biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

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www.biomed-austria.at biomed austria – Fachzeitschrift für Biomedizinische AnalytikerInnen Winter 2014 Lungenfunktion EKG Schlaflabor Gastroenterologie Lehre und Praxis ©: Fotolia Vielfalt Funktionsdiagnostik biomed austria – Fachzeitschrift für Biomedizinische AnalytikerInnen, Nr. 4/2014; ISSN 1997-5503; VP: € 15,– P.b.b., Vertr. Nr. GZ 02Z030418M; Verlagspostamt 1150 Wien biomed austria, Grimmgasse 31, 1150 Wien

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biomed austria – Fachzeitschrift für Biomedizinische AnalytikerInnen Winter 2014

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–P.b.b., Vertr. Nr. GZ 02Z030418M; Verlagspostamt 1150 Wien

biomed austria, Grimmgasse 31, 1150 Wien

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Das Klinikum der Universität München ist eines der größten und leistungsfähigsten Univer-sitätsklinika in Deutschland und Europa. 46 Fachkliniken, Abteilungen und Institute mit einer exzellenten Forschung und Lehre ermöglichen eine Patientenversorgung auf höchstem medi-zinischem Niveau. Hieran sind rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt.

Das Institut für Laboratoriumsmedizin sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n

Medizinisch-technischen Laboratoriums assistenten (MTLA) (m/w)

Ihr Aufgabenbereich:Ihre Aufgabe wird es sein, das MTLA-Team im Fachbereich Molekulare Diagnostik des Instituts zu unterstützen. Dieses gewährleistet die labordiagnostische Krankenversorgung mit einem breiten Spektrum an molekularbiologischen Methoden und ist auch an der Etablierung undWeiterentwicklung molekularbiologischer Testsysteme beteiligt.

Unsere Anforderungen:• Abgeschlossene Ausbildung als MTLA (m/w)• Vorerfahrung in Molekularer Diagnostik ist wünschenswert• Teilnahme an Wochenenddiensten• Fähigkeit zum zuverlässigen, selbstständigen und verantwortungsvollen Arbeiten• Soziale Kompetenz und überdurchschnittliche Motivation

Unser Angebot:• Tätigkeit an einem der renommiertesten Universitätsinstitute für Laboratoriumsmedizin in

Deutschland• Fundierte und individuelle Einarbeitung in innovative Technologien der Molekularbiologie• Angebote zur Fort- und Weiterbildung• Sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten• Option einer Mitarbeiterwohnung zu günstigen Konditionen• Vergütung nach TV-L

Schwerbehinderte Bewerber/innen werden bei ansonsten im Wesentlichen gleicher Eignung bevorzugt. Vorstellungskosten können leider nicht erstattet werden. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Frau Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Lesca Miriam Holdt, Tel. 089/4400- 73212.

Bitte beachten Sie bei der Übersendung Ihrer Bewerbung per E-Mail, dass bei diesem Über-mitt lungsweg Ihre Daten unverschlüsselt sind und unter Umständen von Unbefugten zur Kenn-tnis ge nommen oder auch verfälscht werden könnten. Gerne können Sie uns Ihre Unter lagen per Post zukommen lassen.

Ihre schriftlichen Bewerbungsunterlagen richten Sie bitte zeitnah unter Angabe der Referenz-Nr. 2014-K-0210 an: Klinikum der Universität MünchenProf. Dr. med. Daniel TeupserDirektor des Instituts für LaboratoriumsmedizinMarchioninistr. 15, 81377 München

Das Klinikum der Universität München ist eines der größten und leistungsfähigsten Univer-sitätsklinika in Deutschland und Europa. 46 Fachkliniken, Abteilungen und Institute mit einer exzellenten Forschung und Lehre ermöglichen eine Patientenversorgung auf höchstem medi-zinischem Niveau. Hieran sind rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt.

Das Institut für Laboratoriumsmedizin sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n

Medizinisch-technischen Laboratoriums assistenten (MTLA) (m/w)

Ihr Aufgabenbereich:Ihre Aufgabe wird es sein, das MTLA-Team im Fachbereich Molekulare Diagnostik des Instituts zu unterstützen. Dieses gewährleistet die labordiagnostische Krankenversorgung mit einem breiten Spektrum an molekularbiologischen Methoden und ist auch an der Etablierung undWeiterentwicklung molekularbiologischer Testsysteme beteiligt.

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Deutschland• Fundierte und individuelle Einarbeitung in innovative Technologien der Molekularbiologie• Angebote zur Fort- und Weiterbildung• Sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten• Option einer Mitarbeiterwohnung zu günstigen Konditionen• Vergütung nach TV-L

Schwerbehinderte Bewerber/innen werden bei ansonsten im Wesentlichen gleicher Eignung bevorzugt. Vorstellungskosten können leider nicht erstattet werden. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Frau Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Lesca Miriam Holdt, Tel. 089/4400- 73212.

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Die Funktionsdiagnostik – „ein besonderes Wesen“

Die Funktionsdiagnostik (FD) umfasst mit Sicherheit einen recht schillernden

Tätigkeitsbereich, dessen Berufsgrenzen national, vor allem aber auch im europä-ischen Ausland wenig konturiert sind. Zu den Kernbereichen der FD (international: Clinical Physiology) gehören die vier gro-ßen Bereiche der neurophysiologisch-som-nologischen, kardiologisch-angiologischen, pulmologischen und audiologischen Funk-tionsdiagnostik. Darüber hinaus umfasst sie aber auch die Endoskopie bzw. andere invasive Eingriffe wie Herzkatheter oder angiografische Untersuchungen, sowie die kraniomandibuläre bzw. kraniofaziale Funktionsdiagnostik in der Zahnheilkunde bzw. Orthopädie. Hier ist die Grenze zwi-schen Diagnostik und Therapie fließend. Man könnte es am ehesten Theragnostik nennen. So vielfältig funktionsdiagnostische Untersuchungen angewandt werden, so un-terschiedlich sind die Berufspersonen, die sie durchführen bzw. daran mitwirken. In den meisten europäischen Ländern ist die FD Bestandteil der Kompetenzfelder ver-schiedener Gesundheitsberufe, wie z. B. der Pflegeberufe, der Biomedizinischen Analy-tik, der Logopädie, der Physiotherapie oder der Radiologietechnologie. Dabei reicht das Spektrum auch von mitwirkender bis eigenverantwortlicher Tätigkeit auf diesen Gebieten. Hingegen ist z. B. in Großbritan-nien, Deutschland und den Niederlanden die Funktionsdiagnostik im Sinne einer „Clinical Physiology“ ein eigenständiger Berufszweig von DiagnostikerInnen. Die Clinical Physiologists bearbeiten eigenver-antwortlich die diagnostischen Fragestel-lungen mithilfe funktionsdiagnostischer Methoden und geben einen Bericht/Befund an die beauftragenden ÄrztInnen ab. Inte-ressant wird daher die Frage des Verbleibs der Funktionsdiagnostik als eigenständiger Bereich innerhalb der Biomedizinischen Analytik, als eigener Beruf in Sinne des Clinical Physiologists oder als transdiszipli-näres Feld verschiedener Gesundheitsberufe.

Wie sehen Sie die Zukunft der Funkti-onsdiagnostik? Wir möchten Sie mit dieser Sonderpublikation zum Dialog motivieren.

Darüber hinaus möchte ich mich bei al-len Autorinnen und Autoren bedanken, die zum Gelingen dieser Ausgabe beigetragen haben.

FH-Prof. Dr. Marco [email protected]

INHALT

Impressum biomed austria – Fachzeitschrift für Biomedizinische Analytiker Innen, Nr. 4/2014 • P.b.b., Vertr.Nr. GZ 02Z030418M • Verlagspostamt 1150 • Medieninhaber und Herausgeber: biomed austria – Österreichischer Berufsverband der Biomedizinischen AnalytikerInnen, Grimmgasse 31, 1150 Wien, ZVR-Zahl: 011243159, Tel.: 01-817 88 270, Fax: 01-817 88 27-27, E-Mail: office@biomed- austria.at, Web: www.biomed-austria.at •

Jahresabo (Inland), 3 Ausgaben: € 45.-

Co-Chefredakteurinnen: Nicole Ferstl, MSc; Mag. Birgit Luxbacher, BSc

Redakteur dieser Schwerpunktausgabe (verantwortlich für Konzeption und Inhalt): FH-Prof. Dr. Marco Kachler

MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Jana Apel, Carina Bum, BSc; Romina Fabbro, BSc; Maria Flaschberger, BSc; Ulrike Fötschl, MSc; FH-Prof. Dr. Marco Kachler, MMag. Ute Maurer, Reinhard Meixner, BSc; Christina Weirich

Lektorat: Mag. Birgit Luxbacher, BSc

Layout: typothese.at/Robert Scheifler • Druck: Resch KEG, 1150 Wien

INHALT | EdITorIAL

Das Klinikum der Universität München ist eines der größten und leistungsfähigsten Univer-sitätsklinika in Deutschland und Europa. 46 Fachkliniken, Abteilungen und Institute mit einer exzellenten Forschung und Lehre ermöglichen eine Patientenversorgung auf höchstem medi-zinischem Niveau. Hieran sind rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt.

Das Institut für Laboratoriumsmedizin sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n

Medizinisch-technischen Laboratoriums assistenten (MTLA) (m/w)

Ihr Aufgabenbereich:Ihre Aufgabe wird es sein, das MTLA-Team im Fachbereich Molekulare Diagnostik des Instituts zu unterstützen. Dieses gewährleistet die labordiagnostische Krankenversorgung mit einem breiten Spektrum an molekularbiologischen Methoden und ist auch an der Etablierung undWeiterentwicklung molekularbiologischer Testsysteme beteiligt.

Unsere Anforderungen:• Abgeschlossene Ausbildung als MTLA (m/w)• Vorerfahrung in Molekularer Diagnostik ist wünschenswert• Teilnahme an Wochenenddiensten• Fähigkeit zum zuverlässigen, selbstständigen und verantwortungsvollen Arbeiten• Soziale Kompetenz und überdurchschnittliche Motivation

Unser Angebot:• Tätigkeit an einem der renommiertesten Universitätsinstitute für Laboratoriumsmedizin in

Deutschland• Fundierte und individuelle Einarbeitung in innovative Technologien der Molekularbiologie• Angebote zur Fort- und Weiterbildung• Sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten• Option einer Mitarbeiterwohnung zu günstigen Konditionen• Vergütung nach TV-L

Schwerbehinderte Bewerber/innen werden bei ansonsten im Wesentlichen gleicher Eignung bevorzugt. Vorstellungskosten können leider nicht erstattet werden. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Frau Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Lesca Miriam Holdt, Tel. 089/4400- 73212.

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Ihre schriftlichen Bewerbungsunterlagen richten Sie bitte zeitnah unter Angabe der Referenz-Nr. 2014-K-0210 an: Klinikum der Universität MünchenProf. Dr. med. Daniel TeupserDirektor des Instituts für LaboratoriumsmedizinMarchioninistr. 15, 81377 München

wissenschaft & praxis

Funktionsdiagnostik in Lehre & Praxis 4

Reflux: Eine neue Zivilisationskrankheit? 7

Nein - Nicht jeder kann

Lungenfunktionsdiagnostik (Teil 1) 9

Nein - Nicht jeder kann

Lungenfunktionsdiagnostik (Teil 2) 14

Gibt es saisonale Auswirkungen auf den Methacholintest? 19

Ist Asthma bronchiale genetisch determiniert? 21

Sport als Therapie statt tägliche Maskenbeatmung

bei Schlafapnoe 23

Die Schrift des Herzens oder von Wellen und Zacken 26

Mein Einstieg in den Fachbereich

Funktionsdiagnostik 32

aktuelles & internes

Regionalwahlen Tirol und Vorarlberg 25

3biomed austria WINTER 2014

Page 4: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

Ein aktuelles Thema, das die gesamte MTD-Berufsgrup-pe seit einem Jahr ordentlich auf Trab hält, ist u. a. die

bevorstehende MTD-Gesetzesnovelle. Darin werden alle 7 gehobenen medizinisch-technischen Dienste in Bezug auf Berufs- und Tätigkeitsprofil geregelt sowie die Ausbil-dungsanforderungen detailliert beschrieben. Was hat das mit Funktionsdiagnostik zu tun?

fach- und tätigkeitsbereiche in der funktionsdiagnostik

Praktisch werden funktionsdiagnostische Messverfah-ren in folgenden medizinisch-klinischen Fachbereichen ausgeübt: • Atemphysiologische Funktionsdiagnostik

(Lungenfunktionsdiagnostik)• KardiovaskuläreFunktionsdiagnostik(z.B.EKG)• NeurologischeFunktionsdiagnostik(EEGund

Schlaflabor)• SportmedizinischeLeistungsdiagnostik(Ergometrie)• Spiroergometrie• GastroenterologischeFunktionsdiagnostik• AngiologischeFunktionsdiagnostik(Gefäß-und

Herz-Ultraschalldiagnostik)• DermatologischeFunktionsdiagnostik• UrodynamischeFunktionsdiagnostik

Anwendung finden diese Tätigkeiten meistens in bestimmten medizinisch-klinischen Abteilungen bzw. Anstalten:• Öffentliche und private Kliniken: Abteilungen

für Pulmologie, Interne Medizin, Kinderkliniken (Allergieambulanzen), Sportmedizin, Neurologie

• Reha-Einrichtungenund-Kliniken• Leistungssport-Diagnostik• Fitness-undWellness-Center• NiedergelassenerBereich(allgemeinmedizinische

und Facharztpraxen)

das gesetzDie Funktionsdiagnostik stellt eine Besonderheit im

Berufsbild der Biomedizinischen Analytik dar und wird im MTD-Gesetz 1992, Berufsbild §2 (2), wie folgt be-schrieben:

„Der medizinisch-technische Laboratoriumsdienst um-fasst die eigenverantwortliche Ausführung aller Labo-ratoriumsmethoden nach ärztlicher Anordnung, die im Rahmen des medizinischen Untersuchungs-, Behand-lungs- und Forschungsbetriebes erforderlich sind. Hierzu gehören insbesondere klinisch-chemische, hämatologi-sche, immunhämatologische, histologische, zytologische, mikrobiologische, parasitologische, mykologische, serolo-gische und nuklearmedizinische Untersuchungen sowie die Mitwirkung bei Untersuchungen auf dem Gebiet der Elektro-Neuro-Funktionsdiagnostik und der Kardio-Pul-monalen-Funktionsdiagnostik.“

Untermauert wird dies durch das jüngste MAB-Gesetz (MABG 2012), in den Übergangsbestimmungen für MTF durch folgenden Wortlaut:

„Unter Tätigkeiten des medizinisch-technischen Labo-ratoriumsdienstes gemäß Abs. 1 und Abs. 3 fallen 1. die Assistenz bei Untersuchungen auf dem Gebiet der Elekt-ro-Neuro-Funktionsdiagnostik und der Kardio-Pulmona-len-Funktionsdiagnostik…“

Der wesentliche Unterschied im Vergleich zum klas-sischen Laboranalyseprozess liegt darin, dass dieser von Biomedizinischen AnalytikerInnen in eigenverantwortli-cher Regie durchgeführt wird. Die Funktionsdiagnostik hingegen ist in der derzeitigen Gesetzesfassung „nur“ als Mitwirkung, also ohne Eigenverantwortung, definiert.

Praktisch betrachtet unterscheidet sich die Arbeit im Rahmen der Funktionsdiagnostik ganz wesentlich vom sonstigen Berufsprofil der Biomedizinischen Analytik - nämlich im direkten, unmittelbaren und persönlichen Umgang mit PatientInnen und gegebenenfalls deren An-gehörigen (beispielsweise bei Kindern und Jugendlichen). Dies erfordert vom durchführenden Personal neben den fachlich-methodischen Kompetenzen vor allem auch aus-geprägte sozial-kommunikative und fallweise psychologi-sche Kompetenzen, um die erforderlichen funktionsdia-gnostischen Untersuchungen in höchster Qualität erfolg-reich durchführen zu können.

Eine weitere Besonderheit in der funktionsdiagnosti-schen Arbeit stellt neben dem PatientInnenkontakt der hohe Grad an Interdisziplinarität und Interaktion mit an-grenzenden Berufsgruppen der Gesundheitsbranche, wie beispielsweise MedizinerInnen, Pflegepersonal, Physiothe-rapeutInnen und administrativem Personal, dar.

Ausgezeichnete IT-Kompetenzen sind ebenso gefordert bzw. in jedem Fall von Vorteil, um das technisch aufwen-dige diagnostische Equipment bedienen und warten zu können. Bei allen funktionsdiagnostischen Messverfahren muss der so genannte „Instructor“ (m/w) zu jeder Zeit als Schnittstelle zwischen „Mensch und Maschine“ agieren und die Rolle wechseln können.

Die gelebte Realität und Praxis zeigen, dass funktions-diagnostische Messverfahren mit den erforderlichen Kom-petenzen zur Gänze vom jeweiligen Personal selbst- und eigenständig ausgeübt werden. Diese Health Professionals genießen meist sogar einen wahren ExpertInnenstatus, wobei ihre Einschätzung und Interpretation der Ergebnis-se einen wesentlichen Beitrag zur ärztlich-medizinischen Diagnosestellung liefern.

Aus diesem Grund ist in der MTD-Gesetzesnovelle 2014 das Tätigkeitsprofil im Rahmen der Funktionsdiagnostik unbedingt den realen Bedingungen anzupassen und die derzeitige Formulierung auf „eigenverantwortliche Durch-führung“ zu ändern.

Zusammenfassung, Daten und Fakten über den Status quo, der im Zuge der biomed austria Veranstaltung „Lehre trifft Praxis“ im November 2013 in Salzburg präsentiert und diskutiert wurde.

Funktionsdiagnostik in Lehre & Praxis Einblicke und Ausblicke

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4 WINTER 2014 biomed austria

Page 5: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

die lehreDie FH-MTD-Ausbildungsverordnung 2006 beschreibt

u. a. in Anlage 11 die Mindestanforderung an die prakti-sche Ausbildung wie folgt:„Die praktische Ausbildung hat folgende Pflichtbereiche zu umfassen:

a. Klinische Chemie, Hämatologie, Immunhämatologie und Hämostaseologie;

b. Histologie, Zytologie und Mikrobiologie.

Weiters sind verpflichtend praktische Kenntnisse und Fertigkeiten zur Mitwirkung bei der Funktionsdiagnostik wahlweise insbesondere in der Kardiologie, Atemphysio-logie oder Elektro- und Neurophysiologie zu erwerben.“

Die im November 2013 durchgeführte Erhebung und der Vergleich aller österreichischen Bachelor-Fachhoch-schulgänge für Biomedizinische Analytik zeigen, dass gemäß den Vorgaben des MTD-Gesetzes 1992 die theore-tischen und praktischen Lehrinhalte zum Thema „Funk-tionsdiagnostik“ fixer Bestandteil der Curricula aller Aus-bildungsinstitutionen sind.

Damit sind Biomedizinische AnalytikerInnen per Ge-setz dazu ausgebildet und ermächtigt, im Rahmen der Funktionsdiagnostik mitzuwirken, und zwar als so ge-nannte Vorbehaltstätigkeit.

Der österreichische Berufsverband biomed austria hat dazu bereits im Dezember 2001 ein entsprechendes Rechtsgutachten von Dr. jur. Gertrude Allmer (in ihrer Funktion als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizier-te Sachverständige für Gesundheits- und Krankenpflege, Berufskunde, Arbeitstechnik und Betriebsorganisation; Planung, Ausbildung, Führung von Führungskräften) mit folgendem Ergebnis und Wortlaut eingeholt:

„Die eigenverantwortliche Durchführung von elekt-ro-neurofunktionsdiagnostischen und kardio-pulmonalen funktionsdiagnostischen Untersuchungen ist eine Vor-behaltstätigkeit des medizinisch-technischen Laboratori-umsdienstes…

Jemanden, der zu einer solchen Tätigkeit nicht berech-tigt ist, z. B. gehobener Dienst für Gesundheits- und Kran-kenpflege, dafür heranzuziehen, ist rechtswidrig und im übrigen die Verwirklichung eines verwaltungsstrafrechtli-chen Tatbestandes (vgl § 33 Z 1 MTD-G iVm § 105 a Abs 1 Z 2 GuKG); OGH 27. 05. 1997, 4 Ob 150/97f, KRSlg 799;).“

blick auf europaEin ergänzender Vergleich mit der Lage in diversen

europäischen Ländern liefert weitere Impulse zur The-matik (Anmerkung: Daten mit freundlicher Genehmigung von EPBS Chief Delegate Erika Garner-Spitzer MSc, aus der Zusammenarbeit mit EPBS European Association for Professions in Biomedical Science, vom November 2013):

In Schweden können Biomedizinische AnalytikerInnen ein spezialisiertes Diplom in Funktionsdiagnostik erwer-ben. Dazu werden im ersten Ausbildungsjahr die Grund-lagen, im zweiten und dritten Jahr die speziellen physio-logischen Untersuchungsverfahren unterrichtet. Daraus resultiert allerdings ein Problem mit den nordischen Nach-barländern: Ein/e auf Funktionsdiagnostik spezialisierte/r Biomedizinische/r Analytiker/in aus Schweden hat mit seinem/ihrem Diplom theoretisch die Berechtigung, in den nordischen Nachbarländern regulär als Biomedizi-nische/r Analytiker/in zu arbeiten, ohne über die dafür

erforderliche „klassische“ Ausbildung zum/zur Biomedi-zinischen Analytiker/in zu verfügen.

In Norwegen, Finnland und Island werden funktions-diagnostische Messverfahren im Rahmen der Ausbildung unterrichtet, aber praktisch nicht von Biomedizinischen AnalytikerInnen durchgeführt. Ähnlich ist die Lage in den Niederlanden. In Belgien sind funktionsdiagnostische Verfahren beispielsweise gar nicht in der Lehre verankert und werden praktisch auch nur von Pflegepersonal durch-geführt.

die praxis in ÖsterreichEine Erhebung des Österreichischen Berufsverbands

biomed austria im November 2013 zeigt ebenso eine große Lücke zwischen Theorie/Lehre und Praxis:

Die erhobenen Daten zeigen ein sehr heterogenes Bild mit teilweise nur qualitativen Informationen aus den Bun-desländern – Realität ist:

Trotz definierter Vorbehaltstätigkeit der funktionsdia-gnostischen Messverfahren für Biomedizinische Analy-tikerInnen werden diese in der Praxis überwiegend von folgenden Berufsgruppen durchgeführt: Pflegepersonal, Medizinisch-technischen Fachkräften, (Turnus-)ÄrztInnen, SportwissenschaftlerInnen bzw. Studierende der Sportwis-senschaften und sonstigem (mitunter angelerntem) Perso-nal (z. B. OrdinationsassistentInnen). Ab 2015 wird sich vermutlich auch noch die neue Berufsgruppe der MAB (Medizinische Assistenzberufe) dazugesellen.

An diesem Punkt wird klar und deutlich, wie viel be-rufspolitisches Engagement und Arbeit im Bereich der Funktionsdiagnostik erforderlich sind.

Auch stellt sich die Frage, welche Rolle die Lehre dabei spielen kann?

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Fitnesstests am Fahrradergometer zählen zu den gängigsten Untersuchungen in der Sportmedizin.

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5biomed austria WINTER 2014

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ausblickIn der Lehre gäbe bzw. gibt es ausreichend Potenzial,

die Funktionsdiagnostik als spezialisierten, konsekutiven Masterstudiengang an einem Standort aufzubauen und an-zubieten. Sollte die Thematik aufgriffen werden wollen, so bietet sich damit ein hoch spezialisiertes Tätigkeitsfeld, um unsere Profession im Zuge der Funktionsdiagnostik vertie-fend zu autorisieren und gleichzeitig zu akademisieren. Ba-sis dafür müsste ein übergreifendes und sehr gut überlegtes Konzept sein. Aktuell gibt es in der Lehre nämlich die Dis-kussion, ob im Bereich der Funktionsdiagnostik entweder eine Spezialisierung im Sinne von Fort- und Weiterbildung (CPD) oder eine Akademisierung auf Masterniveau favor-isiert werden sollte. Die Lösung dafür liegt womöglich im Brückenschlag, der „sowohl – als auch“ beinhaltet.

In Sachen Berufspolitik hat das MTD-Gesetz 1992 be-reits die notwendigen Rahmenbedingungen für Biomedizi-nische AnalytikerInnen geschaffen, um bei Tätigkeiten im Rahmen der Funktionsdiagnostik „mitwirken“ zu können. Diese Position soll nun im Zuge der MTD-Gesetzesnovelle durch die Umwandlung des Wortlautes „Mitwirkung bei“ in „eigenverantwortliche Durchführung von“ noch weiter ausgebaut und gestärkt werden.

Darüber hinaus obliegt es im praktischen Alltag sicher der Eigenverantwortung und -initiative jedes/jeder einzel-nen Biomedizinischen Analytikers/Analytikerin, der/die in diesem Spezialbereich tätig ist,

(pro)aktiv an den laufenden Verbesserungen und Ent-wicklungen für unsere Profession mitwirken, und zwar an Ort und Stelle - genau da wo Sie sind, dort wo Sie in die-sem Bereich arbeiten. Einzelpersonen nehmen damit eine beispielhafte Rolle als RepräsentantInnen für ihre gesamte Berufsgruppe ein und werden diese auch im interdiszipli-nären Kontext prägen.

Die gesamte Thematik könnte man somit einmal mehr mit einem berufspolitischen Plädoyer abrunden, welches dem Motto der „Drei Musketiere“ des französischen Ro-manciers Alexandre Dumas folgt: „Einer für alle, alle für einen.“ ■

Ulrike Fötschl Biomedizinische Analytikerin an der Salzburger Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde/ Allergie- und Lungenambulanz und hauptberufli-che Mitarbeiterin in Lehre & Forschung an der FH Salzburg, Studiengang Biomedizinische Analytik, u. a. Lehrende für „Pulmonale Funktionsdiagnostik“

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WISSENScHAFT uNd PrAxIS

6 WINTER 2014 biomed austria

Page 7: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

Wir alle kennen das: Am Weihnachtsabend selbst sitzt die ganze Familie zusammen, bespricht tagesaktuel-

le Themen bei einem guten Glas Wein oder Kinderpunsch und alle warten gemeinsam auf die traditionelle Weih-nachtsgans. Im Anschluss lässt man den Abend gemütlich bei Kaffee oder einem Glas Whiskey, gepaart mit einer guten Zigarre, ausklingen. Was all diese Dinge gemeinsam haben? Sie fördern ein bislang sehr unterschätztes Krank-heitsbild: den Reflux.

Der korrekte medizinische Ausdruck dafür lautet gast-roösophageale Refluxkrankheit (GERD). Hierbei können mehrere Manifestationsformen unterschieden werden:• nichterosiveRefluxkrankheit(NERD)• erosiveÖsophagitisverschiedenerSchweregrade

(ERD)• Barrett-Ösophagitis• ExtraintestinaleManifestationen

Die Unterscheidung, ob Erosionen nachweisbar sind oder nicht, lässt sich endoskopisch durchführen. Dabei sind verschiedene Schleimhautveränderungen feststellbar. Durch andauernde, wiederholte Säureexposition kann sich das Plattenepithel des Ösophagus in Zylinderepithel um-wandeln, wie es sonst nur in Magen und Darm vorkommt. Bei der beschriebenen Metaplasie spricht man von Barrett- Zellen, welche eine erhöhte Prävalenz von Adenokarzino-men des Ösophagus begünstigen können.

aber was ist eigentlich die ursache für reflux?Eine häufige Ursache für Reflux ist unzureichende

Aktivität des unteren Schließmuskels der Speiseröhre. Dieses „Anti- Reflux-Ventil“, wie der untere Ösopha-gus-Sphinkter (lower esophagus sphincter, LES) gerne

genannt wird, versagt häufig seinen Dienst und verursacht so das Zurückfließen von Mageninhalt bzw. Magensäure in die Speiseröhre. Die aggressive Säureeinwirkung kann langfristig zu den oben beschriebenen Schleimhautver-änderungen führen. Warum der Schließmuskel zu wenig Aktivität zeigt, kann vielfältige Ursachen haben. Genetik, schweres Heben, Dehnen des Sphinkters durch große Nahrungsmengen über einen längeren Zeitraum - oft ist die genaue Ursache im Nachhinein nicht mehr eruierbar. Ein damit in Zusammenhang stehendes Erscheinungsbild ist der sogenannte Zwerchfellbruch, die so genannte Hia-tushernie (HH). Das Zwerchfell spannt sich durch den Brustkorb und trennt Brust- und Bauchraum voneinander. Es unterstützt die Speiseröhre einerseits durch eine gewisse Stabilitätsfunktion, andererseits übt das Zwerchfell unter-stützenden Druck auf den LES aus. Bei einer Hiatushernie gehen beide „Sup-portfunktionen“ verloren und eine Kon-traktion des Ösophagus ist die Folge. Speiseröhre samt Schließmuskel können bis zu mehrere Zentimeter nach oben wandern und ein Anteil des Magens kann potentiell in den Brustraum hinaufrutschen. Durch dieses instabile System kann der LES den notwendigen Druck nicht mehr aufbauen, Reflux ist die Folge.

Es gibt viele Ursachen, die Reflux als Kofaktoren zu-sätzlich begünstigen können. Zu nennen wären hier die klassischen Faktoren, wie ungesunde Ernährung (große Mengen, fett- und zuckerreiche Nahrung), Übergewicht, Rauchen, Alkohol, Stress u. v. m., welche das unliebsame

„bislang handelt es sich bei gerd um ein vorwiegend westliches phänomen. es gibt noch nicht viele studien zu diesem thema, allerdings sprechen die vorhandenen epidemiologischen daten für eine kontinuierliche zunahme aller gerd-assoziierten Manifestationsformen in den letzten Jahrzehnten.”

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PatientInnen mit Refluxbeschwerden sollten Süßes und Fettes meiden.

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Gastroenterologie

Reflux: Eine neue Zivilisationskrankheit?Der Advent ist eine der besinnlichsten Zeiten des Jahres. Die feierliche Atmosphäre lässt niemanden kalt, Jung und Alt freuen sich auf das bevorstehende Weihnachtsfest. Die ersten Weihnachtsmärkte laden zum Verweilen ein, Punsch-stände öffnen ihre Pforten und die Maronibrater arbeiten auf Hochtouren. Was wäre die Adventzeit schließlich ohne sie?

Page 8: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

WISSENScHAFT uNd PrAxIS

Sodbrennen auslösen oder deutlich verstärken können. Auch bei Schwangeren wird häufig eine Refluxsympto-matik beobachtet, welche allerdings in der Regel nach der Geburt wieder verschwindet.

Wer kennt ihn nicht, diesen diffusen Schmerz oder Druck hinter dem Brustbein, das saure Aufstoßen, pauschal oft als Sodbrennen bezeichnet. Ich selbst bekomme Sod-brennen beim Verzehr fetter Speisen oder zu großer Mengen der vielgelieb-ten Weihnachtsgans. Und damit bin ich nicht alleine: Etwa 10 bis 20% der West-europäer leiden unter regelmäßigen Re-fluxattacken. Es gibt noch nicht viele Studien zu diesem Thema, allerdings sprechen die vorhandenen epidemio-logischen Daten für eine kontinuierli-che Zunahme aller GERD-assoziierten Manifestationsformen in den letzten Jahrzehnten. Bislang handelt es sich bei GERD um ein vorwiegend westliches

Phänomen, in Asien leidet die Bevölkerung erheblich we-niger unter refluxbedingten Beschwerden.

diagnose von gerdBei Verdacht auf Sodbrennen, Speiseröhrenkrebs oder

Schluckstörungen kann eine Endoskopie der Speiseröhre durchgeführt werden. Diese kann auch in Kombination mit einer Gastroskopie erfolgen. Hier können Schleim-hautveränderungen begutachtet werden, Gewebeproben entnommen, aber auch Fremdkörper oder oberflächliche Gewebeveränderungen entfernt werden. Diese Untersu-chung empfiehlt sich sowohl bei der Diagnosefindung, als auch bei Verlaufskontrollen und postoperativen Be-gutachtungen.

Eine weitere Untersuchungsmöglichkeit ist die so ge-nannte Ösophagusmanometrie. Bei dieser Methode wer-den Druckwerte in der Speiseröhre und der Schließmus-kulatur gemessen. Bei einem Schluck öffnet sich der obere Ösophagussphinkter (UES) für einen kurzen Moment, lässt den Bolus passieren und schließt sich daraufhin wieder. Im Ösophagus wird der Bolus durch die Peristaltik der Speiseröhre vorangedrückt, bis ihn schließlich der untere Ösophagussphinkter (LES) in den Magen entlässt und sich danach verschließt, um einen Rückfluss von Magensäure zu verhindern. Dieser gesamte Vorgang lässt sich durch Darstellung der Druckwerte visualisieren. Funktioniert der Prozess nicht richtig, zeigen sich Anomalien in den Druckwerten.

Bei der Langzeit-pH-Metrie handelt sich um ein Mess-system, welches mithilfe des pH-Wertes im Ösophagus Rückschlüsse auf die Säureexposition erlaubt. Es gibt ver-schiedenste Systeme, wobei das ihnen zugrunde liegende Prinzip immer dasselbe ist: Eine dünne Sonde wird über die Nase in den Magen vorgeschoben. Ein pH-Sensor liegt im Magen, ein weiterer im Ösophagus. Sobald der Sensor in der Speiseröhre sauer wird, lässt dies auf einen Reflux schließen. Mit diesem System lassen sich Anzahl, Stärke und Zeitpunkt der Refluxepisoden über einen Zeitraum von zumindest 23 Stunden ermitteln. Die PatientInnen markieren zusätzlich wichtige Aktivitäten, wie Essen und Trinken, bemerkte Beschwerden und Liegezeiten mithil-fe des aufzeichnenden Gerätes, zusätzlich auch mithilfe

eines handschriftlichen Protokolls. Hierbei ist es wichtig, säurehemmende Medikamente - wenn möglich - recht-zeitig abzusetzen, um die Ergebnisqualität nicht zu be-einflussen.

Eine Kombination aus Manometrie und pH-Metrie ist sinnvoll, um sowohl mögliche Ursachen als auch den Schweregrad des GERD zu ermitteln. Im Gegensatz zur Endoskopie werden diese Untersuchungen - je nach be-trieblicher Vorgabe - auch von MitarbeiterInnen der Ge-sundheits- und Krankenpflege oder Biomedizinischen AnalytikerInnen durchgeführt. Auch die Verwertung der erhobenen Daten zu einem vorläufigen technischen Be-fund kann in den Verantwortungsbereich von Biomedi-zinischen AnalytikerInnen fallen, welcher abschließend durch ÄrztInnen medizinisch validiert wird. Gerade die Kombination aus Untersuchung und anschließender Be-fundung macht diesen Bereich zu einem spannenden und interessanten Tätigkeitsfeld. Für Biomedizinische Analyti-kerInnen ergibt sich so die Möglichkeit, den/die Patienten/Patientin von Anfang an zu begleiten und am Diagnose- und Therapieprozess direkt beteiligt zu sein.

therapie des gerdBei vielen PatientInnen spielen Lebensqualität und

Leidensdruck eine große Rolle, um die ideale individuelle Therapieform auswählen zu können. Oft können bereits simple Maßnahmen, wie beispielsweise Schlafen mit er-höhtem Oberkörper, Ernährungsumstellung, ausreichen-de Bewegung oder Stressreduktion, bestehende Reflux-beschwerden mindern oder sogar verhindern. Auch späte Mahlzeiten vor dem Zubettgehen, Alkohol, Schokolade, Kohlensäure und fettreiche Speisen sind sehr häufig Aus-löser von Refluxepisoden. Diese zu meiden kann für Pati-entInnen daher vielfach bereits ausreichen um beschwer-defrei zu sein. Darüber hinaus können säurereduzierende Medikamente den Beschwerden entgegenwirken.

Hilft dies alles nichts, bleiben nur operative Maßnah-men. Auch hier ist eine regelmäßige Kontrolle durch einen Gastroenterologen oder Chirurgen zu empfehlen, wobei Biomedizinischen AnalytikerInnen als „Diagnostic Part-ners“ eine immens wichtige Rolle bei Diagnose und Ver-laufskontrollen von Refluxerkrankungen zukommt. ■

Reinhard MeixnerBiomedizinischer Analytiker und Studierender des Masterstudiengangs Management im Gesundheitswesen an der FH Burgenland Campus Pinkafeld

Quellen:El-Serag, H.B., Sweet, S., Winchester, C.C., Dent J. (2014): Update on the

epidemiology of gastro-oesophageal reflux disease: a systematic review. Verfügbar unter: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23853213

http://www.gesund.at/f/langzeit-ph-metriehttp://www.sodbrennen-welt.de/gastro/201012-DGVS-GERD- Konsens-

I-Definitionen-Epidemiologie-und-natuerlicher-Verlauf.htmhttp://www.speiseroehrenerkrankungen.de/index.php/ diagnostik-bei-

speiseroehrenerkrankungenPrinz, C. (2012): Basiswissen Innere Medizin. Berlin/Heidelberg. Springer

Verlag Riemann, J. F., Fischbach, W., Galle, P. R., Mössner, J. (2010):

Gastroenterologie: Das komplette Referenzwerk für Klinik und Praxis. Band 1: Intestinum. Stuttgart. Thieme Verlag

„bei vielen patientinnen spielen lebensqualität und leidensdruck eine große rolle, um die ideale individuelle therapieform auswählen zu können. oft können bereits simple Maßnahmen, wie beispielsweise schlafen mit erhöhtem oberkörper, ernährungsumstellung, ausreichende bewegung oder stressreduktion, bestehende refluxbeschwerden mindern oder sogar verhindern.”

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Page 9: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

Unter anderem sind handfeste Qualitätskriterien von der Deutschen Atemwegsliga und der American Tho-

racic Society (ATS) und European Respiratory Society (ERS) veröffentlicht worden, damit die Messungen den Gütekriterien (objektiv, reliabel, valide) entsprechen. Die Durchführung der zwei Messungen wird in den jeweiligen Empfehlungen explizit beschrieben, wobei jede Teilmes-sung - Atemschleifen, Verschlussdruck, Spirometrie hohe Anforderungen an die Mitarbeit der PatientInnen, aber auch an die Fachkompetenz der UntersucherInnen stellt. Darüber hinaus unterliegt jede Teilmessung eigenen Qua-litätsmerkmalen, die entweder anhand der Grafik oder der Werte evaluiert werden müssen.

Wenn man sich in der Klinik einmal umhört, stößt man bei KollegInnen nicht selten auf das Vorurteil „Lungen-funktion kann doch jeder... ein bisschen pusten!“

Doch wie in jedem anderen medizinischen Fachbereich setzt auch die Lungenfunktionsuntersuchung eine Menge Know-how voraus. Neben der allgemeinen Durchführung der Messung Bodyplethysmografie/Spirometrie muss der/die UntersucherIn ihre PatientInnen gut instruieren und motivieren, die Qualitätskriterien der Messung kennen und umsetzen, die Ergebnisse beurteilen und auf ihre Plausibili-tät prüfen und nicht zuletzt das Gerät fachgerecht bedienen.

aussagekraft der bodyplethysMografie/spiroMetrie

Sowohl die Spirometrie als auch die Bodyplethysmo-grafie dienen der Diagnostik von Lungenerkrankungen, mit jeweils eingeschränkter Aussagekraft. Erst wenn beide Messungen miteinander kombiniert werden, erhöht sich diese deutlich.

SpirometrieDie Spirometrie dient der Diagnostik obstruktiver Lun-

generkrankungen. Mittels dieser Untersuchung können verschiedene Lungenvolumina (u. a. FEV1, FVC, VCIN) und Atemstromstärken (u.a. MEF-Werte, PEF) schnell, nicht-invasiv und preisgünstig gemessen werden. Anhand der Werte lässt sich eine Aussage bezüglich des Schwe-regrads einer etwaigen obstruktiven Lungenerkrankung treffen, und ob es sich um eine Obstruktion der zentralen oder peripheren Atemwege handelt. Die Diagnose einer re-striktiven Lungenerkrankung ist mittels Spirometrie nicht möglich. Der Parameter FEV1%VCmax (=/ ↑), in Verbin-dung mit der FEV1 (↑) und VCmax (↑), kann jedoch einen Hinweis darauf geben.

BodyplethysmografieDie Bodyplethysmografie ist ein Messverfahren, wel-

ches von der Mitarbeit des/der Patienten/Patientin weit-

gehend unabhängig ist. So wird der spezifische Atemwegs-widerstand (sRtot) während der Ruheatmung ermittelt und eine gegebenenfalls vorliegende Obstruktion kann einem Schweregrad zugeordnet werden.

Ein weiterer wichtiger Parameter der Bodyplethys-mografie ist die funktionelle Residualkapazität (FRCpleth, bodyplethysmografisch gemessen), die während des Ver-schlusses erfasst wird. Die FRCpleth lässt unter anderem Rückschlüsse auf das Vorliegen einer statischen Lungen-überblähung zu.

Bodyplethysmografie/ SpirometrieErst die Kombination aus Bodyplethysmografie und

Spirometrie erlaubt eine umfangreiche Diagnostik der ob-struktiven, restriktiven bzw. kombinierten Ventilations-störung sowie die Graduierung der Lungenüberblähung.

Messverfahren bodyplethys-Mografie/spiroMetrie

Der Messablauf der Bodyplethysmografie und Spirome-trie wird in den jeweiligen Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga explizit beschrieben, sollte jedoch an den Allgemeinzustand jedes/jeder einzelnen Patienten/Pati-entin angepasst werden. Wichtig ist, dass eine Abteilung nach einheitlichen SOPs arbeitet und somit die Messungen untersu-cherunabhängig sind. Bevor die eigentliche Messung beginnt, müssen die persönlichen Daten (Größe, Gewicht, Alter, Geschlecht) des/der Patienten/Patientin erfragt und im PC aktualisiert werden. Aus diesen An-gaben berechnen sich die Referenzwerte. Nach der Datenaufnahme wird der/die Pati-entIn gebeten, im Bodyplethysmografen Platz zu nehmen. Es werden ein frisches Mundstück (inkl. Bakterienfilter) und ein neuer Krümmer an den Pneumotachografen (PT) angebracht. Dann wird die Höhe von Mundstück und Stuhl an die Größe des/der Patienten/Patientin angepasst, sodass diese/r aufrecht sitzt und die Beine im rechten Winkel sind. Während der gesamten Messung muss der/die PatientIn die Nase mittels Nasenklammer verschließen. Nun erfolgt die Einweisung in die Untersuchung. Dem/Der Patienten/Patientin sollte der grobe Ablauf geschildert werden, wobei die Notwendigkeit einer guten Mitarbeit explizit hervorhoben werden muss. Nachdem der/die Pa-tientIn eingewiesen wurde, wird die Tür des Bodyplethys-mografen geschlossen und das Programm gestartet.

Messung der spezifischen ResistanceDer/Die PatientIn erhält die Instruktion, ruhig und

gleichmäßig ein- und auszuatmen. Während der Ruheat-

Nein - Nicht jeder kann Lungenfunktionsdiagnostik (Teil 1)Das verbundene Manöver aus Bodyplethysmografie und Spirometrie dient der umfangreichen Diagnostik von obstruktiven, restriktiven und kombinierten Lungenerkrankungen. Für die Durchführung der Bodyplethysmografie/ Spirometrie gibt es nationale und internationale Empfehlungen.

Messverfahren und Qualitätssicherung

WISSENScHAFT uNd PrAxIS

„wenn man sich in der klinik einmal umhört, stößt man bei kolleginnen nicht selten auf das vorurteil „lungenfunktion kann doch jeder... ein bisschen pusten!“

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Page 10: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

mung werden die Atmungsschleifen aufgezeichnet (siehe Abb. 1), die sich aus der Änderung des Kabineninnen-drucks und dem Atemstrom am PT ergeben. Die spezi-fische Resistance ergibt sich nun aus dem Winkel ß der Atmungsschleife.

Abb. 1: Registrierung der Atemschleifen bei Ruheatmung. Atem frequenz wird während der Registrierung der Atem-schleifen kontinuierlich angegeben

Messung des FRCplethNachdem fünf bis zehn reproduzierbare Atmungs-

schleifen aufgezeichnet sind und die Atemruhelage er-reicht ist, wird der Verschluss gesetzt. Der/Die PatientIn wird aufgefordert, während des Ver-schlusses eine frustrane Atem-bewegung durchzuführen. Das heißt, er/sie soll während der Dauer des Widerstands die „nor-male Atembewegung“ fortfüh-ren. Dabei werden die Druckän-derungen am Verschluss ins Ver-hältnis zu den Änderungen des Kabineninnendrucks gesetzt und eine nach links geneigte Ver-schlussdruckkurve mit tan α ent-steht (siehe Abb. 2).

Das „verbundene Manöver“Das „verbundene Manöver“ setzt sich aus der Messung

des FRCpleth in Verbindung mit der Spirometrie zusammen und dient der Berechnung der totalen Lungenkapazität (TLC) und des Residualvolumens (RV).

In der Praxis haben sich drei Varianten (siehe Abb. 3) der Durchführung des „verbundenen Manövers“ etabliert:

1. Nach jedem Verschluss wird eine forcierte Spiromet-rie (FV-Kurve) durchgeführt. Dies setzt eine hohe Koopera-tion und einen guten Allgemeinzustand des/der Patienten/Patientin voraus.

2. Nach jedem Verschluss wird eine langsame Spirome-trie eingeleitet und die Parameter TLC und RV bestimmt. Im Anschluss wird dann separat die forcierte Spirometrie zur Aufzeichnung der FV-Kurve bei offener Tür durchge-führt. Dieser Ablauf führt zu einem höheren Zeitumfang, fordert von den PatientInnen allerdings etwas weniger Mitarbeit.

3. Entsprechend der Empfehlung der Deutschen Atem-wegsliga werden mindestens drei Verschlussdruckmessun-gen hintereinander aufgezeichnet, bevor dem dritten Ver-schluss das „verbundene Manöver“, mit einer langsamen Spirometrie folgt. Die forcierte Spirometrie wird anschlie-ßend bei offener Tür gemessen. Kritisch betrachtet wird bei dieser Vorgehensweise nur einmal das „verbundene Manöver“ zur Bestimmung von TLC und RV durchgeführt und setzt somit eine hohe Fachkompetenz des/der Unter-suchers/Untersucherin und eine optimale Mitarbeit des/der Patienten/Patientin voraus. Bei allen drei Verfahrens-weisen ist darauf zu achten, dass vor dem Verschluss die Atemruhelage erreicht wird, die Verschlussdruckmessung technisch fehlerfrei ist und innerhalb von 20 Sekunden nach dem Verschluss das Spirometrie-Manöver zur Be-stimmung von TLC und RV eingeleitet wird. Des Weiteren muss sichergestellt sein, dass während des gesamten Vor-gangs kein Leck im System „Patient – Gerät“, beispielswei-se durch unabsichtliches Öffnen des Mundes, entstanden ist. Dies wäre eine Indikation für eine Wiederholung der Untersuchung.

Langsame SpirometrieDie langsame Spirometrie muss innerhalb von 20 Se-

kunden nach dem Verschluss eingeleitet werden. 1. Der/Die PatientIn wird aufgefordert, unmittelbar

nach dem Öffnen des Verschlusses maximal auszuatmen.2. Der/Die PatientIn führt nach dem Verschluss zwei bis

drei Ruheatemzüge durch und atmet dann maximal aus. Während der maximalen Ausatmung wird das exspira-

torische Reservevolumen (ERV) gemessen. Anschließend erfolgt eine langsame maximale Einatmung zur Bestim-mung der inspiratorischen Vitalkapazität (VCIN).

Die gemessenen Parameter dienen als Grundlage zur Berechnung von TLC und RV. So ergibt sich die TLC aus Median FRCpleth minus Maximum ERV plus VCmax.

Ist der/die PatientIn nicht in der Lage, aus der Ruhe heraus maximal auszuatmen, kann er/sie alternativ so instruiert werden, dass er/sie nach dem Öffnen des Shutters erst maximal einatmet. Dabei wird die Inspirationskapazität (IC) gemessen. Anschließend soll der/die PatientIn vom TLC-Niveau aus maximal langsam ausatmen, damit die exspiratorische Vitalkapazität (VCEX) gemessen werden kann.

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Abb.2: Verschlussdruckkurve mit vier Atemexkursionen (rechts)

Abb. 3: (oben) Variante 1 bzw. 2: nach Erreichen der Atemru-helage wird nach jedem Shutter ein Spirometrie-Manöver eingeleitet. (unten) Variante 3: nach dem dritten Verschluss wird die langsame Spirometrie durchgeführt.

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Page 11: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

Forcierte SpirometrieIst der/die PatientIn in guter Verfassung empfiehlt

es sich, gleich aus der maximalen Einatmung der lang-samen Spirometrie heraus das FV-Manöver (siehe Abb.

4) mit einem kräf-tigen Atemstoß ein-zuleiten. Dabei sind die Qualitätskrite-rien der Spirome-trie, veröffentlicht von der Deutschen Atemwegsliga bzw. der American Tho-racic Society (ATS) und der European Respiratory Society (ERS), zu beachten. Zur Reproduzier-barkeit der Werte FEV1 und FVC soll-ten mindestens drei zufriedenstellende Durchgänge absol-viert werden.

Qualitätskriterien der bodyplethysMografie und spiroMetrie

AtemschleifenWährend der Registrierung der Atemschleifen ist dar-

auf zu achten, dass der/die PatientIn sich in Ruhe befindet und die Umgebungsbedingungen konstant sind. Zu Beginn der Messung soll der/die PatientIn ohne weitere Vorgaben spontan atmen. Dafür wird er/sie instruiert, durch das Mundstück gleichmäßig ein- und auszuatmen.

Zeichnen sich nach einigen Atemzügen keine technisch zufriedenstellenden Atemschleifen ab, muss der/die Un-tersucherIn eingreifen. Er/Sie sollte einen gleichmäßigen Takt mit einer Atemfrequenz (BF) von 20 bis 25 (30) Atem-zügen pro Minute vorgeben. Die aufgezeichneten Atem-amplituden im Spirogramm dürfen dabei nicht zu flach (Zeichen einer oberflächlichen Atmung) bzw. zu hoch (zu tiefe Atemzügen) sein.

Des Weiteren muss während oder nach der Messung eine Korrektur der Artefakte vorgenommen werden, die aufgrund der unterschiedlichen Gastemperatur und relati-ven Luftfeuchtigkeit bei In- und Exspiration auftreten. Die elektronische BTPS-Korrektur (body temperature, atmo-spheric pressure, water) zur Kompensation der Atemschlei-fen geschieht heutzutage mithilfe eines automatischen Schleifen-Computers (ASC). Sind die Atemschleifen sowohl im in- und exspiratorischen Bereich offen, muss an eine fehlerhafte ASC-Korrektur gedacht und eine manuelle Än-derung vorgenommen werden. Ziel der Messung ist es, fünf bis zehn reproduzierbare Atemschleifen aufzuzeichnen (siehe Abb. 1). Anhand der Kurven wird computergestützt die Neigung der Atemschleife (tan ß) ermittelt, woraus sich die spezifische Resistance (sRtot bzw. sReff) ableitet.

FRCpleth- MessungIm Anschluss an die Widerstandsmessung erfolgt die

Verschlussdruckmessung. Der/Die PatientIn wird aufge-

fordert, eine frustrane Atembewegung gegen den Ver-schluss auszuführen. Die aufgezeichnete FRCpleth-Kurve (früher auch ITGV-Kurve) ist als technisch zufriedenstel-lend zu bewerten, wenn zwei bis fünf Atemexkursionen vorliegen. Dies äu-ßert sich in einer Überlagerung nahezu parallel liegender Linien (Criée 2009, S. 24). Entsprechend den Empfehlun-gen der Deutschen Atemwegsliga wird empfohlen, mindestens drei Verschlüs-se nacheinander ohne dazwischenlie-gendes Maximalmanöver aufzuzeich-nen, um die Qualität der Volumenbe-stimmung beurteilen zu können (Criée 2009, S. 25).

Die Reproduzierbarkeit der Ver-schlussdruckmessung ist im Idealfall dann erreicht, wenn drei FRCpleth-Wer-te innerhalb eines 10 %-Intervalls (Differenz zwischen höchstem und niedrigstem Wert dividiert durch den Mit-telwert < 0,1) vorliegen.

SMITH gibt zur Qualitätskontrolle an, dass die Streu-ung von mindestens zwei bzw. mehreren aufeinanderfol-genden FRCpleth-Werten sogar weniger als 5 % betragen sollte. Zudem muss die Verschlussdruckkurve sowohl po-sitive (exspiratorische) als auch negative (inspiratorische) Druckauslenkungen aufweisen.

Für den weiteren Verlauf der Messung ist zu beachten, dass die Qualität der Verschlussdruckkurve maßgeblich die Güte der von ihr abgeleiteten Messwerte (Rtot bzw. Reff, TLC und RV) bestimmt.

Verbundenes ManöverFür die korrekte Berechnung von TLC und RV muss

die langsame Spirometrie innerhalb von 20 s nach dem Verschluss eingeleitet werden. Dabei ist darauf zu achten, dass der/die PatientIn maximal ausatmet und anschlie-ßend in einem Atemzug maximal einatmet. Die interna-tionalen Leitlinien der American Thoracic Society (ATS) empfehlen, mindestens drei akzeptable Versuche durchzu-führen. Dafür muss bei jeder Teilmessung ein endexspira-torisches Plateau mit einer Volumenänderung ≤ 25 ml oder einer Exspiration ≥ 6 s erreicht werden. Die Reproduzier-barkeit der Messung wird anhand der VC kontrolliert. Die Differenz zwischen dem besten und zweitbesten VC-Wert muss ≤ 0,15 l sein.

Bei dem in den Empfehlungen der Deutschen Atem-wegsliga beschriebenen Messablauf wird das verbundene Manöver einmalig nach dem letzten Verschluss durchge-führt. Hier kann keine Kontrolle der Reliabilität des TLC- und RV-Niveaus erfolgen. Einzig der Vergleich der VC aus dem verbundenem Manöver mit der FVC (bzw. VCIN) der forcierten Spirometrie gibt Aufschluss darüber, ob der/die PatientIn maximal ein- und ausgeatmet hat.

forcierte Spirometrie Die forcierte Spirometrie mit ihrem kräftigen Atemstoß

und endexspiratorischer Ausatmung nach maximaler In-spiration setzt eine optimale Mitarbeit seitens der Patien-tInnen, aber auch eine exakte Anleitung durch den/die UntersucherIn voraus. Die Beurteilung der Fluss-Volu-men-Kurve anhand der Grafik und der Parameter ist nach jeder Teilmessung unerlässlich.

„der Messablauf der bodyplethysmografie und spirometrie wird in den jeweiligen empfehlungen der deutschen atemwegsliga explizit beschrieben, sollte jedoch an den allgemeinzustand der patientinnen angepasst werden. wichtig ist, dass eine abteilung nach einheitlichen sops arbeitet und somit die Messungen untersucherunabhängig sind.”

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Abb. 4: Fluss-Volumen Diagramm der forcierten Spirometrie. Leichte opti-sche Abweichung der FV-Kurven in der Grafik. Reproduzierbarkeit der Parameter FEV1 und FVC anhand der Werte nachgewiesen.

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Page 12: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

HüllkurveFür die Beurteilung der Qualität der einzelnen Fluss-Vo-

lumen Kurven (FV-Kurven) ist es notwendig, die genaue Geräteeinstellung zu kennen. Viele Geräte arbeiten mit der sogenannten Hüllkurve. Als Hüllkurve wird die vom PC dargestellte Ergebniskurve bezeichnet, die aus den äu-ßeren Begrenzungen aller hintereinander durchgeführten FV-Kurven ermittelt wird. Die Ergebniskurve stellt somit kein reelles Atemmanöver dar; vielmehr kann diese Form der Auswertung eine mäßige Mitarbeit bzw. Artefakte ver-schleiern. Von der Verwendung der Hüllkurve wird daher abgeraten. (AWMF-Leitlinien).

ATS/ERS-Kriterien (2005)Die Qualitätsbeurteilung der Spirometrie sollte anhand

der Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga zur Spiro-metrie bzw. der internationalen Empfehlungen der Ameri-can Thoracic Society (ATS) und der European Respiratory Society (ERS) vorgenommen werden. Tabelle 3 gibt eine Zusammenfassung der Qualitätskriterien. Im weiteren Verlauf dieses Artikels werden die Qualitätskriterien nach ATS/ERS (2005) erläutert.

Das forcierte Spirometrie-Manöver, auch Tiffeneau-Ma-növer genannt, startet unmittelbar nach der maximalen Inspiration und umfasst den Atemstoß mit anschließender endexspiratorischer Ausatmung. Für die exakte Messung der Einsekundenkapazität (FEV1 – das Volumen, das in der ersten Sekunde der forcierten Exspiration ausgeatmet wird) ist es notwendig, dass der/die PatientIn von Beginn an for-ciert ausatmet. Einigen PatientInnen fällt es schwer, von Beginn an forciert auszuatmen. Sie atmen zuerst ein wenig Volumen aus, bevor sie den eigentlichen Atemstoß mit ho-her Flussgeschwindigkeit machen. Dieses Volumen, das zu Beginn der Exspiration nicht forciert ausgeatmet wird, ist das zurückextrapolierte Volumen. Nach ATS/ERS muss das zurückextrapolierte Volumen ≤ 5 % der FVC und absolut ≤ 150 ml sein. Bei den meisten Geräten lassen sich die Werte des zurückextrapolierten Volumens in der Parameter-Ta-belle einstellen und können so nach jeder Teilmessung gut kontrolliert werden. Die forcierte Exspiration ist durch ein schnelles Erreichen des Spitzenflusses (Peak Flow, PEF) ge-kennzeichnet. Der PEF muss innerhalb von 120 ms erreicht sein. Dieses Kriterium lässt sich in der Fluss-Volumen-Kurve anhand eines steilen Anstiegs zum PEF überprüfen.

Darüber hinaus muss die erste Sekunde der forcierten Exspiration frei von Artefakten sein. Das heißt, dass wäh-rend der ersten 70 – 80 % der Vitalkapazität keine Arte-fakte auftreten dürfen (siehe Abb. 5). Mögliche Artefakte können sein:• patientenbedingt:

- Hustenartefakt- Glottisverschluss- vorzeitig beendete Exspiration- unterschiedliche Anstrengung

• gerätetechnisch:- Leckagen- zusammengedrücktes Mundstück

Um die FEV1%VC und FVC exakt zu bestimmen, muss ein exspiratorisches Maximalmanöver durchgeführt wer-den. Dafür muss der/die PatientIn mindestens sechs Se-kunden ausatmen, wobei ein endexspiratorisches Plateau (Volumenänderung < 30 ml in der letzten Sekunde) er-reicht werden muss. Valide Messwerte sind gegeben, wenn drei [zwei] reproduzierbare Teilmessungen vorliegen. Um diese zu erreichen, sollten jedoch nicht mehr als acht Ver-suche gemacht werden, da sonst ein „Spirometer-Asthma“ provoziert werden könnte. Die Reproduzierbarkeit der Teil-messung wird anhand der Parameter FEV1 und FVC über-prüft. Sie ist gegeben, wenn die Differenz zwischen dem besten und zweitbesten FEV1- und FVC-Wert ≤ 0,15 l und nicht mehr als 5 % des Bestwertes beträgt.

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Tabelle 1: Qualitätskriterien der Bodyplethysmographie

Bodyplethysmographie

Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

andere Qualitätsbeschreibungen

Atemschleifen- Atemfrequenz (BF) zw. 20 –

25 Atemzügen pro Minute- * Atemfrequenz (BF) zw. 20 – 30 Atemzüge pro Minute und

Atemzugvolumen kleiner als 40 l/min

Verschluss-druck-Manöver

- zwei bis drei Atemexkursionen

- ** positive und negative Druckauslenkung und Streuung von mindestens zwei bzw. mehreren aufeinanderfolgenden FRCpleth-Werten weniger als 5 %

- drei FRCpleth-Werte innerhalb eines 10 %-Intervalls

- *** keine Schleifenbildung, Atemfrequenz von 0,5 (30/min) bis 1 (60/min) Hz und Druckänderungen im Druckströmungsdiagramm von max. 2 kPa

* Bedienungsanleitung MasterScreen PFT® CareFusion** Smith, Grundlagen der Bodyplethysmographie*** AWMF-Leitlinien

Abb. 5: a) FEV1 entspricht in etwa 70 - 80 % von dem Volumen der VC (blaue Fläche + straffierte Fläche) mögliche Artefakte: b) Hustenartefakt; c) + d) Glottisverschluss; e) vorzeitig been-det; f) unterschiedliche Anstrengung

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Page 13: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

Tabelle 2: Qualitätskriterien der langsamen Spirometrie

langsame Spirometrie

ATS/ERS 2005 (forcierte Spirometrie) andere Qualitätsbeschreibungen

verbundenes

Manöver

- mind. drei akzeptierte Versuche

- Reproduzierbarkeit VC (Differenz zwischen bestem und

zweitbestem Messwert ≤ 150 ml)

- endexspiratorisches Plateau vorhanden (Exspiration ≥ 6 s

oder Volumenänderung ≤ 25 ml in letzter Sekunde (bei Kin-

dern jünger als zehn Jahre wird die Zeit auf 3 s verkürzt)

- * Einleitung der Spirometrie innerhalb

von 20 s nach dem Verschluss

* Bedienungsanleitung MasterScreen

PFT® CareFusion

** Smith, Grundlagen der

Bodyplethysmographie

*** AWMF-Leitlinien

Tabelle 3: Qualitätskriterien der forcierten Spirometrie

forcierte Spirometrie

Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

ATS/ERS 2005 (forcierte Spirometrie)

zurückext-rapoliertes Volumen

- Rückextrapoliertes Volumen ≤ 5 % FVC und absolut ≤ 150 ml

PEF- soll innerhalb von 120 ms erreicht sein

(gekennzeichnet durch steilen Anstieg)- soll innerhalb von 120 ms erreicht sein

Artefakte- keine Artefakte (Husten, Glottisver-

schluss, Leckagen, vorzeitige Beendi-gung, unterschiedliche Anstrengung)

- in der ersten Sekunde der forcierten Exspiration dürfen keine Arte-fakte (Husten, Glottisverschluss, vorzeitig beendete Exspiration, un-terschiedliche Anstrengung, Leckagen, zusammengedrücktes Mund-stück) auftreten

maximale Exspira-tion

- Fluss kleiner als 0,1 l/s- von einer zeitlichen Komponente

(z. B. mind. 4 s) wird abgeraten

- Exspirationszeit ≥ 6 s (≥ 3 s bei Kindern) und endexspiratorisches Plateau erreicht (Volumenänderung < 30 ml in der letzten Sekunde)

- kein Abbruch der Exspiration (exspiratorischer Fluss darf nicht um mehr als 200 ml/s in den letzten 100 ml abfallen)

Reprodu-zierbarkeit FEV1 und FVC

- mind. 3 Versuche- Differenz zw. den besten zwei Versu-

chen für FEV1 und FVC < 5% (bei einer FVC < 1 l weniger als 100 ml)

- mind. drei [zwei] Versuche- Differenz zw. den besten zwei Versuchen für FEV1 und FVC ≤ 0,15 l

und ≤ 5% des Bestwertes

Reprodu-zierbarkeit PEF

- Differenz der besten zwei Versuche für PEF < 10 %

Anzahl der Versuche

≤ 4 ≤ 8

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Jana ApelMTAF und Fachlehrerin für MTA-Schulenan der Akademie der Gesundheit Berlin/Brandenburg

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Page 14: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

beurteilung und interpretation der bodyplethysMografie/spiroMetrie

Die Bodyplethysmografie/Spirometrie ist nicht mit dem Abspeichern und Ausdrucken des Untersuchungsergebnis-ses beendet. Der/Die Biomedizinische AnalytikerIn sollte jetzt ein letztes Mal das Ergebnis der Plausibilitätskontrolle unterziehen, um gegebenenfalls Korrekturen in Anwesen-heit des/der Patienten/Patientin vornehmen zu können. Zudem müssen Mitarbeit und Abweichungen vom Stan-dard dokumentiert werden.

Artefakte und deren DokumentationEin aussagekräftiger Befund umfasst eine qualitative

und quantitative Beschreibung der aufgetretenen Störun-gen. Dabei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:• Beurteilung der Mitarbeit• nicht vermeidbare Artefakte/ technische Probleme

Beurteilung der AtemschleifenDie Atemschleife mit guter Mitarbeit (Atemfrequenz

(BF) zw. 20 - 25 l/min und ausreichend hohe Flussge-schwindigkeit) stellt sich als geradlinige Kurve, entspre-

chend der Pathologie dar (Abb. 1a). Ne-ben einer mäßigen Mitarbeit durch den/die Patienten/Patientin können aber auch technisch bedingte Artefakte die Güte und somit die Beurteilbarkeit der Atemwegs-schleifen einschränken.

Folgende Artefakte der Atemschleife können auftreten:• Verzitterter Linienverlauf (Abb. 1b) tritt auf, wenn der/die PatientIn zu langsam atmet oder durch Vibrationen, die von au-ßen auf den Bodyplethysmografen wirken. • Deutliche horizontale und vertikale Auslenkungen (Abb. 1c) werden durch Schlucken oder ruckartige Bewegungen her-vorgerufen.• Weit offene Kurven (Abb. 1d) können ein Zeichen pathologischer Veränderung sein, treten aber auch aufgrund fehlender BTPS-Kompensation auf. Bei zu geringer ASC-Korrektur sind die Kurven offen. Ist die ASC-Korrektur hingegen zu hoch, kommt es zu Überscheidungen im Kurvenverlauf.• Fehlendes Signal (Abb. 1e und 1f) kann sowohl den Fluss als auch das Ver-schiebevolumen betreffen. Fehlt das Fluss-signal, ist der Pneumotachograf zu über-

prüfen. Bei fehlendem Drucksignal sollte kontrolliert werden, ob die Kabinentür richtig geschlossen ist. Des Weiteren empfiehlt es sich, das Druckausgleichsventil kurzzeitig zu öffnen und erneut zu schließen. Besteht der Fehler weiter, sollte die Dichtigkeit der Kabine mit-tels Eichung überprüft werden.

Beurteilung der FRCpleth-KurveEine optimale Mitarbeit des/der Patienten/Patientin

während des Verschlussdruckmanövers (FRCpleth-Manöver) ist gegeben, wenn die FRCpleth -Kurve zwei bis fünf Ate-mexkursionen sowie eine Überlagerung nahezu parallel liegender Linien aufweist. Zudem sollten sowohl in- als auch exspiratorische Druckauslenkungen innerhalb von ± 0,5 bis ± 2 kPa, erkenn-bar sein. Wichtig bei der Beurteilung der Mitarbeit des FRCpleth-Manövers ist, dass der/die Untersuche-rIn den/die Patienten/Pa-tientin während der Mes-sung beobachtet und spä-ter auf dem Befund nicht korrigierbare Artefakte notiert. Artefakte können hier sein:

Frustrane Atembewe-gung wird nicht oder zu stark ausgeführt (Abb. 2b und 2c). In der Re-gel öffnet sich der Shutter, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

nach 4 bzw. 51 s oder eine Drucksumme

(Munddruck) von 7 kPa ist erreicht.

Wird die Atembewe-gung zu stark ausgeführt, öffnet sich der Verschluss vorzeitig und es werden nicht genügend Atemex-kursionen aufgezeichnet. Wird die Atembewegung hingegen nicht (Luft an-halten) oder nur mit ge-ringem Druck ausgeführt,

1 entsprechend der Programmierung, eine niedrigere Verschlussdauer (< 4 sec) wird nicht empfohlen

Beurteilung und Interpretation

Nein - Nicht jeder kann Lungenfunktionsdiagnostik (Teil 2)Zur Durchführung der Bodyplethysmografie/Spirometrie gehört, dass der/die Biomedizinische AnalytikerIn, welche/r die Messung durchführt, das Ergebnis auf seine Plausibilität hin überprüft. Dazu zählt auch, dass nicht vermeidbare Arte-fakte erkannt und dokumentiert sowie die Mitarbeit des/der Patienten/Patientin beurteilt wird. Der/Die UntersucherIn sollte auch profunde Kenntnisse über die Pathologie der Lungenfunktionsstörungen haben und das Ergebnis interpre-tieren können, um eine Plausibilitätskontrolle der Messwerte im Hinblick auf die Anamnese vornehmen zu können.

Abb. 1: Artefakt der Atem-schleifen a)Normvariante ent-sprechend der Pathologie, b) Vibrationsartefakt, c) Schluck-artefakt, d) mangelnde ASC-Korrektur, e) fehlendes Flusssignal, f) fehlendes Ver-schiebevolumen

Abb. 2: Artefakte FRCpleth-Kurve, a) Normvariante, b) "weg gepustet", c)"angesaugt", d) Abfall des exspiratorischen Munddrucks, e) undichtes Mundstück, f) fehlendes Drucksignal am Mund, g) fehlendes Verschiebevolumen

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14 WINTER 2014 biomed austria

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WISSENScHAFT uNd PrAxIS

kommt es nur zu minimalen horizontalen und vertikalen Auslenkungen der Kurve und der Winkel ↑ kann nicht zu-verlässig bestimmt werden.

Leckagen (Abb. 2d und 2e). Der/Die PatientIn öff-net während des FRCpleth-Manövers den Mund oder um-schließt das Mundstück nicht vollständig mit den Lippen und zieht somit über die Mundwinkel Luft. Um Leckagen zu erkennen ist es notwendig, die PatientInnen während der Verschlussdruckmessung genau zu beobachten (Blick-kontakt!).

Fehlendes Signal (Abb. 2f und 2g). Ein fehlendes Munddrucksignal kann durch eine defekte Shutter-Einheit verursacht werden. Das Mundstück kann aber auch vom Pneumotachografen abgegangen sein. Fehlt das Verschie-bevolumen sollte auch hier kontrolliert werden, ob die Ka-bine richtig geschlossen ist bzw. die Dichtigkeit der Kabine mittels Eichung überprüft werden.

Beurteilung Fluss-Volumen-Kurve Die forcierte Spirometrie sollte entsprechend der Emp-

fehlung der Deutschen Atemwegsliga bzw. der ATS-Kri-terien durchgeführt werden. Aber auch hier gilt, dass ein kritischer Blick auf den Ausdruck unumgänglich ist. Arte-fakte der FV-Kurve sind im Folgenden zusammengefasst (Abb. 3 und 4):1. kein steiler/geradliniger Anstieg zum Peak Flow

(PEF): Ist der Anstieg der Exspirationskurve durch ei-nen Knick, eine Zacke o. ä. gekennzeichnet, hat der/die PatientIn nicht von Beginn an forciert geatmet. Dieses Artefakt gibt einen Hinweis darauf, dass das zurückex-trapolierte Volumen erhöht sein kann.

2. Ein mäßiger Anstieg zum PEF heißt, dass der/die Pati-entIn nicht forciert ausgeatmet hat.

3. kein spitzer PEF: Ein abgerundeter PEF tritt auf, wenn der/die PatientIn nicht mit aller Kraft ausgeatmet hat. Cave: Auch bei intrathorakalen und fixierten Trachealste-nosen kommt es zu einer Abflachung des PEF, die jedoch pathophysiologisch begründet ist.

4. Exspiration artefaktisch (Hustenartefakt etc.): Die ersten 70 – 80 % der ausgeatmeten forcierten Vital-kapazität (FVC) dürfen keine Artefakte, wie Husten, Glottisverschluss oder unterschiedliche Anstrengung aufweisen.

5. Endexspiratorisches Plateau nicht vorhanden: Bricht die FV-Kurve am Ende der Exspiration ab, hat der/die PatientIn vermutlich nicht maximal (> 6 s) ausgeat-met. Eine endexspiratorische Ausatmung ist für die kor-rekte Berechnung der FEV1%FVC und der MEF-Werte erforderlich.

6. Kurve nicht geschlossen: Physiologisch tritt eine klei-ne Differenz zwischen den Werten der forcierten Vi-talkapazität (FVC) und der inspiratorischen Vitalkapa-zität (VCIN) mit dem Ver-hältnis FVC < VCIN auf. Ist die FVC deutlich gegen-über der VCIN erniedrigt, endet die FV-Kurve nicht in einem endexspiratorischen Plateau oder kommt es gar zum Abbruch des exspira-torischen Kurvenverlaufes bedeutet dies, dass keine maximale Ausatmung statt-gefunden hat. Ist die FVC im Vergleich zur VCIN grö-ßer, hat der/die PatientIn nicht maximal eingeatmet. In der Folge weist die auf-gezeichnete Exspiration eine „Pseudo Volumen- und Flusslimitierung“ auf.

Um der Dokumentations-pflicht nachzukommen, emp-fiehlt die Deutsche Atemwegs-liga das in Tab. 1 abgebildete Schema.1. Es empfiehlt sich, jede Teil-

messung [Messung der spe-zifischen Resistance (Atem-schleife), Verschlussdruck-manöver (FRCpleth-Kurve) und forcierte Spirometrie (FV-Kurve)] separat zu umschreiben. Bei eingeschränk-ter Kooperation des/der Patienten/Patientin, schlech-tem Allgemeinzustand, Schmerzen oder Angst ist die gesamte bodyplethysmografische/spirometrische Mes-sung meist nicht möglich. Entsprechend der Vorausset-zungen können folgende Abstufungen vorgenommen werden, um trotzdem eine klinische Aussage treffen zu können:

2. Aufzeichnung Atemschleife + FRCpleth-Kurve + langsa-me und forcierte Spirometrie

3. Aufzeichnung Atemschleife + FRCpleth-Kurve + lang-same Spirometrie, z. B. bei PatientInnen mit schlech-

Abb. 3: Beurteilungspunkte der Güte der FV-Kurve

Abb. 4: Artefakt-Beispiele der Fluss-Volumen Kurve

Tab. 1: Beurteilung der Messung entsprechend der Empfehlungen der deutschen Atemwegsliga

Dokumentation Mitarbeit und Technische Qualität

Mitarbeit Technische Qualität

EinwandfreiGutEingeschränkt wegen mangelndem VerständnisEingeschränkt wegen HustenreizEingeschränkt wegen AngstEingeschränkt wegen mangelnder KraftEingeschränkt wegen SchmerzenEingeschränkt wegen mangelnder Bereitschaft

Messung fehlerhaftMessung ohne relevante FehlerMessung noch brauchbarMessung teilweise fehlerhaftMessung mit großen Fehlern

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Page 16: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

tem Allgemeinzustand oder starkem Husten-reiz beim forcierten Manöver4. Aufzeichnung Atem-schleife + forcier-te Spirometrie, z. B. bei PatientInnen, die Angst vor dem Ver-schlussdruck-Manö-ver haben5. Aufzeichnung der Atemschleife, z. B. bei PatientInnen, die Schmerzen beim Ma-ximalmanöver haben

interpretation und plausibilitäts-kontrolle

Die Interpretati-on der Bodyplethys-mografie/Spirometrie ist meist nur ein Bau-stein der ganzheitli-chen Diagnosefindung einer Erkrankung und obliegt ÄrztInnen. Dennoch sollten Bio-medizinische Analy-tikerInnen, die diese Untersuchung durch-führen, die Messung anhand der aufge-zeichneten Kurven und Parameter interpretie-ren können, um patho-

logische Veränderungen von Artefakten oder Fehlermes-sungen abgrenzen zu können.

Zur Plausibilitätskontrolle sollten folgende Fragen ge-stellt werden:• Stimmen die persönlichen Daten?• Welche Lungenfunktionsstörung lässt sich anhand der

Kurven ableiten?• Sprechen alle Werte für den pathologischen Befund

bzw. Normbefund?

• Passt das Ergebnis zur Anamnese?Mittels Bodyplethysmografie/Spirometrie können unter-

schiedliche Ventilationsstörungen nachgewiesen und quantifiziert werden. Zu den diagnostizierbaren Venti-lationsstörungen zählen allgemein:

• obstruktive Ventilationsstörung (Obstruktion)• restriktive Ventilationsstörung und (Restriktion)• simultan auftretende Obstruktion und Restriktion

Definition VentilationsstörungEine Obstruktion ist definiert als Folge von obstruk-

tiven Atemwegserkrankungen mit Erhöhung des endob-ronchialen Strömungswiderstands; kennzeichnend sind inhomogene Belüftung der Alveolen und zunehmende Lungenüberblähung; in fortgeschrittenen Stadien Gasaus-tauschstörungen (Pschyrembel, S. 1750). Eine restriktive Ventilationsstörung wird hervorgerufen durch Behinde-rung der Lungenausdehnung durch Thoraxdeformitäten (Kyphoskoliose, nach Operationen u. a.) oder vermin-derte Dehnbarkeit des Lungengewebes (Lungenfibrose) (Pschyrembel, S. 1750). Dies führt zu einer verminderten Alveolenbelüftung (evtl. mit Verteilungsstörung) und Be-einträchtigung des Gasaustausches (Pschyrembel, S. 1750).

Mittels Bodyplethysmografie/Spirometrie lassen sich diese zwei Syndrome mit ihren Unterformen diagnostizie-ren und quantifizieren (siehe Tab. 2).

Interpretation Atemschleifen und Atemwegswiderstandsparameter

Bei Vorliegen einer Restriktion ist die Atemschleife steil und entspricht optisch der Norm. Bei einer Obstruktion hingegen ist das Kurvenbild der Atemschleife charakteris-tisch verändert (Abb. 5).

Die Erhöhung des Atemwegswiderstandes geht immer mit einer Abflachung des Winkels β einher.

Anhand der Steilheit der Kurve lässt sich erkennen, ob eine Strömungsbehinderung primär in- oder exspiratorisch oder in beiden Phasen des Atemzyklus vorliegt. Dazu eig-net es sich, die Steilheit der Tangenten sRtotIN und sRtotEX (Abb. 6) näher zu betrachten. Ist überwiegend der exspi-ratorische Teil (unterer Kurvenverlauf) abgeflacht, liegt eine primär exspiratorische Störung vor und umgekehrt.

Eine Inhomogenität der Lungenbelüftung (trapped air, Pendelluft) stellt sich durch eine Öffnung der Atemschleife dar. Hierbei ist zu beachten, dass eine korrekte Aussage be-züglich der Inhomogenität der Belüftung nur dann getroffen

Tab. 2: Indikatoren der obstruktion und restriktion (Übersicht aus: Pschyrembel)

Obstruktion Restriktion

erhöhter Atemwegswiderstand ↑ Rtot Abnahme der Vitalkapazität ↓ VC

erniedrigte absolute und relative Sekundenkapazität ↓ FEV1 und ↓ FEV1%VC Abnahme der funktionellen Residualkapazität ↓ FRCpleth

Zunahme der funktionellen Residualkapazität ↑ FRCpleth Abnahme des Residualvolumens ↓ RVZunahme des Residualvolumens ↑ RV normale relative Sekundenkapazität = FEV1%VC

Vergrößerung des Quotienten aus Residualvolumen und Totalkapazität ↑ RV%TLC normale Resistance = Rtot

Verminderung der Vitalkapazität bei zunehmender mechanischer Schädigung des bronchopulmonalen Systems

(↓) VC erniedrigte pulmonale Compliance ↓ C

Abb. 5: typische Atemschleifen: a) Normal befund; b) extrathorakale Stenose; c) intrathorakale Stenose; d) Hauptbronchuss-tenose; e) Asthma bronchiale; f) Lungenemphysem (Lorenz 2008, S. 21)

Abb. 6: Tangenten der Atemschleife

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Page 17: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

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werden kann, wenn eine technisch saubere Kurve mit adäquater BTPS-Kompensation (ASC-Korrektur) aufgezeichnet wurde.

Ein s-förmiger Verlauf zeigt sich bei einem erhöh-ten Atemwegswiderstand der oberen Atemwege, wie dies z. B. bei Trachealstenosen der Fall ist.

Anhand der Parameter sReff bzw. Reff lässt sich eine Quantifizie-rung der Widerstandserhöhung vornehmen (Tab. 3).

Interpretation Verschlussdruckkurve und FRCpleth (TLC und RV)Die Form der Verschlussdruckkurve gibt keine Auskunft über die

zugrundliegende Pathologie. Einzig der Winkel α gibt an, ob das ge-messene FRCpleth im Vergleich zum Soll-Wert erhöht oder erniedrigt ist. Dabei gilt: Ist Winkel α erhöht, ist der FRCpleth im Vergleich zum Soll erniedrigt und umgekehrt.

Für die Diagnostik sind neben dem gemessenen FRCpleth-Wert die abgeleiteten Werte aus dem anschließenden Spirometrie-Ma-növer (TLC, RV und RV%TLC) von großer Bedeutung.

Eine optisch abgeflachte FRCpleth-Kurve (erniedrigter Winkel α) und somit ein erhöhter FRCpleth-Wert lassen auf eine Lungen-überblähung schließen. Anhand der Parameter RV und RV%TLC kann dann eine etwaige Lungenüberblähung qualitativ und quantitativ diagnostiziert werden (Tab. 4). Bei einer restriktiven Lungenerkrankung findet sich gelegentlich auch ein erhöhter Quotient RV%TLC. Dieser ist jedoch nicht als Zeichen einer echten Lungenüberblähung zu werten. Er tritt aufgrund einer überproportionalen Verminderung der VC im Vergleich zum RV auf und ist als Recheneffekt zu deklarieren.

Zur Diagnosestellung einer restriktiven Ventilationsstörung wird die totale Lungenkapazität (TLC) (Tab. 5), die sich aus der bodyplethysmografischen Messung des FRCpleth (Winkel α ↑und FRCpleth ↓) und der anschließenden langsamen Spirometrie (VCmax) berechnet, herangezogen.

Interpretation der Fluss-Volumen-Kurve und der spirometrischen Parameter

Die Fluss-Volumen-Kurve zeigt charakteristische Formver-änderungen bei Vorliegen einer obstruktiven oder restriktiven Ventilationsstörung.

Die dynamischen Parameter (FEV1, FEV1%VC, MEF75, MEF50, MEF25) und die optische Analyse der FV-Kurve geben Hinweise auf die Art der Obstruktion. Allgemein lässt sich formulieren, dass eine Obstruktion mit einer Verminderung der relativen Ein-sekundenkapazität (FEV1%VC) unterhalb der 5. Perzentile ein-hergeht und die maximalen exspiratorischen Flüsse (MEF-Werte) eingeschränkt sind. Dabei kann zwischen einer Obstruktion der zentralen Atemwege mit Verminderung von FEV1, FEV1%VC, PEF, MEF75, MEF50 und MEF25 und einer leichten Obstruktion der peripheren Bronchialabschnitte, dem so genannten „Small Airway Disease“ mit Verminderung der FEV1%VC, MEF50 und MEF25 unterschieden werden. Optisch sticht die Obstruktion in der FV-Kurve durch ihren konkaven Verlauf während der Exspi-ration hervor. Je nach Ausmaß der Obstruktion umfasst er die Bereiche MEF75 bis 25 oder ist lokal auf die Peripherie (MEF50 bis 25) beschränkt (Abb. 7a-c). Der in Abb. 7b dargestellte Knick in der FV-Kurve wird weitverbreitet als „Emphysemknick“ bezeichnet. Dieser Kurvenverlauf tritt häufig bei schweren Emphysemen so-wie bei allen Formen inhomogener Entleerung der Lunge, insbe-sondere bei größeren Volumina von „gefesselter Luft“ und damit auch bei schweren Obstruktionen ohne Emphysem (Ulmer 2004, S. 13) auf. Deshalb sollte die Bezeichnung „Emphysemknick“ vermieden werden. Eine weitere Form der Obstruktion stellen die Trachealstenosen dar. Sie lassen sich anhand des Kurvenverlaufs der FV-Kurve gut diagnostizieren, setzen aber eine optimale

Tab. 5: Schweregrad der restriktion anhand der TLc (Smith 2014, S. 4)

Schweregrad Restriktion

NormalTLC > LLN1 (oberhalb des 5. Perzentils seiner Normalver-teilung)

Leichtgradige Restriktion ≥ 70% Soll

Mittelgradige Restriktion < 70 – 50% Soll

Schwergradige Restriktion < 50% Soll

für die Berechnung des 5. Perzentils wird die Mittelwerts-Glei-chung – 1,64 x RSD (residuale Standardabweichung) herange-zogen (siehe CRIÉE 2009, S.27)→ TLC [L]: ♂[7,99 x KG(*2) – 7,08] – 1,15 und ♀[6,60 x KG – 5,79] – 0,99

1 lower limit of normal2 KG = Körpergröße

Tab. 3: Soll-Werte und Schweregradeinteilung Atemwegswiderstand (criée 2009, S. 46)

Soll-Werte: Atemwegswiderstände bei Erwachsenen

sReff (kPa x s) < 1,2 (Kinder < 1,0)

Reff (kPa x s/L) < 0,3

Rtot (kPa x s/L) < 0,3

Soll-Werte für Kinder in Lindemann H, Leupold W. Lungen-funktionsdiagnostik bei Kindern. Stuttgart 2003

Schweregradeinteilung: Widerstandserhöhung

sReff (kPa x s) leichtgradig 1,2 – 2,0

mittelgradig 2,0 – 4,0

schwergradig > 4,0

Reff (kPa x s/L) leichtgradig 0,3 – 0,5

mittelgradig 0,5 – 1,0

schwergradig > 1,0

Tab. 4: Einteilung Schweregrad (criée 2009, S. 27)

Schweregradeinteilung Lungenüberblähung

RV (%Soll) normalRV < ULN1 (unterhalb des 95. Perzentils seiner Nor-malverteilung)

leichtgradig ≤ 140%

mittelgradig > 140 – 170%

schwergradig > 170%

RV%TLC normalRV%TLV < ULN (unter-halb des 95. Perzentils sei-ner Normalverteilung)

leichtgradig ≤ 40%

mittelgradig > 40 – 60%

schwergradig > 60%

1 upper limit of normal

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Mitarbeit der PatientInnen bei der Untersuchung und eine adäquate Dokumentation dieser voraus. Die variable int-rathorakale Stenose stellt sich durch eine exspiratorische Flusslimitierung (Plateaubildung im Bereich des PEF und MEF75) dar, während die variable extrathorakale Stenose durch eine Einschränkung der inspiratorischen Flüsse cha-rakterisiert ist. Eine von der In- bzw. Exspiration unabhän-gige Stenose der großen Atemwege (sog. fixierte Stenose)

zeigt sowohl eine in- als auch exspiratorische Flusslimitie-rung mit Plateaubildung (Abb. 7d).

Zur Bestimmung der Schwere der Obstruktion wird die Einschränkung des Parameters FEV1 (Tab. 6) herangezogen.

Die restriktive Ventilationsstörung ist durch eine Ver-minderung der totalen Lungenkapazität (TLC) definiert, die mittels Spirometrie nicht erfasst wird. Ein Anhalts-punkt für das Vorliegen einer Restriktion kann aus der spirometrisch erfassten Vitalkapazität (VC) abgeleitet wer-den. Ist diese erniedrigt und der Quotient FEV1%VC nor-mal oder erhöht, ergibt dies einen Hinweis auf Restriktion.

Prinzipiell unterscheidet man zwei Formen der Restriktion. Die pulmonale Restriktion, die mit einer vermehrten

Steifigkeit der Lunge einhergeht. Sie stellt sich in der FV-Kurve durch einen kaum erniedrigten Peak Flow (PEF) bei exspiratorisch konkavbogiger, volumengestauchter Form dar (Abb. 8a).

Die extrapulmonale Restriktion, bei der die Lungen-dehnbarkeit normal ist, eine restriktive Einschränkung jedoch beispielsweise durch eine Atemmuskelschwäche, Thoraxdeformation oder Pneumektomie auftritt. Ihr Kur-venbild entspricht dem der Normkurve, ist jedoch sowohl im Fluss als auch im Volumen gestaucht (Abb. 8b).

Neben der restriktiven Verminderung der Vitalkapa-

Tab. 6: spirometrischer Schweregrad der obstruktiven Ventilationsstörung

Obstruktive Ventilationsstörung

DefinitionFEV1/IVC < 5. Perzentile1 des Sollwertes

Schweregrad

I leicht FEV1 > 70% SollII mäßig FEV1 60 – 69% SollIII mittelschwer FEV1 50 – 59% SollIV schwer FEV1 35 – 49% SollV sehr schwer FEV1 < 35% Soll

1 Regressionsgleichung (EGKS-Werte) ♂ FEV1/VC(%) = -0,18A + 87,21 ± 11,8; ♀ FEV1/VC(%) = -0,19A + 89,10 ± 10,7

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Abb. 9: Differentialdiagnose bei verminderter Vitalkapazität (CRIÉE 2006, S.16)

Abb. 8: a) pulmonale Restriktion bei einem Pat. mit V.a. Alveolitis b) extrapulmonale Restriktion bei einem Pat. mit Motoneuronen-erkrankung

Abb. 7: a + b) zentrale obstruktion: konkaver Kurvenverlauf mit deutliche zentrale und periphere Flusslimitierung a) FE-V1[%Soll] 53,2 %; FEV1%VC[%Soll] 63,8 %; PEF[%Soll] 63,3 %; MEF75[%Soll] 27,6 %; MEF50[%Soll] 18,9 %; MEF25[%Soll] 10,6 %] b) nach reduziertem PEF kommt es zu abrupten Abfall des exspiratorischen Fluss mit Ausbildung eines Knicks [FE-V1[%Soll] 39,9 %; FEV1%VC[%Soll] 50,2 %; PEF[%Soll] 57,1 %; MEF75[%Soll] 16,3 %; MEF50[%Soll] 10,8 %; MEF25[%Soll] 7,9 %]c) periphere obstruktion: konkaver Kurvenverlauf mit primär peripherer Flusslimitierung [FEV1[%Soll] 82,8 %; FEV1%-VC[%Soll] 92,5 %; PEF[%Soll] 108,7 %; MEF75[%Soll] 100,1 %; MEF50[%Soll] 54,7 %; MEF25[%Soll] 20,4 %]d) fixierte Stenose der großen Atemwege: in- und exspirato-rische Plateaubildung Flusslimitierung [FEV1[%Soll] 67,8 %; FEV1%VCIN[%Soll] 86,7 %; PEF[%Soll] 35,5 %; MEF75[%Soll] 38,9 %; MEF50[%Soll] 48,8 %; MEF25[%Soll] 38,3 %]

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zität (VC) kann es auch bei einer obstruktiven Ventilati-onsstörung mit Lungenüberblähung zur Abnahme der VC kommen. Erfahrungsgemäß ist bei einer obstruktiven Ven-tilationsstörung mit einem FEV1/IVC-Quotienten unter 55 % die Verminderung der Vitalkapazität fast immer durch eine Lungenüberblähung bedingt (Criée 2006; S. 16). Ent-sprechend der Empfehlungen der Deutschen Atemwegsli-ga sollte der oftmals gebrauchte Begriff der „kombinierten Ventilationsstörung“, der eine Einschränkung sowohl der relativen Einsekundenkapazität (FEV1%VC) als auch der Vitalkapazität beschreibt, nicht mehr verwendet werden, da dieser nicht zwischen den Differentialdiagnosen Rest-riktion und Lungenüberblähung unterscheidet. Vielmehr sollte dann eine „simultan bestehende restriktive und ob-struktive Ventilationsstörung“ diagnostiziert werden (Criée 2006; S. 16) (Abb. 9). ■

Jana ApelMTAF und Fachlehrerin für MTA-Schulen an der Akademie der Gesundheit Berlin/Brandenburg

literatur:Criée, C.-P. et.al: Empfehlungen zur Ganzkörperplethysmogra phie

(Bodyplethysmographie), 2009; Dustri-Verlag Dr. Karl FeistleCriée, C.-P. et.al: Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga zur

Spirometrie, 2006, Dustri-Verlag Dr. Karl FeistleCareFusion: Messprogramm Bodyplethysmographie, Version 5.3xMiller, M.R. et.al: Standardisation of spirometry. Series “ATS/ ERS task force

standardization of lung function testing”, 2005, Edited by V. Brusasco, R. Crapo and G. Viegi

Smith, H.-J.: Pneumotag Universitätsspital Basel. Grundlagen der Ganzkörperplethysmographie, 2014

Matthys, H. (Hrsg.) u. Seeger, W. (Hrsg.): Klinische Pneumologie, 2008, Springer Medizin Verlag

Ulmer, W.T. (Hrsg): Lungenfunktions-Manual. Nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, 2004, Georg Thieme Verlag

Lorenz, J.: Checkliste XXL. Pneumologie, 2009, Georg Thieme VerlagAWMF online: Lungenfunktionsprüfung in der Arbeitsmedizin, Verfügbar

unter: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/002-013.html [vom 03.06.2011]Welch Allyn: Akzeptabilität und Reproduzierbarkeit der Anstrengung bei der

Spirometrie, Verfügbar unter: http://intl.welchallyn.com/ documents/Cardiopulmonary/Spirometry/Spiro_Acceptability_Poster_20080318_German.pdf [vom 02.07.2014]

Wissenschaft und Forschung

Gibt es saisonale Auswirkungen auf den Methacholintest? Asthma äußert sich klinisch durch Kurzatmigkeit bzw. Atemnot. Dies äußert sich anfallartig mit Husten oder Pfeifen, thorakalem Engegefühl und glasig-zähem Sputum (vgl. Bauer & Rutsch 2003: S. 15). Schon physiologisch liegt ein zirkadianer Rhythmus vor (vgl. Haber: 2004: S.61ff.). Tagsüber sind die Bronchien üblicherweise weiter als in den Abendstunden, daher kann es zu gehäuften Asthmabeschwerden nachts bzw. in den frühen Morgenstunden kommen (vgl. Haber 2004: S.61ff.).

einleitungEinige Studien beschäftigten sich mit der Frage, ob es

saisonale Auswirkungen auf den Methacholintest gibt, d. h. ob die Jahreszeiten eine Auswirkung auf die Intensität der bronchialen Hyperreaktivität und damit auf das Resul-tat des Methacholintests bei PatientInnen mit Verdacht auf Asthma haben. Sinn eines Bronchospasmolysetests ist die Überprüfung der Reversibilität, um damit die Differenzie-rung zu einer unklaren obstruktiven Ventilationsstörung zu ermöglichen. (vgl. Bösch & Criée 2009: S.84ff.).

Das Grundprinzip eines Provokationstests beruht auf der Inhalation einer standardisierten Dosis von ergänzen-den Substanzen, welche auf chemische oder physikalische Art eine bronchiale Reaktion hervorrufen können, über eine geeignete Apparatur (vgl. Haber 2004: S. 65ff.). Wich-tige Parameter für die Diagnostik von Asthma bronchiale mittels Provokationstest sind:

FEV1: Das forcierte Exspirationsvolumen der ersten Sekunde ist definiert durch das Atemvolumen, welches unter stärkstem Bemühen schnellstmöglich binnen einer Sekunde ausgeatmet werden kann (Haber, Röggla & Götz 1989: S. 47).

FVC: Die forcierte Vitalkapazität beschreibt das maxi-

male Gasvolumen, welches nach maximaler Inspiration so schnell und stark wie möglich wieder ausgeatmet werden kann (Jakob & Ruß 2009: S. 35).

PC20: Die Provokationskonzentration 20 ist gekenn-zeichnet durch einen Abfall des FEV1 von mehr als 20 % gegenüber dem Ausgangswert und zeigt das Ausmaß der Hyperreagibilität an (Haber, Röggla & Götz 1989: S. 51).

Für die Durchführung eines Provokati-onstests wird das Mehrkonzentrationsver-fahren von ÖGLUT als Standardverfahren empfohlen (vgl. Haber 2004: S. 68). Dabei werden mehrere Methacholinlösungen be-reitgestellt, deren Konzentrationen stetig um den Faktor zwei ansteigen. Beginnend mit der niedrigsten Konzentration (0,25 %) wird jede Dosis zwei Minuten lang in-haliert, danach erfolgt eine Messung des FEV1. Bei erfolgtem Abfall von 20 % des FEV1 des Ausgangswertes wird der Test abgebrochen. Kommt es zu keinem Abfall, wird der Test spätestens nach der 4,0 mg % Lösung beendet. Eine PC 20 von 3,0 % oder darüber entspricht einer normalen Re-aktivität, wobei ein Wert darunter als bronchiale Hyperre-aktivität gilt (vgl. Wolf 1989: S. 3 ff).

„das grundprinzip eines provokationstests beruht auf der inhalation einer standardisierten dosis von substanzen, welche auf chemische oder physikalische art eine bronchiale reaktion hervorrufen können.“

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Page 20: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

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Methodisches vorgehenFür die Literatursuche wurde die Online-Suchmaschi-

ne PubMed mit den Keywords „Methacholine challenge test“ und „season“ verwendet. Die ausgewählten Studien sind auf dem Stand vom 10. August 2013. Um die Studi-en vergleichen zu können, wurden Probandenaufteilung, Studiendauer, Testzeitraum bzw. Jahreszeit, verwendete Testmethode und Ergebnisse als Vergleichskriterien her-angezogen.

ergebnisse der literaturstudieSposato und Kollegen: Diese Studie zeigte auf, dass

manche Jahreszeiten einen Einfluss auf das Resultat des Methacholintests haben. Im Sommer wurde eine geringere Hyperreaktivität gefunden als im Herbst. Die logistischen Regressionsmodelle zeigten im Herbst ein höheres bronch-

iales Risiko für Hyperreaktivität als im Som-mer. Weiters konnte ein vermehrtes Risiko für einen höheren Schweregrad der Atemwegshy-perreaktivität im Frühling und Sommer fest-gestellt werden. Dies ist vermutlich auf die erhöhte Allergenbelastung zurückzuführen (vgl. Sposato et. al 2012).

Fruchter und Yigla: Im Verlauf der Stu-diendauer konnte beobachtet werden, dass sich ein Trend abzeichnet. Der Anteil der po-sitiven Methacholintests variierte signifikant während der vier Jahreszeiten. Im Sommer gab es im Vergleich zum Winter und Frühling

weit weniger positive Methacholintests. Die Kernaussage der Studie ist, dass PatientInnen mit typischen Symptomen wie Husten und/oder Dyspnoe im Sommer eine geringe-re Chance haben, dass Asthma bronchiale diagnostiziert wird, als im Winter und/oder im Frühling. Der Winterpeak könnte eine Konsequenz von Infektionen der oberen und unteren Atemwege darstellen. Das Frühlingshoch hingegen könnte durch eine höhere Allergenbelastung erklärt wer-den. Dies fällt vor allem bei PatientInnen mit einem positi-ven Pricktest auf (vgl. Fruchter & Yigla 2009).

Riccioni und Kollegen: PatientInnen, die gegen Hausstaubmilben allergisch waren, hatten die höchs-te nicht-spezifische Reaktivität im Herbst bzw. in den Monaten September bis November. Die Monate mit der geringsten Reaktivität waren März bis Mai. PatientIn-nen mit einer Allergie gegen Hausstaubmilben und Grä-serpollen zeigten ihre nicht-spezifische Reaktivität am häufigsten im Sommer. Im Winter hingegen konnten geringere Immunreaktionen beobachtet werden. Die saisonale Variabilität von Hausstaubmilbenallergenen ist weniger relevant als die Belastung durch Gräserpollen, vor allem in geografischen Bereichen mit einem Klima, welches nicht durch Schwankungen der Luftfeuchtigkeit beeinflusst wird. Es konnte ebenfalls ein vermehrtes Auf-treten von Symptomen bei HausstaubmilbenallergikerIn-nen in den Monaten mit einer erhöhten Luftfeuchtigkeit beobachten werden. Beim Vergleich der PC20-Ergebnisse vom Herbst mit den Daten anderer Jahreszeiten konnten statistisch signifikante Unterschiede festgestellt werden (vgl. Riccioni, Di Stefana & De Benedic 2001)

DiskussionDie Ergebnisse der Studien sind nur schwer vergleich-

bar. In jeder Studie konnte der Einfluss der Jahreszeiten bewiesen werden, jedoch stimmen die Ergebnisse nicht

miteinander überein. In der Studie von Fruchter und Yigla konnte ein signifikanter Anstieg von positiven Methacho-lintests im Winter und Sommer beobachtet werden. Am we-nigsten positive Ergebnisse konnten im Sommer verzeich-net werden (vgl. Fruchter & Yigla 2009). Die Studie von Sposato und Kollegen hingegen konnte höhere und schwe-rere bronchiale Hyperreaktivität im Frühling verzeichnen bei einer höheren Wahrscheinlichkeit eines PC20 unter 400 µg. Im Gegensatz zum Sommer konnte im Winter ebenfalls eine erhöhte bronchiale Hyperreaktivität beobachtet werden (vgl. Sposato et al. 2012). Die Studie von Riccioni und Kollegen verzeichnete bei Hausstaubmil-benallergikerInnen im Sommer einen markanten Anstieg von positiven Methacholintests. Im Herbst hingegen konn-te bei Hausstaubmilben- und GräserpollenallergikerInnen ein Peak beobachtet werden. Im Winter und im Sommer gab es weniger positive Provokationstests (vgl. Riccioni, Di Stefana & De Benedic 2001).

zusaMMenfassungObwohl die Ergebnisse der Literaturstudie darauf

schließen lassen, dass die Jahreszeiten einen Einfluss auf das Resultat eines Methacholintests haben, konnte nicht festgestellt werden, in welcher Jahreszeit sich eine Präva-lenz abzeichnet. Jedoch wurde in einer Studie erwähnt, dass es maßgebliche Auswirkungen auf das Resultat eines Provokationstests und somit auf die Diagnosefindung hat, in welchem Zeitraum der Methacholintest durchgeführt wurde. ■

Maria FlaschbergerBiomedizinische Analytikerin im Routinelabor des KH Spittal/Drau

literaturverzeichnisBauer, Carl-Peter & Rutsch, Sabine (2003): Asthma auf einen Blick.

Blackwell Verlag GmbHBösch, Dennis & Criée, Carl-Peter (2009): Lungenfunktionsprüfung.

Durchführung – Interpretation – Befundung. 2. Auflage. Heidelberg. Springer Medizin Verlag

Fruchter & Yigla (2009): Seasonal Variability of the Methacholine Challenge Test. In: Pubmed VOL 46/ 9. S. 951-954

Haber, Paul (2004): Lungenfunktion und Spiroergometrie Interpretation und Befunderstellung. 1. Auflage. Wien. Springer Verlag

Haber, Paul (1989): Asthma bronchiale und chronische Bronchitis. Ein Lehrbuch für Patienten. Wien.

Jakob & Ruß (2009): Asthma XXS pocket. 2. Auflage. Grünwald. Börm Bruckmeier Verlag

Merget & Schultze (2002): Diagnostik des Asthma bronchiale In: Kroegel. Asthma bronchiale Pathogenetische Grundlagen, Diagnostik, Therapie.2. Auflage. Stuttgart. Georg Thieme Verlag

Riccioni, Di Stefana & De Benedic (2001): Seasonal Variability of Non-Spe-cific Bronchial Responsiveness in Asthmatic Patients with Allergy to House Dust Mites. Pubmed VOL 22 Part 1. 5-10.

Sposato et. al. (2012): Seasons can influence the results of the methacholine challenge test.

Statistik Austria (2008): Gesundheitsbefragung 2006/07 Chronische Krankheiten und Gesundheitsprobleme. Erstellt am: 18.07.2008

Wagner & Ficker (2008): Inhalative, bronchiale Provokationstestung. Er-kennen einer Überempfindlichkeit der Atemwege. Klinikum Klagenfurt

Wolf, Christian (1989): Die unspezifische bronchiale Provokationsprüfung. Methodik, Interpretation, Anwendung. 1. Auflage. Wien. Facultas Universitätsverlag

„die ergebnisse der literaturstudie deuten darauf hin, dass jahreszeitliche schwankungen einen einfluss auf die resultate von Methacholintests und damit auf die diagnosefindung haben.“

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Page 21: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

Asthma und Genetik

Ist Asthma bronchiale genetisch determiniert?Asthma bronchiale zählt zu den häufigsten chronischen Erkrankungen weltweit. In Österreich sind mehr als eine halbe Million Menschen von dieser Krankheit betroffen, weltweit beträgt die Morbidität 235 Millionen (vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreich 2012; WHO 2013).

einleitungNeben zahlreichen möglichen Ursachen stellt auch die

genetische Prädisposition einen wichtigen Risikofaktor für die Entstehung von Asthma dar. Laut zahlreichen Studien sollen unter anderem Single-Nukleotid-Polymorphismen (SNP, Punktmutationen) in der Promotorregion von In-terleukin 4 (IL-4) in Verbindung mit der Entstehung von Asthma stehen. Zahlreiche Studien, die sich mit SNPs von IL-4 beschäftigen, kommen jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen im Hinblick auf Zusammenhänge und die Herkunft der getesteten Populationen. Dabei soll folgende Fragestellung beleuchtet werden: Besteht ein Zusammen-hang zwischen Single-Nukleotid-Polymorphismen in der Promotorregion von Interleukin 4 (-589 C>T, -590 C>T) und der Entstehung von Asthma bronchiale? Gibt es hier-bei Unterschiede, die mit der Ethnizität der ProbandInnen in Zusammenhang stehen? Gibt es Unterschiede zwischen atopischem und nicht-atopischem Asthma?

Methodisches vorgehenDie Literatursuche wurde zwischen 1. Mai und 4. Au-

gust 2013 durchgeführt. Dazu wurden die Online-Such-maschinen PubMed und Google Scholar verwendet. Die Suche erfolgte mit den Keywords „Interleukin 4 asthma snp“, „Single nucleotid polymorphism il4“, „Association between interleukin-4 polymorphisms and asthma”, “IL4 single nucleotide polymorphisms asthma bronchiale 589 590 c t” und “Asthma bronchiale „single nucleotide po-lymorphisms“ „interleukin 4“”. Die Auswahl der Studien basierte auf folgenden Kriterien:• Erscheinungsjahr zwischen 2003 und 2013• Studienpopulationen mit SNPs an Position 589 bzw.

590 in der Promotorregion von IL-4 • Fokus auf Untersuchung des Zusammenhangs zwi-

schen diesen SNPs und Asthma bronchiale• Aufbau als Fall-Kontroll-Studie mit mindestens zwei

Vergleichsgruppen• Probanden männlich und weiblich

Ausgeschlossen wurden Studien, welche auf verwandt-schaftlichen Verhältnissen der ProbandInnen beruhen.

ergebnisseIL-4 -590 C>T PolymorphismusIn dieser Arbeit wurden insgesamt 14 Studien unter-

sucht, mit teils widersprüchlichen Ergebnissen. Fünf dieser Studien befassen sich mit dem SNP -590 C>T. Vishnu-maya et al. konnten zwischen dem Polymorphismus an Position -590 und Asthma bronchiale einen eindeutigen Zusammenhang erkennen, untersuchten allerdings nur 56 PatientInnen. Bei Abdi Rad et al. konnte im Hinblick auf diesen Polymorphismus kein Zusammenhang erkannt wer-den, jedoch wurden auch in dieser Studie nur 64 Patien-tInnen untersucht. Bei Vishnumaya et al. zeigte sich eine

große Verteilung der homozygoten TT Allele (65,38 %) bei der getesteten indischen Population, bei Abdi Rad et al. im Iran betrug die Häufigkeit der TT-Verteilung fast null. Hosseini-Farahabadi et al. konnten wiederum einen Zu-sammenhang zwischen IL-4 -590 C>T Polymorphismus und Asthma im Iran nachweisen, getestet wurde wieder-um nur eine geringe Stichprobengröße (30 PatientInnen). Im Hinblick auf den -590 C>T Polymorphis-mus in der Jordanischen Bevölkerung zeigt sich ein ähnliches Resultat, es konnte keine Verbindung mit Asthma hergestellt werden und der homozygote TT-Genotyp kam in der Studienpopulation gar nicht vor, allerdings wurden auch wieder nur 40 Patienten getes-tet. Im Rahmen der Meta-Analyse von Li et al. bezüglich des -590C>T Polymorphismus konnte eine Studienpopulation von 1120 Pa-tientInnen untersucht und ein signifikanter Zusammenhang mit Asthma gefunden werden. Die größ-ten Unterschiede nach Ethnizität der getesteten Personen zeigten sich hier bei der Verteilung des TT-Genotyps im Vergleich zwischen Asthma- und Kontrollgruppen bei Ko-reanern und Russen. Tabelle 5 und 6 geben einen kurzen Überblick über die Vergleichskriterien. Unter Stichproben-größe n wird nur die Asthmagruppe angegeben, Kontrollen gab es bei allen aufgelisteten Studien.

IL-4 -589 C>T PolymorphismusZehn der ausgewählten Studien behandelten den -589

C>T Polymorphismus, sieben davon konnten einen signi-fikanten Zusammenhang mit Asthma nachweisen.

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„laut studien sollen single-nukleotid-polymorphismen in der promotorregion von interleukin 4 mit dem auftreten von asthma bronchiale in zusammenhang stehen.“

Asthma bronchiale könnte laut Studien auch genetisch determiniert sein.

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Die Meta-Analyse von Nie et al. untersuchte insgesamt 7345 PatientInnen und konnte vor allem bei AsiatInnen und KaukasierInnen einen deutlichen Zusammenhang feststellen, nicht jedoch bei AfroamerikanerInnen. Bei der Analyse nach asthmatischem Phänotyp konnte zwischen atopischem und nicht-atopischem Asthma kein Zusam-menhang festgestellt werden. Im Kontrast zu diesen Ergeb-

nissen steht die Arbeit von Liu et al., un-tersucht wurden 3037 PatientInnen und es konnte ein genereller Zusammenhang zwi-schen diesem Polymorphismus und Asthma hergestellt werden, allerdings wurde ein signifikant erhöhtes Risiko nur bei Kauka-sierInnen und dem atopischen Asthmatyp gefunden. Ebenfalls einen Zusammenhang erkannte Hai-Jun Yang in seiner Meta-Ana-lyse, welche 4737 PatientInnen beinhaltet. Auch hier fand sich ein erhöhtes Risiko bei AsiatInnen und KaukasierInnen, jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen atopischem und nicht-atopischem Asth-ma. Micheal et al. testeten 108 atopische AsthmatikerInnen in Pakistan und fanden ebenfalls ein erhöhtes Risiko bei dem -589

C>T Polymorphismus und der Entstehung von Asthma. Chiang et al. testeten 452 TaiwanerInnen mit Asthma und fanden ebenfalls heraus, dass das T-Allel deutlich häufiger bei AsthmatikerInnen als bei Gesunden auftritt. Zwischen atopischem und nicht- atopischem Asthma wurde nicht differenziert. Auch Kamali-Sarvestani et al. fanden bei den getesteten 203 PatientInnen im Iran einen Zusammenhang zwischen dem -589 C>T Polymorphismus und Asthma. Eine weitere Studie von Chiang et al. mit TaiwanerInnen kann ebenfalls einen signifikanten Zusammenhang zwi-schen dem TT-Genotyp und Asthma feststellen; untersucht wurden 167 PatientInnen, ein Zusammenhang zwischen atopischem Asthma und dem -589C/T Polymorphismus konnte nicht bestätigt werden.

diskussionAsthma ist eine sehr komplexe Krankheit, die von

mehreren Faktoren beeinflusst wird. In zahlreichen Stu-dien werden die Substitution von Cytosin durch Thymin in der Promotorregion von IL-4 an Stelle -589 und -590 behandelt, aber auch andere Polymorphismen, wie bei-spielsweise der SNP -33 C>T und ADAM33, weisen auf einen möglichen Zusammenhang in Bezug auf die Ent-wicklung von Asthma hin. Bisherige Studien deuten dar-auf hin, dass das IL-4 -589 T-Allel mit einer höheren Bin-dungsrate von Transkriptionsfaktoren im Vergleich zum -589 C-Allel assoziiert ist (vgl. Nie et al. 2013). Somit ist es plausibel, dass -589 C>T Polymorphismen, die das Transkriptionslevel von IL-4 betreffen, das Asthmarisiko beeinflussen (vgl. Nie et al. 2013). Bekannt ist auch, dass der spezifische Genotyp (C oder T) an der Position -590 von IL-4 in Beziehung sowohl mit der Expression als auch mit der IL-4 vermittelten Aktivität steht (vgl. Attab et al. 2008). Ein solcher funktioneller Polymorphismus im IL-4 Gen kann die Spiegel von IL-4 erhöhen und so-mit die IL-4 vermittelten Vorgänge beeinflussen, was die Entwicklung von Krankheiten zur Folge haben kann (vgl. Attab et al. 2008).

zusaMMenfassungIn der vorliegenden Arbeit wurden insgesamt 14 Stu-

dien im Hinblick auf Ethnizität, Diagnosestellung von As-thma, DNA-Gewinnung und Genotypisierung untersucht. Bei beiden Polymorphismen spricht jeweils die Mehrheit der Studien für einen Zusammenhang zwischen -589 und -590 C>T und der Entstehung von Asthma.

Viele der AutorInnen weisen auch darauf hin, dass mehrere Studien mit einer größeren Anzahl an Proban-dInnen erforderlich wären, um einen definitiven Zusam-menhang sicher festzustellen. Auch wurden bei vielen der vorliegenden Studien AsthmatikerInnen aus Krankenhäu-sern ausgewählt, was vielleicht auch einen Einfluss auf das Ergebnis haben könnte. Hinsichtlich Ethnizität zeigt sich eine deutliche Tendenz zu einer Verbindung zwischen den untersuchten Polymorphismen und Asthma bronchi-ale bei KaukasierInnen. Die widersprüchlichen Ergebnisse bezüglich einer Verbindung des Polymorphismus mit ato-pischen bzw. nicht-atopischen Asthmatypen lässt hierzu keine konkrete Aussage zu. Um das Risiko an Asthma zu erkranken vorhersehen und die sichere genetische Diag-nose von Asthma verbessern zu können, müssten mehre-re miteinander in Verbindung stehende Gene untersucht werden (vgl. Chiang et al. 2012). ■

Romina FabbroBiomedizinische Analytikerin

literaturQuellenAbdi Rad, I., Bagheri, M., Rahimi-Rad, M. H.,Moradi, Z. (2010): IFN-γ +874 and

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Attab, K. A., Al-Qaoud, K. M., Al-Bataieneh, K., Ajlouni, M. J. (2008): Association of SNP in the IL-4, IL-18 and eotaxin genes with asthma in a Jordanian population. Jordanien.

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Hosseini-Farahabadi, S., Tavakkol-Afshari, J., Rafatpanah, H., Farid-Hosseini, R., KhajeDaluei, M. (2006): Association between the Polymorphisms of IL-4 Gene Promotor (-590C>T, IL-13 Coding Region (R130Q) and IL-16 Gene Promotor (-295T>C) and Allergic Asthma. Iran.

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Li, Y., Guo, B., Han, J., Zhu, C., Zhang, Y., Ma, X., Zhang, L., Xiong, H. (2007): Association between interleukin-4 polymorphisms and asthma. China

Liu, S., Li, T., Liu, J. (2012): Interleukin-4 rs2243250 polymorphism is associated with asthma among Caucasians and related to atopic asthma. China

Micheal, S., Minhas, K., Ishaque, M., Ahmed, F., Ahmed, A. (2013): IL-4 Gene Polymorphisms and their association with atopic asthma and allergic Rhinitis in Pakistani Patients. Pakistan.

Nie, W., Zhu, Z., Pan, X., Xiu, Q. (2013): The interleukin-4 – 589C/T polymor-phism and the risk of asthma: A meta-analysis including 7345 cases and 7819 controls. China

Vishnumaya, C. P., Sudha, S., Suhail, N., Gemitha, G., Saranya, R. S., Sreejaya, S. (2013): Association of -590 C/T Interleukin-4 Gene Promotor Poly-morphism with atopic asthma in south indian people. India

WHO (2013): Asthma. [http://www.who.int/topics/asthma/en/]. Datum des Abrufs: 14.07.2013.

Yang, H. (2013): Association between the Interleukin-4 Gene C-589T and

„bisherige studien deuten darauf hin, dass das il-4 -589 t-allel mit einer höheren bindungsrate von transkriptionsfaktoren im vergleich zum -589 c-allel assoziiert ist. somit scheint es plausibel, dass -589 c>t polymorphismen, die das transkriptionslevel von il-4 betreffen, das asthmarisiko beeinflussen.“

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Atem- und Schlafstörungen

Sport als Therapie statt tägliche Maskenbeatmung bei Schlafapnoe – alternative Behandlungsmethoden im Vergleich zur konventionellen GerätetherapieDie Schlafapnoe ist eine weitverbreitete Atemstörung, welche mit gravierenden Auswirkungen auf das gesamte Organsystem sowie mit Beeinträchtigungen der Lebensqualität der Betroffenen einhergehen kann. Als Standardtherapie wird die Überdruckbeatmung mit Maske eingesetzt. Im vorliegenden Artikel werden alternativen Therapieempfehlungen bei leichter Schlafapnoe fokussiert.

Eine Schlafstörung, ein gestörter Schlaf ist an sich keine Krankheit, sondern ein Symptom. Unter bestimmten

Umständen kann sich daraus jedoch eine eigenständige Krankheit entwickeln. Zu den häufigsten Formen zählen Einschlafstörung und Durchschlafstörung sowie unerhol-samer Schlaf. Zu letzterer Gruppe gehören Schlafapnoiker, deren Schlaf durch lautes, unregelmäßiges Schnarchen mit wiederholten Atemstillständen und/oder Atemflusslimita-tionen gekennzeichnet ist.

Das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) ist eine weit verbreitete schlafassoziierte Atemstörung. Die Stö-rung des erholsamen Nachtschlafes resultiert aus einer Behinderung der Atmung im Schlaf, was zu einer Frag-mentation des Schlafes führt und durch eine abnorme Tagesschläfrigkeit mit Einschlafattacken am Tage cha-rakterisiert ist. Im Wachzustand werden aufgrund der natürlichen Muskelanspannung die oberen, pharyngealen Atemwege offen gehalten, im Schlaf allerdings kommt es zur Entspannung und zur Erschlaffung dieser Muskula-tur. So wird bei der Einatmung das weiche Pharynxgewe-be angesaugt und verengt, wodurch bei der Inspiration Gewebsvibrationen (= Schnarchen) und in Kombination mit zu engen Verhältnissen Atemflussbehinderungen (ob-

struktive Hypopnoen) hervorgerufen werden können. Bei obstruktiven Apnoen kommt es zu einem vollständigen Verschluss der Atemwege. Thoraxmusku-latur und Zwerchfell arbeiten nun gegen die geschlossenen Atemwege, und Bauch und Brustkorb beginnen sich schließlich gegeneinander zu bewegen. Im Weiteren kann es zu einem dramatischen Abfall der Sauerstoffsättigung und damit verbunden zur Ausschüttung von Stressfaktoren kom-men, die wiederum zu Weckreaktionen, so genannten Arousals, führen können. Wenn durch die Muskelanspannung der Atemwegsverschluss wiederrum aufgeho-ben wird, folgt eine rasche Normalisierung der Sauerstoffwerte. Wiederholt sich dieser Vorgang einige Male in der Nacht, kann dadurch ein völlig zerstückeltes Schlafprofil mit stark verringerten Tiefschlaf-phasen entstehen.

diagnostik und klinikDie Diagnostik dieser respiratorischen Atemstörung

erfolgt in einem Schlaflabor. Die Polysomnografie stellt

„vielfach zeigen studien, dass ein signifikanter zusammenhang zwischen gewicht und ahi sowie zwischen body Mass index und ahi besteht. drastische gewichtsreduktionen können daher ein wirksames Mittel gegen schlafapnoe sein.“

WISSENScHAFT uNd PrAxIS

Körperliche Aktivität und Bewegungstherapie können die Lebensqualität von Schlafapnoikern erheblich verbessern.

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Page 24: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

den Goldstandard in der Schlafapnoe-Diagnostik dar und umfasst eine Echtzeitüberwachung mit Bestimmung der Schlafstadien mittels EEG und Messung der Augenmusku-latur, eine Videoaufzeichnung, Messungen der thorakalen und abdominalen Atembewegungen, des nasopharyngea-len Luftflusses, der Sauerstoffsättigung, der Muskelbewe-gungen (Beine, Kinn) sowie Pulsmessung und EKG.

Die Schwergradeinteilung der Schlafapnoe beruht auf der Anzahl der oben bereits beschriebenen respiratori-schen Ereignisse pro Stunde und wird als Apnoe-Hypop-noe-Index (AHI) angegeben. In weiterer Folge wird zwi-schen leichter, mittelschwerer und schwerer Schlafapnoe

differenziert. Sofern der AHI <5 pro Stun-de ist, handelt es sich um einzelne Ereignis-se, welche nicht mit Pathologien assoziiert sind. Bei einem AHI zwischen 5 und 15 spricht man allerdings von einer leichten OSA, welche bereits klinisch relevant sein kann. Mittelschwere (AHI ≥ 15 und <30) und schwere Schlafapnoe (AHI ≥30) wer-den mit erhöhter Morbidität und Mortalität in Verbindung gebracht. Das Syndrom ist schließlich nicht nur durch ein harmlo-ses (primäres) Schnarchen gekennzeichnet, sondern wird darüber hinaus mit Hyperto-nie, Insulinresistenz, ischämischer Herz-krankheit, Stroke und frühzeitigem Herztod assoziiert. Als häufigste Risikofaktoren für OSAS gelten Adipositas, Alkohol- und Ni-kotinabusus, insbesondere in Kombination mit Tonsillenhyperplasie.

die „klassische“ therapie bei schlafapnoeDa auf Dauer große Gesundheitsgefahren drohen und

hohe Kosten für das Gesundheitssystem prognostiziert werden, ist eine konsequente Behandlung von OSA mit hoher Compliance von großer Bedeutung. Die Wahl der richtigen Behandlungsmethode hängt von der Art und Ausprägung der Schlafapnoe sowie von der Präferenz des/der gut informierten Patienten/Patientin ab. Bei leichten Fällen kann schon eine Änderung der Lebensgewohnhei-ten Erfolge bringen. Schließlich sind Alkohol, Nikotin und Übergewicht reversible Faktoren beim OSAS; bei Verzicht lassen sich Beschwerden in manchen Fällen minimieren. Allerdings kommt bei mittelschweren und hochgradigen OSAS-PatientInnen, in Kombination mit hohem Leidens-druck und Unmöglichkeit einer Verhaltensänderung, pri-mär die CPAP-Therapie zum Einsatz (CPAP = continuous positive airway pressure). Dabei kommt es zu einer kon-tinuierlichen nasalen Überdruckbehandlung, welche den pharyngealen Luftwegkollaps verhindert und die Sauer-stoffsättigung während des Schlafes und somit die Schlaf-qualität verbessert.

alternative therapien bei leichter schlafapnoeBei milden Formen der Schlafapnoe sowie bei PatientIn-

nen, die nicht compliant oder in der Lage sind, sich zum Schlafen ständig eine Beatmungsmaske anzulegen, können verschiedene Therapien als Behandlungsalternativen einge-setzt werden. Diese reichen von Zahnschienen zur kieferor-thopädischen Anpassung über Operationen der Tonsillen bis hin zu alternativen Therapien, wie beispielsweise Atem-, Ernährungs- sowie Sport- und Bewegungstherapien.

ateMtherapieDurch regelmäßiges Didgeridoo spielen wird beispiels-

weise die schwache Muskulatur, basierend auf spezieller Atemtechnik, stark beansprucht und trainiert. Im Rahmen einer Studie konnte tatsächlich belegt werden, dass das Spielen des Instrumentes Auswirkungen auf die Musku-latur hat und somit auch zu positiven Effekten bei leich-ter Apnoe führt. Zudem wird therapeutische Atem- und Sprachgestaltung gegen Schlafapnoe empfohlen. Im Zuge dieser Therapien werden vor allem die im Gaumen ge-bildeten Laute G, K, H und NG trainiert. Auch Übungen, bei welchen ein energisches „Turnen“ von Zunge und Gaumen gefordert werden, erhöhen effizient die Spann-kraft im Gaumensegel und die Sensibilität der Zunge. Im Rahmen dieser Behandlung bezieht man u. a. auch die menschliche Stimme mit ein. Stimmsitz, Klangraum und Gestalten der Stimme sollen bei Schlafapnoikern bewusst eingesetzt werden. So ist beispielsweise der Vokal A jener, welcher den hinteren Gaumen am stärksten formt und öffnet. Nicht zuletzt sind Sprache und Sprechen durch die Artikulation von Zahn-, Zungen- und Gaumenlauten gekennzeichnet. Im Zuge dieser Sprach- und Körperthera-pie können Stellung und Elastizität von Zunge, Gaumen und Schlund, welche wichtige Faktoren bei Schlafapnoe darstellen, gestärkt und dadurch langfristig auch Alltags-gewohnheiten verändert und positiv beeinflusst werden.

ernährungstherapieVielfach zeigen Studien, dass ein signifikanter Zusam-

menhang zwischen Gewicht und AHI sowie zwischen BMI (Body Mass Index) und AHI besteht. Drastische Gewichts-reduktionen können daher ein wirksames Mittel gegen Schlafapnoe sein bzw. zu einer Reduktion des AHI beitra-gen – schließlich bedeutet weniger Gewicht auch weniger Atemanstrengung. Außerdem verengt Fett, welches nicht nur im Bauch sondern auch im Halsbereich eingelagert ist, die Atemwege und mindert den Atemantrieb. Empfohlen wird eine ausgeglichene Ernährung. Weder ein nagendes Hungergefühl noch ein übervoller Magen sind förderlich für einen gesunden Schlaf. Kleinere Mahlzeiten vor dem Zubettgehen haben sich als schlaffördernd erwiesen. Zu den schlaffördernden Mahlzeiten gehören beispielsweise Milch und Milchprodukte, Ananas und Bananen. Schlaf-störende Wirkung haben hingegen Lebensmittel wie Eier, Erbsen und Bohnen.

sport- und bewegungstherapieIn Studien wurde belegt, dass nachts vermehrt Was-

ser im Gewebe von Schlafapnoe-PatientInnen eingelagert wird, was mit einem generellen Bewegungsmangel dieser Personen assoziiert wird. Eine sitzende und inaktive Le-bensweise ist grundsätzlich zu vermeiden. Überdies unter-stützt Ausdauersport eine erfolgreiche Gewichtsreduktion. Bei leichten Formen der Erkrankung kann dies bereits zu einer normalisierten Atmung führen. Durch Schlafapnoe bedingte Beschwerden sind ein Warnsignal des Körpers! Darüber hinaus kann das allgemeine Wohlbefinden durch bewusste Ernährung und regelmäßige körperliche Betäti-gung erheblich gesteigert werden.

Vermehrte körperliche Aktivität ist als wesentliches Ins-trument zu Erhaltung und Gewinn von Gesundheit zu be-trachten und leistet zusammen mit anderen lebensstilasso-ziierten Faktoren einen essentiellen Beitrag zur Steigerung

„das obstruktive schlafapnoe-syndrom (osas) ist eine weit verbreitete schlafassoziierte atemstörung. die störung des erholsamen nachtschlafes resultiert aus einer behinderung der atmung im schlaf, was zu einer fragmentation des schlafes führt und durch eine abnorme tagesschläfrigkeit mit einschlaf-attacken am tage charakterisiert ist.“

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der Lebensqualität und Vermeidung von Krankheiten und vorzeitigem Tod. Gesundheitsbenefits durch körperliche Aktivität zeigen sich vor allem durch ihren positiven Ein-fluss auf Ausdauer (Leistungsfähigkeit), Muskelkraft, Body Composition und nahezu alle Organsysteme. Die Morta-lität ist bei körperlich aktiven Menschen deutlich geringer als bei körperlich inaktiven. Zudem wird das Risiko für verschiedene Erkrankungen sowie für Teilfaktoren des me-tabolischen Syndroms (Adipositas, Dyslipidämie, Hyperto-nie, Glukosetoleranzstörungen und Diabetes) verringert.

fazitDie Basis einer effektiven Schlafapnoe-Behandlung bil-

det eine umfangreiche Untersuchung des/der Patienten/Patientin. Nur durch ein ganzheitliches Diagnostikver-fahren im Schlaflabor kann die Ursache für das Schnar-chen ermittelt werden. Bei mittlerer oder höhergradiger Schlafapnoe ist das dauerhafte Tragen einer Atemmaske während des Schlafes oft die einzig erfolgreiche Therapie. Im Gegensatz zur konventionellen Maskenbehandlung gibt es bei leichter Schlafapnoe erfolgversprechende alternative Therapiemaßnahmen, die künftig auch im Sinne der Ge-sundheitsförderung und Prävention sowie unter der Prä-misse der Umsetzung der Rahmengesundheitsziele zu for-cieren sind. Schließlich soll nicht nur die Gesundheit der Bevölkerung verbessert, sondern in weiterer Folge auch eine Entlastung des Gesundheitssystems bewirkt werden.

Unabhängig von der Therapiewahl muss die Behand-lung regelmäßig nachkontrolliert werden. In der Schlaf-medizin ist ein interdisziplinäres Team für Diagnostik und Therapie verantwortlich, in welchem Biomedizinische AnalytikerInnen als unverzichtbare „Diagnostic Partners“

fungieren. Allerdings ist zu erwarten, dass mit dem be-vorstehenden Paradigmenwechsel im Gesundheitssystem künftig auch anderen Health Professionals – weit über ÄrztInnen hinaus - große Bedeutung zukommen wird, insbesondere bei der Realisierung von Bewegungsförde-rung und Ernährungsqualität auf Verhaltensebene sowie in der Therapie und Beratung von PatientInnen. Gesund-heitsfördernde und präventivmedizinische Aspekte haben schließlich auch in der Schlafmedizin einen vorrangigen Stellenwert. ■

Ute MaurerBiomedizinische Analytikerin, Sportwissenschaf-terin, Pädagogin - Hochschullehrende an der Fachhochschule Burgenland, Campus Pinkafeld, Department Gesundheit

literaturverzeichnisMarx, M.; Benn, C. (2010): Viewpoint: „Primary Health Care“ und globale

Gesundheitsinitiativen. In: Praev Gesundheitsf 5 (1), S. 37–42. DOI: 10.1007/s11553-009-0207-8.

Stasche, N. (2012): Schlafmedizin. In: HNO 60 (4), S. 293. DOI: 10.1007/s00106-012-2506-1.

Teschler, H. (2014): Schlafbezogene Atmungsstörungen. In: Der Pneumologe 11 (5), S. 383–385. DOI: 10.1007/s10405-013-0774-4.

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Dorner, Thomas Ernst (2009): Public Health Herausforderungen in Bezug auf Körperliche Aktivität. In: Sportmed Präventivmed 39 (4), S. 37–43. DOI: 10.1007/s12534-009-0047-5.

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Ausschreibung der Regionalversammlung

Regionalwahlen Tirol und VorarlbergDie aktuelle Funktionsperiode der Regionalleitung für Tirol und Vorarlberg nähert sich ihrem Ende, daher finden im April 2015 eine Regionalversammlung und Wahlen der Regionalleitung statt.

TErMIN: 25. April 2015ZEIT: 09:00 UhrorT: fhg - Zentrum für Gesundheitsberufe Tirol

GmbH, Innrain 98, 6020 Innsbruck Mehrzwecksaal

TAGESordNuNG: 1. Begrüßung und Feststellung der Beschlussfähigkeit2. Rechenschaftsbericht der Regionalleitung3. Durchführung der Wahl der Regionalleitung (Wahl-

kommission)•FeststellungderWahlberechtigten•VorstellungundHearingderKandidatInnen•Wahl

4. Information über relevante berufspolitische Themen5. Bekanntgabe des Wahlergebnisses6. Vorstellung und Diskussion des Arbeitsvorhabens

der neu gewählten Regionalleitung7. Allfälliges

Die Funktionsbeschreibung der beiden zu wählenden Funktionen (RegionalleiterIn, stv. RegionalleiterIn) so-wie Informationen über das ordnungsgemäße Einbrin-gen eines Wahlvorschlags findet Ihr auf unserer Website (unter Verband/Regionalversammlungen).

ANTrAGSFrIST: 14. März 2015 Die eingereichten Wahlvorschläge werden zwei

Wochen vor der Wahl auf der Homepage veröffentlicht. Regionalversammlung und Wahl finden im Rahmen

der Innsbrucker Frühjahrstagung statt, über deren Programm wir Euch zeitgerecht auf der Homepage von biomed austria unter http://www.biomed-austria.at/index.asp?id=4000 informieren.

Auf Euer Kommen freut sich Nadja Baumgartner, Regionalleiterin

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Elektrokardiografie

Die Schrift des Herzens oder von Wellen und ZackenDas Elektrokardiogramm stellt eine der wichtigsten Untersuchungen zur Beurteilung der Funktion des Herzens dar. Die Interpretation des EKGs gehört zu den wichtigsten Anforderungen in der Kardiologie, wobei die Diagnosestellung allein ÄrztInnen vorbehalten ist. Biomedizinische AnalytikerInnen müssen jedoch in der Lage sein ein EKG auszuwerten, um Fehler und Besonderheiten, wie beispielsweise pathologische Befunde oder physiologische Auffälligkeiten, erkennen zu können.

Das EKG (altgriechisch: καρδία kardía ‚Herz‘ und γράµµα grámma ‚Geschriebenes‘) ist die Aufzeichnung der

Summe der elektrischen Aktivitäten aller Herzmuskelfa-sern. Elektrokardiogramm heißt auf Deutsch Herzspan-nungskurve, gelegentlich wird es auch Herzschrift ge-nannt. Die Untersuchung ist nicht invasiv und der damit verbundene Zeitaufwand relativ gering.

anatoMie und physiologie des herzensDas Herz baut sich – von außen nach innen – aus fol-

genden Schichten auf: • Perikard (= Herzbeutel, grenzt das Herz gegen

umliegendes Gewebe ab) • Epikard • Myokard• Endokard

atriuM und ventrikelDas muskuläre Hohlorgan Herz, lat. cor, besteht

aus dem rechten und linken Atrium und dem rech-ten und linken Ventrikel. Scheidewände trennen bei-de Atria (= Vorhofseptum) und beide Ventrikel (= Kammerseptum). In den rechten Vorhof münden die obere und untere Hohlvene (Vena cava superior und Vena cava inferior) sowie eine große Herzvene (Sammelvene), die das venöse Blut aus dem Herzmuskel führt (Sinus co-ronarius). Alle drei Venen führen das verbrauchte Blut

dem Herzen zu. Das linke Atrium wird durch vier aus der Lunge kommende Gefäße erreicht. Diese vier Lungenve-nen (obere und untere V. pulmonalis bds.) führen dem Herzen arterielles Blut zu. Es gibt vier Herzklappen, wel-che einerseits die Herzhöhlen trennen und andererseits als Auslassventil für die beiden großen Gefäße dienen, welche die jeweilige Herzkammer verlassen. Zwischen dem rech-ten Atrium und dem rechten Ventrikel befindet sich die Trikuspidalklappe, zwischen dem linken Atrium und dem linken Ventrikel die Mitralklappe. Aus der rechten Herz-kammer entspringt die Lungenschlagader (Pulmonalarte-rie), aus der linken Kammer die Körperhauptschlagader (= Aorta). Zwischen rechter Kammer und Pulmonalar-terie befindet sich die Pulmonalklappe, zwischen linker Kammer und Aorta die Aortenklappe. Während die Aor-ten und Pulmonalklappe aus jeweils drei taschenartigen Ausbuchtungen bestehen (= Taschenklappen), handelt es sich bei der Trikuspidal- und Mitralklappe um so ge-nannte Segelklappen, die im ersten Fall aus drei Segeln (= tricuspid) und im anderen Fall aus zwei Segeln (= bicuspid) aufgebaut sind. In den beiden letztgenannten Fällen werden die Klappensegel durch Sehnenfäden in ihrem Bewegungsausmaß begrenzt, wobei die Sehnenfä-den wiederum bindegewebige, zarte Strukturen zwischen den Segeln und den Auswüchsen der Kammermuskulatur (= Papillarmuskeln) darstellen. Man spricht hierbei vom Halteapparat der Segelklappen. Die Einschnitte zwischen

WISSENScHAFT uNd PrAxIS

Das Elektrokardiogramm wird auch Herzschrift genannt.

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den Segeln heißen Kommissuren. So haben die Aorten, Pulmonal- und Trikuspidalklappe drei, die Mitralklappe zwei Kommissuren. Jede der vier Klappen hat eine entspre-chende Klappenöffnungsfläche, die wiederum vom Klap-penring (= Klappenanulus) begrenzt wird.

die koronararterienWährend sich die rechte Kranzarterie erst im mittleren

und vor allem peripheren Verlauf aufzweigt, gibt die linke Kranzarterie bereits nach kurzstreckigem Verlauf von 13 cm, dem linkskoronaren Hauptstamm, zwei große Äste ab, die wiederum zu weiteren Verzweigungen führen. Nach Passieren der kapillären Strombahn gelangt das venöse Blut aus dem Herzmuskel über die Koronarvenen zum Hauptgefäß, dem Sinus coronarius, welcher in das rechte Atrium einmündet.

der puMpende Motor Das Herz ist hinsichtlich seines Aufbaus mit einem

Automotor und in seiner Funktion am ehesten mit einer Druck-Saug-Pumpe vergleichbar. Das koronare Gefäßsys-tem dient der Sauerstoff- und Energiezufuhr des Herzens. Die ständig erbrachte Herzleistung ist in Ruhe, vor allem jedoch unter Belastung von einer kontinuierlichen Ener-gie- und Sauerstoffzufuhr abhängig, die über den Blutweg erfolgt. Das dafür zuständige Gefäßsystem sorgt mit seinen beiden Stammarterien (linke und rechte Koronararterie) sowie deren Verzweigungen für den Sauerstofftransport zum Myokard. Bei einem durchschnittlichen Herzgewicht von 300 g werden dabei etwa 250 ml Blut pro Minute vom Herz selbst benötigt. Die im Herz erzeugte Strömung wird durch Ventile (= Klappen) gerichtet. Ein spezielles elek-trisches System mit Zentrum der Erregungsbildung im rechten Vorhof (= Sinusknoten) sowie die Weiterführung und Verbreitung der Erregung über spezielle Leitungsbah-nen regen das Herz zur Kontraktion an und tragen so zur rhythmischen Herzaktion und Kreislauffunktion bei. Vor-höfe wie Herzkammern unterliegen einer rhythmischen, durch elektrische Vorgänge gesteuerten und aufeinander abgestimmten Herzaktion. Diese wird durch einen be-sonderen Aufbau der Kammermuskulatur gewährleistet, wobei es durch Kombination zirkulärer und spiralförmig angelegter Muskelfasern mit unterschiedlicher Zugrich-tung zu einer raschen Kammerentleerung kommt. Die den Blutfluss regulierenden Herzklappen werden dabei pas-siv - abhängig vom aufgebauten Druck - zum Öffnen und Schließen gebracht. Bei der Systole der Herzkammern wer-den die Auslassventile beider Ventrikel geöffnet, während die Mitral- und Trikuspidalklappe geschlossen bleiben. Die jeweilige Blutmenge aus der linken und rechten Herzkam-mer fließt durch die offene Aorten- und Pulmonalklappe in den entsprechenden Kreislauf:

kÖrperkreislauf – grosser kreislaufDie Aortenklappe öffnet sich und es entstehen die Puls-

welle mit tastbaren arteriellen Pulsen sowie der Blutdruck. Dabei gelangt sauerstoffreiches Blut auf dem arteriellen Gefäßweg in die Peripherie.

lungenkreislauf – kleiner kreislaufÖffnet sich die Pulmonalklappe, wird das aus dem Kör-

per stammende venöse Blut in die Lunge gepumpt und dort mit Sauerstoff angereichert. Zum Ende der Kammer-

kontraktion sind die Vorhöfe gefüllt. Als Kontraktionsfolge kommt es während der Systole zur deutlichen Minderung der Koronarperfusion.

kaMMerdiastole - erschlaffungsphaseIn der Diastole schließen sich die Herzkammern über

die Aorten- und Pulmonalklappen. Bei abgeklungener Kammerkontraktion und gefüllten Vorhöfen öffnen sich nun infolge einsetzender Vorhofkontraktion Mitral- und Trikuspidalklappe, und das Blut aus den Vorhöfen fließt in die Herzkam-mern. Der entscheidende Teil der Koronar-durchblutung kommt der Diastole zu, da in dieser Phase der Herzmuskel infolge seiner Erschlaffung eine freie Blutpassage in die Kranzgefäße zulässt. Dass der Aortendruck während der Diastole nicht gegen Null sinkt, sondern ein kontinuierlicher Blut-fluss auch während dieser Herzphase erhal-ten bleibt, verdanken wir der Elastizität der großen Arterien (= Windkesselfunktion).

belastung von Muskel und klappenBedingt durch unterschiedliche periphere Widerstän-

de im großen und kleinen Kreislauf muss ein hoher bzw. niedriger Kreislaufdruck (= Blutdruck = Perfusions-druck) aufgebaut werden, um das Blut fließen zu lassen. Die Ventrikel des linken und rechten Herzens unterlie-gen dabei einer unterschiedlichen Belastung, was sich in der Muskelmasse der entsprechenden Kammern zeigt. Aufgrund ihrer Lokalisation im linken Herzen (= Hoch-drucksystem) unterliegen Aorten- und Mitralklappe einer größeren mechanischen Belastung als Pulmonal- und Tri-kuspidalklappe, was einen wesentlichen Faktor für die Häufigkeit von Erkrankungen der Aorten- und Mitralklap-pe darstellt. Dabei ist zu bedenken, dass eine Verdoppe-lung der Volumenarbeit nur max. 10 % mehr Sauerstoff-verbrauch, eine Verdoppelung der Druckarbeit hingegen auch eine Verdoppelung des Sauerstoffverbrauchs mit sich bringt.

historie der elektrokardiografieAls Erfinder des Elektrokardiogrammes gilt Willem

Einthoven. Der niederländische Arzt wurde am 21. Mai 1850 in Indonesien geboren. Er studierte Medizin an der Universität Utrecht und widmete seine Doktorarbeit der so genannten „Farbenstereoskopie“, deren Phänomene er

„die interpretation des ekgs gehört zu den wichtigsten anforderungen in der kardiologie. biomedizinische analytikerinnen müssen in der lage sein ein ekg auszuwerten, um besonderheiten und pathologische befunde erkennen zu können.“

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Normales EKG

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durch die unterschiedlichen Wellenlängen des roten und blauen Lichts erklärte. Einthoven promovierte 1885, von 1886 bis zu seinem Tod war er Professor für Physiologie an der Universität Leiden, welcher er 1905/06 auch als Rek-tor vorstand. Als junger akademischer Lehrer beschäftigte er sich zunächst mit der Physiologie der Atmung (1885 –1894) und formulierte ein neues, revolutionäres Kon-zept zu den Mechanismen von Asthma bronchiale. Die Richtigkeit des Einthoven-Konzepts wurde erst nach 1950 experimentell bestätigt. Einthoven arbeitete bereits 1894 mit dem Lippmann-Kapillarelektrogramm, 1900 gelang ihm der Nachweis unterschiedlicher Potenzialkurven bei Gesunden und PatientInnen mit Herzerkrankungen. Ein weiterer Erfolg war die Registrierung der Herztöne mittels Kapillarelektrograf sowie die Aufzeichnung des Karotis-pulses und des Herzspitzenstoßes als Referenzmethoden im Jahr 1894. Er entdeckte, dass die Messempfindlichkeit (Trägerkohlen-Windungen) gesteigert werden konnte, und berichtete 1901 über seine Ergebnisse und Erfahrungen mit dem neuen Saitengalvanometer. Für diese Erfindung erhielt er 1924 den Nobelpreis. Die erste elektrografische Aufzeichnung erfolgte 1903. Erst ab 1908 verbreitete sich der Ruf von Einthovens Neuentwicklung in Deutschland, Frankreich, England und den USA, sodass es viele Wis-senschaftler und Mediziner aus aller Welt nach Leiden zog. 1913 etablierte Einthoven die mathematisch-theoreti-schen Grundlagen für die Interpretation kardialer Oberflä-chenpotenzialkurven, was zur Beschreibung des „Eintho-ven-Dreiecks“ als Berechnungsgrundlage des EKGs führte. Einthoven beschrieb zahlreiche EKG-Veränderungen, wie beispielsweise Herzkammervergrößerung, Arrhythmien, Herzfrequenzen bei Ein- und Ausatmung, QRS-Morpho-logie in Ableitung III, Einfluss der Herzlage auf das EKG etc., welche bis heute Gültigkeit besitzen.

die ableitungen des ekgsEin normales EKG beruht auf Brustwandableitungen

und Extremitätenableitungen. Für die Gewinnung der sechs Brustwandableitungen sind die Brustwandelektro-den an folgenden Punkten anzubringen (siehe Abb. 1), wobei die Interkostalräume jedenfalls abzuzählen sind:• V1 = 4. Interkostalraum rechts parasternal • V2 = 4. Interkostalraum links parasternal • V3 = zwischen V2 und V4• V4 = 5. Interkostalraum an der Medioklavikularlinie

links • V5 = vordere linke Axillarlinie, Höhe V 4 • V6 = mittlere linke Axillarlinie, Höhe V4

unipolare ableitung nach wilsonUm herznah ableiten zu können, hat Wilson die unipo-

laren präkordialen Ableitungen mit genau definierten Ab-leitungsstellen – von V1 bis V6 - eingeführt. Bei Verdacht auf Hinterwand- oder Seitenwandinfarkt erfolgen auf Höhe von V4 zusätzlich: • V7: auf der hinteren Axillarlinie (HAL) • V8: auf der Skapularlinie • V9: auf der Paravertebrallinie

Bei speziellen klinischen Fragestellungen können auch noch modifizierte Elektrodenpositionen, wie die so ge-nannte Rechtsherzableitung („Wilson von rechts“), oder die tiefe und hohe Brustwandableitung herangezogen werden.

• VR 3 entspricht dann V3, jedoch auf der rechten Seite des Sternums

• VR 4 entspricht dann V4, ebenfalls auf der rechten Seite • V1 bis V6 werden als differente Elektroden jeweils ge-

gen die über Widerstände zusammengeschalteten Ex-tremitätenelektroden (Sammelelektrode bzw. „Central Terminal“) abgeleitet. Die Ableitung nach Wilson dient zur Darstellung von

Potenzialänderungen in der Horizontallinie. Darüber hin-aus erfasst sie Nahpotenziale, die bei den Extremitätenab-leitungen nicht registrierbar sind.

die extreMitätenelektroden folgen deM aMpelprinzip • ROT: am RECHTEN Arm • GELB: am LINKEN Arm • GRÜN: am LINKEN Bein • SCHWARZ (= ERDE): am RECHTEN Bein

die bipolare ableitung ist nach willeM einthoven benannt. hier werden die spannungsunterschiede zwischen zwei extreMitäten herzfern geMessen. • Ableitung 1 = linker Arm <- rechter Arm • Ableitung 2 = linkes Bein <- rechter Arm • Ableitung 3 = linkes Bein <- linker Arm

unipolare ableitung nach goldberger • Ableitung aVR = rechter Arm • Ableitung aVL = linker Arm • Ableitung aVF = linker Fuß • aV bedeutet „amplified voltage“ (dt.: verstärkte

Stromspannung)

ergänzende ableitungen nach nehb Ebenfalls zur Beurteilung von Veränderungen an der

Herzhinterwand stellen die Ableitungen von Nehb eine wichtige Erweiterung der Standardmessungen dar. Hierbei wird über drei Extremitätenkabel abgeleitet.

Rote Elektrode = am Ansatz der 2. Rippe am Sternum rechtsGrüne Elektrode = über HerzspitzeGelbe Elektrode = linke hintere Axillarlinie

bipolare ableitungen Dazu gehören die Ableitungen nach Einthoven und

Nehb. Hierzu wird von zwei Punkten der Körperoberfläche abgeleitet (= bipolar)

unipolare ableitungen Charakteristischerweise wird hierbei die differente

Elektrode gegen eine indifferente Elektrode, die so ge-nannte Bezugselektrode, geschaltet. Die indifferente Elek-trode entsteht durch den Zusammenschluss der Extremitä-tenableitungen über hochohmige Widerstände. Unipolare Ableitungen werden von einer einzigen Elektrode regis-triert. Hierzu gehören die Ableitungen nach Goldberger und Wilson.

fehlerQuellen• In aller Regel sind Störungen bei der Registrierung auf

äußere Einflüsse zurückzuführen. • Vom Patienten ausgehende Störungen, wie beispiels-

weise Bewegungen

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28 WINTER 2014 biomed austria

Page 29: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

• In der Umgebung bzw. Beschaffenheit des Messplatzes liegende Störungen

• Störungen durch Fehlbedienungen

die häufigsten fehler1. NulllinienschwankungenDas Problem bei Nulllinienschwankungen besteht in

der unzureichenden Signalübertragung über die Haut des Patienten zum EKG-Verstärker.

Lösung: • Hautelektroden neu platzieren • Im Sommer für Kühlung sorgen • Den Hautwiderstand durch Anwendung von Alkohol

senken (Entfettung) • Bei üppigem thorakalem Haarwuchs• die erforderlichen Ableitpunkte rasieren • Den/die Patienten/Patientin auffordern, ruhig und

entspannt zu liegen

2. Springende EKG-Kurve Lösung:

• Gebrochenes Kabel ersetzen• Kabelsteckverbindungen sicher fixieren oder eine neue

Ausrüstung verwenden

3. WechselspannungsüberlagerungenA) Störungen durch magnetische Felder, z. B.

Röntgenanlagen, Aufzüge, Heizgeräte, Leucht-stoffröhren oder elektronische Blutdruckmessungen Lösung: Filtertaste am EKG-Gerät lösen

B) Störungen durch elektrische Felder Diese Felder entstehen in indirekter Nachbarschaft des elektrischen Leitungsnetzes, und zwar unabhän-gig davon, ob dieses Leitungsnetz Strom führt. Je grö-ßer aber der Hautwiderstand ist, desto mehr kom-men kapazitative Einstreuungen zur Wirkung. Lösung: Übergangswiderstände durch genügend Elektro-denspray verringern, ev. Haare entfernen

von wellen und zacken

Ein EKG richtig auszuwerten erfordert viel Hintergrund-wissen und Erfahrung. Sowohl Unter- als auch Überbe-wertungen können für PatientInnen gefährlich sein, da sie zu falschen Diagnosen und in der Folge zu einer fal-schen Behandlung führen können. Ein EKG-Bild setzt sich aus verschieden Zacken, Strecken und Wellen zusammen. Jeder dieser Komponenten kommt eine bestimmte Bedeu-tung zu. Je nach Dauer und Abstand der Erregung vom Zeitpunkt der Ableitung ergeben sich positive und nega-tive Ausschläge. Wandert die Erregung von einer Ablei-tung weg, so ergibt sich ein negativer Ausschlag in dieser Ableitung. Wandert die Erregung der Herzmuskelzellen auf eine Ableitung zu, so folgt daraus ein positiver Aus-schlag. Die Größe der Zacken und Wellen resultiert dabei aus der Summe aller tatsächlich am Herzen entstehenden Spannungen.

die erregungsleitung des herzens folgt eineM streng geordneten verlauf

Der Sinusknoten gibt den Takt mit ca. 60 bis 80 Schlä-gen pro Minute vor, ist also der DJ und entscheidet über Rhythmus und Takt. Der AV Knoten – in der Funktion des Verstärkers bzw. der Boxen - übernimmt diesen und lei-

tet ihn über das His‘sche Bündel - die einzige muskuläre Verbindung zwischen Vorhof und Kammer - zum rechten und linken Tawaraschenkel, also zur Tanzfläche. Die Pur-kinje-Fasern – sie sind die Tänzer - bringen die Musik zu den Ventrikeln. An der Schnittstelle von Atrium und Ven-trikel - genauer gesagt proximal im rechten Atrium - sitzt also der DJ mit seinem Verstärker. Fällt der Sinusknoten als Taktgeber aus, so ist der AV-Knoten selbstständig in der Lage einen eigenen Reiz zu geben und dem Herz seinen Takt vorzugeben. In diesem Fall schlägt das Herz allerdings nur noch mit einer verminderten Frequenz von 40 bis 60 Schlägen pro Minute. Fällt auch dieses System aus, so gibt es noch ein drittes reizbildendes System: Das tertiäre Erregungsbildungszentrum, auch His´sches Bündel genannt. In diesem Fall schlägt das Herz nur noch ca. 30mal pro Minute. Es besteht Lebensgefahr durch Herzversagen aufgrund von Rhythmusstö-rungen oder Asystolie.

In der Praxis werden heute meist digita-le EKG-Schreiber mit einem 6- bzw. 12-Ka-nal-System verwendet. Dabei ist es wichtig, dass das Gerät vor jeder Aufzeichnung ge-eicht wird. Dies geschieht durch eine auto-matisch aufgezeichnete EKG-Zacke, deren Norm 1cm = 1mV entspricht. Ein grund-legendes Problem bei der Befundung des EKGs stellt zumeist die Identifizierung der einzelnen Ab-schnitte dar. Das physiologische EKG besteht aus: • Nulllinie kennzeichnet den Anfang der P-Welle und

das Ende der T-Welle, keine Erregung• P-Welle = Atriumerregung• PQ-Strecke = Erregung von Vorhof zu

Kammererregung• QRS-Komplex = vollständige Erregung beider Ventrikel• T-Welle = Repolarisation der Kammern• ST- Strecke = Beginn der Erregungsrückbildung der

Kammern• U-Welle (kommt selten vor und hat keine erwiesene

Bedeutung)• P-Welle

Der erste Teil der P-Welle steht für das rechte Atrium, der zweite für das linke Atrium. Die P-Welle ist in allen Ab-leitungen einsichtig, am besten in Ableitung II und III. In Ableitung I, II und V6 ist sie normalerweise immer positiv, in III evtl. biphasisch oder negativ, in aVR immer negativ und in V1 gewöhnlich biphasisch.• Q ist immer negativ - • R ist immer positiv + • S ist immer negativ –

Folgt auf eine P-Welle eine positive Zacke, handelt es sich um ein R; folgt dann noch eine negative Zacke, han-delt es sich um einen RS-Komplex. Folgt auf die P-Welle nur ein negativer Ausschlag, spricht man von einem QS-Kom-plex. Da die EKG-Schreiber immer mit einer klar definierten Schreibgeschwindigkeit arbeiten, kann die Dauer der ein-zelnen Erregungsabläufe exakt bestimmt werden.

die zeiten • P- Welle: bis 0,1 s • PQ-Zeit: 0,12 - 0,21 s • QRS-Komplex: < 0,11 s • QT-Zeit 0,3 - 0,45 s (frequenzabhängig)

„ein ekg richtig auszuwerten erfordert viel hintergrundwissen und erfahrung. sowohl unter- als auch überbewertungen können für patientinnen gefährlich sein, da sie zu falschen diagnosen und in weiterer folge zu einer falschen behandlung führen können.“

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Page 30: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

das 12-kanal-ekgEin 12-Kanal-EKG umfasst die folgenden Ableitungen:

• Ableitungen nach Einthoven I, II und III • Goldberger aVR, aVL und aVF • Wilson V1 - V6

Das Standard-EKG sollte alle 12 Ableitungen beinhal-ten, da nur so alle Herzbereiche und Ischämiestörungen oder Herzinfarkte erkannt werden können.

die lagetypenIn der Aufzeichnung der Extremitäten lässt sich durch

den Cabrera-Kreis der Lagetyp des Herzens bestimmen. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung sitzt das Herz nicht ausschließlich links, sondern schräg im Brustkorb zwischen den beiden Lungenflügeln. Die Herzspitze zeigt meist nach links vorn. Da das Herz als großer Muskel nach dem Prinzip der elektromechanischen Koppelung funktioniert, muss es elektrisch erregt werden, um sich zu kontrahieren. Die elektrische Herzachse entspricht dabei der Hauptausbreitungsrichtung der elektrischen Erregung in den Ventrikeln. Diese wird zur Beurteilung eines EKGs aus mehreren Gründen routinemäßig bestimmt: Bestimm-te Lagetypen gelten von vornherein als pathologisch (z. B. überdrehter Rechtstyp). Eine Änderung der Herzachse kann auf eine Herzerkrankung, wie beispielsweise einen Herzinfarkt oder eine Lungenarterienembolie, hindeuten.

ekg-lagetypbestiMMung Mit deM cabrera-kreisFolgende Lagetypen des Herzens können unterschie-

den werden: • überdrehter Linkstyp (<-30°) • Linkstyp (-30° bis +30°) • Indifferenztyp / Normtyp (+30° bis +60°) • Steiltyp (+60° bis +90°)• Rechtstyp (+90° bis +120°) • überdrehter Rechtstyp (>+120°)

Die elektrisch ermittelten Lagetypen stimmen meist mit den anatomischen Lagetypen überein. Das muss aber

nicht immer der Fall sein. Kleinere Veränderungen sind im Alter oder bei einer Schwangerschaft, dem Aus- oder Einatmen in Ordnung. Allerdings weisen innerhalb kurzer Zeit auftretende, stärkere Differenzen auf eine Pathologie hin (siehe Tabelle 1).

Folgende Fragen sollte man sich bei der Beurteilung eines EKGs stellen: • Wie ist die Rhythmik? • Wie sieht der Atriumteil aus? Ist der Sinusknoten als

Taktgeber erkennbar? ACHTUNG: Eine respiratorische Arrhythmie ist bei körperlich gut trainierten Menschen deutlich ausgeprägt, gilt jedoch als normal. Durch das Stichwort an den/die Patienten/Patientin, er/sie möge den Atem anhalten, verschwindet sie und dient damit dem Beweis eines Normalbefundes.

• Wie ist der Lagetyp? • Werden Normbereiche und Zeiten eingehalten? • Sind Besonderheiten zu erkennen, wie beispielsweise

VES, Herzschrittmacher etc.? ■

Christina Weirich MTAF/Audiologie, Saarland, Deutschland

literaturwww.grundkurs-ekg.deSteffel, Jan und Lüscher, Thomas: Herz-Kreislauf. Heidelberg: Springer

Medizin Verlag 2011Klinge, Rainer: Das Elektrokardiogramm. Stuttgart: Thieme Verlag 2002 Klinge, Rainer und Klinge, Sybille: Praxis der EKG-Auswertung. Stuttgart:

Thieme Verlag 2003 Schuster, Hans-Peter und Trappe, Hans-Joachim: EKG-Kurs für Isabel.

Stuttgart: Thieme Verlag 2005Dietz, Thomas G. und Schubert, Marcus P.: Der EKG-Knacker.

Das Notfall-EKG-Buch. Berlin, New York: de Gruyter Verlag 1998http://user.medunigraz.at/helmut.hinghofer-szal-kay/EKG-Uebung.htmSo, Cook-Sup: Praktische EKG-Deutung. Stuttgart: Thieme Verlag 2001

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Tabelle 1: Lagetypen und pathologische Abweichungen

Lagetyp Pathologie Normbefund

Überdrehter Linkstyp Linksanteriorer Schenkelblock, linksventrikuläre Hy-pertrophie, Vorhofseptumdefekte

Linkstyp Adipositas, Linksherzbelastung Ab dem 40. und 45. Lebensjahr

Indifferenztyp Erwachsene und Jugendliche: normal!

Steiltyp Rechtsherzbelastung Jugendliche und sehr dünne Erwachsene: normal

Rechtstyp Rechtsherzbelastung Kinder

Überdrehter Rechtstyp Linksposteriorer Hemiblock, extreme Rechtsherzhy-pertrophie

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Page 31: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

Machen sie Mit! bewerben sie sich uM denabbott-preis 2015 für wissenschaftliche publikationenWir laden alle Mitglieder von biomed austria ein, ihre wissenschaftlichen Veröffentlichungen bzw. Abschlussarbeiten beim Abbott-Preis für wissenschaftliche Publikationen einzureichen!

Die PreisträgerInnen dürfen ihre Arbeit im Rahmen der 23. Jahrestagung der Biomedizinischen AnalytikerInnen von 17. bis 18. APRIL 2015 in GRAZin einem kurzen

Vortrag präsentieren. biomed austria freut sich, in ABBOTT GesmbH Diagnostics einen großzügigen Sponsor des Preises gewonnen zu haben, auch die Reisespesen und eine Nächtigung werden von ABBOTT übernommen:

PReISe: 1. Preis € 200,-

2. Preis € 150,-

ZUGeLASSeNe ARBeITeN:Aus dem Publikationszeitraum 2013 und 2014:

■ Wissenschaftliche Abschlussarbeit an einer Akademie, Fachhochschule oder Universität: Bachelor-, Diplomarbeit, Mastertheses oder Dissertation

■ Wissenschaftliche Publikation in Zeitschriften/Büchern

eINReICHBeDINGUNGeN:■ Mitgliedschaft bei biomed austria■ Die vollständige wissenschaftliche Arbeit als PDF■ eine zweiseitige Zusammenfassung (ca. 5.000 Zeichen)■ Übermittlung per e-Mail bis zum einsendeschluss■ Im Falle einer Prämierung: Vortrag im Rahmen der Jahrestagung

eINSeNDeSCHLUSS:28. Februar 2015

Die von biomed austria bestellte Fachjury (bestehend aus drei erfahrenen Biomedizinischen Analytikerinnen) wählt aus allen einsendungen zwei PreisträgerInnen. Diese werden von biomed austria bis spätestens 10. März 2015 benachrichtigt. Die prämierten Arbeiten werden von den jeweiligen AutorInnen bei der 23. Jahrestagung der Biomedizinischen AnalytikerInnen vom 17. bis 18. April 2015 in Graz in einem kurzen Vortrag (15 Minuten) präsentiert. Die Reisespesen und eine Nächtigung werden von ABBOTT GesmbH Diagnostics Division übernommen. Die beiden PreisträgerInnen erhalten zudem die Möglichkeit, einen Artikel über ihre Arbeit in der Fachzeitschrift „biomed austria“ zu veröffentlichen.

Bei Fragen können Sie sich gerne an Mag. Martina Glechner wenden: Tel. 01/817 88 27-16 oder [email protected]

Wir freuen uns schon sehr auf Ihre interessante einreichung!

Sylvia Handler, MBAVorsitzende

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Page 32: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

Übertitel: Perspektiven und Chancen

Mein Einstieg in den Fachbereich Funktionsdiagnostik Die junge Berufseinsteigerin Carina Bum hat sich mit Chancen und Möglichkeiten für Biomedizinische AnalytikerInnen in der Funktionsdiagnostik auseinandergesetzt und berichtet über ihre ganz persönlichen Motive, ihre Leidenschaft und ihren Weg in diesen zukunftsweisenden, spannenden und herausfordernden Fachbereich.

Der Fachbereich Funktionsdiagnostik ist ein beson-ders vielseitiger Tätigkeitsbereich für Biomedizinische

AnalytikerInnen und hat steigende Bedeutung für Absol-ventInnen dieses Fachhochschulstudiums. Im Rahmen

einer Dokumentenanalyse von Stellen-angeboten für biomedizinisches Personal (Pracher, Waitz & Maurer, 2013) wurde eruiert, dass der Fachbereich Funktions-diagnostik gegenwärtig unter den Top 3 der gefragtesten Bereiche rangiert. Auffal-lend ist allerdings die derzeit verhältnis-mäßig geringe Menge an facheinschlägi-gen Lehrveranstaltungen und Praktika im Zuge des Studiums, welche hinsichtlich Ausmaß und Inhalten stark variieren und von den Fachhochschulen selbst festge-legt werden. Anhand einer Fragebogener-

hebung wurde ermittelt, dass in der Funktionsdiagnostik tätige Biomedizinische AnalytikerInnen eine ausgedehnte-re, umfangreichere Ausbildung im fachlich-methodischen Bereich als wünschenswert erachten würden und im Stu-dium auch verstärkt sozialkommunikative Kompetenzen vermittelt werden sollten.

Grundsätzlich gestaltet sich das Spektrum dieses Tätig-keitsbereiches vielseitig, ist breit gefächert und beinhaltet folgende drei Hauptbereiche:• Pulmonale Funktionsdiagnostik (z. B. Atemphysiolo-

gisches Labor, Schlaflabor)• Elektroneurophysiologische Funktionsdiagnostik

(z. B. EEG, Elektroneurographie)• Kardiovaskuläre Funktionsdiagnostik

(z. B. Kardiologie, Angiologie)

An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass das derzeitige Berufsbild der Biomedizinischen AnalytikerInnen laut MTD-Gesetz die „Mitwirkung bei Untersuchungen“ auf diesen Gebieten vorsieht.

Mein weg in die funktionsdiagnostikHinsichtlich des Interesses am Fachbereich Funktions-

diagnostik scheiden sich die Geister. Bereits während mei-nes Studiums und spätestens nach der Absolvierung der Pflichtpraktika in diesem Fachbereich gab es entweder be-sonders interessierte Studierende oder jene, die ihn strikt ablehnten. Meine Erfahrungen während des Praktikums in der pulmonalen Funktionsdiagnostik waren allerdings durchwegs positiv, weshalb ich bereits früh Gefallen an diesem Tätigkeitsbereich fand.

Nach dem Besuch von funktionsdiagnostischen Ab-teilungen in verschiedenen Krankenhäusern im Rahmen

des Studiums konnte dieser Eindruck nur noch bestätigt werden, und ich wollte mich der Herausforderung dieses Tätigkeitsbereichs stellen. Deshalb nahm ich nach meinem Studienabschluss eine 20h-Stelle in der kardiologischen Funktionsdiagnostik an.

blutabnahMe: dos and don‘tsIm Bereich Blutabnahme, in den ich mich mit großer

Begeisterung gestürzt hatte, kam bald die Ernüchterung: Die Venensituation der PatientInnen gestaltete sich näm-lich vollkommen anders, als ich das von den prächtigen Venen meiner damaligen StudienkollegInnen während un-serer Übungen gewohnt war.

Pro Halbtag kommen bis zu 40 PatientInnen zur Blutab-nahme, die meisten davon mit kardiologischen, angiologi-schen oder pulmologischen Fragestellungen. Trotz der oft schwierigen Venenverhältnisse habe ich schnell gelernt, mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen und Situ-ationen umzugehen und entsprechend zu reagieren. Ich wurde zum „Tagesvampir“ und entwickelte dabei eine er-staunliche Empathie: So konnte ich nach wenigen Wochen meinen PatientInnen bereits beim Betreten des Labors an-sehen, ob sie nervös waren oder ihnen womöglich sogar übel werden könnte. Es ist in solch sensiblen Bereichen wirklich immens wichtig, optimal auf die PatientInnen einzugehen und ihnen so weit wie möglich die Angst zu nehmen. Eine gute Möglichkeit hierbei ist beispielsweise den PatientInnen anzubieten, die Blutabnahme im Liegen durchzuführen. Viele PatientInnen trauen sich nicht, aktiv danach zu fragen, da sie das Gefühl haben „stark“ sein zu müssen. Darüber hinaus sollte darauf geachtet werden, die Blutabnahme in ruhiger Atmosphäre durchzuführen und sorgfältig eine geeignete Punktionsstelle auszuwäh-len. Verzögert sich die Blutabnahme und fließt das Blut nicht schnell genug in das Abnahmeröhrchen, kann es dadurch bereits zur Gerinnung kommen, was viele La-borparameter drastisch verfälschen kann. Auch eine zu lange Stauung (> 1 min) kann zu falsch hohen Werten bei Gesamteiweiß, Albumin, Kalium, Calcium und LDH führen, außerdem steigt die Gefahr der Hämolyse. Ein wei-terer wichtiger Faktor ist der Füllstand des Blutröhrchens: Es sollte möglichst bis zur jeweiligen Markierung gefüllt werden, um das korrekte Mischungsverhältnis zwischen Antikoagulanzien und Blut zu gewährleisten. Darüber hi-naus müssen die entnommenen Proben ordnungsgemäß zwischengelagert (für die Bestimmung von Homocystein ist beispielsweise eine Lagerung auf Eis erforderlich) und möglichst rasch zur Analyse ins Labor gebracht werden.

Der häufigste und schwerste Fehler, der im Bereich der Blutabnahme auftreten kann, ist die PatientInnenver-wechslung, daher ist die korrekte Beschriftung der Röhr-

der häufigste und schwerste fehler, der im bereich der blutabnahme auftreten kann, ist die probenverwechslung, daher sind korrekte beschriftung der röhrchen und patientinnenidentifikation unmittelbar vor der blutabnahme unerlässlich.“

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Page 33: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

chen vor der Blutabnahme unerlässlich. Auch in Stresssi-tuationen muss penibel genau darauf geachtet werden, dass alle Sicherheitsmaßnahmen zum Ausschluss einer PatientInnenverwechslung eingehalten werden. Größtmög-liche Sicherheit kann dadurch gewährleistet werden, dass der/die Patient/in unmittelbar vor der Blutabnahme nach seinem/ihrem Nachnamen, Vornamen und Geburtsdatum gefragt wird und gleichzeitig die vorbereiteten Röhrchen nochmals kontrolliert werden. Zuverlässige Laboranaly-sen hängen im besonderen Maße von der präanalytischen Phase ab, deshalb muss sichergestellt werden, dass in der Blutabnahme sämtliche Schritte ordnungsgemäß ablaufen, um so den PatientInnen einen akkuraten und schnellen Befund zu ermöglichen.

Sobald ein/e Patient/in den Raum betritt, bin ich - über meinen Beruf und die damit verbundenen technischen und analytischen Anforderungen hinaus - in erster Linie und vor allem seine/ihre Ansprechpartnerin. Ab diesem Moment wird es unmöglich, PatientInnen lediglich als La-borzuweisungen zu betrachten – ich nehme sie als Men-schen wahr und begegne ihnen auf gleicher Augenhöhe.

Biomedizinische AnalytikerInnen können jedoch in ge-nau solchen Situationen emotional überfordert sein - was wenig verwunderlich ist, wenn man sich vor Augen führt, dass sich fast die gesamte Ausbildung im Labor abspielt und direkter PatientInnenkontakt die Ausnahme bleibt.

In meinem jetzigen Tätigkeitsbereich gibt es ebenfalls ein kleines Labor. Hier werden Blutgasanalysen sowie Akutuntersuchungen von Kreatinin, Urease und Glucose durchgeführt. Während der Analysen warten die PatientIn-nen meist und erhalten ihre Laborergebnisse direkt nach der Untersuchung. Eine Trennung zwischen Mensch und Untersuchungsmaterial wird somit zu einem unmöglichen

Unterfangen, weil für mich unmittelbar sichtbar wird, wel-che Auswirkungen meine Leistung für jede/n einzelne/n Patienten/Patientin hat. Kann eine Analyse in unserem kleinen Labor nicht korrekt oder nicht rasch genug ab-gearbeitet werden, hat dies unmittelbare Konsequenzen, beispielsweise dass ein/e Patient/in eine geplante CT-Un-tersuchung nicht wahrnehmen kann.

ekg - eigenverantwortlichkeit, konzentration und geduld

Ähnlich sieht es in meinem zweiten Tätigkeitsbereich, dem Ruhe-EKG aus. Nach der Absolvierung der Vorlesung „elektrophysiologische Grundlagen“ wusste ich zwar, wie ein EKG grundsätzlich angelegt wird und welche physika-lischen Gesetzmäßigkeiten dieser Untersuchung zugrun-de liegen – trotzdem unterscheidet sich der Berufsalltag doch sehr stark von den in einer Vorlesung vermittelten Inhalten. Im EKG-Bereich warten oft bis zu 50 PatientIn-nen pro Halbtag auf ihre Untersuchung - das ist eine große Herausforderung, der ich als Biomedizinische Analytike-rin oftmals allein gegenüberstehe und für deren korrekte Durchführung ich zu sorgen habe. Die PatientInnen benö-tigen ihr EKG als Grundlage für die weitere Befundbespre-chung mit ÄrztInnen aus unterschiedlichen Spezialambu-lanzen, welche sich mit kardiologischen Fragestellungen befassen. Hier arbeiteten Biomedizinische AnalytikerInnen eng mit ÄrztInnen zusammen, eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit ist daher Voraussetzung für die optima-le Versorgung der PatientInnen. Die Teilvorgänge der Erre-gungsausbreitung und Erregungsrückbildung im Herzen werden in einem Elektrokardiogramm dargestellt. Diese elektrischen Potenziale werden mittels Elektroden von der Körperoberfläche abgeleitet. Es ist daher essenziell darauf

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Ängstliche PatientInnen vor der Blutabnahme zu beruhigen ist ebenfalls Teil des Jobs.

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zu achten, dass die Elektroden genügend Kontakt mit der Haut der PatientInnen haben, dies muss während der ge-samten Untersuchung ermöglicht werden, um ordnungs-gemäße Ableitungen zu erhalten und den Zustand des/der Patienten/Patientin korrekt zu dokumentieren. Biomedizi-nische AnalytikerInnen müssen in der Lage sein, kardiale

Auffälligkeiten von technischen Störungen zu unterscheiden und diesen gegebenen-falls entgegenzuwirken. Dabei ist es wich-tig, stets die Aufmerksamkeit auf PatientIn und EKG-Gerät zu lenken, um etwaige Feh-lerquellen, wie beispielsweise sehr dichten Haarwuchs oder eine defekte Elektrode, so-fort zu erkennen und zu beheben. Darüber hinaus muss darauf geachtet werden, dass der/die PatientIn während der gesamten Untersuchung still liegt, da jede Bewegung das EKG beeinflusst. Dies muss gleich zu Beginn deutlich kommuniziert werden und bedarf manchmal auch etwas Geduld. Auch hier zeigt sich wieder, dass nicht nur das

Schreiben eines EKGs und seine ordnungsgemäße techni-sche Abwicklung, sondern auch die Schnittstellenfunktion Biomedizinischer AnalytikerInnen als AnsprechpartnerIn-nen, VermittlerInnen und „ReiseführerInnen“ für Patien-tInnen durch den „Untersuchungsdschungel“ von großer Bedeutung ist.

uMgang Mit patientinnen – „learning by doing“Im klinischen Alltag der Funktionsdiagnostik wird evi-

dent, dass der Begriff der interdisziplinären Zusammen-arbeit keine Worthülse bleibt, sondern täglich gelebt und mit Bedeutung gefüllt wird. Biomedizinische Analytike-

rInnen arbeiten eng mit PatientInnen, ÄrztInnen, Pflege, Verwaltung und anderen Berufsgruppen zusammen und müssen daher imstande sein, sich auf unterschiedliche Voraussetzungen und Situationen einzustellen. Ihre Rolle ist hier vermutlich vielfältiger als in jedem anderen Tätig-keitsbereich, jeder Arbeitstag gestaltet sich anders. Nicht nur der sichere und selbstbewusste Umgang mit Patien-tInnen, sondern auch die freundliche und professionelle Betreuung von Angehörigen und Begleitpersonen, wie Eltern, Kindern und Ehepartnern, stellt Berufsangehörige täglich vor neue Herausforderungen. Ein offenes und kom-munikatives Arbeitsumfeld ist daher Voraussetzung, um den hohen Anforderungen in diesem Fachbereich gerecht zu werden. Diese kommunikationsintensive Arbeitswei-se kommt vor allem dann zum Tragen, wenn PatientIn-nen unangenehme Informationen weitergegeben werden müssen, beispielsweise dass sie noch längere Zeit auf Ihr Gespräch mit dem/der Arzt/Ärztin oder weitere Untersu-chungen warten müssen. Als unmittelbare Ansprechpart-nerInnen werden wir schnell zum Ventil für gestresste, verunsicherte oder ängstliche PatientInnen - trotzdem müssen wir unsere Freundlichkeit bewahren und im Sinne der PatientInnen agieren.

Auch die physische Belastung durch diese Tätigkeiten, beispielsweise bei der Umlagerung oder dem Transport von PatientInnen, darf nicht außer Acht gelassen werden. All diese Anforderungen und Skills können in keiner Vor-lesung so adäquat vermittelt oder antizipiert werden, wie sie dann später in der beruflichen Praxis durch „learning by doing“ ganz natürlich erworben und gelebt werden.

Genau dieses kontinuierliche Lernen, die tägliche Ab-wechslung in diesem Tätigkeitsbereich ist es, was die Funk-tionsdiagnostik so außergewöhnlich macht und für mich persönlich den besonderen Reiz darstellt. Das Tätigkeitsfeld der Funktionsdiagnostik mag bei der Wahl des zukünftigen Arbeitsplatzes nicht für jede/n in Frage kommen, trotzdem erreichte sie Platz 3 bei den gefragtesten Arbeitsbereichen für Biomedizinische AnalytikerInnen, was einerseits auf ihre steigende Beliebtheit bei unseren Berufsangehörigen und andererseits auf wachsende Bedarfe am biomedizini-schen Arbeitsmarkt schließen lässt. ■

Carina BumBiomedizinische Analytikerin in der kardiologischen Funktionsdiagnostik am AKH Wien

QuellenPracher D, Waitz S, Maurer U. Ausbildung und berufliche Tätigkeitsfelder im

Bereich der Funktionsdiagnostik. In: Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Graz, 26.-28.09.2013. Düsseldorf: Ger-man Medical Science GMS Publishing House; 2013.

460. Bundesgesetz: Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD-Gesetz)(NR: GP XVIII RV 202 AB 615 S. 78. BR: AB 4332 S. 557.)

Broschüre zum Berufsprofil MTA Austria, Nr. 03/2003; P.b.b., Vertr. Nr. GZ 02Z030418M; Verlagspostamt 1120 Wien

Kristin, H., Lenz, E.: Die Medizinische Fachangestellte. Hannover: Schlütersche 2008

Schuster, H.-P., Trappe, H.-J.: EKG-Kurs für Isabel. Stuttgart: Thieme Verlag 2005

„in der funktionsdiagnostik arbeiteten biomedizinische analytikerinnen eng mit ärztinnen und anderen berufsgruppen zusammen. eine gute interdisziplinäre zusammenarbeit ist daher voraussetzung für die optimale versorgung der patientinnen.“

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Biomedizinische AnalytikerInnen sollten ein EKG interpretieren und Auffälligkeiten erkennen können.

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34 WINTER 2014 biomed austria

Page 35: biomed austria - Fachzeitschrift der Biomedizinischen AnalytikerInnen

Das Klinikum der Universität München ist eines der größten und leistungsfähigsten Univer-sitätsklinika in Deutschland und Europa. 46 Fachkliniken, Abteilungen und Institute mit einer exzellenten Forschung und Lehre ermöglichen eine Patientenversorgung auf höchstem medi-zinischem Niveau. Hieran sind rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt.

Das Institut für Laboratoriumsmedizin sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n

Medizinisch-technischen Laboratoriums assistenten (MTLA) (m/w)

Ihr Aufgabenbereich:Ihre Aufgabe wird es sein, das MTLA-Team im Zentrallabor des Instituts in der Innen stadt zu unterstützen. Dieses gewährleistet die labordiagnostische Rund-um-die-Uhr-Versor gung des Klinikums in den Bereichen Klinische Chemie, Hämatologie, Zytologie, Hämosta seologie, Drogenanalytik und Urindiagnostik.

Unsere Anforderungen:• Abgeschlossene Ausbildung als MTLA (m/w)• Teilnahme am Drei-Schicht-System• Fähigkeit zum zuverlässigen, selbstständigen und verantwortungs vollen Arbeiten• Soziale Kompetenz und überdurchschnittliche Motivation

Unser Angebot:• Tätigkeit an einem der renommiertesten Universitätsinstitute für Laboratoriumsmedizin in

Deutschland• Fundierte und individuelle Einarbeitung in die verschiedenen diagnostischen Bereiche• Angebote zur Fort- und Weiterbildung• Sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten• Option einer Mitarbeiterwohnung zu günstigen Konditionen• Vergütung nach TV-L

Schwerbehinderte Bewerber/innen werden bei ansonsten im Wesentlichen gleicher Eig nung bevorzugt. Vorstellungskosten können leider nicht erstattet werden. Für weitere Infor mationen wenden Sie sich bitte an Herrn Dr. med. Mathias Brügel, Tel. 089/4400-73209.

Bitte beachten Sie bei der Übersendung Ihrer Bewerbung per E-Mail, dass bei diesem Über-mitt lungsweg Ihre Daten unverschlüsselt sind und unter Umständen von Unbefugten zur Kenn tnis ge nommen oder auch verfälscht werden könnten. Gerne können Sie uns Ihre Unter lagen per Post zukommen lassen.

Ihre schriftlichen Bewerbungsunterlagen richten Sie bitte zeitnah unter Angabe der Referenz-Nr. 2014-K-0270 an: Klinikum der Universität MünchenProf. Dr. med. Daniel TeupserDirektor des Instituts für LaboratoriumsmedizinMarchioninistr. 15, 81377 München

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