechen (Brand Partner Quality), Leidenschaft (Love an Passion).574 In

der sich anschließenden Grafik ist die Dimension „Interdependenz“ nicht extra verortet,

da sie bereits Bestandteil des Wertekreises ist, gekennzeichnet in der

Gegenüberstellung zwischen „Ich“ und „Wir“. Der interpersonale Circumplex (IPC), der

als eines der am besten erforschten und ausgearbeiteten Modelle zur Beschreibung

und Messung von Persönlichkeit gilt und sich in der Emotionspsychologie und der

interpersonellen Traitforschung etabliert hat,575 wurde auf der Innenseite des

Wertekreises eingezeichnet und harmoniert sowohl mit dem Wertekreis als auch mit

den Ergebnissen von Fournier.

574 Fournier 1998, S. 363ff. 575 Vgl. http://www.interpersonalcircle.com/

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Der Fokus mythisch-symbolischer Markenkonzepte liegt daher auf der Erzielung von

Sympathie und gegenseitigem Vertrauen zwischen den jeweiligen Bezugsgruppen und

den Marken (Kommunikations- und Inklusionsfunktion). Relationale Markenkonzepte

übernehmen die Funktion eines festen Anbieters von Deutungshilfen und

Erklärungen.576 Markencommunities können die Distinktion gegenüber anderen

Kollektiven, Gruppen oder Marken bewirken: „Pride is driven by the knowledge that they

are part of a distinct minority, an in-group of the initiated.”577 Dadurch weisen

markentreue Konsumenten in dieser Markenentwicklungsstufe eine hohe Treue zu ihrer

präferierten Einkaufsstätte auf, wie auch umgekehrt Einkaufsstättentreue häufig mit

Markentreue einhergeht.578

Selbstverständlich steht das Erreichen einer evolutionären Markenstufe immer unter

dem Verdikt der Veränderung. Marken können sich höher entwickeln oder erreichte

Entwicklungsstufen verlassen.

576 Hellmann 2005, S. 20 577 McEwen 2005, S. 89ff. 578 Haedrich 2003, S. 215

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Page 137: BioManuskript

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4.2. Der symbolische Tausch im ethischen Konsum

Das ökonomische Steuerungsmedium Geld macht die Operationen der anderen

Funktionssysteme anfällig für die Idee der Steigerung, die jedem Wirtschaften inhärent

ist. Beispielsweise werden unternehmerische und marktwirtschaftliche

Organisationsformen bei der Erledigung öffentlicher Aufgaben zugrunde gelegt. Public-

Private-Partnerships (PPP), also Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand und

privaten Institutionen, sollen zum einen die Lösung staatlicher Aufgaben

gewährleisten.579 Gleichzeitig wird die Transformation des Staatsbürgers zum

Unternehmer im Rahmen eines „Empowerment“ zu mehr Selbstbestimmung

vorgenommen.580

Dementsprechend richtet sich der Protest des ermächtigten Individuums nicht mehr nur

gegen klassische politische Entscheidungsträger,581 sondern verstärkt gegen

Unternehmen oder ganze Branchen.582 Die Antwort der Unternehmen besteht in

gesteigerter Demonstration sozialer und ökologischer Verantwortung. Damit erklärt sich

ein parallel verlaufender Prozess: Märkte und Konsumpraktiken „entern“ Politik und

Gesellschaft, legen sich aber gleichzeitig Regeln der Selbstkontrolle und

Selbststeuerung zu; die (Zivil-)Gesellschaft wiederum erklärt die Wirtschaft zu ihrer

Arena. 583

Vor wenigen Jahren konnte der Wirtschaftsethiker Karl Homann mit Recht festhalten,

dass sich Wettbewerb und Ethik/Moral nicht ausschließen, wenn Ethik in den

Handlungsbedingungen und Wettbewerb in den Spielzügen herrsche.584 Doch die

579 Gefängnisse, Krankenhäuser, öffentliche Verwaltung, Bildung, Krieg und Kommunen werden privatisiert – der Bertelsmannkonzern Arvato hat bereits mehrere Kommunen und Verwaltungen in Großbritannien und Deutschland, unter anderem Würzburg, digitalisiert und gestrafft. 580 Ewert 2005, S. 3. Nach Ewert wird dies insbesondere von Marktliberalen - aber auch Anhängern der progressiv-sozialdemokratischen Reformstrategie des dritten Weges – begrüßt. 581 Ob reziprok oder nicht: Die Bürger verlieren sukzessive das Vertrauen in die Politik. Nach einer Forsa-Studie aus dem Jahre 2006 haben 70% kein Vertrauen mehr in das politische Führungspersonal, es werden politischen Akteure und Institutionen deutliche Wertedefizite unterstellt; vgl. Behnke 2008, S. 61. Nach Behnke würde ein Vertrauensgewinn durch die Schaffung von mehr politischen Kontroll-möglichkeiten zu realisieren sein. Aber ist nicht bereits schon der Akt der Kontrolle ein Akt des Misstrauens? Von Wertedefizit kann man wohl auch nicht sprechen, denn Werte sind nicht defizitär, sondern Werteinstellungen weichen in andere Wertesektoren aus. Die Unzufriedenheit der Bürger scheint darin zu bestehen, dass ggf. erwartete Werthaltungen im Bereich der politischen Repräsentanten unterrepräsentiert sein könnten. 582 Vgl. Baringhorst 2007, S. 7 583 Lamla 2005, S. 1 584 Homann 2005, S. 56f.. Hohmann zu Adam Smith´s Metapher von der „unsichtbaren Hand“, die nur gilt

für „Prozesse innerhalb einer geeigneten Rahmenordnung; die Entwicklung und Etablierung dieser

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ungenügende (Kontext-)Steuerung im Bereich ethischer Weltwirtschaftsbindungen lässt

Wettbewerb in den Handlungsbedingungen zu und führt damit zur „Moralisierung“, zur

Moralisierung von Spielern und Spielzügen, zur Kontextsteuerung von Angebot und

Nachfrage am Point of Purchase. Damit wird das im Bereich des Vertrauens so

relevante Phänomen der „Treue“ und die Einhaltung selbiger reaktiviert, was früher

unter der eher aristokratischen Ehre, heute unter dem Stichwort „Reputation“ und

„ethischer Konsum“ zu einer Bestenauslese am Markt führen soll. Damit wird eine

umfassende und gelingende Markenkommunikation gemäß der

Markenentwicklungsstufen für alle Teile der Wertschöpfungskette zur Voraussetzung.

In der Begriffsreihe Moral-Reputation-Recht deckt grundsätzlich jeder vorstehende

Begriff den Umfang des folgenden, aber nicht umgekehrt: Die vollkommene Moral

gebietet von sich aus, was Reputation und Recht fordern, die vollkommene Reputation,

was das Recht verlangt, das Recht aber hat den geringsten Umfang, es ist das

„ethische Minimum“.585 Das Recht erwirkt äußere Zwecke (Handlungen) durch äußere

Mittel (Gesetze), die Sittlichkeit (Moral) innere Zwecke (Gewissensreinheit) durch innere

Mittel (Sanktionen), die Reputation erreicht äußere Zwecke durch äußere und innere

Mittel. So steht die Reputation in der Mitte der Begriffsreihe, da sie weder nur die reine

Innerlichkeit des moralischen Vorwurfs, noch ausschließlich die staatliche Gewalt

rechtlicher Sanktionen besitzt.586

Rahmenordnung verdankt sich dagegen evolutionären Lernprozessen und der „sichtbaren Hand“ des Rechts. “

585 Vgl. Ehmann 2000, S. 9ff. 586 Vgl. Huizinga 1961, S. 101ff.

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Reputation liegt im Wertekreis nicht zwischen Recht und Moral/Ethik, sondern dem

Recht nahezu komplementär gegenüber im Schwellenbereich traditionaler und

selbststeigernder Werthaltungen.587 Reputation umfasst auf der einen Seite die eher

passive Variante, die im Wertekreis mit den Stichwörtern „Gesicht wahren“ und

„Zugehörigkeitsgefühl“ charakterisiert ist, wie auch aktive Handlungen, die die

Erarbeitung sozialer Anerkennung, von Erfolg und Autorität zum Ziel haben. Reputation

bezeichnet ergo „das öffentliche Ansehen, das eine Person, Institution, Organisation

oder allgemeiner ein (Kollektiv-)Subjekt mittel- oder langfristig genießt und das aus der

Diffusion von Prestigeinformationen an unbekannte Dritte über den Geltungsbereich

persönlicher Sozialnetze hinaus resultiert.“588

Der Wettbewerb in den Handlungsbedingungen und Vertrauensverlust führen dazu,

dass Bestandteil von Unternehmensreputation eine glaubwürdige, freiwillige

Selbstbindung an Werte ist. Nicht zuletzt, um sich gegenüber neuen

Umweltkonstellationen verbesserte „evolutionäre“ Chancen zu verschaffen. Ziel der sich

selbst rückbindenden Unternehmen589 ist es, sich gegenüber dem Wettbewerbsumfeld

587 Da Reputation aus dem Phänomen der Ehre hervorgeht und Ehrenhändel notfalls auch das Recht zur Widerherstellung bedrohter Ehre suspendieren, scheint die Verortung grundsätzlich begründet zu sein. 588 Eisenegger 2005, S. 24 589 Lat. religere=Rückbindung. Die Nähe der Reputation zum traditionellen „Letztwertesektor“ manifestiert sich in ihrer Nähe zu Credo (Glaube) und Hoffnung, denn „da notabene Reputation wie Börsenwert zentral von positiven Zukunftserwartungen getrieben sind, besteht zwischen beiden Größen zwangsläufig eine signifikante Korrelation,“ so der Schweizer Reputationsfachmann Mark Eisenegger (2005, S. 37). Gegenseitige Selbstbindung, die sich symbolisch am Point of Purchase vereint, firmiert auch unter dem

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positiv abzuheben, die Konsumenten zu involvieren und jene damit selbst mit

rückzubinden, nämlich an die jeweiligen Marken wie auch die Unternehmung als

Corporate Brand selbst. Dabei wird häufig auf die obersten Werte einer kulturellen oder

subsystemischen Hierarchisierung rekurriert, was die angestrebte Ungleichheit –

Differenzierung durch Selbstbindung an Werte – vielfach in Gleichheit enden lässt.590

Je nach Unternehmensvision beziehungsweise Mission und Charakter der

Anspruchsgruppen ist unternehmerische Verantwortung auf die Verwirklichung von

Umweltthemen (Corporate Environmental Responsibility, CER) ausgerichtet oder zielt

auf soziales Engagements im Rahmen eines „Corporate Citizenship“. Dieses liegt dann

vor, wenn Unternehmen als gute Bürger – als Corporate Citizen – auftreten, „in ihr

gesellschaftliches Umfeld investieren und ordnungspolitische Mitverantwortung

übernehmen. Sie helfen mit, Strukturen bereichsübergreifender Zusammenarbeit und

Soziales Kapital aufzubauen, um zusammen mit Partnern aus anderen

gesellschaftlichen Bereichen (Bildungs-, Sozial- und Kultureinrichtungen,

Bürgerinitiativen und NGOs, Verbänden, Politik, anderen Unternehmen etc.) konkrete

Probleme ihres Gemeinwesens zu lösen. In diesen Prozess bringen sie nicht nur Geld,

sondern alle ihre Ressourcen – also Mitarbeiterengagement, fachliches Know-how und

Organisationskompetenz, Informationen etc. – ein.“591

Gesellschaftliches Engagement soll wirtschaftlichen Erfolg implizieren wie auch

umgekehrt wirtschaftlicher Erfolg als Indikator für die öffentliche Anerkennung

gesellschaftlichen Engagements gelten möge. Das notwendige erwerbswirtschaftliche

Prinzip der Unternehmen wird angesichts diverser Bewertungsrichtlinien und

Börsennotierungen berücksichtigt: „Sustainability and efficiency initiatives save costs

and increase the value of the company. The FTSE4Good Index and the emergence of

external CSR rankings (for instance Sustainable Value) highlight how companies are

increasingly assessed in terms of their sustainability and CSR activities.”592 Silke Riedel

vom Imug-Institut Hannover, das börsennotierte Unternehmen nach ökologischen und

ethischen Kriterien durchleuchtet, ergänzt: „Ethisch, ökologisch und wirtschaftlich

Stichwort „Karma-Kapitalismus“. In der hinduistischen Lehre ist Karma das universelle Zusammenspiel von Ursache und Wirkung. Hier hängt das zukünftige Leben von den Handlungsweisen im Hier und Jetzt ab. 590 Hellmann 2007, S. 6. 591 So Habisch 2003, S. 58 592 Burmeister 2008, S. 2

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verantwortliches Verhalten verbessert die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens und

damit auch die Erträge der Aktionäre.“593

Wenn aber das Einnehmen von Werten nur der Wert-Einnahme – im Sinne von Erlösen

– dient und zu einem „struggle between looking good and doing good“594 führt, kann das

für die Unternehmung katastrophale Folgen haben im Sinne eines symbolischen

Offenbarungseides und Vertrauensverlustes.595 Wichtig ist die Glaubwürdigkeit, die in

der Vergangenheit durch zu viele Botschaften, Produkte und Dienste erschüttert wurde,

so dass Verbraucher annehmen, dass ihnen in der Produktwerbung nur etwas

vorgaukelt wird.596 Ein nicht gerade unwichtiges Moment, werden doch bis zu 80% der

Kaufentscheidungen aus dem Bauch gefällt,597 und 70% Prozent aller Konsumenten

kaufen keine Waren von Unternehmen, von denen sie eine schlechte Meinung

haben.598

In einem fünfstufigen Modell wollen wir die unterschiedlichen Intensitäten einer ethisch-

moralischen Konsumhandlung aufzeigen. Dabei liegen jeder Stufe zwei elevatorische

Grunddifferenzierungen zugrunde, und zwar die Unterscheidung zwischen einerseits

der Positionierung / der Stufe des Produktes im Markenentwicklungs-Wertkreis,

andererseits zwischen der Motivation des Konsumenten, also ob das (Marken-) Produkt

dem aktuellen/idealen Selbst oder dem aktuellen/idealen Sozial-Selbst zukommen soll.

Aktuelles und ideales Selbst finden sich im Wertekreis in der ovalen Markierung „Ich“,

sind mit selbstbestimmenden und selbststeigernden Werthaltungen konnotiert. Die

Formen des sozialen Selbst erstrecken sich über universalistische und traditionelle

Werthaltungen, die durch den „Wir-Kreis“ repräsentiert werden.

1. Ein Konsument erwirbt Milch, da diese besonders gesund sein soll, die

Leistungsfähigkeit steigert und auch noch gut schmeckt. Sein Motiv wird geleitet durch

die Werte individuelle-körperliche „Gesundheit“ und „Leistungsfähigkeit“ – den

selbststeigernden Werthaltungen entstammend, es geht dem Konsumenten um ein

aktuelles (Erhaltung) oder ideales Selbst (Gesundheitsverbesserung). Bei der 593 Gerth 2008 594 Zitiert nach Maaß 2002, S. 132 595 Beispielhaft steht hier die 200 Millionen Euro teure Kampagne „Beyond Petroleum“ von BP, bei der sich drei Jahre später herausstellte, dass sie mehr den PR-Anforderungen als der Realität entsprach, was die Börse sofort mit einem Verlust von zehn Prozent der Aktie quittierte. Gerth 2008 596 http://www.sinus-sociovision.de/Download/Management-Summary_Sinus-Trendreport-2008.pdf 597 Schmidt 2004, S. 224 598 Herbst 2006, S. 10

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Produktauswahl vergleicht er bewusst gesundheitsfördernde Ingredienzien und Zusätze

wie auch Testergebnisse - „functional food“ gehört nicht nur begrifflich zu funktionalenb

Marke - sowie Bekanntheit der Marke und entscheidet sich für ein für ihn gutes Preis-

Leistungsverhältnis.

Ein anderer Konsument nutzt beispielsweise die Möglichkeit, an einem

Verkostungspunkt mehrere Sorten Milch direkt zu vergleichen, die einen besonders

samtenen oder süßlichen Geschmack verheißen.599 Ein dritter mag Milch, aber am

liebsten weiterverarbeitet in einem Milch-Schokoladen-Mischprodukt, das extra viel

Milch enthält und auch Spiel, Spaß und Spannung verspricht. Hier handelt es sich auf

Seiten des Konsumenten um selbstbestimmende Werthaltungen – Neugierde,

Stimulation -, die mit experienziellen Marken gestillt werden möchte. Aber es handelt

sich in keinem Fall um ethischen Konsum.

2. Die erste ethische Konsumstufe ist der „gelegentlich moralische Konsum“, 600 der hier

mit „konsumierter Ethik“ bezeichnet wird. Der Konsum einer symbolischen oder

599 Für „nur Milch“ gilt die bereits angesprochene habitualisierte Einkaufshandlung der „Fast Moving Consumer Goods“ 600 Lamla 2005, S. 4

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relationalen Marke dient der gelegentlichen Gewissensberuhigung601 oder auch der

Vergewisserung – sollte eine bestimmte ethische Haltung „in“ sein -, dass man noch „en

vogue“ ist. Hier findet sich der Lifestyle-Konsum, der zwar von außen kommend,

extrinsisch motiviert ist, nicht zuletzt aber auch hedonistisches Vergnügen bereitet.

Für diesen Typus des ethischen Konsums gilt am ehesten ein

„Selbstergänzungsmotiv“.602 Konsum von „Ethical Lifestyle Brands“ steigert das

Selbstwertgefühl. Dass „Bio“ im Ganzen als „Ethical Lifestyle Brand“ gesehen werden

könnte – qua EU abgesiegelt –, verdeutlicht Franz-Theo Gottwald, Bio-Lebensmittel

„sind durch die öffentliche Diskussion über Fairness, Nachhaltigkeit,

Generationengerechtigkeit, Klimaschutz, Gesundheit und regionale

Ernährungssicherheit geradezu moralische Güter geworden und beinhalten eine klare

Botschaft: Sie schützen Pflanze, Tier und Mensch. Moralisch Fragwürdiges wie der

Einsatz von potenziell gefährlichen Chemikalien, von Mastmitteln, von gentechnisch

hergestellten oder nanoskallierten Hilfs- oder Zusatzstoffen wird nicht verwendet.“603

601 Das Gewissen ist „nur eine Fähigkeit, Konflikte in Beziehung zu der Matrix der Werte zu setzen, die als eigene Werte gefühlt werden […] Schuld ist […] mehr das Gefühl eines verletzten Wertes, ein Widerwille dagegen, dem idealen Selbst-Bild nicht zu entsprechen.“ Allport 1974, S. 69 602 Vgl. Strebinger 2008, S. 98 603 Gottwald 2008, S. 15

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Kennzeichen der „konsumierten Ethik“ ist die „transzendierende Aufmerksamkeit“.604 Es

geht darum, von möglichst vielen gesehen zu werden, Attribute und Begriffe wie Ruhm,

Reputation und Prominenz sind hier leitend. Es handelt sich quasi um „geborgte

Anerkennung“. Der transzendierenden Aufmerksamkeit geht es darum, von möglichst

vielen gesehen zu werden, um Inszenierung. Es gilt das „Selbstdarstellungsmotiv“, bei

dem die (ethischen) Eigenschaften eines Produktes/einer Marke signalisieren sollen,

dass der Konsument die gleichen Eigenschaften besitzt.605 Die Kaufhandlung generiert

das werbliche Paradox - individuelle Identität durch Mimesis, Auserwähltheit durch

rivalisierende „Ansteckung“.606

3. Dazwischen befindet sich der Konsument mit eher situativem Verhalten, der sich erst

am Point of Purchase, angeregt durch Angebote, Displays - durch (gesteuerten) Zufall –

entscheidet. Es zählen ethische Prämissen, die in der jeweiligen Situation hilfreich sind,

eine „Landstreichermoral“: „Der Landstreicher wählt sich seine Ziele, wie sie kommen

und wie er sie von den Wegweisern abliest; aber selbst dann weiß er nicht sicher, ob er

an der nächsten Station Rast machen wird, und für wie lange.,“ so Ulrich Beck.607

Verhaltensweisen werden gemischt, situativ, hybrid, verbunden mit einer kurzfristigen

Issue-Orientierung.608 Beim „hybriden Konsumenten“609 wird es, wie bereits erwähnt,

immer schwieriger, stringente Konsummuster zu erkennen.

4. In der vierten Stufe lässt sich nun mit Fug und Recht von „ethischem Konsum“

sprechen. Wenn man bei Werten primäre, terminale Zielwerte von sekundären,

instrumentellen Werten unterscheidet, dann steht hier das zweite im Fokus, das „Wie“

der „Daseinstechnik“, 610 die bestimmt, in welcher Form das „Was“ erreicht wird. Zu den

bereits aufgezählten Implikationen des ethischen Konsums und des Reputation-

Managements zählen ebenso der historisch einmalige Anstieg des durchschnittlichen

Wohlstands in den westlichen Gesellschaften: Viele können es sich heute leisten,

ethisch zu handeln. Zweitens der historisch einmalig gestiegene Bildungsstand der

Bevölkerung: Früher war der Kunde nicht nur in der Warenkunde „Analphabet“ – und für 604 Assmann 2001, S. 21f. 605 Vgl. Strebinger 2008, S. 98 606 Als grundlegender, kultureller Prozess interpretiert in Girard 2006, S. 211ff. 607 Vgl. Beck 1994, S. 13 608 Im angelsächsischen Sprachgebrauch bezeichnet der Begriff „issue“ allgemein ein öffentliches Anliegen oder Problem beziehungsweise eine politische oder soziale (Streit-)Frage, so Liebl 2001, S. 30 609 Unternehmen verdienen 80 % ihres Umsatzes mit Stammkunden. Aber sie verlieren im Schnitt 43 % ihrer Stammkunden in nur drei Jahren. Vgl. http://www.trendbuero.de/upload/07-Trendtag/2008/IDM-Workshop/13TT_IDM.pdf 610 Thomae 1968, S. 331

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die Produzenten Mittel zum Zweck - heute ist er aufgeklärt und bestimmt die Zwecke

und Ziele der Produzenten, so der Kulturwissenschaftler Nico Stehr.611

Was hier stattfindet könnte man als „prosoziale Transformation“ bezeichnen: Eine

ursprünglich auf Kosten und Nutzen beruhende Austauschbeziehung wandelt sich in

eine prosoziale Beziehung.612 Getragen ist diese prosoziale Transformation durch das

Bedürfnis nach Affiliation – dem Wunsch nach sozialem Anschluss, nach Beachtung

und Billigung, nach Getragenheit, nach Sinngebung des Daseins durch Betätigung in

einem größeren sozialen Kreis.613 Zu den positiven Konsequenzen, die prosoziale

Handlungen erleichtern, gehören Steigerungen des Selbstwertgefühls und positive

Rückmeldungen.

Kontinuierlicher ethischer Konsum verlangt intrinsische Motivation, Bewusstheit beim

Einkauf, stetige Aufmerksamkeit, nichts „Falsches“ zu kaufen. Diese „strategische

Aufmerksamkeit“ ist mit Vigilanz gleichzusetzen.614 Hier geht es darum, möglichst viel

zu übersehen. Diese Aufmerksamkeit richtet sich auf Techniken der

Selbstermächtigung, sei es durch Risikobewältigung oder Selbstdarstellung, sie ist eine

Öffnung gegenüber dem Unbekannten, dem Anderen. Hier wird signalisiert, was „zählt“

(Counting), was also relevante Informationen sind, was nicht ausgeblendet,

herabgespielt oder nicht Ernst genommen werden darf (Discounting).615 Ethischer

Konsum signalisiert eine Botschaft innerhalb eines „interaktiven Role Making“,616 wird

zu einem öffentlichen Denkzettel nach Maßstab eines antiken Ostrakismos.617

Der Ökonomie und der Warenwelt steht zwar der Weg einer vollkommenen

Immaterialisierung, wie sie symbolische Medien bewerkstelligen, nicht offen.618 Daher

611 Stehr 2007, S. 2 612 Vgl. Bierhoff 1996, S. 403 613 Thomae 1968, S. 319 614 Assmann 2001, S. 21f. 615 Kreyenberg 2005, S. 289 616 Die Identifikation eines Akteurs mit einer noch nicht wirksamen aber gewünschten Strategie zu einem Role Making, von dem sich der Akteur eine Wirksamkeit der Strategie verspricht. Gleichsam geht damit eine Erwartungshaltung im Sinne einer „Fremdzuschreibung“ , von sozialen Erwartungen an andere Akteure, vgl. Kirsch 2001, S. 156 617 Die altgriechischen Scherbengerichte könnte man zu den ältesten Formen der „Bürgerinitiative“ zählen, so Mayer-Tasch (1985, S. 9) 618 So Winkler 2004, S. 313.

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trennt sich das Geld sukzessive von der gesellschaftlichen Produktion.619 Auf der

anderen Seite aber wird auch die Warenwelt „fluider“, weil sie sich des Symbolischen

bedienen kann, das wiederum Teil eines Identitätsmanagements, Teil des

menschlichen Bewusstseins ist. Das Symbolische und das Ökonomische bedienen sich

einander, parasitieren sich gegenseitig. Denn das Bündnis mit der Ökonomie

„substituiert Referenz“620, es verschafft dem Symbolischen einen zweiten Bezug auf die

„Realität“. Gleichzeit leiht das Geld seine Eigenschaft der Knappheit aus und verleiht

damit eine gewisse Signifikanz.

Die „sehr positive Eigenschaft, die man mit dem negativen Begriffe der

Charakterlosigkeit bezeichnet“621, die Simmel dem Geld zuschreibt,622 wird qua

Kontextsteuerung auf der Seite des „gewünschten Charakters“ diskontiert. Durch den

Erwerb einer symbolischen oder relationalen Marke wird aus der Indifferenz, dem Geld,

Differenz, Kontext, Sinn und Information. Die Komplexreduktion, die die Fixierung auf

den Preis beinhaltet, wird aufgehoben, aber durch die Komplexreduktion des

Symbolischen – in Form von Mythen und Geschichten – wieder hergestellt.

Am Point of Purchase zählt damit plötzlich die Sicht der Anderen auf das Selbst

beziehungsweise das Bild, das die Anderen vom Sozial-Selbst haben könnten. Einige

Menschen sind prädisponiert dafür, mehr als andere auf Erwartungen oder

Bewertungen der Menschen um sie herum zu reagieren. Menschen mit hohem ATSCI-

Wert („attention to social comparison information“)623 konsumieren eher bestimmte

Produkte aufgrund sozialer Fingerzeige als Menschen mit niedrigem ATSCI-Wert. Wie

weit der Kreis „der Menschen um sie herum“ gezogen wird, differenziert dann

universalistische von eher traditionellen, im Wertekreis mit „Benevolence“/Wohlwollen

umschriebenen Werthaltungen. Wohlwollen bezieht sich auf die Sorge um das

Wohlergehen von Nahestehenden in alltäglichen Interaktionen, während sich

Universalismus auf das Verständnis, die Wertschätzung, die Toleranz und den Schutz

619 Dabei wird zum Teil jeder Bezug auf einen Referenzwert aufgegeben, übrig bleibt eine „allgemeine Austauschbarkeit, Kombinatorik und Simulation“, vgl. Baudrillard 1991, S. 18f. Die globalen Ströme des Finanzkapitals, Spekulationspapiere, Optionsscheine, future bonds scheinen dies zu unterstreichen 620 Winkler 2004, S. 316 621 Simmel 1991, S. 273 622 Das lateinische „pecunia non olet“ – Geld stinkt nicht - macht übrigens den Zusammenhang zwischen den Anfängen menschlicher Kultur und der gegenwärtigen Kultur deutlich. Tatsächlich hatte „peku“ zuerst die Bedeutung von „beweglichem Vermögen“, also beweglichem Sinn, erst später nahm es die konkretisierendere Bezeichnung „Vieh“ an. Vgl. Benveniste 1993, S. 39ff. 623 Vgl. Bagozzi 2000, S. 280

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zum Wohlergehen aller Menschen bezieht. Das ist – unter anderem – auch ein

Unterschied zwischen dem universalistischen „Eco-Heritage“ und den „Eco-Bind“.

Der ethische Konsum dieser Stufe ist dabei eine zeitgenössische Interpretation der

„Bürgerinitiative“, die vorliegt, „wo immer außerhalb der politischen

Herrschaftsinstitutionen stehende Angehörige eines Gemeinwesens in Ergänzung

obrigkeitlicher Fürsorge oder in konstruktiver Auseinandersetzung mit ihr initiativ

geworden sind, um Mitgestaltung des sozialen Lebens bemüht [sind]“624, so der

Münchner Rechts- und Politikwissenschaftler Peter-Cornelius Mayer-Tasch. Daraus

erklären sich die lockeren Zusammenschlüsse, sog. „Tribes“,625 die selbst Buykott und

Boykott initiieren können.626

Auch für die „Tribes“ gilt das Gesetz der „antagonistischen Kooperation“627 mit stärkeren

Parteien oder Allianzen – wie mächtigen Marken - , bei denen immer die Gefahr

besteht, durch „Schein“ in Form „unechter“ Ethik-Produkte infiltriert und seiner

Engagementmittel beraubt zu werden, ohne dass sich mit seinem Konsum tatsächlich

Weichenstellungen in Richtung Nachhaltigkeit und/oder ökologischem Landbau etc.

verbinden. Aber wenn es „gut“ geht, dann ist der Nutzen des ethischen Konsums aller

Beteiligten direkt wahrnehmbar, was man durchaus mit „Effektivierung des

Systemgeschehens“628 charakterisieren kann.

624 Mayer-Tasch 1985, S. 9 625 Penz 2007, S. 49 626 Der Boykottaufruf gegen den Ölkonzern Shell wegen dessen geplanter Versenkung der Ölplattform Brent Spar 1995, war der bisher erfolgreichste Konsumentenboykott. Dem Aufruf von Umweltschutzbünden, künftig die Tankstellen von Shell zu meiden, folgten etwa 50 % der Bevölkerung. Auch Unternehmen wie die Tengelmann-Gruppe beteiligten sich an der Aktion. Tengelmann forderte die fast 200.000 Mitarbeiter im In- und Ausland auf, beim Betanken ihrer Privatwagen Shell-Tankstellen zu meiden. 627 Mayer-Tasch 1985, S. 227 628 So Mayer-Tasch (1985, S. 47) über „die Verdeutlichung von Erwartungen und die Bereitstellung von Sachverstand“ im „Zeichen intendierter Wertverwirklichung“.

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5. In der letzten Stufe, der „ethischen Mission“, wird hohes Vertrauen und Identifikation

mit der Marke erreicht. Eine „Marriage to the brand“629 (inklusive Einkaufsstättentreue)

wird erreicht, mit allen „Zeichen“ der Kohärenz und Dauerhaftigkeit630, die einem ewigen

Treueversprechen zueigen sind.

Allerdings wächst die Nähe zu introspektiven „top down“-Anschauungen,631

gekennzeichnet durch Meta-Schleifen der Selbstreferenz632 und Eigenkonfiguration als

ethische (Trivial-)Maschine. Eine Moral, wie sie sich hier findet, hat eine verhängnisvolle

Tendenz zur Totalisierung und Derogation von Mehrheitsmeinungen, weil sie einen

rechthaberischen und selbstgerechten Code von gut und böse, von gut und schlecht

aufbaut.633 Marken und ihre Produkte werden fast zu heiligen Dingen, die eine Art

Selbstheiligung bewirken. Aus diesen Haltungen können dann Abqualifizierungen der

„unteren“ Stufen des ethischen Konsums erwachsen, wie die Schmähung als „Ablass-

Kapitalisten“. Damit unterstellt man mit moralisch-religiösem Duktus den Geschmähten,

sie würden sich mit der Kaufhandlung nur reinwaschen und - ähnlich dem

mittelalterlichen Ablasshandel – zwischen den Kaufakten ungehemmt „sündigen“, sich

sondern, also die (quasi „religiös“ gebotene) Aufmerksamkeit schleifen lassen.634

Kollektive Gesinnungsethik als „Fortsetzung abendländischer Metaphysik“635 ist

natürlich besonders verlockend, je größer die Überzeugung eigener Rechtschaffenheit

bei gleichzeitig auftretenden zivilisatorischen und sozialen Krisen ist.

629 McEwen 2005, S. 35ff. 630 Von Strebinger (2008, S. 97) als „Selbstkonsistenzmotiv“ bezeichnet. Bereits Heiders Konsistenztheorie wie auch Festingers Dissonanztheorie gehen davon aus, dass sich Menschen in ihren Meinungen, Einstellungen und Verhalten gerne als widerspruchsfrei wahrnehmen und präsentieren; vgl. Florack 2007, S. 184 631 Das Denken in dichotomischen Begriffen wiederholt sich hier in den Anf-order-ungen ethisch-moralischer Ge- und Verbote, die jedes Individuum der Aufgabe verpflichten, täglich das Richtige vom Falschen zu unterscheiden. „Damit entsteht freilich auch eine leicht obskure Diskrepanz zwischen der Monumentalität der Herausforderung und der apokalyptischen Wucht der behaupteten Gefahr einerseits und der Banalität der Rettungsaktionen andererseits,“ so Misik 2007 632 Willke 2006, S. 176 633 Willke 2009, S. 5 634 Das erinnert an Unterscheidungen der praktischen Philosophie, wie die zwischen Ethik und Moral, Zweck und Mittel, Gesinnungs- und Verantwortungsethik, zwischen konsequentialistisch-normativen und teleologisch-deontologischen Differenzierungen, zwischen Legitimität und Legalität oder die von Thomas von Aquin in der 19. Untersuchung „Güte und Schlechtigkeit der inneren Wirke des Willens“ abgeleiteten Schlussfolgerungen sowie die Unterscheidung zwischen moralischer Kultur auf der einer Seite und der nur die Sitten und den Anstand betonenden Zivilisation von Kant. Zur näheren Darlegung sei hier nur kurz auf die Unterscheidung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik, von Max Weber stammend, eingegangen. Die Verantwortungsethik zielt auf die Verantwortbarkeit der Folgen des Handelns beziehungsweise der Ergebnisse ab. Im Gegensatz zur Gesinnungsethik stellt sie die tatsächlichen Ergebnisse der Handlung über Motiv und Absicht der Handlung. 635 Schönherr-Mann 1997, S. 30

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Doch eine von Öffentlichkeiten massiv initiierte Hypermoral wird dann seitens der

betroffenen Organisationen mit Abwehrtechniken gekontert werden, einer Als-Ob-

Integrität. Ein CSR-Konzept deutet in diesem Fall nicht darauf hin, dass sich eine

Organisation öffnet, sondern vor allem darauf, dass sie etwas zu verbergen hat. Das hat

eine – bereits zum Thema CSR angedeutete – paradoxe Spirale zum Resultat: „Wir

erzwingen moralisch programmierte Reaktionen, die wir jederzeit als interessengeleitet

enttarnen und ihr auch die kleinste Chance auf Authentizität entziehen können“.636

Vielleicht auch dies ein Grund für die paradoxe Konstatierung von Ernst Forsthoff, dass

die Chance der Durchsetzung eines Interesses mit dem Grad seiner Allgemeinheit

schwindet.637

An unserem Modell des Ethischen Konsums werden die bereits eingeführten

Handlungs-Abstufungen ersichtlich, an die in diesem Kontext nochmals erinnert werden

soll. 1. Alltägliches Handeln, 2. Handlungen, die das Ergebnis expliziter Reflexion sind,

3. Handlungen als Ausfluss jüngerer Orientierungsmuster, die wiederum Ergebnis

mehrerer generalisierter Handlungen sind und 4. „Außeralltägliches“ Handeln

in/vor/nach einem Ausnahmezustand.638

Die sich anschließende Graphik zeigt komprimiert die herausgearbeiteten

verschiedenen Nutzen- und Kommunikationsformen von Lebensmitteln auf.639

636 Wetzel 2009 II, S. 67. Die Krise offenbart auch eine Abwehrtechnik gegen Hypermoral, nämlich den Austausch führender Mitglieder der Organisation, die dann im übrigen weiter verfahren kann wie zuvor. 637 Zitiert in Mayer-Tasch 1985, S. 49 638 Wobei ein Ausnahmezustand auch zum Dauerstand durch ewiges Andauern werden kann, Stichwort „Kairos“ etc. 639 Kategorisierung der Individualisierungsmöglichkeiten der Sekundärdienstleistungen nach Jäger 2004, S. 229

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4.3. Bio als Marke der Vielfalt

Unterscheidungen kann man wieder und wieder treffen (call); man kann sie kreuzen,

um auf die andere Seite der Unterscheidung zu wechseln, um dort weitere

Unterscheidungen zu treffen (cross); und man kann Unterscheidungen in den gleichen

Raum der Unterscheidung wiedereinführen und so auf ihre Unterscheidungsfähigkeit

hin überprüfen (re-entry). Wenn also eine Unterscheidung – Vielfalt/Einheit (analog zu

Markt/Hierarchie) - wiederum in das Unterschiedene einfährt, dann lassen sich vier

Arten von Vielfalt erzeugen. Vielfalt als zeitliches Nacheinander unterschiedlicher

Zustände (einheitliche Vielfalt); als räumlich und zeitlich unbegrenzte Wandlung und

Durchmischung (vielfältige Vielfalt); als räumlich wie zeitlich relativ kohärentes

Nebeneinander (vielfältige Einheit), als räumliches Nebeneinander rational-

ökonomischer Systeme in einem Naturzustand, aus dem durch (zufällige, evolutionäre

oder autoritäre) Intervention (Selektion, Variation, Retention) weniger vielfältige

Zustände hervorgehen können (einheitliche Einheit).

Im Folgenden wollen wir die Schwellen/Übergänge von Formen der vielfältigen Vielfalt

und der einheitlichen Vielfalt sowie den Übergang zwischen Formen einheitlicher Vielfalt

mit jenen der vielfältigen Einheit beleuchten. Zumal sich in diesen Übergängen

einerseits die Werthaltungen des postmodernen „Eco-Flux“ wie auch andererseits jene

des „Eco-Bind“ wieder finden und damit die jeweiligen „zielgruppenspezifischen

Schlüsselreize der Sympathie“.640

640 Bergler 2007, S. 583. Dabei ist zwischenmenschliche Anziehung eine direkte lineare Funktion des Anteils ähnlicher Einstellungen. So Buunk 1996, S. 376

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Die Fruchtfolge ist das zentrale Gestaltungselement des ökologischen Ackerbaus. Die

relative Kohärenz der Fläche wie der Wandel der Frucht in der Zeit entsprechen dem

Grenzgebiet von vielfältiger Einheit und einheitlicher Vielfalt. Die Gestaltung der

Fruchtfolgen ahmt durch zeitliches Hintereinander ackerbaulich nach, was im

vielfältigen, natürlichen Pflanzenbestand räumlich nebeneinander angeordnet ist. Dabei

gilt es, die Wirkungen der Vorfrucht mit den Ansprüchen der nachfolgenden Frucht auf

möglichst optimale Weise abzustimmen. Die Fruchtfolgegestaltung muss

Standortverhältnisse, pflanzenbauliche Faktoren, Ackerflächenverhältnisse,

Futterbedarf, Arbeitskapazitäten sowie betriebs- und marktwirtschaftliche Aspekte in

Einklang bringen. Funktionen der Fruchtfolgegestaltung sind die Erhaltung der

Bodenfruchtbarkeit, Förderung eines Abwehrpotentials gegen Schädlinge und

Krankheiten, Unkrautkontrolle, Stickstoffanreicherung, Bodenlockerung, Humuszufuhr

und Nährstoffmobilisierung.

Grundregeln der Fruchtfolgegestaltung sind 1. Fruchtbarkeitszehrende Kulturen hinter

fruchtbarkeitsmehrende Kulturen stellen („Werte-Wandel“) 2. Ausgewogener Wechsel

von Halm- und Blattfrüchten 3. Wechsel von Winterung und Sommerung 4.

Leguminosenanteil in der Fruchtfolge möglichst nicht unter 25 bis 30 Prozent 5. Davon

mindestens ein Jahr Futterleguminosen oder Grünbrache 6. So oft wie möglich

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Zwischenfrüchte und Leguminosen-Untersaaten 7. Nach Möglichkeit ein

Hackfruchtglied zur Unkrautregulierung einbauen 8. Kulturen mit langsamer

Jugendentwicklung nach unkrautunterdrückende Bestände stellen.641

Die Grenze zwischen vielfältiger Vielfalt wiederum und einheitlicher Vielfalt wollen wir

am Gegensatz zum antagonistischen Grenzgebiet beleuchten. Dieser dichotomischen

Ausprägung entspricht in der nun folgenden praktischen Gegenüberstellung der

englische Landschaftsgarten auf der einen Seite, der französische Barockgarten auf der

anderen Seite; eine Gegenüberstellung, die nicht zuletzt Ähnlichkeiten mit jener des

ökologischen Landbaus und der „konventionellen“ Landwirtschaft aufweisen könnte.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein galt bei vielen Wald und Moor wie auch unberührte Natur

als Unkultur, Wildnis, ja Frevel und nicht als Chiffre positiven Naturverständnisses.642

Der schlesische Dichter Daniel Caspar von Lohenstein vergleicht etwa um das Jahr

1689 das Reich mit einem Garten, welcher ohne tägliches Jähten, Abraupen,

Ausputzen, Stutzen, Abschaben und tausenderlei Arbeit verwildert.643 Die Arbeit des

Fürsten müsse wie Myrrhen und Majoran sein, bitter aber heilsam, denn im Garten

eines Reichs seien Untertanen Gewächse, der Fürst aber die Sonne.

Der Übergang von der formalen Gartenkultur zum Stil des englischen

Landschaftsgartens – in England zwischen 1720 und 1750, im übrigen Europa

unmittelbar daran anschließend – wurde von den Zeitgenossen als „Gartenrevolution“644

bezeichnet, da er eng mit der „Glory Revolution“ verbunden war. Die Triebkräfte der

englischen Gartenrevolution waren sozialer und politischer Natur, die sich in etwa wie

folgt zuspitzen ließen: England gegen Frankreich, politische, moralische, ästhetische

Freiheit und Vernunft gegen Rationalisierung, Regeln und Repräsentation.645

641 Quelle: http://www.oekolandbau.de/erzeuger/pflanzenbau/grundlagen/grundlagen-pflanzenbau-allgemein/fruchtfolgegestaltung-im-oekologischen-landbau/ 642 Blotevogel 2003, S. 6 643 Vgl. Tabarasi 2007, S. 356 644 Lateinisch revolvere = zurückrollen entstammt dem astronomischen und astrologischen Sprachgebrauch und bezeichnet eigentlich den Kreislauf der Gestirne. Dem entsprach die ursprüngliche politische Bedeutung des Revolutionsbegriffs, die sich auf einen Kreislauf der Verfassungsformen bezog, wie ihn Aristoteles beschrieben hatte. Vgl. Tabarasi 2007, S. 34 645 Tabarasi 2007, S. 10. Wobei der krasse Gegensatz zwischen Frankreich und England so nicht bestand, denn Frankreich hatte ebenso Phänomene und Protagonisten des Landschaftsgartens. Die Ideologie der Physiokraten Quesnays entsprach weitgehend der des englischen Landschaftsgartens. Doch in Frankreich existierten nicht die politisch-gesellschaftlichen Strukturen wie die einer Trennung zwischen „Country“ und „City“, die eine Gartenrevolution befördert hatten. Die anglo-chinesische Garten-Mischform, in der noch rokokohafte Elemente überlebten, und die ihre Wirkung insbesondere durch

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Die französische Form der Naturgestaltung, die auch die architektonische genannt wird,

besteht in einer geometrischen und ornamentalen Durchgestaltung der Natur. Drei

Aspekte sind mit dem geometrischen Barockgarten verbunden: der Einfluss der

Architektur und ihrer Regeln (Symmetrie und Geometrie), die sichtbare Dominanz der

Menschen über die Natur (rechteckige Kanäle, Baumschnitt und Alleen), Etikette und

das formelle Zeremoniell im Garten.646 Die Gestalter dieser geometrischen Gärten

waren Architekten und sie gestalteten den Garten als eine Erweiterung des

Hauses/Schlosses – mit Gängen, Hallen, Nischen – als eine Einbeziehung der Natur in

das Anwesen.647 Nach dem bereits Cicero in „de natura deorum“ als „erste Natur“ die

Wildnis (Wohnort der Götter) bezeichnete und als „zweite Natur“ die vom Menschen zu

Überlebenszwecken bearbeitete Natur galt, handelt es sich beim Barockgarten um eine

Art „dritter Natur“.648

Dementsprechend folgte, architektonisch umgesetzt, auf den als Fortsetzung des

Schlosses gedeuteten geometrischen Barockgarten die zweite Natur mit Obstgärten

und Feldern sowie „Wildnis“ und Wald.649 Die Schönheit des von hohen Buchswänden

umstandenen Barockgartens konnte sich daher besser aus dem ersten Stock des

Schlosses erschließen, den Räumen des Königs, aus der Perspektive des höheren,

erhöhten Beobachters, weswegen der Barockgarten nicht zuletzt der Präsentation und

Repräsentation von Herrschaft dient.650

Die Landschaftsgestalter des englischen Landschaftsgartens hingegen inszenieren

Natur als Erfahrungsraum.651 Seine Gestalter waren häufig Maler, so dass frühe

Würdigungen des Gartenstils ihn mit dem Begriff „picturesque“ versahen. Im

Italienischen verstand man Mitte des 17. Jahrhunderts unter „Pittoresco“ etwas, das die

Fantasie beflügelte, eine direkte Nachahmung der Natur beinhaltete und die

Illusionismus und Staffage erzielte, ist charakteristisch für Frankreich, bevor die Französische Revolution nach dem Motto „Kartoffeläcker statt Luxusgärten“ das Ancient einebnete. Vgl. Tabarasi 2007, S. 174ff. 646 Tabarasi 2007, S. 25 647 Böhme 1989, S. 82 648 Tabarasi 2007, S. 21 649 Tabarasi 2007, S. 22 650 Wie auch bei Francis Bacon in seiner Utopie „Nova Atlantis“ zu Anfang des 17. Jahrhunderts: „In Parks und Gehegen halten wir alle möglichen Tiere und Vögel, und zwar weniger wegen ihrer Merkwürdigkeiten oder Seltenheit, als vielmehr zu Sektionen und anatomischen Untersuchungen, um dadurch so weit wie möglich Aufklärung über den Körper zu erlangen. Wir erzielen dabei zahlreiche wunderbare Wirkungen, wie die Erhaltung des Lebens trotz Verlustes angesehener Organe, die Wiederbelebung Scheintoter und ähnliches. Wir stellen an den Tieren auch Versuche mit allen möglichen Giften, Gegengiften sowie chirurgische und internistische Verfahren an, um dadurch den menschlichen Körper besser schützen zu können.“ Vgl. Bacon 2003, S. 47 651 Böhme 1989, S. 64

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Aufmerksamkeit auf das Malmittel selbst lenkte.652 Der Umgang mit Farbe, Textur, Licht

und Schatten gewann an Bedeutung. Das erklärte Ziel der englischen

Landschaftsgärtnerei war die Erzeugung von Stimmungen, die zur Entdeckung

auffordern sollten.653 Und weil die menschliche Vorstellungskraft so aktiv und

vielgestaltig ist, gewann die Schaffung von Gärten, die diese Innenwelt zu spiegeln und

auszudrücken vermochten, erheblich an Bedeutung. Im Unterschied zum

architektonischen Barockgarten lässt der englische Landschaftsgärtner wachsen, ihm

dient die Selbstproduktivität der Natur zum Zustandekommen des Gesamtwerkes.654 Er

sorgt nur für den Rahmen, in dem sich das „Bild“ (des englischen Gartens) autonom

entwickelt.

Die Theoretiker des englischen Landschaftsgartens übernahmen aus der chinesischen

Gartenkunst den Begriff des „sharawadgi“= Unregelmäßigkeit,655 der bestimmend für

den Entwurf von Landschaftsgärten werden sollte. Und so manifestieren sich

beispielsweise für Anthony Ashley Cooper, 3. Earl of Shaftesbury, die die Welt

gründenden Gegensätze, aus denen erst „die Harmonie des Ganzen“656 entsteht, im

englischen Landschaftsgarten: „Selbst schroffe Felsen, bemooste Höhlen,

unregelmäßige, natürliche Grotten und unterbrochene Wasserfälle, mit allen

grauenhaften Schönheiten der Wildnis, sind um so anziehender für mich, je mehr sie

die Natur selbst zeigen und in einer Pracht erscheinen, welche steifen Nachäffereien

fürstlicher Gärten bei weitem übertreffen.“657

Umwelt/Natur wird hier fast schon wie ein „Bioindikator“ interpretiert, steht als „quasi

integratives Messinstrument“658 unmittelbar im Zusammenhang mit der Qualität der

Lebensfähigkeit. Vorbildcharakter für den englischen Landschaftsgarten hatte die

652 Hunt 2004, S. 12f. 653 Hunt 2004, S. 6. Bezeichnenderweise fällt der Landschaftsgarten, das „Picturesque“, zeitlich mit dem Beginn des Sensualismus John Lockes zusammen, der geistige Vorstellungen aus empirischen Erfahrungen ableitet. John Locke beobachtete etwa, dass sich die komplexe Idee der Freiheit aus „Denken“ und „Bewegung“ zusammensetzt, die beide direkt durch sinnliche Erfahrung entstehen und aufgrund des gemeinsamen Aspektes der „Aufeinanderfolge“ assoziiert werden. Das bedeutet implizit, dass die Erfahrung der Bewegung im natürlichen Raum – der Natur – zur Entstehung von Freiheitsideen kann. vgl. Tabarasi 2007, S. 346 654 Böhme 1989, S. 87 655 Tabarasi 2007, S. 121 656 Shaftesbury 1980, S. 60 657 Shaftesbury 1980, S. 178 658 So Böhme 1989, S. 49

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Antike,659 die Elysischen Gefilde, - eine Mischung von „Erlebniswelten“, in der Mythos,

Dichtung und Wirklichkeit verschmelzen konnten – wie auch das Goldene Zeitalter mit

seinem „ewigen Frühling“. Was nicht als Anspielung auf den Klimawandel zu verstehen

ist. Obwohl die „Gartenrevolution“ tatsächlich nicht ohne einen bereits zur damaligen

Zeit konstatierten Klimawandel hätte stattfinden können. Zwischen 1700 und 1740 fing

die Temperatur an zu steigen, so dass man die Gartenflora auch mit ausländischen

Arten bereichern konnte und wollte, weil man bereits damals neuen Pflanzen- und

Baumbesatz als Lösung gegen Klimaprobleme ansah.660

Bevor die Verortung verschiedener Gartentypen, insbesondere die des englischen

Landschaftsgartens wie auch die des französischen Barockgartens, im Wertekreis

erfolgt, möchten wir an dieser Stelle noch einige Charakteristika anderer Gartenformen

aufzeigen.

Zu den orientalischen „paradeiza“, den paradiesischen Parks und Gärten gehörten

terrassenförmige Anlagen, wie beispielsweise die in der Antike legendären „hängenden

Gärten der Semiramis“. Sie wurden zum Teil als Jagdreviere genutzt, „Könige und

andere Potentaten gaben ihnen das Gepräge.“661 Die italienischen Renaissance-Gärten

waren ebenso im Besitz wohlhabender Familien oder Fürsten. Typisch waren

Terrassen-Treppen, Wasserspiele, Brunnen, Kaskaden sowie eine „eigenartige

Geschlossenheit“662 der symmetrisch gestalteten Anlagen.

Chinesische Gärten hingegen verbreiten gleichzeitig eine spirituelle Atmosphäre und

schwerelose Heiterkeit wie auch einen „erhabenen“ Schrecken, der sich in Form

drohender Felsen, dunkler Höhlen, schäumender Wasserfälle, verkrüppelter Bäume

und Ruinen zeigt. Asymmetrie, die plötzlichen Übergänge und heftigen Gegensätze in

Form, Farbe und Schattierung663 sollen die Natur im Prozess der Selbstorganisation

659 Tarbarasi 2007, S. 11. Für die christliche Tradition galt/gilt Natur als gefallene Natur, der geometrische Garten steht symbolisch für die geordnete Welt – das Paradies - vor dem Sündenfall. Dementsprechend war die der hermetischen Einfriedung der „respublica Christian“ des Mittelalters entsprechende Gartenform der „hortus conclusus“; vgl. auch Mayer-Tasch 1998/2, S. 52 660 Vgl. Tabarasi 2007, S. 45 und S. 259 661 Treptow 2001, S. 185. Mit der hier erfolgenden Einordnung der orientalischen Gärten sehen wir nicht den rhizomatischen Charakter, den Guattari und Deleuze (1977, S. 30), im Charakter orientalischer Gärten verorten wollen: „Im Abendland: Landwirtschaft mit auserlesenen Abstammungslinien und vielen verschiedenen Individuen; im Morgenland: Gartenbaukultur mit einer kleinen Anzahl von Individuen, auf eine große Skala von „Klonen“ verweist.“ 662 Treptow 2001, S. 186 663 Tabarasi 2007, S. 121

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zeigen, aber auch auf Gleichgewicht und Harmonie in einem (geordneten) Universum

hinweisen. Insbesondere der japanische Zengarten als „Trockengarten“, der lediglich

aus Kies, Steinen und Felsbrocken besteht, betont Ordnungsaspekt und Meditation. 664

Aus der englischen Gartenbauform entwickelte sich sukzessive auch eine Form des

Landbaus. Schon dem Landschaftsgarten entsprachen sowohl ästhetischen als auch

agrarökonomischen Nutzen zu vereinen und die Schafzucht in das Gesamtkonzept zu

integrieren, da Weideflächen fast doppelt so rentabel waren wie Ackerland.665 Daraus

entstand das Konzept der „ornamental farm“ zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Die

„ornamental farm“ oder französisch „Ferme Ornée“ avancierte zu einem Projekt, das

ganz im Sinne der Aufklärung versuchte, den wissenschaftlichen Fortschritt

voranzutreiben und mit einer ästhetisch ansprechbaren Gestaltung der Landschaft zu

verbinden. Agrarwirtschaftliche Neuerungen und Verbesserungen gingen einher mit

einer Gestaltung der Landschaft durch die Kunst.

664 Treptow 2001, S. 190 665 Vgl. Tabarasi 2007, S. 47. Der Schäfer aus dem Englischen Garten in München musste gerade seine Tätigkeit dort aufgeben, da vermehrter Hundekot seine Schafe krank machten.

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Nach Vorbild der „Leasowes“, der Ferme Ornée des englischen Dichters William

Shenstone, entstanden landwirtschaftliche Gärten in Europa und den USA, in denen

Viehweiden, Fischteiche, Obstgärten, Ackerland sowie Parklandschaften vereint

wurden. Wesentliche gestalterische Elemente der „Ferme Ornée“, die fast alle Formen

der Naturgestaltung beinhalten, waren Weidewirtschaft und Ackerbau als ökonomisches

Rückgrat der Flächennutzung, fließende und stehende Gewässer, Waldinseln mit

Hutewäldern (Wald-Weiden) und Wildnis, formale und ornamentale Gartenelemente,

Baumalleen zur Landschaftsgliederung, inszenierte besondere Orte und Picknickplätze

sowie (Rund-)Wanderwege zur Erschließung der Landschaftsszenerie.666

Eine Form der „Ferme Ornée“ war die „Pastoral Farm“, die, mit Motiven der

Schäferdichtung geschmückt, die literarische Landschaft Arkadiens zum Thema hatte.

Die „Ancient Farm“ widmete sich ihrerseits der Landbestellung der Bauern in früheren

Zeiten. Felder wurden hier nicht von Hecken, sondern von Wäldern umgeben, was den

Eindruck erweckte, die kultivierten Teile dehnten sich langsam in das unkultivierte Land

aus. Aber nicht die Trennung von Wald und Wiese war bezweckt, sondern „Holz“ und

„Gras“ sollten vereinigt werden und konnten inmitten kultivierter Äcker gefunden

werden. Im Wald fanden sich dann Schmuckbauten wie Türme oder Bögen, kleine

Burgen und Kapellen.667 Eine weitere Form, die „Simple Farm“, präsentierte

„Naturmaterialien“ wie Felder, Wald und Wasser in verschiedenen Formen und

Anordnungen.668

Eine aktuelle Version der „Ferme Ornée“ entsteht gegenwärtig im nördlichen Saarland.

Dort wird auf einem ca. 180 ha großen Gelände das Projekt „Landschaftspark Imsbach”

realisiert. Für das Hofgut Imsbach und die umliegenden land- und forstwirtschaftlichen

Flächen ist die Konzeption als Landschaftspflegehof mit landwirtschaftlichen

Einrichtungen vorgesehen. Der Landschaftspark verbindet die landwirtschaftliche

Nutzung der Flächen mit den „traditionellen“, gestalterischen Bausteinen:

Weidewirtschaft als Rückgrat der Flächennutzung, Waldinseln mit Hutewäldern und

Wildnis, formale und ornamentale Gartenelemente, die Farbe Rot als Reminiszenz an

den Rötelabbau, die „Imsbach-Promenade“ als ringförmige Erschließung der

Landschaftsszenerie inszenierte besondere Orte und Picknickplätze.669

666 Schulz 2004, S. 123ff. 667 Schulz 2004, S. 131 668 Schulz 2004, S. 127 669 Mehr dazu unter www.agl-online.de

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Hier wird die „Ferme Ornée“ zum symbolischen „Gegenort“ der Stadt, einem Ort der

Vervollkommnung und Regeneration,670 wie sie bereits im Rahmen der „Retirement-

Philosophie“ der englischen Whigs wahrgenommen wurde. Shaftesbury hat in

„poetische Extase“ ein Beispiel seiner „Retirement-Empfindungen“ gegeben: „Ihr Gefilde

und Wälder, meine Zuflucht aus dem ermüdenden Getümmel der Welt, nehmt mich auf

in euer stilles Heiligtum und segnet die Stunden meiner Einsamkeit und stillen

Betrachtung.“671

Gleichzeitig werden heute die Innenstädte als lebenswerter Raum wiederentdeckt. Die

Trennung von Stadt (Arbeit) und Land (Leben) scheint aufgrund des auch in diesem

Punkt immobiler werdenden Industriezeitalters – der Auto(im)mobilität und seiner

Verkehrskollapse – passe. Erstmals leben weltweit mehr Menschen in Städten als auf

dem Land. In 50 Jahren wird es mehr als 100 Mega-Cities mit einer Einwohnerzahl von

über fünf Millionen geben und in 25 Jahren werden zwei Drittel der Menschheit in

Städten leben.672 Zur Ernährung ihrer Bewohner braucht eine durchschnittliche Stadt

aber bereits heute eine Ackerlandfläche, die das Zehnfache ihrer eigenen Größe

beträgt. Bis zum Jahr 2050 werden zusätzlich mehr als eine Milliarde Hektar benötigt,

eine Fläche von der Größe Brasiliens, die nicht verfügbar ist.

Insofern wird folgerichtig die Landwirtschaft – nicht nur in Form der „Thünenschen

Ringe“673 - ein Teil der städtischen Kultur werden. Denn auch im Zuge des aktuellen

Strukturwandels fallen immer mehr Stadtflächen einer Brachenbildung anheim. Doch

Grund und Boden, der durch den Abriss von Wohngebäuden oder die Aufgabe

670 Schulz 2004, S. 384 671 Shaftesbury 1980, S. 146 672 Vgl. Laskowski 2001, S. 261. Es ist dabei noch nicht erwiesen, bleibt aber zu hoffen, dass, wie Wenzel (2007, S. 6) behauptet, die Stadt der Zukunft auf Lebensqualität, Greenstyle, Downshifting-Viertel und „Slow-Citys“ setzt. Denn ganz andere Herausforderungen könnten entstehen. Richard Norton, Professor für „national security affairs” am US-„Naval War College“, betont die Dringlichkeit, Aufmerksamkeit nicht mehr nur auf „failed states“, sondern auf bereits drohende „feral cities“ – wilde Städte – zu konzentrieren. Diese sind „an immense petri dish of both ancient and new diseases, a territory where the rule of law has long been replaced by near anarchy in which the only security available is that which is attained through brute power […] Such megalopolises will provide exceptionally safe havens for armed resistance groups,” Norton 2003 673 Bereits zu Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Johann Heinrich von Thünen mit seiner Abhandlung „Der isolierte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie“ in einem Gedankenexperiment einen idealtypischen Aufbau stadtabhängiger Landwirtschaftsformen – die „Thünenschen Ringe“ - entwickelt. Landwirtschaftliche Produktion sollte – nicht zuletzt durch die Treffpunkte der Direktvermarktung – ein Teil Stadt werden; vgl. Lohrberg 2001

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gewerblicher Standorte von seiner wirtschaftlichen Nutzung befreit wurde, ist totes

Kapital.

Unterschiedliche Landwirtschaftstypen bieten hierzu Entwürfe: Extensive Tierhaltung in

gepflegten Freiflächen, Blumenwiesen als Bienenweiden, Obstbäume und

Beerensträucher für Selbstpflücker, Anbau nachwachsender Rohstoffe,

Demonstrationsfelder für Getreidekulturen, Färbe- und Kräuterpflanzen, Duftfelder,

Mieter- und Schulgärten, Maislabyrinthe, Farbfelder, Wiesenlandschaften. Es entstehen

und entstanden City-Farms in England, der Schweiz, der Niederlande, Deutschland,

Dänemark und Frankreich. Interkulturelle Gärten auf ausgewiesenen Freiflächen dienen

als Treffpunkt und zur Teilselbstversorgung mit ökologischen Lebensmitteln. In Leipzig

werden auf einem an ein Neubaugebiet grenzendes ehemaliges Manövergelände

Heckrinder gehalten, in Gera in leerstehenden Plattenbauten Austernpilze gezüchtet.

Wie Felicitas Fuhrmann von der Humboldt-Universität Berlin ergänzt: „Landwirtschaft in

der Stadt kann als Innovationsmotor oder als Experimentierfeld gelten.“674 Da

verwundert es nicht, wenn das städtische Angebot an Weiterbildung hinsichtlich

ökologischen Themen und Servicepakete aus den Bereichen Bildung und Gesundheit

stark zunehmen.

Erste Ansätze für Öko-Städte sind im Moment in China geplant. Dort soll in der Nähe

von Shanghai die erste komplett nachhaltige Stadt entstehen: Dongtan. In ihr sollen so

viele Lebensmittel erzeugt werden, wie auf einer Landwirtschaftsfläche gleicher Größe

wachsen würden. Die Öko-Stadt wird mit erneuerbaren Energien, Regenwasser und

Brennstoff aus Küchenabfällen „funktionieren“. Maximal 40 Prozent der Fläche sollen

mit Häusern bebaut werden, der Rest für Landwirtschaft und ein Vogelschutzgebiet

bleiben.675

Auch in europäischen Städten könnten Kombinationen von „Ferme Ornée“ und den

„Hängenden Gärten der Semiramis“ entstehen. Eine Idee in dieser Richtung existiert

bereits. Das Konzept stammt von Dickson Despommier, Professor der

Umweltwissenschaften der Columbia University in New York City.676 Las Vegas wird die

weltweit erste, 30 Stockwerke hohe Vertical Farm bauen. Geplant ist eine Eröffnung in

674 Fuhrmann 2006, S. 12 675 http://www.sueddeutsche.de/wissen/artikel/923/109814/ 676 Mehr dazu auf http://www.verticalfarm.com

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2010; das 200 Millionen Dollar teure Projekt würde Nahrung für 72.000 Menschen

erzeugen. Mit „Vertical Farming“ könnten Nahrungsmittel wie Früchte, Gemüse, Fisch-

und Viehbestände durch die Nutzung von Treibhäusern und recyclebaren Ressourcen

das ganze Jahr über angebaut beziehungsweise gehalten werden. Dies könnte Städten

ermöglichen sich in Zukunft selbst zu versorgen.

Die potenziellen Vorteile von „Vertical Farming“, so Despommier, wären die Prävention

von Abholzung, Desertifikation, Zersiedelung und andere Konsequenzen steigender

landwirtschaftlicher (Land-)Nutzung. Mit der Produktion von Nahrungsmitteln in

Bevölkerungszentren würde weniger Luftverschmutzung erzeugt als beim Transport von

Nahrungsmitteln von entfernten Bauernhöfen – auch hier der Beleg für den

ökonomisch-ökologischen Doppelnutzen kurzer Wege. Die kontrollierte Umwelt der

Treibhäuser könnte außerdem zu größeren Erträgen und geringerem Gebrauch von

chemischen oder biologischen Wachstumsmitteln führen. Wie zurzeit angedacht,

könnten „Vertical Farms“ Abwässer in frisches Wasser umwandeln, durch Nutzung von

Abfällen ihre eigene Elektrizität erzeugen und theoretisch selbstversorgend sein.

Kombiniert werden könnte das ganze System mit der Technik des „Electronic Farming“,

bei der Computer und Internet-gestützte Anwendungen die präzise Bewirtschaftung der

Flächen, optimale Wärmeausnutzung, die Chargenverfolgung von Betriebsmitteln und

Vieh vom Rohstoff bis zum Fertigprodukt im Sinne einer gläsernen Produktion sowie

kundenfreundlichen Televertrieb und –Service erlauben.677

Dadurch könnten öffentliche Räume entstehen, die, um es mit Jürgen Habermas

auszudrücken, in der Lage sind, „im Hinblick auf die geheimnisvolle Kraft der

Intersubjektivität, Verschiedenes zu vereinigen, ohne es aneinander anzugleichen.“678

In der Verfassung öffentlicher Räume, so Habermas weiter, verraten sich am ehesten

anomische Züge des Zerfalls oder Risse einer repressiven Vergemeinschaftung.

Moderne Städteplanung verhindert diese repressive Vergemeinschaftung, wenn sie, wie

Marcus Zepf von der Ecole Polytechnique Federale de Lausanne, eine „Urbanität als

mot magique“ fordert und städtischen Raum als Platz für eine Vielfalt von paradoxen

Nutzungsarten innerhalb einer Ambivalenz zwischen Geschlossenheit (Fassaden) und

Öffnungen (Plätze, Zu- und Durchgänge) definiert. Die Stadt ist hier fokales System,

Verbindung von Modernität und Geschichte, Mischung und Separation, Kommerz und

677 Vgl. Gottwald 2005, S. 143 678 Habermas 2004

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Kunst, Mobilität und Verweilen, Stabilität und Wandel, zwischen individueller

Wahrnehmung und „mémoire collective“.679

Auch im Hinblick dessen, dass sich der (bundesdeutsche) Städter vor allem auf

landwirtschaftlichen Flächen erholt,680 ist die Integrierung von landwirtschaftlichen

Nutzflächen in die Stadt – aufgrund der „kurzen Wege“ – ökologisch. An den „Rändern“

dieser Stadt-Land-Wirtschaften und „Vertical Farms“ könnten sich Stellen bilden, an

denen sich Menschen ungezwungen aufhalten, verweilen, innehalten und am „Betrieb“

teilhaben könnten.681 Dieses Konzept ermöglicht für Städter das, was für die

Landschaftsarchitektin Antonia Dinnebier der Landschaftsgarten verkörpert: ein

„Hineinschlüpfen in vorgegebene Deutungsmuster“ wie gleichzeitig die

„eigenverantwortliche Sinnvermittlung“, die Sicherheit des Umhegten wie die Ahnung

der Freilandschaft.682

Diese paradoxen Vielfalten, die sich durch ein räumlich wie zeitlich rasantes

Aufeinander zu bewegen der Gegensätze auszeichnen, findet auch in ökonomischen

Strategien ihren Widerhall. Durch die zunehmende Fraktalisierung von Arbeits- und

Absatzmärkten sehen sich Unternehmen vermehrt mit einer externen Vielfalt – hybriden

Konsumenten, unterschiedliche (Mitglieder-)Kulturen - konfrontiert, auf die sie flexibel

reagieren müssen. Will ein System überleben, so muss es auf die Unterschiede in der

Umwelt mit Unterschieden in der eigenen Struktur reagieren: Es muss Informationen

bilden, es muss lernen. „Diversity Management“ zielt darauf ab, die Eigen- und

Vielheiten von Individuen und Gruppen gezielt als strategische Ressource zu nutzen.

Drei wichtige Argumente sprechen aus der Sicht der Unternehmen für Diversity

Management: Höhere Flexibilität bei Makro-Umwelt-Veränderungen, kreative

Problemlösungen und gesteigerte Marketingeffektivität, weil eine vielfältig

zusammengesetzte Belegschaft sich besser auf die Wünsche und Bedürfnisse

heterogener Kunden einstellen kann.683

679 Zepf 2000, S. 43 680 Lohrberg 2001, S. 2. Wer sein Wohngebiet verlässt und in die Umgebung spaziert, bewegt sich zumeist an Äckern und Wiesen, an Weinbergen und Gärtnereien vorbei. Die Statistik weist durchschnittlich ein Viertel der Stadtfläche deutscher Großstädte als Agrarland aus. Wälder und Forste kommen demgegenüber nur auf ca. 17 Prozent. 681 Christoper Alexander, Pattern 124 des „A pattern language: towns, buildings, construction”. Vgl. http://www.uni-weimar.de/architektur/InfAR/lehre/Entwurf/Patterns/124/ca_124_d.html 682 Dinnebier 2004, S. 64 683 Vgl. Vedder 2008. Dazu addieren sich des weiteren Kostensenkung durch bessere Mitarbeitermotivation und –integration sowie verbesserte Personalrekrutierung

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Unternehmen bewegen sich im Rahmen des Diversity-Management-Prozesses durch

drei Phasen, die erstaunliche Parallelen zu verschiedenen Stufen mit Behandlung von

Vielfalt im Rahmen des Umwelt- und Naturschutzes aufweisen. Phase 1 ist die der

Antidiskriminierung. Hier geht es darum, die Mitarbeiterschaft aus moralischen Gründen

vielfältiger zu machen, nicht aber die Organisation in ihrer Arbeitsweise an den

Unterschieden lernen zu lassen.684 Antidiskriminierung ist ja im Sinne des Wortes die

Rückgängigmachung einer Unterscheidung, die ja trotzdem die Nennung des

Unterschiedenen, das nicht mehr einem Unterschied unterliegen soll, benötigt. Mit dem

Nicht-Benannten kann damit verfahren werden wie zuvor. Dem entspricht analog die

Ausweisung von Naturschutzgebieten beziehungsweise die Nichtausweisung.

In Phase 2, der Phase der Legitimation, werden zunehmend ethnische Gruppen oder

Nischenmärkte als Bezugsgruppen identifiziert - mit der Gefahr der Stereotypisierung.

Analog dazu steht die Entdeckung von „geschützter Natur“, die vermarktet werden kann

als „Kulturlandschaft“, „gefährliche Natur“ (Extremsportarten), Wildnis, erhabene Natur

etc.

In der dritten Phase finden sich schließlich vermehrt Unternehmen und Organisationen,

die explizit Mitarbeiter mit vielfältigem Identitätshintergrund, Kompetenzen und

professioneller Ausrichtung einstellen. Persönliche Geschichte und Eigenarten werden

wertgeschätzt und verarbeitet, nach dem Motto: „We are all on the same team with our

differences – not despite them.“685

Synergie durch Vielfalt, so könnte man Diversity Management auf eine knappe Formel

bringen686 - eine Formel, die auch auf neue Formen von Kooperationen und

Vernetzungen zwischen Markt und Staat zutrifft.

684 Keil 2004, S. 87 685 Keil 2004, S. 88 686 Kooperative soziale Verhaltensweisen haben wesentlichen Anteil am reproduktiven Erfolg, der so genannten „Darwin’schen Fitness“, in sehr vielen Organismen. Dies gilt für Viren und Bakterien - viele davon sind Pathogene - wie auch für komplexere Organismen bis hin zum Menschen. Gregory Velicer vom Max-Planck-Insitut für Entwicklungsbiologie Tübingen hat bei Mycobakterien „Jagen im Rudel“ sowie die „Schwarmbewegung“ als „Social Movement“, wie allerdings auch überlebensnotwendiges Betrügen (während der Fruchtkörperentwicklung), feststellen können; vgl. Velicer 2006

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5. Von der Masse zum „Must“ des Maßes

5.1. Netz und doppelte Moden: Mit Netzen ackern…

Wenn die Gesellschaft als Ensemble menschlicher Kommunikation als soziales System

erster Ordnung anzusehen ist, dann entstehen soziale Systeme höherer Ordnung,

wenn sich innerhalb der Gesellschaft, beispielsweise gegenüber diffuser

Kommunikation, Spezialkommunikationen herausdifferenzieren und zu Systemen mit

eigener Identität verketten.

Autonomie gewinnen diese Teilsysteme nach einem elevatorischen Prinzip: 1. Wenn sie

die Systemkomponenten selbstreferentiell definieren (Selbstbeobachtung), 2. wenn

zusätzlich diese Selbstbeobachtung als Selbstbeschreibung im System operativ

verwendet wird (Selbstkonstitution) 3. und wenn schließlich in einem Hyperzyklus die

selbstkonstituierten Systemkomponenten – Element, Struktur, Prozess, Identität,

Grenze, Umwelt, Leistung, Funktion – als einander wechselseitig produzierend verkettet

werden687 (Autopoiesis oder „autonome Selbstkonstitution“688). Auf der ersten Stufe

haben sich beispielsweise aus der Gesellschaft sekundäre Lebens- und Sprachformen

ausdifferenziert, in deren Kontext über die (primäre, private) alltägliche Lebensform

kommuniziert wird (Stammtisch ökologischer Landwirte). In der zweiten Stufe haben

sich schon spezielle Traditionen und damit derivative Lebens- und Sprachformen

ausgebildet (ÖL-Organisationen wie Betriebe, Interessen-Verbände). Und die dritte

Stufe ist erreicht, wenn die derivative Lebens- und Sprachform gegenüber der

originären abgeschottet bleibt und sich durch kontextspezifische Kommunikation

ausschließlich selbst reproduziert (wissenschaftliche Forschungstraditionen in „Fibl“,

„Orgprints“ etc.).689

Organisationen beispielsweise differenzieren sich gegenüber diffuser Kommunikation

und Interaktion durch die spezifischen Komponenten der Grenze (Mitgliedschaft), des

Elements (Entscheidung), der Struktur (Norm) und der Identität (Kollektiv) reflexiv

heraus. Sie reproduzieren sich durch den Anschluss an systeminterne Vorgaben

(Selektionskriterien) und vorangegangene Kommunikationen (in Organisationen:

687 Teubner 1987, S. 102 688 Kirsch 1999 II, S. 89 689 Zu den Stufen „autonomer Selbstkonstitution“ und Lebenswelten vgl. Kirsch 1999 II, S. 83ff.

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Entscheidungen).690 Anschlussfähigkeit wird dadurch hergestellt, dass Kommunikation

bzw. eine Handlung (als spezifische Kommunikation) immer zugleich auf eine

Anschlusshandlung verweist, die wiederum auf die Ausgangshandlung zurückverweist

und so Handlungen an Handlungen anschließen können. Eine vollständige Autonomie

von Organisationen, eine „totalitäre Lebenswelt“691 erscheint allerdings

unwahrscheinlich.

Dennoch schaffen sich Organisationen aus der Fülle möglicher Menschen jenen

Organisationsmenschen, der den Funktionsbedingungen von Organisationen angepasst

ist. Über die parasitäre Verwendung des Menschen schaffen es Organisationen, neue

Informationen zu generieren. Dabei greifen sie lediglich auf die für sie

funktionsrelevanten Anteile der Individuen zu, während die Individuen auf die

Verfolgung individueller Bedürfnisse und Autonomie gegen Entgelt verzichten. Identität

der jeweiligen Mitglieder wird gewissermaßen „aus Versehen“ importiert,692

beispielsweise – wie bei unbestimmten Rechtsbegriffen – durch nicht vollständig

definierte Regeln, Routinen und Vorgehensweisen. So lässt sich erklären, dass die

meisten Menschen in Organisationen Differenzen beobachten und Informationen

ableiten, an denen sie oft selbst nicht das geringste Interesse haben.693

Informationskosten machen mittlerweile einen beträchtlichen Teil der Gesamtkosten

eines Produktionsprozesses aus. In traditionellen Produktionsunternehmen ist der Anteil

der eigentlichen Produktionskosten an den Produktkosten inzwischen auf unter 20%

gesunken.694 Ausschlaggebend dafür ist der immense Innovationsdruck, die

Kompliziertheit technischer Produkte, hybride Kundenwünsche und die Kooperation mit

unterschiedlichen Klienten bei kooperationsbedürftigen Projekten.695

Organisationsstrukturen haben zwar Vorteile im Bereich der Redundanz, dass also

690 Vgl. Meissner 2009, S. 28ff. 691 Kirsch 1999 II, S. 91 692 Holtgrewe 2005, S. 345ff.Chester I. Barnard nannte diesen Bereich des fremdmotivierten Verhaltens „zone of indiference“ (Indifferenzzone), das heißt, es macht für Mitarbeiter keinen relevanten Unterschied, was sie da tun, ob es es so oder anders machen. Der Arbeiter liefert quasi sein Gewissen und bestimmte eigene Werte, Einstellungen und Überzeugungen am Werktor ab und lässt in der Organisation einiges mit sich machen, was den eigenen Überzeugungen entgegenläuft. Diese Entkopplung von Person und Handlung und die Bildung arbeitsteiliger Handlungsmuster, an denen eine Vielzahl von Akteuren mit ihren unterschiedlichen Aktionen beteiligt ist, stellt den evolutionären Gewinn der Organisationsbildung dar. Es können damit hochkomplexe Prozesse realisiert und Funktionen erfüllt werden, die das alleinige Handlungsvermögen von Individuen übersteigen; vgl. Simon 2009, S. 43f. 693 Willke 2001, S. 323f. 694 Vgl. Lehner 2000, S. 7 695 Teubner 2004, S. 41

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mehrere Teile dasselbe tun, lenken und gestalten. Doch Umweltkontakte sind

meistenteils hierarchisch und formell exklusiv auf die Organisationsspitze ausgerichtet,

was Innovationsmangel, Bürokratismus und hohe Informationskosten zur Folge hat.696

Ob eine Organisation aus beobachteten Differenzen lernt, hängt davon ab, wie stark sie

bereit ist, Erwartungsenttäuschungen als Versagen des vorhandenen Wissens zu

klassifizieren. Jedenfalls erfordert eine hohe Umweltdynamik schnelle Wandelprozesse,

die wiederum schnelles Entscheiden benötigen. Die Wissensabhängigkeit aller

Entscheidungen und Phasen eines Produktionszyklus beziehungsweise

Wertschöpfungsprozesses – von der Idee bis zum Recycling – macht mittlerweile ein

kontinuierliches Wissens-Management bzw. Wissens-Revision unumgänglich.697

Wissen aber ist systemgebunden und perspektivisch, besteht aus Routinen

(Selbstbestätigung) und Interpretationen, ist also eine „Kombination von

festzuhaltendem und zu änderndem Wissen.“698

Organisationen muss es nunmehr gelingen, dezentral verteilte Intelligenz zu

mobilisieren. Was bedeutet, die formalen Strukturen zu verlassen, um Kooperations-

und Kommunikationsmöglichkeiten zu bauen, die disziplinübergreifend,

fachübergreifend, aber auch Hierarchie übergreifend eine intelligente Vernetzung

ermöglichen.699 Im Zuge dessen werden aus Arbeitnehmern Unternehmer, von denen

erwartet wird, dass sie beispielsweise die Herstellung, den Kundenkontakt und den

Verkauf zu ihrem eigenen Handeln machen. Produktion, Konsum, Arbeit, Lernen und

Leben verschmelzen.

Durch dieses „Grenzgängertum der Subjekte“700 und ihre pluralen Identitäten und

Bindungen gehen politische, ethnische, familiäre, religiöse Kontakte in die

Organisationen ein, was sich in Organisationen längst als funktional erwiesen hat. In

Organisationen, die dies berücksichtigen, sich flexibilisieren, vernetzen, ihr

Innovationspotential erhöhen, vervielfältigen sich organisatorische Schnittstellen, 696 Teubner 1992, S. 197 697 Vgl. Willke 2001, S. 286 698 Luhmann 1987, S. 448. Beobachten lässt sich Wissen nur in Form von vergegenständlichten Artefakten - wie zum Beispiel dokumentierten Strategien, Leitbildern, Organigrammen und Prozessbeschreibungen (Wolf 2009, S. 124) - die wiederum kollektives Wissen und „Realitäten“ schaffen können. Eine intersubjektive Bewertung von Wissen wird zumeist anhand der Häufigkeit der Verwendung des beobachteten Wertes der Information vorgenommen; doch „Massen“ alleine spielen in immer weniger eine Rolle. 699 Wimmer 2009 II, S. 78 700 Holtgrewe 2005, S. 255

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Spezialisierungen und Perspektiven. Damit wird nicht nur die Gesellschaft in die

Organisation vermittelt, sondern auch umgekehrt die Organisation in die Gesellschaft.

Organisationen machen sich also nicht nur ihre Subjekte, sondern Subjekte auch ihre

Organisation – und zwar an allen Punkten der Wertschöpfungskette.

Sowohl Gesellschaft als auch Organisation nehmen sukzessive ob dieser Fluidität und

Wissensfokussierung die Form von projektbezogener Vernetzung an, gekennzeichnet

von vertrauensbasierter Kooperation, langfristiger Informationsbeziehungen, rekursiven

Neuinterpretationen von Ereignissen und kollektiver Konstruktionen von Wissen.701 Nur

unter der Bedingung generalisierter Reziprozitätsverpflichtungen, nach dem Modell des

„Und-so-weiter“ sowie des „amici degli amici degli amci“, bilden sich Netzwerke als

„hochunwahrscheinliche Reproduktionszusammenhänge heterogener Elemente“.

So spricht man also von Netzwerken, wenn ein Handlungssystem sich zugleich als

formale Organisation und als Vertragsbeziehung zwischen autonomen Akteuren

formiert, wenn summa summarum Kooperationsformen zwischen Markt und Hierarchie

zustande kommen, die selbst etwas völlig eigenständig Drittes (bzw. Viertes) sind,702

was die folgende Grafik aufzeigen möchte.

701 Teubner 2004, S. 38 702 Etwas „uneingeständiges“ Drittes würde, wie die Grafik verdeutlicht, sich zwischen Wettbewerb (und der Sorge um einen Unterschied zu dem/den Anderen) und machtförmiger Zementierung dieses Unterschiedes bewegen.

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703

Netzwerke sind Resultat einer „re-entry“ der Unterscheidung – Vertrag und Organisation

- in das durch sie Unterschiedene. Verträge nehmen damit organisatorische Elemente

in sich auf, und Organisationen werden mit marktlichen Elementen durchsetzt. Je

nachdem, welche Seite der Ausgangsunterscheidung primär ist, kann man

Organisationsnetzwerke von Marktnetzwerken unterscheiden.704

Organisationsnetzwerke entstehen, wenn Organisationen innerhalb eigener

Systemgrenzen die Unterscheidung von eher formal organisierten und spontanen

Bereichen wiederholen. Marktnetzwerke hingegen entstehen im vertraglich

organisierten Bereich und versuchen durch den Einbau von Organisationselementen

die Redundanz zu steigern, wie beispielsweise in Franchise-Systemen. Starke

Beziehungsnetze wie Organisationsnetzwerke fördern das Entstehen abgeschlossener

Netze mit relativ homogenen Knoten, während schwache Beziehungsstrukturen wie

jene in Marktnetzwerken gerade aufgrund ihrer Toleranz gegenüber stark heterogenen

Netzwerkaktoren funktionale Bedeutsamkeit erlangen.705

703 Grafik in Anlehnung an Königswieser 2006, S. 7ff. 704 Teubner 2009, S. 7ff. 705 Vgl. Kirsch 1999 II, S. 347

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Kennzeichen der Netzwerkrevolution sind drastische Dezentralisierungen von

Entscheidungsabläufen, eine hohe operative Autonomie der „Netzknoten“, hohe

Umweltoffenheit und Anpassungsfähigkeit sowie Steigerung von Responsivität und

Flexibilität.706 Als dritte Form zwischen Markt und Hierarchie ist Netzwerken eine

eigentümliche Selbststeuerung zueigen, die auf einer Dreifachorientierung – Austausch,

Kontrolle, Kooperation/Autonomie – beruht. Alle Transaktionen dienen gleichzeitig dem

Profit des Netzwerks, dem des individuellen Akteurs wie auch dem für Kooperationen

wichtigen reziproken Vertrauenskonto.707 So dass Netzwerken angesichts der

Nebenwirkungen von Markt und Hierarchie eine gewisse

„Inkompetenzkompensationskompetenz“ zukommt.708 Eben weil sie etwas Drittes bzw.

Viertes zwischen Markt und Hierarchie sind. Etwas, das gegenüber der Selbstlähmung

perfekter Ordnung und der Willkür perfekter Unordnung eine produktive Dynamik

zulässt.

Daher verlangt auch die zunehmende Wissensbasierung und Wissensintensität eine

radikale Umstellung von einem normgeleiteten Entscheidungsstil auf einen

evidenzbasierten, kognitiven Entscheidungsmodus, der ein Optimum an kognitiver

Flexibilität und Variabilität und auch Stabilität kombiniert.709 Kennzeichen moderner

industrieller Großbetriebe unter den Bedingungen der Massenproduktion war die

Entqualifizierung der Arbeiter zugunsten einer stärkeren Wissenszentralisierung bei den

technokratischen Stäben und dem Management.710 Dynamische Umwelten verlangen

hingegen dezentrale Steuerung.711 Dies bedarf der Stärkung dezentraler Fähigkeiten

zur Selbstorganisation, Selbststeuerung und Selbstthematisierung. Damit wird freilich

Komplexität innersystemisch erhöht, aber gegen Komplexität hilft nur Komplexität,712

weil nur im Rahmen komplexer Beziehungsmuster (zwischen Menschen, Maschinen,

706 Durch diese Netzwerkrevolution, so Gunther Teubner, Rechtssoziologe/Uni Frankfurt, ist zwar der „Hierarchieteufel“ unter „Ächzen und Stöhnen“ aus den Organisationskörpern weitgehend ausgefahren, Umwelt-Ungewissheiten exorziert worden. Doch Umwelt-Ungewissheiten sind durch den Beelzebub der Ungewissheit über die innere Koordination der verselbständigten Knoten der Netze ersetzt worden, durch Schnittstellenprobleme, Entscheidungskonflikte, asymmetrische Machtbeziehungen, opportunistisches Verhalten von Netzknoten oder Netzzentrale, negative Externalitäten; so Teubner 2009, S. 2ff. Die Produktionsprozesse von handelbaren Gütern sind beispielsweise in immer kleinere Fragmente sowie globale „Supply-chains“ aufgesplittet worden, was sich in der Krise allerdings als höchst störanfällig erwiesen hat. 707 Teubners Metapher der „vielköpfigen Hydra“ verdeutlicht den Charakter des „polykorporativen Akteurs“ der Netzwerkes; vgl. Teubner 2009, S. 14 708 Marquardt 1981, S. 29ff. 709 Beispielhaft ist dies etwa in den Streitschlichtungsverfahren der WTO; vgl. Willke 2009, S. 9 710 Reihlen 1999, S. 5 711 Proff 2009, S. 30 712 Vgl. Aufschnaiter 1992, S. 400

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Techniken, Regeln, Erfahrungen, Erwartungen, Prozessen, Technologien,

Wissensbeständen, etc.) ein hoher Grad an Innovation, Dynamik, Elastizität und

Responsivität erreicht werden kann, der Überlebensvoraussetzung entwickelter

Unternehmen ist.713 Komplexbejahung bedeutet dann, dass die Entscheidungsarena so

gestaltet wird, dass im Prinzip alle betroffenen Kontexte Eingang finden können.

„Kontextsteuerung“ der Organisation meint in diesem Zusammenhang, dass nicht direkt

oder direktiv auf die Teilsysteme zugegriffen wird, weil sonst deren Autonomie

gefährdet würde, sondern nächst höhere Ebenen oder Umweltsysteme

Kontextbedingungen setzen, die die Optionen des betreffenden Systems nach dem

Gesichtspunkt höchstmöglicher Umweltverträglichkeit, Kompatibilität und Ko-Existenz

steuern,714 was gleichzeitig Steigerung von Autonomie (Independenz) und

Abhängigkeit(Interdependenzen) möglich macht. Kontextsteuerung ist also die „reflexive

dezentrale Steuerung der Kontextbedingungen aller Teilsysteme und autonome

Selbststeuerung der internen Prozesse jedes einzelnen Teilsystems.“715 Kurz:

Kontextsteuerung ist das, was der Gärtner im Englischen Garten macht – er setzt den

Rahmen, Wachstum geschieht „autonom“.

Das für die Kontextsteuerung nötige Mindestmaß an gemeinsamer Orientierung und

Weltsicht wird nicht mehr von einer zentralen Einheit vorgegeben, sondern aus dem

Diskurs der autonomen Teile konstituiert.716 Damit konstituiert sich eine Art

„Nebenordnung“ als offener Entscheidungsprozess, ein „Verhandlungssystem“717, kurz:

eine Heterarchie.718 Heterarchien gehorchen den Prinzipien von „Konnexion und

Heterogenität“, kurz: der Rhizomisierung: „Jeder beliebige Punkt eines Rhizoms kann

und muß mit jedem anderen verbunden werden. Ganz anders dagegen der Baum oder

die Wurzel, wo ein Punkt und eine Ordnung festgesetzt werden“.719 Im Gegensatz zur

letztgenannten Hierarchie zeichnen sich rhizomatische Heterarchien durch Transparenz

der Entscheidungsfindung, Zugänglichkeit von Informationsquellen und faire

Konfliktregelungsmechanismen aus. Die Menschen/Mitglieder in diesen

heterarchischen Verhandlungssystemen lernen, durch Partizipation, eigenen Ideen und

713 Willke 1989, S. 18 714 Willke 2001, S. 132 715 Willke 1989, S. 20 716 Vgl. Willke 2005, S. 224 717 Willke 2001, S. 116ff. 718 Vgl. McCulloch 1945, S. 2ff. 719 Deleuze 1977, S. 11

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Erfahrungen nötige Entscheidungsprozesse mitzugestalten. Partizipation fördert das

gegenseitige Verständnis und die Ausbildung einer informierten, lernfähigen

Gemeinschaft. Heterarchische Netzwerksysteme verfügen deshalb auch über höhere

Informationsverarbeitungskapazitäten und können das dezentralisierte Wissen ihrer

Mitglieder besser in Entscheidungsprozessen integrieren, als dies in

Hierarchien/Bürokratien der Fall ist.720

Interventionen erfolgen nur bei auffälligen Dysfunktionalitäten,721 für das Gesamtsystem

„irrelevante“ Ereignisse können damit in der internen Operationsweise der Subsysteme

abgearbeitet werden722 – der sog. „Buffering-Effekt“.723 Die Probleme der Koordination

durch Verhandlung steigen allerdings mit der Zahl der selbständig beteiligten

Entscheidungsträger und ihrer wechselseitigen Handlungsoptionen. Doch Ziel bleibt die

Aufrechterhaltung des heterarchischen Entscheidungsprozesses mit Themen und

„Issue-streams“, deren Interpunktion die Entscheidung als temporäre Hierarchie ist. Bei

allen mentalen Prozessen handelt es sich um ein Wechselspiel von inter-kontexturalen,

heterarchischen und hierarchisch strukturierten Prozessen, wobei Kognition und Volition

als verwobenes, dialektisches Wechselspiel untrennbar sind.724

Darum zeichnet heterarchische Netzwerke eine prekäre Balance von Selbstidentität und

Fremdbestimmung, Selbststeuerung und Kontrolle aus. Für die Ausbildung eines

funktionierenden Beziehungsgefüges benötigt es daher Identitätsmanagement, das die

Mobilisierung der Entscheidungsträger für eine arbeitsteilige Lösung bewerkstelligt.

Dazu gehört die Kultivierung kollektiver Überzeugungen, Werte und Normen sowie die

gemeinsame Entwicklung grober Handlungsziele, durch die der Mangel an formalen

Integrationsmechanismen (hierarchischer Befehl) kompensiert werden kann.725

Des Weiteren braucht es die die Fähigkeit und das Interesse zur effektiven

Selbstführung. Ziel ist es, kontinuierlich und konsequent zu persönlicher Sicherheit,

Stärke, Klarheit und Zielorientierung zu gelangen, wobei der eigene

Handlungsspielraum erweitert wird, ohne den Handlungsbereich anderer 720 Vgl. Reihlen 1999, S. 16 721 Drei Ansätze könnten dann zum Tragen kommen: 1. „single loop learning“, die Korrektur von Handlungsprogrammen 2. „double loop learning“, die Veränderung handlungsleitender Regeln, Annahmen, Werte 3. „deutero-learning“, die Reflexion von Lernprozessen und Lernvoraussetzungen. 722 Willke 2001, S. 77 723 Weick 1995, S. 163ff. 724 Goldammer 2003, S. 20f. 725 Reihlen 1999, S. 19

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einzuschränken. Dieser Prozess macht proaktives Handeln, Ziele, Zeitmanagement,

Win-Win-Denken, (wertschätzende) Kommunikation, kontinuierliche Revision und

Kreativität erforderlich.726

Kurz: Intrinsische Motivation als „the inherent tendency to seek out novelty and

challenges, to extend an exercise one´s capacities, to explore, and to learn.”727

Intrinsische Motivation geht mit einer „schöpferischen, kreativen Leidenschaft“ einher,

einem „autotelischen Wesen“, das ohne externe Anreize Freude am Tun verspürt und

sich von der Aufgabe fesseln lässt („Flow“): „Die positive Freiheit besteht im spontanen

Tätigsein (activity) der gesamten, integrierten Persönlichkeit […] Unter Tätigsein

beziehungsweise Aktivität verstehen wir nicht, dass jemand » irgend etwas tut «; es

handelt sich vielmehr um das kreative Tätigsein,“728 so bereits Erich Fromm im

vergangenen Jahrhundert. Intrinsische Motivation, die Resultat von autonomer, freier

Gestaltung von Aufgaben oder Tätigkeiten und mit positiven Gefühlen verbunden ist,729

ist geradezu ein Gradmesser für Gesundheit im ökologischen Sinne, da diese

Gesundheit weit mehr einem ganzheitlichen Charakter entspricht als jene der

ausschließlich körperlichen Gesundheitsauffassung.730 Damit haben „Knoten“ andere

Anforderungsmerkmale beziehungsweise Leistungsbestimmungen als dies für

Mitglieder in formalen Organisationen typisch war/ist.

Dementsprechend sieht Richard Florida, Carnegie Mellon University Pittsburgh, in den

„kreativen Köpfen“731 einer Gesellschaft und in den von ihnen ausgehenden

Innovationen die entscheidenden Impulse für ökonomisches Wachstum: Mitglieder des

„Supercreative Cores“ entwickeln neue Gedanken, Prozesse, Produkte und die

726 Kostka 2002, S. 110 727 Ryan 2000, S. 70. Zur Differenzierung: Bei der externalen extrinsischen Motivation ist ein Verhalten durch die Erwartung von Belohnung respektive Bestrafung motiviert. Introjezierte extrinsische Motivation liegt vor, wenn beispielsweise ein Verhalten einem Pflichtgefühl geschuldet ist. Identifizierte extrinsische Motivation zeichnet sich durch die Einsicht in die Notwendigkeit der Tätigkeit aus, während integrierte extrinsische Motivation nicht nur die Einsicht, sondern auch die breite Integration der Tätigkeit/des Verhaltens in das eigenen Leben mit sich bringt; vgl. Ryan 2000, S. 72f. 728 Fromm 2003, S. 5 729 Vgl. Mattenklott 2007, S. 266f. 730 Rosenstiel (2003, S. 229) hat bereits als zentrale Veränderungen der 70er Jahren diagnostiziert: Betonung eigener Selbstentfaltung und eigenen Lebensgenusses, Gleichstellung und Emanzipation der Frauen, Ablösung der Sexualität von überkommenen gesellschaftlichen Normen, Abnehmende Bereitschaft zur Unterordnung, Sinkende Bedeutung der Arbeit als Pflicht, Höherbewertung von Freizeit sowie einer unzerstörten und bewahrten Natur, Beachtung der eigenen körperlichen Gesundheit sowie Skepsis gegenüber den Leitwerten der Industrialisierung wie Wachstum, Leistung, technischer Fortschritt. 731 Auch wenn es schwer ist das zu definieren, was Kreativität ist. Denn sie ist paradox und entwischt im Augenblick ihrer Erklärung, ihrer Festschreibung.

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„Creative Professionals“ kreative Problemlösungen.732 „Creative Economy is the ideas

business […] and is growing at 5% a year […] In the OECD countries the annual growth

rate of creative Economy through the '90s was twice that of the service sector and four

times that of manufacturing. […] More than 50% of the consumer spending is now on

outputs from creative industries in G-7 countries.”733

Kreative Prozesse stellen hohe Ansprüche an Nervenstärke und psychische Kondition.

So lautet die erste Regel für die Creative Class des jetzigen und kommenden Zeitalters:

„Invent yourself, own your image and manage it. Be clear about your own assets and

talents; they are unique and they are all you have. Break the rules, but never stop

learning.”734 Die Chance zum Erlebnis der Selbstbestätigung und Selbstachtung gehört

zu den wichtigsten Motivationskomplexen innerhalb beruflicher,735 ja menschlicher

Tätigkeit. Soziale Umgebungen sollten, damit sie Wachstum, Leistung und

Wohlbefinden fördern, drei Voraussetzung aufweisen: „competence, autonomy, and

relatedness,” so die amerikanischen Psychologen Ryan und Deci.736

Womit auch zwei wesentliche Merkmale von “Eco-Flux” (“autonomy”) und “Eco-Bind”

(relatedness) genannt sind. Das widerspricht sich nicht. Autonomie, so belegen die

Untersuchungen der US-Psychologen Ryan und Deci737 wie auch die Weltwertstudie

„World Value Survey“738, ist Voraussetzung von sowohl Emanzipation als auch

freiwilliger Vergemeinschaftung. Das trifft auch auf den internationalen Fußball zu: „Das

Spiel ist dynamischer geworden, die Mannschaften treten zugleich kollektiver und

individueller auf. Kollektiver: weil das rasante Kurzpassspiel über 90 Minuten hinweg die

Zusammenarbeit aller Akteure ungeheuer intensiviert hat. Individueller: weil im Grunde

nun jeder ein »Spielmacher« sein muß, der in der Lage ist, aus höchster Bedrängnis

heraus den genialen Pass zu schlagen.“739

732 Vgl. Florida 2004 733 Suciu 2004, S. 2ff. 734 Suciu 2004, S. 6 735 Thomae 1968, S. 552. Neben der rein inhaltlichen Aufwertung der Aufgaben trägt eine Erweiterung von Handlungs- und Entscheidungsspielräumen maßgeblich zur Anreizwirkung bei, ferner Ganzheitlichkeit, Anforderungsmöglichkeiten, Interaktionsmöglichkeiten, Autonomie und Lernprozesse; vgl. Keller 2004, S. 252 736 Ryan 2000, S. 68 737 Vgl. Ryan 2000, S. 74 738 Welzel 2007, S. 18. s.a. http://www.worldvaluessurvey.org 739 Koch 2008, S. 68

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Vielleicht sollten, um mit dem kürzlich verstorbenen norwegischen Philosophen und

Begründer der Tiefenökologie Arne Naess zu sprechen, mehr die „Neigungen des

Menschen anzusprechen, und nicht ihre Moral.“740 Erfolge durch Perfektibilitäts-

Programme des Menschen sind empirisch nicht überzeugend nachweisbar. Dem

gegenüber ist eine indirekte, kontextuelle Steuerbarkeit menschlicher Entscheidungen

durch organisationale und institutionelle Parameter gut belegt, nicht nur in

ökonomischer Hinsicht, sondern bezüglich vieler unterschiedlicher Anreize, so dass es

vielversprechend erscheint, an die Stelle moralischer Appelle dynamische, lernende

Strukturen, reflektierte Prozesse und intelligente Regeln zu setzen.741 Regeln, die

Reversibilitätschancen und Innovationsroutinen gleich mitfestlegen.

Allerdings weist das heterarchische Netzwerkmodell auch eine Schwäche auf. Kann

man nicht mit der nötigen Motivation, dem erforderlichen Engagement, Leistungswillen,

Ausbildungsstand und Kooperationsvermögen bei den Organisationsmitgliedern

rechnen, scheitert die Heterarchie.742 Doch das besondere Engagement, das den

ökologischen Landbau, seine Pioniere und gegenwärtige Protagonisten auszeichnet,

scheint dem vehement zu widersprechen.

Dem Gedanken der heterarchischen Vernetzung und der selbstorganisierenden

Kontextsteuerung entspricht die Netzwerkform des ökologischen Landbaus in Form des

BÖLW wie auch die autonomen Teilsysteme, die Landwirte. Die Möglichkeit des

Einbringens eigener Werte gibt den „Partialsystemen“ Gelegenheit, eigene,

partialsystemspezifische Interessen zu verfolgen und spezifische

Informationsvorsprünge zu nutzen.743 Des Weiteren sind Kooperationsverträge

zwischen ökologischen Produzenten (Traditionelle Erzeugergemeinschaften oder

Marketing Cooperatives) und den Handelsketten/Distributeuren bereits weitgehend

Standard. Im Bereich von Zuliefererbeziehungen und Business-to-Business-

Transaktionen ist in der Regel die Abwicklung der Wertschöpfung in Netzwerken bereits

die dominierende Form. Entsprechende Verträge, in denen Betriebsablauf, Zulieferer,

Subunternehmen erfasst werden, könnten aber selbst schon Teil einer zertifizierten

Nachhaltigkeits-Positionierung der Handelskette, des Distributeurs sein. Ökologische

Landwirte/Kooperativen könnten Allianzen mit der Cleantech-Industrie bilden, also mit

740 Naess 1995, S. 147 741 Vgl. Willke 2009, S. 8 742 Vgl. Reihlen 1999, S. 22 743 Vgl. Kirsch 2001, S. 52

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denjenigen Unternehmen, die sich den Problemen Umweltverschmutzung,

Überbevölkerung und Verstädterung widmen. Deutschland bietet ein hervorragendes

Umfeld für die Entwicklung solcher Technologien, sowohl was den gesellschaftlichen

Rückhalt als auch die Möglichkeiten des High-Tech-Sektors anbelangt.

In Sponsoring-Allianzen könnten Bio-Produzenten als „Objekt“ des Sponsoring oder

einer Corporate Social Responsibility-Campaign Markenanbietern ermöglichen, im

Rahmen der integrierten Kommunikation über eine effiziente Zielgruppenansprache

effiziente Markenführung zu betreiben, eine starke Markenidentität zu etablieren und

sich durch einen hohen Markenwert langfristig im verschärften Wettbewerbsumfeld der

Marken zu behaupten.744

Man kann generell zwischen vertikalen Kooperationen unterschiedlicher

Wertschöpfungsstufen und horizontalen Kooperationen beziehungsweise Netzwerken

unterscheiden („Competitive Cooperations“).745 Anknüpfungspunkte für eine Allianz

können relational, symbolisch, experienziell oder funktional-strukturell sein. Zumindest

sollte eine begünstigende Transaktionsatmosphäre vorliegen, also Vertrauen,

gemeinsame Werthaltungen oder Zugang zu benötigten Ressourcen (Kapital, Know-

how, IuK-Technologie) vorhanden sein können.746 Funktionale Kooperation basiert

dabei auf einem zielgerichteten, rationalen, nutzenkalkulierenden Handeln.747

Experienzielle Kooperation ist auf das empathische Verstehen der Intentionen des

Partners ausgerichtet, wobei nicht der Inhalt der angestrebten Ziele, sondern vielmehr

auch die Art und Weise von Kommunikation und Umsetzung sowie deren Wertung

relevant ist.748 Relationale Kooperation ist (interaktions-)historisch oder lokal und

regional geprägt,749 symbolische Kooperation hingegen eher universalistisch.750

744 Hermanns 2007, S. 404 745 Todeva 2002, S. 346f. Zwischen den Polen von Macht/Hierarchie und Markt entstehen Joint Ventures, Kapitalbeteiligungen, Kooperativen, Forschungs- und Entwicklungskonsortien, strategische Kooperationsvereinbarungen, Kartelle, Franchising, Lizenzverträge, Subunternehmer-Netzwerke, Normenverbände, Koalitionen. 746 Cramer 2000, S. 8. Die Wahrscheinlichkeit, das bis dato nicht miteinander verbundene Firmen/Systeme eine Allianz eingehen, wird höher, wenn bei Beziehungen zu einem gemeinsamen Dritten aufweisen. 747 Analog zum norwegischen Politologen Johan Galtung, der 1983 eine Studie zum Thema kulturbezogener Stile formuliert hat, könnte man hier von einer Mischung zwischen „sachsonischem Kulturstil (faktenorientiert, empirisch, personenzugewandt, humorvoll, pragmatisch) und „teutonischem Kulturstil“ (strenge, abstrakte Rationalität, Denkprinzip „Entweder/Oder“) sprechen; vgl. Bolten 2002 748 Vgl. Keller 2004. S. 60ff. Galtung würde dies wohl als Mischung von „sachsonischem Kulturstil“ und „gallischen Kulturstil“ (ästhetisch-expressiv, Eleganz und Esprit) einordnen; vgl. Bolten 2002 749 Bei Galtung eine Mischung zwischen „teutonischem Kulturstil“ und „nipponischem Kulturstil“ (Meister-Bezug beziehungsweise Ancienität, Primat sozialer Beziehungen); vgl. Bolten 2002

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Franz-Theo Gottwald hat drei alternative Dimensionen bäuerlichen Wirtschaftens

entwickelt,751 die sich gut und gerne auch in Formen von Kooperationen und

Netzwerken umsetzen ließen. Vorteile von Vernetzungen in der Wertschöpfungskette

liegen in der Bündelung von Ressourcen, der Erweiterung von Kapazitäten, in der

Flexibilität und der allseitigen Relationierung der Netzpartner.752

Eine Vernetzungs- oder Berufsform, die Gottwald exploriert hat, ist das Berufsbild eines

Rohstoff-, Lebensmittel- und Marktwirts mit dem Ziel, nachwachsende Rohstoffe in

Form von Pflanzenöl, Biogas und Bioalkohol für Treibstoffe oder Wind für elektrische

Energie, Ölpflanzen für Biodiesel, technische Öle für Schmiermittel und die Oleochemie

herzustellen.

Eine zweite Variante ist der Bauer als Umweltwirt zur Erhaltung von Vielfältigkeit,

Artenreichtum, Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit. Hierzu gehören nachhaltige

Produktionsansätze, der Schutz der Grund- und Oberflächengewässer, der Biodiversität

wie auch ein regionaler Kreislauf, in den Stoffwechselprodukte und Derivate aus der

Energiegewinnung als Futter-, Dünge- und Pflanzenschutzmittel eingebracht werden

können.753

Energieressourcen aus Biomasse nutzt hingegen der Energiewirt. Zu dieser Biomasse

gehörten totes, organisches Material und andere Stoffe, die bei der Erzeugung von

Lebensmitteln für die menschliche und tierische Ernährung nicht brauchbar sind. In

diesem Kontext könnten sich auch Stallungen als hervorragende Träger von

Solarkollektoren und Photovoltaikanlagen erweisen. Viel versprechend klingt ebenso

eine Konzeptstudie von Lars Kiel, die sich mit dem „Solarplanting“ befasst.754 Mit

Solarplanting wird Sonnenenergie nicht mehr passiv auf Dächern und anderen, fest

installierten Anlagen erzeugt. Solarplantagen werden ähnlich wie herkömmlich genutzte

Ackerflächen aktiv bewirtschaftet, wobei das große Flächenpotenzial der Landwirtschaft 750 Bei Galtung eine Mischung zwischen „gallischem“ und „nipponischen Kulturstil“; vgl. Bolten 2002 751 Gottwald 2003/2, S. 272ff. 752 Teubner 2004, S. 43f. 753 In diesem Kontext wird auch über Agrarsymbiosen nachgedacht, in denen die pflanzlichen Abfälle von Gewächshäusern als Tierfutter dienen. Umgekehrt liefern die Tiere Dünger für die Pflanzen oder Biogas für die Energieversorgung von Gewächshäusern. Die kohlendioxidreiche Luft aus Ställen könnte ebenfalls in Gewächshäuser geleitet werden und dort für Wärme und Wachstum sorgen. Vgl. Maxeiner 2008, S. 222 754 Siehe hierzu http://www.iwimafi.com/futur/solarplanting2030/PDF/Solarplanting2030_%20Konzept_Lars_Kiel.pdf

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genutzt wird, ohne die konventionelle Ernte zu beeinflussen. Die Sunplants sind etwa

ein Meter hohe, aus Maisstärke-Kunststoff gefertigte Leichtbauprofile, die von einer

Erntemaschine etwa 20cm in den Boden gestoßen werden. Am oberen Ende des Profils

befindet sich ein Drehkopf, der die ausgerollten, etwa 30x30 cm großen, im Abstand

von 50cm plazierten Solarmodule zur Sonne ausrichtet. Der Strom könnte von

mittelständischen Unternehmen erzeugt und verkauft werden und bei verhältnismäßig

geringen Investitionen ganze Kleinstädte versorgen. Nebenbei würde dies für den

Landwirt eine bessere Abkopplung von Ernteausfällen und Subventionen bedeuten.

Verbraucher könnten sich von Preisschwankungen des Energiemarkts lösen, indem sie

eigene Sunplants durch einen Solarfarmer bewirtschaften lassen. Technisch scheinen

die Solarplantagen bereits realisierbar, allein die effiziente Technologie ist noch nicht

marktreif.755

Der ökologische Landwirt könnte sich ebenso als Wissenswirt vernetzen, mit seinem

Kern- und Detailwissen über ökologisch-nachhaltiges Wirtschaften in natürlichen

Zusammenhängen. Angesichts drohender Nahrungs- und Trinkwasserkrisen und dem

nicht absehbaren Umweltwandel wird dieses Wissen auch außerhalb des Primärsektors

verlangt werden, beispielsweise in der praktischen Beratung von

Hochtechnologieprojekten wie Biosphere II. Inter- und intra-agrarische

Kommunikationsplattformen sind dazu erforderlich, nicht nur zum direkten Austausch

von Trend, Entwicklungen und Produktionsanalysen, sondern auch zu

Metadiskussionen wie der Werteproblematik.

Zur Einordnung und graphischen Wiederholung des hier Dargelegten in die bisher

erarbeiteten Zusammenhänge dient eine Studie von Geert Hofstede, ein

emniederländischen Experten für Kulturwissenschaften, der die Zusammenhänge

zwischen nationalen Kulturen und Unternehmenskulturen anhand der Mitarbeiter von

IBM untersuchte. Er unterscheidet fünf kulturelle Dimensionen:756 1. Die Verteilung von

Macht und die Beziehung zur Autorität, die er unter dem Begriff Machtdistanz

zusammenfasst 2. Das Konzept vom eigenen Ich (Individualismus versus

Kollektivismus) 3. „Maskuline“ (Konkurrenz, Selbstbewusstsein) und feminine Werte

755 Zudem besteht die Möglichkeit aus Salzwasser verwertenden Halophyten ( (Strandwegerich; „Salicornia bigelovii“) Öl für Biosprit zu erzeugen. Die „Salicornia bigelovii“ liefert 1,7 Mal so viel Öl pro Grundflächeneinheit wie die Sonnenblume. Für den Anbau solcher Pflanzen zur Energiegewinnung kämen 1,2 Millionen Quadratkilometer bisher brachliegenden Landes in Frage – darunter vor allem die Küstengebiete von Wüsten und sehr salzhaltige Böden. http://www.heise.de/tp/blogs/2/119955 756 Vgl. Bagozzi 2000, S. 1094

Page 178: BioManuskript

-178-

(Fürsorge, Kooperation) 4. Risikobereitschaft versus Unsicherheitsvermeidung 5. Lang-

oder kurzfristige Zeitauffassungen. Im Wertekreis kann dann verdeutlicht werden, dass

Hierarchie nicht das „komplette“ Gegenteil von Markt ist, sondern wertetheoretisch als

Komplementärausdruck selbststeigernder Werte ein Anschlusssystem an Traditions-

Werte darstellt. Durch Hierarchie/Organisation können Werte aus diesem Bereich dem

Markt zugeführt werden bzw. der Markt durch diese Werte „geentert“ werden. Dazu

mehr im kommenden Kapitel.

Page 179: BioManuskript

-179-

5.2. Vom Massen-Kuss zur „Mass“-Cust

Werner Kirsch, Emeritus für Strategische Unternehmensführung / LMU München,

unterscheidet hinsichtlich der Evolution unternehmerischer Entwicklung drei

„Sinnmodelle“.757 Danach gilt: Je mehr moralisch-praktische und ästhetisch-expressive

Argumentationen auftreten und Lernprozesse fremden Kontexten gelten, desto mehr

findet eine Entwicklung hin zum Fortschrittsmodell statt.

Im Organisations-Instrumental-Modell bedeutet Sinn in erster Linie die Durchsetzung

der Interessen der primären Nutznießer. Lernprozesse werden vornehmlich als Mittel

zur besseren Willendurchsetzung betrachtet. Dabei treten in erster Linie kognitiv

instrumentelle, zweckgerichtete Argumentationen auf. Der Umgang mit

unterschiedlichen Lebens- und Sprachformen wird eher pragmatisch – aus der Sicht

des Beobachters - gehandhabt, die „Übersetzungsleistung“758 zwischen den

verschiedenen Lebensformen hingegen ist eher schwach.

Das Koalitionsmodell geht davon aus, dass Organisationsmitglieder Koalitionen als

Mittel zum Zweck der Durchsetzung individueller Interessen bilden, wobei auch das

Überleben des Gesamtsystems thematisiert wird. Die Übersetzungsleistung innerhalb

der Koalitionsformen nimmt zu.

Nach dem Überlebens- oder Bestandsmodell wiederum hat eine Organisation viele

Beteiligte, mit denen sie ihre Austauschbeziehungen so zu regeln hat, dass das System

unabhängig von einem gewissen Wandel der Teilnehmer und der Umweltbedingungen

überlebt – was nicht ausschließt, dass Einzelne im Sinne des Instrumentalmodells

besonders herausgestellt werden. Dennoch können sich halbautonome Lernprozesse

entfalten, kurzfristige Zweckorientierungen treten zurück. Die Basisfähigkeiten stehen

im Dienst der Lebensfähigkeit der Organisation. Die Übersetzungsleistung innerhalb der

eigenen Organisation ist hoch, pragmatische Einstellungen sind auch hinsichtlich der

Eigenkontexte rudimentär.

757 Kirsch 2001, S. 34 sowie Kirsch 2001, S. 244ff. 758 Vgl. zur „Typologie des Verhaltens in unterschiedlichen Lebens- und Sprachformen“ Kirsch 1999, S. 217

Page 180: BioManuskript

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Das Institutionsmodell ist dadurch gekennzeichnet, dass das System versucht, sich im

Bewusstsein der Gesellschaft zu verankern und beginnt, seine Verantwortung

gegenüber der Gesamtgesellschaft zu thematisieren. Sowohl Pragmatik im Umgang mit

anderen Lebens- und Sprachformen wie auch Übersetzungsleistung sind ausgeprägt.

Im Fortschrittsmodell steht hingegen das Bestreben der Organisation im Vordergrund,

einen Fortschritt in der Befriedigung der Bedürfnisse und Interessen der vom Handeln

der Organisation direkt Betroffenen zu erzielen. Die Organisation sieht dabei diese

Bedürfnisse und Interessen nicht statisch. Authentizitäten, ethische Begründungen und

die Möglichkeit von Veränderungen sind Bestandteil eines Fortschrittmodells. Hier

nimmt Lernen die Form rationaler Erkenntnisprozesse an, wie sie insbesondere die

Wissenschaften kennzeichnet. Moralisch-praktische und ästhetisch-expressive Aspekte

sind nicht mehr instrumentalisiert, sondern gleichberechtigte, wenn nicht sogar

wichtigere Argumente bei der Entscheidungsfindung. Die Pragmatik im Umgang mit

differenten Lebens- und Sprachformen, die Sicht des Beobachters, ist sehr ausgeprägt,

die Übersetzungsleistung immer noch recht hoch. Die Professionalität einer

strategischen Führung im Fortschrittsmodell äußert sich in der Art und Weise, wie

Strategien bestätigt, andere Strategien zum Thema gemacht werden und dabei die

Verankerung der jeweiligen Strategie in den Persönlichkeitsstrukturen, in der Kultur und

in den institutionellen Ordnungen beachtet werden.759

Von Höherentwicklung spricht Kirsch, wenn das Unternehmen auf ein neues

Entwicklungsniveau übergeht. Eine Wertsteigerung liegt dann vor, wenn sich das

Unternehmen auf einem Entwicklungsniveau verbessert, so Werner Kirsch.760

759 Kirsch 1999, S. 235 760 Kirsch 2001, S. 245

Page 181: BioManuskript

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Im Fortschrittmodell wird von den Möglichkeiten des Anschlusses, der Verbindungen,

der Relationen gedacht. Hier spiegelt sich der Zentraltopos der Computer-Kulturform

wieder, also die Suche nach Anschlüssen in einem unbestimmt gehaltenen Umfeld, in

denen Anschlüsse sowohl über die Welt als auch gleichzeitig über die Unbestimmtheit

der Anschlüsse informieren und angesichts dessen die einzige Entscheidung lauten

kann, ob man mit dieser Information etwas anfangen kann oder nicht.761 Damit aber

kommt frei nach der Forderung des französischen Philosophen Jean-Francois Lyotard:

„Aktivieren wir die Differenzen, retten wir die Differenzen, retten wir die Ehre des

Namens.“762 Damit gerät das Individuum in den Blick, die Person, das Eigenartige und

Eigentümliche, das Einzigartige, der Mensch wie auch die Dinge als je einziges.

Und so erklärt sich vielleicht am schlüssigsten der Begriff der „Reverse Economy“ von

Ralf Reichwald, der aufgibt, „Markt“ nicht mehr von der Masse und den „One-to-may“-

Strukturen,763 sondern vom Einzelnen, auch von einzelnen Handlungen her, zu denken.

761 Baecker 2007, S. 35. Eine Entscheidung, die sich wiederum teilen könnte in Anschluss (Deutung als eine spezifische Kommunikation und Handlung), Ausschluss („Erkennung“, aber keine An-Erkennung), Rauschen (des „Datenmeers“ ohne „Navigator“) („Ambiguitätstoleranz“) oder und/oder (so Foerster 1993, S. 32) Rekursivität als nie enden wollender kognitiver Prozess des (Er-)Rechnens 762 Lyotard 1990, S. 48 763 Winkler 2004, S. 311

Page 182: BioManuskript

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Im Mittelpunkt der „Reverse Economy“ steht daher der Abnehmer als Auslöser jeder

einzelnen kundenspezifischen Handlung. Dazu die sich anschließende Tabelle:764

Moderne („Old Economy“) Postmoderne („Reverse Economy“)

Leitmaxime: Gewissheit, Stabilität, Einheit,

Hierarchie, erkenntnistheoretischer rationaler

Monismus

Anpassungsfähigkeit, Pluralität, Vernetzungen

zwischen Markt und Hierarchie, rationaler

(radikaler) Pluralismus

Industriegesellschaft (Marktregulierung und

Wohlfahrtsstaat)

Wissensgesellschaft (Markregulierung und

kooperative Technologiepolitik)

Massenproduktion, Massenkonsumption,

Preiswettbewerb

Flexible Spezialisierung, hoch differenzierte und

individuelle Konsumption, Innovationswettbewerb

Anonyme Beziehungen zwischen den

Marktteilnehmern

Kooperative und anonyme Beziehungen

Maximale Durchplanung und Effektivierung aller

betrieblichen Abläufe

Flexible Konkretisierung von Leistungspotentialen

durch Interaktion zwischen Leistungsgebern und –

nehmern

Klare arbeitsteilige Abgrenzung von Ressorts,

fachlichen Zuständigkeiten und hierarchischen

Verantwortlichkeiten

Weitgehende Modularisierung der

Unternehmensprozesse und der Leistungen

Eindeutige Präferenz für unternehmensinterne

Lösungen

Vernetzung spezialisierter Akteure in

Wertschöpfungspartnerschaften innerhalb von

Netzwerken

Marktbehauptung durch inkrementale

Produktinnovationen

Marktbehauptung durch integrierte,

kundenindividuell konfigurierte Produkt-Service-

Bündel

Primat von arbeitssparenden Investitionen und

Innovationen

Primat der Produktionsfaktoren Mensch und

Wissen als strategische Ressource

Maximale Nutzung des Serieneffekts (Economics

of scale)

Maximale Nutzung der Kostensenkungspotentiale

durch Kundenintegration (Economics of

interaction)

Erstellung von Produkten Plus Bereitstellung von Leistungspotentialen

Produktinnovation Plus Dienstleistungsinnovation

Economies of scale und scope Plus Economies of integration

Nutzungserlebnis Plus Innovationserlebnis

Kunde Plus Innovator / Designer

764 Tabelle angelehnt an Reichwald 2001, S. 16 und 32 sowie Reihlen 1999, S. 14

Page 183: BioManuskript

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Die „Old Economy“, die traditionelle Industrieorganisation, zeichnete Strategien aus der

(arbeitssparenden) Rationalisierung, der inkrementellen Produktinnovationen, der

maximalen Nutzung des Serieneffekts (Economies of scale) der (Massen-

)Güterproduktion, der hierarchisch strukturierten Verantwortlichkeiten, der funktionalen

Arbeitsteilung in der Aufbauorganisation, dem „one best way“ der Ablauforganisation.765

Zu den Voraussetzungen traditioneller Industrieorganisation gehören relativ lange

Produkt-Lebenszyklen, stabile Absatzmärkte, eine begrenzte Zahl von Wettbewerbern

mit bekannten Stärken und Schwächen, niedrige Kosten natürlicher Ressourcen und

geringe Umweltlasten für die Unternehmen sowie reichlich Verfügbarkeit von hoch

motivierten, gut qualifizierten Arbeitskräften.766

Die industriellen Großunternehmen der „Old Economy“ erlang(t)en ihre auf günstige

Produktionskosten beruhenden Wettbewerbsvorteile durch ein kontinuierlich

bewirtschaftetes (neo-)fordistisches Produktionssystem mit hochentwickelter

Technologie und einer „an Präzision, Stetigkeit, Disziplin, Straffheit und Verlässlichkeit:

also Berechenbarkeit“767 ausgerichteten bürokratischen Organisation und arbeitsteilige

Produktion. Die Pfeiler des modernen Industrieunternehmens sind das System der

Massenproduktion und die komplexe, hierarchische Koordinationsstruktur.768

Doch diese Prämissen sind erschüttert.

Gegenwärtige Märkte sind vor allem durch drei zentrale wettbewerbsstrategische

Herausforderungen geprägt: 1. dem Innovationswettbewerb, der eine ständige

Anpassung des Leistungsprogramms notwendig und langfristige Planung unmöglich

macht, 2. dem internationalen Wettbewerbsdruck, in dessen Folge Abnehmer auch bei

einem günstigen Absatzpreis relativ hohe Ansprüche an Qualität, Service, Varietät oder

Funktionalität oder bei einer ausgeprägten Differenzierung des Produkts gewisse

Mindestanforderungen an dessen günstige Preisgestaltung haben, 3. der

Heterogenisierung und Individualisierung der Nachfrage.769

Das Konzept der „Revers Economy“ führt zu einem intensiven CRM, zu weiteren

Formen zwischen Konsument und Produzent, zu produzierenden Konsumenten und

765 Reichwald 2001, S. 5f. An dieser Stelle herzlichen Dank an Prof. Dr. Prof. hc. Dr. hc. Ralf Reichwald, der dem Verfasser die Zitation aus seinem „halböffentlichen“ Beitrag „Reverse Economy“ gestatte. 766 Reichwald 2001, S. 6 767 Weber 1980, S. 128 768 Reihlen 1999, S. 5 769 Reichwald 2001, S. 7f.

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konsumierenden Produzenten, wobei auch oszillative Formen vorkommen. Damit wird

letztlich ökonomisch vollendet, was das „Empowerment“ politisch-sozial fordert. Hier

erhält der „Faktor Mensch“ eine neue Rolle, die allerdings ein auf allen Stufen der

Wertschöpfungskette gesteigerten Qualifizierungsbedarf verlangt, der Mensch wird zum

zentralen Produktionsfaktor.770 Eine Rolle, die er seit der Entstehung des

Markenwesens und der standardisierten Produktion für anonyme Massen im 19.

Jahrhundert nicht mehr hatte, da diese mit der Abkehr von der Produktion auf

Bestellung und vom engen und vertrauensvollen Kontakt zum Produzenten verbunden

war.771 In der Gegenwart kehrt sich diese Entwicklung um: Wo keine wirtschaftliche

Stabilität und diese erhaltende Institutionen vorhanden sind,772 da kann es keine

massenhafte Beschäftigung (fragmentierte Märkte) und infolge dessen auch kein en

massenhaften Konsum (hybrider Konsument) geben.

In einem solchen Wettbewerbsumfeld wird Wissen und Innovation zum eigentlichen

Motor. Das manifestiert sich auch im Wandel vom „Sales Driven Marketing“ zum

„Experience Driven Marketing“:773

Sales Driven Marketing Experience Driven Marketing

Presales We make you to want us What do you want us to make?

Sales What you see is what you get What you want is what you get

Presales Thank you Are you really happy?

Die „Revers Economy“ bagatellisiert die gänzlich herstellerdominierten

Wertschöpfungsprozesse (MAP, manufacturing-active paradigm) zugunsten von

kundendominierten Wertschöpfungsprozessen (CAP, customer-active paradigm). Im

Gegensatz zur konventionellen Vorstellung des MAP, in dem ein Hersteller via

Marktforschung ein Bedürfnis der (potenziellen) Kunden zu erkennen versucht und

dieses dann in eine Lösung überführt, geht das CAP davon aus, dass Konsumenten

770 Reichwald 2001, S. 20 771 Vgl. Hellmann 2003, S. 47 772 Beispielsweise kollektive Verhandlungssysteme zwischen Unternehmensverbänden und Gewerkschaften, um die Kaufkraft mit den Produktionskapazitäten abzugleichen, ein Wohlfahrtsstaat, der unterkonsumptionsbedingte Rezessionen vermeiden soll, eine Keynesianische Globalsteuerung, die durch staatlichen Interventionismus Nachfragelücken zur Auslastung der Kapazitäten zu schließen versucht, und sektorspezifische Regulierungen, die darauf abzielen, die Produktion innerhalb dieser Sektoren zu steuern; vgl. Reihlen 1999, S. 8f. 773 Tabellle in Platt 2003

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selbst ein vorhandenes Bedürfnis lösen und Initiator des Innovationsprozesses sein

wollen.774 Während der ethische Konsum Kontextsteuerung am „Point of Purchase“

etabliert, setzt das CAP der „Revers Economy“ noch früher an.

Je nach Phase des Wertschöpfungsprozesses, in der eine Kundenintegration

stattfindet, unterscheidet man zwischen „Engineer-to-Order“ (kundenspezifische

Entwicklung und Fertigung); „Make-to-Order“ (kundenspezifische

Komponentenproduktion / Maßkonfektion), „Assemble-to-Order“ (kundenspezifische

Kombination standardisierter Module), Adjust-at-Purchase (kundenspezifische

Endanpassung eines Standardproduktes vor dem Verkauf) sowie Configure-by-Use

(Selbstindividualisierung z.B. der Benutzeroberfläche). 775 Open Innovation776

bezeichnet dabei den reziproken Austauschprozess von Produzent und Abnehmer in

den ersten drei genannten Varianten bis zur Markteinführung. Der Abnehmer wird

gleichberechtigter Partner in einem interaktiven Wertschöpfungsprozess.777 Und zwar

freiwillig, im Gegensatz zur „erzwungenen“ Integration in Form der Selbstbedienung.

774 Reichwald/Piller 2006, S. 123 775 Reichwald/Piller 2006, S. 209f. 776 Piller definiert auf seiner Seite http://www.mass-customization.de/glossary.htm die Open Innovation wie folgt: „Open innovation describes collaboration for innovation within networks of firms and external entities like customers, retailers, suppliers, competitors, universities, and other research labs. It is opposed to the conventional model of closed innovation taking place just within the boundaries of a manufacturer. Open innovation in the understanding of my research and this web site is focused on cooperation between manufacturers and customers and users. The main benefit of open innovation is to capture the large base of information and knowledge about needs, applications, and solution technologies that resides in the domain of the users of a product or service. Analogous to the open source idea, users can build upon other users contributions or collaborate with other users to develop a final product without the help of a manufacturer. If user interaction platforms also provide features for consumer-to-consumer interaction in online communities, powerful user networks around a core product can be established.” 777 Reichwald/Piller 2006, S. 50

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778

Die „Open Innovation“ verlangt Konsumenten mit sog. „Lead User“-Eigenschaften.779

Lead User haben früher als die Mehrheit eines Zielmarktes ein persönliches Bedürfnis

für eine bestimmte Problemlösung, sei sie funktionaler, experienzieller, symbolischer

oder relationaler Art. Lead User agieren am Markt häufig als Meinungsführer und haben

einen starken Einfluss auf Kaufentscheidung, Motive und Einstellungen anderer

Verbraucher und sind zumeist „Early Adopter“, Pionierkäufer mit hohem Involvement.

Lead User sind etwa 10-40% aller Konsumenten, je nach Branche.780

Lead User können extrinsisch motiviert sein durch die Aussicht auf ein besseres

Produkt oder aber eine monetäre Gegenleistung in Form von Transferzahlungen oder

Rabatten. Intrinsisch motivierte Lead User haben hingegen Freude an einer Tätigkeit,

die Nutzen, Spaß, Kompetenz, Exploration und Kreativität vermittelt und ggf. zusätzlich

778 Tabelle aus Reichwald/Piller 2006, S. 44 779 Reichwald/Piller 2006, S. 46 780 Vgl. Hippel 2005, S. 3

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den sozialen Austausch, das Sozial-Selbst befördert.781 Eric von Hippel vom MIT

Cambridge hierzu: „It has been found that when users can innovate for themselves to

create precisely what they want, rather than being restricted to a set of options on offer

that have been created by others, their satisfaction is significantly higher.”

Bei intrinsisch motivierten Lead Usern findet man das Phänomen des „free revealing”,

das viele ihr Wissen unter bewusstem Verzicht auf Gegenleistung erbringen, denn die

Urheber-Leistung erhöht den indirekten Kundennutzen: „Freely revealing users also

may benefit from enhancement of reputation, from positive network effects due to

increased diffusion of their innovation, and from other factors. Being the first to freely

reveal a particular innovation can also enhance the benefits received, and so there can

actually be a rush to reveal.”782 Der eher individuale Akt der Online-

Produktkonfigurierung, dem eigentlich nicht das symbolisch-soziale Element des

öffentlichen Kaufaktes wie im ethischen Konsum oder im Einkauf als Sinnenerlebnis

zueigen ist, erhält hier und in diesem Fall seine symbolisch-soziale Note. Digitale

Toolkits werden hier zu Transformationszonen, in denen man mit dem/n Anderen

anders wird.783

Dabei sollte der interaktive Innovationsprozess bequem und einfach gestaltet sein, um

die Kommunikation im Sinne der Übermittlung von „sticky information“ zu gewährleisten.

Denn „users generally have a more accurate and more detailed model of their needs

than manufacturers have, while manufacturers have a better model of the solution

approach in which they specialize than the user has.“784 Der Massenmarkt hat hier – mit

Ausnahme fehleranfälliger Marktforschung – einen „Blinden Fleck“, weil er nahezu

monologisch funktioniert. Für die einerseits symbolisch getriggerte Ware fließt

andererseits eine ökonomische Antwort in Form von Geld. Hin- und Rückkanal sind

systematisch getrennt, die Systemlogik oszilliert zwischen beiden Kanälen. Dieser

781 „Solving is a motivator for many individual problem solvers in at least some fields. Consider for example the millions of crossword-puzzle aficionados. Clearly, for these individuals enjoyment of the problem-solving process rather than the solution is the goal. One can easily test this by attempting to offer a puzzle solver a completed puzzle”. So Hippel 2005, S. 7 782 Hippel 2005, S. 10 783 Auch für diese Toolkits gelten, wenn man so will, Zwischenstufen von Hierarchie und Markt, die man mit „flexibler Automatisierung“ beschreiben kann. Dies meint flexible Produktionsmittel - um auf Stückzahlschwankungen und Variantenvielfalt reagieren und rasche Modulwechsel für unterschiedliche Aufgaben durchführen zu können – wie auch hybride Montagekonzepte, bei denen automatisierte Stationen und Handarbeitsplätze gemischt werden. Dabei kommt es besonders auf die Mensch-Maschine-Schnittstellen an. 784 Hippel 2005, S. 8

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Prozess wird bei der „Open Innovation“ zerlegt, dialogisiert. Durch kontrolliertes

Feedback kommt es von Anfang an zu einem Erfahrungs- und Informationsaustausch,

zu Kommunikation, zur Wissensgenese. Digitale Toolkits als Entwicklungsumgebung

ermöglichen dabei den Konsumenten, ihre Bedürfnisse iterativ und spielerisch in eine

konkrete Lösung zu überführen, häufig sogar ohne dabei mit dem Hersteller persönlich

in Kontakt treten zu müssen.785

Reputation, symbolischer Nutzen, soziale Vernetzung begründen den Lead-User – und

die Lust zu entwickeln, zu spielen. Menschen sichern ihren Lebensunterhalt oder

vermeiden den Schmerz, so der französische Philosoph Georges Bataille, gerade um

diesen „insubordinierten Tätigkeiten“ der freien Verausgabung des

Energieüberschusses nachzugehen.786 Selbst der Ursprung des Tausches, so Bataille,

liegt in der freien Verausgabung, in dem Bedürfnis, etwas zu verlieren.787

Vorteile von „Open Innovation“ liegen jedenfalls auf Seiten des Unternehmens in der

Reduktion von Kosten und Zeit bis zur Markeinführung („Cost and Time-to-Market“), in

der Steigerung der Marktakzeptanz (Fit-to-Market) und der Attraktivität des

entsprechenden Produkts (New-to-Market).788 Reichwald/Piller nennen vier Instrumente

der „Open Innovation“: 1. Die Identifikation von Lead Usern und deren Einbindung in

Innovationsworkshops, 2. Toolkits für die Übertragung der Nutzer-Bedürfnisse in neue

Produktkonzeptionen, 3. Innovationswettbewerbe, 4. Schaffung virtueller

Gemeinschaften („Communities“) für ein kollaboratives Zusammenarbeiten mehrerer

Akteure. 789

785 Reichwald/Piller 2006, S. 164 786 Wenn ein biologisches System eine bestimmte Größe erreicht und die weitere Zufügung von Substanz und Energie unmöglich wird, da die Fähigkeit des Systems, lebende Materie zu organisieren, ihre Grenze erreicht hat, muss die „Überschussenergie“ anderweitig verwendet werden. Phänomene des außersystemischen Wachstums werden hier vakant, beispielsweise Fortpflanzung oder Formen des Spiels; vgl. Alexander 1965, S. 476. Solche „Produkte“ freier Verausgabung sind für Bataille beispielsweise Trauerzeremonien, Kriege, Kulte, Prachtbauten, (Wett)Spiele, Theater und Künste, Feste, Opfer, Poesie, Sexualität, Gaben der Barmherzigkeit und Luxusgüter, die ursprünglich ihren Zweck in sich selbst hatten; vgl. Bataille BV 2001, S. 31 787 Vgl. Bataille VT 2001, S. 93ff. Erst später hätte die Funktion der Produktion verlangt, dass die Produkte, zumindest vorübergehend, dem Verlust entzogen würden, so Bataille BV 2001, S. 20 788 Reichwald/Piller 2006, S. 150 789 Reichwald/Piller 2006, S. 156

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Die Etablierung des Letztgenannten, der virtuellen Innovationsgemeinschaften790

geschieht entweder auf Initiierung und mit Betreuung des Herstellers, oder bestehende

fremde Gemeinschaften werden genutzt, um Innovationsaufgaben oder Wettbewerbe

zu initiieren.

Die zweitgenannte Form von „Crowdsourcing“ kennzeichnete beispielsweise die

Kooperation zwischen dem japanischen Getränkehersteller Calpis und dem in Japan

äußerst populären Social Network Mixi. Im Rahmen der Partnerschaft wurden Nutzer

der Netz-Community dazu aufgefordert, ihre persönlichen Vorschläge hinsichtlich

Geschmacksrichtung, Verpackungsdesign und Werbegestaltung für eine neue

Fruchtdrink-Reihe des Lebensmittelkonzerns abzugeben.791 Das ließ sich digital schnell

abfragen, zudem geriert sich ein ungeheurer Werbeeffekt durch den kommunikativen

Austausch in den Netzwerken. Bio-online-communities eignen sich ebenso dafür792 und

könnten Konsumentencluster – wie Eco-Bind und Eco–Flux – in interdependenten

Wertschöpfungsnetzwerken integrieren. Von Hippel und Johann Fueller haben in einer

Studie feststellen können, dass Netz-Communities und Marken-Hersteller ein großes,

meist unausgeschöpftes Synergiepotential eingehen könnten: „One interesting

possibility is that producer brands may lose significant market share to user community

brands under some conditions. Another is that producers may sometimes find it

profitable to co-brand with user communities: this form of co-branding created the

highest brand premiums we observed in our study.”793

Für die Begründung sozialer Netzwerke im „Web/Netz 2.0“ braucht es in erster Linie ein

soziales, symbolisches, ein fokales Objekt, denn „social networks consist of people who

are connected by a shared object“, so Jyri Engeström, Erfinder des Microblogging-

790 Virtuelle Gemeinschaften lassen sich über verschiedene Merkmale charakterisieren. Hinsichtlich der Kommunikationsstruktur können zum einen Communication Rings, bei denen Informationen direkt zwischen den Individuen ausgetauscht werden (Email, Net Pagers oder Groupware) von Content Trees unterschieden werden, bei denen indirekt kommuniziert wird mittels Usenets, Bulletin Boards, Chat Rooms oder Virtual Worlds. Virtuelle „Open Innovation“ Gemeinschaften sind beispielsweise Wiki-Communities. Die Nutzer stellen Inhalte online, um sie anderen Nutzern zur Verfügung zu stellen. Zu Moderierung der Inhalte wird eine Wiki-Software benutzt, man ist weniger über Chat oder Foren organisiert. Vgl. Reichwald/Priller 2006, S. 178ff. 791 http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=081128002 792 Bei www.naturkost.de waren im Jahre 2006 42% der Nutzer an Nachrichten und Informationen interessiert, erst dann folgten, die „High-Involvierten“, die an allem interessiert waren, sodann die Unterhaltungs- und Interaktionsorientierten und am Ende rangierten die Nutzenorientierten; vgl. Müller 2005, S. 64 793 Hippel 2008

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Service Jaiku und Produktmanager bei „google“.794 Bio – wir haben es anhand des

ethischen Konsums aufzeigen können – ist ein solches „Objekt“. Jyri Engeström

empfiehlt eine fünf Punkte umfassende Checkliste zum Aufbau eines „sozialen Netzes“:

1. Definiere den Inhalt, also das Objekt, das im Mittelpunkt des Netzwerkes stehen soll.

Auf „eBay“ und „amazon“ ist es ein Verkaufsprodukt, bei „flickr“ ein Photo, bei

„del.ici.us“ sind es „URL“, bei anderen sind es Videos (youtoube) oder Musik (last.fm),

kleine Nachrichten („micro-bloggs“ oder „tweets“ bei „Twitter“). 2. Definiere Aktion und

„Verben“, lege also fest, was die Nutzer mit dem sozialen Objekt machen sollen, ob sie

es kommentieren, bewerten, teilen, anschauen, anhören, kaufen, verkaufen sollen. 3.

Mach das Objekt teilbar, entwickle also digitale Toolkits, die es einfach machen, das

Objekt zu teilen, zu bewerten, darüber zu kommunizieren und dauerhaft hinzuweisen,

etwa durch Permalinks (URL) oder Widgets. 4. Verbinde deine Einladung zu deinem

Netzwerk mit einem „viralen“ Geschenk, verbinde sie mit einem witzigen Video, einer

kleinen Geldsumme, einer „Gabe“. 5. Berechne nur den aktiven Nutzern eine n

Mitgliedschaftsbeitrag, nicht den Zuschauern. Bezahlt wird nicht für den Gebrauch,

sondern für den Verbrauch im Sinne der Ressourcennutzung, beispielsweise für

Publizieren, das Daten- und Transportvolumen etc.

Zurück zur „Open Innovation“, besser gesagt, zum zweiten Teil der Individualisierung

der Wertschöpfungskette, der Produktindividualisierung oder auch „Mass

Customization“. Produktindividualisierung setzt auf der Stufe der Fertigung ein,

zwischen dem Innovationsprozess der „Open Innovation“ und dem herkömmlichen

Angebot vorgefertigter Varianten, das dem Nachfrager lediglich die Auswahl derjenigen

Variante ermöglicht, die seinen Bedürfnissen am nächsten kommt. Auch bei der

Produktindividualisierung wird mit dem Produktionsprozess erst gestartet, wenn der

Kundenauftrag und ein Produktentwurf vorliegen, die den Anforderungen des Kunden

gerecht werden.795 Ziel ist es, an wenigen Komponenten, die aus Kundensicht aber den

wesentlichen individuellen Produktnutzen ausmachen, eine Gestaltungs-

beziehungsweise Auswahlmöglichkeit zur Verfügung zu stellen. Kognitive Dissonanz in

der Nachkaufphase - Unzufriedenheit mit dem Produkt - wird durch den Co-Design-

Prozess des Kunden („Idealpunkt“-Produktion) vermieden.796

794 Engeström 2005 795 Vgl. Hippel 2005, S. 6 796 Reichwald/Piller 2006, S. 195

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Man kann deshalb auch von einer Standardisierung der Individualisierung sprechen.797

Individualisierungsmöglichkeiten bestehen beispielsweise hinsichtlich Maßen und

technischen Features (funktionale Individualisierung) oder ästhetischer, gustativer und

visueller Wahrnehmung (experienzielle Individualisierung). Sie könnten aber auch

zusätzlich in bestimmten ethischen (fair, bio, CO2-frei) Vorleistungen bestehen

(symbolische Individualisierung) beziehungsweise regionale und/oder traditionale

Attribute (relationale Individualisierung) aufweisen. Oder in allem zusammen, denn „for

mass producers, the focus of the marketing group is not about spotting differences

among customer needs; it´ s about identifying and exploiting comminalities.”798 Man

kann quasi Werthaltungen des ganzen Wertekreises artefaktisch in Form verschiedener

Produktvarianten und Konzeptionsmöglichkeiten anbieten, wobei erst das Endprodukt,

sozusagen retrospektiv, eine Einordnung ermöglicht.

Kunden, die vorher ein Standardgut gekauft haben, sind oft bereit, einen Aufschlag von

bis zu 100 Prozent für ein individuelles Gut zu zahlen.799 Damit liegen trotz höherer

Herstellkosten die Margen von Mass-Customization-Gütern oft über denen

vergleichbarer Standardgüter.

Vorteile/Ertragspotenziale800 der „Mass Customization“ liegen in erhöhter

Kundenzufriedenheit und Loyalität, steigender Zahlungsbereitschaft,

Wiederholungskäufen, Flexibilität (durch IuK-Technologie),

Kostensenkungspotenzialen801 wie auch in der hybriden Wettbewerbsstrategie, die zum

einen danach strebt, sich im Markt zu differenzieren und gleichzeitig eine günstige

Kostenposition einzunehmen.802 Nicht zu vergessen die erhöhte Kundenintegration. Die

individualisierte Problemlösungskompetenz trägt dazu bei, die Opportunitäts- und

Wechselkosten zu erhöhen, so dass der Kunde “freiwillig” dem Anbieter treu bleibt („log-

797 Reichwald/Piller 2006, S. 203 798 Piller 2009, S. 76 799 Piller 2005 800 Reichwald/Piller 2006, S. 235. Nachteile/Mehrkosten für Systeme der „Mass Customization“ liegen in den zu tätigenden Investitionen in flexible Leistungssysteme, Koordinationsaufwand in Produktion und Logistik, Kosten der Produktadaption und Kundeninteraktion, im Aufbau von Vertrauen. 801 Nicht unwichtig, gerade auch angesichts der hohen Floprate bei Lebensmitteln. Zimmermann (2001, S. 12) spricht von einer Floprate/Gesamtmarkt Deutschland von 85%. Bei durchschnittlich 910 Neueinführungen/Woche auf dem deutschen Markt – nicht nur Nahrungsmittel – floppen also mehr als 750 Produkte. Zu den Flopraten im Lebensmittelmarkt s.a. Kapitel 3.2. „Eco-Bind“ 802 Stotko 2002, S. 4. Strategien der Kostenführerschaft oder/und der Differenzierung sind nur in einer weitgehend stabilen Umwelt gewinnoptimal, Produktinnovationsstrategien dagegen sind flexibilitätsorientiert und (nur) in einer dynamischen Umwelt gewinnmaximal; vgl. Proff 2009, S. 31

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-192-

on“), da ihm die individuelle Lösung höheren Nutzen stiftet und auf seiner eigenen

spezifischen Investition – Wissen - beruht („High Involvement“).803

804

Wie aber schaut es hinsichtlich des Mass Customization bei Lebensmitteln aus?

Studien zum „Variety Seeking“ haben ergeben, dass bei bestimmten Produkten wie

Milch, Butter, Margarine, Eiern der Kunde kaum nach Abwechslung sucht,805 hingegen

aber insbesondere bei Joghurts, den Warengruppen Käse und Wurst, bei Desserts und

Fruchtsäften etwa 55% aller Lebensmittel-Konsumenten zu den „untreuen“, hybriden

Suchern nach Abwechslung gehören.806 Hier begründet sich beispielsweise der Erfolg

von „MyMuesli.com“: „Endlich schmeckt Dein Müsli so, wie Du es immer wolltest. Denn

bei mymuesli kannst Du Dein individuelles Müsli selbst zusammenstellen. […] mymuesli

ist ideal für Genießer, Rosinenhasser, Allergiker, Sportler und Vollblutökos: 70 Zutaten.

803 Ein Thema von „Learning Relationships”, „Life Time Value“ und „Customer Equity“; vgl. Rogers 2005 804 Tabelle aus Reichwald/Piller 2006, S. 205 805 Meixner 2005, S. 51 806 Hippel 2002, S. 23. Die Antwort auf den hybriden Konsumenten ist „Hybrid-Commerce“ unter Nutzung von Mehrkanalabsatzsystemen. Innerhalb dessen ist mit einer Schwerpunktverlagerung innerhalb des „Kontaktprinzips“ zu rechnen, mit einer Bagatellisierung des „Residenzprinzips“, indem der Kunde den Anbieter aufsuchen muss (stationäre Einzelhandelsläden) zugunsten des „Distanzprinzips“ (Versandhandel, Mass Customization“), und des „Domizilprinzips“, indem der Anbieter („Ökokiste“) den Kunden aufsucht. Letztendlich muß dies Auswirkungen auf das „Category-Management“ haben. Zu den bisher verwendeten Strategien vgl. Kunz 2006. Das sollte Folgen für das klassische „Category-Management“ haben. Der Food-Markt / Lebensmittelhandel konnte bisher bei Bio die Preis-Leistungs-Strategie und Wellness-Strategie (funktionaler Nutzen) anwenden, zum Teil Genuss- und Erlebnisstrategie (experienzieller Nutzen). Es könnten sich auf dem Weg vom Lebensmittelhändler zum Lebensgefühlhändler auch Vertrauens- und Familienstrategien (relationaler Nutzen) wie Symbolstrategien (fairer Handel, artgerechte Tierhaltung) bewähren.

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Alle Bio. 566 Billiarden verschiedene Müslivariationen. Keine zusätzlichen Inhaltsstoffe

wie Farbstoffe oder Geschmacksverstärker. Ohne Zuckerzusatz. Fünf mal denselben

Mix bestellen - 1 Dose gratis!“ .807 Wer die sympathische Art der Kundenbindung

kennenlernen möchte, sollte sich dann auch den mymuesli-blog anschauen. Das

gleiche klappt auch mit Bio-Brot aus Natursauerteig und mit besten Vollkornmehlen,

Natursalz sowie Bergquellwasser (www.panemeo.de).

Beim Einbruch unveränderter Einzelprodukte in der Lebensmittel-Direktvermarktung808

ist Form und Erfolg des Mass Customization ein Fingerzeit, auch wenn die Vordenker

des Mass Customization noch an der Jahrtausendwende mit Recht anmerkten, dass

landwirtschaftliche Produkte schlecht „digitalisierbar“ und oft nur über viele Parameter

zu beschreiben seien und Lebensmittel generell einen (zu) hohen Anteil an Vertrauen

und Erfahrungseigenschaften besäßen.809 Gerade aber darin liegt das

Alleinstellungsmerkmal von Bio, dem ebenso generell ein hohes Maß an Vertrauen -

insbesondere in Verbindung mit additiven ethischen Parametern – entgegengebracht

wird. Durch die Produktindividualisierung wird ein Mehrwert geschaffen, der die

Bedenken zerstreut, dass der aufgrund erhöhter Logistik und Lieferkosten gestiegene

Preis so gut wie keinen Anreiz mehr biete.810 Dabei ist der „Mass Customization”-

Prozess als Ergänzung aufzufassen, nicht als Alleinlösung oder prinzipistisches

Allheilmittel: „To reap the benefits of mass customization, though, managers need to

think of it not as a stand-alone business strategy for replacing production and

distribution process but as a set of organizational capabilities that can help a company

better align itself with its customers´ needs.”811

„Mass Customization“ bietet die Möglichkeit, verschiedene Anbieter unter einem Dach

zusammenzufassen und mit einem geschlossenen homogenen Angebot gegenüber

dem Konsumenten aufzutreten – auch nachdem der Trend im Lebensmitteleinzelhandel

sehr stark in Richtung „Alles aus einer Hand“ geht. Das Internet erhöht die

Markttransparenz durch die Möglichkeit, weltweit Preise zu vergleichen und Waren

(theoretisch) weltweit zu beziehen. Kunden, die schlechten Zugang zu ökologischen

807 http://www.mymuesli.com 808 Spiller 2005, S. 16 809 Vgl. Jahn 2003, S. 336 810 Dworak 2003, S. 330 811 Piller 2009, S. 72

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Produkten haben oder im Internet preisgünstigere Bioprodukte finden, können

gewonnen werden – auch und gerade durch die Produktindividualisierung.812

Denn auch auf „Mass Customization“ aufbauende Stufen und Technologien kündigen

sich schon an: So wie der Personal Computer die Datenverarbeitung nach Hause

gebracht hat, wird bald ein Personal Fabicator das Rapid Manufacturing - die

maßgeschneiderte Produktfertigung ohne Werkzeug, direkt aus dem Datenmodell

heraus - nach Hause bringen: Homo Fabber sitzt zuhause am Schreibtisch, konstruiert

sich digital seine Warenwelt und „druckt“ sie dann Stück für Stück in seiner Mini-Fabrik

aus eigenem Plastikmüll – Recycling und Verbrauchermacht inklusive.813 Im Media Lab

des Massachusetts Institute of Technology/USA steht bereits ein spülmaschinengroßer

Prototyp parat, der für jede Mahlzeit frische Teller, Tassen und Schüsseln fabriziert –

„Dishes on Demand“ heißt der selbsterklärende Titel des Verfahrens814 und die US-

Armee druckt teilweise bereits Ersatzteile am Einsatzort aus. Sicher könnte so ein

Personal Fabicator mit Flüssigkeiten wie Bio-Schokolade oder Bio-Teig funktionieren

beziehungsweise Bio-Kleidung aus dem Bio-Fabb herstellen. Frank Piller, der deutsche

„Open Innovation“- und „Mass Customization“-Experte von der RWTH Aachen, sieht

Probleme nicht mehr in der Technik, sondern darin, dass es noch viel zu wenige

Menschen gibt, die Produkte für diese Technik entwickeln.815

Die darauf folgende Stufe, so spekulierte bereits der Soziologe und Ökonom Jeremy

Rifkin, wird den Übergangsprozess vom Eigentum zum Leasing und Outsourcing

beinhalten.816 Es wird weniger Ver-braucher, denn Ge-braucher geben. Räumlich und

zeitlich unbeschränkt werden Nutzer per Mitgliedschaft, Abonnement, Verleih oder

Nutzungslizenz auf Eigentum Zugriff haben.817 Man zahlt nicht mehr für die Übertragung

einer Ware im Raum, sondern für den Fluss einer spezifisch benötigten, persönlich

812 Dworak 2002, S. 60 813 Neef 2008 814 Bilderstrecke des Verfahrens unter http://www.wired.com/science/discoveries/multimedia/2005/10/69113 815 Piller 2007 816 Rifkin 2000, S. 70 817 Im Oktober 2006 hat die Hochtief PPP Solutions GmbH mit einer symbolischen Schlüsselübergabe das Rathaus in Gladbeck gemeinsam mit den Bürgern der Stadt eingeweiht. Das Unternehmen hat das Verwaltungsgebäude mit einem Vertragsvolumen von etwa 44 Millionen Euro geplant, finanziert sowie gebaut und wird es in den kommenden 25 Jahren betreiben. Während dieses Zeitraums zahlt die Stadt ein monatliches Nutzungsentgelt. Das neue Rathaus verfügt über eine Fläche von 11 000 Quadratmetern und bietet 300 Mitarbeitern der Stadt Platz. Es ist das erste PPP-Pilotprojekt für einen Rathaus-Neubau in Nordrhein-Westfalen, vgl. http://www.hochtief-pppsolutions.de/ppp/36.jhtml

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angepassten Erfahrung in der Zeit.818 Etwas Ähnliches bietet bereits die „Web 2.0“-

Seite „Hunch“, wo Nutzer anderen Nutzern helfen, Entscheidungen zu fällen. Und zwar

mit Hilfe von Enscheidungsbäumen, die ständig mit (natürlich subjektivem) Erfahrungs-

Wissen angereichert und verbessert werden.

Ein „Rifkin-Konzept“ findet sich auch in der IuK-Technologie. Beim „Grid Computing“

werden freie Ressourcen einer speziellen Anwendung genau dann zur Verfügung

gestellt, wenn sie gebraucht werden. Grid-Infrastrukturen bieten eine Vielzahl von

Vorteilen, wie zum Beispiel den transparenten Zugriff und die bessere Nutzung der

Ressourcen, nahezu unendlich große Rechen- und Speicherkapazität, Flexibilität und

automatische Anpassung von komplexen Rechenprozessen durch dynamischen und

konzertierten Betrieb der vernetzten Ressourcen, höhere Qualität der Ergebnisse durch

gridunterstützte Entwicklung, und schließlich Einsparungen durch eine

verbrauchsorientierte Abrechnung.819 Ingenieure sind dadurch in der Lage, jegliche

Ressource (wie Computer, Anwendung, Daten und Software-Werkzeuge) sozusagen

auf Knopfdruck zu nutzen, um Prozesse und Produkte virtuell zu simulieren, bevor sie

an deren reale Entwicklung gehen.820 Hier schließt auch das „User Manufacturing“ an:

„You select materials, you push a button, and you start a remote production process.

Two days later, your design arrives at your home. So you have an entire machine park

at your disposal;” so Frank Piller.821 So bietet beispielsweise www.emachineshop.com

818 Rifkin 2007, S. 161. Und das Ganze ggf. nur noch durch Messung der Hirnströme, denn das Netz (Internet) wird als solches nicht mehr in Erscheinung treten, weil es in die Dinge der äußeren Wirklichkeit fundamental einbezogen beziehungsweise solche Entitäten selbst wiederum Teil des Netzes sein werden; vgl. Palm 2009, S. 107. Honda hat mittlerweile eine Gehirn-Maschinen-Schnittstelle (BMI) entwickelt, um mit Gedanken einen Roboter im Raum zu steuern. Über Nah-Infrarotspektroskopie (NIRS) wird optisch die Veränderung der Blutzirkulation in Gehirnregionen gemessen. Der Träger des Helms muss sich nur vorstellen, die Arme oder Beine zu bewegen, um diese motorischen Impulse, die von beiden Sensortypen aufgenommen und durch ein neu entwickeltes Programm verarbeitet werden, auf den Roboter zu übertragen, der nach einigen Sekunden entsprechend reagiert. Der Roboter wird durch eine solche Gehirnsteuerung zu einem erweiterten Körper, zumindest zu einem neuen Körperteil, der Mensch zu einem Cyborg. 819 http://www.d-grid.de/index.php?id=57. BitTorrent (Bit: kleinste Daten-Einheit, engl. torrent: reißender Strom, von lat. torrens) ist ein kollaboratives Filesharing-Protokoll, das sich besonders für die schnelle Verteilung großer Datenmengen eignet. Im Gegensatz zu anderen Filesharing-Techniken setzt Bittorrent nicht auf ein übergreifendes Filesharing-Netzwerk, sondern baut für jede Datei ein separates Verteilnetz auf. 820 Insofern könnte man das gegenwärtige Zeitalter der Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK) als „Quartär“ bezeichnen, im Unterschied zum primären Wirtschaftssektor (Urproduktion, Landmehrung), dem sekundären Wirtschaftssektor (Industriegüterproduktion, Kapitalmehrung), wie auch den tertiären Sektor (Dienstleistungen, Arbeitsmehrung). Das Quartär hebt im hegelschen Sinne die genannten Wirtschaftssektoren auf. Es ist die Bewahrung alles vorangegangenen, aber die Vernichtung der Dominanz des sekundären Wirtschaftssektors, sowie die Erhöhung der symbolischen, intangiblen Determinanten, insbsondere der Kooperationsformen 821 Piller in Thilmany 2009, S. 5

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eine eigene CAD-Software zum download an, an der Teile konstruiert und dann aus

einem Material der Wahl computerlasergesteuert hergestellt werden.

Aber zurück zu den Prozessen interaktiver Wertschöpfung. Eine Zwischenstufe von auf

der einen Seite „Old Economy“ und „Revers Economy“ liegt in der „Kollektiv-Mass-

Customization“, dem bereits behandelten Regionalismus, der als relationales (Marken-

)Konzept Vertrautheit und Vertrauen vermittelt. Die Schweisfurth-Stiftung - in Gestalt

der Publikationen ihres Vorstandes Franz-Theo Gottwald, Humboldt-Universität Berlin

und LMU München - propagiert den Gedanken des „Aus-der-Region-für-die-Region“

bereits seit Jahrzehnten als Alternative zur globalen Industrialisierung des

Lebensmittelanbaus. Dazu gehört eine „Marktwirtschaft der Regionen“,822 gepaart mit

Subsidiarität und Solidarität, eine „Ökologie der kurzen Wege“ und natürliche, regionale

Kreisläufe.823 Die Forderung nach Beibehaltung spezifisch kultureller Rhythmen und

„fundamentaler Anpassungsleistungen“824 rechtfertigt nicht zuletzt den Begriff der

„Kollektiv-Mass-Customization“. Mit diesem Programm geht nicht nur eine Renaissance

von Qualität825 und „Nähe“ am Point of Purchase einher, sondern ebenso eine

zukunftsfähige, nachhaltige Landwirtschaft wie auch eine wertgeleitete

gesamtgesellschaftliche Entwicklung.826 Eine Entwicklung, die für regionale Kooperation

als „Drittes“ zwischen Markt und Hierarchie wirbt.

Laut Emnid827 haben Verbraucher ganz klare Vorstellungen von Werteprioritäten in der

gesamten Landwirtschaft, nicht nur im ökologischen Landbau. Umweltfreundliche

Produktion, artgerechte Tierhaltung stehen dabei ganz vorne. So auch die Studie von

Katrin Zander und Ulrich Hamm. Ausgehend von ersten erfolgreichen Ansätzen der

Kommunikation ethischer Werte gegenüber Konsumenten wurden in mehreren

europäischen Ländern (Deutschland, Großbritannien, Italien, Österreich und der

Schweiz) verschiedene ethisch begründete Argumente ausgewählt und unter

Verwendung der Informations-Display-Matrix (IDM) auf ihre Relevanz für das

Einkaufsverhalten getestet. Die beiden in der gesamten Stichprobe der fünf Länder am

häufigsten zuerst „angeklickten“ Attribute sind „Artgerechte Tierhaltung“ und „Regionale 822 Vgl. Gottwald 2007/2, S. 165 823 Vgl. Gottwald 2007, S. 14 824 Gottwald 2002, S. 147 825 Sozusagen „Frische“ statt Kühle“. Frische- und Molkereiprodukte spielen für den Absatz von Lebensmitteln aus dem ökologischen Landbau eine entscheidende Rolle; sie machen den Gesamtumsatz von Lebensmitteln aus der ökologischen Landwirtschaft aus. Vgl. www.orgprints.org/11096/ 826 Vgl. Gottwald 2003, S. 224 827 Emnid 2007, S. 12

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Erzeugung“. Auf sie entfallen jeweils gut 20% der Abfragen. Der Preis wird mit 13%

deutlich seltener als erste Information herangezogen.828

Und so haben sich nicht zuletzt durch diese Initiativen und Gedanken Plattformen

begründet, mit denen Fairness, Bio und Regionalität zusammen befördert werden, wie

beispielsweise die „Fair-Regio-Charta“ für Berlin-Brandenburg sowie die bayerische

Informationskampagne für solidarisches Einkaufen „Bio-Regio-Fair“. Mit dem Projekt

„regional&fair“ hat sich der Biokreis e.V. die Kommunikation der Begriffe Regionalität

und Fairness auf Basis fester, seriöser Standards zur Aufgabe gemacht.829 Auch das

agrarkulturelle Netzwerk „Unser Land e.V.“ ist zu erwähnen, das als

Solidargemeinschaft aus Landwirten, Handwerkern, Handel, Verbrauchern, Kirchen

sowie Umwelt- und Naturschutzorganisationen verfasst ist.830 Ähnliche Konzepte finden

sich in vielen Regionen Europas wie „Sheepdrove Farmhouse“, „Fundacion Monte

Mediterraneo“, „La Selva Azienda Bioagricola“, „Hermannsdorfer Landwerkstätten“ etc.

Im European Network for Eco Agriculture (ENEAC), das sich auch um Wissenstransfer

bemüht, schließen sich immer mehr Betriebe netzwerkförmig zusammen. Des weiteren

sind seit dem Jahr 2003, als die Regionalwährung „Chiemgauer“ startete, in Europa

eine Vielzahl regionaler Währungen entstanden, wobei jeder Erlös systemgemäß in der

Region ausgegeben wird, in der er erzielt wird.831

Darüber hinaus sind überall in Asien und anderen Kontinenten Bewegungen

entstanden, die sich zum Ziel gesetzt haben, nachhaltige Landwirtschaft und

Biodiversität sowie die Rückgewinnung eines Marktes vor Ort zu fördern und die

Ernährungsrechte der Menschen in ihrer Region zu verteidigen.832 Hier stehen Cultural

Diversity und Biodiversity auf der einen Seite gegen „Bio-piracy“,833 die Verwertung

traditionellen Wissens durch „intellectual property rights“, die Weltwirtschaft, globale

Gesundheitsökonomien und den Expansionsdrang globalisierter Wissenschaft und

828 Zander 2009, S. 341 829 Vgl. Gottwald 2009 830 Vgl. Gottwald 2005, S. 152f. 831 Vgl. Rost 2007, S. 3. Beispiele für weitere Regionalwährungen sind beispielsweise der „Lausitzer“ in der Lausitz, der „Waldviertler“ im Waldviertel/Nieder-Österreich, „Havelblüte“ in Potsdam, „Urstromtaler“ in Sachsen-Anhalt, „Elbtaler“ in Dresden. 832 Verständlich, angesichts der Gefährdung der Grundernährung der dort ansässigen Bevölkerungen durch den Export von Luxusagrargütern – Schnittblumen, Cash Crops - für westliche Märkte (vgl. hierzu Shiva 2007, S. 209). Hier tritt der hiesige Verbraucher als Konkurrent um die wesentlichen Lebens- und Nahrungsgrundlagen der Exportländer auf, so Vgl. Gottwald 2007/3, S. 90 833 Wortschöpfung von Teubner 2009 II, S. 8.

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Kultur.834 Denn Vorteile von Netzbildungen können sich gleichzeitig als Nachteil

erweisen. Netzwerke lassen Unternehmensgrenzen verschwimmen, sie verbessern

dadurch ihre Umweltposition, machen aber zugleich eine Verantwortungszurechnung

unmöglich. Ein und dasselbe Netzwerk kann in der einen Umwelt als Kollektivakteur mit

einer abgrenzbaren Identität, in einer anderen Umwelt als eine Vielzahl individueller

Akteure erscheinen. Dies beschreibt Gunther Teubner treffend als „unitas multiplex“ und

„chamäleonartiges Changieren“.835

Das erinnert an vorstaatliche „Netzwerkwellen“ in der frühen Neuzeit, Netzwerke sind ja

nicht umsonst ein autonomes Drittes zwischen Hierarchie/Staat und Markt. Eine solche

„Netzwelle“ schwappte in der frühen Neuzeit über die sich öffnenden Märkte des bis

dato „hortus conclusus“ der Respublica christiana im Wettlauf um Welthandel und

Kolonien. So entstand beispielsweise 1602 die auf privatisierte Handels- und

Kapergewinne ausgerichtete „Generale Neederlandsche Geoctroyierte Oostindische

Companie“, die sich zur weltweit dominierenden Handelsgesellschaft jener Zeit

entwickelte. In der „nachstaatlichen“ Gegenwart scheinen sich einige Parallelen

aufzutun836 und mit der „Entstofflichung der Weltwirtschaft“ auch das Prinzip des „Cuius

Economia, eius regio“ zu verfestigen.

Gegen diese die Vielfalt (traditioneller, indigener Wissensbestände und Kulturen)

bedrohenden Netzwerke helfen nur Netzwerke, die diese Vielfalt schützen. Die

Konzepte des ökologischen Landbaus können sich zu diesen Netzwerken zählen.

So lässt sich auch eine ethisch-biologische Variante eines abgespeckten „Mass

Customization“ im Bereich der Produktion ermöglichen. Das ursprünglich nach Art der 834 Cum grano salis gilt dies auch für globale Juridifizierung und transnationale Regulierungsregime, die – ähnlich wie das britisch-koloniale „indigenous law“ – die ihnen als wertvoll erscheinenden Elemente des Fremden (Be-wertung eines Beobachters) in eigener Begrifflichkeit re-konstruieren, damit überhaupt Schranken an geeigneter Stelle errichtet werden können. Der unmittelbare Rückgriff auf indigene Gewohnheitsrechte ist dabei unmöglich, weil die Bezugnahme auf lokales Gewohnheitsrecht die holistisch organisierten Gesellschaftsformationen bereits mit der Brille funktionaler Differenzierung betrachtet und funktional codiert, was ganzheitlich nicht-differenziert ist. So müsste zum einen eine Vielzahl systematisch voneinander abweichender Beobachtungspositionen geschaffen werden (Teubner (2009, S. 20) wie auch kompensierende Ressourcentransfers an Indigene und Transformation von ökonomischen Risiken in rechtseigene Risiken in der Form von Haftungsnormen erfolgen; so Teubner (2009 II, S. 12ff.) 835 Teubner 2004, S. 55 836 So die mit „gewerblichen Kaperbriefen“ ausgestatteten „globalplayer“, die die Anker lichten und in einem anderen Erdteil vor Anker gehen, ausgestattet mit den Repressalien des Friedens, „lettres de marque et de représailles“, und jederzeit in der Lage sind, das zum Teil unter Schutz privater Sicherheitsdienste „offshore“ angesammelte (Wissens-)Kapital zu neuen „Ankerplätzen“ zu bewegen; vgl. Schulze 2005, S. 169f.

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Kibbuz entworfene Organisationskonzept des „Community Supported Agriculture

(CSA)“ beinhaltet einen Zusammenschluss von Verbrauchern und einem (Bio-)Landwirt

zu einer Versorgergemeinschaft. Die Verbraucher geben eine Abnahmegarantie und

erhalten im Gegenzug Einfluss auf die Produktion.837 Die Vorteile eines solchen „Crowd

Funding“, in dem die Konsumenten als Investoren auftreten, liegen auf der Hand: Der

Konsument erhält sichere und hochwertige Lebensmittel und Möglichkeiten der aktiven

Mitgestaltung im kleinen Rahmen. Der Landwirt hat die Freiheit zur Umsetzung eigener

Vorstellungen, besitzt finanzielle Sicherheit, spart die Vermarktung und knüpft aktiv ein

Netzwerk des Nahrungs- und Wissenstransfers838 und hat in einer „Vertical Farm“

weitere Möglichkeiten, horizontale Wertschöpfungsallianzen zu bilden.

Ein weiterer Schritt in Richtung „Mass Customization“ wäre ein Anbau nach Wunsch

und Menge, ggf. verbunden mit einer fein abgestimmten Weiterverarbeitung nach den

Vorstellungen des Kunden. Damit würde der Landwirt erst produzieren, wenn feststeht,

was er in welcher Menge produzieren soll, wenn der Abnehmer feststeht und ggf. auch

die Weiterverarbeitungswege eruiert worden sind. Ein Vorteil läge darin, dass

Individualisierung und Ethisierung bereits am „Point of Production“ beginnen könnten

und Vertrauen zum Produkt im wahrsten Sinne wachsen kann.

837 Das Konzept entstand in den 1960er Jahren in Japan wo heute etwa ein Viertel der Haushalte an einem „Teikei“ (dt. Partnerschaft) beteiligt sind. Während sich in den USA etwa 2500 Hofgemeinschaften dieser Art begründet haben, gibt es in Deutschland gerade 8. 838 Kraiß 2008, S. 46

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5.3. „Flexible Response” statt „Massive Reta(i)liation”

Der netzwerkartige Charakter des Ökologischen Landbaus manifestiert sich in seiner

„Patchwork-Identität“,839 die durch mehrere gleichberechtigte Selbstbeschreibungen

verschiedener Verbände gebildet wird. Die BÖLW-Identität konstituiert sich - wie jedes

System - als Differenz zu seiner Umwelt hauptsächlich durch diese Prinzipien: 1.

Geschlossene Stoffkreisläufe im landwirtschaftlichen Betrieb, 2. Stärkung und Nutzung

natürlicher Selbstregulationsmechanismen, 3. Schonender Umgang mit nicht

erneuerbaren Ressourcen, 4. Erhaltung und Verbesserung von Artenvielfalt und

Landschaftsbild, 5. Artgemäße Tierhaltung, -fütterung und –zucht, 6. Forcierung lokaler

und regionaler Produktion und Distribution, 7. Anstrebung einer sozial gerechten und

ökologisch verantwortlichen, qualitativen Lebensmittelkette.840 Konventionalisierung

bedeutet dagegen, so Lindenthal, das Gegensätzliche:841 1. Betriebsmittelzukauf statt

Kreislaufdenken, 2. Nicht dringende Berücksichtigung aktuell ökologischer

Erfordernisse, 3. Spezialisierung, Leistungsmaximierung und Kostenminimierung, 4.

Verringerung der Arten- und Sortenvielfalt wie auch der Fruchtfolge, 5. Standardisierung

auch der Tierhaltungssysteme, 6. Längere Transportstrecken (globaler Markt), 7.

Reduzierung des ökologischen Landbaus auf die jeweils in Anspruch genommenen

Richtlinien.

Um den Grad konventioneller Methoden zu messen. haben Darnhofer et al. eine

tabellarische Auflistung von „Indikatoren der Konventionalisierung im Ackerbau und in

der Tierhaltung“ exploriert. Ein erstes Feedback darauf bemängelt die Zerlegung des

„ganzheitlichen Gesamtsystems“.842 Doch die „Zerlegung“ eines Systems in seine

Elemente beseitigt keinesfalls eine wie auch immer aufzufassende Ganzheitlichkeit, die

ontisch nicht vorgegeben ist, sondern erst als Einheit durch das System (oder einen

Beobachter) konstituiert wird, wobei bestimmte Elemente als Elemente für

Relationierungen in Anspruch genommen werden.843 Ganzheitliche „Autonomie“ eines

Systems entsteht also beispielsweise durch eigensystemische Selbstbeobachtung,

Selbstbeschreibung, operative Verwendung der Selbstbeschreibungen im System

(Selbstkonstitution) und durch wechselseitige Verkettung der Systemkomponenten –

839 Keupp 1994, S. 346 840 Lindenthal 2006, S. 1 841 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 9 842 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 1 843 Luhmann 1987, S. 42

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Element, Struktur, Prozess, Identität, Grenze, Umwelt, Leistung, Funktion.844 Insofern

dient der tabellarische Entwurf von Darnhofer et al. der Selbstbeschreibung:845

Indikator Begründung Prinzipien

Ackerbau: Geringe Artenvielfalt

in der Fruchtfolge (FF) / geringer

Anteil von Leguminosen und

hoher Getreideanteil in der FF /

Überschreiten von Anbaupausen

Verringerung der öko-logischen

Stabilität der Anbausysteme

Prinzip der Ökologie

Prinzip der Fürsorge

(Prinzip der Vielfalt)

(Prinzip des lebendigen

Bodens)

Ackerbau: Häufiger Einsatz von

zugelassenen, leicht löslichen

organischen Düngern (oft als

Ersatz für Leguminosen)

Verringerung der ökologischen Stabilität

der Anbausysteme; Erhöhung der

Energie- und Materialintensität;

Mögliche Erhöhung von NO3-Gehalten

im Boden und den Produkten

Prinzip der Ökologie

Prinzip der Fürsorge

(Kreislaufprinzip)

(Prinzip des lebendigen

Bodens)

(Prinzip

Überschaubarkeit)

Prinzip der Gesundheit

Ackerbau: Agrarökosystem mit

geringer Biodiversität / geringer

Anteil von ausgew. Landschafts-

elementen (regionale

Betrachtung)

Verringerung der ökologischen Stabilität

der Anbausysteme; Verlust der

ökologischen Vorbild-funktion des

Biolandbaus

Prinzip der Ökologie

Prinzip der Fürsorge

Tierhaltung: Kürzere

Nutzungsdauer

Überbeanspruchung der Selbst-

Regulationsfähigkeit wegen steigender

Anforderungen an Produktionsleistung

bei gleichzeitig abnehmendem Grad der

Bedarfsdeckung / Bedürfnisbefriedigung

Prinzip der Gesundheit

Prinzip der Fürsorge

Prinzip der Gerechtigkeit

Tierhaltung: Hoher Anteil an

zugekauften Futtermitteln in der

Ration

Gefahr der zunehmenden Entkoppelung

von Tier-haltung und Pflanzenbau durch

Import von limitierenden Nährstoffen in

den Betrieb

Prinzip der Ökologie

Tierhaltung: Gehäufter

Medikamenten-Einsatz

Status quo der Tiergesundheit in der

Bio-Tierhaltung widerspricht vielfach

den Ansprüchen der TierhalterInnen,

KonsumentInnen bzw. der Gesellschaft;

Medikamenteneinsatz als

Korrekturmaßnahme; ökologische

Risiken des Einsatzes allopathischer

Medikamente

Prinzip der Gesundheit

Prinzip der Fürsorge

Prinzip der Ökologie

844 Teubner 1987, S. 102 845 Tabelle aus Darnhofer 2009, S. 516

Page 202: BioManuskript

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Mit dieser Tabelle werden Entdifferenzierungen differenziert, Grenzarbeit geleistet,

denn Systemerhaltung heißt Grenzerhaltung (boundary maintenance).846 Die

Grenzwerte sollen dazu führen, die Grauzonen aufzuhellen, auszudifferenzieren. Damit

wird der Handlungsbereich konkretisiert, der ökologisch bevorzugte Eingriffe des

Menschen in die Natur entwirft und von einem anderen Bereich trennt, in dem

Handlungen als für Natur sowie Produktions- und Lebensweise bedrohlich eingestuft

werden. Die Machbarkeit dieser Handlungsempfehlungen und Grenzwerte - die unter

anderem abhängig von Zustimmung, also Machtstrukturen, wirtschaftlichen

Implikationen, kulturellen Werten und Wissensstand sind - ist allerdings ein deutlicher

Beleg für Normativität und Veränderbarkeit von Naturvorstellungen, von Vorstellungen

der Natur als System.847

Daher hat sich der ökologische Landbau zu einem am stärksten politisch beeinflussten

Bereich der Landwirtschaft entwickelt,848 mit antagonistischen Fronten und „alten

Lösungsrezepten“.

Auf der einen Seite die „Konventionalisierung“. Ein tragendes Moment der

Konventionalisierung wird beispielsweise in der EU-Agrarpolitik gesehen. Hubert

Weiger, Vorsitzender des BUND, nennt als wesentliche Kennzeichen der

Industrialisierung der Landwirtschaft durch EU-Agrarpolitik die Förderung von

Großstrukturen, Betriebs-Spezialisierungen, Rationalisierung durch

Flächenzusammenlegung sowie die Vergrößerung der Tierbestände bei Erhöhung der

Mechanisierungs- und Automatisierungsprozesse.849 Die Hierarchie/Bürokratie der EU

spiegelt sich in den industrialisierenden und hierarchische Strukturen bevorzugenden

Förderrichtlinien wider.

Auf der anderen Seite finden sie jene, die anmerken, dass der ökologische Landbau

Gefahr läuft, einen Teil der Werte und Ideale, die seine Identität wie auch die

846 Luhmann 1987, S. 35 847 Eigentlich hat man es bei Natur/Umwelt mit einer Komplexität zu tun, die kein System ist, weil sie nicht durch eine eigene System/Umwelt-Differenz reguliert ist; vgl. Luhmann 1987, S. 55. Umwelt ist im Gegensatz zu Systemen dadurch gekennzeichnet, dass sie keine Grenzen hat, sich nicht selbstständig gegen eine Umwelt abgrenzt. Deswegen ist sie auch nicht mit dem griechischen Kosmos gleichzusetzen, in dem alles eine „schöne“ Ordnung hat, wie in Kapitel 4.1. kurz dargelegt. Der Mensch als Beobachter erst schafft „Sinn“, differenziert die Umwelt als System aus, bestimmt deren Grenze, ganz nach dem nicht nur für die Neuzeit bestimmenden Motto „Messen, was messbar ist, was nicht messbar ist, messbar machen.“ So fasst Baruzzi (1993, S. 323) das für die Neuzeit bestimmte Diktum Galileis zusammen. 848 So Stolze 2003, S. 293 849 Vgl. Weiger 2005, S. 104f.

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besonderen Bewirtschaftungsregeln bestimmen, zu verlieren.850 Auch hier finden sich

hierarchische Lösungs-Verordnungen, Rufe nach „Vereinheitlichung“, „Konzentration“

und „Zusammenführung“ der unübersichtlichen Vielfalt der Akteure, Labels und

Aktivitäten des Biologischen Landbaus.851 Dazu gesellen sich „Propheten des

Untergangs“, die als Hervor-Sager „den Anfang mit dem Ende“852 verknüpfen und das

Abrücken von hierarchisierten Pionier-Werten als eben diesen Anfang vom Ende

deuten.

Beide Phänomene erinnern an die Reaktionen auf die Wirtschafts- und Finanzkrise, den

Rufen nach mehr Kontrolle und einheitlichen Regelwerken, nach konsequenterem

Eingreifen einer möglichst weltweit zentralen Bankenaufsicht mit entsprechendem

Regelwerk.

Der Forderung nach hierarchischen Lösungen scheint Bernd Rudolph, stellvertretender

Direktor des LMU Entrepreneurship Center und Vorstand des Instituts für

Kapitalmarktforschung und Finanzierung (LMU) zuzustimmen, wenn er das rein umsatz-

und ergebnisorientierte Handeln ausgegliederter Zweckgesellschaften ohne

Eigenkapital und Haftung rügt.853 Auf der anderen Seite aber bergen „einheitliche

Regelwerke“ wie Basel II854, so Rudolph, „eine nicht zu unterschätzende Gefahr in sich,

850 So aber Schick 2009, S. 364 851 Aufgezählt von Lindenthal 2006, S. 7 und mit Recht hinterfragt. 852 Mayer-Tasch 2000, S. 25 853 Rudolph 2009, S. 4f. Als Zweckgesellschaft, engl.: Special Purpose Vehicle (SPV) oder Special Purpose Entity (SPE) wird eine juristische Person bezeichnet, die für einen klar definierten und eingegrenzten Zweck, insbesondere aber für strukturierte Finanzierungen, gegründet wird. Damit soll ein Zugriff finanzierender Gläubiger auf Vermögenswerte des Investors vermieden werden und der Finanzierungsgegenstand gegen Insolvenzrisiken aus der Sphäre des Investors abgeschirmt werden (bankruptcy-remote). 854 Die vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht erlassenen Regeln in Basel II haben die Anforderungen der Bankenaufsicht und die von den Kreditinstituten verwendeten Risikomess- und Risikomanagementverfahren in den vergangenen Jahren so weit wie möglich synchronisiert. Eingeführt wurden dafür technisch komplexe, weitgehend quantitative Instrumente wie beispielsweise das sogenannte Value-at-Risk Risikomessverfahren. Dabei werden mögliche hohe Verluste mit Blick auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet, die sich ihrerseits an ihrer historischen Häufigkeit bemisst. Wie fatal sich das auswirken kann, hat die Immobilienkrise gezeigt. Hinzu kommt ein weiteres Manko der einheitlichen Eigenkapitalregulierung durch Basel II: Die komplexen Risikomesssysteme bewerten die Risiken der Finanzakteure in Relation zum tagesaktuellen Marktwert ihrer Anlagen. In Zeiten des konjunkturellen Aufschwungs werden die Risiken also zunehmend niedriger bewertet. Die Banken haben dann Eigenkapital frei und müssen weitere Risiken ins Portfolio nehmen, um ihre Eigenkapitalrendite zu steigern. Das kurbelt die Konjunktur zusätzlich an. Beim Umschwung allerdings steigen die gemessenen Risiken an und zwingen alle Marktteilnehmer gleichzeitig zur Aufstockung des Eigenkapitals. Aufgrund der global vereinheitlichten Regelwerke ist jedoch in dieser Situation kein Institut mehr bereit, neue Risiken aufzunehmen und anderen Akteuren im Gegenzug Kapital zu überlassen. Das Dilemma der Eigenkapitalregulierung, dass das Eigenkapital als Risikopuffer dienen soll, dieser Puffer aber letztlich nicht ohne drastische Konsequenzen in Anspruch genommen werden kann, zeigt sich hier in voller Schärfe. Rudolph 2009, S. 3f.

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weil sie weltweit zu einem Gleichlauf der Handlungsmuster führen und daher

prozyklisch wirken.“855 Rudolph fordert daher höhere Eigenkapitalpuffer und

vereinfachte Risikomesssysteme unabhängiger Institutionen im Markt, die differenziert

vorgehen und so das internationale Finanzsystem durch größere Heterogenität

stabilisieren.

Zentraler Punkt der Krise als Geflecht zahlloser Einflussfaktoren scheint demnach ein

Versagen von hierarchischen Regelwerken und Marktstrukturen zu sein. Angesichts

dieser Konstellation müssen die Rufe nach Marktregulierung durch Hierarchien, zum

Beispiel durch den Staat, genauso wie die Rufe nach Heilung der Krise durch die

Marktmechanismen erstaunen. Vor diesem Hintergrund wollen wir noch einmal die

Differenzierung zwischen Markt (Selbsteuerung), Hierarchie (Fremdsteuerung) und den

emergenten dritten bzw. vierten Ausprägungen – Markt- und Organisationsnetzwerken

– bemühen.

Nach Edgar H. Schein bzw. Christof Baitsch und Erik Nagel kann man bei

(Organisations-)Kulturen drei Ebenen unterscheiden. Die erste Ebene von

Organisationskulturen bildet Strukturen und Prozesse, all jenes, was man sehen, hören,

lesen oder fühlen (Artefakte), aber nur schwer auf eine Bedeutung hin entschlüsseln

kann. Diese Oberflächenphänomene manifestieren sich in verbalem und nonverbalem

855 Rudolph 2009, S. 3

Page 205: BioManuskript

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Verhalten, Mythen, Witzen, Ritualen oder Regeln, die gleichsam „Selektions- und

Interpretationsfilter“856 darstellen. Eine zweite Ebene bezieht sich auf Werte, zu denen

auch offizielle Strategien, Ziele, Politiken, Handlungsvorschriften gehören.857 Dabei sind

ebenso gelebte und erlebte Werte, nicht nur die deklarierten, relevant. Eine dritte Ebene

bezeichnet die Basisannahmen, also Vorannahmen über die Wirklichkeit, die

stillschweigend vorausgesetzt, nicht problematisiert und nicht direkt zugänglich sind.

858

Zunächst zur zweiten Ebene, der Werte-Ebene. Vom Netzwerkmodell und den

Erkenntnissen aus dem Wertekreis abgeleitet, unterscheiden wir zwischen vier

verschiedenen Werte-Ordnungen und den für sie typischen Umgang mit Werten.

856 Sackmann 2006 857 Vgl. Baitsch 2009, S. 226 858 Baitsch 2009, S. 226

Zweite Ebene (Deklarierte Werte,

Strategien, Ziele, Politiken)

Erste Ebene (Artefakte, sichtbare

Strukturen und Prozesse, verbales und nonverbales

Verhalten)

Dritte Ebene (Zu Grunde liegende

Annahmen des Wahrnehmens, Denkens,

Glaubens)

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„Markt-Werte-Ordnung“

Ein „marktkonformer“ Umgang mit Werten wäre beispielsweise die vertikale,

hierarchische Anordnung von als subjektiv und konstruktivistisch geltenden Werten.

Innerhalb der Wertehierarchie, ausgenommen der ersten Norm „individueller Nutzen“

(homo oeconomicus), besteht leichte Rotationsmöglichkeit, je nach situativem

Erfordernis, Kontext und den Möglichkeiten der Erfolgsdurchsetzung.

„Hierarchie-Werte-Ordnung“

In Hierarchien herrscht vertikale Anordnung, allerdings handelt es sich eher um

übersubjektive beziehungsweise intersubjektive, kontextunabhängige, verpflichtende,

verobjektivierte Werte mit relativ statischem Charakter, vorwiegend „output“-orientiert,

also auf normative Durchsetzung fixiert.

Page 207: BioManuskript

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„Organisations-Netzwerk-Werte-Ordnung“

Für Organisationsnetzwerke typisch ist die horizontale, gleichberechtigte Anordnung

verobjektivierter Werte, die verpflichtend innerhalb der Gruppe oder des Netzwerkes

gelten. Die Beobachtung von Werten der Umwelt und/oder anderen Systemen folgt

Mustern von Affiliation und Sympathie beziehungsweise von Negation und Ablehnung.

„Markt-Netzwerk-Werte-Ordnung“

Marktnetzwerke charakterisiert eine horizontale, gleichberechtigte Anordnung subjektiv

und konstruktivistisch geltender Werte. Es findet eine Oszillation mit Werten aus der

Umwelt statt, beispielsweise durch institutionalisierte Reflexions- und Lernprozesse.

Dieser für Marktnetzwerke typische Umgang mit Werten lässt sich unter das

subsumieren, was Werner Kirsch, Emeritus für Strategische Unternehmensführung, als

Page 208: BioManuskript

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„Professionalisierung“ bezeichnet: „Professionalisierung hat (vereinfacht) mit der

Existenz nachhaltiger Reflexionen von Führungsrollen zu tun859 […] Bezüglich der

Professionalisierung könnten dann wieder folgende Eskalationsstufen in Erwägung

gezogen werden: (a) Rollenreflexionen unter primärer Bezugnahme auf die Frage, was

machen andere, insbesondere Konkurrenten, Lieferanten, Kunden etc.; (b)

Rollenreflexion unter zusätzlicher Bezugnahme auf ein zentrales Managementmodell

(ohne Reflexion, dass es hier auch eine Vielfalt gibt); (c) Reflexion unter Öffnung

gegenüber der Vielfalt von Ansätzen zur Professionalisierung in der Literatur860 […]

Professionalisierung lässt sich somit an zwei, allerdings eng miteinander verschränkten

Mechanismen festmachen: (1) an Reflexionsprozessen, in denen bewusst die eigenen

Aufgaben, aber auch die eigene Rolle reflektiert werden (was neben einem Erfüllen

fremder Erwartungen an die eigene Rolle, also dem so genannten »role taking«, immer

auch Formen des »role making« als ein bewusstes Suchen nach neuen Rollen und

Aufgaben impliziert) und (2) an Prozessen des Aufgreifens von Wissen, das eine

Unterstützung bei der Erfüllung dieser Aufgaben leistet.“861

Bei vielen Bioakteuren, so haben Darnhofer et al. feststellen können, bestehen

Unklarheiten, ob denn Konventionalisierung nicht gleichzusetzen sei mit

Professionalisierung; zum Teil wird Konventionalisierung als Übergang zur

Professionalisierung gesehen.862 Mit Hilfe des Werte-Ordnungs-Modells lässt sich ein

Unterschied zwischen Konventionalisierung und Professionalisierung herausarbeiten,

der keinen unmittelbar ökonomischen Bezug hat. Professionalisierung braucht ständige

Differenzierung, Suche nach Informationen und offene Reflexion als Fähigkeit, die

eigene Identität im Spiegel ihrer Außenansicht zu betrachten und die Beziehung zu sich

selbst auch noch unter dem Gesichtspunkt der Einheit des Systems zu organisieren.863

Es geht hier mithin um Prozesse der Genese, Kommunikation und Verwendung von

Wissen und damit um stete Verflüssigung, ein In-Bewegung-halten der Wissenströme

und Wissensnetzwerke.864 Nur daraus kann eine – stets zu hinterfragende – breite

Wissensbasis entstehen, die Grundlage sein kann für sozial konstruierte

Wirklichkeitsmodelle und davon abgeleitete Leitmaxime/Werte, die natürlich zirkulär

auch schon in den Prozess der Wissensgenese eingehen.

859 Kirsch 1999, S. 235 860 Kirsch 1999, S. 224 861 Kirsch 1999 II, S. 359 862 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 5 863 Vgl. Luhmann 1987, S. 617 864 Kirsch 1999 II, S. 333

Page 209: BioManuskript

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Konvention ist hingegen die „innerhalb eines Menschenkreises als »geltend« gebilligte

und durch Missbilligung gegen Abweichungen garantierte »Sitte« […] Ein Verstoß

gegen die Konvention (»Standessitte«) wird oft durch die höchst wirksame und

empfindliche Folge des sozialen Boykotts […] stärker geahndet, als irgendein

Rechtszwang dies vermöchte,“865 so Max Weber. Kongruent dazu ist für das Heidegger

das „Man“, in dem „jeder der Andere und keiner er selbst“866 ist. Das Dasein im „Man“

zeigt sich als Durchschnittlichkeit und Einebnung.867 Eine Sache ist so, weil man es

sagt, es immer schon so gesagt hat: „In solchem Nach- und Weiterreden […]

konstituiert sich das Gerede.“868 Oder das Gerücht, mit dem uns mitgeteilt wird, „was wir

zu denken haben, wenn wir weiter dazugehören wollen.“869

Konventionalisierung könnte man ergo als Wiedereingliederung in eine Gruppe

bezeichnen, verbunden mit der Anerkennung der dort vertretenen Werte und Normen.

Die durch Selbstbeobachtung und Selbstbeschreibung „gefundenen“ Werte

konstituieren die Gruppe als „corporate actor“, schaffen eine dauerhafte Repräsentation

der Gruppe in Form von Artefakten und Wertungen. Deklarierte Werte und

„unsterbliche“ Repräsentation stehen dabei in Wechselwirkung. Auf der einen Seite

erhält die artefaktische Repräsentation Wert, einen Eigen-Wert, was dazu führt, dass

die korporative Repräsentation selbst bei einem Wechsel des „Personals“ erhalten

bleibt.870 So feiert man beispielsweise 850 Jahre München oder 110 Jahre Siemens.

Auf der anderen Seite werden damit verbundene Werte und Wertungen „unsterblicher“,

erhalten „Letzwertcharakter“. Doch dadurch sind Lern- und Reflexionsprozesse eher

unflexibel und langwierig, weil sie die Identität des ganzen Systems betreffen.

Konventionalisierung ist also in gewisser Weise mit der Hierarchisierung (von

kollektiven Letztwerten) verwandt und schlägt sich beispielsweise nieder im „Anziehen

der Zügel“, der Vergrößerung von Kompetenzen und Eingriffsmöglichkeiten der Spitzen

865 Weber 1980, S. 18 866 Heidegger 2001, S. 128 867 Vgl. Heidegger 2001, S. 127. So ist auch das „Convenience“ in „Convenience-Food“ der sprachlichen Wurzel des convenire=zusammenkommen ntlehnt. Als Konvenienz rekurriert es auf die gute Sitte innerhalb der Zusammenkommenden und auf Bequemlichkeit. „Convenience-Food“, das es ja in mehreren Preisklassen und Kategorien gibt, ist in seinen Ausführungen für den Massenmarkt insofern eben auch etwas spezifisch Durchschnittliches zueigen. 868 Heidegger 2001, S. 168 869 Kapferer 1997, S. 66 870 Vgl. Weick 1995, S. 53

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und in einem ggf. daraus resultierenden „Teufelskreis“ von Interventionen, der

komplexen Systemen nicht mehr gerecht wird.871

Insofern ist die dem „Eco-Bind“ zuzurechnende „Botschaft von Niederalteich zum 10-

jährigen Bestehen des Ökosozialen Forums Niederalteich“ zwar durchaus nicht

unberechtigt, wenn sie fordert: „Die Kluft zwischen den Zielen weltweiter sozialer

Gerechtigkeit und ökologischem Gleichgewicht bei wirtschaftlich verantwortungsvollem

Handeln auf der einen und der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit

auf der anderen Seite kann nur auf der Basis ethischer und religiöser Werte

überwunden werden.“872

Temporäre Hierarchien – in denen also etwas Geheiligtes oder Heiliges (griechisch

„hieros“) herrscht - sind sicherlich unumgänglich. Der Christ kann sich auch auf

biblische Texte beziehen, die mehr als 3000 Jahre Geschichte des Menschen mit den

Nutztieren einbeziehen.873 Statische Identitäten sind aber auch nur retrospektiv

feststellbar. Erst das mit Erfolg Begründete, das dann auch über eine

Interaktionsgeschichte verfügt, macht die retrospektive Auswahl von begründeten

Werten möglich.874 Der Unterschied zur Konventionalisierung, die auch Hierarchisierung

ist, wird aber durch die Berufung auf zeit- und kontextlos geltende Werte sehr schmal,

liegt nurmehr in den Inhalten, nicht jedoch in der Wertestruktur, in der Werte-Ordnung.

So braucht es wahrscheinlich promovierende und inhibierende Kräfte,875 nicht nur

Gläubige, sondern auch Häretiker, wörtlich „Wählende“, die wissentlich und immer

wieder „das eine dem anderen“ vorziehen, was „die alleinige und besondere

Auszeichnung des Menschen“ ist.876 Jene, die „Code of Conducts“ nicht interpretieren

als präskriptive, dekalogartige Regelwerke einer gesetzgebenden Autorität. Jene, die

das Problem des Nichtwissens der Zukunft nicht leichten Herzens vom Kognitiven ins

871 Willke 1989, S. 24 872 BN 2005, S. 8 873 Vgl. Gottwald 2004, S. 19ff. 874 So wie Entscheider in ihren Entscheidungssituationen zumeist (noch) nicht die Existenz einer Maxime vergegenwärtigen, sondern erst später in die anscheinende Logik konkreter Maßnahmeentscheidungen hineininterpretieren, vgl. Kirsch 2001, S. 63. Analog dazu, so Kirsch, werden auch Unternehmensziele erst retrospektiv gekürt, denn Zielartikulation und Mittelentscheidungsprozess sind eng verzahnt, so dass öfter Ziele den Mittelentscheidungen folgen als umgekehrt, vgl. Kirsch 2001, S. 68 875 Vgl. Gottwald 2003, S. 219 876 Gadamer 2004, S. 35

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Normative verschieben. Denen es um eine fortschreitende, immer wieder neu

einzuübende Verantwortung geht.877

An dieser Stelle wird deutlich, dass Konventionalisierung einen unmerklichen Schritt in

Richtung der dritten Ebene von (Organisations-)Kulturen unternimmt, indem sie

Basisannahmen, Vorannahmen über die Wirklichkeit, zementiert. Zementierte

Basisannahmen immunisieren eine reflexive Beschäftigung mit Werten und Wertungen

auf der zweiten Ebene, zu denen auch offizielle Strategien, Ziele, Politiken,

Handlungsvorschriften gehören, aus denen sie wiederum zwangsläufig jene Annahmen

der ersten Ebene ableiten müssen.

Dabei werden dynamische Strategien – zumindest auf der ersten kulturellen Ebene -

auch von Seiten der Bioakteure befürwortet. Bei den von Darnhofer et al. entworfenen

Indikatoren der Konventionalisierung wurde dies ausdrücklich gewünscht, damit

Entwicklung und kontinuierliche Verbesserungen der Betriebe Berücksichtigung

finden.878 Dynamische Fragestellungen in diesem Bereich können sich auch mit

Ausgleichsregelungen beschäftigen, ob beispielsweise die Übererfüllung mancher

Kriterien ein leichtes Defizit bei anderen Kriterien wettmachen kann. Wobei sich

natürlich empfiehlt, möglichst viele „Mitglieder“ in einen Werte- und Identitäts-

Gestaltungsprozess einzubeziehen, verstärkte Kooperation, Kommunikation und

Netzwerkarbeit innerhalb des Biolandbaus anzustreben und Selbstbeobachtung und

Selbstbeschreibung zu institutionalisieren.

Prozesse interaktiver Wertschöpfung entfalten bereits einen solchen institutionalisierten

„Identitäts-Dialog”: „One of the keys to a mass customized product is a way to help

customers figure out what they want even if they can´t articulate it – like a design

tool.”879 Die spezifische Produktidentität konstituiert sich nach dem Weikschen Motto:

„Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich sehe, was ich sage“.880 Interaktive

Wertschöpfung institutionalisiert Selbstbeobachtung wie Selbstbeschreibung, 877 Ursprünglich hängt „Verantwortung“ mit dem Austausch von Garantien zusammen. „Respondeo, responsum“ heißt es von den Mittelsmännern der Götter, den Priestern, die als Erwiderung auf die Opfergabe ein Versprechen abgeben oder im Tausch gegen ein Geschenk Sicherheit garantieren […] altenglisch and-swaru (an-swer) gegenüber got. swaran „schwören, feierliche Worte sprechen“ stellen wortwörtlich dasselbe wie respondere dar.“ So Benveniste 1993, S. 465f. Diese Form der Verantwortung gegenüber etwas Absolutem erhält einen statischen Ewigkeitscharakter und erhebt den einmal ge- und versprochenen Satz zu einem Kontextunterschiede nicht berücksichtigenden, allgemeinen Gesetz. 878 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 4 879 So Joseph Pine, einer der Vordenker der „Mass Customization“ im Interview; vgl. Thilmany 2009, S. 4 880 Weick 1995, S. 195

Page 212: BioManuskript

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übermittelt Stimuli der Umwelt, die als Information Anlass zum ko-evolutionären,

reflexiven Lernen, zur Rekonstruktion von Identität sein können.

Die digitalen Toolkits, die hierfür nötig sind, erlauben den Einbezug einer großen Zahl

von Kunden in verschiedene Phasen des Innovations- und Wertschöpfungsprozesses.

In diese spezifischen Entwicklungsumgebungen können Kunden ihre Bedürfnisse

iterativ in eine konkrete Lösung überführen. Dem Hersteller kommt so nicht mehr die

Aufgabe zu, Bedürfnisse der Nutzer exakt zu verstehen und selbst in eine mögliche

Lösung zu übersetzen und diese dann zu evaluieren. Vielmehr muss der Hersteller

„nur“ die vom Nutzer selbst geschaffene Lösung produzieren und distributieren.881

Differierende Interpretationen von Produkteigenschaften, Mustern des Gebrauchs etc.

sind Bestandteil dieser Verfahren, Vorbedingung überhaupt für einen

Produktionsprozess.

Analog zu den drei Ebenen der Organisationskultur lassen sich im Bereich der Toolkits

drei verschiedene Arten unterscheiden:882 1. Toolkits zum Ideentransfer aus der

Nutzerdomäne. Diese Toolkits sind „offene Kanäle“ zur Eingabe von konkreten

Verbesserungsvorschlägen, aber auch von neuen Verfahren. Im Fokus steht das breite

Abgreifen genereller Bedürfnisinformation aus einem „freien“, unbegrenzten

Lösungsraum, ggf. sogar im Rahmen von Innovationswettbewerben. 2. Toolkits für User

Innovation, die an der Generierung von allgemeinen Innovationsideen ansetzen und ein

vollständiges Trial-and-Error-Feedback enthalten. Der Unterschied zum Ideentransfer

liegt darin, dass der Hersteller sein vorhandenes Lösungswissen dem Kunden in Form

eines vorstrukturierten Toolkits zu Verfügung stellt - beispielsweise eine Bibliothek an

Funktionen, eine Rückgriffsmöglichkeit auf vorhandene Entwicklungen (CAD-Files) oder

genaue Informationen über das Fertigungssystem. 3. Toolkits für User Co-Design, die

die Leistungsindividualisierung durch individuelle Produktkonfiguration zum Ziel haben.

Alles nur Computer-Spielerei? Auch Kultur, so der niederländische Kulturhistoriker

Johann Huizinga, ist in ihren ursprünglichen Phasen etwas „Spielmäßiges“883 zueigen.

Das Spiel vermag Gemeinschafen ins Leben zu rufen, „die ihrerseits sich gern mit

einem Geheimnis umgeben oder durch Verkleidung als anderes als die gewöhnliche

881 Reichwald/Piller 2006, S. 165 882 Reichwald/Piller 2006, S. 167ff. 883 Huizinga 1961, S. 51

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Welt herausheben.“884 Auch wenn diese Illusion als Spiel durchschaut wird, sie

„packt“885 und kann das Bewusstsein „bloß zu spielen“ in den Hintergrund treten

lassen.886 Erst der „heilige Ernst“887 lässt den Kult auf das Spiel aufpfropfen, „das

Spielen an sich aber war das Primäre.“888 Die Erosion kultureller Sicherheiten und

Identitäten in einer globalen Welt geht zwangsläufig – so könnte Huizinga interpretiert

werden - mit einer Konjunktur vorkultureller Spiel- und Erlebniswelten einher,

„katatoxisch“ mit dem Kampfbegriff „Spaßgesellschaft“889 verbunden, doch warum

sollten aus den freien Formen des Spiels nicht wieder neue Impulse für einen „heiligen

Ernst“890 entstehen können?

Die Spielfelder von Identität, ihrer Bedeutung wie ihrer Entfaltung, sind die Netze,891

reale wie virtuelle Netzwerke. Digitale Entwicklungs- und Feedback-Umgebungen

können durchaus mit der Werte- und Identitätsgestaltung verbunden werden,892 denn

Werte und Identitäten sind ebenso Produkt, eine Vor- bzw. Hinführung.893 Je tiefer die

zur Diskussion gestellte Ebene der Kultur, desto reflexiver und professioneller das

Identitätsmanagement. Darnhofer et al. haben für ihre Betrachtung den Mittelbau der

„Organisationskultur“, die IFOAM-Werte ausgewählt. Handlungsstrukturen und

Prozesse der ersten Kultur-Ebene werden in die zweite Kulturebene subsumiert,

rückgerechnet. Damit kann aufgezeigt werden, dass das nonverbale und verbale

Verhalten der ersten Ebene deutlich von den Werten der zweiten Ebene differieren

kann.

In der Sprache der „Toolkits“: Darnhofer et. al haben aufgezeigt, dass das „User Co-

Design“ auf der ersten kulturellen Ebene innerhalb des zur Verfügung gestellten

Lösungsraumes der zweiten kulturellen Ebene abweichende Ergebnisse, ungewünschte

Interpretationen, hervorbringt. Aber sind die drei kulturellen Ebenen tatsächlich

hierarchisch aufzufassen, und geht aus der einen zwangsläufig die andere hervor wie

bei einer russsischen Matrjoschka-Puppe?

884 Huizinga 1961, S. 19ff. 885 Pfaller 2002, S. 115 886 Huizinga 1961, S. 27 887 Huizinga 1961, S. 50 888 Huizinga 1961, S. 131 889 Vgl. Schulze 2004, S. 148 890 Analog zur „Spassgesellschaft“ kann das Gegenteil des heiligen Ernstes nur der Heidenspass sein. 891 So Münker 2004, S. 347 892 Inkrementelle und iterative Vorgehensmodelle, die eine zyklische Wiederholung (Strategieschleife) der einzelnen Phasen vorsehen, wären dazu besonders geeignet. 893 Lateinisch pro-ducere= vor- bzw. hinführen

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Die Frage ist also, ob aus erkenntnistheoretischen oder anthropologischen Sichten der

ersten kulturellen Ebene bestimmte Werte erwachsen müssen, aus denen sich

wiederum bestimmte Handlungsethiken und Handlungen zwangsläufig generieren. Und

andererseits ob dieser Weg auch in seiner Umkehrung gilt, ob also von einem Handeln

auf das Vorhandensein bestimmter werthafter Orientierungsmuster und diesen

wiederum bestimmte generelle Annahmen zugrunde liegen. Es fragt sich also, ob die

kulturellen Ebenen nicht vielmehr heterarchisch interdependent, als kausal-hierarchisch

gegliedert sind.

So ließe sich verbales und nonverbales Verhalten (Ebene 3) auf Passfähigkeit in

spezielle Handlungsrichtlinien, also spezielle Interventionsstrukturen auf der gleichen

Ebene einordnen.894 Es lassen sich ebenso Rückschlüsse von deklarierten Strategien

oder „Codes of Conduct“ auf zugrundeliegende Werthaltungen (Ebene 2) ziehen.

Ebenso können zum Teil Ankerpunkte ganzer Theoriegebäude auf

erkenntnistheoretisch-anthropologische Grundpräferenzen (Ebene 1) untersucht

werden, beispielsweise Rationalismus, Empirismus, Skeptizismus, Idealismus. Aber ob

ein den speziellen Anbaurichtlinien eines Verbandes des Biolandbaus nicht

entsprechendes Handeln (Ebene 3) auf bestimmte erkenntnistheoretisch-

anthropologische Grundhaltungen (Ebene 1) bei demselben Handelnden schließen

lassen können, ist fraglich. Auf der anderen Seite lassen die Kriterien der Gerechtigkeit

und der Fürsorge einen enormen Interpretationsspielraum zu, so dass fast jede

Handlung sich auf diese Wertigkeiten berufen könnte. Die Tabelle Darnhofers et al.

würde auch Sinne ergeben, wenn man sie von rechts nach links lesen würde.

In Folge dessen interpretieren wir das an E.H. Schein angelehnte Modell der

Organisationskultur von Baitsch und Nagel weniger hierarchisch denn heterarchisch.

zyklisch, oszillierend, interdependent. Die Ebenen sind interdependent, aber nicht so,

dass ein einfaches Justieren am Stellhebel der einen Ebene gewünschte Ergebnisse

auf der anderen zeitigt, zu Wettbewerbsvorteilen führt, zur Systemerhaltung, zu einer

Identität aus einem Guss. Dafür benötigt es spezifische Kontextsteuerung auf jeder

Ebene.

894 Was logisch zwingend einen Abschluss der Handlung verlangt, der aber nicht objektiv, sondern nur subjektiv von einem Beobachter durch Interpunktion festgestellt werden kann und in Folge dessen die Gesamthandlung und/oder das Ergebnis einer retrospektiven Bewertung zugänglich macht.

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Vor diesem Hintergrund soll die dritte Ebene organisationeller Kultur, die wir bereits im

Kapitel 2.1. (Kultur) und 2.2. (Natur) behandelt haben, noch einmal aufgegriffen

werden. Autistische Strategien der „Trivialisierung“895, die prinzipistische Schnürung

vergangener Plateau-Wahrheiten, können fehlende Viabilität, ungenügende

„Alltagstauglichkeit“ im Umgang mit anderen Systemen oder der Umwelt zur Folge

haben. Da Trivialisierung mit Hierarchisierung und Konventionalisierung einhergeht, ist

sie per definitionem aus Lösungsmöglichkeiten des Ökologischen Landbaus

ausgeschlossen, der sich bewusst durch eine Gegenidentität von der

Konventionalisierung absetzt, abtrennt. Trennung oder Scheidung bezeichnet das

griechische Wort „Krisis“. Instabilitäten und Krisen sind nicht irrelevant, denn sie sind

die Voraussetzung für neue stabilere Strukturbildungen. Der ökologische Landbau hat

seine stärksten Impulse aus dieser Trennung, einer kritischen Hinterfragung

sozioökonomischer Konstellationen der „Konventionen“ und „Konventionellen“ erhalten.

So an der Wende zum 20. Jahrhundert, zwischen den Kriegen, in den 50er und 70er

895 Eine triviale Maschine ist durch eine eindeutige Beziehung zwischen ihrem Input (Stimulus, Ursache etc.) und ihrem Output (Reaktion, Wirkung) gekennzeichnet. Die „Maschine“ besteht aus einer als „unveränderbar“ gekennzeichneten Beziehung, der „output“ ist demnach durch Beobachtung bestimmbar, weswegen die Maschine als ein deterministisches, vorhersagbares System, gekennzeichnet werden kann; vgl. Foerster 1993, S. 357f.

Erste Ebene (Artefakte, sichtbare

Strukturen und Prozesse, verbales und nonverbales

Verhalten)

Zweite Ebene (Deklarierte Werte,

Strategien, Ziele, Politiken)

Dritte Ebene (Zu Grunde liegende

Annahmen des Wahrnehmens, Denkens,

Glaubens)

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Jahren sowie in der Wende zum 21. Jahrhunderts, die ja mit diversen

Nahrungsmittelskandalen gepflastert war.

Die „ökologische Krisen-Identität“ manifestiert so etwas wie einen anschließenden

Ausschluss, eine Ablehnung wie gleichzeitig strukturelle Kopplung an die

„Konventionelle“. Durch die Thematisierung ökologischer Probleme, an denen das

Ausmaß des „Nichtwissens“ der „Konventionellen“ deutlich wird, verunsichert der

Ökologische Landbau Gesellschaft wie „Konventionelle“ nach Maßgabe eines

Tauschprinzips, das Differenzen zwischen „Natur“ und Kultur zu überwinden trachtet,

dabei aber weitere Differenzen, unter anderem innergesellschaftlicher Art,

verursacht.896 Der Ökologische Landbau wirkt also auf das Immunsystem der

„Konventionellen“ wie eine Vakzination, eine aktive Impfung mit abgeschwächten oder

fragmentierten Krankheitserregern. Wie ein Beobachter, der sieht, was die „Konvention“

nicht sieht, nämlich den „blinden Fleck.“

Der blinde Fleck ist eine „lokalisierte Blindheit“ im Auge als Folge des Fehlens von

Photorezeptoren (Stäbchen und Zapfen) an dem Punkt der Retina, wo alle Fasern von

der lichtempfindlichen Schicht des Auges zusammenkommen und den Sehnerv bilden.

Diese Blindheit wird aber nicht als Blindheit wahrgenommen, d.h. weder als etwas, das

gegeben ist, noch als etwas, das fehlt: Wir sehen nicht, dass wir nicht sehen. Insofern

ist es auch „unmöglich, etwas objektiv zu beschreiben.“897 Der „blinde Fleck“ macht vor

niemandem Halt. Ein ganzheitlicher Ansatz kann ergo nur ein solcher sein, der die

Vielfalt von Natur- und Wertprojektionen berücksichtigt. Denn je mehr Be- und

Anreicherung von Einstellungen auf ein und denselben Gegenstand vereint werden

können, desto reicher an Aspekten stellt dieser in den jeweiligen subjektiven

„Realitäten“ dar.898

Dem entspräche auf der driten kulturellen Ebene eine Agrarkultur des Respekts im

wahrsten Sinne des Wortes,899 ein Schauen, das nicht abhakt, sondern wiederholende

Hinwendung in der Vorstellung ist, dass sich die Wahrnehmungsweise - Anblicken und

896 Vgl. zu diesem „teuflischen“ Tauschprinzip Luhmann 1991, S. 66 897 Foerster 1939, S. 353 898 Vgl. Honneth 2005, S. 75f. 899 Lateinisch „respicere“ = nochmals hinsehen; Akzeptanz = acceptare = wiederholt empfangen, annehmen

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Angeblicktwerden – auch umkehren könnte.900 Vielfalt braucht – was letztgültige

Ansprüche anbelangt – ein „schwaches Denken901,“ eine „Kultur der Bescheidenheit“,

eine Haltung der Gelassenheit, „des Offenen, des Nicht-zu-und-eingreifens, auch Nicht-

begreifens“,902 der pluralen Definitionen von Natürlichkeit.903

Benötigt wird letztlich ein „schwaches Denken“, das analog zur Metapher des Werte-

Kultur-Kreises wie die Spiralbewegung eines mäandernden Tornados zu denken ist.

Tornados entstehen in Folge des Zusammenpralls zwischen Wetterfronten mit kalter

und warmer Luft beziehungsweise zwischen hohem und tiefem Luftdruck als

ausgleichende Luftbewegung. Beim Tornado ist die interne Rotationsgeschwindigkeit

wesentlich höher als die der linearen Bewegung. Aber je näher man dem Mittelpunkt

des Tornados kommt, desto stärker die Druckabsenkung. Das „schwache Denken“ als

pragmatische Orientierungsmarke steht dabei zwischen dem „hohen Luftdruck“

fundamentalistischer Letztbegründungen und dem oftmals auch rigorosen „niederen

Luftdruck“ steter Dekonstruktion. Schwaches Denken hebt hegelianisch die

Annahmepflicht der Letzbegründungen wie auch die Verweigerungspflicht der

Dekonstruktion auf, vernichtet den Absolutheitscharakter beider Verpflichtungen,

bewahrt sie aber als antagonistisch-dialektisches Prinzip und erhöht sie, indem daraus

etwas Drittes, Emergentes erwächst.

Das „schwache Denken“ folgt damit nicht der harten kausal-statischen „weil“-

Begründung, sondern dessen etymologischem Ursprung, der Weile, die auf den

Übergang, auf Bedeutungen des „während es so ist“ verweist.904 Diese „weilenden“

Interpretationen sind nur eine Annäherung - „Interpretation ist immer unterwegs“905 -

und müssen auf letztes Verstehen verzichten, ohne von der Anstrengung des

Verstehens zu lassen.906 „Schwaches Denken“ schafft eine „frei“-lassende Ökologie.907

Gerade im Rahmen einer „multifunktionalen Landwirtschaft“,908 die nicht nur Agrargüter

für den Markt produziert, sondern gleichzeitig noch andere „nicht importierbare“, so

genannte gemeinwirtschaftliche Leistungen erbringt, ist eine frei-lassende Ökologie im

900 Böhme 1989, S. 185 901 Vgl. Vattimo 2007, S. 33ff. 902 Baruzzi 1993, S. 370 903 Lau 2001, S. 95 904 Vgl. Badura 2006, S. 6 905 Gadamer 2004, S. 47 906 Schönherr-Mann 2004, S. 28 907 Gemäß Abels (2004, S. 97) „freilassender Ethik“. 908 Popp 2004, S. 80

Page 218: BioManuskript

-218-

doppelten Sinne erforderlich. Denn die Definition, was denn im Einzelnen unter

„gemeinwirtschaftlichen Leistungen“ zu verstehen ist, braucht einerseits Interpretation

und andererseits eine Handlungsweise, die Interpretations- und Möglichkeitsspielraum

erhält.

Gründe und Wertungen der zweiten kulturellen Ebene können trotz dieser „frei-

lassenden Ökologie“ auf der ersten kulturellen Werteebene tragfähig werden, aber sie

sind es nicht deshalb, weil sie die „einzigen“ Begründungen wären, sondern weil

diejenigen, die sich auf sie beziehen, diese bewusst ausgewählt haben und sich an sie

binden.909 Sobald fundamentalistische Verfestigungen spürbar werden, „verschwendet“

das „schwache Denken“ seine Grundlagen in einem immateriellen „Potlatsch“.910 Was

auch außersystemische Wirkungen zeitigen sollte, wie Jean Baudrillard etwas

pathetisch formuliert: „Wenn die Herrschaft daraus entspringt, dass das System das

Monopol der Gabe ohne Gegengabe innehat [was Traditionen, Hierarchien etc.

auszeichnet, JAS], dann ist die einzige Lösung die, gegen das System das Prinzip

seiner Macht selbst zu kehren: […] Das System herauszufordern durch eine Gabe, auf

die es nicht antworten kann, es sei denn durch seinen eigenen Tod und

Zusammenbruch. Denn niemand, nicht einmal das System, entgeht der symbolischen

Verpflichtung.“911

Mit dem „schwachen Denken“ ist Identität, was Identität schon immer war, nämlich

keine sich automatisch oder deterministisch einstellende Identität, sondern eine

gewünschte Identität, hergestellt durch diskursive Rekonstruktion der Identität (von

Beobachtern) und substantielles und nachhaltiges „Warum“-Fragen.912 Denn über

welche Identitäten, Grenzen, Umwelten eine Organisation sinnhaft verfügt – auch

potentiell -, kann sie nur herausbekommen, indem sie beginnt, über ihre eigenen

909 Badura 2006, S. 9 910 Potlatsch ist ein historisches, indoeuropäisches Phänomen, die Zurschaustellung und Vernichtung von Reichtümern anlässlich eines Festes, an dem verschwenderisch mit einem Gut umgegangen werden muss, um zu zeigen, dass es einem nicht darauf ankommt, und um seine Rivalen durch die sofortige Vergeudung zu beschämen. Die Rivalen werden ihrerseits zum (Aus-)Geben provoziert, woraus sich ein nicht enden wollender Kreislauf ergibt; vgl. Mauss 1990 911 Baudrillard 1991, S. 64ff. 912 Typische Fragen im „Digitial Leadership“-Zeitalter wären beispielsweise: Gibt es ein Company-Monitoring, das die Kultur des Unternehmens in adäquater Weise abbildet? Gibt es eine vernetzte Bewertung der unterschiedlichen Teilaufgaben des Unternehmens? Welche ernst zu nehmenden Dialogformen gibt es als Bestandteil des Company-Monitoring? Gibt es ein kontinuierliches State-of-the-World-Monitoring, einen CEO-Radar? Wird dieser Radar den Anforderungen einer Digital-Newsroom-Welt gerecht? Zum „Digital Leadership“ und seinen wichtigsten Fragen vgl. Gottwald 2003/3, S. 230f.

Page 219: BioManuskript

-219-

Vorstellungen zu sprechen, nach dem (zentralen Organisations-)Motto von Weick: „Wie

kann ich wissen, was ich denke, bevor ich sehe, was ich sage“.913

Damit wären Wertungsprozesse auf der zweiten Stufe kultureller Identität möglich, die

einem Seiltanz gleichen. Ein Seiltänzer kann passiv und starr – aber im Gleichgewicht –

auf dem Seil stehen und jede Bewegung nach rechts oder links unterlassen. Jede

plötzliche Abweichung führt hier zum Sturz. Andererseits führen aber starke

Pendelbewegungen um den Gleichgewichtspunkt zu einem dynamischen,

ökonomischen Gleichgewicht.914 Wenn Identitätsmanagement also immer im Aufsuchen

des Schnittpunktes zweier konträr-komplementärer Prozesse liegt, Identität sich also

zwischen dem Beharren auf Erprobtem und dem Anpassen an veränderte Kontexte

bildet, dann kann es geboten sein, antagonistische Prozesse zu implementieren.

Es kommt hier weniger auf den Schnittpunkt, auf den Konsens an, „der nur Anlass zu

seiner Auflösung bieten kann“915, sondern auf die informationellen Gewinne aus der

diskursiven Rationalität. Identitätsmanagement auf der zweiten Stufe kultureller Identität

oszilliert damit zwischen einerseits einem Übermaß an Werten, Wettbewerb und

Konflikt, mit der Gefahr, dass jeder Akteur seine eigenen Interessen verwirklicht und

Entscheidungen anderer nur akzeptiert werden, wenn sie den eigenen Zielen nicht im

Wege stehen, wobei jede Kanonisierung als ein Mechanismus künstlicher Verknappung

und damit Hierarchisierung zu verstehen ist, was schöpferische Kreativität gefährdet.

Leitbilder können also „mimetisch“ sein, die Aufforderung oder Pflicht zur Kopie

beinhalten. Oder alles „auf eine Karte“ setzen, wobei Karten „offen“ sind, „in allen ihren

Dimensionen verbunden“, „ständig modifizierbar“.916 Gelingende Integration,

Identitätsmanagement, verlangt beides; einen Mischungsgrad zwischen Independenzen

und Interdependenzen.917

Die Mischungsgrade finden sich in allen „Traditionen“, da diese ebenso einem

Reproduktions- und Interpretationsprozess unterliegen,918 der schon aufgrund der

Unterschiedlichkeit der Konstrukteure und ihrer jeweiligen Kontexte ausgeschlossen ist.

Grundwerte aus den Anfängen der biologischen Landwirtschaft mit neuen Werten zu

913 Weick 1995, S. 195 914 Beispiel in Simon 1993, S. 257 915 Willke 2005, S. 229 916 Deleuze 1977, S. 21 917 Willke 1989, S. 9 918 Vgl. Kirsch 2001, S. 14

Page 220: BioManuskript

-220-

verbinden, wie es Franz-Theo Gottwald vorschlägt,919 ist also nur die berechtigte

Forderung nach Reflexivität eines Prozesses, der sowieso tagtäglich inkrementell, aber

nicht öffentlich reflektiert, geschieht. Der Ökologischen Landwirtschaft ist ein Denken in

Kreisläufen zueigen, das an einen innerstrukturell geforderten Wandel von Identität

anschließen kann: an die „Fruchtfolge“. Damit könnten sich dynamische Strategien

etablieren, denen das Zulassen und Kultivieren von Widersprüchen,920 die situative,

nicht ideologische, Angemessenheit,921 die immerwährende Selbstbeunruhigung922

inhärent ist.

Das alles spricht für die Institutionalisierung des Paradoxes auf der zweiten der Werte-

Ebenen. Für – beispielsweise - Identitätsallianzen über die horizontale wie vertikale

Wertschöpfungskette, mit den spezifischen Identitäten und Identitätsmanagement-

Methoden eines „Eco-Flux“ und „Eco-Bind“,923 aber auch darüber hinaus. Dieses

institutionalisierte, chronisch skandalöse Koan924 vermag nicht nur den Zugang zur

Alterität, sondern auch die Schöpfung des Neuen (aus dem Alten) zu ermöglichen.925

„Neues“ kann nur in Abgrenzung zu bereits Gegebenem entwickelt werden.

Innovationen sind ohne den routinierten Einsatz von Ungewissheit (Vorstellungen über

das Unbekannte, Neue) und Planung (mit und anhand des Gegebenen) nicht

denkbar.926 Konkurrierende Ziele und Maxime regen dabei Kreativität und Diskurs an927

und stehen selbst einem einheitlichen Gesamtbild nicht entgegen. Schließlich muß es

auch unterschiedliche Versionen einer Story mit speziellen „Buzzwords“ geben, je

nachdem wem gegenüber man diese Story erzählt.

919 So mit Recht Gottwald 2009. Denn es besteht immer auch die Gefahr, dass Ideen, Epochen ins Museum verlegt werden, wo sich findet, was einst als wahr und entscheidend empfunden wurde, aber jetzt nicht mehr ist, so Agamben 2005, S. 82 920 Kelly 2005. Es war schon immer möglich in mehreren Kulturen oder Subsystemen zu leben, zu wandeln. Unter anderem durch das Studium alter Kulturen auf der Grundlage von Büchern oder konkreten Anschauungsgegenständen, Sprachen, Musikkompositionen, (Nahrung-)Gerüchen etc. 921 Vgl. Baecker 2007 II sowie Krusche 2008 922 Vgl. Krusche 2008, S. 77ff. 923 In der Vergangenheit haben eher höher gebildete, einkommensstarke Personen mit konservativem („bereits Gegebenem“) und/oder postmateriellem („Neues“) Hintergrund die Kernbezugsgruppe konstituiert; vgl. Spiller 2006, S. 5. Personen, die Bio-Produkte überwiegend im Bio-Supermarkt einkaufen, sind überdurchschnittlich jung und einkommensstark, ggf. also mit Nähe zu den „Eco-Flux“; vgl. SevenOneMedia 2008, S. 22 924 Ein Kōan ist im chinesischen Chan- bzw. japanischen Zen-Buddhismus eine Art (sehr) kurze Anekdote oder eine Sentenz, die eine beispiel- oder lehrhafte Handlung oder pointierte Aussage eines Zen-Meisters, ganz selten auch von Zen-Schülern, darstellt. Das 18. Kōan des Mumonkan beispielsweise lautet: „Ein Mönch fragte Tozan: 'Was ist Buddha?' Tozan antwortete: Masagin, drei Pfund Flachs.“ Vgl. www.wikipedia.de zu „Koan“ 925 Mersch 2009, S. 12 926 Baecker 2009, S. 260 927 Ganz nach der Sentenz Gottfried Benns: „Ach, synthetisieren Sie doch nicht! Verweilen Sie vor dem Unvereinbaren, halten Sie durch usque ad finem.“ In „Drei alte Männer“, Benn 2006, S. 439

Page 221: BioManuskript

-221-

Lindenthal et al. bemängeln mit Recht eine zunehmend eindimensionale Wirkung von

Bioprodukten am Point of Purchase. Sie sehen darin eine Anpassung der für Bio-

Produkte geltenden Qualitätskriterien an konventionelle Kriterien (z.B. bei Backweizen,

Schweinefleisch, Apfelproduktion), was nicht zuletzt von Verarbeitung und Handel

wesentlich mitgeprägt würde. Daher fordern sie erweiternde Parameter für Bioprodukte

(Regionalität, Vitalitätsbestimmungen, Rasse/Sorte).928 Und auch die Mehrheit der

Bioakteure würde befürworten, wenn faire Preise, Klimaschutz, Nachhaltigkeit,

Regionalität und soziale Standards Teil der Biolebensmittel wären.929 Eine darauf

abzielende Markenführung und -politik, die ja in jedem Fall aktives

Identitätsmanagement innerhalb einer strukturellen Kopplung von Hersteller und

Konsument ist, setzt dem prinzipiell keine Grenzen. Gesundheit hat nicht nur die

körperlich-individuellen Komponenten, wie sie sich in der Health-Claim VO finden.

Seelisch gesund macht so manchen auch der ethische Konsum. Markenpolitik ist mehr

als Marktpolitik und hat generell nichts mit Konventionalisierung zu tun, die wiederum

nicht nur auf die Ökonomie zu beschränken ist, sondern auf jede statische

Hierarchisierung zutrifft.

Wobei auch klar ist, dass es gänzlich ohne Konvention nicht geht. Auch

Kontextsteuerung ist Steuerung, Intervention. So gilt es, die richtige Balance zwischen

Vielfalt/Auswahl und Einfalt/hierarchischen Vorgaben zu finden. Und das nicht nur am

Point of Purchase: „It is important to remember that when a customer is exposed to

myriad choices, the cost of evaluating those options can easily outweigh the additional

benefit from having so many. The resulting syndrome has been called the “paradox of

choice”, in which too many options can actually reduce customer value instead of

increasing it.”930 Sondern auch hinsichtlich der Biodiversität: Ein „Zuviel“ an Vielfalt und

Mobilität in einem Ökosystem gefährdet die Bildung von Beziehungen, die sich als

„kaleidoskopartiges Muster sich fortbewegender Spiralen“ formen, so der Bio-Physiker

Erwin Frey von der LMU München.931

Insofern befruchten sich Konventionelle wie Ökologische Landwirtschaft gegenseitig. So

wie der Ökologische Landbau eine „Blinde Fleck“-Ethik, eine Vakzination gegenüber

928 Lindenthal 2006, S. 6 929 Vgl. Darnhofer 2009 II, S. 3 930 Piller 2009, S. 74. 931 Frey 2008, S. 69. Frey Bild der „kaleidoskopartigen Muster sich fortbewegender Spiralen“ ähnelt stark unserer Tornado-Metapher, die wir hierfür den Kulturprozess verwenden.

Page 222: BioManuskript

-222-

dem konventionellen Landbau ist, so wichtig ist die „Konvention“, sind die

„Konventionellen“ für den Biolandbau und die eigene spezifische Bio-Identität. Man ist

sich gegenseitig ein Pharmazeutikum, ein „Pharmakos“. Die „Pharmakoi“ jagte man in

der griechischen Polis – geschmückt mit Laub und mit Sünden des Gemeinwesens

überhäuft – vor die Stadt und schlug sie tot. Im Glauben, dass ihr Tod Heilung brächte

und das ungütige Schicksal von der Stadt abließe.932 Damit waren die „Pharmakoi“

sowohl Übel-Bringer als auch Heils-Bringer, Krankheitserreger und Therapeutikum,

Verführer und Erlöser. In den Formen und Organisationen des Landbaus weist man

glücklicherweise den Anderen nur noch aus dem Konzept eigener Identität aus, braucht

ihn aber auch zur Konkretisierung der eigenen Selbstbeobachtungen und

Selbstbeschreibungen.

Vielfalt, auch identitäre Vielfalt, braucht Falten im Sinne von Verwerfungen und

Facetten. Vielfalt steht einfachen, linearen Lösungen entgegen. Zur Vielfalt gehört die

Ent-Faltung, nicht das Glatte, Gebügelte, einheitlich Gemachte. Zur Bewahrung der

Vielfalt könnte eine kontextgesteuerte Strategie der „Flexible Response“ an allen

Punkten der Wertschöpfungskette beitragen, eine Strategie, die auch ohne

prinzipistisches „Freund-Feind-Denken“ einer „Massive Retail-iation“933 entgegenwirkt.

Eine flexible Strategie, die stetig materielle wie ideelle Werte reflexiv professionalisiert,

Waren und Warenkennzeichnungen in Frage stellt, nie statisch behandelt, sondern

darin immer „Umstellungsware“ sieht. Diese Kultur des Wissens erfordert einen anderen

Menschentypus. Es scheint kein Zufall zu sein, dass erstmals wieder seit Beginn der

industriellen Revolution Menschen wieder Maschinen „schlagen“. Auch weil ihnen eine

Schätzung und Bewertung immaterieller Dinge wie Schönheit, Natur und Landschaft

gelingt.

Die Erfolgsgeschichte eines schwedischen Möbelhauses ist mit dem Claim „Entdecke

die Möglichkeiten“ verbunden. Die Erfolgsgeschichte des Biolandbaus könnte

umschrieben werden mit: „Entdecke alle Möglichkeiten (Eco-Flux) und bewahre sie

(Eco-Bind).“

932 Vgl. Schulze 2007, S. 486, FN 64 933 „Flexibel Response“ war die ab 1967 bis zum Ende des Kalten Krieges 1991 geltende NATO-Verteidigungsstrategie, die das Konzept der Massiven Vergeltung (Massive Retaliation) ablöste. Bei der Retaliation wie auch der „Retail-iation“ gilt das Prinzip der mittelalterlichen „Territion“ – der sog. „Schreckung“ -, in welcher bereits das Vorzeigen der Folterinstrumente „Eindruck“ machte.

Page 223: BioManuskript

-223-

ANHANG

Page 224: BioManuskript

Gegenüberstellung von Eco-Flux, Eco-Heritage, Eco-B ind

Kategorie 934

Eco-Flux Eco-Heritage Eco-Bind

Identität Identität durch Wandel Identität im Kreislauf der

Natur, Plateautradition

Identität durch Kontinuität

Raumstruktur Kreative Diversität Abwechslung Ordnung

Kultur / Wahrnehmung Kultur des Spiels, Freiheit,

schnelle Entscheidungen

One-World-Kultur Kultur der Sicherheit, Zeit für

das Wichtigste und

Überdauernde (Institutionen,

Familie), Wohlüberlegtheit

Wahrheit Wahr ist, was wir im Austausch

mit anderen als sinnvoll

definieren

Wahr ist, was allen nutzt Wahr ist, was überliefert ist

und was „schon immer so war“

Veränderungen Veränderung hält uns wach, sie

ist willkommene Möglichkeit,

unsere Kooperation und unsere

Aufmerksamkeit zu optimieren

Veränderungen sind

wünschenswert, wenn sie uns

in die richtige Richtung

weiterbringen

Veränderungen bringen

Unruhe, Unordnung, und

Verunsicherung

Zumutbarkeit Selbstverantwortung Fürsorge was das „Gruppen“-

Management“ bestimmt

934 Mit Anregungen aus Baitsch 2009, S. 236f.

Page 225: BioManuskript

-225-

Kategorie

Eco-Flux ECO-Heritage Eco-Bind

Fehler Fehler sind nur Fehler aus der

Sicht eines Beobachters und

weisen auf Optimierungs-

potential hin

Fehler können jedem

passieren, aber möglichst

nicht zweimal

Fehler deuten auf Versagen

hin

Egoismus /

Solidarität

Lose Kopplung Einer für alle, alle für einen Teams- und Subkulturen

Produktgefühl Innovation, Emotion/Gefühl,

hybrid

Bewusst und solidarisch Hang zum Bewährtem,

Klassischem

Sehen (Bilder) Dunkle Farben, dunkelrot,

schwarz, zwanglos aber

einfallsreich

Natürliche, helle Gelbtöne Herbstfarben,

warm, dezent, gedeckt

Hören (Töne)= Eher lauter und anregend,

schnell, synkopiert

Dur, lebhaft, fröhlich Ruhig und regelmäßig,

gedämpft, hell, einfache

Harmonien

Riechen / Schmecken Süß, kräftig, würzig, knusprig,

scharf

Sauer und süß, frisch Wiederkehr der Gerüche in

und um Mutters Küche, saftig,

bitter, salzig

Fühlen (Material) Fest, rau, heiß, schwer Glatt, lichthaft, weich, warm Weich und eher warm, leicht,

Page 226: BioManuskript

-226-

Firmenverortung anhand ihres Web-Auftrittes

Marke Werte Verortung

„besser bio“ / Bio-Molkerei

Lembach

Gesündere Umgebung, besseres Leben, natürlicher

Kreislauf, keine Gentechnik und Agrarchemikalien, regional

Eco-Heritage

Aldi / Bio, Prima Bio Keine Angaben auf den Netz-Seiten Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen)

Allos Qualität, Gesundheit, Handwerk, Umweltschutz,

Nachhaltigkeit, Eigenständigkeit

Eco-Heritage

Alnatura Ganzheitliches Denken, Kundenorientierung,

Selbstverantwortlichkeit

Eco-Flux, Heritage

Andechser „Natürliches natürlich belassen“, „Ökologisch-ökonomisch

wirtschaften“, „Verantwortungsvoll den Menschen dienen“,

ethisch verantwortliches Wirtschaften + Lebensführung,

gutes Gewissen, Urlaub auf dem Bio-Bauernhof, Bio-Club-

Andechs

Eco-Heritage, Eco-Bind

Basic „Bio für alle“, Gesundheit und Genuss, Harmonie,

Verantwortung, Vielfalt

Eco-Bind, Eco-Heritage

Bio Company Gesundheit, faire Preise, Regionalität, artgerechte

Tierhaltung

Eco-Bind

Bio Verde Isana Höchste Qualität, Naturfeinkost, Geschmack, Gesundheit Eco-Heritage / Eco-Flux

Page 227: BioManuskript

-227-

Bio Wertkost Ausgewogene, vollwertige Ernährung, Abwechslung,

Genießer

Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen)

Bio Zentrale / Gut&Gerne Qualität, Wirtschaften im Einklang mit der Natur,

Nachhaltigkeit

Eco-Heritage

BioBio / PLUS Bio-Produkte für alle, Kleine Preise, Graphische Anmutung Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen) / ggf. Eco-Bind

Bio-Kreis Ökologisch, regional, gesund, handwerklich Eco-Heritage

Bioland Geschlossene Kreisläufe, Bodenleben, keine

agrarchemischen Dünger+ Schutzmittel+Gentechnik,

Hecken, stabiles Ökosystem, höchste Qualität

Eco-Heritage

Bionade Humor-Botschaften:

„33cl gegen innere Leere“

„Egal wo ihre Aktentasche hin will – fahren Sie heute mal in

die andere Richtung“

„Gut in Bio. Schlecht in Chemie“ (nahe Schulen/Unis“

„Unser Ausgehtipp – Wenn Litschi ausgegangen ist, einfach

nachkaufen“

„Holunder statt Blackberry“

Eco-Flux

Bioness / Lidl Hochwertig, schmackhaft, gesund Premium-Handelsmarke

Biopark Qualität, artgerechte Tierhaltung, Gentechnikfrei Eco-Heritage

Bioquelle Wertvolle Lebensmittel für eine ausgewogene Ernährung Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen)

Page 228: BioManuskript

-228-

Bio-Sonne / Norma „Ökologische und sinnvolle Nutzung der natürlichen

Ressourcen“

Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen)/ ggf. Eco-Heritage, aber Infos

spärlich

Demeter Anthroposophie, Partnerschaft, Umwelt, Qualität Eco-Bind / Eco-Heritage

Denn´s Biomarkt Verantwortung, faire Preise, Geschmack, Region Eco-Bind

Ebken Wohlbefinden, Gesundheit Eco-Flux / Funktionaler Nutzen

EBL Naturkost Gesund, lecker, regional, ökologisch Eco-Heritage / Eco-Bind

Ecoland Naturgemäßer Landbau im Sinne des Natur- und

Umweltschutzes, Erhalt der Kulturlandschaft und Stärkung

des ländlichen Raumes fördert, ohne Ideologien und

Dogmen zu arbeiten, Praxisbezug, Dialog, Offenheit für

wissenschaftliche Erkenntnisse, flexibler Verband

Eco-Heritage / Bio-Eco-Flux

Ecovin Schonender Umgang mit Boden und Wasser, Prävention

statt Pestizide, keine transgenen Reben und Hefen,

Gesundheit, Geschmack

Eco-Heritage

Edeka / Wertkost Bio-Siegel Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen)

Erkorn Verantwortung, Ökologie, Discount Eco-Bind

Füllhorn / REWE-Bio Genuss, Verantwortung, Vielfalt für jeden Tag Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen)

Page 229: BioManuskript

-229-

Gäa Ganzheitlichkeit, Stützung regionaler Strukturen und

privatrechtlicher Wirtschaft, Fairness und partnerschaftliche

Zusammenarbeit

Eco-Heritage

Grünes Land / Real Vertrauen, individuelle Gesundheit, Tradition, Geschmack Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen) / ggf. Eco-Bind,

Hermannsdorfer

Landwerkstätten

Artgerechte Tierhaltung, Bodenbedarf berücksichtigend,

ehrliches Handwerk, moderne Technik, hohe Qualität,

zukunftsweisend, Nähe, Region, Vertrauen

Eco-Heritage / Eco-Bind

Hipp Christliche Tradition, Tradition, Ethik-Management,

Nachhaltigkeit, Umweltschutz

Eco-Bind / Eco-Heritage

Lebensbaum / Ulrich

Walter GmbH

Nachhaltigkeit, Harmonie, Soziales, Qualität Eco-Heritage

Müller / Bio Primo Gesundheit, Geschmack, Abwechslung Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen)

Naturkind / Kaisers,

Tengelmann

Bewusste Ernährung, hochwertige Lebensmittel, Geschmack Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen)

Naturland Ganzheitlichkeit, Nachhaltigkeit, Natur- und Klimaschutz,

Sicherung von Boden, Luft, Wasser, Verbraucher

Eco-Heritage

Netto / Maximum Natur Gesund, traditionell, artgerechte Tierhaltung Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen) / Eco-Bind

Ökoland Qualität&handwerkliche Verarbeitung, Sicherheit&Kontrolle,

Artgerechte Tierhaltung

Eco-Bind

Page 230: BioManuskript

-230-

Ökonova / Bio B. BIO-

DISCOUNT

Naturkostmärkte

Ökologie, Preis, Qualität Eco-Heritage / Eco-Bind

Penny / Naturgut Natürlich und gut Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen)

Rapunzel Bio-Pionier, Qualität, Selbstverwirklichung, Gerechtigkeit,

Genfreiheit

Eco-Heritage

Reformhaus Bacher ? ?

Rossmann / bleib gesund Gesundheit Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen)

SuperBioMarkt Verantwortung, Ökologie, Qualität Eco-Heritage

Tegut…Bio Partnerschaft, heimische Region, Qualität, „Bio mit Gesicht“ Eco-Heritage / Eco-Bind

Verival / Vita+ Genuss, Gesundheit, Zeitgeist Premium-Handelsmarke (funktioneller

Nutzen)

Vierlinden Nachhaltigkeit, Fair-Trade, Trade Fair, Regionalität,

Saisonalität

Eco-Heritage

Vitalia Natur, Tradition, vollwertige Ernährung Eco-Heritage

Weleda Anthroposophie, Partnerschaft, Umwelt, Qualität Eco-Bind / Eco-Heritage

Zwergenwiese dem ökologisch orientierten Fachhandel vorbehalten,

Engagement, Kreativität, Transparenz, Produktsicherheit

Eco-Heritage

Page 231: BioManuskript

Literatur

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Page 232: BioManuskript

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Gottwald 2003/2 Gottwald, Franz-Theo: Der Bauer als nachhaltiger Unternehmer? In: Der Kritische Agrarbericht 2003. – Rheda-Wiedenbrück: ABL Bauernblatt Verlags-GmbH, 2003. - S. 270-277

Gottwald 2003/3 Gottwald, Fanz-Theo; Sprinkart, Karl-Peter: Digital Leadership. – Frankfurt(M)/New York: Campus, 2003

Gottwald 2005 Gottwald, Franz-Theo: Agrarwirtschaftliches Unternehmertum: Zukunftsfähige Entwicklung des Landes durch agrarkulturelle Netzwerke. In:Riegler, Josef; Popp, Hans W.; Kroll-Schlüter, Hermann: Land in Gefahr. Zukunftsstrategien für den ländlichen Raum. – Graz: Leopold Stocker, 2005

Gottwald 2007 Gottwald, Franz-Theo: Einführung. In: Gottwald, Franz-Theo; Fischler, Franz: Ernährung sichern – weltweit. Ökosoziale Gestaltungsperspektiven. – Hamburg: Murmann-Verlag, 2007

Gottwald 2007/2 Gottwald, Franz-Theo; Reichert, Tobias: Hunger, Armut und Klimawandel. - In: Gottwald, Franz-Theo; Fischler, Franz: Ernährung sichern – weltweit. Ökosoziale Gestaltungsperspektiven. – Hamburg: Murmann-Verlag, 2007. – S. 90-176

Gottwald 2007/3 Gottwald, Franz-Theo: Meeresfischerei, Sicherung der Welternährung und nachhaltiger Seefischkonsum In: Mayer-Tasch, Peter Cornelius (Hrsg.): Meer ohne Fische? Profit und Welternährung. – Frankfurt (Main)/New-York: Campus, 2007

Gottwald 2008 Gottwald, Franz-Theo; Liebermann, Sivia; Etscheit, Georg: Die Bio-Macher. – München: Knesebeck, 2008

Gottwald 2009 Gottwald, Franz-Theo; Boergen, Isabell: Wachsen mit den Werten. Wertewandel im Ökolandbau – ein Ländervergleich. - http://orgprints.org/14013/01/Gottwald_14013.pdf [online 27.04.2009]

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Honneth 2005 Honneth, Axel: Verdinglichung. – Frankfurt/Main: Suhrkamp, 2005

Horkheimer/Adorno 2006

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Lindenthal 2006 Lindenthal, Thomas; Verdorfer, Reinhard; Bartel-Kratochvil, Ruth: Konventionalisierung oder Professionalisierung. - http://www.boku.ac.at/fileadmin/_/PF-BioLandwirtschaft/pubs/Sozokon/2006_Lindenthal_Witzh.pdf [online 13.05.2009]

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Luhmann 1987 Luhmann, Niklas: Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. – Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1987

Luhmann 1991 Luhmann, Niklas: Sthenographie und Euryalistik. In: Gumbrecht, Hans Ulrich; Pfeiffer, Ludwig K. (Hrsg.): Paradoxien, Dissonanzen, Zusammenbrüche. – Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1991. – S. 58-82

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