Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut...

35
Kursus der Allgemeinen Pharmakologie und Toxikologie Biotransformation und Pharmakogenetik Prof. Dr. W. Dekant Institut für Toxikologie Universität Würzburg

Transcript of Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut...

Page 1: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Kursus der Allgemeinen Pharmakologie und Toxikologie

Biotransformation und Pharmakogenetik

Prof. Dr. W. Dekant Institut für Toxikologie Universität Würzburg

Page 2: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Problemkreis des Kurses: Einführendes Beispiel

Eindrucksvoll war für uns das Beispiel eines 12jährigen Mädchens, das wegen schwerer Herzrhythmusstörungen mit dem Medikament Propafenon behandelt werden mußte. Propafenon ist im allgemeinen recht gut verträglich und für die Dauer-Arzneibehandlung von Herzrhythmusstörungen das am häufigsten verwendete Medikament. Der Fall dieses Mädchens gab den Ärzten jedoch einige Rätsel auf: Zunächst wirkte das Medikament bei empfohlener Dossierung nicht. Auch eine Erhöhung der Dosis erbrachte keine therapeutische Wirkung.

Page 3: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Probandeninformation

  Viele Arzneistoffe werden von Mensch zu Mensch unterschiedlich metabolisiert, was zu unterschiedlichen Blutspiegeln (AUC) führen kann. Deshalb können einzelne Menschen ungewöhnlich schwach oder ungewöhnlich stark reagieren. Erbfaktoren spielen dabei eine entscheidende Rolle. Das Enzym Cytochrom P450 2D6 ist am oxidativen Stoffwechsel von etwa einem Viertel aller Arzneistoffe beteiligt. Darunter sind Beta-Blocker, Antiarrhythmika, tricyclische Antidepressiva, Neuroleptika, Opioide und andere. In der europäischen Bevölkerung haben etwa 8% eine vollständige Defizienz dieses Enzyms. Bei diesen Menschen werden die entsprechenden Medikamente verlangsamt abgebaut, was zu Überdosierung und vermehrtem Auftreten von Nebenwirkungen führen kann. Im Gegensatz dazu gibt es auch Individuen (1 bis 2 %), die extrem schnell metabolisieren. Bei diesen Patienten sind übliche Dosierungen unwirksam.

Page 4: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Probandeninformation

  In dieser Studie geht es darum, nach Einnahme eines Arzneistoffes die Konzentration der Ausgangssubstanz und eines CYP 2D6-abhängigen Metaboliten im Speichel zu messen. Aus dem Verhältnis kann geschlossen werden, zu welchem Metabolisierungstyp, dem sogenannten Phänotyp, jemand gehört. Im Hinblick auf eine eventuell spätere eigene Einnahme von Arzneistoffen kann dieses Wissen von Vorteil sein. Die Studie soll auch ganz allgemein die Problematik pharmakogenetischer Unterschiede ins Bewusstsein der zukünftigen Ärzte und Biomediziner bringen.

Page 5: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Probandeninformation

  Der von uns ausgewählte Arzneistoff zur CYP 2D6 Phänotypisierung ist Dextromethorphan, ein häufig eingesetztes, nicht verschreibungspflichtiges Hustenmittel. Dieses ist sehr gut verträglich, weshalb es heute auch das übliche Mittel zur entsprechenden Phänotypisierung ist. Als Nebenwirkungen können gelegentlich leichte Müdigkeit, Schwindelgefühl, Übelkeit, Magen-Darm-Beschwerden und Erbrechen auftreten. Das Reaktionsvermögen im Straßenverkehr kann beinträchtigt sein. Dextromethorphan darf weder bei schwangeren Frauen noch bei stillenden Müttern angewendet werden.

Page 6: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Studienprotokoll

  Die Teilnehmenden sollten gesund sein und keine Arzneimittel einnehmen.   Die Teilnahme von schwangeren Frauen und stillenden Müttern ist nicht

möglich.   Die Teilnahme ist freiwillig.   Vor Beginn des Kurses erhalten die Studierenden diese Probandeninformation/

Studienprotokoll und die Gebrauchsinformation Hustenstiller-ratiopharm. Bei Kursbeginn geben diejenigen, die teilnehmen möchten und dürfen, ihre schriftliche Einverständniserklärung ab und nehmen eine Kapsel Hustenstiller-ratiopharm (30 mg Dextromethorphanhydrobromid). Am Ende des Kurses (nach ca. 2 Stunden) geben die Teilnehmenden eine Speichelprobe ab. Die Proben werden am Lehrstuhl für Toxikologie mittels Flüssigchromatographie/Massenspektrometrie auf Dextromethorphan und den O-demethylierten Metaboliten Dextrorphan analysiert. Am folgenden Kurstermin werden die Daten in anonymisierter Form vorgestellt und die Teilnehmenden über ihren persönlichen Phänotyp informiert.

Page 7: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Toxikokinetische und toxikodynamische Phase bei der Wechselwirkung einer

Substanz mit dem Organismus

ResorptionVerteilung

BiotransformationExkretion

Rezeptor-Wechselwirkung

chemische Läsion

resorptiveVerfügbarkeit

biologische Verfügbarkeit

Effekt

Toxikokinetik Toxikodynamik

Page 8: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Prinzipien der Biotransformation

Fremdstoff Metabolit A Metabolit B

Funktionalisierung(Oxidation, Reduktion,

Hydrolyse) Konjugation

PhenolBenzol

Phenyl-ß-D-glucuronid

pKa 3,4pKa 10

Phase-II-Konjugation

Phase-I-Oxidation

-

HOO

O

COO

H

H OH

H

H

HOOH

H

O2

Cytochrom-P-450R CH2 CH2 CH3 R CH2 CHOH CH3

Oxidiertes Substrat (ROH) + H2O + NADP+ Substrat (RH) + O2 + NADPH + H+

Page 9: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Prinzipien der Biotransformation

N CH3

RN CH2

R

R1

OHR1

C ONHR

R1

H

H

+

+ UDP

p-Hydroxyacetanilid-ß-glucuronid(Ethertyp)

UDP-Glucuronsäure

+

O

OH

OH

OH

COOH

O UDP

HO NH C CH3

O OH

OH

OH

COOHO NH C CH3

O

H H

H

H H OH

HH

Page 10: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Verteilung von P-450 Enzymen in Organen (außer Leber)

Organ Enzym Menge

Lunge 4B1

2F1

2B7

+++

+

+

Niere 4A2

3A4

+++

++

Darmepithel 2D6

3A4

+

++

Page 11: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Oxidation of drugs by human P-450s

1A2 2C8 2C9, 10 2CMP 2D6 2E1 3A4

PhenacetinTheophylline(Acet-aminophen)

WarfarinPhenytoin(Tolbutamide)

HexobarbitalTienilic acidTolbutamide

(S)-Me-phenytoin(Hexobarbital)(Nirvanol)(Mephobarbital)

DebrisoquineSparteineBufuralolEncainidePropranololPhenforminCaptoprilMetropololNortryptilineGuanoxanPerhexiline4-Methoxy-amphetamine

PropofanoneDextro-methorpham

Codeine(Imipramine)Clozapine

ChlorzoxazoneAcet-

aminophen

Nifedipine etc.(Warfarin)QuinidineEthynyl-estradiol

TerfenadineCyclosporinMidazolamTriazolamLovastatinFK506RapamycinErythromycinBenz-phetamine

Troleando-mycin

LidocaineDapsoneImipramine

Page 12: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Biosynthese von UDP-Glucuronsäure (aktivierte Glucuronsäure)

Glucose-1-P + UTP

Pyro-phosphorylase

UDP-Glucose Glycogen

NAD+

NADH + H+

UDP-GlucuronsäureUTP = Uridintriphosphat P = Phosphat UDP = Uridindiphosphat

Page 13: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Beispiele verschiedener Klassen von Glucuroniden

Typ des Glucuronids Stoffklasse des Fremdstoffes Beispiel

O-Glucuronid

Ethertyp

Estertyp

Alkohol

Carbonsäure

Trichlorethanol

o-Aminobenzoesäure

N-Glucuronid Carbamat

Aromatisches Amin

Sulfonamid

Meprobamat

2-Naphtylamin

Sulfadimethoxin

S-Glucuronid Aromatisches Thiol

Dithiocarbaminsäure

Thiophenol

Diethyldithiocarbamat

C-Glucuronid 1,3-Dicarbonylverbindungen Phenylbutazon

Page 14: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Sulfotransferasen katalysieren die Sulfatierung von PhenolDer Cofaktor PAPS stellt aktiviertes Sulfat

bereit

O

O OH

CH2OPOSO

O

OH

O

O OH

O S O

O

O

O3P2-

-

-3'-Phosphoadenosin-5'-phosphat +

Phenol

+

3'-Phosphoadenosin-5'-phosphosulfat (PAPS)

Adenin

Arylsulfotransferase

Page 15: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Physiologie der Leberzelle und Aufnahme und Abgabe von Fremdstoffen aus der

Leberzelle

Die Leberkapillaren transportieren das Blut von der Pfortader zur Leberzelle. Die Wand dieser Kapillaren ist durch den Disséschen Raum von der Oberfläche der Leberzellen getrennt. Durch Microvilli hat die Leberzelle eine sehr große Oberfläche und kann daher Stoffe aus dem Blut gut aufnehmen. In der Leberzelle veränderte Fremdstoffe können zurück ins Blut (Molekulargewicht kleiner als 500 Dalton) oder in die Galle (Molekulargewicht größer als 500 Dalton) abgegeben werden.

Page 16: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Metabolische Bildung eines Glutathion-S-Konjugats und Abbau des S-Konjugats zur ausscheidbaren

Merkaptursäure am Beispiel von Methyljodid

O

N O O

O N O O

NH 3

O

N O O

O N O O

NH 3 S

CH 3

N O O

O

S

NH 3

CH 3 O S

NH 3

CH 3

O O S

CH 3

O N

O

SH

+ Gly + Glu

+ H + I -

- - + +

-

γ -Glutamyl- transpeptidase

+ -

-

Glutathion- S - Transferase + CH 3 I

Glutathion

- -

+

Dipeptidase N -Acetyl-

transferase

Merkaptursäure

Ausscheidung im Urin

Page 17: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Suszeptibilitätsfaktoren

  Toxikokinetik

  Dosis am Zielorgan (beeinflußt durch Resorptionsfähigkeit, Atemfrequenz, Körpergewicht, Leber- und Nierenfunktion)

  Lebensalter (Biotransformation im Säugling und bei fortgeschrittenem Alter oder , Verteilung)

  Geschlecht (Erkrankungen, P450 , Leber- und Nierenfunktion , intestinale Resorption)

  Polymorphismus (An-oder Abwesenheit bestimmter Enzyme des Fremdstoffwechsels wegen Fehlens entsprechender Gene)

  Toxikodynamik

  Lebensalter (Reparatur von DNA-Schäden, Entfernen geschädigter Zellen durch Apoptose)

  Erkrankungen (Antioxidantien-Status, Vorschädigung des Zielorgans z.B. Leberzirrhose)

  Polymorphismus (Reparaturenzyme, Rezeptorexpression, Immunsystem)

Page 18: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Wirkung der Induktion der Cytochrom P450 abhängigen Monooxygenasen durch Hexobarbital auf

die narkotische Wirkung von Hexobarbital (metabolische Toleranz)

Zeitdauer nach Beginnder Behandlung*

(Tage)

Halbwertszeit(min)

Narkosedauer(min)

Hexobarbital-Konzentrationbeim Erwachen

(µg/ml)

1 180 65 31

2 96 40 29

5 71 30 31

28 180 60 30

* ein Hund erhielt 5 Tage lang täglich Hexobarbital (30 mg/kg, i.v.)

Page 19: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Veränderungen in der Leber unter der Einwirkung von Induktoren

Qualitative und quantitative Unterschiede lassen zwei Muster erkennen

Veränderungen bei der Induktion Phenobarbital Methylcholanthren

Lebergewicht erhöht(Hypertonie)

weniger stark erhöht(Hyperplasie)

Gallefluß erhöht unverändertProliferation des endoplasmatischen Retikulums erhöht kaum erhöhtCytochrom P450* vermehrt (P450) vermehrt (P448)Glucuronyltransferase vermehrt vermehrtEpoxidhydrolase vermehrt wenig vermehrtGlutathiontransferase* vermehrt wenig vermehrtNADPH-Cytochrom P450 Reduktase vermehrt unverändertγ-Glutamyltransferase vermehrt unverändertNAD-Menadionoxidoreduktase unverändert vermehrtmaximaler Effekt nach 2 - 3 Tagen nach 12 - 24 Stunden

* es werden unterschiedliche Isoenzyme vermehrt

Page 20: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Induktion des Arzneimittelmetabolismus

0

8

16

24

32

40

0

8

16

24

32

40

0 30 60 90 120 150 180Tage

sec(mg/ml)

Dico

umar

ol-K

onze

ntra

tion

im

Plas

ma

Phenobarbital

Dicoumarol

ProthrombinzeitWirkung von Phenobarbital auf die Plasmaspiegel und die Prothrombinzeit von

Dicoumarol. Der Patient erhielt täglich Dicoumarol (71 mg). Phenobarbital (65 mg, täglich) wrde während der angegebenen Zeit

zusätzlich eingenommen.

Page 21: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Enzyminduktoren und durch ihre Gabe beeinflußte Enzymsysteme

Induktor beeinflußte Enzymsysteme

2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin

Cytochrom P-450, Glucuronyltransferasen

Ethanol Cytochrom P-450

Phenobarbital Cytochrom P-450, Epoxidhydrolase,Glucuronyltransferasen

trans-Stilbenoxid Epoxidhydrolase

3-Methylcholanthren Cytochrom P-450, Glucuronyltransferasen

Page 22: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Mechanismen der Induktion von Cytochrom-P-450-Enzymen durch Fremdstoffe

P-450-Enzym Induktor Hauptsächlicher Mechanismus

1A1 Dioxin Erhöhung der Transkription

1A2 3-Methylcholanthren Stabilisierung der mRNA

2B1, 2B2 Phenobarbital Erhöhung der Transkription

2E1 Ethanol, Aceton Stabilisierung des Proteins

3A1 Dexamethason Erhöhung der Transkription unabhängig

vom Glucocorticoid-Rezeptor

3A1 Triacetyloleandomycin Stabilisierung des Proteins

4A1 Clofibrat Erhöhung der Transkription,

möglicherweise über Rezeptor vermittelt

Page 23: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Mechanismus der Rezeptor-vermittelten Wirkung von Dioxinen

+T Ah-R T Ah-R

T Ah-RZellkern

nuclearer Bindungsort an DNA

Cytochrom- P-450-1A1

mRNAinduzierte mRNA

induzierte Proteineerhöhte Synthese von Cytochrom-P-450-1A1

Cytoplasma

T

Nach Bindung des Dioxinmoleküls (T) an den Ah-Rezeptor (Ah-R) tritt dieser Komplex in den Kern ein und bindet an DNA. Als Folge der Bindung wird die Expression verschiedenster Proteine wie Cytochrom-P-450-1A1 erhöht.

Page 24: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Pharmakokinetische Interaktionen: Hemmung des Metabolismus

Enzym Arzneimittel Konsequenz

Xanthinoxidase Purinanaloge (Azathioprin,Mercaptorpurin)+ Allopurinol

Erhöhte Zytotoxizität

Aldehyd-Dehydrogenase Ethanol+ Disulfiram,+ Metronidazol

Antabus-Syndrom

Cytochrom P-450 Orale Antikoagulanzien(Phenprocoumon)+ Cimetidin,+ Phenylbutazon,+ Chloramphenicol

Verstärkte Blutungsneigung

Orale Antidiabetika (Tolbutamid)+ Dicoumarol,+ Chloramphenicol

Hypoglykämie

Page 25: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Genetische bedingte Unterschiede in der Aktivität von Fremdstoffwechselenzymen

Thiopurin S-Methyltransferase (Homozygot defekt bei 0,4 bis 1 %) Medikament: Azathioprin (schwere Leukopenien, teils letaler Ausgang

beschrieben bei den langsamen Metaboliesierern) Dihydropyrimidin-Dehydrogenase

Medikament: 5-Fluorouracil (schwere teils letale Toxizität bei Trägern des Enzymmangels)

Cytochrom P450 2D6 (Defekt bei ( %, anderes Extrem: Ultraschnell 1,5 % der Bevölkerung)

Medikament: Antirrhytmika wie Propafenon und Ajmalin, Beta-Blocker wie Metoprolol Antidepressiva wie Nortriptylin und Imipramin (einige wenige werden metabolisch aktiviert, so wird Codein über CYP2D6 zu Morphin aktiviert

Cytochrom P450 2C19 (Defekt bei 3 % der Bevölkerung) Medikamente: Diazepam, Omeprazol, Proguanil

Cytochrom P450 2C9 (auf etwa 1/10 reduzierte Aktivität: 1,5 % der Bevölkerung) Medikamente: Phenytoin, Diclofenac, Ibuprofen, Tolbutamid

Page 26: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Bimodale Verteilung der Plasma-Halbwertszeit des Isoniazid

Page 27: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Beispiel Azathioprin

Azathioprin ist ein immunsuppressives Medikament, das zur Behandlung von schweren Autoimmunerkrankungen (z.B. auch schwere Formen des Rheuma, einige Formen von entzündlichen Darmerkrankungen) für die Patienten wertvolle Linderung und manchmal auch Heilung bewirken kann. Auch zur Behandlung einiger Krebsarten ist Azathioprin geeignet.

Immer wieder kommt es jedoch unter Behandlung mit Azathioprin zu starkem Absinken der Leukozytenzahl (weiße Blutkörperchen) im Blut. Dies kann dann zu lebensbedrohlichen Infektionen führen, und es sind viele Fälle bekannt, bei denen Patienten dann an diesen Infektionen gestorben sind.

Eine der Ursachen der überstarken Azathioprin-Wirkung ist ein erblicher Mangel an der Thiopurin-Methyltransferase (T�PMT). Dieser TPMT-Mangel tritt in der schweren Form (homozygot) nur bei etwa einem von 300 Patienten auf, in einer leichteren Form (heterozygot) immerhin bei fast jedem zweiten. Wir sind heute in der Lage, die meisten Formen des TPMT-Mangels mittels Genotypisierung aus einer Blutprobe zu erkennen und es gibt gute Gründe für die Forderung, vor jeder hochdosierten Azathioprin-Therapie künftig die Typisierung auf TPMT-Mangel durchzuführen, um den betroffenen Patienten gegebenenfalls eine niedrigere Dosis zu geben.

Page 28: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Frequency distribution histogram of RBC TPMT activities in blood samples from 298 unrelated adult subjects. Genotypes at the locus TPMT are indicated

0

2

4

6

8

10

12

0 1 2 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

TPMT Activity (units/ml RBC)

TPMTL TPMTH

TPMTL TPMTH

TPMTH TPMTH

298 unrelated adults

Human T�RBC TM�PMT

Page 29: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Bedeutung von defizienter, verlangsamter, schneller und ultraschneller Aktivität von Cytochrom P450 2D6

in der Arzneitherapie

Page 30: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Beispiel Propafenon

Eindrucksvoll war für uns das Beispiel eines 12jährigen Mädchens, das wegen schwerer Herzrhythmusstörungen mit dem Medikament Propafenon behandelt werden mußte. Propafenon ist im allgemeinen recht gut verträglich und für die Dauer-Arzneibehandlung von Herzrhythmusstörungen das am häufigsten verwendete Medikament. Der Fall dieses Mädchens gab den Ärzten jedoch einige Rätsel auf: Zunächst wirkte das Medikament gar nicht. Auch nach weiterer Erhöhung der Dosis wirkte es nicht. Eine Konsultation beim Institut für Klinische Pharmakologie führte zu einer pharmakologischen Typisierung und das brachte die Ursache des Problems zu Tage: das Mädchen gehörte zu den seltenen Patienten, die sog. ultraschnelle Metabolisierer sind. D.h. dieses Mädchen hatte drei Gene für das Enzym Cytochrom P450 2D6. Das führte zu einer sehr schnellen Elimination des Antirhythmikums Propafenon und erst eine deutlich über dem Üblichen liegende Dosis konnte hier helfen.

Page 31: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Beispiel Codein

Codein ist in vielen verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln enthalten. Darüberhinaus wirkt Codein hustenstillend. Die Ärzte beobachteten immer wieder, dass bei einigen Patienten mit starken Schmerzen die Codein-haltigen Präparate nicht so gut wirkten wie bei den meisten anderen Patienten, d.h. einige Patienten litten unnötig an Schmerzen, bis sie ein anderes Präparat bekamen.

Heute kennt man eine der Ursachen für die Unwirksamkeit von Codein bei einem Teil der Bevölkerung, sogenannten Non-Responder. Ein Teil (etwa 10 %) des aufgenommenen Codeins wird im Körper in der Leber und in anderen Geweben in Morphin umgewandelt und dieses Morphin ist das wirksame Agens bei Behandlung mit Codein. Nun erfolgt aber diese Umwandlung von Codein zu Morphin über das Enzym Cytochrom-�P450-2D6 und diejenigen, die einen Cytochrom-�P450-2D6 Mangel haben, bilden kein oder fast kein Morphin und leiden demzufolge unter der unzureichenden Therapie. Es ist bemerkenswert, dass beim Codein der langsame Metabolisierer (poor metabolizer) eine verminderte Wirkung hat - im Gegensatz zu anderen Beispielen.

Codein wurde in den vergangenen Jahren von einigen Ärzten als Substitutionsdroge bei Opiat-abhängigen Patienten verschrieben. Auch diese sehr umstrittene Substitutionsbehandlung war bei einigen Patienten nicht erfolgreich, d.h. die Patienten hatten schwere Entzugssymptome. Dies dürfte ebenfalls auf die ausbleibende Konvertierung von Codein zu Morphin bei den langsamen Metabolisierern zurückzuführen sein.

Page 32: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Metabolische Aktivierung von Codein zu Morphin durch Cytochrom P450 2D6

Etwa 10 % einer oralen Codein-Dosis wird im Körper zu Morphin metabolisiert. Träger der CYP2D6-Defizienz bilden kein oder erheblich weniger Morphin aus Codein. Damit hat Codein bei dieser Untergruppe von Patienten keine analgetische Wirkung.

O OH

H N CH3

H

O

CH3

O OH

H N CH3

H

HO

Codein

CYP2D6

Morphin

Page 33: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Metabolismus des trizyklischen Antidepressivums Imipramin über mehrere

erblich polymorph exprimierte Enzyme

N

H2C CH2

CH2

NCH3

CH3

N

H2C CH2

CH2

NH

CH3

N

H2C CH2

CH2

NH

CH3

OH

N

H2C CH2

CH2

NCH3

CH3

OH

Imipramin

CYP2C19,1A2, 3A4

Desipramin

CYP 2D6

2-Hydroxydesipramin

CYP 2D6

2-Hydroxyimipramin

In der Bevölkerung europäischer Abstammung haben etwa 8 % eine vollständige Defizienz von CYP2D6 und 3 bis 4 % eine von CYP2C19. Dementsprechend gibt es bei diesem Medikament große Unterschiede in der Wirkintensität und Wirkdauer. Darüberhinaus können Unterschiede in den Wirkqualitäten eintreten je nach Umfang, in dem durch CYP2C19 der wirksame Metabolit Desipramin gebildet wird.

Page 34: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Weitere Beispiele für pharmakogenetische Defekte

Art des Defektes Häufigkeit Nebenwirkungen Verursachende Arzneimittel(Beispiele)

Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel(Favismus)

Schwarze, Inder,mediterrane Bevölkerung:10 %

Methämoglobin,Hämolyse

Sulfonamide, Antimalariamittel,Nitrofurantoin, Chloramphenicol,Phenacetin, Chinidin, p-Aminosalicylsäure (PAS)

Uroporphyrinogen-Synthase-Defekt (akuteintemittierende Porphyrie)

Selten Anfälle von abdominalenSchmerzen, Paralyse

Induzierende Arzneimittel, z.B.Barbiturate

Cholinesterase-Defekt 1/2500 Anhaltende Apnoe SuxamethoniumN-Acetyltransferase-Polymorphismus

Langsam Azetylierer,Europäer: 50 %Asiaten: 10 %Agypter, Marokkaner: 90 %

Relative Überdosierung(Polyneuropathie, Lupuserythematodes Syndrom)

Isoniazid, Procainamid, Dapson

Defekte von Bilirubin-UDP-Glucuronylsulfotransferasen (Crigler-Najjar-SyndromTyp I und Typ II)

Selten Ikterus, ZNS-Schäden(>Kernikterus<)

Phenobarbital*

*Der Ikterus beim Crigler-Najjar-Syndrom Typ II kann durch Behandlung mit Phenobarbital-Typ-Induktoren gebessert werden

Page 35: Biotransformation und Pharmakogenetik · Toxikokinetik Toxikodynamik. Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg Prinzipien der Biotransformation Fremdstoff

Prof. Dr. W. Dekant, Institut für Toxikologie, Universität Würzburg

Meta-analysis of the studies on GSTM1 polymorphism and bladder cancer

UCL (upper 95 % confidence limit)RR (relative risk)LCL (lower 95 % confidence limit)

Bell

et a

l., 1

993

Broc

kmol

ler e

t al.,

199

4

Lafu

ente

et a

l., 1

993

Daly

et a

l., 1

993

Kato

h et

al.,

199

5

Zhon

g et

al.,

199

3

Lin

et a

l., 1

994

Okk

els

et a

l., 1

996&

1997

Anw

ar e

t al.,

199

6

Roth

man

et a

l., 1

996

Kem

pkes

et a

l., 1

996

MET

A-O

R

0,1

1

10

100O

dds

ratio