Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die...

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Das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung Ausgabe 2, 2009

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Page 1: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

Das Magazin der Heinrich-Boumlll-Stiftung Ausgabe 2 2009

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INFORMATIONEN DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG

ER BESONDERE TIPP

Internationale KonferenzInternationale Konferenz

Countdown to Kopenhagen Deutschlands Verantwortung fuumlr Klimagerechtigkeit 17ndash18 November 2009 (Di ndashMi)

Beletage der Heinrich-Boumlll-Stiftung

Mit Achim Steiner (UNEP angefr) Dirk

Messner (DIE) Klaus Toumlpfer (IASS angefr) Barshy

bara Unmuumlszligig (Heinrich-Boumlll-Stiftung) uva

Veranstaltet von Heinrich-Boumlll-Stiftung Oxfam

Germanwatch Evangelischer Entwicklungsdienst

Brot fuumlr die Welt Misereor Welthungerhilfe

Info Anmeldung wwwboellde

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BuumlcherBuumlcher

Zur Lage der Welt 2009 Ein Planet vor der Uumlberhitshyzung Hrsg vom Worldwatch Institute in Zusamshy

menarbeit mit der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Gershy

manwatch im Verlag Westfaumllisches Dampfboot

Muumlnster 2009 320 Seiten 1990 Euro

Wem gehoumlrt die Welt Zur Wiederentdeckung der Gemeinguumlter Mit Beitraumlgen von David Bollier Elishy

nor Ostrom Richard Stallman Sunita Narain Ulshy

rich Steinvorth Peter Barnes Oliver Moldenhauer

Pat Mooney ua Hrsg von Silke Helfrich und der

Heinrich-Boumlll-Stiftung im oekom verlag

Muumlnchen 2009 288 Seiten 2490 Euro

Unsere Buumlcher und Schriftenreihen finden Sie unter

wwwboelldepublikationen

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Reihe laquoReihe laquo Schriften zur Oumlkologie Schriften zur Oumlkologie raquo raquo

Urban Futures 2030 Visionen kuumlnftigen Staumldtebaus und urbaner Lebensweisen Berlin 2009 96 Seiten

ISBN 978-3-86928-008-0

Gruumlne Wege aus der Autokrise Vom Autobauer zum Mobilitaumltsdienstleister Ein Strategiepapier von

Weert Canzler und Andreas Knie Berlin 2009

32 Seiten ISBN 978-3-86928-005-9

Auf dem Weg zu einem Green New Deal Die Klima-und die Wirtschaftskrise als transatlantische Hershyausforderungen Ein Strategiepapier von Hilary

French Michael Renner und Gary Gardner (Worldshy

watch Institute) in Zusammenarbeit mit der Heinshy

rich-Boumlll-Stiftung Berlin 2009 56 Seiten ISBN

978-3-86928-003-5

Downloads unter wwwboelldepublikationen

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Dossier auf wwwboelldeDossier auf wwwboellde

Klimagipfel Auf dem Weg nach Kopenhagen Die

Heinrich-Boumlll-Stiftung begleitet die internationalen

Klimaverhandlungen vom 7ndash18 Dezember 2009 in

Kopenhagen mit aktuellen Informationen und intershy

nationalen Beitraumlgen und Publikationen Aktuelle

Entwicklungen rund ums Thema Klima kommenshy

tiert zudem der Blog

wwwklima-der-gerechtigkeitde

KonzepteKonzepte

ERENE ndash eine Europaumlische Gemeinschaft fuumlr Erneushyerbare Energien Eine Machbarkeitsstudie von

Michaele Schreyer und Lutz Mez Hrsg von der

Heinrich-Boumlll-Stiftung Schriften zu Europa ndash

Band 3 Berlin 2008 96 Seiten

Deutschlands Vorreiterrolle auf dem Pruumlfstand Wie schuumltzen wir die Menschenrechte im Treibhaus Ein

Policy Paper von Tilman Santarius auf der Basis

des Greenhouse Development Rights Framework

von Paul Baer Tom Athanasiou und Sivan Kartha

Hrsg von der Heinrich-Boumlll-Stiftung Berlin 2008

36 Seiten

Fairness in Global Climate Change Finance Policy

Paper by Andrew Pendleton and Simon Retallack

Edited by Institute for Public Policy Research and

supported by Heinrich Boumlll Foundation London

2009 34 pages

Downloads unter wwwboelldepublikationen

Wahl09 ndash Der Blog zur BundestagswahlWahl09 ndash Der Blog zur Bundestagswahl

Schwerpunkte sind die groszligen Themen des Wahlshy

kampfes Wo stehen wir in der Wirtschaftskrise

wie kommen wir aus ihr heraus ndash und wer zahlt dashy

fuumlr Was sind nachhaltige Investitionen ndash und wie

muss ein Green New Deal aussehen Die Beitraumlge

werden sich auch mit Bildungs- und Sozialpolitik

befassen mit Afghanistan und der Weltklimakonfeshy

renz ndash und schlieszliglich mit dem Wahlkampf selbst

Taumlglich neue Beitraumlge Kommentare und Beobshy

achtungen fuumlhlen am Puls der Zeit Sie koumlnnen sich

einklinken und mitdiskutieren via Kommentar oder

Twitter Begleitet wird der Blog von dem Journalisshy

ten Dietmar Bartz

Vom 31August ndash 30September 2009 unter

wwwboelldewahl09

AusstellungAusstellung

nochnichtmehr ndash Handeln im unmarkierten Raum 9September ndash 10Oktober 2009

Vernissage am 9September 2009 (Mi) 19Uhr

Foyer und Beletage der Heinrich-Boumlll-Stiftung

Ein Ausstellungsprojekt von Kai Bauer mit Wershy

ken der Kuumlnstlerinnen Nevin Aladag Lucia Delleshy

fant Ralph Homann Martin Kaltwasser Andreas

Mayer-Brennenstuhl Yoko Ono Elodie Pong Olishy

ver Ressler Albrecht Wild Georg Winter und Hans

Winkler

Symposium am 10 Oktober mit Alice Creischer

Beatrice von Bismarck Christoph Menke ua

Mehr Infos unter wwwboellde

ImpressumImpressum

Herausgeberin Heinrich-Boumlll-Stiftung

Schumannstraszlige 8 10117 Berlin

T 030 ndash 2 85 34 ndash 0 F 030 ndash 2 85 34 ndash 109

E themaboellde W wwwboelldethema

Redaktionsleitung Elisabeth Kiderlen

Redaktionsassistenz Susanne Dittrich

Mitarbeit Barbara Unmuumlszligig

Lili Fuhr

Tilman Santarius

Annette Maennel (ViSdP)

Gestaltung blotto design Berlin wwwblottodesignde

Druck agit-Druck Berlin

Papier Inhalt Envirotop 100gm2 matt hochweiszlig

Recyclingpapier aus 100 Altpapier

Umschlag Tauro Offset 170gm2

Bezugsbedingungen zu bestellen bei oben genannter Adresse

Hinweis In Partnerschaft mit der Firma Grammer Solar

wurde auf dem Dach der Heinrich-Boumlll-Stiftung eine

Photovoltaikanlage installiert Siehe Anzeige im

Umschlag

Bisher sind ua erschienenBisher sind ua erschienen

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Menschenrechte Green New Deal sind nicht teilbar

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EDITORIAL

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

Kopenhagen muss den Durchbruch bringen Das sagen Nichtregierungsorganisationen rund um den Globus und sie ruumlsten sich um im Vorfeld und spaumlter vor Ort Druck auf die Politik und die Delegierten der UN-Klimakonferenz auszuuumlben Die einen per Klimadiplomatie in den Konferenzshy

raumlumen die anderen mit Aktionen und Demonstrationen So unterschiedlich die Strategien sein moumlgen das Ziel ist es nicht

Der Klimawandel und seine Folgen werden heute weder von serioumlsen Wissenschaftlern angezweifelt noch von den Regierungen Dafuumlr sind die Auswirkungen rund um den Erdball schon zu offensichtlich Was Dirk Messner Direktor des Instituts fuumlr Entwickshylungspolitik in Bonn im BoumlllThema-Interview sagte ist heute fast schon common sense laquo Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelpunkt der Emissionen von Treibhausgas erreicht haben muumlssen die dann noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig sein dass wir die 2deg C-Grenze kaum noch einhalten koumlnnen raquo

Bei so viel Einigkeit in der Sache ndash warum ist der Sprung vom Wissen zum Handeln so schwer Weil die meisten Industrielaumlnder seit Kyoto zu wenig Ernst gemacht haben mit der Reduktion ihres CO2-Ausstoszliges Weil die fossile Lobby noch immer zu viel Einfluss auf die Politik hat Weil der Klimawandel und seine Folgen zu einem Zeitpunkt offenbar wurden als sich fuumlr die Laumlnder des globalen Suumldens zum ersten Mal ein Hoffnungsschimmer auftat der Armut zu entkommen Jetzt insistieren sie darauf dass nun endlich sie dran seien die Segnungen einer modernen Industriegesellschaft zu genieszligen

Gerechtigkeit ist zur Schluumlsselkategorie in den Klimaverhandlunshygen geworden Darum geht es in den Auseinandersetzungen zwischen dem Norden und dem Suumlden aber auch innerhalb der Europaumlischen Union Denn auch die neu hinzugekommenen EU-Laumlnder pochen auf ausgleichende Gerechtigkeit ndash Einschraumlnkunshygen haumltte es fuumlr sie zuvor genug gegeben

Was ist gerecht Wie fair ist fair genug In dieser Ausgabe von BoumlllThema vergleichen wir zwei Konzepte die den globalen Kampf gegen die Erderwaumlrmung mit dem Ausgleich wirtschaftlicher Ungleichheiten verbinden Dabei spielt nicht allein die Kategorie Ethik eine Rolle sondern auch Machbarkeit und Durchsetzbarkeit

Die Industrielaumlnder tragen eine doppelte Verantwortung Sie muumlssen Ernst machen mit der CO2-Reduktion im eigenen Land Und sie muumlssen mit massivem Finanz- und Technologietransfer die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder dabei unterstuumltzen kohlenshystoffarme Entwicklungspfade zu gehen Auch Programme zur

Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels sind laumlngst uumlberfaumlllig Durch welche Institutionen der dafuumlr notwendige Geldtransfer von Norden nach Suumlden verteilt werden soll und wie kontrolliert werden kann dass der Emissionshandel auch wirklich zu nachhaltigen Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern fuumlhrt ndash daruumlber wird zurzeit heftig gestritten In die Debatte mischt sich auch diese Ausgabe von BoumlllThema ein

Erst allmaumlhlich wird auch den politischen Systemen und Institutishyonen und ihren Faumlhigkeiten auf die Herausforderung des Klimashywandels zu reagieren Aufmerksamkeit geschenkt So gehen wir der Frage nach inwiefern Klimawandel und Demokratiefoumlrderung einander behindern oder befoumlrdern koumlnnen

Und wir greifen ein weithin vernachlaumlssigtes Thema auf Trifft die Erderwaumlrmung Frauen und Maumlnner unterschiedlich hart Reagieren Frauen und Maumlnner unterschiedlich auf die Veraumlnderunshygen durch Klimawandel Und sollten deshalb nicht auch die Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel zwischen den Geschlechtern differenziert werden

Um eine low carbon economy weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash 1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren so die Berechnungen Das ist eine gigantische Summe und doch Nicht-Handeln wird noch viel teuer Uumlberdies schafft das Umsteuern in eine nicht-fossile Weltwirtschaft neue Arbeitsplaumltze und neue Produkte Und wenn wir genauer hinschauen tut sich auch im Suumlden schon viel ndash in Costa Rica Suumldkorea China sogar in Ruanda Wir haben dazu ein kleines Dossier erstellt

Schon kurz nach den Bundestagswahlen am 27 September werden in zahlreichen internationalen Foren die Entscheidungen fuumlr neue Regeln in der Weltwirtschaft gefaumlllt ndash beim naumlchsten G20 Gipfel im PittsburghUSA bei der IWF-Weltbank-Jahrestagung in Istanbul Ein Meilenstein der internationalen Klimapolitik soll Kopenhagen werden Hier werden die Regeln fuumlr Fairness festgelegt und die Weichen fuumlr eine kohlenstoffaumlrmere Weltgesellschaft gestellt Dazu wollen auch wir beitragen ---PS laquo Klimawandel und Gerechtigkeit Unterwegs nach Kopenhagen raquo die neue Ausgabe von BoumlllThema wird auf der COPndash15 auch auf Englisch zu haben sein

Barbara Unmuumlszligig Vorstand der Heinrich-Boumlll-Stiftung

2 INHALT

209

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

4 laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo mdash Internationale NGOs unterwegs zur

15UN-Klimakonferenz

Aufgezeichnet von Constanze Weiske

6 Und das steht an in Kopenhagen mdash Ein Tableau der

laufenden UN-Klimaverhandlungen

Von Lili Fuhr und Tilman Santarius

10 Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009

11 Lauter Hotspots mdash Szenen des Klimawandels

Ein Dokumentarfilmer in Afrika

Von Marc Engelhardt

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KLIMA UND GESCHLECHT

12 Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner mdash

Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Von Antonie Nord und Sakhile Koketso

14 Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen Von Liane Schalatek

KLIMA UND DEMOKRATIE

16 Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so Von Peter Burnell

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

18 Neue Institutionen braucht die Welt Von Barbara Unmuumlszligig

20 laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo mdash Ein Interview

mit Dirk Messner Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik

uumlber die Summen die bewegt werden muumlssen um den

Klimawandel bei 2deg C zu halten

Von Elisabeth Kiderlen

CONSTANZE WEISKE SEITE 4

Die Studentin der Journalistik und Geoshygraphie schreibt derzeit ihre Diplomarshybeit zum Thema laquo Migration und Massenmedienraquo

LILI FUHR amp TILMAN SANTARIUS

SEITE 6

Fuhr Referentin der Heinrich-Boumlll-Stifshytung (hbs) fuumlr internationale Umweltshypolitik Santarius Referent fuumlr intershynationale Klima- und Energiepolitik der hbs Publikation (Ko-Autor) laquo Zushykunftsfaumlhiges Deutschland in einer gloshybalisierten Welt raquo Fischer 2008 Beide bloggen auf wwwklima-der-gerechtigshykeitde

MARC ENGELHARDT SEITE 11

Der Journalist lebt in Nairobi Kenia Publikation Die Reportagesammshy

lung laquo Der Huumlter der zerfallenden Buumlshycher raquo Picus 2009

ANTONIE NORD amp SAKHILE KOKETSO

SEITE 12

Nord Leiterin des hbs-Regionalbuumlros in Kapstadt Veroumlffentlichung laquo Sie lieben oder sie hassen ihn Jacob Zuma und die Wahlen in Suumldafrika raquo In GIGA Focus Afrika 2009 wwwgiga-hamburg de Koketso Leiterin des Programms fuumlr nachhaltige Entwicklung in Kapstadt

LIANE SCHALATEK SEITE 14

Stellvertretende Buumlroleiterin der hbs in Washington derzeit beurlaubt Sie arshybeitet freiberufl ich zum Thema Klimafinanzierung und Gender Publikatishyon laquo Gender and Climate Finance Doushyble Mainstreaming for Sustainable Deshyvelopment raquo Heinrich Boumlll Foundation North America 2009 wwwclimateshyfundsupdateorg

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PETER BURNELL SEITE 16

Professor fuumlr politische Wissenschaft und internationale Studien University of Warwick England Gruumlndungsdirekshytor der internationalen Zeitschrift Deshymocratization Publikation (zus mit Richard Youngs) laquoNew Challenges to Democratizationraquo erscheint im Herbst bei Routledge

BARBARA UNMUumlSSIG SEITE 18

Seit 2002 Vorstandsmitglied der Heinshyrich-Boumlll-Stiftung Veroumlffentlishychung laquoKein Ersatz fuumlr die Vereinten Nationen Nur die Weltorganisation gashyrantiert den Entwicklungslaumlndern eine Stimmeraquo In welt-sichten Ausgabe 609

ELISABETH KIDERLEN SEITE 20

Journalistin und Redakteurin Veroumlffentlichung laquo Das Kamel schreitet langsam voran dafuumlr Tag und Nacht raquo Studie zur iranischen Frauenbewegung vor der Wahl Juni 2009 www boellde

3 INHALT

22 Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind mdash Die muumlhsame Arbeit

der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Von Roderick Kefferpuumltz und Claude Weinber

24 Mit Leadership gegen die Zweifl er mdash Die USA haben aus

Kyoto gelernt

Von Arne Jungjohann

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

25 100 Erneuerbare Energien mdash Das naumlchste

europaumlische Megaprojekt

Von Ralf Fuumlcks

26 Vorreiter des Suumldens mdash Experten und Expertinnen aus Costa

Rica China Suumldafrika Brasilien Mexiko Indien Suumldkorea

und Ruanda uumlber die Klimapolitik in ihren Laumlndern

Von Lawrence Pratt Chen Jiliang und Kimiko Suda Antonie Nord

Thomas Fatheuer Ingrid Spiller Sanjay Vashist Young-Woo Park und

Marc Engelhardt

STIMMEN DES AUFBRUCHS

30 Die neue Macht der NGOs Von Nick Reimer

32 Im Prinzip richtig An sich falsch mdash Zur Debatte ob das

Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert

werden soll

Von Hanno Boumlck

IN DER DISKUSSION

33 Wie fair ist fair genug mdash Zwei Klimakonzepte im Vergleich

1 Contraction amp Convergence (CampC) Von Katrin Kraus und Konrad Ott

2 Greenhouse Development Rights (GDRs) Von Tilman Santarius

RODERICK KEFFERPUumlTZ amp CLAUDE WEINBER

SEITE 22

Kefferpuumltz Im Bruumlsseler Buumlro der hbs zustaumlndig fuumlr Energiepolitik Weinber Leiter des hbs-Buumlros Bruumlssel

ARNE JUNGJOHANN SEITE 24

Leiter des Programms Umwelt und Gloshybaler Dialog des hbs-Buumlros Washington DC Gruumlnder des Ortsvereins Washingshyton von Buumlndnis 90Die Gruumlnen

RALF FUumlCKS SEITE 25

Seit 1996 im Vorstand der HeinrichshyBoumlll-Stiftung Mitglied der Grundsatzshykommission von Buumlndnis 90Die Gruumlshynen Veroumlffentlichung laquo Die Oumlkoshylogische Transformation des Kapitalisshymusraquo In Die Dritte Industrielle Revolushytion ndash Aufbruch in ein oumlkologisches Jahrhundert BMU 2008

DIE EXPERTENSCHAFT SEITEN 26 ndash 29

Lawrence Pratt Leiter des Center for Competitiveness and Sustainable Deveshylopment an der INCAE Business School in Alajuela Costa Rica Gruumlnder anershykannter Programme wie Ecobanking Project (wwwecobankingcom) und Sustainable Markets Intelligence Center (wwwcims-lacom)

Chen Jiliang Koordinator des Proshygramms fuumlr Umwelt Klima und Energie im hbs-Buumlro Peking

Kimiko Suda Gender-Koordinatorin und Programmassistentin im hbs-Buumlro Peking Ko-Direktorin des laquo Asian Woshymens Film Festival Berlin raquo (AWFF) (wwwasianwomensfilmde)

Thomas Fatheuer Leiter des hbs-Buumlros Rio de Janeiro

Antonie Nord Leiterin des hbs-Buumlros Kapstadt

Ingrid Spiller Leiterin des hbs-Buumlros Mexiko-Stadt

Sanjay Vashist Berater fuumlr Klimawanshydel-Projekte beim hbs-Buumlro Neu-Delhi

Young-Woo Park Direktor des Regionalshybuumlros der UNEP fuumlr Asien und den pazishyfi schen Raum

Marc Engelhardt Dokumentarfi lmer

NICK REIMER SEITE 30

Redaktionsleiter des Online-Magazins wir-klimaretterde und Klimaexperte der taz Mitgruumlnder der uumlberregionalen Umweltzeitschrift der ehem DDR Oumlkosshytroika Publikation (zus mit Toshyralf Staud laquo Wir Klimaretter So ist die Wende noch zu schaffenraquo Kiwi 2007

HANNO BOumlCK SEITE 32

Student der Informatik Beim Online-Magazin wir-klimaretterde Ansprechshypartner fuumlr alles was in die Rubrik laquo Protestraquo passt

KATRIN KRAUS amp KONRAD OTT

SEITE 33

Kraus Landschaftsoumlkologin und wisshysenschaftliche Mitarbeiterin an der Ernst-Moritz Arndt Universitaumlt Greifsshywald Ott Professor fuumlr Umweltethik Universitaumlt Greifswald Mitglied des Beirats Biodiversitaumlt des Bundesminisshyteriums fuumlr Ernaumlhrung Landwirtschaft Verbraucherschutz

TILMAN SANTARIUS SEITE 33

Santarius Referent fuumlr internationale Klima- und Energiepolitik der hbs

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWIR WOLLEN EINE BEWEGUNG

GRUumlNDEN DIE UumlBER KOPENHAGEN

HINAUSREICHTraquo ZUSAMMENGESTELLT VON CONSTANZE WEISKE

Internationale NGOs unterwegs zur 15 UN-Klimakonferenz

350org Das Stammteam unserer Jugendorganisation besteht aus weltweit 18 jungen Leuten die vor allem Aktionen organisieren Der Name 350org leitet sich von dem Ziel ab den CO2-Ausstoszlig auf einen Wert unterhalb von 350 ppm 1 zu halten

1 Was bedeutet Klimagerechtigkeit fuumlr Ihre Organisation Unsere Mission ist es ein Bewusstsein fuumlr die Dringlichkeit der Probleme zu schaffen Letztlich laumluft alles auf die Menschenrechte hinaus das Recht auf Wasser (etwa in Pakistan wo die Himalaya-Gletshyscher die die Fluumlsse naumlhren verschwinden) das Recht auf Nahrung (auch da wo sich die Sahara ausbreitet und das Ackerland zerstoumlrt) das Recht auf nationales Uumlberleben auch der kleinen Inselstaaten Als Vertreter der juumlngeren Generation haben wir vielleicht die aufregendste Formulierung Wir betrachshyten Klimagerechtigkeit als das Recht auf Zukunft

2 Ziele fuumlr Kopenhagen Wir wollen sichergehen dass alle Deleshygierten dort verstehen dass die Menschen ihnen ihr Mandat uumlbertragen haben um einen global verbindlichen Vertrag zu schlieszligen der in Uumlbereinstimmung mit den neuen Erkenntnissen der Wissenschaft steht Wir wollen die Gelegenheit nutzen ein weltumspannendes Netz zu knuumlpfen um notfalls zu reagieren sollte Kopenhagen scheitern Wir brauchen eine globale Beweshygung die auf die globalen politischen Prozesse reagiert

3 Konkrete Aktionen zu Kopenhagen Unser zentraler Aktionstag ist der 24 Oktober ndash der Tag der UNO Da werden wir unsere Botschaft in jede Stadt auf jeden Berg an jeden Strand tragen laquo Der CO2-Ausstoszlig muss unter 350 ppm bleiben raquo

Aprodev 1990 gegruumlndete Dachorganisation von 19 europaumlischen Gruppen mit christlichem Hintergrund (Brot fuumlr die Welt und Landeskirchen)

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns sich auf eine Ordnung zu verstaumlndigen die die globalen Emissionen schnell reduziert und dabei das Recht armer Laumlnder auf Entwicklung respektiert

2 Wir wollen eine Selbstverpflichtung der reichen Laumlnder adaumlquashyte und zuverlaumlssige Finanzierung fuumlr Klimaaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlndern bereitzustellen Wir wollen eine signifikant bessere Kooperation in der Technologie und eine starke Untershystuumltzung bei der Anpassung an den Klimawandel

3 Aprodev betreibt mit Partnern aus den Entwicklungslaumlndern Lobbyarbeit fuumlr eine ambitionierte Positionierung der EU bei den Verhandlungen

IndyACT The League of Independent Activists ist ein weltweites Buumlndnis das 2006 im Libanon gegruumlndet wurde Unsere Kampagnen konzentrieshyren sich auf die arabischen Staaten Es gehoumlren auch IndyWomen dazu Libanesinnen die sich fuumlr Gleichberechtigung stark machen

1 Klimagerechtigkeit bedeutet aktiv zu werden 2 Wir wollen dass die Arabischen Staaten in Kopenhagen einen

gerechten Deal unterstuumltzen und Staaten wie Saudi-Arabien die Verhandlungen nicht wie beim Kyoto-Protokoll erneut blockieren

3 Wir bieten Jugendlichen Medien NGOs und Regierungsvertreshytern Workshops zur Klimapolitik an und initiieren Kampagnen um Druck auf unsere Regierungen aufzubauen

TNC Europe The Nature Conservancy wurde 1951 in Arlington (USA) als klassische Umwelt-NGO gegruumlndet und ist weltweit taumltig TNC hat mehr als eine Million Mitglieder in fuumlnfzig Staaten Unser Engageshyment gilt dem Wald- und Artenschutz und den maritimen Oumlkosysteshymen TNC bevorzugt pragmatische Loumlsungen vor der offenen Konfrontation

1 Klimagerechtigkeit heiszligt den aumlrmsten Entwicklungslaumlndern bei der Anpassung an die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels zu helfen Dabei geht es nicht nur um ausreichende finanzielle Mittel fuumlr internationale Fonds von denen etwa die vom Untergang bedrohten Inselstaaten profitieren koumlnnen Wir wollen Klimaanpassung mit nachhaltiger Entwicklung verbinden statt allein auf Maszlignahmen zur technischen Anpassung zu setzen

2 Wir setzen uns fuumlr ein voumllkerrechtlich verbindliches Klimaschutzshyabkommen ein um den globalen Temperaturanstieg unter 2deg C

5 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

zu halten Da dies ohne Einbeziehung des Tropenwaldschutzes unmoumlglich ist muss sich die nachhaltige Nutzung tropischer Waumllder in den Entwicklungslaumlndern besser rentieren als Investitishyonen in Soja- und Oumllpalmenplantagen bzw die Rinderzucht Neben einem massiven Anstieg oumlffentlicher Mittel fuumlr den Tropenwaldschutz wollen wir diesen schrittweise in den weltweishyten Kohlenstoffmarkt einbeziehen

3 In Kopenhagen wollen wir mit unseren Partnern groszlige regionale Projekte zur Klimaanpassung weltweit vorstellen um zu zeigen dass der Schutz funktionierender Oumlkosysteme in den bedrohten Regionen zu einer nachhaltigen sozio-oumlkonomischen Entwickshylung beitraumlgt

Ecoequity Eine in Berkeley (USA) gegruumlndete Expertengruppe fuumlr Umweltoumlkoshynomie Gerechtigkeit Energie und Ressourcen

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns dem Klimawandel angemessen zu begegnen eine Anstrengung die die Armut weltweit verrinshygert und die Dekarbonisierung mit aller Kraft vorantreibt In der Praxis heiszligt das dass die reichen Laumlnder zahlen muumlssen

2 Wir wollen in Kopenhagen einen Durchbruch erreichen Das ist nur moumlglich wenn die Industrienationen eine solide Finanzieshyrung und ein ganzes Paket Technologien auf den Tisch legen

Friends of the Earth Das groumlszligte in Amsterdam gegruumlndete Grassroot-Netzwerk weltweit vereint mehr als zwei Millionen Mitglieder aus 77 Laumlndern

1 Um Klimagerechtigkeit zu erreichen muumlssen wir sicherstellen dass das UN-Klimaabkommen am Ende nicht bloszlig die Interessen von big business foumlrdert

2 Wir machen uns fuumlr folgende Schwerpunkte stark Absenkung der Emissionen auf vierzig Prozent des Niveaus

von 1990 bis 2020 allein durch inlaumlndische Aktivitaumlten Sicherung eines angemessenen Finanztransfers fuumlr mitigashy

tion 2 und adaptation 3 in den Entwicklungslaumlndern der von der UNFCCC 4 und nicht der Weltbank kontrolliert wird

Sicherstellung dass Waumllder nicht in den Kohlenstoff-markt eingebunden Plantagen nicht als Aufforstung angerechnet und die Landrechte der Einwohner erhalten werden

3 Wir unterstuumltzen die Forderung Boliviens nach Ruumlckzahlung der Klimaschulden und wir werden andere Nationen uumlberzeugen sich dieser Initiative anzuschlieszligen Wir werden die Demonstrashytion laquo Eine Flut fuumlr Klimagerechtigkeit raquo am 12 Dezember organisieren die Tausende auf die Kopenhagener Straszligen holen soll Wir werden gemeinsam mit anderen Netzwerken eine globale Bewegung fuumlr Klimagerechtigkeit etablieren die uumlber Kopenhagen hinaus reicht

AYICC The African Youth Initiative on Climate Change (AYICC) ist ein Jugendnetzwerk das sich auf der Internationalen Jugendklimakonshyferenz 2006 in NairobiKenia gegruumlndet hat Seitdem haben wir nicht aufgehoumlrt uns zu vernetzen und Wissen Ideen Erfahrungen und Strategien zum Klimwandel rund um den Kontinent auszutaushyschen Jugendgruppen aus Togo Kenia Uganda Suumldafrika Ghana und Ruanda spielen dabei eine groszlige Rolle Wir wollen die afrikanische Jugend fuumlr Klimaschutzprojekte mobilisieren und Verbindungen zwischen den gut hundert afrikanishyschen Jugendorganisationen zum Klimawandel herstellen

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laquoDER CO2-AUSSTOSS MUSS UNTER 350 PPM BLEIBENraquo

350org plant am 24 Oktober dem Tag der Vereinten

Nationen mit spektakulaumlren Aktionen weltweit Aufmerkshy

samkeit zu erregen 350 Bergsteiger werden mit Spruchshy

baumlndern in den Alpen und 350 Taucher im Great Barrier

Riff unterwegs sein Radsportteams legen 350 Kilometer

zuruumlck um unsere Botschaft weiterzugeben laquoUnser Job

ist es Laumlrm zu machen so dass wir nicht einfach ignoriert

werden koumlnnen und eine globale Bewegung entsteht Am

24 Oktober Weil es da noch ein schmales Zeitfenster gibt

im Vorfeld von Kopenhagen Druck auszuuumlbenraquo

VIDEO VON DER HOMPAGE WWW350ORGDE

6

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

UND DAS STEHT AN

IN KOPENHAGEN VON LILI FUHR UND TILMAN SANTARIUS

HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG

Die Klimaverhandlungen sind laumlngst keine reinen Umweltkonferenzen mehr Sie sind zu dem Forum aufgestiegen welches

die Regeln fuumlr Fairness in der Weltgesellschaft festlegt Nicht umsonst sprechen inzwischen fast alle Parteien von der

Notwendigkeit eines laquo fairen Deals raquo und einer laquo gerechten Lastenteilung raquo Ein Tableau der laufenden UN-Klimaverhandshy

lungen und ihrer verschiedenen Themenstraumlnge unter dem Blickwinkel der Gerechtigkeit

ANPASSUNG VORBEREITUNG AUF DAS UNVERMEIDBARE

Schon lange ist klar dass auch bei extrem ambitionierten Klimashyschutzzielen nicht alle Folgen der globalen Erwaumlrmung vermieden werden koumlnnen Vor allem in den Entwicklungslaumlndern sind die negativen Auswirkungen bereits jetzt enorm und sie treffen insbeshysondere die ohnehin verwundbarsten Gruppen (Arme Frauen Kleinbaumluerinnen und -bauern) Ohne einen Schwerpunkt auf Anpassung wird Klimapolitik nie gerecht sein koumlnnen Konkrete Vorschlaumlge zur Umsetzung von Anpassungsmaszlignahmen sowie Berechnungen des Finanzierungsbedarfs liegen vor

Dennoch gehen die Verhandlungen nur schleppend voran Wo werden Fragen der Gerechtigkeit besonders beruumlhrt Anpassung wird nicht in allen Faumlllen moumlglich sein An manche Folgen (etwa an dem Untergang kleiner Inseln) kann man sich nicht anpassen Hier muss es um Kompensationszahlungen fuumlr den Schaden gehen Aber um diese Frage druumlcken sich die Verursacherstaaten

Eng damit zusammen haumlngt die Frage der Finanzierung von Anpassungsmaszlignahmen Im Unterschied zur Entwicklungshilfe geht es hier nicht um Wohltaumltigkeit sondern um Ausgleichszahlungen Die Gelder duumlrfen in keinem Fall als Kredite zur Verfuumlgung gestellt werden sie muumlssen zusaumltzlich zu den jetzigen Zusagen oumlffentlicher Entwicklungshilfe gezahlt werden

Wer soll diese Gelder bekommen Und geht es nur um die verwundbarsten Staaten da die UN-Verhandlungen zwischen

Regierungen laufen Wie kann der Zugang fuumlr gefaumlhrdete Gruppen innerhalb dieser Laumlnder gewaumlhrleistet werden Wie koumlnnen Schaumlden fuumlr den Ernstfall versichert werden

Ein neues Klimaabkommen tritt erst 2013 in Kraft Doch bereits jetzt sind die Schaumlden groszlig Die aumlrmsten Entwicklungslaumlnder haben nationale Aktionsprogramme erstellt Doch sogar die Finanzierung dieser Maszlignahmen die global nur rund zwei Milliarden US-Dollar kosten wuumlrden ist nicht gegeben

MINDERUNG DER NORDEN MUSS WEITERHIN VORANGEHEN

Die Industrielaumlnder muumlssen voranschreiten wenn es um ehrgeizige Ziele der Emissionsreduktion geht Sie sind fuumlr den Groszligteil der Treibhausgase in der Atmosphaumlre verantwortlich und bei den aktuellen Pro-Kopf-Emissionen immer noch fuumlhrend Was bislang auf dem Tisch liegt genuumlgt bei Weitem nicht um gefaumlhrliche Klimaveraumlnderungen zu verhindern Je weniger aber die Industrieshylaumlnder tun desto mehr muumlssen die Schwellenlaumlnder sich engagieshyren ndash oder die Auswirkungen werden gravierender und treffen auch wieder die Aumlrmeren Ambitionierte Minderungsziele der Industrieshylaumlnder sind daher eine Grundbedingung internationaler Gerechtigkeit

Sodann ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit wie die Indusshytrielaumlnder untereinander ihre gesammelten Minderungspflichten aufteilen und sicherstellen dass die aumlrmeren Gruppen in ihren

7 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

eigenen Laumlndern nicht uumlbermaumlszligig belastet werden Tun die USA beispielsweise gegenwaumlrtig genug Im Vergleich zur Bush-Aumlra beobachten wir einen Quantensprung in der amerikanischen Klimapolitik Fuumlr ein globales Klimaschutzziel von houmlchstens 2deg C reicht es nicht

Wichtig aus Nord-Suumld-Perspektive ist zudem welchen Teil ihrer Minderungspflichten die Industrielaumlnder national erbringen und welchen sie durch Finanzierung internationaler Klimaschutzmaszligshynahmen in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern anrechnen duumlrfen Fuumlr diese Art eines Nord-Suumld-Transfers gibt es einen enormen Bedarf Aber es muss sich dabei deutlich um eine zusaumltzliche Pflicht der Industrielaumlnder handeln nicht um einen Ablasshandel der die so dringend notwendige energiepolitische Trendwende im Norden hinauszoumlgern wuumlrde

MINDERUNG WIE VIEL KANN VOM SUumlDEN VERLANGT WERDEN

Waumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entwicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligerdem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Dennoch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen und sollen in Kopenhagen noch keine Verpflichtungen eingehen Sie sollten aber bereits Plaumlne entwickeln wie auch sie Klimaschutz umsetzen werden Und sie koumlnnen mit diesen Plaumlnen Finanztransfer vom Norden beantragen um Maszlignahmen mit Mehrkosten durchzufuumlhren

Anders sieht dies fuumlr die Schwellenlaumlnder aus Einige so etwa Suumldkorea Saudi-Arabien Singapur sollten gar nicht mehr zu dieser Gruppe gezaumlhlt werden gemessen am Pro-Kopf-Einkommen oder an Pro-Kopf-Emissionen sind sie inzwischen Industrielaumlnder geworden Aber selbst Schwellenlaumlnder in denen Armut noch weit verbreitet ist werden sich in Kopenhagen zu einer aktiven Klimashyschutzpolitik verpflichten muumlssen In China Mexiko Brasilien Suumldafrika und weiteren Schwellenlaumlndern ist eine globale Konsushymentenklasse herangewachsen die die Kapazitaumlt hat ihre Treibshyhausgase deutlich zu reduzieren und die dafuumlr auch Verantwortung uumlbernehmen muss

Die USA wuumlrden von diesen Laumlndern in Kopenhagen gern absolute Reduktionsverpflichtungen sehen Aber sie haben kein Recht dies zu fordern weil sie selber trotz Rio und Kyoto nichts unternommen haben Denkbar fuumlr die Schwellenlaumlnder waumlre allerdings eine verpflichtende Deckelung der Emissionen in der Zukunft Denkbar waumlren ferner relative Ziele so dass die Emissionsshyintensitaumlt am Bruttosozialprodukt sinkt China hat solch ein Ziel bereits als Selbstverpflichtung ausgerufen Denkbar waumlre schlieszliglich auch dass die Schwellenlaumlnder sich verpflichten einen Satz effektiver Klimaschutzinstrumente einzufuumlhren wie Oumlkosteuern Effizienzstandards Emissionshandel Erneuerbare-Energien-Einspeishysegesetze usw

CLEAN DEVELOPMENT MECHANISM GERECHTIGKEIT AUF DEM KOHLENSTOFFMARKT

Der Clean Development Mechanism (CDM) dient vor allem zwei Zielen Einerseits soll er den Laumlndern des Nordens Flexibilitaumlt bei der Erfuumlllung ihrer Emissionsminderungspflichten bescheren Sie koumlnnen uumlber CDM die Vermeidung von Treibhausgasen in die Laumlnder des Suumldens abschieben Andererseits soll CDM dem Suumlden

uumlber Projekte den Einstieg in einen erneuerbaren Entwicklungspfad finanzieren und einen Transfer klimafreundlicher Technologien organisieren In der Praxis der letzten zwoumllf Jahre zeigt CDM aber erhebliche Schwaumlchen Vor allem wird seine oumlkologische Integritaumlt kritisiert Es mehren sich wissenschaftliche Studien die zeigen dass viele CDM-Projekte netto gar keine Emissionsminderungen bringen Traumlgt CDM uumlberhaupt zu einer nachhaltigen Entwicklung der Laumlnder des Suumldens bei

Mit Blick auf Gerechtigkeit koumlnnen noch weitere Punkte kritisiert werden Erstens ist die regionale Verteilung der CDM-Projekte extrem ungleich Rund achtzig Prozent aller Projekte werden in nur fuumlnf Laumlndern durchgefuumlhrt China Indien Brasilien Mexiko Malaysia Die meisten Entwicklungslaumlnder gehen leer aus Zweitens bietet CDM in der Praxis nicht wie erhofft Anreize fuumlr einen Technologietransfer die Mehrzahl der Projekte verfolgt noch nicht einmal in ihrer Selbstbeschreibung dieses Ziel So wundert es nicht dass CDM in den gegenwaumlrtigen Verhandlungen zur Disposition steht

Die Vorschlaumlge reichen von laquo gaumlnzlich abschaffen raquo bis laquo grundleshygend reformieren raquo Fuumlr letzteres liegen Optionen auf dem Tisch So koumlnnte CDM in Zukunft von einzelnen Projekten auf ganze Wirtshyschaftssektoren ausgedehnt werden etwa den Stahl- oder Zementshysektor (sectoral CDM) Oder er koumlnnte die Einfuumlhrung von Politiken und Maszlignahmen auf nationaler Ebene umfassen (policy CDM) Doch bei diesen Vorschlaumlgen geht es in erster Linie darum neue Reduktionspotentiale im Suumlden zu erschlieszligen Sie erscheinen indessen ungeeignet um eine gerechtere Verteilung von privatwirtshyschaftlichen Finanzen auf alle Laumlnder des Suumldens und einen verbesserten Technologietransfer uumlber den Kohlenstoffmarkt zu erzielen Besonders problematisch waumlre eine direkte Finanzierung von Tropenwaldschutz uumlber den Emissionshandel da es hier um groszlige Minderungspotentiale geht die sehr billig zu haben sind Sie vermindern dann die Anreize im Industrie- und Verkehrssektor die Energiewende einzuleiten

FINANZIERUNG WER ZAHLTrsquoS WER KRIEGTrsquoS

Minderung Anpassung und Technologiekooperationen kosten Geld Ein globales Klimaschutzabkommen wird es nicht ohne einen massiven Finanztransfer von Nord nach Suumld geben Im Kern handelt es sich auch hier um eine Frage gerechter Lastenteilung Welches Land soll welchen Anteil der globalen Kosten uumlbernehmen Eine Kostenschaumltzung ist dabei aumluszligerst schwierig Die Industrielaumlnder haben sich verpflichtet die vollstaumlndigen laquo inkrementellen Kosten raquo ndash sprich die Mehrkosten gegenuumlber preiswerteren klimaschaumldlichen Investitionen ndash aller Klimaschutzmaszlignahmen in den Entwicklungsshylaumlndern zu tragen Sollen die Hauptverursacher am meisten zahlen weil sie die groumlszligte historische Schuld tragen Oder sollen die reichen Laumlnder mehr als die weniger reichen zahlen weil sie aktuell die groumlszligten finanziellen Kapazitaumlten haben

Gerechtigkeitsfragen stellen sich ebenfalls bei der Ausgabe der Mittel Welches Land erhaumllt wie viel Geld Die Antworten sind nicht eindeutig Sollen China Mexiko oder Brasilien Geld erhalten weil hier die groumlszligten Vermeidungspotentiale schlummern und das Geld fuumlr den Klimaschutz am effektivsten eingesetzt waumlre Oder soll China wenig bis gar nichts erhalten weil es ein Umschwenken aus eigener Kraft schaffen kann Dann haumltten die weniger reichen Entwicklungslaumlnder und die am wenigsten entwickelten Laumlnder (LDCs) Anrecht auf das meiste Geld Davon abgesehen ist es problematisch dass die Diskussion uumlber Klimafi nanzierung derzeit hauptsaumlchlich geschlechterblind verlaumluft Frauen werden bei der Entwicklung moderner Finanzierungsmechanismen wenig beruumlckshy

8 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

sichtigt obwohl bekannt ist dass gerade sie in Entwicklungslaumlndern oft schlechteren Zugang zu Maumlrkten und Kapital besitzen als Maumlnner

INSTITUTIONEN NEUER WEIN UND ALTE SCHLAumlUCHE

Hilfe zur Anpassung Unterstuumltzung von Minderungsaktivitaumlten Reform des Kohlenstoffmarkts ein groszlig angelegter Technologieshytransfer ndash so oder so werden die Klimaverhandlungen dazu fuumlhren dass die internationale Kooperation in Wirtschaft und Politik zunimmt Welche Institutionen sollen diese Kooperation organisieshyren Viele Vorschlaumlge die von Laumlndern in die aktuellen Verhandlunshygen eingebracht wurden laufen auf die Gruumlndung neuer Institutioshynen hinaus So plaumldiert die Gruppe der Entwicklungslaumlnder fuumlr ein neues Exekutivorgan zum Technologietransfer und die EU fuumlr eine zentrale Kontrollinstanz die die nationalen Klimaschutzplaumlne aller Entwicklungslaumlnder uumlberpruumlfen soll Insbesondere uumlber das Mashynagement der uumlber hundert Milliarden Euro die in Zukunft womoumlgshylich flieszligen werden ist ein Konflikt entbrannt Welche Institution(en) sollen die Gelder verteilen Eine neue unabhaumlngige und mindestens paritaumltisch aus Nord und Suumld besetzte Finanzinstishytution die nicht nur die Interessen der Geldgeber vertritt fordern viele Entwicklungslaumlnder die Weltbank soll ausgebaut und reforshymiert werden um mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung diese Summen effektiv abwickeln zu koumlnnen meinen die meisten Industrielaumlnder Im Streit werden oft die am meisten betroffenen Gemeinschaften wie auch die Privatwirtschaft vergessen diese sollten moumlglichst unbuumlrokratisch und nach einem fairen Verteilungsshyschluumlssel auf die Gelder zugreifen koumlnnen

REPRAumlSENTATION UND MITSPRACHE KOMPLEXITAumlT GEGEN DEMOKRATIE

Je naumlher die Klimakonferenz in Kopenhagen ruumlckt desto kompliziershyter scheinen die Verhandlungen zu werden In verschiedenen Arbeitsgruppen wird oft parallel uumlber aumluszligerst komplexe technische Details verhandelt waumlhrend die groszligen politischen Fragen woanshyders entschieden werden Die Delegationen der aumlrmeren Entwickshylungslaumlnder stellt das vor groszlige Herausforderungen Sie bestehen oft nur aus wenigen Personen Expertise und Beratung muumlssen eingekauft werden Haumlufig fehlt die innenpolitische Ruumlckendeckung die den Verhandlungen Bedeutung einraumlumt Erfahrungswissen ist rar Dem Verhandlungsmarathon koumlnnen die kleinen Delegationen nur sehr begrenzt folgen und dementsprechend wenig Einfl uss auf seinen Verlauf nehmen ndash eine unschoumlne Erfahrung die vielen aus der WTO bekannt ist Hinzukommt dass genau diese Laumlnder in den (informellen) Gremien und Foren in denen politische Weichenstelshylungen beschlossen werden nicht vertreten sind ndash weder in der G8 der G20 oder dem von Bush einberufenen und von Obama fortgeshyfuumlhrten Major Economies Forum (MEF) der 17 groumlszligten Emittenten-Laumlnder Je (kosten-)aufwendiger und komplexer der Verhandlungsshyprozess wird desto mehr geraten Klimaschutz und Demokratie miteinander in Konflikt Und wenn schon Regierungen des Suumldens die Flut an Themen und Verhandlungstreffen kaum mehr bewaumlltishygen koumlnnen wie koumlnnen dann noch Betroffene und die Zivilgesellshyschaft angemessen mitsprechen

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9 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWie jeder weiszligraquo schreibt Ilkka Halso laquoist

die Natur in schlechter Verfassung Sie muss

renoviert werdenraquo Statt Gebaumlude und menschshy

liche Artefakte ruumlstet der fi nnische Foto-Kuumlnstshy

ler Naturobjekte ein umstellt Baumlume Felsbroshy

cken Felswaumlnde Wiesen mit Stangen und

Planen und trennt sie durch kuumlnstliches Licht

von ihrer Umgebung Ilkko Halso wirft einen

ironischen Blick auf die Beziehung Natur +

Mensch Und auf die Umkehrung des Verhaumlltshy

nisses Es ist heute die Natur ndash oder was von

ihr uumlbrig geblieben ist ndash die geschuumltzt repashy

riert und ausgeleuchtet wird so dass sie schimshy

mert wie eine hochkaraumltige Sammlung edler

Preziosen Inszenierte Natur ndash vergiftete

Romantik

laquoUntitled (2)raquo aus der Reihe

Restoration (2000)

10

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

EIN MARATHON DER INTERNATIONALE KLIMAKALENDER 2009

1 31 Maumlrz ndash 8 April UNFCCC Climate Negotiations Bonn

2 2 April G20 Meeting London

3 27 ndash 28 April Major Economies Forum Washington DC

4 25 ndash 26 Mai Major Economies Forum Paris

5 1 ndash 12 Juni UNFCCC Climate Negotiations Bonn

6 22 ndash 23 Juni Major Economies Forum Mexico City

7 8 ndash 10 Juli G8 Summit LrsquoAquila

8 11 Juli Major Economies Forum LrsquoAquila

9 10 ndash 14 August UNFCCC Climate Negotiations Bonn

10 17 ndash 18 September Major Economies Forum Washington DC

11 21 ndash 22 September 11th Renewable Energy Finance Forum London

12 22 ndash 23 September UN General Assembly New York

13 24 ndash 25 September G20 Meeting Heads of State Pittsburgh

14 28 September ndash 9 Oktober UNFCCC Climate Negotiations Bangkok

15 2ndash 6 November UNFCCC Climate Negotiations Barcelona

16 7 ndash 18 Dezember COP-15 Kopenhagen

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

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12 KLIMA UND GESCHLECHT

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TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

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Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

18

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

shy

Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 2: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

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INFORMATIONEN DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG

ER BESONDERE TIPP

Internationale KonferenzInternationale Konferenz

Countdown to Kopenhagen Deutschlands Verantwortung fuumlr Klimagerechtigkeit 17ndash18 November 2009 (Di ndashMi)

Beletage der Heinrich-Boumlll-Stiftung

Mit Achim Steiner (UNEP angefr) Dirk

Messner (DIE) Klaus Toumlpfer (IASS angefr) Barshy

bara Unmuumlszligig (Heinrich-Boumlll-Stiftung) uva

Veranstaltet von Heinrich-Boumlll-Stiftung Oxfam

Germanwatch Evangelischer Entwicklungsdienst

Brot fuumlr die Welt Misereor Welthungerhilfe

Info Anmeldung wwwboellde

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BuumlcherBuumlcher

Zur Lage der Welt 2009 Ein Planet vor der Uumlberhitshyzung Hrsg vom Worldwatch Institute in Zusamshy

menarbeit mit der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Gershy

manwatch im Verlag Westfaumllisches Dampfboot

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Wem gehoumlrt die Welt Zur Wiederentdeckung der Gemeinguumlter Mit Beitraumlgen von David Bollier Elishy

nor Ostrom Richard Stallman Sunita Narain Ulshy

rich Steinvorth Peter Barnes Oliver Moldenhauer

Pat Mooney ua Hrsg von Silke Helfrich und der

Heinrich-Boumlll-Stiftung im oekom verlag

Muumlnchen 2009 288 Seiten 2490 Euro

Unsere Buumlcher und Schriftenreihen finden Sie unter

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Urban Futures 2030 Visionen kuumlnftigen Staumldtebaus und urbaner Lebensweisen Berlin 2009 96 Seiten

ISBN 978-3-86928-008-0

Gruumlne Wege aus der Autokrise Vom Autobauer zum Mobilitaumltsdienstleister Ein Strategiepapier von

Weert Canzler und Andreas Knie Berlin 2009

32 Seiten ISBN 978-3-86928-005-9

Auf dem Weg zu einem Green New Deal Die Klima-und die Wirtschaftskrise als transatlantische Hershyausforderungen Ein Strategiepapier von Hilary

French Michael Renner und Gary Gardner (Worldshy

watch Institute) in Zusammenarbeit mit der Heinshy

rich-Boumlll-Stiftung Berlin 2009 56 Seiten ISBN

978-3-86928-003-5

Downloads unter wwwboelldepublikationen

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Dossier auf wwwboelldeDossier auf wwwboellde

Klimagipfel Auf dem Weg nach Kopenhagen Die

Heinrich-Boumlll-Stiftung begleitet die internationalen

Klimaverhandlungen vom 7ndash18 Dezember 2009 in

Kopenhagen mit aktuellen Informationen und intershy

nationalen Beitraumlgen und Publikationen Aktuelle

Entwicklungen rund ums Thema Klima kommenshy

tiert zudem der Blog

wwwklima-der-gerechtigkeitde

KonzepteKonzepte

ERENE ndash eine Europaumlische Gemeinschaft fuumlr Erneushyerbare Energien Eine Machbarkeitsstudie von

Michaele Schreyer und Lutz Mez Hrsg von der

Heinrich-Boumlll-Stiftung Schriften zu Europa ndash

Band 3 Berlin 2008 96 Seiten

Deutschlands Vorreiterrolle auf dem Pruumlfstand Wie schuumltzen wir die Menschenrechte im Treibhaus Ein

Policy Paper von Tilman Santarius auf der Basis

des Greenhouse Development Rights Framework

von Paul Baer Tom Athanasiou und Sivan Kartha

Hrsg von der Heinrich-Boumlll-Stiftung Berlin 2008

36 Seiten

Fairness in Global Climate Change Finance Policy

Paper by Andrew Pendleton and Simon Retallack

Edited by Institute for Public Policy Research and

supported by Heinrich Boumlll Foundation London

2009 34 pages

Downloads unter wwwboelldepublikationen

Wahl09 ndash Der Blog zur BundestagswahlWahl09 ndash Der Blog zur Bundestagswahl

Schwerpunkte sind die groszligen Themen des Wahlshy

kampfes Wo stehen wir in der Wirtschaftskrise

wie kommen wir aus ihr heraus ndash und wer zahlt dashy

fuumlr Was sind nachhaltige Investitionen ndash und wie

muss ein Green New Deal aussehen Die Beitraumlge

werden sich auch mit Bildungs- und Sozialpolitik

befassen mit Afghanistan und der Weltklimakonfeshy

renz ndash und schlieszliglich mit dem Wahlkampf selbst

Taumlglich neue Beitraumlge Kommentare und Beobshy

achtungen fuumlhlen am Puls der Zeit Sie koumlnnen sich

einklinken und mitdiskutieren via Kommentar oder

Twitter Begleitet wird der Blog von dem Journalisshy

ten Dietmar Bartz

Vom 31August ndash 30September 2009 unter

wwwboelldewahl09

AusstellungAusstellung

nochnichtmehr ndash Handeln im unmarkierten Raum 9September ndash 10Oktober 2009

Vernissage am 9September 2009 (Mi) 19Uhr

Foyer und Beletage der Heinrich-Boumlll-Stiftung

Ein Ausstellungsprojekt von Kai Bauer mit Wershy

ken der Kuumlnstlerinnen Nevin Aladag Lucia Delleshy

fant Ralph Homann Martin Kaltwasser Andreas

Mayer-Brennenstuhl Yoko Ono Elodie Pong Olishy

ver Ressler Albrecht Wild Georg Winter und Hans

Winkler

Symposium am 10 Oktober mit Alice Creischer

Beatrice von Bismarck Christoph Menke ua

Mehr Infos unter wwwboellde

ImpressumImpressum

Herausgeberin Heinrich-Boumlll-Stiftung

Schumannstraszlige 8 10117 Berlin

T 030 ndash 2 85 34 ndash 0 F 030 ndash 2 85 34 ndash 109

E themaboellde W wwwboelldethema

Redaktionsleitung Elisabeth Kiderlen

Redaktionsassistenz Susanne Dittrich

Mitarbeit Barbara Unmuumlszligig

Lili Fuhr

Tilman Santarius

Annette Maennel (ViSdP)

Gestaltung blotto design Berlin wwwblottodesignde

Druck agit-Druck Berlin

Papier Inhalt Envirotop 100gm2 matt hochweiszlig

Recyclingpapier aus 100 Altpapier

Umschlag Tauro Offset 170gm2

Bezugsbedingungen zu bestellen bei oben genannter Adresse

Hinweis In Partnerschaft mit der Firma Grammer Solar

wurde auf dem Dach der Heinrich-Boumlll-Stiftung eine

Photovoltaikanlage installiert Siehe Anzeige im

Umschlag

Bisher sind ua erschienenBisher sind ua erschienen

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Menschenrechte Green New Deal sind nicht teilbar

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EDITORIAL

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

Kopenhagen muss den Durchbruch bringen Das sagen Nichtregierungsorganisationen rund um den Globus und sie ruumlsten sich um im Vorfeld und spaumlter vor Ort Druck auf die Politik und die Delegierten der UN-Klimakonferenz auszuuumlben Die einen per Klimadiplomatie in den Konferenzshy

raumlumen die anderen mit Aktionen und Demonstrationen So unterschiedlich die Strategien sein moumlgen das Ziel ist es nicht

Der Klimawandel und seine Folgen werden heute weder von serioumlsen Wissenschaftlern angezweifelt noch von den Regierungen Dafuumlr sind die Auswirkungen rund um den Erdball schon zu offensichtlich Was Dirk Messner Direktor des Instituts fuumlr Entwickshylungspolitik in Bonn im BoumlllThema-Interview sagte ist heute fast schon common sense laquo Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelpunkt der Emissionen von Treibhausgas erreicht haben muumlssen die dann noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig sein dass wir die 2deg C-Grenze kaum noch einhalten koumlnnen raquo

Bei so viel Einigkeit in der Sache ndash warum ist der Sprung vom Wissen zum Handeln so schwer Weil die meisten Industrielaumlnder seit Kyoto zu wenig Ernst gemacht haben mit der Reduktion ihres CO2-Ausstoszliges Weil die fossile Lobby noch immer zu viel Einfluss auf die Politik hat Weil der Klimawandel und seine Folgen zu einem Zeitpunkt offenbar wurden als sich fuumlr die Laumlnder des globalen Suumldens zum ersten Mal ein Hoffnungsschimmer auftat der Armut zu entkommen Jetzt insistieren sie darauf dass nun endlich sie dran seien die Segnungen einer modernen Industriegesellschaft zu genieszligen

Gerechtigkeit ist zur Schluumlsselkategorie in den Klimaverhandlunshygen geworden Darum geht es in den Auseinandersetzungen zwischen dem Norden und dem Suumlden aber auch innerhalb der Europaumlischen Union Denn auch die neu hinzugekommenen EU-Laumlnder pochen auf ausgleichende Gerechtigkeit ndash Einschraumlnkunshygen haumltte es fuumlr sie zuvor genug gegeben

Was ist gerecht Wie fair ist fair genug In dieser Ausgabe von BoumlllThema vergleichen wir zwei Konzepte die den globalen Kampf gegen die Erderwaumlrmung mit dem Ausgleich wirtschaftlicher Ungleichheiten verbinden Dabei spielt nicht allein die Kategorie Ethik eine Rolle sondern auch Machbarkeit und Durchsetzbarkeit

Die Industrielaumlnder tragen eine doppelte Verantwortung Sie muumlssen Ernst machen mit der CO2-Reduktion im eigenen Land Und sie muumlssen mit massivem Finanz- und Technologietransfer die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder dabei unterstuumltzen kohlenshystoffarme Entwicklungspfade zu gehen Auch Programme zur

Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels sind laumlngst uumlberfaumlllig Durch welche Institutionen der dafuumlr notwendige Geldtransfer von Norden nach Suumlden verteilt werden soll und wie kontrolliert werden kann dass der Emissionshandel auch wirklich zu nachhaltigen Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern fuumlhrt ndash daruumlber wird zurzeit heftig gestritten In die Debatte mischt sich auch diese Ausgabe von BoumlllThema ein

Erst allmaumlhlich wird auch den politischen Systemen und Institutishyonen und ihren Faumlhigkeiten auf die Herausforderung des Klimashywandels zu reagieren Aufmerksamkeit geschenkt So gehen wir der Frage nach inwiefern Klimawandel und Demokratiefoumlrderung einander behindern oder befoumlrdern koumlnnen

Und wir greifen ein weithin vernachlaumlssigtes Thema auf Trifft die Erderwaumlrmung Frauen und Maumlnner unterschiedlich hart Reagieren Frauen und Maumlnner unterschiedlich auf die Veraumlnderunshygen durch Klimawandel Und sollten deshalb nicht auch die Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel zwischen den Geschlechtern differenziert werden

Um eine low carbon economy weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash 1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren so die Berechnungen Das ist eine gigantische Summe und doch Nicht-Handeln wird noch viel teuer Uumlberdies schafft das Umsteuern in eine nicht-fossile Weltwirtschaft neue Arbeitsplaumltze und neue Produkte Und wenn wir genauer hinschauen tut sich auch im Suumlden schon viel ndash in Costa Rica Suumldkorea China sogar in Ruanda Wir haben dazu ein kleines Dossier erstellt

Schon kurz nach den Bundestagswahlen am 27 September werden in zahlreichen internationalen Foren die Entscheidungen fuumlr neue Regeln in der Weltwirtschaft gefaumlllt ndash beim naumlchsten G20 Gipfel im PittsburghUSA bei der IWF-Weltbank-Jahrestagung in Istanbul Ein Meilenstein der internationalen Klimapolitik soll Kopenhagen werden Hier werden die Regeln fuumlr Fairness festgelegt und die Weichen fuumlr eine kohlenstoffaumlrmere Weltgesellschaft gestellt Dazu wollen auch wir beitragen ---PS laquo Klimawandel und Gerechtigkeit Unterwegs nach Kopenhagen raquo die neue Ausgabe von BoumlllThema wird auf der COPndash15 auch auf Englisch zu haben sein

Barbara Unmuumlszligig Vorstand der Heinrich-Boumlll-Stiftung

2 INHALT

209

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

4 laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo mdash Internationale NGOs unterwegs zur

15UN-Klimakonferenz

Aufgezeichnet von Constanze Weiske

6 Und das steht an in Kopenhagen mdash Ein Tableau der

laufenden UN-Klimaverhandlungen

Von Lili Fuhr und Tilman Santarius

10 Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009

11 Lauter Hotspots mdash Szenen des Klimawandels

Ein Dokumentarfilmer in Afrika

Von Marc Engelhardt

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KLIMA UND GESCHLECHT

12 Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner mdash

Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Von Antonie Nord und Sakhile Koketso

14 Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen Von Liane Schalatek

KLIMA UND DEMOKRATIE

16 Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so Von Peter Burnell

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

18 Neue Institutionen braucht die Welt Von Barbara Unmuumlszligig

20 laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo mdash Ein Interview

mit Dirk Messner Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik

uumlber die Summen die bewegt werden muumlssen um den

Klimawandel bei 2deg C zu halten

Von Elisabeth Kiderlen

CONSTANZE WEISKE SEITE 4

Die Studentin der Journalistik und Geoshygraphie schreibt derzeit ihre Diplomarshybeit zum Thema laquo Migration und Massenmedienraquo

LILI FUHR amp TILMAN SANTARIUS

SEITE 6

Fuhr Referentin der Heinrich-Boumlll-Stifshytung (hbs) fuumlr internationale Umweltshypolitik Santarius Referent fuumlr intershynationale Klima- und Energiepolitik der hbs Publikation (Ko-Autor) laquo Zushykunftsfaumlhiges Deutschland in einer gloshybalisierten Welt raquo Fischer 2008 Beide bloggen auf wwwklima-der-gerechtigshykeitde

MARC ENGELHARDT SEITE 11

Der Journalist lebt in Nairobi Kenia Publikation Die Reportagesammshy

lung laquo Der Huumlter der zerfallenden Buumlshycher raquo Picus 2009

ANTONIE NORD amp SAKHILE KOKETSO

SEITE 12

Nord Leiterin des hbs-Regionalbuumlros in Kapstadt Veroumlffentlichung laquo Sie lieben oder sie hassen ihn Jacob Zuma und die Wahlen in Suumldafrika raquo In GIGA Focus Afrika 2009 wwwgiga-hamburg de Koketso Leiterin des Programms fuumlr nachhaltige Entwicklung in Kapstadt

LIANE SCHALATEK SEITE 14

Stellvertretende Buumlroleiterin der hbs in Washington derzeit beurlaubt Sie arshybeitet freiberufl ich zum Thema Klimafinanzierung und Gender Publikatishyon laquo Gender and Climate Finance Doushyble Mainstreaming for Sustainable Deshyvelopment raquo Heinrich Boumlll Foundation North America 2009 wwwclimateshyfundsupdateorg

shy

PETER BURNELL SEITE 16

Professor fuumlr politische Wissenschaft und internationale Studien University of Warwick England Gruumlndungsdirekshytor der internationalen Zeitschrift Deshymocratization Publikation (zus mit Richard Youngs) laquoNew Challenges to Democratizationraquo erscheint im Herbst bei Routledge

BARBARA UNMUumlSSIG SEITE 18

Seit 2002 Vorstandsmitglied der Heinshyrich-Boumlll-Stiftung Veroumlffentlishychung laquoKein Ersatz fuumlr die Vereinten Nationen Nur die Weltorganisation gashyrantiert den Entwicklungslaumlndern eine Stimmeraquo In welt-sichten Ausgabe 609

ELISABETH KIDERLEN SEITE 20

Journalistin und Redakteurin Veroumlffentlichung laquo Das Kamel schreitet langsam voran dafuumlr Tag und Nacht raquo Studie zur iranischen Frauenbewegung vor der Wahl Juni 2009 www boellde

3 INHALT

22 Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind mdash Die muumlhsame Arbeit

der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Von Roderick Kefferpuumltz und Claude Weinber

24 Mit Leadership gegen die Zweifl er mdash Die USA haben aus

Kyoto gelernt

Von Arne Jungjohann

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

25 100 Erneuerbare Energien mdash Das naumlchste

europaumlische Megaprojekt

Von Ralf Fuumlcks

26 Vorreiter des Suumldens mdash Experten und Expertinnen aus Costa

Rica China Suumldafrika Brasilien Mexiko Indien Suumldkorea

und Ruanda uumlber die Klimapolitik in ihren Laumlndern

Von Lawrence Pratt Chen Jiliang und Kimiko Suda Antonie Nord

Thomas Fatheuer Ingrid Spiller Sanjay Vashist Young-Woo Park und

Marc Engelhardt

STIMMEN DES AUFBRUCHS

30 Die neue Macht der NGOs Von Nick Reimer

32 Im Prinzip richtig An sich falsch mdash Zur Debatte ob das

Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert

werden soll

Von Hanno Boumlck

IN DER DISKUSSION

33 Wie fair ist fair genug mdash Zwei Klimakonzepte im Vergleich

1 Contraction amp Convergence (CampC) Von Katrin Kraus und Konrad Ott

2 Greenhouse Development Rights (GDRs) Von Tilman Santarius

RODERICK KEFFERPUumlTZ amp CLAUDE WEINBER

SEITE 22

Kefferpuumltz Im Bruumlsseler Buumlro der hbs zustaumlndig fuumlr Energiepolitik Weinber Leiter des hbs-Buumlros Bruumlssel

ARNE JUNGJOHANN SEITE 24

Leiter des Programms Umwelt und Gloshybaler Dialog des hbs-Buumlros Washington DC Gruumlnder des Ortsvereins Washingshyton von Buumlndnis 90Die Gruumlnen

RALF FUumlCKS SEITE 25

Seit 1996 im Vorstand der HeinrichshyBoumlll-Stiftung Mitglied der Grundsatzshykommission von Buumlndnis 90Die Gruumlshynen Veroumlffentlichung laquo Die Oumlkoshylogische Transformation des Kapitalisshymusraquo In Die Dritte Industrielle Revolushytion ndash Aufbruch in ein oumlkologisches Jahrhundert BMU 2008

DIE EXPERTENSCHAFT SEITEN 26 ndash 29

Lawrence Pratt Leiter des Center for Competitiveness and Sustainable Deveshylopment an der INCAE Business School in Alajuela Costa Rica Gruumlnder anershykannter Programme wie Ecobanking Project (wwwecobankingcom) und Sustainable Markets Intelligence Center (wwwcims-lacom)

Chen Jiliang Koordinator des Proshygramms fuumlr Umwelt Klima und Energie im hbs-Buumlro Peking

Kimiko Suda Gender-Koordinatorin und Programmassistentin im hbs-Buumlro Peking Ko-Direktorin des laquo Asian Woshymens Film Festival Berlin raquo (AWFF) (wwwasianwomensfilmde)

Thomas Fatheuer Leiter des hbs-Buumlros Rio de Janeiro

Antonie Nord Leiterin des hbs-Buumlros Kapstadt

Ingrid Spiller Leiterin des hbs-Buumlros Mexiko-Stadt

Sanjay Vashist Berater fuumlr Klimawanshydel-Projekte beim hbs-Buumlro Neu-Delhi

Young-Woo Park Direktor des Regionalshybuumlros der UNEP fuumlr Asien und den pazishyfi schen Raum

Marc Engelhardt Dokumentarfi lmer

NICK REIMER SEITE 30

Redaktionsleiter des Online-Magazins wir-klimaretterde und Klimaexperte der taz Mitgruumlnder der uumlberregionalen Umweltzeitschrift der ehem DDR Oumlkosshytroika Publikation (zus mit Toshyralf Staud laquo Wir Klimaretter So ist die Wende noch zu schaffenraquo Kiwi 2007

HANNO BOumlCK SEITE 32

Student der Informatik Beim Online-Magazin wir-klimaretterde Ansprechshypartner fuumlr alles was in die Rubrik laquo Protestraquo passt

KATRIN KRAUS amp KONRAD OTT

SEITE 33

Kraus Landschaftsoumlkologin und wisshysenschaftliche Mitarbeiterin an der Ernst-Moritz Arndt Universitaumlt Greifsshywald Ott Professor fuumlr Umweltethik Universitaumlt Greifswald Mitglied des Beirats Biodiversitaumlt des Bundesminisshyteriums fuumlr Ernaumlhrung Landwirtschaft Verbraucherschutz

TILMAN SANTARIUS SEITE 33

Santarius Referent fuumlr internationale Klima- und Energiepolitik der hbs

4

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWIR WOLLEN EINE BEWEGUNG

GRUumlNDEN DIE UumlBER KOPENHAGEN

HINAUSREICHTraquo ZUSAMMENGESTELLT VON CONSTANZE WEISKE

Internationale NGOs unterwegs zur 15 UN-Klimakonferenz

350org Das Stammteam unserer Jugendorganisation besteht aus weltweit 18 jungen Leuten die vor allem Aktionen organisieren Der Name 350org leitet sich von dem Ziel ab den CO2-Ausstoszlig auf einen Wert unterhalb von 350 ppm 1 zu halten

1 Was bedeutet Klimagerechtigkeit fuumlr Ihre Organisation Unsere Mission ist es ein Bewusstsein fuumlr die Dringlichkeit der Probleme zu schaffen Letztlich laumluft alles auf die Menschenrechte hinaus das Recht auf Wasser (etwa in Pakistan wo die Himalaya-Gletshyscher die die Fluumlsse naumlhren verschwinden) das Recht auf Nahrung (auch da wo sich die Sahara ausbreitet und das Ackerland zerstoumlrt) das Recht auf nationales Uumlberleben auch der kleinen Inselstaaten Als Vertreter der juumlngeren Generation haben wir vielleicht die aufregendste Formulierung Wir betrachshyten Klimagerechtigkeit als das Recht auf Zukunft

2 Ziele fuumlr Kopenhagen Wir wollen sichergehen dass alle Deleshygierten dort verstehen dass die Menschen ihnen ihr Mandat uumlbertragen haben um einen global verbindlichen Vertrag zu schlieszligen der in Uumlbereinstimmung mit den neuen Erkenntnissen der Wissenschaft steht Wir wollen die Gelegenheit nutzen ein weltumspannendes Netz zu knuumlpfen um notfalls zu reagieren sollte Kopenhagen scheitern Wir brauchen eine globale Beweshygung die auf die globalen politischen Prozesse reagiert

3 Konkrete Aktionen zu Kopenhagen Unser zentraler Aktionstag ist der 24 Oktober ndash der Tag der UNO Da werden wir unsere Botschaft in jede Stadt auf jeden Berg an jeden Strand tragen laquo Der CO2-Ausstoszlig muss unter 350 ppm bleiben raquo

Aprodev 1990 gegruumlndete Dachorganisation von 19 europaumlischen Gruppen mit christlichem Hintergrund (Brot fuumlr die Welt und Landeskirchen)

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns sich auf eine Ordnung zu verstaumlndigen die die globalen Emissionen schnell reduziert und dabei das Recht armer Laumlnder auf Entwicklung respektiert

2 Wir wollen eine Selbstverpflichtung der reichen Laumlnder adaumlquashyte und zuverlaumlssige Finanzierung fuumlr Klimaaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlndern bereitzustellen Wir wollen eine signifikant bessere Kooperation in der Technologie und eine starke Untershystuumltzung bei der Anpassung an den Klimawandel

3 Aprodev betreibt mit Partnern aus den Entwicklungslaumlndern Lobbyarbeit fuumlr eine ambitionierte Positionierung der EU bei den Verhandlungen

IndyACT The League of Independent Activists ist ein weltweites Buumlndnis das 2006 im Libanon gegruumlndet wurde Unsere Kampagnen konzentrieshyren sich auf die arabischen Staaten Es gehoumlren auch IndyWomen dazu Libanesinnen die sich fuumlr Gleichberechtigung stark machen

1 Klimagerechtigkeit bedeutet aktiv zu werden 2 Wir wollen dass die Arabischen Staaten in Kopenhagen einen

gerechten Deal unterstuumltzen und Staaten wie Saudi-Arabien die Verhandlungen nicht wie beim Kyoto-Protokoll erneut blockieren

3 Wir bieten Jugendlichen Medien NGOs und Regierungsvertreshytern Workshops zur Klimapolitik an und initiieren Kampagnen um Druck auf unsere Regierungen aufzubauen

TNC Europe The Nature Conservancy wurde 1951 in Arlington (USA) als klassische Umwelt-NGO gegruumlndet und ist weltweit taumltig TNC hat mehr als eine Million Mitglieder in fuumlnfzig Staaten Unser Engageshyment gilt dem Wald- und Artenschutz und den maritimen Oumlkosysteshymen TNC bevorzugt pragmatische Loumlsungen vor der offenen Konfrontation

1 Klimagerechtigkeit heiszligt den aumlrmsten Entwicklungslaumlndern bei der Anpassung an die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels zu helfen Dabei geht es nicht nur um ausreichende finanzielle Mittel fuumlr internationale Fonds von denen etwa die vom Untergang bedrohten Inselstaaten profitieren koumlnnen Wir wollen Klimaanpassung mit nachhaltiger Entwicklung verbinden statt allein auf Maszlignahmen zur technischen Anpassung zu setzen

2 Wir setzen uns fuumlr ein voumllkerrechtlich verbindliches Klimaschutzshyabkommen ein um den globalen Temperaturanstieg unter 2deg C

5 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

zu halten Da dies ohne Einbeziehung des Tropenwaldschutzes unmoumlglich ist muss sich die nachhaltige Nutzung tropischer Waumllder in den Entwicklungslaumlndern besser rentieren als Investitishyonen in Soja- und Oumllpalmenplantagen bzw die Rinderzucht Neben einem massiven Anstieg oumlffentlicher Mittel fuumlr den Tropenwaldschutz wollen wir diesen schrittweise in den weltweishyten Kohlenstoffmarkt einbeziehen

3 In Kopenhagen wollen wir mit unseren Partnern groszlige regionale Projekte zur Klimaanpassung weltweit vorstellen um zu zeigen dass der Schutz funktionierender Oumlkosysteme in den bedrohten Regionen zu einer nachhaltigen sozio-oumlkonomischen Entwickshylung beitraumlgt

Ecoequity Eine in Berkeley (USA) gegruumlndete Expertengruppe fuumlr Umweltoumlkoshynomie Gerechtigkeit Energie und Ressourcen

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns dem Klimawandel angemessen zu begegnen eine Anstrengung die die Armut weltweit verrinshygert und die Dekarbonisierung mit aller Kraft vorantreibt In der Praxis heiszligt das dass die reichen Laumlnder zahlen muumlssen

2 Wir wollen in Kopenhagen einen Durchbruch erreichen Das ist nur moumlglich wenn die Industrienationen eine solide Finanzieshyrung und ein ganzes Paket Technologien auf den Tisch legen

Friends of the Earth Das groumlszligte in Amsterdam gegruumlndete Grassroot-Netzwerk weltweit vereint mehr als zwei Millionen Mitglieder aus 77 Laumlndern

1 Um Klimagerechtigkeit zu erreichen muumlssen wir sicherstellen dass das UN-Klimaabkommen am Ende nicht bloszlig die Interessen von big business foumlrdert

2 Wir machen uns fuumlr folgende Schwerpunkte stark Absenkung der Emissionen auf vierzig Prozent des Niveaus

von 1990 bis 2020 allein durch inlaumlndische Aktivitaumlten Sicherung eines angemessenen Finanztransfers fuumlr mitigashy

tion 2 und adaptation 3 in den Entwicklungslaumlndern der von der UNFCCC 4 und nicht der Weltbank kontrolliert wird

Sicherstellung dass Waumllder nicht in den Kohlenstoff-markt eingebunden Plantagen nicht als Aufforstung angerechnet und die Landrechte der Einwohner erhalten werden

3 Wir unterstuumltzen die Forderung Boliviens nach Ruumlckzahlung der Klimaschulden und wir werden andere Nationen uumlberzeugen sich dieser Initiative anzuschlieszligen Wir werden die Demonstrashytion laquo Eine Flut fuumlr Klimagerechtigkeit raquo am 12 Dezember organisieren die Tausende auf die Kopenhagener Straszligen holen soll Wir werden gemeinsam mit anderen Netzwerken eine globale Bewegung fuumlr Klimagerechtigkeit etablieren die uumlber Kopenhagen hinaus reicht

AYICC The African Youth Initiative on Climate Change (AYICC) ist ein Jugendnetzwerk das sich auf der Internationalen Jugendklimakonshyferenz 2006 in NairobiKenia gegruumlndet hat Seitdem haben wir nicht aufgehoumlrt uns zu vernetzen und Wissen Ideen Erfahrungen und Strategien zum Klimwandel rund um den Kontinent auszutaushyschen Jugendgruppen aus Togo Kenia Uganda Suumldafrika Ghana und Ruanda spielen dabei eine groszlige Rolle Wir wollen die afrikanische Jugend fuumlr Klimaschutzprojekte mobilisieren und Verbindungen zwischen den gut hundert afrikanishyschen Jugendorganisationen zum Klimawandel herstellen

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laquoDER CO2-AUSSTOSS MUSS UNTER 350 PPM BLEIBENraquo

350org plant am 24 Oktober dem Tag der Vereinten

Nationen mit spektakulaumlren Aktionen weltweit Aufmerkshy

samkeit zu erregen 350 Bergsteiger werden mit Spruchshy

baumlndern in den Alpen und 350 Taucher im Great Barrier

Riff unterwegs sein Radsportteams legen 350 Kilometer

zuruumlck um unsere Botschaft weiterzugeben laquoUnser Job

ist es Laumlrm zu machen so dass wir nicht einfach ignoriert

werden koumlnnen und eine globale Bewegung entsteht Am

24 Oktober Weil es da noch ein schmales Zeitfenster gibt

im Vorfeld von Kopenhagen Druck auszuuumlbenraquo

VIDEO VON DER HOMPAGE WWW350ORGDE

6

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

UND DAS STEHT AN

IN KOPENHAGEN VON LILI FUHR UND TILMAN SANTARIUS

HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG

Die Klimaverhandlungen sind laumlngst keine reinen Umweltkonferenzen mehr Sie sind zu dem Forum aufgestiegen welches

die Regeln fuumlr Fairness in der Weltgesellschaft festlegt Nicht umsonst sprechen inzwischen fast alle Parteien von der

Notwendigkeit eines laquo fairen Deals raquo und einer laquo gerechten Lastenteilung raquo Ein Tableau der laufenden UN-Klimaverhandshy

lungen und ihrer verschiedenen Themenstraumlnge unter dem Blickwinkel der Gerechtigkeit

ANPASSUNG VORBEREITUNG AUF DAS UNVERMEIDBARE

Schon lange ist klar dass auch bei extrem ambitionierten Klimashyschutzzielen nicht alle Folgen der globalen Erwaumlrmung vermieden werden koumlnnen Vor allem in den Entwicklungslaumlndern sind die negativen Auswirkungen bereits jetzt enorm und sie treffen insbeshysondere die ohnehin verwundbarsten Gruppen (Arme Frauen Kleinbaumluerinnen und -bauern) Ohne einen Schwerpunkt auf Anpassung wird Klimapolitik nie gerecht sein koumlnnen Konkrete Vorschlaumlge zur Umsetzung von Anpassungsmaszlignahmen sowie Berechnungen des Finanzierungsbedarfs liegen vor

Dennoch gehen die Verhandlungen nur schleppend voran Wo werden Fragen der Gerechtigkeit besonders beruumlhrt Anpassung wird nicht in allen Faumlllen moumlglich sein An manche Folgen (etwa an dem Untergang kleiner Inseln) kann man sich nicht anpassen Hier muss es um Kompensationszahlungen fuumlr den Schaden gehen Aber um diese Frage druumlcken sich die Verursacherstaaten

Eng damit zusammen haumlngt die Frage der Finanzierung von Anpassungsmaszlignahmen Im Unterschied zur Entwicklungshilfe geht es hier nicht um Wohltaumltigkeit sondern um Ausgleichszahlungen Die Gelder duumlrfen in keinem Fall als Kredite zur Verfuumlgung gestellt werden sie muumlssen zusaumltzlich zu den jetzigen Zusagen oumlffentlicher Entwicklungshilfe gezahlt werden

Wer soll diese Gelder bekommen Und geht es nur um die verwundbarsten Staaten da die UN-Verhandlungen zwischen

Regierungen laufen Wie kann der Zugang fuumlr gefaumlhrdete Gruppen innerhalb dieser Laumlnder gewaumlhrleistet werden Wie koumlnnen Schaumlden fuumlr den Ernstfall versichert werden

Ein neues Klimaabkommen tritt erst 2013 in Kraft Doch bereits jetzt sind die Schaumlden groszlig Die aumlrmsten Entwicklungslaumlnder haben nationale Aktionsprogramme erstellt Doch sogar die Finanzierung dieser Maszlignahmen die global nur rund zwei Milliarden US-Dollar kosten wuumlrden ist nicht gegeben

MINDERUNG DER NORDEN MUSS WEITERHIN VORANGEHEN

Die Industrielaumlnder muumlssen voranschreiten wenn es um ehrgeizige Ziele der Emissionsreduktion geht Sie sind fuumlr den Groszligteil der Treibhausgase in der Atmosphaumlre verantwortlich und bei den aktuellen Pro-Kopf-Emissionen immer noch fuumlhrend Was bislang auf dem Tisch liegt genuumlgt bei Weitem nicht um gefaumlhrliche Klimaveraumlnderungen zu verhindern Je weniger aber die Industrieshylaumlnder tun desto mehr muumlssen die Schwellenlaumlnder sich engagieshyren ndash oder die Auswirkungen werden gravierender und treffen auch wieder die Aumlrmeren Ambitionierte Minderungsziele der Industrieshylaumlnder sind daher eine Grundbedingung internationaler Gerechtigkeit

Sodann ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit wie die Indusshytrielaumlnder untereinander ihre gesammelten Minderungspflichten aufteilen und sicherstellen dass die aumlrmeren Gruppen in ihren

7 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

eigenen Laumlndern nicht uumlbermaumlszligig belastet werden Tun die USA beispielsweise gegenwaumlrtig genug Im Vergleich zur Bush-Aumlra beobachten wir einen Quantensprung in der amerikanischen Klimapolitik Fuumlr ein globales Klimaschutzziel von houmlchstens 2deg C reicht es nicht

Wichtig aus Nord-Suumld-Perspektive ist zudem welchen Teil ihrer Minderungspflichten die Industrielaumlnder national erbringen und welchen sie durch Finanzierung internationaler Klimaschutzmaszligshynahmen in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern anrechnen duumlrfen Fuumlr diese Art eines Nord-Suumld-Transfers gibt es einen enormen Bedarf Aber es muss sich dabei deutlich um eine zusaumltzliche Pflicht der Industrielaumlnder handeln nicht um einen Ablasshandel der die so dringend notwendige energiepolitische Trendwende im Norden hinauszoumlgern wuumlrde

MINDERUNG WIE VIEL KANN VOM SUumlDEN VERLANGT WERDEN

Waumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entwicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligerdem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Dennoch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen und sollen in Kopenhagen noch keine Verpflichtungen eingehen Sie sollten aber bereits Plaumlne entwickeln wie auch sie Klimaschutz umsetzen werden Und sie koumlnnen mit diesen Plaumlnen Finanztransfer vom Norden beantragen um Maszlignahmen mit Mehrkosten durchzufuumlhren

Anders sieht dies fuumlr die Schwellenlaumlnder aus Einige so etwa Suumldkorea Saudi-Arabien Singapur sollten gar nicht mehr zu dieser Gruppe gezaumlhlt werden gemessen am Pro-Kopf-Einkommen oder an Pro-Kopf-Emissionen sind sie inzwischen Industrielaumlnder geworden Aber selbst Schwellenlaumlnder in denen Armut noch weit verbreitet ist werden sich in Kopenhagen zu einer aktiven Klimashyschutzpolitik verpflichten muumlssen In China Mexiko Brasilien Suumldafrika und weiteren Schwellenlaumlndern ist eine globale Konsushymentenklasse herangewachsen die die Kapazitaumlt hat ihre Treibshyhausgase deutlich zu reduzieren und die dafuumlr auch Verantwortung uumlbernehmen muss

Die USA wuumlrden von diesen Laumlndern in Kopenhagen gern absolute Reduktionsverpflichtungen sehen Aber sie haben kein Recht dies zu fordern weil sie selber trotz Rio und Kyoto nichts unternommen haben Denkbar fuumlr die Schwellenlaumlnder waumlre allerdings eine verpflichtende Deckelung der Emissionen in der Zukunft Denkbar waumlren ferner relative Ziele so dass die Emissionsshyintensitaumlt am Bruttosozialprodukt sinkt China hat solch ein Ziel bereits als Selbstverpflichtung ausgerufen Denkbar waumlre schlieszliglich auch dass die Schwellenlaumlnder sich verpflichten einen Satz effektiver Klimaschutzinstrumente einzufuumlhren wie Oumlkosteuern Effizienzstandards Emissionshandel Erneuerbare-Energien-Einspeishysegesetze usw

CLEAN DEVELOPMENT MECHANISM GERECHTIGKEIT AUF DEM KOHLENSTOFFMARKT

Der Clean Development Mechanism (CDM) dient vor allem zwei Zielen Einerseits soll er den Laumlndern des Nordens Flexibilitaumlt bei der Erfuumlllung ihrer Emissionsminderungspflichten bescheren Sie koumlnnen uumlber CDM die Vermeidung von Treibhausgasen in die Laumlnder des Suumldens abschieben Andererseits soll CDM dem Suumlden

uumlber Projekte den Einstieg in einen erneuerbaren Entwicklungspfad finanzieren und einen Transfer klimafreundlicher Technologien organisieren In der Praxis der letzten zwoumllf Jahre zeigt CDM aber erhebliche Schwaumlchen Vor allem wird seine oumlkologische Integritaumlt kritisiert Es mehren sich wissenschaftliche Studien die zeigen dass viele CDM-Projekte netto gar keine Emissionsminderungen bringen Traumlgt CDM uumlberhaupt zu einer nachhaltigen Entwicklung der Laumlnder des Suumldens bei

Mit Blick auf Gerechtigkeit koumlnnen noch weitere Punkte kritisiert werden Erstens ist die regionale Verteilung der CDM-Projekte extrem ungleich Rund achtzig Prozent aller Projekte werden in nur fuumlnf Laumlndern durchgefuumlhrt China Indien Brasilien Mexiko Malaysia Die meisten Entwicklungslaumlnder gehen leer aus Zweitens bietet CDM in der Praxis nicht wie erhofft Anreize fuumlr einen Technologietransfer die Mehrzahl der Projekte verfolgt noch nicht einmal in ihrer Selbstbeschreibung dieses Ziel So wundert es nicht dass CDM in den gegenwaumlrtigen Verhandlungen zur Disposition steht

Die Vorschlaumlge reichen von laquo gaumlnzlich abschaffen raquo bis laquo grundleshygend reformieren raquo Fuumlr letzteres liegen Optionen auf dem Tisch So koumlnnte CDM in Zukunft von einzelnen Projekten auf ganze Wirtshyschaftssektoren ausgedehnt werden etwa den Stahl- oder Zementshysektor (sectoral CDM) Oder er koumlnnte die Einfuumlhrung von Politiken und Maszlignahmen auf nationaler Ebene umfassen (policy CDM) Doch bei diesen Vorschlaumlgen geht es in erster Linie darum neue Reduktionspotentiale im Suumlden zu erschlieszligen Sie erscheinen indessen ungeeignet um eine gerechtere Verteilung von privatwirtshyschaftlichen Finanzen auf alle Laumlnder des Suumldens und einen verbesserten Technologietransfer uumlber den Kohlenstoffmarkt zu erzielen Besonders problematisch waumlre eine direkte Finanzierung von Tropenwaldschutz uumlber den Emissionshandel da es hier um groszlige Minderungspotentiale geht die sehr billig zu haben sind Sie vermindern dann die Anreize im Industrie- und Verkehrssektor die Energiewende einzuleiten

FINANZIERUNG WER ZAHLTrsquoS WER KRIEGTrsquoS

Minderung Anpassung und Technologiekooperationen kosten Geld Ein globales Klimaschutzabkommen wird es nicht ohne einen massiven Finanztransfer von Nord nach Suumld geben Im Kern handelt es sich auch hier um eine Frage gerechter Lastenteilung Welches Land soll welchen Anteil der globalen Kosten uumlbernehmen Eine Kostenschaumltzung ist dabei aumluszligerst schwierig Die Industrielaumlnder haben sich verpflichtet die vollstaumlndigen laquo inkrementellen Kosten raquo ndash sprich die Mehrkosten gegenuumlber preiswerteren klimaschaumldlichen Investitionen ndash aller Klimaschutzmaszlignahmen in den Entwicklungsshylaumlndern zu tragen Sollen die Hauptverursacher am meisten zahlen weil sie die groumlszligte historische Schuld tragen Oder sollen die reichen Laumlnder mehr als die weniger reichen zahlen weil sie aktuell die groumlszligten finanziellen Kapazitaumlten haben

Gerechtigkeitsfragen stellen sich ebenfalls bei der Ausgabe der Mittel Welches Land erhaumllt wie viel Geld Die Antworten sind nicht eindeutig Sollen China Mexiko oder Brasilien Geld erhalten weil hier die groumlszligten Vermeidungspotentiale schlummern und das Geld fuumlr den Klimaschutz am effektivsten eingesetzt waumlre Oder soll China wenig bis gar nichts erhalten weil es ein Umschwenken aus eigener Kraft schaffen kann Dann haumltten die weniger reichen Entwicklungslaumlnder und die am wenigsten entwickelten Laumlnder (LDCs) Anrecht auf das meiste Geld Davon abgesehen ist es problematisch dass die Diskussion uumlber Klimafi nanzierung derzeit hauptsaumlchlich geschlechterblind verlaumluft Frauen werden bei der Entwicklung moderner Finanzierungsmechanismen wenig beruumlckshy

8 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

sichtigt obwohl bekannt ist dass gerade sie in Entwicklungslaumlndern oft schlechteren Zugang zu Maumlrkten und Kapital besitzen als Maumlnner

INSTITUTIONEN NEUER WEIN UND ALTE SCHLAumlUCHE

Hilfe zur Anpassung Unterstuumltzung von Minderungsaktivitaumlten Reform des Kohlenstoffmarkts ein groszlig angelegter Technologieshytransfer ndash so oder so werden die Klimaverhandlungen dazu fuumlhren dass die internationale Kooperation in Wirtschaft und Politik zunimmt Welche Institutionen sollen diese Kooperation organisieshyren Viele Vorschlaumlge die von Laumlndern in die aktuellen Verhandlunshygen eingebracht wurden laufen auf die Gruumlndung neuer Institutioshynen hinaus So plaumldiert die Gruppe der Entwicklungslaumlnder fuumlr ein neues Exekutivorgan zum Technologietransfer und die EU fuumlr eine zentrale Kontrollinstanz die die nationalen Klimaschutzplaumlne aller Entwicklungslaumlnder uumlberpruumlfen soll Insbesondere uumlber das Mashynagement der uumlber hundert Milliarden Euro die in Zukunft womoumlgshylich flieszligen werden ist ein Konflikt entbrannt Welche Institution(en) sollen die Gelder verteilen Eine neue unabhaumlngige und mindestens paritaumltisch aus Nord und Suumld besetzte Finanzinstishytution die nicht nur die Interessen der Geldgeber vertritt fordern viele Entwicklungslaumlnder die Weltbank soll ausgebaut und reforshymiert werden um mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung diese Summen effektiv abwickeln zu koumlnnen meinen die meisten Industrielaumlnder Im Streit werden oft die am meisten betroffenen Gemeinschaften wie auch die Privatwirtschaft vergessen diese sollten moumlglichst unbuumlrokratisch und nach einem fairen Verteilungsshyschluumlssel auf die Gelder zugreifen koumlnnen

REPRAumlSENTATION UND MITSPRACHE KOMPLEXITAumlT GEGEN DEMOKRATIE

Je naumlher die Klimakonferenz in Kopenhagen ruumlckt desto kompliziershyter scheinen die Verhandlungen zu werden In verschiedenen Arbeitsgruppen wird oft parallel uumlber aumluszligerst komplexe technische Details verhandelt waumlhrend die groszligen politischen Fragen woanshyders entschieden werden Die Delegationen der aumlrmeren Entwickshylungslaumlnder stellt das vor groszlige Herausforderungen Sie bestehen oft nur aus wenigen Personen Expertise und Beratung muumlssen eingekauft werden Haumlufig fehlt die innenpolitische Ruumlckendeckung die den Verhandlungen Bedeutung einraumlumt Erfahrungswissen ist rar Dem Verhandlungsmarathon koumlnnen die kleinen Delegationen nur sehr begrenzt folgen und dementsprechend wenig Einfl uss auf seinen Verlauf nehmen ndash eine unschoumlne Erfahrung die vielen aus der WTO bekannt ist Hinzukommt dass genau diese Laumlnder in den (informellen) Gremien und Foren in denen politische Weichenstelshylungen beschlossen werden nicht vertreten sind ndash weder in der G8 der G20 oder dem von Bush einberufenen und von Obama fortgeshyfuumlhrten Major Economies Forum (MEF) der 17 groumlszligten Emittenten-Laumlnder Je (kosten-)aufwendiger und komplexer der Verhandlungsshyprozess wird desto mehr geraten Klimaschutz und Demokratie miteinander in Konflikt Und wenn schon Regierungen des Suumldens die Flut an Themen und Verhandlungstreffen kaum mehr bewaumlltishygen koumlnnen wie koumlnnen dann noch Betroffene und die Zivilgesellshyschaft angemessen mitsprechen

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9 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWie jeder weiszligraquo schreibt Ilkka Halso laquoist

die Natur in schlechter Verfassung Sie muss

renoviert werdenraquo Statt Gebaumlude und menschshy

liche Artefakte ruumlstet der fi nnische Foto-Kuumlnstshy

ler Naturobjekte ein umstellt Baumlume Felsbroshy

cken Felswaumlnde Wiesen mit Stangen und

Planen und trennt sie durch kuumlnstliches Licht

von ihrer Umgebung Ilkko Halso wirft einen

ironischen Blick auf die Beziehung Natur +

Mensch Und auf die Umkehrung des Verhaumlltshy

nisses Es ist heute die Natur ndash oder was von

ihr uumlbrig geblieben ist ndash die geschuumltzt repashy

riert und ausgeleuchtet wird so dass sie schimshy

mert wie eine hochkaraumltige Sammlung edler

Preziosen Inszenierte Natur ndash vergiftete

Romantik

laquoUntitled (2)raquo aus der Reihe

Restoration (2000)

10

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

EIN MARATHON DER INTERNATIONALE KLIMAKALENDER 2009

1 31 Maumlrz ndash 8 April UNFCCC Climate Negotiations Bonn

2 2 April G20 Meeting London

3 27 ndash 28 April Major Economies Forum Washington DC

4 25 ndash 26 Mai Major Economies Forum Paris

5 1 ndash 12 Juni UNFCCC Climate Negotiations Bonn

6 22 ndash 23 Juni Major Economies Forum Mexico City

7 8 ndash 10 Juli G8 Summit LrsquoAquila

8 11 Juli Major Economies Forum LrsquoAquila

9 10 ndash 14 August UNFCCC Climate Negotiations Bonn

10 17 ndash 18 September Major Economies Forum Washington DC

11 21 ndash 22 September 11th Renewable Energy Finance Forum London

12 22 ndash 23 September UN General Assembly New York

13 24 ndash 25 September G20 Meeting Heads of State Pittsburgh

14 28 September ndash 9 Oktober UNFCCC Climate Negotiations Bangkok

15 2ndash 6 November UNFCCC Climate Negotiations Barcelona

16 7 ndash 18 Dezember COP-15 Kopenhagen

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

---

12 KLIMA UND GESCHLECHT

F

TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

ges

Corb

is

Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 3: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

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EDITORIAL

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

Kopenhagen muss den Durchbruch bringen Das sagen Nichtregierungsorganisationen rund um den Globus und sie ruumlsten sich um im Vorfeld und spaumlter vor Ort Druck auf die Politik und die Delegierten der UN-Klimakonferenz auszuuumlben Die einen per Klimadiplomatie in den Konferenzshy

raumlumen die anderen mit Aktionen und Demonstrationen So unterschiedlich die Strategien sein moumlgen das Ziel ist es nicht

Der Klimawandel und seine Folgen werden heute weder von serioumlsen Wissenschaftlern angezweifelt noch von den Regierungen Dafuumlr sind die Auswirkungen rund um den Erdball schon zu offensichtlich Was Dirk Messner Direktor des Instituts fuumlr Entwickshylungspolitik in Bonn im BoumlllThema-Interview sagte ist heute fast schon common sense laquo Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelpunkt der Emissionen von Treibhausgas erreicht haben muumlssen die dann noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig sein dass wir die 2deg C-Grenze kaum noch einhalten koumlnnen raquo

Bei so viel Einigkeit in der Sache ndash warum ist der Sprung vom Wissen zum Handeln so schwer Weil die meisten Industrielaumlnder seit Kyoto zu wenig Ernst gemacht haben mit der Reduktion ihres CO2-Ausstoszliges Weil die fossile Lobby noch immer zu viel Einfluss auf die Politik hat Weil der Klimawandel und seine Folgen zu einem Zeitpunkt offenbar wurden als sich fuumlr die Laumlnder des globalen Suumldens zum ersten Mal ein Hoffnungsschimmer auftat der Armut zu entkommen Jetzt insistieren sie darauf dass nun endlich sie dran seien die Segnungen einer modernen Industriegesellschaft zu genieszligen

Gerechtigkeit ist zur Schluumlsselkategorie in den Klimaverhandlunshygen geworden Darum geht es in den Auseinandersetzungen zwischen dem Norden und dem Suumlden aber auch innerhalb der Europaumlischen Union Denn auch die neu hinzugekommenen EU-Laumlnder pochen auf ausgleichende Gerechtigkeit ndash Einschraumlnkunshygen haumltte es fuumlr sie zuvor genug gegeben

Was ist gerecht Wie fair ist fair genug In dieser Ausgabe von BoumlllThema vergleichen wir zwei Konzepte die den globalen Kampf gegen die Erderwaumlrmung mit dem Ausgleich wirtschaftlicher Ungleichheiten verbinden Dabei spielt nicht allein die Kategorie Ethik eine Rolle sondern auch Machbarkeit und Durchsetzbarkeit

Die Industrielaumlnder tragen eine doppelte Verantwortung Sie muumlssen Ernst machen mit der CO2-Reduktion im eigenen Land Und sie muumlssen mit massivem Finanz- und Technologietransfer die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder dabei unterstuumltzen kohlenshystoffarme Entwicklungspfade zu gehen Auch Programme zur

Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels sind laumlngst uumlberfaumlllig Durch welche Institutionen der dafuumlr notwendige Geldtransfer von Norden nach Suumlden verteilt werden soll und wie kontrolliert werden kann dass der Emissionshandel auch wirklich zu nachhaltigen Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern fuumlhrt ndash daruumlber wird zurzeit heftig gestritten In die Debatte mischt sich auch diese Ausgabe von BoumlllThema ein

Erst allmaumlhlich wird auch den politischen Systemen und Institutishyonen und ihren Faumlhigkeiten auf die Herausforderung des Klimashywandels zu reagieren Aufmerksamkeit geschenkt So gehen wir der Frage nach inwiefern Klimawandel und Demokratiefoumlrderung einander behindern oder befoumlrdern koumlnnen

Und wir greifen ein weithin vernachlaumlssigtes Thema auf Trifft die Erderwaumlrmung Frauen und Maumlnner unterschiedlich hart Reagieren Frauen und Maumlnner unterschiedlich auf die Veraumlnderunshygen durch Klimawandel Und sollten deshalb nicht auch die Maszlignahmen zur Anpassung an den Klimawandel zwischen den Geschlechtern differenziert werden

Um eine low carbon economy weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash 1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren so die Berechnungen Das ist eine gigantische Summe und doch Nicht-Handeln wird noch viel teuer Uumlberdies schafft das Umsteuern in eine nicht-fossile Weltwirtschaft neue Arbeitsplaumltze und neue Produkte Und wenn wir genauer hinschauen tut sich auch im Suumlden schon viel ndash in Costa Rica Suumldkorea China sogar in Ruanda Wir haben dazu ein kleines Dossier erstellt

Schon kurz nach den Bundestagswahlen am 27 September werden in zahlreichen internationalen Foren die Entscheidungen fuumlr neue Regeln in der Weltwirtschaft gefaumlllt ndash beim naumlchsten G20 Gipfel im PittsburghUSA bei der IWF-Weltbank-Jahrestagung in Istanbul Ein Meilenstein der internationalen Klimapolitik soll Kopenhagen werden Hier werden die Regeln fuumlr Fairness festgelegt und die Weichen fuumlr eine kohlenstoffaumlrmere Weltgesellschaft gestellt Dazu wollen auch wir beitragen ---PS laquo Klimawandel und Gerechtigkeit Unterwegs nach Kopenhagen raquo die neue Ausgabe von BoumlllThema wird auf der COPndash15 auch auf Englisch zu haben sein

Barbara Unmuumlszligig Vorstand der Heinrich-Boumlll-Stiftung

2 INHALT

209

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

4 laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo mdash Internationale NGOs unterwegs zur

15UN-Klimakonferenz

Aufgezeichnet von Constanze Weiske

6 Und das steht an in Kopenhagen mdash Ein Tableau der

laufenden UN-Klimaverhandlungen

Von Lili Fuhr und Tilman Santarius

10 Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009

11 Lauter Hotspots mdash Szenen des Klimawandels

Ein Dokumentarfilmer in Afrika

Von Marc Engelhardt

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KLIMA UND GESCHLECHT

12 Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner mdash

Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Von Antonie Nord und Sakhile Koketso

14 Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen Von Liane Schalatek

KLIMA UND DEMOKRATIE

16 Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so Von Peter Burnell

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

18 Neue Institutionen braucht die Welt Von Barbara Unmuumlszligig

20 laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo mdash Ein Interview

mit Dirk Messner Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik

uumlber die Summen die bewegt werden muumlssen um den

Klimawandel bei 2deg C zu halten

Von Elisabeth Kiderlen

CONSTANZE WEISKE SEITE 4

Die Studentin der Journalistik und Geoshygraphie schreibt derzeit ihre Diplomarshybeit zum Thema laquo Migration und Massenmedienraquo

LILI FUHR amp TILMAN SANTARIUS

SEITE 6

Fuhr Referentin der Heinrich-Boumlll-Stifshytung (hbs) fuumlr internationale Umweltshypolitik Santarius Referent fuumlr intershynationale Klima- und Energiepolitik der hbs Publikation (Ko-Autor) laquo Zushykunftsfaumlhiges Deutschland in einer gloshybalisierten Welt raquo Fischer 2008 Beide bloggen auf wwwklima-der-gerechtigshykeitde

MARC ENGELHARDT SEITE 11

Der Journalist lebt in Nairobi Kenia Publikation Die Reportagesammshy

lung laquo Der Huumlter der zerfallenden Buumlshycher raquo Picus 2009

ANTONIE NORD amp SAKHILE KOKETSO

SEITE 12

Nord Leiterin des hbs-Regionalbuumlros in Kapstadt Veroumlffentlichung laquo Sie lieben oder sie hassen ihn Jacob Zuma und die Wahlen in Suumldafrika raquo In GIGA Focus Afrika 2009 wwwgiga-hamburg de Koketso Leiterin des Programms fuumlr nachhaltige Entwicklung in Kapstadt

LIANE SCHALATEK SEITE 14

Stellvertretende Buumlroleiterin der hbs in Washington derzeit beurlaubt Sie arshybeitet freiberufl ich zum Thema Klimafinanzierung und Gender Publikatishyon laquo Gender and Climate Finance Doushyble Mainstreaming for Sustainable Deshyvelopment raquo Heinrich Boumlll Foundation North America 2009 wwwclimateshyfundsupdateorg

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PETER BURNELL SEITE 16

Professor fuumlr politische Wissenschaft und internationale Studien University of Warwick England Gruumlndungsdirekshytor der internationalen Zeitschrift Deshymocratization Publikation (zus mit Richard Youngs) laquoNew Challenges to Democratizationraquo erscheint im Herbst bei Routledge

BARBARA UNMUumlSSIG SEITE 18

Seit 2002 Vorstandsmitglied der Heinshyrich-Boumlll-Stiftung Veroumlffentlishychung laquoKein Ersatz fuumlr die Vereinten Nationen Nur die Weltorganisation gashyrantiert den Entwicklungslaumlndern eine Stimmeraquo In welt-sichten Ausgabe 609

ELISABETH KIDERLEN SEITE 20

Journalistin und Redakteurin Veroumlffentlichung laquo Das Kamel schreitet langsam voran dafuumlr Tag und Nacht raquo Studie zur iranischen Frauenbewegung vor der Wahl Juni 2009 www boellde

3 INHALT

22 Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind mdash Die muumlhsame Arbeit

der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Von Roderick Kefferpuumltz und Claude Weinber

24 Mit Leadership gegen die Zweifl er mdash Die USA haben aus

Kyoto gelernt

Von Arne Jungjohann

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

25 100 Erneuerbare Energien mdash Das naumlchste

europaumlische Megaprojekt

Von Ralf Fuumlcks

26 Vorreiter des Suumldens mdash Experten und Expertinnen aus Costa

Rica China Suumldafrika Brasilien Mexiko Indien Suumldkorea

und Ruanda uumlber die Klimapolitik in ihren Laumlndern

Von Lawrence Pratt Chen Jiliang und Kimiko Suda Antonie Nord

Thomas Fatheuer Ingrid Spiller Sanjay Vashist Young-Woo Park und

Marc Engelhardt

STIMMEN DES AUFBRUCHS

30 Die neue Macht der NGOs Von Nick Reimer

32 Im Prinzip richtig An sich falsch mdash Zur Debatte ob das

Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert

werden soll

Von Hanno Boumlck

IN DER DISKUSSION

33 Wie fair ist fair genug mdash Zwei Klimakonzepte im Vergleich

1 Contraction amp Convergence (CampC) Von Katrin Kraus und Konrad Ott

2 Greenhouse Development Rights (GDRs) Von Tilman Santarius

RODERICK KEFFERPUumlTZ amp CLAUDE WEINBER

SEITE 22

Kefferpuumltz Im Bruumlsseler Buumlro der hbs zustaumlndig fuumlr Energiepolitik Weinber Leiter des hbs-Buumlros Bruumlssel

ARNE JUNGJOHANN SEITE 24

Leiter des Programms Umwelt und Gloshybaler Dialog des hbs-Buumlros Washington DC Gruumlnder des Ortsvereins Washingshyton von Buumlndnis 90Die Gruumlnen

RALF FUumlCKS SEITE 25

Seit 1996 im Vorstand der HeinrichshyBoumlll-Stiftung Mitglied der Grundsatzshykommission von Buumlndnis 90Die Gruumlshynen Veroumlffentlichung laquo Die Oumlkoshylogische Transformation des Kapitalisshymusraquo In Die Dritte Industrielle Revolushytion ndash Aufbruch in ein oumlkologisches Jahrhundert BMU 2008

DIE EXPERTENSCHAFT SEITEN 26 ndash 29

Lawrence Pratt Leiter des Center for Competitiveness and Sustainable Deveshylopment an der INCAE Business School in Alajuela Costa Rica Gruumlnder anershykannter Programme wie Ecobanking Project (wwwecobankingcom) und Sustainable Markets Intelligence Center (wwwcims-lacom)

Chen Jiliang Koordinator des Proshygramms fuumlr Umwelt Klima und Energie im hbs-Buumlro Peking

Kimiko Suda Gender-Koordinatorin und Programmassistentin im hbs-Buumlro Peking Ko-Direktorin des laquo Asian Woshymens Film Festival Berlin raquo (AWFF) (wwwasianwomensfilmde)

Thomas Fatheuer Leiter des hbs-Buumlros Rio de Janeiro

Antonie Nord Leiterin des hbs-Buumlros Kapstadt

Ingrid Spiller Leiterin des hbs-Buumlros Mexiko-Stadt

Sanjay Vashist Berater fuumlr Klimawanshydel-Projekte beim hbs-Buumlro Neu-Delhi

Young-Woo Park Direktor des Regionalshybuumlros der UNEP fuumlr Asien und den pazishyfi schen Raum

Marc Engelhardt Dokumentarfi lmer

NICK REIMER SEITE 30

Redaktionsleiter des Online-Magazins wir-klimaretterde und Klimaexperte der taz Mitgruumlnder der uumlberregionalen Umweltzeitschrift der ehem DDR Oumlkosshytroika Publikation (zus mit Toshyralf Staud laquo Wir Klimaretter So ist die Wende noch zu schaffenraquo Kiwi 2007

HANNO BOumlCK SEITE 32

Student der Informatik Beim Online-Magazin wir-klimaretterde Ansprechshypartner fuumlr alles was in die Rubrik laquo Protestraquo passt

KATRIN KRAUS amp KONRAD OTT

SEITE 33

Kraus Landschaftsoumlkologin und wisshysenschaftliche Mitarbeiterin an der Ernst-Moritz Arndt Universitaumlt Greifsshywald Ott Professor fuumlr Umweltethik Universitaumlt Greifswald Mitglied des Beirats Biodiversitaumlt des Bundesminisshyteriums fuumlr Ernaumlhrung Landwirtschaft Verbraucherschutz

TILMAN SANTARIUS SEITE 33

Santarius Referent fuumlr internationale Klima- und Energiepolitik der hbs

4

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWIR WOLLEN EINE BEWEGUNG

GRUumlNDEN DIE UumlBER KOPENHAGEN

HINAUSREICHTraquo ZUSAMMENGESTELLT VON CONSTANZE WEISKE

Internationale NGOs unterwegs zur 15 UN-Klimakonferenz

350org Das Stammteam unserer Jugendorganisation besteht aus weltweit 18 jungen Leuten die vor allem Aktionen organisieren Der Name 350org leitet sich von dem Ziel ab den CO2-Ausstoszlig auf einen Wert unterhalb von 350 ppm 1 zu halten

1 Was bedeutet Klimagerechtigkeit fuumlr Ihre Organisation Unsere Mission ist es ein Bewusstsein fuumlr die Dringlichkeit der Probleme zu schaffen Letztlich laumluft alles auf die Menschenrechte hinaus das Recht auf Wasser (etwa in Pakistan wo die Himalaya-Gletshyscher die die Fluumlsse naumlhren verschwinden) das Recht auf Nahrung (auch da wo sich die Sahara ausbreitet und das Ackerland zerstoumlrt) das Recht auf nationales Uumlberleben auch der kleinen Inselstaaten Als Vertreter der juumlngeren Generation haben wir vielleicht die aufregendste Formulierung Wir betrachshyten Klimagerechtigkeit als das Recht auf Zukunft

2 Ziele fuumlr Kopenhagen Wir wollen sichergehen dass alle Deleshygierten dort verstehen dass die Menschen ihnen ihr Mandat uumlbertragen haben um einen global verbindlichen Vertrag zu schlieszligen der in Uumlbereinstimmung mit den neuen Erkenntnissen der Wissenschaft steht Wir wollen die Gelegenheit nutzen ein weltumspannendes Netz zu knuumlpfen um notfalls zu reagieren sollte Kopenhagen scheitern Wir brauchen eine globale Beweshygung die auf die globalen politischen Prozesse reagiert

3 Konkrete Aktionen zu Kopenhagen Unser zentraler Aktionstag ist der 24 Oktober ndash der Tag der UNO Da werden wir unsere Botschaft in jede Stadt auf jeden Berg an jeden Strand tragen laquo Der CO2-Ausstoszlig muss unter 350 ppm bleiben raquo

Aprodev 1990 gegruumlndete Dachorganisation von 19 europaumlischen Gruppen mit christlichem Hintergrund (Brot fuumlr die Welt und Landeskirchen)

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns sich auf eine Ordnung zu verstaumlndigen die die globalen Emissionen schnell reduziert und dabei das Recht armer Laumlnder auf Entwicklung respektiert

2 Wir wollen eine Selbstverpflichtung der reichen Laumlnder adaumlquashyte und zuverlaumlssige Finanzierung fuumlr Klimaaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlndern bereitzustellen Wir wollen eine signifikant bessere Kooperation in der Technologie und eine starke Untershystuumltzung bei der Anpassung an den Klimawandel

3 Aprodev betreibt mit Partnern aus den Entwicklungslaumlndern Lobbyarbeit fuumlr eine ambitionierte Positionierung der EU bei den Verhandlungen

IndyACT The League of Independent Activists ist ein weltweites Buumlndnis das 2006 im Libanon gegruumlndet wurde Unsere Kampagnen konzentrieshyren sich auf die arabischen Staaten Es gehoumlren auch IndyWomen dazu Libanesinnen die sich fuumlr Gleichberechtigung stark machen

1 Klimagerechtigkeit bedeutet aktiv zu werden 2 Wir wollen dass die Arabischen Staaten in Kopenhagen einen

gerechten Deal unterstuumltzen und Staaten wie Saudi-Arabien die Verhandlungen nicht wie beim Kyoto-Protokoll erneut blockieren

3 Wir bieten Jugendlichen Medien NGOs und Regierungsvertreshytern Workshops zur Klimapolitik an und initiieren Kampagnen um Druck auf unsere Regierungen aufzubauen

TNC Europe The Nature Conservancy wurde 1951 in Arlington (USA) als klassische Umwelt-NGO gegruumlndet und ist weltweit taumltig TNC hat mehr als eine Million Mitglieder in fuumlnfzig Staaten Unser Engageshyment gilt dem Wald- und Artenschutz und den maritimen Oumlkosysteshymen TNC bevorzugt pragmatische Loumlsungen vor der offenen Konfrontation

1 Klimagerechtigkeit heiszligt den aumlrmsten Entwicklungslaumlndern bei der Anpassung an die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels zu helfen Dabei geht es nicht nur um ausreichende finanzielle Mittel fuumlr internationale Fonds von denen etwa die vom Untergang bedrohten Inselstaaten profitieren koumlnnen Wir wollen Klimaanpassung mit nachhaltiger Entwicklung verbinden statt allein auf Maszlignahmen zur technischen Anpassung zu setzen

2 Wir setzen uns fuumlr ein voumllkerrechtlich verbindliches Klimaschutzshyabkommen ein um den globalen Temperaturanstieg unter 2deg C

5 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

zu halten Da dies ohne Einbeziehung des Tropenwaldschutzes unmoumlglich ist muss sich die nachhaltige Nutzung tropischer Waumllder in den Entwicklungslaumlndern besser rentieren als Investitishyonen in Soja- und Oumllpalmenplantagen bzw die Rinderzucht Neben einem massiven Anstieg oumlffentlicher Mittel fuumlr den Tropenwaldschutz wollen wir diesen schrittweise in den weltweishyten Kohlenstoffmarkt einbeziehen

3 In Kopenhagen wollen wir mit unseren Partnern groszlige regionale Projekte zur Klimaanpassung weltweit vorstellen um zu zeigen dass der Schutz funktionierender Oumlkosysteme in den bedrohten Regionen zu einer nachhaltigen sozio-oumlkonomischen Entwickshylung beitraumlgt

Ecoequity Eine in Berkeley (USA) gegruumlndete Expertengruppe fuumlr Umweltoumlkoshynomie Gerechtigkeit Energie und Ressourcen

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns dem Klimawandel angemessen zu begegnen eine Anstrengung die die Armut weltweit verrinshygert und die Dekarbonisierung mit aller Kraft vorantreibt In der Praxis heiszligt das dass die reichen Laumlnder zahlen muumlssen

2 Wir wollen in Kopenhagen einen Durchbruch erreichen Das ist nur moumlglich wenn die Industrienationen eine solide Finanzieshyrung und ein ganzes Paket Technologien auf den Tisch legen

Friends of the Earth Das groumlszligte in Amsterdam gegruumlndete Grassroot-Netzwerk weltweit vereint mehr als zwei Millionen Mitglieder aus 77 Laumlndern

1 Um Klimagerechtigkeit zu erreichen muumlssen wir sicherstellen dass das UN-Klimaabkommen am Ende nicht bloszlig die Interessen von big business foumlrdert

2 Wir machen uns fuumlr folgende Schwerpunkte stark Absenkung der Emissionen auf vierzig Prozent des Niveaus

von 1990 bis 2020 allein durch inlaumlndische Aktivitaumlten Sicherung eines angemessenen Finanztransfers fuumlr mitigashy

tion 2 und adaptation 3 in den Entwicklungslaumlndern der von der UNFCCC 4 und nicht der Weltbank kontrolliert wird

Sicherstellung dass Waumllder nicht in den Kohlenstoff-markt eingebunden Plantagen nicht als Aufforstung angerechnet und die Landrechte der Einwohner erhalten werden

3 Wir unterstuumltzen die Forderung Boliviens nach Ruumlckzahlung der Klimaschulden und wir werden andere Nationen uumlberzeugen sich dieser Initiative anzuschlieszligen Wir werden die Demonstrashytion laquo Eine Flut fuumlr Klimagerechtigkeit raquo am 12 Dezember organisieren die Tausende auf die Kopenhagener Straszligen holen soll Wir werden gemeinsam mit anderen Netzwerken eine globale Bewegung fuumlr Klimagerechtigkeit etablieren die uumlber Kopenhagen hinaus reicht

AYICC The African Youth Initiative on Climate Change (AYICC) ist ein Jugendnetzwerk das sich auf der Internationalen Jugendklimakonshyferenz 2006 in NairobiKenia gegruumlndet hat Seitdem haben wir nicht aufgehoumlrt uns zu vernetzen und Wissen Ideen Erfahrungen und Strategien zum Klimwandel rund um den Kontinent auszutaushyschen Jugendgruppen aus Togo Kenia Uganda Suumldafrika Ghana und Ruanda spielen dabei eine groszlige Rolle Wir wollen die afrikanische Jugend fuumlr Klimaschutzprojekte mobilisieren und Verbindungen zwischen den gut hundert afrikanishyschen Jugendorganisationen zum Klimawandel herstellen

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laquoDER CO2-AUSSTOSS MUSS UNTER 350 PPM BLEIBENraquo

350org plant am 24 Oktober dem Tag der Vereinten

Nationen mit spektakulaumlren Aktionen weltweit Aufmerkshy

samkeit zu erregen 350 Bergsteiger werden mit Spruchshy

baumlndern in den Alpen und 350 Taucher im Great Barrier

Riff unterwegs sein Radsportteams legen 350 Kilometer

zuruumlck um unsere Botschaft weiterzugeben laquoUnser Job

ist es Laumlrm zu machen so dass wir nicht einfach ignoriert

werden koumlnnen und eine globale Bewegung entsteht Am

24 Oktober Weil es da noch ein schmales Zeitfenster gibt

im Vorfeld von Kopenhagen Druck auszuuumlbenraquo

VIDEO VON DER HOMPAGE WWW350ORGDE

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

UND DAS STEHT AN

IN KOPENHAGEN VON LILI FUHR UND TILMAN SANTARIUS

HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG

Die Klimaverhandlungen sind laumlngst keine reinen Umweltkonferenzen mehr Sie sind zu dem Forum aufgestiegen welches

die Regeln fuumlr Fairness in der Weltgesellschaft festlegt Nicht umsonst sprechen inzwischen fast alle Parteien von der

Notwendigkeit eines laquo fairen Deals raquo und einer laquo gerechten Lastenteilung raquo Ein Tableau der laufenden UN-Klimaverhandshy

lungen und ihrer verschiedenen Themenstraumlnge unter dem Blickwinkel der Gerechtigkeit

ANPASSUNG VORBEREITUNG AUF DAS UNVERMEIDBARE

Schon lange ist klar dass auch bei extrem ambitionierten Klimashyschutzzielen nicht alle Folgen der globalen Erwaumlrmung vermieden werden koumlnnen Vor allem in den Entwicklungslaumlndern sind die negativen Auswirkungen bereits jetzt enorm und sie treffen insbeshysondere die ohnehin verwundbarsten Gruppen (Arme Frauen Kleinbaumluerinnen und -bauern) Ohne einen Schwerpunkt auf Anpassung wird Klimapolitik nie gerecht sein koumlnnen Konkrete Vorschlaumlge zur Umsetzung von Anpassungsmaszlignahmen sowie Berechnungen des Finanzierungsbedarfs liegen vor

Dennoch gehen die Verhandlungen nur schleppend voran Wo werden Fragen der Gerechtigkeit besonders beruumlhrt Anpassung wird nicht in allen Faumlllen moumlglich sein An manche Folgen (etwa an dem Untergang kleiner Inseln) kann man sich nicht anpassen Hier muss es um Kompensationszahlungen fuumlr den Schaden gehen Aber um diese Frage druumlcken sich die Verursacherstaaten

Eng damit zusammen haumlngt die Frage der Finanzierung von Anpassungsmaszlignahmen Im Unterschied zur Entwicklungshilfe geht es hier nicht um Wohltaumltigkeit sondern um Ausgleichszahlungen Die Gelder duumlrfen in keinem Fall als Kredite zur Verfuumlgung gestellt werden sie muumlssen zusaumltzlich zu den jetzigen Zusagen oumlffentlicher Entwicklungshilfe gezahlt werden

Wer soll diese Gelder bekommen Und geht es nur um die verwundbarsten Staaten da die UN-Verhandlungen zwischen

Regierungen laufen Wie kann der Zugang fuumlr gefaumlhrdete Gruppen innerhalb dieser Laumlnder gewaumlhrleistet werden Wie koumlnnen Schaumlden fuumlr den Ernstfall versichert werden

Ein neues Klimaabkommen tritt erst 2013 in Kraft Doch bereits jetzt sind die Schaumlden groszlig Die aumlrmsten Entwicklungslaumlnder haben nationale Aktionsprogramme erstellt Doch sogar die Finanzierung dieser Maszlignahmen die global nur rund zwei Milliarden US-Dollar kosten wuumlrden ist nicht gegeben

MINDERUNG DER NORDEN MUSS WEITERHIN VORANGEHEN

Die Industrielaumlnder muumlssen voranschreiten wenn es um ehrgeizige Ziele der Emissionsreduktion geht Sie sind fuumlr den Groszligteil der Treibhausgase in der Atmosphaumlre verantwortlich und bei den aktuellen Pro-Kopf-Emissionen immer noch fuumlhrend Was bislang auf dem Tisch liegt genuumlgt bei Weitem nicht um gefaumlhrliche Klimaveraumlnderungen zu verhindern Je weniger aber die Industrieshylaumlnder tun desto mehr muumlssen die Schwellenlaumlnder sich engagieshyren ndash oder die Auswirkungen werden gravierender und treffen auch wieder die Aumlrmeren Ambitionierte Minderungsziele der Industrieshylaumlnder sind daher eine Grundbedingung internationaler Gerechtigkeit

Sodann ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit wie die Indusshytrielaumlnder untereinander ihre gesammelten Minderungspflichten aufteilen und sicherstellen dass die aumlrmeren Gruppen in ihren

7 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

eigenen Laumlndern nicht uumlbermaumlszligig belastet werden Tun die USA beispielsweise gegenwaumlrtig genug Im Vergleich zur Bush-Aumlra beobachten wir einen Quantensprung in der amerikanischen Klimapolitik Fuumlr ein globales Klimaschutzziel von houmlchstens 2deg C reicht es nicht

Wichtig aus Nord-Suumld-Perspektive ist zudem welchen Teil ihrer Minderungspflichten die Industrielaumlnder national erbringen und welchen sie durch Finanzierung internationaler Klimaschutzmaszligshynahmen in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern anrechnen duumlrfen Fuumlr diese Art eines Nord-Suumld-Transfers gibt es einen enormen Bedarf Aber es muss sich dabei deutlich um eine zusaumltzliche Pflicht der Industrielaumlnder handeln nicht um einen Ablasshandel der die so dringend notwendige energiepolitische Trendwende im Norden hinauszoumlgern wuumlrde

MINDERUNG WIE VIEL KANN VOM SUumlDEN VERLANGT WERDEN

Waumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entwicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligerdem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Dennoch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen und sollen in Kopenhagen noch keine Verpflichtungen eingehen Sie sollten aber bereits Plaumlne entwickeln wie auch sie Klimaschutz umsetzen werden Und sie koumlnnen mit diesen Plaumlnen Finanztransfer vom Norden beantragen um Maszlignahmen mit Mehrkosten durchzufuumlhren

Anders sieht dies fuumlr die Schwellenlaumlnder aus Einige so etwa Suumldkorea Saudi-Arabien Singapur sollten gar nicht mehr zu dieser Gruppe gezaumlhlt werden gemessen am Pro-Kopf-Einkommen oder an Pro-Kopf-Emissionen sind sie inzwischen Industrielaumlnder geworden Aber selbst Schwellenlaumlnder in denen Armut noch weit verbreitet ist werden sich in Kopenhagen zu einer aktiven Klimashyschutzpolitik verpflichten muumlssen In China Mexiko Brasilien Suumldafrika und weiteren Schwellenlaumlndern ist eine globale Konsushymentenklasse herangewachsen die die Kapazitaumlt hat ihre Treibshyhausgase deutlich zu reduzieren und die dafuumlr auch Verantwortung uumlbernehmen muss

Die USA wuumlrden von diesen Laumlndern in Kopenhagen gern absolute Reduktionsverpflichtungen sehen Aber sie haben kein Recht dies zu fordern weil sie selber trotz Rio und Kyoto nichts unternommen haben Denkbar fuumlr die Schwellenlaumlnder waumlre allerdings eine verpflichtende Deckelung der Emissionen in der Zukunft Denkbar waumlren ferner relative Ziele so dass die Emissionsshyintensitaumlt am Bruttosozialprodukt sinkt China hat solch ein Ziel bereits als Selbstverpflichtung ausgerufen Denkbar waumlre schlieszliglich auch dass die Schwellenlaumlnder sich verpflichten einen Satz effektiver Klimaschutzinstrumente einzufuumlhren wie Oumlkosteuern Effizienzstandards Emissionshandel Erneuerbare-Energien-Einspeishysegesetze usw

CLEAN DEVELOPMENT MECHANISM GERECHTIGKEIT AUF DEM KOHLENSTOFFMARKT

Der Clean Development Mechanism (CDM) dient vor allem zwei Zielen Einerseits soll er den Laumlndern des Nordens Flexibilitaumlt bei der Erfuumlllung ihrer Emissionsminderungspflichten bescheren Sie koumlnnen uumlber CDM die Vermeidung von Treibhausgasen in die Laumlnder des Suumldens abschieben Andererseits soll CDM dem Suumlden

uumlber Projekte den Einstieg in einen erneuerbaren Entwicklungspfad finanzieren und einen Transfer klimafreundlicher Technologien organisieren In der Praxis der letzten zwoumllf Jahre zeigt CDM aber erhebliche Schwaumlchen Vor allem wird seine oumlkologische Integritaumlt kritisiert Es mehren sich wissenschaftliche Studien die zeigen dass viele CDM-Projekte netto gar keine Emissionsminderungen bringen Traumlgt CDM uumlberhaupt zu einer nachhaltigen Entwicklung der Laumlnder des Suumldens bei

Mit Blick auf Gerechtigkeit koumlnnen noch weitere Punkte kritisiert werden Erstens ist die regionale Verteilung der CDM-Projekte extrem ungleich Rund achtzig Prozent aller Projekte werden in nur fuumlnf Laumlndern durchgefuumlhrt China Indien Brasilien Mexiko Malaysia Die meisten Entwicklungslaumlnder gehen leer aus Zweitens bietet CDM in der Praxis nicht wie erhofft Anreize fuumlr einen Technologietransfer die Mehrzahl der Projekte verfolgt noch nicht einmal in ihrer Selbstbeschreibung dieses Ziel So wundert es nicht dass CDM in den gegenwaumlrtigen Verhandlungen zur Disposition steht

Die Vorschlaumlge reichen von laquo gaumlnzlich abschaffen raquo bis laquo grundleshygend reformieren raquo Fuumlr letzteres liegen Optionen auf dem Tisch So koumlnnte CDM in Zukunft von einzelnen Projekten auf ganze Wirtshyschaftssektoren ausgedehnt werden etwa den Stahl- oder Zementshysektor (sectoral CDM) Oder er koumlnnte die Einfuumlhrung von Politiken und Maszlignahmen auf nationaler Ebene umfassen (policy CDM) Doch bei diesen Vorschlaumlgen geht es in erster Linie darum neue Reduktionspotentiale im Suumlden zu erschlieszligen Sie erscheinen indessen ungeeignet um eine gerechtere Verteilung von privatwirtshyschaftlichen Finanzen auf alle Laumlnder des Suumldens und einen verbesserten Technologietransfer uumlber den Kohlenstoffmarkt zu erzielen Besonders problematisch waumlre eine direkte Finanzierung von Tropenwaldschutz uumlber den Emissionshandel da es hier um groszlige Minderungspotentiale geht die sehr billig zu haben sind Sie vermindern dann die Anreize im Industrie- und Verkehrssektor die Energiewende einzuleiten

FINANZIERUNG WER ZAHLTrsquoS WER KRIEGTrsquoS

Minderung Anpassung und Technologiekooperationen kosten Geld Ein globales Klimaschutzabkommen wird es nicht ohne einen massiven Finanztransfer von Nord nach Suumld geben Im Kern handelt es sich auch hier um eine Frage gerechter Lastenteilung Welches Land soll welchen Anteil der globalen Kosten uumlbernehmen Eine Kostenschaumltzung ist dabei aumluszligerst schwierig Die Industrielaumlnder haben sich verpflichtet die vollstaumlndigen laquo inkrementellen Kosten raquo ndash sprich die Mehrkosten gegenuumlber preiswerteren klimaschaumldlichen Investitionen ndash aller Klimaschutzmaszlignahmen in den Entwicklungsshylaumlndern zu tragen Sollen die Hauptverursacher am meisten zahlen weil sie die groumlszligte historische Schuld tragen Oder sollen die reichen Laumlnder mehr als die weniger reichen zahlen weil sie aktuell die groumlszligten finanziellen Kapazitaumlten haben

Gerechtigkeitsfragen stellen sich ebenfalls bei der Ausgabe der Mittel Welches Land erhaumllt wie viel Geld Die Antworten sind nicht eindeutig Sollen China Mexiko oder Brasilien Geld erhalten weil hier die groumlszligten Vermeidungspotentiale schlummern und das Geld fuumlr den Klimaschutz am effektivsten eingesetzt waumlre Oder soll China wenig bis gar nichts erhalten weil es ein Umschwenken aus eigener Kraft schaffen kann Dann haumltten die weniger reichen Entwicklungslaumlnder und die am wenigsten entwickelten Laumlnder (LDCs) Anrecht auf das meiste Geld Davon abgesehen ist es problematisch dass die Diskussion uumlber Klimafi nanzierung derzeit hauptsaumlchlich geschlechterblind verlaumluft Frauen werden bei der Entwicklung moderner Finanzierungsmechanismen wenig beruumlckshy

8 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

sichtigt obwohl bekannt ist dass gerade sie in Entwicklungslaumlndern oft schlechteren Zugang zu Maumlrkten und Kapital besitzen als Maumlnner

INSTITUTIONEN NEUER WEIN UND ALTE SCHLAumlUCHE

Hilfe zur Anpassung Unterstuumltzung von Minderungsaktivitaumlten Reform des Kohlenstoffmarkts ein groszlig angelegter Technologieshytransfer ndash so oder so werden die Klimaverhandlungen dazu fuumlhren dass die internationale Kooperation in Wirtschaft und Politik zunimmt Welche Institutionen sollen diese Kooperation organisieshyren Viele Vorschlaumlge die von Laumlndern in die aktuellen Verhandlunshygen eingebracht wurden laufen auf die Gruumlndung neuer Institutioshynen hinaus So plaumldiert die Gruppe der Entwicklungslaumlnder fuumlr ein neues Exekutivorgan zum Technologietransfer und die EU fuumlr eine zentrale Kontrollinstanz die die nationalen Klimaschutzplaumlne aller Entwicklungslaumlnder uumlberpruumlfen soll Insbesondere uumlber das Mashynagement der uumlber hundert Milliarden Euro die in Zukunft womoumlgshylich flieszligen werden ist ein Konflikt entbrannt Welche Institution(en) sollen die Gelder verteilen Eine neue unabhaumlngige und mindestens paritaumltisch aus Nord und Suumld besetzte Finanzinstishytution die nicht nur die Interessen der Geldgeber vertritt fordern viele Entwicklungslaumlnder die Weltbank soll ausgebaut und reforshymiert werden um mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung diese Summen effektiv abwickeln zu koumlnnen meinen die meisten Industrielaumlnder Im Streit werden oft die am meisten betroffenen Gemeinschaften wie auch die Privatwirtschaft vergessen diese sollten moumlglichst unbuumlrokratisch und nach einem fairen Verteilungsshyschluumlssel auf die Gelder zugreifen koumlnnen

REPRAumlSENTATION UND MITSPRACHE KOMPLEXITAumlT GEGEN DEMOKRATIE

Je naumlher die Klimakonferenz in Kopenhagen ruumlckt desto kompliziershyter scheinen die Verhandlungen zu werden In verschiedenen Arbeitsgruppen wird oft parallel uumlber aumluszligerst komplexe technische Details verhandelt waumlhrend die groszligen politischen Fragen woanshyders entschieden werden Die Delegationen der aumlrmeren Entwickshylungslaumlnder stellt das vor groszlige Herausforderungen Sie bestehen oft nur aus wenigen Personen Expertise und Beratung muumlssen eingekauft werden Haumlufig fehlt die innenpolitische Ruumlckendeckung die den Verhandlungen Bedeutung einraumlumt Erfahrungswissen ist rar Dem Verhandlungsmarathon koumlnnen die kleinen Delegationen nur sehr begrenzt folgen und dementsprechend wenig Einfl uss auf seinen Verlauf nehmen ndash eine unschoumlne Erfahrung die vielen aus der WTO bekannt ist Hinzukommt dass genau diese Laumlnder in den (informellen) Gremien und Foren in denen politische Weichenstelshylungen beschlossen werden nicht vertreten sind ndash weder in der G8 der G20 oder dem von Bush einberufenen und von Obama fortgeshyfuumlhrten Major Economies Forum (MEF) der 17 groumlszligten Emittenten-Laumlnder Je (kosten-)aufwendiger und komplexer der Verhandlungsshyprozess wird desto mehr geraten Klimaschutz und Demokratie miteinander in Konflikt Und wenn schon Regierungen des Suumldens die Flut an Themen und Verhandlungstreffen kaum mehr bewaumlltishygen koumlnnen wie koumlnnen dann noch Betroffene und die Zivilgesellshyschaft angemessen mitsprechen

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9 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWie jeder weiszligraquo schreibt Ilkka Halso laquoist

die Natur in schlechter Verfassung Sie muss

renoviert werdenraquo Statt Gebaumlude und menschshy

liche Artefakte ruumlstet der fi nnische Foto-Kuumlnstshy

ler Naturobjekte ein umstellt Baumlume Felsbroshy

cken Felswaumlnde Wiesen mit Stangen und

Planen und trennt sie durch kuumlnstliches Licht

von ihrer Umgebung Ilkko Halso wirft einen

ironischen Blick auf die Beziehung Natur +

Mensch Und auf die Umkehrung des Verhaumlltshy

nisses Es ist heute die Natur ndash oder was von

ihr uumlbrig geblieben ist ndash die geschuumltzt repashy

riert und ausgeleuchtet wird so dass sie schimshy

mert wie eine hochkaraumltige Sammlung edler

Preziosen Inszenierte Natur ndash vergiftete

Romantik

laquoUntitled (2)raquo aus der Reihe

Restoration (2000)

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

EIN MARATHON DER INTERNATIONALE KLIMAKALENDER 2009

1 31 Maumlrz ndash 8 April UNFCCC Climate Negotiations Bonn

2 2 April G20 Meeting London

3 27 ndash 28 April Major Economies Forum Washington DC

4 25 ndash 26 Mai Major Economies Forum Paris

5 1 ndash 12 Juni UNFCCC Climate Negotiations Bonn

6 22 ndash 23 Juni Major Economies Forum Mexico City

7 8 ndash 10 Juli G8 Summit LrsquoAquila

8 11 Juli Major Economies Forum LrsquoAquila

9 10 ndash 14 August UNFCCC Climate Negotiations Bonn

10 17 ndash 18 September Major Economies Forum Washington DC

11 21 ndash 22 September 11th Renewable Energy Finance Forum London

12 22 ndash 23 September UN General Assembly New York

13 24 ndash 25 September G20 Meeting Heads of State Pittsburgh

14 28 September ndash 9 Oktober UNFCCC Climate Negotiations Bangkok

15 2ndash 6 November UNFCCC Climate Negotiations Barcelona

16 7 ndash 18 Dezember COP-15 Kopenhagen

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

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12 KLIMA UND GESCHLECHT

F

TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

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Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 4: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

2 INHALT

209

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

4 laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo mdash Internationale NGOs unterwegs zur

15UN-Klimakonferenz

Aufgezeichnet von Constanze Weiske

6 Und das steht an in Kopenhagen mdash Ein Tableau der

laufenden UN-Klimaverhandlungen

Von Lili Fuhr und Tilman Santarius

10 Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009

11 Lauter Hotspots mdash Szenen des Klimawandels

Ein Dokumentarfilmer in Afrika

Von Marc Engelhardt

uumlszligig

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KLIMA UND GESCHLECHT

12 Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner mdash

Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Von Antonie Nord und Sakhile Koketso

14 Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen Von Liane Schalatek

KLIMA UND DEMOKRATIE

16 Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so Von Peter Burnell

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

18 Neue Institutionen braucht die Welt Von Barbara Unmuumlszligig

20 laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo mdash Ein Interview

mit Dirk Messner Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik

uumlber die Summen die bewegt werden muumlssen um den

Klimawandel bei 2deg C zu halten

Von Elisabeth Kiderlen

CONSTANZE WEISKE SEITE 4

Die Studentin der Journalistik und Geoshygraphie schreibt derzeit ihre Diplomarshybeit zum Thema laquo Migration und Massenmedienraquo

LILI FUHR amp TILMAN SANTARIUS

SEITE 6

Fuhr Referentin der Heinrich-Boumlll-Stifshytung (hbs) fuumlr internationale Umweltshypolitik Santarius Referent fuumlr intershynationale Klima- und Energiepolitik der hbs Publikation (Ko-Autor) laquo Zushykunftsfaumlhiges Deutschland in einer gloshybalisierten Welt raquo Fischer 2008 Beide bloggen auf wwwklima-der-gerechtigshykeitde

MARC ENGELHARDT SEITE 11

Der Journalist lebt in Nairobi Kenia Publikation Die Reportagesammshy

lung laquo Der Huumlter der zerfallenden Buumlshycher raquo Picus 2009

ANTONIE NORD amp SAKHILE KOKETSO

SEITE 12

Nord Leiterin des hbs-Regionalbuumlros in Kapstadt Veroumlffentlichung laquo Sie lieben oder sie hassen ihn Jacob Zuma und die Wahlen in Suumldafrika raquo In GIGA Focus Afrika 2009 wwwgiga-hamburg de Koketso Leiterin des Programms fuumlr nachhaltige Entwicklung in Kapstadt

LIANE SCHALATEK SEITE 14

Stellvertretende Buumlroleiterin der hbs in Washington derzeit beurlaubt Sie arshybeitet freiberufl ich zum Thema Klimafinanzierung und Gender Publikatishyon laquo Gender and Climate Finance Doushyble Mainstreaming for Sustainable Deshyvelopment raquo Heinrich Boumlll Foundation North America 2009 wwwclimateshyfundsupdateorg

shy

PETER BURNELL SEITE 16

Professor fuumlr politische Wissenschaft und internationale Studien University of Warwick England Gruumlndungsdirekshytor der internationalen Zeitschrift Deshymocratization Publikation (zus mit Richard Youngs) laquoNew Challenges to Democratizationraquo erscheint im Herbst bei Routledge

BARBARA UNMUumlSSIG SEITE 18

Seit 2002 Vorstandsmitglied der Heinshyrich-Boumlll-Stiftung Veroumlffentlishychung laquoKein Ersatz fuumlr die Vereinten Nationen Nur die Weltorganisation gashyrantiert den Entwicklungslaumlndern eine Stimmeraquo In welt-sichten Ausgabe 609

ELISABETH KIDERLEN SEITE 20

Journalistin und Redakteurin Veroumlffentlichung laquo Das Kamel schreitet langsam voran dafuumlr Tag und Nacht raquo Studie zur iranischen Frauenbewegung vor der Wahl Juni 2009 www boellde

3 INHALT

22 Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind mdash Die muumlhsame Arbeit

der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Von Roderick Kefferpuumltz und Claude Weinber

24 Mit Leadership gegen die Zweifl er mdash Die USA haben aus

Kyoto gelernt

Von Arne Jungjohann

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

25 100 Erneuerbare Energien mdash Das naumlchste

europaumlische Megaprojekt

Von Ralf Fuumlcks

26 Vorreiter des Suumldens mdash Experten und Expertinnen aus Costa

Rica China Suumldafrika Brasilien Mexiko Indien Suumldkorea

und Ruanda uumlber die Klimapolitik in ihren Laumlndern

Von Lawrence Pratt Chen Jiliang und Kimiko Suda Antonie Nord

Thomas Fatheuer Ingrid Spiller Sanjay Vashist Young-Woo Park und

Marc Engelhardt

STIMMEN DES AUFBRUCHS

30 Die neue Macht der NGOs Von Nick Reimer

32 Im Prinzip richtig An sich falsch mdash Zur Debatte ob das

Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert

werden soll

Von Hanno Boumlck

IN DER DISKUSSION

33 Wie fair ist fair genug mdash Zwei Klimakonzepte im Vergleich

1 Contraction amp Convergence (CampC) Von Katrin Kraus und Konrad Ott

2 Greenhouse Development Rights (GDRs) Von Tilman Santarius

RODERICK KEFFERPUumlTZ amp CLAUDE WEINBER

SEITE 22

Kefferpuumltz Im Bruumlsseler Buumlro der hbs zustaumlndig fuumlr Energiepolitik Weinber Leiter des hbs-Buumlros Bruumlssel

ARNE JUNGJOHANN SEITE 24

Leiter des Programms Umwelt und Gloshybaler Dialog des hbs-Buumlros Washington DC Gruumlnder des Ortsvereins Washingshyton von Buumlndnis 90Die Gruumlnen

RALF FUumlCKS SEITE 25

Seit 1996 im Vorstand der HeinrichshyBoumlll-Stiftung Mitglied der Grundsatzshykommission von Buumlndnis 90Die Gruumlshynen Veroumlffentlichung laquo Die Oumlkoshylogische Transformation des Kapitalisshymusraquo In Die Dritte Industrielle Revolushytion ndash Aufbruch in ein oumlkologisches Jahrhundert BMU 2008

DIE EXPERTENSCHAFT SEITEN 26 ndash 29

Lawrence Pratt Leiter des Center for Competitiveness and Sustainable Deveshylopment an der INCAE Business School in Alajuela Costa Rica Gruumlnder anershykannter Programme wie Ecobanking Project (wwwecobankingcom) und Sustainable Markets Intelligence Center (wwwcims-lacom)

Chen Jiliang Koordinator des Proshygramms fuumlr Umwelt Klima und Energie im hbs-Buumlro Peking

Kimiko Suda Gender-Koordinatorin und Programmassistentin im hbs-Buumlro Peking Ko-Direktorin des laquo Asian Woshymens Film Festival Berlin raquo (AWFF) (wwwasianwomensfilmde)

Thomas Fatheuer Leiter des hbs-Buumlros Rio de Janeiro

Antonie Nord Leiterin des hbs-Buumlros Kapstadt

Ingrid Spiller Leiterin des hbs-Buumlros Mexiko-Stadt

Sanjay Vashist Berater fuumlr Klimawanshydel-Projekte beim hbs-Buumlro Neu-Delhi

Young-Woo Park Direktor des Regionalshybuumlros der UNEP fuumlr Asien und den pazishyfi schen Raum

Marc Engelhardt Dokumentarfi lmer

NICK REIMER SEITE 30

Redaktionsleiter des Online-Magazins wir-klimaretterde und Klimaexperte der taz Mitgruumlnder der uumlberregionalen Umweltzeitschrift der ehem DDR Oumlkosshytroika Publikation (zus mit Toshyralf Staud laquo Wir Klimaretter So ist die Wende noch zu schaffenraquo Kiwi 2007

HANNO BOumlCK SEITE 32

Student der Informatik Beim Online-Magazin wir-klimaretterde Ansprechshypartner fuumlr alles was in die Rubrik laquo Protestraquo passt

KATRIN KRAUS amp KONRAD OTT

SEITE 33

Kraus Landschaftsoumlkologin und wisshysenschaftliche Mitarbeiterin an der Ernst-Moritz Arndt Universitaumlt Greifsshywald Ott Professor fuumlr Umweltethik Universitaumlt Greifswald Mitglied des Beirats Biodiversitaumlt des Bundesminisshyteriums fuumlr Ernaumlhrung Landwirtschaft Verbraucherschutz

TILMAN SANTARIUS SEITE 33

Santarius Referent fuumlr internationale Klima- und Energiepolitik der hbs

4

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWIR WOLLEN EINE BEWEGUNG

GRUumlNDEN DIE UumlBER KOPENHAGEN

HINAUSREICHTraquo ZUSAMMENGESTELLT VON CONSTANZE WEISKE

Internationale NGOs unterwegs zur 15 UN-Klimakonferenz

350org Das Stammteam unserer Jugendorganisation besteht aus weltweit 18 jungen Leuten die vor allem Aktionen organisieren Der Name 350org leitet sich von dem Ziel ab den CO2-Ausstoszlig auf einen Wert unterhalb von 350 ppm 1 zu halten

1 Was bedeutet Klimagerechtigkeit fuumlr Ihre Organisation Unsere Mission ist es ein Bewusstsein fuumlr die Dringlichkeit der Probleme zu schaffen Letztlich laumluft alles auf die Menschenrechte hinaus das Recht auf Wasser (etwa in Pakistan wo die Himalaya-Gletshyscher die die Fluumlsse naumlhren verschwinden) das Recht auf Nahrung (auch da wo sich die Sahara ausbreitet und das Ackerland zerstoumlrt) das Recht auf nationales Uumlberleben auch der kleinen Inselstaaten Als Vertreter der juumlngeren Generation haben wir vielleicht die aufregendste Formulierung Wir betrachshyten Klimagerechtigkeit als das Recht auf Zukunft

2 Ziele fuumlr Kopenhagen Wir wollen sichergehen dass alle Deleshygierten dort verstehen dass die Menschen ihnen ihr Mandat uumlbertragen haben um einen global verbindlichen Vertrag zu schlieszligen der in Uumlbereinstimmung mit den neuen Erkenntnissen der Wissenschaft steht Wir wollen die Gelegenheit nutzen ein weltumspannendes Netz zu knuumlpfen um notfalls zu reagieren sollte Kopenhagen scheitern Wir brauchen eine globale Beweshygung die auf die globalen politischen Prozesse reagiert

3 Konkrete Aktionen zu Kopenhagen Unser zentraler Aktionstag ist der 24 Oktober ndash der Tag der UNO Da werden wir unsere Botschaft in jede Stadt auf jeden Berg an jeden Strand tragen laquo Der CO2-Ausstoszlig muss unter 350 ppm bleiben raquo

Aprodev 1990 gegruumlndete Dachorganisation von 19 europaumlischen Gruppen mit christlichem Hintergrund (Brot fuumlr die Welt und Landeskirchen)

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns sich auf eine Ordnung zu verstaumlndigen die die globalen Emissionen schnell reduziert und dabei das Recht armer Laumlnder auf Entwicklung respektiert

2 Wir wollen eine Selbstverpflichtung der reichen Laumlnder adaumlquashyte und zuverlaumlssige Finanzierung fuumlr Klimaaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlndern bereitzustellen Wir wollen eine signifikant bessere Kooperation in der Technologie und eine starke Untershystuumltzung bei der Anpassung an den Klimawandel

3 Aprodev betreibt mit Partnern aus den Entwicklungslaumlndern Lobbyarbeit fuumlr eine ambitionierte Positionierung der EU bei den Verhandlungen

IndyACT The League of Independent Activists ist ein weltweites Buumlndnis das 2006 im Libanon gegruumlndet wurde Unsere Kampagnen konzentrieshyren sich auf die arabischen Staaten Es gehoumlren auch IndyWomen dazu Libanesinnen die sich fuumlr Gleichberechtigung stark machen

1 Klimagerechtigkeit bedeutet aktiv zu werden 2 Wir wollen dass die Arabischen Staaten in Kopenhagen einen

gerechten Deal unterstuumltzen und Staaten wie Saudi-Arabien die Verhandlungen nicht wie beim Kyoto-Protokoll erneut blockieren

3 Wir bieten Jugendlichen Medien NGOs und Regierungsvertreshytern Workshops zur Klimapolitik an und initiieren Kampagnen um Druck auf unsere Regierungen aufzubauen

TNC Europe The Nature Conservancy wurde 1951 in Arlington (USA) als klassische Umwelt-NGO gegruumlndet und ist weltweit taumltig TNC hat mehr als eine Million Mitglieder in fuumlnfzig Staaten Unser Engageshyment gilt dem Wald- und Artenschutz und den maritimen Oumlkosysteshymen TNC bevorzugt pragmatische Loumlsungen vor der offenen Konfrontation

1 Klimagerechtigkeit heiszligt den aumlrmsten Entwicklungslaumlndern bei der Anpassung an die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels zu helfen Dabei geht es nicht nur um ausreichende finanzielle Mittel fuumlr internationale Fonds von denen etwa die vom Untergang bedrohten Inselstaaten profitieren koumlnnen Wir wollen Klimaanpassung mit nachhaltiger Entwicklung verbinden statt allein auf Maszlignahmen zur technischen Anpassung zu setzen

2 Wir setzen uns fuumlr ein voumllkerrechtlich verbindliches Klimaschutzshyabkommen ein um den globalen Temperaturanstieg unter 2deg C

5 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

zu halten Da dies ohne Einbeziehung des Tropenwaldschutzes unmoumlglich ist muss sich die nachhaltige Nutzung tropischer Waumllder in den Entwicklungslaumlndern besser rentieren als Investitishyonen in Soja- und Oumllpalmenplantagen bzw die Rinderzucht Neben einem massiven Anstieg oumlffentlicher Mittel fuumlr den Tropenwaldschutz wollen wir diesen schrittweise in den weltweishyten Kohlenstoffmarkt einbeziehen

3 In Kopenhagen wollen wir mit unseren Partnern groszlige regionale Projekte zur Klimaanpassung weltweit vorstellen um zu zeigen dass der Schutz funktionierender Oumlkosysteme in den bedrohten Regionen zu einer nachhaltigen sozio-oumlkonomischen Entwickshylung beitraumlgt

Ecoequity Eine in Berkeley (USA) gegruumlndete Expertengruppe fuumlr Umweltoumlkoshynomie Gerechtigkeit Energie und Ressourcen

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns dem Klimawandel angemessen zu begegnen eine Anstrengung die die Armut weltweit verrinshygert und die Dekarbonisierung mit aller Kraft vorantreibt In der Praxis heiszligt das dass die reichen Laumlnder zahlen muumlssen

2 Wir wollen in Kopenhagen einen Durchbruch erreichen Das ist nur moumlglich wenn die Industrienationen eine solide Finanzieshyrung und ein ganzes Paket Technologien auf den Tisch legen

Friends of the Earth Das groumlszligte in Amsterdam gegruumlndete Grassroot-Netzwerk weltweit vereint mehr als zwei Millionen Mitglieder aus 77 Laumlndern

1 Um Klimagerechtigkeit zu erreichen muumlssen wir sicherstellen dass das UN-Klimaabkommen am Ende nicht bloszlig die Interessen von big business foumlrdert

2 Wir machen uns fuumlr folgende Schwerpunkte stark Absenkung der Emissionen auf vierzig Prozent des Niveaus

von 1990 bis 2020 allein durch inlaumlndische Aktivitaumlten Sicherung eines angemessenen Finanztransfers fuumlr mitigashy

tion 2 und adaptation 3 in den Entwicklungslaumlndern der von der UNFCCC 4 und nicht der Weltbank kontrolliert wird

Sicherstellung dass Waumllder nicht in den Kohlenstoff-markt eingebunden Plantagen nicht als Aufforstung angerechnet und die Landrechte der Einwohner erhalten werden

3 Wir unterstuumltzen die Forderung Boliviens nach Ruumlckzahlung der Klimaschulden und wir werden andere Nationen uumlberzeugen sich dieser Initiative anzuschlieszligen Wir werden die Demonstrashytion laquo Eine Flut fuumlr Klimagerechtigkeit raquo am 12 Dezember organisieren die Tausende auf die Kopenhagener Straszligen holen soll Wir werden gemeinsam mit anderen Netzwerken eine globale Bewegung fuumlr Klimagerechtigkeit etablieren die uumlber Kopenhagen hinaus reicht

AYICC The African Youth Initiative on Climate Change (AYICC) ist ein Jugendnetzwerk das sich auf der Internationalen Jugendklimakonshyferenz 2006 in NairobiKenia gegruumlndet hat Seitdem haben wir nicht aufgehoumlrt uns zu vernetzen und Wissen Ideen Erfahrungen und Strategien zum Klimwandel rund um den Kontinent auszutaushyschen Jugendgruppen aus Togo Kenia Uganda Suumldafrika Ghana und Ruanda spielen dabei eine groszlige Rolle Wir wollen die afrikanische Jugend fuumlr Klimaschutzprojekte mobilisieren und Verbindungen zwischen den gut hundert afrikanishyschen Jugendorganisationen zum Klimawandel herstellen

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laquoDER CO2-AUSSTOSS MUSS UNTER 350 PPM BLEIBENraquo

350org plant am 24 Oktober dem Tag der Vereinten

Nationen mit spektakulaumlren Aktionen weltweit Aufmerkshy

samkeit zu erregen 350 Bergsteiger werden mit Spruchshy

baumlndern in den Alpen und 350 Taucher im Great Barrier

Riff unterwegs sein Radsportteams legen 350 Kilometer

zuruumlck um unsere Botschaft weiterzugeben laquoUnser Job

ist es Laumlrm zu machen so dass wir nicht einfach ignoriert

werden koumlnnen und eine globale Bewegung entsteht Am

24 Oktober Weil es da noch ein schmales Zeitfenster gibt

im Vorfeld von Kopenhagen Druck auszuuumlbenraquo

VIDEO VON DER HOMPAGE WWW350ORGDE

6

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

UND DAS STEHT AN

IN KOPENHAGEN VON LILI FUHR UND TILMAN SANTARIUS

HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG

Die Klimaverhandlungen sind laumlngst keine reinen Umweltkonferenzen mehr Sie sind zu dem Forum aufgestiegen welches

die Regeln fuumlr Fairness in der Weltgesellschaft festlegt Nicht umsonst sprechen inzwischen fast alle Parteien von der

Notwendigkeit eines laquo fairen Deals raquo und einer laquo gerechten Lastenteilung raquo Ein Tableau der laufenden UN-Klimaverhandshy

lungen und ihrer verschiedenen Themenstraumlnge unter dem Blickwinkel der Gerechtigkeit

ANPASSUNG VORBEREITUNG AUF DAS UNVERMEIDBARE

Schon lange ist klar dass auch bei extrem ambitionierten Klimashyschutzzielen nicht alle Folgen der globalen Erwaumlrmung vermieden werden koumlnnen Vor allem in den Entwicklungslaumlndern sind die negativen Auswirkungen bereits jetzt enorm und sie treffen insbeshysondere die ohnehin verwundbarsten Gruppen (Arme Frauen Kleinbaumluerinnen und -bauern) Ohne einen Schwerpunkt auf Anpassung wird Klimapolitik nie gerecht sein koumlnnen Konkrete Vorschlaumlge zur Umsetzung von Anpassungsmaszlignahmen sowie Berechnungen des Finanzierungsbedarfs liegen vor

Dennoch gehen die Verhandlungen nur schleppend voran Wo werden Fragen der Gerechtigkeit besonders beruumlhrt Anpassung wird nicht in allen Faumlllen moumlglich sein An manche Folgen (etwa an dem Untergang kleiner Inseln) kann man sich nicht anpassen Hier muss es um Kompensationszahlungen fuumlr den Schaden gehen Aber um diese Frage druumlcken sich die Verursacherstaaten

Eng damit zusammen haumlngt die Frage der Finanzierung von Anpassungsmaszlignahmen Im Unterschied zur Entwicklungshilfe geht es hier nicht um Wohltaumltigkeit sondern um Ausgleichszahlungen Die Gelder duumlrfen in keinem Fall als Kredite zur Verfuumlgung gestellt werden sie muumlssen zusaumltzlich zu den jetzigen Zusagen oumlffentlicher Entwicklungshilfe gezahlt werden

Wer soll diese Gelder bekommen Und geht es nur um die verwundbarsten Staaten da die UN-Verhandlungen zwischen

Regierungen laufen Wie kann der Zugang fuumlr gefaumlhrdete Gruppen innerhalb dieser Laumlnder gewaumlhrleistet werden Wie koumlnnen Schaumlden fuumlr den Ernstfall versichert werden

Ein neues Klimaabkommen tritt erst 2013 in Kraft Doch bereits jetzt sind die Schaumlden groszlig Die aumlrmsten Entwicklungslaumlnder haben nationale Aktionsprogramme erstellt Doch sogar die Finanzierung dieser Maszlignahmen die global nur rund zwei Milliarden US-Dollar kosten wuumlrden ist nicht gegeben

MINDERUNG DER NORDEN MUSS WEITERHIN VORANGEHEN

Die Industrielaumlnder muumlssen voranschreiten wenn es um ehrgeizige Ziele der Emissionsreduktion geht Sie sind fuumlr den Groszligteil der Treibhausgase in der Atmosphaumlre verantwortlich und bei den aktuellen Pro-Kopf-Emissionen immer noch fuumlhrend Was bislang auf dem Tisch liegt genuumlgt bei Weitem nicht um gefaumlhrliche Klimaveraumlnderungen zu verhindern Je weniger aber die Industrieshylaumlnder tun desto mehr muumlssen die Schwellenlaumlnder sich engagieshyren ndash oder die Auswirkungen werden gravierender und treffen auch wieder die Aumlrmeren Ambitionierte Minderungsziele der Industrieshylaumlnder sind daher eine Grundbedingung internationaler Gerechtigkeit

Sodann ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit wie die Indusshytrielaumlnder untereinander ihre gesammelten Minderungspflichten aufteilen und sicherstellen dass die aumlrmeren Gruppen in ihren

7 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

eigenen Laumlndern nicht uumlbermaumlszligig belastet werden Tun die USA beispielsweise gegenwaumlrtig genug Im Vergleich zur Bush-Aumlra beobachten wir einen Quantensprung in der amerikanischen Klimapolitik Fuumlr ein globales Klimaschutzziel von houmlchstens 2deg C reicht es nicht

Wichtig aus Nord-Suumld-Perspektive ist zudem welchen Teil ihrer Minderungspflichten die Industrielaumlnder national erbringen und welchen sie durch Finanzierung internationaler Klimaschutzmaszligshynahmen in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern anrechnen duumlrfen Fuumlr diese Art eines Nord-Suumld-Transfers gibt es einen enormen Bedarf Aber es muss sich dabei deutlich um eine zusaumltzliche Pflicht der Industrielaumlnder handeln nicht um einen Ablasshandel der die so dringend notwendige energiepolitische Trendwende im Norden hinauszoumlgern wuumlrde

MINDERUNG WIE VIEL KANN VOM SUumlDEN VERLANGT WERDEN

Waumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entwicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligerdem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Dennoch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen und sollen in Kopenhagen noch keine Verpflichtungen eingehen Sie sollten aber bereits Plaumlne entwickeln wie auch sie Klimaschutz umsetzen werden Und sie koumlnnen mit diesen Plaumlnen Finanztransfer vom Norden beantragen um Maszlignahmen mit Mehrkosten durchzufuumlhren

Anders sieht dies fuumlr die Schwellenlaumlnder aus Einige so etwa Suumldkorea Saudi-Arabien Singapur sollten gar nicht mehr zu dieser Gruppe gezaumlhlt werden gemessen am Pro-Kopf-Einkommen oder an Pro-Kopf-Emissionen sind sie inzwischen Industrielaumlnder geworden Aber selbst Schwellenlaumlnder in denen Armut noch weit verbreitet ist werden sich in Kopenhagen zu einer aktiven Klimashyschutzpolitik verpflichten muumlssen In China Mexiko Brasilien Suumldafrika und weiteren Schwellenlaumlndern ist eine globale Konsushymentenklasse herangewachsen die die Kapazitaumlt hat ihre Treibshyhausgase deutlich zu reduzieren und die dafuumlr auch Verantwortung uumlbernehmen muss

Die USA wuumlrden von diesen Laumlndern in Kopenhagen gern absolute Reduktionsverpflichtungen sehen Aber sie haben kein Recht dies zu fordern weil sie selber trotz Rio und Kyoto nichts unternommen haben Denkbar fuumlr die Schwellenlaumlnder waumlre allerdings eine verpflichtende Deckelung der Emissionen in der Zukunft Denkbar waumlren ferner relative Ziele so dass die Emissionsshyintensitaumlt am Bruttosozialprodukt sinkt China hat solch ein Ziel bereits als Selbstverpflichtung ausgerufen Denkbar waumlre schlieszliglich auch dass die Schwellenlaumlnder sich verpflichten einen Satz effektiver Klimaschutzinstrumente einzufuumlhren wie Oumlkosteuern Effizienzstandards Emissionshandel Erneuerbare-Energien-Einspeishysegesetze usw

CLEAN DEVELOPMENT MECHANISM GERECHTIGKEIT AUF DEM KOHLENSTOFFMARKT

Der Clean Development Mechanism (CDM) dient vor allem zwei Zielen Einerseits soll er den Laumlndern des Nordens Flexibilitaumlt bei der Erfuumlllung ihrer Emissionsminderungspflichten bescheren Sie koumlnnen uumlber CDM die Vermeidung von Treibhausgasen in die Laumlnder des Suumldens abschieben Andererseits soll CDM dem Suumlden

uumlber Projekte den Einstieg in einen erneuerbaren Entwicklungspfad finanzieren und einen Transfer klimafreundlicher Technologien organisieren In der Praxis der letzten zwoumllf Jahre zeigt CDM aber erhebliche Schwaumlchen Vor allem wird seine oumlkologische Integritaumlt kritisiert Es mehren sich wissenschaftliche Studien die zeigen dass viele CDM-Projekte netto gar keine Emissionsminderungen bringen Traumlgt CDM uumlberhaupt zu einer nachhaltigen Entwicklung der Laumlnder des Suumldens bei

Mit Blick auf Gerechtigkeit koumlnnen noch weitere Punkte kritisiert werden Erstens ist die regionale Verteilung der CDM-Projekte extrem ungleich Rund achtzig Prozent aller Projekte werden in nur fuumlnf Laumlndern durchgefuumlhrt China Indien Brasilien Mexiko Malaysia Die meisten Entwicklungslaumlnder gehen leer aus Zweitens bietet CDM in der Praxis nicht wie erhofft Anreize fuumlr einen Technologietransfer die Mehrzahl der Projekte verfolgt noch nicht einmal in ihrer Selbstbeschreibung dieses Ziel So wundert es nicht dass CDM in den gegenwaumlrtigen Verhandlungen zur Disposition steht

Die Vorschlaumlge reichen von laquo gaumlnzlich abschaffen raquo bis laquo grundleshygend reformieren raquo Fuumlr letzteres liegen Optionen auf dem Tisch So koumlnnte CDM in Zukunft von einzelnen Projekten auf ganze Wirtshyschaftssektoren ausgedehnt werden etwa den Stahl- oder Zementshysektor (sectoral CDM) Oder er koumlnnte die Einfuumlhrung von Politiken und Maszlignahmen auf nationaler Ebene umfassen (policy CDM) Doch bei diesen Vorschlaumlgen geht es in erster Linie darum neue Reduktionspotentiale im Suumlden zu erschlieszligen Sie erscheinen indessen ungeeignet um eine gerechtere Verteilung von privatwirtshyschaftlichen Finanzen auf alle Laumlnder des Suumldens und einen verbesserten Technologietransfer uumlber den Kohlenstoffmarkt zu erzielen Besonders problematisch waumlre eine direkte Finanzierung von Tropenwaldschutz uumlber den Emissionshandel da es hier um groszlige Minderungspotentiale geht die sehr billig zu haben sind Sie vermindern dann die Anreize im Industrie- und Verkehrssektor die Energiewende einzuleiten

FINANZIERUNG WER ZAHLTrsquoS WER KRIEGTrsquoS

Minderung Anpassung und Technologiekooperationen kosten Geld Ein globales Klimaschutzabkommen wird es nicht ohne einen massiven Finanztransfer von Nord nach Suumld geben Im Kern handelt es sich auch hier um eine Frage gerechter Lastenteilung Welches Land soll welchen Anteil der globalen Kosten uumlbernehmen Eine Kostenschaumltzung ist dabei aumluszligerst schwierig Die Industrielaumlnder haben sich verpflichtet die vollstaumlndigen laquo inkrementellen Kosten raquo ndash sprich die Mehrkosten gegenuumlber preiswerteren klimaschaumldlichen Investitionen ndash aller Klimaschutzmaszlignahmen in den Entwicklungsshylaumlndern zu tragen Sollen die Hauptverursacher am meisten zahlen weil sie die groumlszligte historische Schuld tragen Oder sollen die reichen Laumlnder mehr als die weniger reichen zahlen weil sie aktuell die groumlszligten finanziellen Kapazitaumlten haben

Gerechtigkeitsfragen stellen sich ebenfalls bei der Ausgabe der Mittel Welches Land erhaumllt wie viel Geld Die Antworten sind nicht eindeutig Sollen China Mexiko oder Brasilien Geld erhalten weil hier die groumlszligten Vermeidungspotentiale schlummern und das Geld fuumlr den Klimaschutz am effektivsten eingesetzt waumlre Oder soll China wenig bis gar nichts erhalten weil es ein Umschwenken aus eigener Kraft schaffen kann Dann haumltten die weniger reichen Entwicklungslaumlnder und die am wenigsten entwickelten Laumlnder (LDCs) Anrecht auf das meiste Geld Davon abgesehen ist es problematisch dass die Diskussion uumlber Klimafi nanzierung derzeit hauptsaumlchlich geschlechterblind verlaumluft Frauen werden bei der Entwicklung moderner Finanzierungsmechanismen wenig beruumlckshy

8 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

sichtigt obwohl bekannt ist dass gerade sie in Entwicklungslaumlndern oft schlechteren Zugang zu Maumlrkten und Kapital besitzen als Maumlnner

INSTITUTIONEN NEUER WEIN UND ALTE SCHLAumlUCHE

Hilfe zur Anpassung Unterstuumltzung von Minderungsaktivitaumlten Reform des Kohlenstoffmarkts ein groszlig angelegter Technologieshytransfer ndash so oder so werden die Klimaverhandlungen dazu fuumlhren dass die internationale Kooperation in Wirtschaft und Politik zunimmt Welche Institutionen sollen diese Kooperation organisieshyren Viele Vorschlaumlge die von Laumlndern in die aktuellen Verhandlunshygen eingebracht wurden laufen auf die Gruumlndung neuer Institutioshynen hinaus So plaumldiert die Gruppe der Entwicklungslaumlnder fuumlr ein neues Exekutivorgan zum Technologietransfer und die EU fuumlr eine zentrale Kontrollinstanz die die nationalen Klimaschutzplaumlne aller Entwicklungslaumlnder uumlberpruumlfen soll Insbesondere uumlber das Mashynagement der uumlber hundert Milliarden Euro die in Zukunft womoumlgshylich flieszligen werden ist ein Konflikt entbrannt Welche Institution(en) sollen die Gelder verteilen Eine neue unabhaumlngige und mindestens paritaumltisch aus Nord und Suumld besetzte Finanzinstishytution die nicht nur die Interessen der Geldgeber vertritt fordern viele Entwicklungslaumlnder die Weltbank soll ausgebaut und reforshymiert werden um mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung diese Summen effektiv abwickeln zu koumlnnen meinen die meisten Industrielaumlnder Im Streit werden oft die am meisten betroffenen Gemeinschaften wie auch die Privatwirtschaft vergessen diese sollten moumlglichst unbuumlrokratisch und nach einem fairen Verteilungsshyschluumlssel auf die Gelder zugreifen koumlnnen

REPRAumlSENTATION UND MITSPRACHE KOMPLEXITAumlT GEGEN DEMOKRATIE

Je naumlher die Klimakonferenz in Kopenhagen ruumlckt desto kompliziershyter scheinen die Verhandlungen zu werden In verschiedenen Arbeitsgruppen wird oft parallel uumlber aumluszligerst komplexe technische Details verhandelt waumlhrend die groszligen politischen Fragen woanshyders entschieden werden Die Delegationen der aumlrmeren Entwickshylungslaumlnder stellt das vor groszlige Herausforderungen Sie bestehen oft nur aus wenigen Personen Expertise und Beratung muumlssen eingekauft werden Haumlufig fehlt die innenpolitische Ruumlckendeckung die den Verhandlungen Bedeutung einraumlumt Erfahrungswissen ist rar Dem Verhandlungsmarathon koumlnnen die kleinen Delegationen nur sehr begrenzt folgen und dementsprechend wenig Einfl uss auf seinen Verlauf nehmen ndash eine unschoumlne Erfahrung die vielen aus der WTO bekannt ist Hinzukommt dass genau diese Laumlnder in den (informellen) Gremien und Foren in denen politische Weichenstelshylungen beschlossen werden nicht vertreten sind ndash weder in der G8 der G20 oder dem von Bush einberufenen und von Obama fortgeshyfuumlhrten Major Economies Forum (MEF) der 17 groumlszligten Emittenten-Laumlnder Je (kosten-)aufwendiger und komplexer der Verhandlungsshyprozess wird desto mehr geraten Klimaschutz und Demokratie miteinander in Konflikt Und wenn schon Regierungen des Suumldens die Flut an Themen und Verhandlungstreffen kaum mehr bewaumlltishygen koumlnnen wie koumlnnen dann noch Betroffene und die Zivilgesellshyschaft angemessen mitsprechen

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9 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWie jeder weiszligraquo schreibt Ilkka Halso laquoist

die Natur in schlechter Verfassung Sie muss

renoviert werdenraquo Statt Gebaumlude und menschshy

liche Artefakte ruumlstet der fi nnische Foto-Kuumlnstshy

ler Naturobjekte ein umstellt Baumlume Felsbroshy

cken Felswaumlnde Wiesen mit Stangen und

Planen und trennt sie durch kuumlnstliches Licht

von ihrer Umgebung Ilkko Halso wirft einen

ironischen Blick auf die Beziehung Natur +

Mensch Und auf die Umkehrung des Verhaumlltshy

nisses Es ist heute die Natur ndash oder was von

ihr uumlbrig geblieben ist ndash die geschuumltzt repashy

riert und ausgeleuchtet wird so dass sie schimshy

mert wie eine hochkaraumltige Sammlung edler

Preziosen Inszenierte Natur ndash vergiftete

Romantik

laquoUntitled (2)raquo aus der Reihe

Restoration (2000)

10

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

EIN MARATHON DER INTERNATIONALE KLIMAKALENDER 2009

1 31 Maumlrz ndash 8 April UNFCCC Climate Negotiations Bonn

2 2 April G20 Meeting London

3 27 ndash 28 April Major Economies Forum Washington DC

4 25 ndash 26 Mai Major Economies Forum Paris

5 1 ndash 12 Juni UNFCCC Climate Negotiations Bonn

6 22 ndash 23 Juni Major Economies Forum Mexico City

7 8 ndash 10 Juli G8 Summit LrsquoAquila

8 11 Juli Major Economies Forum LrsquoAquila

9 10 ndash 14 August UNFCCC Climate Negotiations Bonn

10 17 ndash 18 September Major Economies Forum Washington DC

11 21 ndash 22 September 11th Renewable Energy Finance Forum London

12 22 ndash 23 September UN General Assembly New York

13 24 ndash 25 September G20 Meeting Heads of State Pittsburgh

14 28 September ndash 9 Oktober UNFCCC Climate Negotiations Bangkok

15 2ndash 6 November UNFCCC Climate Negotiations Barcelona

16 7 ndash 18 Dezember COP-15 Kopenhagen

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

---

12 KLIMA UND GESCHLECHT

F

TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

ges

Corb

is

Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

1

A

d

J

4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

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STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
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                        • Aprodev
                        • IndyACT
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                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 5: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

3 INHALT

22 Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind mdash Die muumlhsame Arbeit

der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Von Roderick Kefferpuumltz und Claude Weinber

24 Mit Leadership gegen die Zweifl er mdash Die USA haben aus

Kyoto gelernt

Von Arne Jungjohann

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

25 100 Erneuerbare Energien mdash Das naumlchste

europaumlische Megaprojekt

Von Ralf Fuumlcks

26 Vorreiter des Suumldens mdash Experten und Expertinnen aus Costa

Rica China Suumldafrika Brasilien Mexiko Indien Suumldkorea

und Ruanda uumlber die Klimapolitik in ihren Laumlndern

Von Lawrence Pratt Chen Jiliang und Kimiko Suda Antonie Nord

Thomas Fatheuer Ingrid Spiller Sanjay Vashist Young-Woo Park und

Marc Engelhardt

STIMMEN DES AUFBRUCHS

30 Die neue Macht der NGOs Von Nick Reimer

32 Im Prinzip richtig An sich falsch mdash Zur Debatte ob das

Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert

werden soll

Von Hanno Boumlck

IN DER DISKUSSION

33 Wie fair ist fair genug mdash Zwei Klimakonzepte im Vergleich

1 Contraction amp Convergence (CampC) Von Katrin Kraus und Konrad Ott

2 Greenhouse Development Rights (GDRs) Von Tilman Santarius

RODERICK KEFFERPUumlTZ amp CLAUDE WEINBER

SEITE 22

Kefferpuumltz Im Bruumlsseler Buumlro der hbs zustaumlndig fuumlr Energiepolitik Weinber Leiter des hbs-Buumlros Bruumlssel

ARNE JUNGJOHANN SEITE 24

Leiter des Programms Umwelt und Gloshybaler Dialog des hbs-Buumlros Washington DC Gruumlnder des Ortsvereins Washingshyton von Buumlndnis 90Die Gruumlnen

RALF FUumlCKS SEITE 25

Seit 1996 im Vorstand der HeinrichshyBoumlll-Stiftung Mitglied der Grundsatzshykommission von Buumlndnis 90Die Gruumlshynen Veroumlffentlichung laquo Die Oumlkoshylogische Transformation des Kapitalisshymusraquo In Die Dritte Industrielle Revolushytion ndash Aufbruch in ein oumlkologisches Jahrhundert BMU 2008

DIE EXPERTENSCHAFT SEITEN 26 ndash 29

Lawrence Pratt Leiter des Center for Competitiveness and Sustainable Deveshylopment an der INCAE Business School in Alajuela Costa Rica Gruumlnder anershykannter Programme wie Ecobanking Project (wwwecobankingcom) und Sustainable Markets Intelligence Center (wwwcims-lacom)

Chen Jiliang Koordinator des Proshygramms fuumlr Umwelt Klima und Energie im hbs-Buumlro Peking

Kimiko Suda Gender-Koordinatorin und Programmassistentin im hbs-Buumlro Peking Ko-Direktorin des laquo Asian Woshymens Film Festival Berlin raquo (AWFF) (wwwasianwomensfilmde)

Thomas Fatheuer Leiter des hbs-Buumlros Rio de Janeiro

Antonie Nord Leiterin des hbs-Buumlros Kapstadt

Ingrid Spiller Leiterin des hbs-Buumlros Mexiko-Stadt

Sanjay Vashist Berater fuumlr Klimawanshydel-Projekte beim hbs-Buumlro Neu-Delhi

Young-Woo Park Direktor des Regionalshybuumlros der UNEP fuumlr Asien und den pazishyfi schen Raum

Marc Engelhardt Dokumentarfi lmer

NICK REIMER SEITE 30

Redaktionsleiter des Online-Magazins wir-klimaretterde und Klimaexperte der taz Mitgruumlnder der uumlberregionalen Umweltzeitschrift der ehem DDR Oumlkosshytroika Publikation (zus mit Toshyralf Staud laquo Wir Klimaretter So ist die Wende noch zu schaffenraquo Kiwi 2007

HANNO BOumlCK SEITE 32

Student der Informatik Beim Online-Magazin wir-klimaretterde Ansprechshypartner fuumlr alles was in die Rubrik laquo Protestraquo passt

KATRIN KRAUS amp KONRAD OTT

SEITE 33

Kraus Landschaftsoumlkologin und wisshysenschaftliche Mitarbeiterin an der Ernst-Moritz Arndt Universitaumlt Greifsshywald Ott Professor fuumlr Umweltethik Universitaumlt Greifswald Mitglied des Beirats Biodiversitaumlt des Bundesminisshyteriums fuumlr Ernaumlhrung Landwirtschaft Verbraucherschutz

TILMAN SANTARIUS SEITE 33

Santarius Referent fuumlr internationale Klima- und Energiepolitik der hbs

4

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWIR WOLLEN EINE BEWEGUNG

GRUumlNDEN DIE UumlBER KOPENHAGEN

HINAUSREICHTraquo ZUSAMMENGESTELLT VON CONSTANZE WEISKE

Internationale NGOs unterwegs zur 15 UN-Klimakonferenz

350org Das Stammteam unserer Jugendorganisation besteht aus weltweit 18 jungen Leuten die vor allem Aktionen organisieren Der Name 350org leitet sich von dem Ziel ab den CO2-Ausstoszlig auf einen Wert unterhalb von 350 ppm 1 zu halten

1 Was bedeutet Klimagerechtigkeit fuumlr Ihre Organisation Unsere Mission ist es ein Bewusstsein fuumlr die Dringlichkeit der Probleme zu schaffen Letztlich laumluft alles auf die Menschenrechte hinaus das Recht auf Wasser (etwa in Pakistan wo die Himalaya-Gletshyscher die die Fluumlsse naumlhren verschwinden) das Recht auf Nahrung (auch da wo sich die Sahara ausbreitet und das Ackerland zerstoumlrt) das Recht auf nationales Uumlberleben auch der kleinen Inselstaaten Als Vertreter der juumlngeren Generation haben wir vielleicht die aufregendste Formulierung Wir betrachshyten Klimagerechtigkeit als das Recht auf Zukunft

2 Ziele fuumlr Kopenhagen Wir wollen sichergehen dass alle Deleshygierten dort verstehen dass die Menschen ihnen ihr Mandat uumlbertragen haben um einen global verbindlichen Vertrag zu schlieszligen der in Uumlbereinstimmung mit den neuen Erkenntnissen der Wissenschaft steht Wir wollen die Gelegenheit nutzen ein weltumspannendes Netz zu knuumlpfen um notfalls zu reagieren sollte Kopenhagen scheitern Wir brauchen eine globale Beweshygung die auf die globalen politischen Prozesse reagiert

3 Konkrete Aktionen zu Kopenhagen Unser zentraler Aktionstag ist der 24 Oktober ndash der Tag der UNO Da werden wir unsere Botschaft in jede Stadt auf jeden Berg an jeden Strand tragen laquo Der CO2-Ausstoszlig muss unter 350 ppm bleiben raquo

Aprodev 1990 gegruumlndete Dachorganisation von 19 europaumlischen Gruppen mit christlichem Hintergrund (Brot fuumlr die Welt und Landeskirchen)

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns sich auf eine Ordnung zu verstaumlndigen die die globalen Emissionen schnell reduziert und dabei das Recht armer Laumlnder auf Entwicklung respektiert

2 Wir wollen eine Selbstverpflichtung der reichen Laumlnder adaumlquashyte und zuverlaumlssige Finanzierung fuumlr Klimaaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlndern bereitzustellen Wir wollen eine signifikant bessere Kooperation in der Technologie und eine starke Untershystuumltzung bei der Anpassung an den Klimawandel

3 Aprodev betreibt mit Partnern aus den Entwicklungslaumlndern Lobbyarbeit fuumlr eine ambitionierte Positionierung der EU bei den Verhandlungen

IndyACT The League of Independent Activists ist ein weltweites Buumlndnis das 2006 im Libanon gegruumlndet wurde Unsere Kampagnen konzentrieshyren sich auf die arabischen Staaten Es gehoumlren auch IndyWomen dazu Libanesinnen die sich fuumlr Gleichberechtigung stark machen

1 Klimagerechtigkeit bedeutet aktiv zu werden 2 Wir wollen dass die Arabischen Staaten in Kopenhagen einen

gerechten Deal unterstuumltzen und Staaten wie Saudi-Arabien die Verhandlungen nicht wie beim Kyoto-Protokoll erneut blockieren

3 Wir bieten Jugendlichen Medien NGOs und Regierungsvertreshytern Workshops zur Klimapolitik an und initiieren Kampagnen um Druck auf unsere Regierungen aufzubauen

TNC Europe The Nature Conservancy wurde 1951 in Arlington (USA) als klassische Umwelt-NGO gegruumlndet und ist weltweit taumltig TNC hat mehr als eine Million Mitglieder in fuumlnfzig Staaten Unser Engageshyment gilt dem Wald- und Artenschutz und den maritimen Oumlkosysteshymen TNC bevorzugt pragmatische Loumlsungen vor der offenen Konfrontation

1 Klimagerechtigkeit heiszligt den aumlrmsten Entwicklungslaumlndern bei der Anpassung an die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels zu helfen Dabei geht es nicht nur um ausreichende finanzielle Mittel fuumlr internationale Fonds von denen etwa die vom Untergang bedrohten Inselstaaten profitieren koumlnnen Wir wollen Klimaanpassung mit nachhaltiger Entwicklung verbinden statt allein auf Maszlignahmen zur technischen Anpassung zu setzen

2 Wir setzen uns fuumlr ein voumllkerrechtlich verbindliches Klimaschutzshyabkommen ein um den globalen Temperaturanstieg unter 2deg C

5 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

zu halten Da dies ohne Einbeziehung des Tropenwaldschutzes unmoumlglich ist muss sich die nachhaltige Nutzung tropischer Waumllder in den Entwicklungslaumlndern besser rentieren als Investitishyonen in Soja- und Oumllpalmenplantagen bzw die Rinderzucht Neben einem massiven Anstieg oumlffentlicher Mittel fuumlr den Tropenwaldschutz wollen wir diesen schrittweise in den weltweishyten Kohlenstoffmarkt einbeziehen

3 In Kopenhagen wollen wir mit unseren Partnern groszlige regionale Projekte zur Klimaanpassung weltweit vorstellen um zu zeigen dass der Schutz funktionierender Oumlkosysteme in den bedrohten Regionen zu einer nachhaltigen sozio-oumlkonomischen Entwickshylung beitraumlgt

Ecoequity Eine in Berkeley (USA) gegruumlndete Expertengruppe fuumlr Umweltoumlkoshynomie Gerechtigkeit Energie und Ressourcen

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns dem Klimawandel angemessen zu begegnen eine Anstrengung die die Armut weltweit verrinshygert und die Dekarbonisierung mit aller Kraft vorantreibt In der Praxis heiszligt das dass die reichen Laumlnder zahlen muumlssen

2 Wir wollen in Kopenhagen einen Durchbruch erreichen Das ist nur moumlglich wenn die Industrienationen eine solide Finanzieshyrung und ein ganzes Paket Technologien auf den Tisch legen

Friends of the Earth Das groumlszligte in Amsterdam gegruumlndete Grassroot-Netzwerk weltweit vereint mehr als zwei Millionen Mitglieder aus 77 Laumlndern

1 Um Klimagerechtigkeit zu erreichen muumlssen wir sicherstellen dass das UN-Klimaabkommen am Ende nicht bloszlig die Interessen von big business foumlrdert

2 Wir machen uns fuumlr folgende Schwerpunkte stark Absenkung der Emissionen auf vierzig Prozent des Niveaus

von 1990 bis 2020 allein durch inlaumlndische Aktivitaumlten Sicherung eines angemessenen Finanztransfers fuumlr mitigashy

tion 2 und adaptation 3 in den Entwicklungslaumlndern der von der UNFCCC 4 und nicht der Weltbank kontrolliert wird

Sicherstellung dass Waumllder nicht in den Kohlenstoff-markt eingebunden Plantagen nicht als Aufforstung angerechnet und die Landrechte der Einwohner erhalten werden

3 Wir unterstuumltzen die Forderung Boliviens nach Ruumlckzahlung der Klimaschulden und wir werden andere Nationen uumlberzeugen sich dieser Initiative anzuschlieszligen Wir werden die Demonstrashytion laquo Eine Flut fuumlr Klimagerechtigkeit raquo am 12 Dezember organisieren die Tausende auf die Kopenhagener Straszligen holen soll Wir werden gemeinsam mit anderen Netzwerken eine globale Bewegung fuumlr Klimagerechtigkeit etablieren die uumlber Kopenhagen hinaus reicht

AYICC The African Youth Initiative on Climate Change (AYICC) ist ein Jugendnetzwerk das sich auf der Internationalen Jugendklimakonshyferenz 2006 in NairobiKenia gegruumlndet hat Seitdem haben wir nicht aufgehoumlrt uns zu vernetzen und Wissen Ideen Erfahrungen und Strategien zum Klimwandel rund um den Kontinent auszutaushyschen Jugendgruppen aus Togo Kenia Uganda Suumldafrika Ghana und Ruanda spielen dabei eine groszlige Rolle Wir wollen die afrikanische Jugend fuumlr Klimaschutzprojekte mobilisieren und Verbindungen zwischen den gut hundert afrikanishyschen Jugendorganisationen zum Klimawandel herstellen

---

laquoDER CO2-AUSSTOSS MUSS UNTER 350 PPM BLEIBENraquo

350org plant am 24 Oktober dem Tag der Vereinten

Nationen mit spektakulaumlren Aktionen weltweit Aufmerkshy

samkeit zu erregen 350 Bergsteiger werden mit Spruchshy

baumlndern in den Alpen und 350 Taucher im Great Barrier

Riff unterwegs sein Radsportteams legen 350 Kilometer

zuruumlck um unsere Botschaft weiterzugeben laquoUnser Job

ist es Laumlrm zu machen so dass wir nicht einfach ignoriert

werden koumlnnen und eine globale Bewegung entsteht Am

24 Oktober Weil es da noch ein schmales Zeitfenster gibt

im Vorfeld von Kopenhagen Druck auszuuumlbenraquo

VIDEO VON DER HOMPAGE WWW350ORGDE

6

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

UND DAS STEHT AN

IN KOPENHAGEN VON LILI FUHR UND TILMAN SANTARIUS

HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG

Die Klimaverhandlungen sind laumlngst keine reinen Umweltkonferenzen mehr Sie sind zu dem Forum aufgestiegen welches

die Regeln fuumlr Fairness in der Weltgesellschaft festlegt Nicht umsonst sprechen inzwischen fast alle Parteien von der

Notwendigkeit eines laquo fairen Deals raquo und einer laquo gerechten Lastenteilung raquo Ein Tableau der laufenden UN-Klimaverhandshy

lungen und ihrer verschiedenen Themenstraumlnge unter dem Blickwinkel der Gerechtigkeit

ANPASSUNG VORBEREITUNG AUF DAS UNVERMEIDBARE

Schon lange ist klar dass auch bei extrem ambitionierten Klimashyschutzzielen nicht alle Folgen der globalen Erwaumlrmung vermieden werden koumlnnen Vor allem in den Entwicklungslaumlndern sind die negativen Auswirkungen bereits jetzt enorm und sie treffen insbeshysondere die ohnehin verwundbarsten Gruppen (Arme Frauen Kleinbaumluerinnen und -bauern) Ohne einen Schwerpunkt auf Anpassung wird Klimapolitik nie gerecht sein koumlnnen Konkrete Vorschlaumlge zur Umsetzung von Anpassungsmaszlignahmen sowie Berechnungen des Finanzierungsbedarfs liegen vor

Dennoch gehen die Verhandlungen nur schleppend voran Wo werden Fragen der Gerechtigkeit besonders beruumlhrt Anpassung wird nicht in allen Faumlllen moumlglich sein An manche Folgen (etwa an dem Untergang kleiner Inseln) kann man sich nicht anpassen Hier muss es um Kompensationszahlungen fuumlr den Schaden gehen Aber um diese Frage druumlcken sich die Verursacherstaaten

Eng damit zusammen haumlngt die Frage der Finanzierung von Anpassungsmaszlignahmen Im Unterschied zur Entwicklungshilfe geht es hier nicht um Wohltaumltigkeit sondern um Ausgleichszahlungen Die Gelder duumlrfen in keinem Fall als Kredite zur Verfuumlgung gestellt werden sie muumlssen zusaumltzlich zu den jetzigen Zusagen oumlffentlicher Entwicklungshilfe gezahlt werden

Wer soll diese Gelder bekommen Und geht es nur um die verwundbarsten Staaten da die UN-Verhandlungen zwischen

Regierungen laufen Wie kann der Zugang fuumlr gefaumlhrdete Gruppen innerhalb dieser Laumlnder gewaumlhrleistet werden Wie koumlnnen Schaumlden fuumlr den Ernstfall versichert werden

Ein neues Klimaabkommen tritt erst 2013 in Kraft Doch bereits jetzt sind die Schaumlden groszlig Die aumlrmsten Entwicklungslaumlnder haben nationale Aktionsprogramme erstellt Doch sogar die Finanzierung dieser Maszlignahmen die global nur rund zwei Milliarden US-Dollar kosten wuumlrden ist nicht gegeben

MINDERUNG DER NORDEN MUSS WEITERHIN VORANGEHEN

Die Industrielaumlnder muumlssen voranschreiten wenn es um ehrgeizige Ziele der Emissionsreduktion geht Sie sind fuumlr den Groszligteil der Treibhausgase in der Atmosphaumlre verantwortlich und bei den aktuellen Pro-Kopf-Emissionen immer noch fuumlhrend Was bislang auf dem Tisch liegt genuumlgt bei Weitem nicht um gefaumlhrliche Klimaveraumlnderungen zu verhindern Je weniger aber die Industrieshylaumlnder tun desto mehr muumlssen die Schwellenlaumlnder sich engagieshyren ndash oder die Auswirkungen werden gravierender und treffen auch wieder die Aumlrmeren Ambitionierte Minderungsziele der Industrieshylaumlnder sind daher eine Grundbedingung internationaler Gerechtigkeit

Sodann ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit wie die Indusshytrielaumlnder untereinander ihre gesammelten Minderungspflichten aufteilen und sicherstellen dass die aumlrmeren Gruppen in ihren

7 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

eigenen Laumlndern nicht uumlbermaumlszligig belastet werden Tun die USA beispielsweise gegenwaumlrtig genug Im Vergleich zur Bush-Aumlra beobachten wir einen Quantensprung in der amerikanischen Klimapolitik Fuumlr ein globales Klimaschutzziel von houmlchstens 2deg C reicht es nicht

Wichtig aus Nord-Suumld-Perspektive ist zudem welchen Teil ihrer Minderungspflichten die Industrielaumlnder national erbringen und welchen sie durch Finanzierung internationaler Klimaschutzmaszligshynahmen in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern anrechnen duumlrfen Fuumlr diese Art eines Nord-Suumld-Transfers gibt es einen enormen Bedarf Aber es muss sich dabei deutlich um eine zusaumltzliche Pflicht der Industrielaumlnder handeln nicht um einen Ablasshandel der die so dringend notwendige energiepolitische Trendwende im Norden hinauszoumlgern wuumlrde

MINDERUNG WIE VIEL KANN VOM SUumlDEN VERLANGT WERDEN

Waumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entwicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligerdem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Dennoch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen und sollen in Kopenhagen noch keine Verpflichtungen eingehen Sie sollten aber bereits Plaumlne entwickeln wie auch sie Klimaschutz umsetzen werden Und sie koumlnnen mit diesen Plaumlnen Finanztransfer vom Norden beantragen um Maszlignahmen mit Mehrkosten durchzufuumlhren

Anders sieht dies fuumlr die Schwellenlaumlnder aus Einige so etwa Suumldkorea Saudi-Arabien Singapur sollten gar nicht mehr zu dieser Gruppe gezaumlhlt werden gemessen am Pro-Kopf-Einkommen oder an Pro-Kopf-Emissionen sind sie inzwischen Industrielaumlnder geworden Aber selbst Schwellenlaumlnder in denen Armut noch weit verbreitet ist werden sich in Kopenhagen zu einer aktiven Klimashyschutzpolitik verpflichten muumlssen In China Mexiko Brasilien Suumldafrika und weiteren Schwellenlaumlndern ist eine globale Konsushymentenklasse herangewachsen die die Kapazitaumlt hat ihre Treibshyhausgase deutlich zu reduzieren und die dafuumlr auch Verantwortung uumlbernehmen muss

Die USA wuumlrden von diesen Laumlndern in Kopenhagen gern absolute Reduktionsverpflichtungen sehen Aber sie haben kein Recht dies zu fordern weil sie selber trotz Rio und Kyoto nichts unternommen haben Denkbar fuumlr die Schwellenlaumlnder waumlre allerdings eine verpflichtende Deckelung der Emissionen in der Zukunft Denkbar waumlren ferner relative Ziele so dass die Emissionsshyintensitaumlt am Bruttosozialprodukt sinkt China hat solch ein Ziel bereits als Selbstverpflichtung ausgerufen Denkbar waumlre schlieszliglich auch dass die Schwellenlaumlnder sich verpflichten einen Satz effektiver Klimaschutzinstrumente einzufuumlhren wie Oumlkosteuern Effizienzstandards Emissionshandel Erneuerbare-Energien-Einspeishysegesetze usw

CLEAN DEVELOPMENT MECHANISM GERECHTIGKEIT AUF DEM KOHLENSTOFFMARKT

Der Clean Development Mechanism (CDM) dient vor allem zwei Zielen Einerseits soll er den Laumlndern des Nordens Flexibilitaumlt bei der Erfuumlllung ihrer Emissionsminderungspflichten bescheren Sie koumlnnen uumlber CDM die Vermeidung von Treibhausgasen in die Laumlnder des Suumldens abschieben Andererseits soll CDM dem Suumlden

uumlber Projekte den Einstieg in einen erneuerbaren Entwicklungspfad finanzieren und einen Transfer klimafreundlicher Technologien organisieren In der Praxis der letzten zwoumllf Jahre zeigt CDM aber erhebliche Schwaumlchen Vor allem wird seine oumlkologische Integritaumlt kritisiert Es mehren sich wissenschaftliche Studien die zeigen dass viele CDM-Projekte netto gar keine Emissionsminderungen bringen Traumlgt CDM uumlberhaupt zu einer nachhaltigen Entwicklung der Laumlnder des Suumldens bei

Mit Blick auf Gerechtigkeit koumlnnen noch weitere Punkte kritisiert werden Erstens ist die regionale Verteilung der CDM-Projekte extrem ungleich Rund achtzig Prozent aller Projekte werden in nur fuumlnf Laumlndern durchgefuumlhrt China Indien Brasilien Mexiko Malaysia Die meisten Entwicklungslaumlnder gehen leer aus Zweitens bietet CDM in der Praxis nicht wie erhofft Anreize fuumlr einen Technologietransfer die Mehrzahl der Projekte verfolgt noch nicht einmal in ihrer Selbstbeschreibung dieses Ziel So wundert es nicht dass CDM in den gegenwaumlrtigen Verhandlungen zur Disposition steht

Die Vorschlaumlge reichen von laquo gaumlnzlich abschaffen raquo bis laquo grundleshygend reformieren raquo Fuumlr letzteres liegen Optionen auf dem Tisch So koumlnnte CDM in Zukunft von einzelnen Projekten auf ganze Wirtshyschaftssektoren ausgedehnt werden etwa den Stahl- oder Zementshysektor (sectoral CDM) Oder er koumlnnte die Einfuumlhrung von Politiken und Maszlignahmen auf nationaler Ebene umfassen (policy CDM) Doch bei diesen Vorschlaumlgen geht es in erster Linie darum neue Reduktionspotentiale im Suumlden zu erschlieszligen Sie erscheinen indessen ungeeignet um eine gerechtere Verteilung von privatwirtshyschaftlichen Finanzen auf alle Laumlnder des Suumldens und einen verbesserten Technologietransfer uumlber den Kohlenstoffmarkt zu erzielen Besonders problematisch waumlre eine direkte Finanzierung von Tropenwaldschutz uumlber den Emissionshandel da es hier um groszlige Minderungspotentiale geht die sehr billig zu haben sind Sie vermindern dann die Anreize im Industrie- und Verkehrssektor die Energiewende einzuleiten

FINANZIERUNG WER ZAHLTrsquoS WER KRIEGTrsquoS

Minderung Anpassung und Technologiekooperationen kosten Geld Ein globales Klimaschutzabkommen wird es nicht ohne einen massiven Finanztransfer von Nord nach Suumld geben Im Kern handelt es sich auch hier um eine Frage gerechter Lastenteilung Welches Land soll welchen Anteil der globalen Kosten uumlbernehmen Eine Kostenschaumltzung ist dabei aumluszligerst schwierig Die Industrielaumlnder haben sich verpflichtet die vollstaumlndigen laquo inkrementellen Kosten raquo ndash sprich die Mehrkosten gegenuumlber preiswerteren klimaschaumldlichen Investitionen ndash aller Klimaschutzmaszlignahmen in den Entwicklungsshylaumlndern zu tragen Sollen die Hauptverursacher am meisten zahlen weil sie die groumlszligte historische Schuld tragen Oder sollen die reichen Laumlnder mehr als die weniger reichen zahlen weil sie aktuell die groumlszligten finanziellen Kapazitaumlten haben

Gerechtigkeitsfragen stellen sich ebenfalls bei der Ausgabe der Mittel Welches Land erhaumllt wie viel Geld Die Antworten sind nicht eindeutig Sollen China Mexiko oder Brasilien Geld erhalten weil hier die groumlszligten Vermeidungspotentiale schlummern und das Geld fuumlr den Klimaschutz am effektivsten eingesetzt waumlre Oder soll China wenig bis gar nichts erhalten weil es ein Umschwenken aus eigener Kraft schaffen kann Dann haumltten die weniger reichen Entwicklungslaumlnder und die am wenigsten entwickelten Laumlnder (LDCs) Anrecht auf das meiste Geld Davon abgesehen ist es problematisch dass die Diskussion uumlber Klimafi nanzierung derzeit hauptsaumlchlich geschlechterblind verlaumluft Frauen werden bei der Entwicklung moderner Finanzierungsmechanismen wenig beruumlckshy

8 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

sichtigt obwohl bekannt ist dass gerade sie in Entwicklungslaumlndern oft schlechteren Zugang zu Maumlrkten und Kapital besitzen als Maumlnner

INSTITUTIONEN NEUER WEIN UND ALTE SCHLAumlUCHE

Hilfe zur Anpassung Unterstuumltzung von Minderungsaktivitaumlten Reform des Kohlenstoffmarkts ein groszlig angelegter Technologieshytransfer ndash so oder so werden die Klimaverhandlungen dazu fuumlhren dass die internationale Kooperation in Wirtschaft und Politik zunimmt Welche Institutionen sollen diese Kooperation organisieshyren Viele Vorschlaumlge die von Laumlndern in die aktuellen Verhandlunshygen eingebracht wurden laufen auf die Gruumlndung neuer Institutioshynen hinaus So plaumldiert die Gruppe der Entwicklungslaumlnder fuumlr ein neues Exekutivorgan zum Technologietransfer und die EU fuumlr eine zentrale Kontrollinstanz die die nationalen Klimaschutzplaumlne aller Entwicklungslaumlnder uumlberpruumlfen soll Insbesondere uumlber das Mashynagement der uumlber hundert Milliarden Euro die in Zukunft womoumlgshylich flieszligen werden ist ein Konflikt entbrannt Welche Institution(en) sollen die Gelder verteilen Eine neue unabhaumlngige und mindestens paritaumltisch aus Nord und Suumld besetzte Finanzinstishytution die nicht nur die Interessen der Geldgeber vertritt fordern viele Entwicklungslaumlnder die Weltbank soll ausgebaut und reforshymiert werden um mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung diese Summen effektiv abwickeln zu koumlnnen meinen die meisten Industrielaumlnder Im Streit werden oft die am meisten betroffenen Gemeinschaften wie auch die Privatwirtschaft vergessen diese sollten moumlglichst unbuumlrokratisch und nach einem fairen Verteilungsshyschluumlssel auf die Gelder zugreifen koumlnnen

REPRAumlSENTATION UND MITSPRACHE KOMPLEXITAumlT GEGEN DEMOKRATIE

Je naumlher die Klimakonferenz in Kopenhagen ruumlckt desto kompliziershyter scheinen die Verhandlungen zu werden In verschiedenen Arbeitsgruppen wird oft parallel uumlber aumluszligerst komplexe technische Details verhandelt waumlhrend die groszligen politischen Fragen woanshyders entschieden werden Die Delegationen der aumlrmeren Entwickshylungslaumlnder stellt das vor groszlige Herausforderungen Sie bestehen oft nur aus wenigen Personen Expertise und Beratung muumlssen eingekauft werden Haumlufig fehlt die innenpolitische Ruumlckendeckung die den Verhandlungen Bedeutung einraumlumt Erfahrungswissen ist rar Dem Verhandlungsmarathon koumlnnen die kleinen Delegationen nur sehr begrenzt folgen und dementsprechend wenig Einfl uss auf seinen Verlauf nehmen ndash eine unschoumlne Erfahrung die vielen aus der WTO bekannt ist Hinzukommt dass genau diese Laumlnder in den (informellen) Gremien und Foren in denen politische Weichenstelshylungen beschlossen werden nicht vertreten sind ndash weder in der G8 der G20 oder dem von Bush einberufenen und von Obama fortgeshyfuumlhrten Major Economies Forum (MEF) der 17 groumlszligten Emittenten-Laumlnder Je (kosten-)aufwendiger und komplexer der Verhandlungsshyprozess wird desto mehr geraten Klimaschutz und Demokratie miteinander in Konflikt Und wenn schon Regierungen des Suumldens die Flut an Themen und Verhandlungstreffen kaum mehr bewaumlltishygen koumlnnen wie koumlnnen dann noch Betroffene und die Zivilgesellshyschaft angemessen mitsprechen

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9 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWie jeder weiszligraquo schreibt Ilkka Halso laquoist

die Natur in schlechter Verfassung Sie muss

renoviert werdenraquo Statt Gebaumlude und menschshy

liche Artefakte ruumlstet der fi nnische Foto-Kuumlnstshy

ler Naturobjekte ein umstellt Baumlume Felsbroshy

cken Felswaumlnde Wiesen mit Stangen und

Planen und trennt sie durch kuumlnstliches Licht

von ihrer Umgebung Ilkko Halso wirft einen

ironischen Blick auf die Beziehung Natur +

Mensch Und auf die Umkehrung des Verhaumlltshy

nisses Es ist heute die Natur ndash oder was von

ihr uumlbrig geblieben ist ndash die geschuumltzt repashy

riert und ausgeleuchtet wird so dass sie schimshy

mert wie eine hochkaraumltige Sammlung edler

Preziosen Inszenierte Natur ndash vergiftete

Romantik

laquoUntitled (2)raquo aus der Reihe

Restoration (2000)

10

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

EIN MARATHON DER INTERNATIONALE KLIMAKALENDER 2009

1 31 Maumlrz ndash 8 April UNFCCC Climate Negotiations Bonn

2 2 April G20 Meeting London

3 27 ndash 28 April Major Economies Forum Washington DC

4 25 ndash 26 Mai Major Economies Forum Paris

5 1 ndash 12 Juni UNFCCC Climate Negotiations Bonn

6 22 ndash 23 Juni Major Economies Forum Mexico City

7 8 ndash 10 Juli G8 Summit LrsquoAquila

8 11 Juli Major Economies Forum LrsquoAquila

9 10 ndash 14 August UNFCCC Climate Negotiations Bonn

10 17 ndash 18 September Major Economies Forum Washington DC

11 21 ndash 22 September 11th Renewable Energy Finance Forum London

12 22 ndash 23 September UN General Assembly New York

13 24 ndash 25 September G20 Meeting Heads of State Pittsburgh

14 28 September ndash 9 Oktober UNFCCC Climate Negotiations Bangkok

15 2ndash 6 November UNFCCC Climate Negotiations Barcelona

16 7 ndash 18 Dezember COP-15 Kopenhagen

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

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12 KLIMA UND GESCHLECHT

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TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

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Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

18

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 6: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWIR WOLLEN EINE BEWEGUNG

GRUumlNDEN DIE UumlBER KOPENHAGEN

HINAUSREICHTraquo ZUSAMMENGESTELLT VON CONSTANZE WEISKE

Internationale NGOs unterwegs zur 15 UN-Klimakonferenz

350org Das Stammteam unserer Jugendorganisation besteht aus weltweit 18 jungen Leuten die vor allem Aktionen organisieren Der Name 350org leitet sich von dem Ziel ab den CO2-Ausstoszlig auf einen Wert unterhalb von 350 ppm 1 zu halten

1 Was bedeutet Klimagerechtigkeit fuumlr Ihre Organisation Unsere Mission ist es ein Bewusstsein fuumlr die Dringlichkeit der Probleme zu schaffen Letztlich laumluft alles auf die Menschenrechte hinaus das Recht auf Wasser (etwa in Pakistan wo die Himalaya-Gletshyscher die die Fluumlsse naumlhren verschwinden) das Recht auf Nahrung (auch da wo sich die Sahara ausbreitet und das Ackerland zerstoumlrt) das Recht auf nationales Uumlberleben auch der kleinen Inselstaaten Als Vertreter der juumlngeren Generation haben wir vielleicht die aufregendste Formulierung Wir betrachshyten Klimagerechtigkeit als das Recht auf Zukunft

2 Ziele fuumlr Kopenhagen Wir wollen sichergehen dass alle Deleshygierten dort verstehen dass die Menschen ihnen ihr Mandat uumlbertragen haben um einen global verbindlichen Vertrag zu schlieszligen der in Uumlbereinstimmung mit den neuen Erkenntnissen der Wissenschaft steht Wir wollen die Gelegenheit nutzen ein weltumspannendes Netz zu knuumlpfen um notfalls zu reagieren sollte Kopenhagen scheitern Wir brauchen eine globale Beweshygung die auf die globalen politischen Prozesse reagiert

3 Konkrete Aktionen zu Kopenhagen Unser zentraler Aktionstag ist der 24 Oktober ndash der Tag der UNO Da werden wir unsere Botschaft in jede Stadt auf jeden Berg an jeden Strand tragen laquo Der CO2-Ausstoszlig muss unter 350 ppm bleiben raquo

Aprodev 1990 gegruumlndete Dachorganisation von 19 europaumlischen Gruppen mit christlichem Hintergrund (Brot fuumlr die Welt und Landeskirchen)

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns sich auf eine Ordnung zu verstaumlndigen die die globalen Emissionen schnell reduziert und dabei das Recht armer Laumlnder auf Entwicklung respektiert

2 Wir wollen eine Selbstverpflichtung der reichen Laumlnder adaumlquashyte und zuverlaumlssige Finanzierung fuumlr Klimaaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlndern bereitzustellen Wir wollen eine signifikant bessere Kooperation in der Technologie und eine starke Untershystuumltzung bei der Anpassung an den Klimawandel

3 Aprodev betreibt mit Partnern aus den Entwicklungslaumlndern Lobbyarbeit fuumlr eine ambitionierte Positionierung der EU bei den Verhandlungen

IndyACT The League of Independent Activists ist ein weltweites Buumlndnis das 2006 im Libanon gegruumlndet wurde Unsere Kampagnen konzentrieshyren sich auf die arabischen Staaten Es gehoumlren auch IndyWomen dazu Libanesinnen die sich fuumlr Gleichberechtigung stark machen

1 Klimagerechtigkeit bedeutet aktiv zu werden 2 Wir wollen dass die Arabischen Staaten in Kopenhagen einen

gerechten Deal unterstuumltzen und Staaten wie Saudi-Arabien die Verhandlungen nicht wie beim Kyoto-Protokoll erneut blockieren

3 Wir bieten Jugendlichen Medien NGOs und Regierungsvertreshytern Workshops zur Klimapolitik an und initiieren Kampagnen um Druck auf unsere Regierungen aufzubauen

TNC Europe The Nature Conservancy wurde 1951 in Arlington (USA) als klassische Umwelt-NGO gegruumlndet und ist weltweit taumltig TNC hat mehr als eine Million Mitglieder in fuumlnfzig Staaten Unser Engageshyment gilt dem Wald- und Artenschutz und den maritimen Oumlkosysteshymen TNC bevorzugt pragmatische Loumlsungen vor der offenen Konfrontation

1 Klimagerechtigkeit heiszligt den aumlrmsten Entwicklungslaumlndern bei der Anpassung an die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels zu helfen Dabei geht es nicht nur um ausreichende finanzielle Mittel fuumlr internationale Fonds von denen etwa die vom Untergang bedrohten Inselstaaten profitieren koumlnnen Wir wollen Klimaanpassung mit nachhaltiger Entwicklung verbinden statt allein auf Maszlignahmen zur technischen Anpassung zu setzen

2 Wir setzen uns fuumlr ein voumllkerrechtlich verbindliches Klimaschutzshyabkommen ein um den globalen Temperaturanstieg unter 2deg C

5 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

zu halten Da dies ohne Einbeziehung des Tropenwaldschutzes unmoumlglich ist muss sich die nachhaltige Nutzung tropischer Waumllder in den Entwicklungslaumlndern besser rentieren als Investitishyonen in Soja- und Oumllpalmenplantagen bzw die Rinderzucht Neben einem massiven Anstieg oumlffentlicher Mittel fuumlr den Tropenwaldschutz wollen wir diesen schrittweise in den weltweishyten Kohlenstoffmarkt einbeziehen

3 In Kopenhagen wollen wir mit unseren Partnern groszlige regionale Projekte zur Klimaanpassung weltweit vorstellen um zu zeigen dass der Schutz funktionierender Oumlkosysteme in den bedrohten Regionen zu einer nachhaltigen sozio-oumlkonomischen Entwickshylung beitraumlgt

Ecoequity Eine in Berkeley (USA) gegruumlndete Expertengruppe fuumlr Umweltoumlkoshynomie Gerechtigkeit Energie und Ressourcen

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns dem Klimawandel angemessen zu begegnen eine Anstrengung die die Armut weltweit verrinshygert und die Dekarbonisierung mit aller Kraft vorantreibt In der Praxis heiszligt das dass die reichen Laumlnder zahlen muumlssen

2 Wir wollen in Kopenhagen einen Durchbruch erreichen Das ist nur moumlglich wenn die Industrienationen eine solide Finanzieshyrung und ein ganzes Paket Technologien auf den Tisch legen

Friends of the Earth Das groumlszligte in Amsterdam gegruumlndete Grassroot-Netzwerk weltweit vereint mehr als zwei Millionen Mitglieder aus 77 Laumlndern

1 Um Klimagerechtigkeit zu erreichen muumlssen wir sicherstellen dass das UN-Klimaabkommen am Ende nicht bloszlig die Interessen von big business foumlrdert

2 Wir machen uns fuumlr folgende Schwerpunkte stark Absenkung der Emissionen auf vierzig Prozent des Niveaus

von 1990 bis 2020 allein durch inlaumlndische Aktivitaumlten Sicherung eines angemessenen Finanztransfers fuumlr mitigashy

tion 2 und adaptation 3 in den Entwicklungslaumlndern der von der UNFCCC 4 und nicht der Weltbank kontrolliert wird

Sicherstellung dass Waumllder nicht in den Kohlenstoff-markt eingebunden Plantagen nicht als Aufforstung angerechnet und die Landrechte der Einwohner erhalten werden

3 Wir unterstuumltzen die Forderung Boliviens nach Ruumlckzahlung der Klimaschulden und wir werden andere Nationen uumlberzeugen sich dieser Initiative anzuschlieszligen Wir werden die Demonstrashytion laquo Eine Flut fuumlr Klimagerechtigkeit raquo am 12 Dezember organisieren die Tausende auf die Kopenhagener Straszligen holen soll Wir werden gemeinsam mit anderen Netzwerken eine globale Bewegung fuumlr Klimagerechtigkeit etablieren die uumlber Kopenhagen hinaus reicht

AYICC The African Youth Initiative on Climate Change (AYICC) ist ein Jugendnetzwerk das sich auf der Internationalen Jugendklimakonshyferenz 2006 in NairobiKenia gegruumlndet hat Seitdem haben wir nicht aufgehoumlrt uns zu vernetzen und Wissen Ideen Erfahrungen und Strategien zum Klimwandel rund um den Kontinent auszutaushyschen Jugendgruppen aus Togo Kenia Uganda Suumldafrika Ghana und Ruanda spielen dabei eine groszlige Rolle Wir wollen die afrikanische Jugend fuumlr Klimaschutzprojekte mobilisieren und Verbindungen zwischen den gut hundert afrikanishyschen Jugendorganisationen zum Klimawandel herstellen

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laquoDER CO2-AUSSTOSS MUSS UNTER 350 PPM BLEIBENraquo

350org plant am 24 Oktober dem Tag der Vereinten

Nationen mit spektakulaumlren Aktionen weltweit Aufmerkshy

samkeit zu erregen 350 Bergsteiger werden mit Spruchshy

baumlndern in den Alpen und 350 Taucher im Great Barrier

Riff unterwegs sein Radsportteams legen 350 Kilometer

zuruumlck um unsere Botschaft weiterzugeben laquoUnser Job

ist es Laumlrm zu machen so dass wir nicht einfach ignoriert

werden koumlnnen und eine globale Bewegung entsteht Am

24 Oktober Weil es da noch ein schmales Zeitfenster gibt

im Vorfeld von Kopenhagen Druck auszuuumlbenraquo

VIDEO VON DER HOMPAGE WWW350ORGDE

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

UND DAS STEHT AN

IN KOPENHAGEN VON LILI FUHR UND TILMAN SANTARIUS

HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG

Die Klimaverhandlungen sind laumlngst keine reinen Umweltkonferenzen mehr Sie sind zu dem Forum aufgestiegen welches

die Regeln fuumlr Fairness in der Weltgesellschaft festlegt Nicht umsonst sprechen inzwischen fast alle Parteien von der

Notwendigkeit eines laquo fairen Deals raquo und einer laquo gerechten Lastenteilung raquo Ein Tableau der laufenden UN-Klimaverhandshy

lungen und ihrer verschiedenen Themenstraumlnge unter dem Blickwinkel der Gerechtigkeit

ANPASSUNG VORBEREITUNG AUF DAS UNVERMEIDBARE

Schon lange ist klar dass auch bei extrem ambitionierten Klimashyschutzzielen nicht alle Folgen der globalen Erwaumlrmung vermieden werden koumlnnen Vor allem in den Entwicklungslaumlndern sind die negativen Auswirkungen bereits jetzt enorm und sie treffen insbeshysondere die ohnehin verwundbarsten Gruppen (Arme Frauen Kleinbaumluerinnen und -bauern) Ohne einen Schwerpunkt auf Anpassung wird Klimapolitik nie gerecht sein koumlnnen Konkrete Vorschlaumlge zur Umsetzung von Anpassungsmaszlignahmen sowie Berechnungen des Finanzierungsbedarfs liegen vor

Dennoch gehen die Verhandlungen nur schleppend voran Wo werden Fragen der Gerechtigkeit besonders beruumlhrt Anpassung wird nicht in allen Faumlllen moumlglich sein An manche Folgen (etwa an dem Untergang kleiner Inseln) kann man sich nicht anpassen Hier muss es um Kompensationszahlungen fuumlr den Schaden gehen Aber um diese Frage druumlcken sich die Verursacherstaaten

Eng damit zusammen haumlngt die Frage der Finanzierung von Anpassungsmaszlignahmen Im Unterschied zur Entwicklungshilfe geht es hier nicht um Wohltaumltigkeit sondern um Ausgleichszahlungen Die Gelder duumlrfen in keinem Fall als Kredite zur Verfuumlgung gestellt werden sie muumlssen zusaumltzlich zu den jetzigen Zusagen oumlffentlicher Entwicklungshilfe gezahlt werden

Wer soll diese Gelder bekommen Und geht es nur um die verwundbarsten Staaten da die UN-Verhandlungen zwischen

Regierungen laufen Wie kann der Zugang fuumlr gefaumlhrdete Gruppen innerhalb dieser Laumlnder gewaumlhrleistet werden Wie koumlnnen Schaumlden fuumlr den Ernstfall versichert werden

Ein neues Klimaabkommen tritt erst 2013 in Kraft Doch bereits jetzt sind die Schaumlden groszlig Die aumlrmsten Entwicklungslaumlnder haben nationale Aktionsprogramme erstellt Doch sogar die Finanzierung dieser Maszlignahmen die global nur rund zwei Milliarden US-Dollar kosten wuumlrden ist nicht gegeben

MINDERUNG DER NORDEN MUSS WEITERHIN VORANGEHEN

Die Industrielaumlnder muumlssen voranschreiten wenn es um ehrgeizige Ziele der Emissionsreduktion geht Sie sind fuumlr den Groszligteil der Treibhausgase in der Atmosphaumlre verantwortlich und bei den aktuellen Pro-Kopf-Emissionen immer noch fuumlhrend Was bislang auf dem Tisch liegt genuumlgt bei Weitem nicht um gefaumlhrliche Klimaveraumlnderungen zu verhindern Je weniger aber die Industrieshylaumlnder tun desto mehr muumlssen die Schwellenlaumlnder sich engagieshyren ndash oder die Auswirkungen werden gravierender und treffen auch wieder die Aumlrmeren Ambitionierte Minderungsziele der Industrieshylaumlnder sind daher eine Grundbedingung internationaler Gerechtigkeit

Sodann ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit wie die Indusshytrielaumlnder untereinander ihre gesammelten Minderungspflichten aufteilen und sicherstellen dass die aumlrmeren Gruppen in ihren

7 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

eigenen Laumlndern nicht uumlbermaumlszligig belastet werden Tun die USA beispielsweise gegenwaumlrtig genug Im Vergleich zur Bush-Aumlra beobachten wir einen Quantensprung in der amerikanischen Klimapolitik Fuumlr ein globales Klimaschutzziel von houmlchstens 2deg C reicht es nicht

Wichtig aus Nord-Suumld-Perspektive ist zudem welchen Teil ihrer Minderungspflichten die Industrielaumlnder national erbringen und welchen sie durch Finanzierung internationaler Klimaschutzmaszligshynahmen in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern anrechnen duumlrfen Fuumlr diese Art eines Nord-Suumld-Transfers gibt es einen enormen Bedarf Aber es muss sich dabei deutlich um eine zusaumltzliche Pflicht der Industrielaumlnder handeln nicht um einen Ablasshandel der die so dringend notwendige energiepolitische Trendwende im Norden hinauszoumlgern wuumlrde

MINDERUNG WIE VIEL KANN VOM SUumlDEN VERLANGT WERDEN

Waumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entwicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligerdem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Dennoch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen und sollen in Kopenhagen noch keine Verpflichtungen eingehen Sie sollten aber bereits Plaumlne entwickeln wie auch sie Klimaschutz umsetzen werden Und sie koumlnnen mit diesen Plaumlnen Finanztransfer vom Norden beantragen um Maszlignahmen mit Mehrkosten durchzufuumlhren

Anders sieht dies fuumlr die Schwellenlaumlnder aus Einige so etwa Suumldkorea Saudi-Arabien Singapur sollten gar nicht mehr zu dieser Gruppe gezaumlhlt werden gemessen am Pro-Kopf-Einkommen oder an Pro-Kopf-Emissionen sind sie inzwischen Industrielaumlnder geworden Aber selbst Schwellenlaumlnder in denen Armut noch weit verbreitet ist werden sich in Kopenhagen zu einer aktiven Klimashyschutzpolitik verpflichten muumlssen In China Mexiko Brasilien Suumldafrika und weiteren Schwellenlaumlndern ist eine globale Konsushymentenklasse herangewachsen die die Kapazitaumlt hat ihre Treibshyhausgase deutlich zu reduzieren und die dafuumlr auch Verantwortung uumlbernehmen muss

Die USA wuumlrden von diesen Laumlndern in Kopenhagen gern absolute Reduktionsverpflichtungen sehen Aber sie haben kein Recht dies zu fordern weil sie selber trotz Rio und Kyoto nichts unternommen haben Denkbar fuumlr die Schwellenlaumlnder waumlre allerdings eine verpflichtende Deckelung der Emissionen in der Zukunft Denkbar waumlren ferner relative Ziele so dass die Emissionsshyintensitaumlt am Bruttosozialprodukt sinkt China hat solch ein Ziel bereits als Selbstverpflichtung ausgerufen Denkbar waumlre schlieszliglich auch dass die Schwellenlaumlnder sich verpflichten einen Satz effektiver Klimaschutzinstrumente einzufuumlhren wie Oumlkosteuern Effizienzstandards Emissionshandel Erneuerbare-Energien-Einspeishysegesetze usw

CLEAN DEVELOPMENT MECHANISM GERECHTIGKEIT AUF DEM KOHLENSTOFFMARKT

Der Clean Development Mechanism (CDM) dient vor allem zwei Zielen Einerseits soll er den Laumlndern des Nordens Flexibilitaumlt bei der Erfuumlllung ihrer Emissionsminderungspflichten bescheren Sie koumlnnen uumlber CDM die Vermeidung von Treibhausgasen in die Laumlnder des Suumldens abschieben Andererseits soll CDM dem Suumlden

uumlber Projekte den Einstieg in einen erneuerbaren Entwicklungspfad finanzieren und einen Transfer klimafreundlicher Technologien organisieren In der Praxis der letzten zwoumllf Jahre zeigt CDM aber erhebliche Schwaumlchen Vor allem wird seine oumlkologische Integritaumlt kritisiert Es mehren sich wissenschaftliche Studien die zeigen dass viele CDM-Projekte netto gar keine Emissionsminderungen bringen Traumlgt CDM uumlberhaupt zu einer nachhaltigen Entwicklung der Laumlnder des Suumldens bei

Mit Blick auf Gerechtigkeit koumlnnen noch weitere Punkte kritisiert werden Erstens ist die regionale Verteilung der CDM-Projekte extrem ungleich Rund achtzig Prozent aller Projekte werden in nur fuumlnf Laumlndern durchgefuumlhrt China Indien Brasilien Mexiko Malaysia Die meisten Entwicklungslaumlnder gehen leer aus Zweitens bietet CDM in der Praxis nicht wie erhofft Anreize fuumlr einen Technologietransfer die Mehrzahl der Projekte verfolgt noch nicht einmal in ihrer Selbstbeschreibung dieses Ziel So wundert es nicht dass CDM in den gegenwaumlrtigen Verhandlungen zur Disposition steht

Die Vorschlaumlge reichen von laquo gaumlnzlich abschaffen raquo bis laquo grundleshygend reformieren raquo Fuumlr letzteres liegen Optionen auf dem Tisch So koumlnnte CDM in Zukunft von einzelnen Projekten auf ganze Wirtshyschaftssektoren ausgedehnt werden etwa den Stahl- oder Zementshysektor (sectoral CDM) Oder er koumlnnte die Einfuumlhrung von Politiken und Maszlignahmen auf nationaler Ebene umfassen (policy CDM) Doch bei diesen Vorschlaumlgen geht es in erster Linie darum neue Reduktionspotentiale im Suumlden zu erschlieszligen Sie erscheinen indessen ungeeignet um eine gerechtere Verteilung von privatwirtshyschaftlichen Finanzen auf alle Laumlnder des Suumldens und einen verbesserten Technologietransfer uumlber den Kohlenstoffmarkt zu erzielen Besonders problematisch waumlre eine direkte Finanzierung von Tropenwaldschutz uumlber den Emissionshandel da es hier um groszlige Minderungspotentiale geht die sehr billig zu haben sind Sie vermindern dann die Anreize im Industrie- und Verkehrssektor die Energiewende einzuleiten

FINANZIERUNG WER ZAHLTrsquoS WER KRIEGTrsquoS

Minderung Anpassung und Technologiekooperationen kosten Geld Ein globales Klimaschutzabkommen wird es nicht ohne einen massiven Finanztransfer von Nord nach Suumld geben Im Kern handelt es sich auch hier um eine Frage gerechter Lastenteilung Welches Land soll welchen Anteil der globalen Kosten uumlbernehmen Eine Kostenschaumltzung ist dabei aumluszligerst schwierig Die Industrielaumlnder haben sich verpflichtet die vollstaumlndigen laquo inkrementellen Kosten raquo ndash sprich die Mehrkosten gegenuumlber preiswerteren klimaschaumldlichen Investitionen ndash aller Klimaschutzmaszlignahmen in den Entwicklungsshylaumlndern zu tragen Sollen die Hauptverursacher am meisten zahlen weil sie die groumlszligte historische Schuld tragen Oder sollen die reichen Laumlnder mehr als die weniger reichen zahlen weil sie aktuell die groumlszligten finanziellen Kapazitaumlten haben

Gerechtigkeitsfragen stellen sich ebenfalls bei der Ausgabe der Mittel Welches Land erhaumllt wie viel Geld Die Antworten sind nicht eindeutig Sollen China Mexiko oder Brasilien Geld erhalten weil hier die groumlszligten Vermeidungspotentiale schlummern und das Geld fuumlr den Klimaschutz am effektivsten eingesetzt waumlre Oder soll China wenig bis gar nichts erhalten weil es ein Umschwenken aus eigener Kraft schaffen kann Dann haumltten die weniger reichen Entwicklungslaumlnder und die am wenigsten entwickelten Laumlnder (LDCs) Anrecht auf das meiste Geld Davon abgesehen ist es problematisch dass die Diskussion uumlber Klimafi nanzierung derzeit hauptsaumlchlich geschlechterblind verlaumluft Frauen werden bei der Entwicklung moderner Finanzierungsmechanismen wenig beruumlckshy

8 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

sichtigt obwohl bekannt ist dass gerade sie in Entwicklungslaumlndern oft schlechteren Zugang zu Maumlrkten und Kapital besitzen als Maumlnner

INSTITUTIONEN NEUER WEIN UND ALTE SCHLAumlUCHE

Hilfe zur Anpassung Unterstuumltzung von Minderungsaktivitaumlten Reform des Kohlenstoffmarkts ein groszlig angelegter Technologieshytransfer ndash so oder so werden die Klimaverhandlungen dazu fuumlhren dass die internationale Kooperation in Wirtschaft und Politik zunimmt Welche Institutionen sollen diese Kooperation organisieshyren Viele Vorschlaumlge die von Laumlndern in die aktuellen Verhandlunshygen eingebracht wurden laufen auf die Gruumlndung neuer Institutioshynen hinaus So plaumldiert die Gruppe der Entwicklungslaumlnder fuumlr ein neues Exekutivorgan zum Technologietransfer und die EU fuumlr eine zentrale Kontrollinstanz die die nationalen Klimaschutzplaumlne aller Entwicklungslaumlnder uumlberpruumlfen soll Insbesondere uumlber das Mashynagement der uumlber hundert Milliarden Euro die in Zukunft womoumlgshylich flieszligen werden ist ein Konflikt entbrannt Welche Institution(en) sollen die Gelder verteilen Eine neue unabhaumlngige und mindestens paritaumltisch aus Nord und Suumld besetzte Finanzinstishytution die nicht nur die Interessen der Geldgeber vertritt fordern viele Entwicklungslaumlnder die Weltbank soll ausgebaut und reforshymiert werden um mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung diese Summen effektiv abwickeln zu koumlnnen meinen die meisten Industrielaumlnder Im Streit werden oft die am meisten betroffenen Gemeinschaften wie auch die Privatwirtschaft vergessen diese sollten moumlglichst unbuumlrokratisch und nach einem fairen Verteilungsshyschluumlssel auf die Gelder zugreifen koumlnnen

REPRAumlSENTATION UND MITSPRACHE KOMPLEXITAumlT GEGEN DEMOKRATIE

Je naumlher die Klimakonferenz in Kopenhagen ruumlckt desto kompliziershyter scheinen die Verhandlungen zu werden In verschiedenen Arbeitsgruppen wird oft parallel uumlber aumluszligerst komplexe technische Details verhandelt waumlhrend die groszligen politischen Fragen woanshyders entschieden werden Die Delegationen der aumlrmeren Entwickshylungslaumlnder stellt das vor groszlige Herausforderungen Sie bestehen oft nur aus wenigen Personen Expertise und Beratung muumlssen eingekauft werden Haumlufig fehlt die innenpolitische Ruumlckendeckung die den Verhandlungen Bedeutung einraumlumt Erfahrungswissen ist rar Dem Verhandlungsmarathon koumlnnen die kleinen Delegationen nur sehr begrenzt folgen und dementsprechend wenig Einfl uss auf seinen Verlauf nehmen ndash eine unschoumlne Erfahrung die vielen aus der WTO bekannt ist Hinzukommt dass genau diese Laumlnder in den (informellen) Gremien und Foren in denen politische Weichenstelshylungen beschlossen werden nicht vertreten sind ndash weder in der G8 der G20 oder dem von Bush einberufenen und von Obama fortgeshyfuumlhrten Major Economies Forum (MEF) der 17 groumlszligten Emittenten-Laumlnder Je (kosten-)aufwendiger und komplexer der Verhandlungsshyprozess wird desto mehr geraten Klimaschutz und Demokratie miteinander in Konflikt Und wenn schon Regierungen des Suumldens die Flut an Themen und Verhandlungstreffen kaum mehr bewaumlltishygen koumlnnen wie koumlnnen dann noch Betroffene und die Zivilgesellshyschaft angemessen mitsprechen

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9 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWie jeder weiszligraquo schreibt Ilkka Halso laquoist

die Natur in schlechter Verfassung Sie muss

renoviert werdenraquo Statt Gebaumlude und menschshy

liche Artefakte ruumlstet der fi nnische Foto-Kuumlnstshy

ler Naturobjekte ein umstellt Baumlume Felsbroshy

cken Felswaumlnde Wiesen mit Stangen und

Planen und trennt sie durch kuumlnstliches Licht

von ihrer Umgebung Ilkko Halso wirft einen

ironischen Blick auf die Beziehung Natur +

Mensch Und auf die Umkehrung des Verhaumlltshy

nisses Es ist heute die Natur ndash oder was von

ihr uumlbrig geblieben ist ndash die geschuumltzt repashy

riert und ausgeleuchtet wird so dass sie schimshy

mert wie eine hochkaraumltige Sammlung edler

Preziosen Inszenierte Natur ndash vergiftete

Romantik

laquoUntitled (2)raquo aus der Reihe

Restoration (2000)

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

EIN MARATHON DER INTERNATIONALE KLIMAKALENDER 2009

1 31 Maumlrz ndash 8 April UNFCCC Climate Negotiations Bonn

2 2 April G20 Meeting London

3 27 ndash 28 April Major Economies Forum Washington DC

4 25 ndash 26 Mai Major Economies Forum Paris

5 1 ndash 12 Juni UNFCCC Climate Negotiations Bonn

6 22 ndash 23 Juni Major Economies Forum Mexico City

7 8 ndash 10 Juli G8 Summit LrsquoAquila

8 11 Juli Major Economies Forum LrsquoAquila

9 10 ndash 14 August UNFCCC Climate Negotiations Bonn

10 17 ndash 18 September Major Economies Forum Washington DC

11 21 ndash 22 September 11th Renewable Energy Finance Forum London

12 22 ndash 23 September UN General Assembly New York

13 24 ndash 25 September G20 Meeting Heads of State Pittsburgh

14 28 September ndash 9 Oktober UNFCCC Climate Negotiations Bangkok

15 2ndash 6 November UNFCCC Climate Negotiations Barcelona

16 7 ndash 18 Dezember COP-15 Kopenhagen

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

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12 KLIMA UND GESCHLECHT

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TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

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Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

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The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 7: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

5 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

zu halten Da dies ohne Einbeziehung des Tropenwaldschutzes unmoumlglich ist muss sich die nachhaltige Nutzung tropischer Waumllder in den Entwicklungslaumlndern besser rentieren als Investitishyonen in Soja- und Oumllpalmenplantagen bzw die Rinderzucht Neben einem massiven Anstieg oumlffentlicher Mittel fuumlr den Tropenwaldschutz wollen wir diesen schrittweise in den weltweishyten Kohlenstoffmarkt einbeziehen

3 In Kopenhagen wollen wir mit unseren Partnern groszlige regionale Projekte zur Klimaanpassung weltweit vorstellen um zu zeigen dass der Schutz funktionierender Oumlkosysteme in den bedrohten Regionen zu einer nachhaltigen sozio-oumlkonomischen Entwickshylung beitraumlgt

Ecoequity Eine in Berkeley (USA) gegruumlndete Expertengruppe fuumlr Umweltoumlkoshynomie Gerechtigkeit Energie und Ressourcen

1 Klimagerechtigkeit heiszligt fuumlr uns dem Klimawandel angemessen zu begegnen eine Anstrengung die die Armut weltweit verrinshygert und die Dekarbonisierung mit aller Kraft vorantreibt In der Praxis heiszligt das dass die reichen Laumlnder zahlen muumlssen

2 Wir wollen in Kopenhagen einen Durchbruch erreichen Das ist nur moumlglich wenn die Industrienationen eine solide Finanzieshyrung und ein ganzes Paket Technologien auf den Tisch legen

Friends of the Earth Das groumlszligte in Amsterdam gegruumlndete Grassroot-Netzwerk weltweit vereint mehr als zwei Millionen Mitglieder aus 77 Laumlndern

1 Um Klimagerechtigkeit zu erreichen muumlssen wir sicherstellen dass das UN-Klimaabkommen am Ende nicht bloszlig die Interessen von big business foumlrdert

2 Wir machen uns fuumlr folgende Schwerpunkte stark Absenkung der Emissionen auf vierzig Prozent des Niveaus

von 1990 bis 2020 allein durch inlaumlndische Aktivitaumlten Sicherung eines angemessenen Finanztransfers fuumlr mitigashy

tion 2 und adaptation 3 in den Entwicklungslaumlndern der von der UNFCCC 4 und nicht der Weltbank kontrolliert wird

Sicherstellung dass Waumllder nicht in den Kohlenstoff-markt eingebunden Plantagen nicht als Aufforstung angerechnet und die Landrechte der Einwohner erhalten werden

3 Wir unterstuumltzen die Forderung Boliviens nach Ruumlckzahlung der Klimaschulden und wir werden andere Nationen uumlberzeugen sich dieser Initiative anzuschlieszligen Wir werden die Demonstrashytion laquo Eine Flut fuumlr Klimagerechtigkeit raquo am 12 Dezember organisieren die Tausende auf die Kopenhagener Straszligen holen soll Wir werden gemeinsam mit anderen Netzwerken eine globale Bewegung fuumlr Klimagerechtigkeit etablieren die uumlber Kopenhagen hinaus reicht

AYICC The African Youth Initiative on Climate Change (AYICC) ist ein Jugendnetzwerk das sich auf der Internationalen Jugendklimakonshyferenz 2006 in NairobiKenia gegruumlndet hat Seitdem haben wir nicht aufgehoumlrt uns zu vernetzen und Wissen Ideen Erfahrungen und Strategien zum Klimwandel rund um den Kontinent auszutaushyschen Jugendgruppen aus Togo Kenia Uganda Suumldafrika Ghana und Ruanda spielen dabei eine groszlige Rolle Wir wollen die afrikanische Jugend fuumlr Klimaschutzprojekte mobilisieren und Verbindungen zwischen den gut hundert afrikanishyschen Jugendorganisationen zum Klimawandel herstellen

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laquoDER CO2-AUSSTOSS MUSS UNTER 350 PPM BLEIBENraquo

350org plant am 24 Oktober dem Tag der Vereinten

Nationen mit spektakulaumlren Aktionen weltweit Aufmerkshy

samkeit zu erregen 350 Bergsteiger werden mit Spruchshy

baumlndern in den Alpen und 350 Taucher im Great Barrier

Riff unterwegs sein Radsportteams legen 350 Kilometer

zuruumlck um unsere Botschaft weiterzugeben laquoUnser Job

ist es Laumlrm zu machen so dass wir nicht einfach ignoriert

werden koumlnnen und eine globale Bewegung entsteht Am

24 Oktober Weil es da noch ein schmales Zeitfenster gibt

im Vorfeld von Kopenhagen Druck auszuuumlbenraquo

VIDEO VON DER HOMPAGE WWW350ORGDE

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

UND DAS STEHT AN

IN KOPENHAGEN VON LILI FUHR UND TILMAN SANTARIUS

HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG

Die Klimaverhandlungen sind laumlngst keine reinen Umweltkonferenzen mehr Sie sind zu dem Forum aufgestiegen welches

die Regeln fuumlr Fairness in der Weltgesellschaft festlegt Nicht umsonst sprechen inzwischen fast alle Parteien von der

Notwendigkeit eines laquo fairen Deals raquo und einer laquo gerechten Lastenteilung raquo Ein Tableau der laufenden UN-Klimaverhandshy

lungen und ihrer verschiedenen Themenstraumlnge unter dem Blickwinkel der Gerechtigkeit

ANPASSUNG VORBEREITUNG AUF DAS UNVERMEIDBARE

Schon lange ist klar dass auch bei extrem ambitionierten Klimashyschutzzielen nicht alle Folgen der globalen Erwaumlrmung vermieden werden koumlnnen Vor allem in den Entwicklungslaumlndern sind die negativen Auswirkungen bereits jetzt enorm und sie treffen insbeshysondere die ohnehin verwundbarsten Gruppen (Arme Frauen Kleinbaumluerinnen und -bauern) Ohne einen Schwerpunkt auf Anpassung wird Klimapolitik nie gerecht sein koumlnnen Konkrete Vorschlaumlge zur Umsetzung von Anpassungsmaszlignahmen sowie Berechnungen des Finanzierungsbedarfs liegen vor

Dennoch gehen die Verhandlungen nur schleppend voran Wo werden Fragen der Gerechtigkeit besonders beruumlhrt Anpassung wird nicht in allen Faumlllen moumlglich sein An manche Folgen (etwa an dem Untergang kleiner Inseln) kann man sich nicht anpassen Hier muss es um Kompensationszahlungen fuumlr den Schaden gehen Aber um diese Frage druumlcken sich die Verursacherstaaten

Eng damit zusammen haumlngt die Frage der Finanzierung von Anpassungsmaszlignahmen Im Unterschied zur Entwicklungshilfe geht es hier nicht um Wohltaumltigkeit sondern um Ausgleichszahlungen Die Gelder duumlrfen in keinem Fall als Kredite zur Verfuumlgung gestellt werden sie muumlssen zusaumltzlich zu den jetzigen Zusagen oumlffentlicher Entwicklungshilfe gezahlt werden

Wer soll diese Gelder bekommen Und geht es nur um die verwundbarsten Staaten da die UN-Verhandlungen zwischen

Regierungen laufen Wie kann der Zugang fuumlr gefaumlhrdete Gruppen innerhalb dieser Laumlnder gewaumlhrleistet werden Wie koumlnnen Schaumlden fuumlr den Ernstfall versichert werden

Ein neues Klimaabkommen tritt erst 2013 in Kraft Doch bereits jetzt sind die Schaumlden groszlig Die aumlrmsten Entwicklungslaumlnder haben nationale Aktionsprogramme erstellt Doch sogar die Finanzierung dieser Maszlignahmen die global nur rund zwei Milliarden US-Dollar kosten wuumlrden ist nicht gegeben

MINDERUNG DER NORDEN MUSS WEITERHIN VORANGEHEN

Die Industrielaumlnder muumlssen voranschreiten wenn es um ehrgeizige Ziele der Emissionsreduktion geht Sie sind fuumlr den Groszligteil der Treibhausgase in der Atmosphaumlre verantwortlich und bei den aktuellen Pro-Kopf-Emissionen immer noch fuumlhrend Was bislang auf dem Tisch liegt genuumlgt bei Weitem nicht um gefaumlhrliche Klimaveraumlnderungen zu verhindern Je weniger aber die Industrieshylaumlnder tun desto mehr muumlssen die Schwellenlaumlnder sich engagieshyren ndash oder die Auswirkungen werden gravierender und treffen auch wieder die Aumlrmeren Ambitionierte Minderungsziele der Industrieshylaumlnder sind daher eine Grundbedingung internationaler Gerechtigkeit

Sodann ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit wie die Indusshytrielaumlnder untereinander ihre gesammelten Minderungspflichten aufteilen und sicherstellen dass die aumlrmeren Gruppen in ihren

7 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

eigenen Laumlndern nicht uumlbermaumlszligig belastet werden Tun die USA beispielsweise gegenwaumlrtig genug Im Vergleich zur Bush-Aumlra beobachten wir einen Quantensprung in der amerikanischen Klimapolitik Fuumlr ein globales Klimaschutzziel von houmlchstens 2deg C reicht es nicht

Wichtig aus Nord-Suumld-Perspektive ist zudem welchen Teil ihrer Minderungspflichten die Industrielaumlnder national erbringen und welchen sie durch Finanzierung internationaler Klimaschutzmaszligshynahmen in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern anrechnen duumlrfen Fuumlr diese Art eines Nord-Suumld-Transfers gibt es einen enormen Bedarf Aber es muss sich dabei deutlich um eine zusaumltzliche Pflicht der Industrielaumlnder handeln nicht um einen Ablasshandel der die so dringend notwendige energiepolitische Trendwende im Norden hinauszoumlgern wuumlrde

MINDERUNG WIE VIEL KANN VOM SUumlDEN VERLANGT WERDEN

Waumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entwicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligerdem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Dennoch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen und sollen in Kopenhagen noch keine Verpflichtungen eingehen Sie sollten aber bereits Plaumlne entwickeln wie auch sie Klimaschutz umsetzen werden Und sie koumlnnen mit diesen Plaumlnen Finanztransfer vom Norden beantragen um Maszlignahmen mit Mehrkosten durchzufuumlhren

Anders sieht dies fuumlr die Schwellenlaumlnder aus Einige so etwa Suumldkorea Saudi-Arabien Singapur sollten gar nicht mehr zu dieser Gruppe gezaumlhlt werden gemessen am Pro-Kopf-Einkommen oder an Pro-Kopf-Emissionen sind sie inzwischen Industrielaumlnder geworden Aber selbst Schwellenlaumlnder in denen Armut noch weit verbreitet ist werden sich in Kopenhagen zu einer aktiven Klimashyschutzpolitik verpflichten muumlssen In China Mexiko Brasilien Suumldafrika und weiteren Schwellenlaumlndern ist eine globale Konsushymentenklasse herangewachsen die die Kapazitaumlt hat ihre Treibshyhausgase deutlich zu reduzieren und die dafuumlr auch Verantwortung uumlbernehmen muss

Die USA wuumlrden von diesen Laumlndern in Kopenhagen gern absolute Reduktionsverpflichtungen sehen Aber sie haben kein Recht dies zu fordern weil sie selber trotz Rio und Kyoto nichts unternommen haben Denkbar fuumlr die Schwellenlaumlnder waumlre allerdings eine verpflichtende Deckelung der Emissionen in der Zukunft Denkbar waumlren ferner relative Ziele so dass die Emissionsshyintensitaumlt am Bruttosozialprodukt sinkt China hat solch ein Ziel bereits als Selbstverpflichtung ausgerufen Denkbar waumlre schlieszliglich auch dass die Schwellenlaumlnder sich verpflichten einen Satz effektiver Klimaschutzinstrumente einzufuumlhren wie Oumlkosteuern Effizienzstandards Emissionshandel Erneuerbare-Energien-Einspeishysegesetze usw

CLEAN DEVELOPMENT MECHANISM GERECHTIGKEIT AUF DEM KOHLENSTOFFMARKT

Der Clean Development Mechanism (CDM) dient vor allem zwei Zielen Einerseits soll er den Laumlndern des Nordens Flexibilitaumlt bei der Erfuumlllung ihrer Emissionsminderungspflichten bescheren Sie koumlnnen uumlber CDM die Vermeidung von Treibhausgasen in die Laumlnder des Suumldens abschieben Andererseits soll CDM dem Suumlden

uumlber Projekte den Einstieg in einen erneuerbaren Entwicklungspfad finanzieren und einen Transfer klimafreundlicher Technologien organisieren In der Praxis der letzten zwoumllf Jahre zeigt CDM aber erhebliche Schwaumlchen Vor allem wird seine oumlkologische Integritaumlt kritisiert Es mehren sich wissenschaftliche Studien die zeigen dass viele CDM-Projekte netto gar keine Emissionsminderungen bringen Traumlgt CDM uumlberhaupt zu einer nachhaltigen Entwicklung der Laumlnder des Suumldens bei

Mit Blick auf Gerechtigkeit koumlnnen noch weitere Punkte kritisiert werden Erstens ist die regionale Verteilung der CDM-Projekte extrem ungleich Rund achtzig Prozent aller Projekte werden in nur fuumlnf Laumlndern durchgefuumlhrt China Indien Brasilien Mexiko Malaysia Die meisten Entwicklungslaumlnder gehen leer aus Zweitens bietet CDM in der Praxis nicht wie erhofft Anreize fuumlr einen Technologietransfer die Mehrzahl der Projekte verfolgt noch nicht einmal in ihrer Selbstbeschreibung dieses Ziel So wundert es nicht dass CDM in den gegenwaumlrtigen Verhandlungen zur Disposition steht

Die Vorschlaumlge reichen von laquo gaumlnzlich abschaffen raquo bis laquo grundleshygend reformieren raquo Fuumlr letzteres liegen Optionen auf dem Tisch So koumlnnte CDM in Zukunft von einzelnen Projekten auf ganze Wirtshyschaftssektoren ausgedehnt werden etwa den Stahl- oder Zementshysektor (sectoral CDM) Oder er koumlnnte die Einfuumlhrung von Politiken und Maszlignahmen auf nationaler Ebene umfassen (policy CDM) Doch bei diesen Vorschlaumlgen geht es in erster Linie darum neue Reduktionspotentiale im Suumlden zu erschlieszligen Sie erscheinen indessen ungeeignet um eine gerechtere Verteilung von privatwirtshyschaftlichen Finanzen auf alle Laumlnder des Suumldens und einen verbesserten Technologietransfer uumlber den Kohlenstoffmarkt zu erzielen Besonders problematisch waumlre eine direkte Finanzierung von Tropenwaldschutz uumlber den Emissionshandel da es hier um groszlige Minderungspotentiale geht die sehr billig zu haben sind Sie vermindern dann die Anreize im Industrie- und Verkehrssektor die Energiewende einzuleiten

FINANZIERUNG WER ZAHLTrsquoS WER KRIEGTrsquoS

Minderung Anpassung und Technologiekooperationen kosten Geld Ein globales Klimaschutzabkommen wird es nicht ohne einen massiven Finanztransfer von Nord nach Suumld geben Im Kern handelt es sich auch hier um eine Frage gerechter Lastenteilung Welches Land soll welchen Anteil der globalen Kosten uumlbernehmen Eine Kostenschaumltzung ist dabei aumluszligerst schwierig Die Industrielaumlnder haben sich verpflichtet die vollstaumlndigen laquo inkrementellen Kosten raquo ndash sprich die Mehrkosten gegenuumlber preiswerteren klimaschaumldlichen Investitionen ndash aller Klimaschutzmaszlignahmen in den Entwicklungsshylaumlndern zu tragen Sollen die Hauptverursacher am meisten zahlen weil sie die groumlszligte historische Schuld tragen Oder sollen die reichen Laumlnder mehr als die weniger reichen zahlen weil sie aktuell die groumlszligten finanziellen Kapazitaumlten haben

Gerechtigkeitsfragen stellen sich ebenfalls bei der Ausgabe der Mittel Welches Land erhaumllt wie viel Geld Die Antworten sind nicht eindeutig Sollen China Mexiko oder Brasilien Geld erhalten weil hier die groumlszligten Vermeidungspotentiale schlummern und das Geld fuumlr den Klimaschutz am effektivsten eingesetzt waumlre Oder soll China wenig bis gar nichts erhalten weil es ein Umschwenken aus eigener Kraft schaffen kann Dann haumltten die weniger reichen Entwicklungslaumlnder und die am wenigsten entwickelten Laumlnder (LDCs) Anrecht auf das meiste Geld Davon abgesehen ist es problematisch dass die Diskussion uumlber Klimafi nanzierung derzeit hauptsaumlchlich geschlechterblind verlaumluft Frauen werden bei der Entwicklung moderner Finanzierungsmechanismen wenig beruumlckshy

8 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

sichtigt obwohl bekannt ist dass gerade sie in Entwicklungslaumlndern oft schlechteren Zugang zu Maumlrkten und Kapital besitzen als Maumlnner

INSTITUTIONEN NEUER WEIN UND ALTE SCHLAumlUCHE

Hilfe zur Anpassung Unterstuumltzung von Minderungsaktivitaumlten Reform des Kohlenstoffmarkts ein groszlig angelegter Technologieshytransfer ndash so oder so werden die Klimaverhandlungen dazu fuumlhren dass die internationale Kooperation in Wirtschaft und Politik zunimmt Welche Institutionen sollen diese Kooperation organisieshyren Viele Vorschlaumlge die von Laumlndern in die aktuellen Verhandlunshygen eingebracht wurden laufen auf die Gruumlndung neuer Institutioshynen hinaus So plaumldiert die Gruppe der Entwicklungslaumlnder fuumlr ein neues Exekutivorgan zum Technologietransfer und die EU fuumlr eine zentrale Kontrollinstanz die die nationalen Klimaschutzplaumlne aller Entwicklungslaumlnder uumlberpruumlfen soll Insbesondere uumlber das Mashynagement der uumlber hundert Milliarden Euro die in Zukunft womoumlgshylich flieszligen werden ist ein Konflikt entbrannt Welche Institution(en) sollen die Gelder verteilen Eine neue unabhaumlngige und mindestens paritaumltisch aus Nord und Suumld besetzte Finanzinstishytution die nicht nur die Interessen der Geldgeber vertritt fordern viele Entwicklungslaumlnder die Weltbank soll ausgebaut und reforshymiert werden um mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung diese Summen effektiv abwickeln zu koumlnnen meinen die meisten Industrielaumlnder Im Streit werden oft die am meisten betroffenen Gemeinschaften wie auch die Privatwirtschaft vergessen diese sollten moumlglichst unbuumlrokratisch und nach einem fairen Verteilungsshyschluumlssel auf die Gelder zugreifen koumlnnen

REPRAumlSENTATION UND MITSPRACHE KOMPLEXITAumlT GEGEN DEMOKRATIE

Je naumlher die Klimakonferenz in Kopenhagen ruumlckt desto kompliziershyter scheinen die Verhandlungen zu werden In verschiedenen Arbeitsgruppen wird oft parallel uumlber aumluszligerst komplexe technische Details verhandelt waumlhrend die groszligen politischen Fragen woanshyders entschieden werden Die Delegationen der aumlrmeren Entwickshylungslaumlnder stellt das vor groszlige Herausforderungen Sie bestehen oft nur aus wenigen Personen Expertise und Beratung muumlssen eingekauft werden Haumlufig fehlt die innenpolitische Ruumlckendeckung die den Verhandlungen Bedeutung einraumlumt Erfahrungswissen ist rar Dem Verhandlungsmarathon koumlnnen die kleinen Delegationen nur sehr begrenzt folgen und dementsprechend wenig Einfl uss auf seinen Verlauf nehmen ndash eine unschoumlne Erfahrung die vielen aus der WTO bekannt ist Hinzukommt dass genau diese Laumlnder in den (informellen) Gremien und Foren in denen politische Weichenstelshylungen beschlossen werden nicht vertreten sind ndash weder in der G8 der G20 oder dem von Bush einberufenen und von Obama fortgeshyfuumlhrten Major Economies Forum (MEF) der 17 groumlszligten Emittenten-Laumlnder Je (kosten-)aufwendiger und komplexer der Verhandlungsshyprozess wird desto mehr geraten Klimaschutz und Demokratie miteinander in Konflikt Und wenn schon Regierungen des Suumldens die Flut an Themen und Verhandlungstreffen kaum mehr bewaumlltishygen koumlnnen wie koumlnnen dann noch Betroffene und die Zivilgesellshyschaft angemessen mitsprechen

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9 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWie jeder weiszligraquo schreibt Ilkka Halso laquoist

die Natur in schlechter Verfassung Sie muss

renoviert werdenraquo Statt Gebaumlude und menschshy

liche Artefakte ruumlstet der fi nnische Foto-Kuumlnstshy

ler Naturobjekte ein umstellt Baumlume Felsbroshy

cken Felswaumlnde Wiesen mit Stangen und

Planen und trennt sie durch kuumlnstliches Licht

von ihrer Umgebung Ilkko Halso wirft einen

ironischen Blick auf die Beziehung Natur +

Mensch Und auf die Umkehrung des Verhaumlltshy

nisses Es ist heute die Natur ndash oder was von

ihr uumlbrig geblieben ist ndash die geschuumltzt repashy

riert und ausgeleuchtet wird so dass sie schimshy

mert wie eine hochkaraumltige Sammlung edler

Preziosen Inszenierte Natur ndash vergiftete

Romantik

laquoUntitled (2)raquo aus der Reihe

Restoration (2000)

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

EIN MARATHON DER INTERNATIONALE KLIMAKALENDER 2009

1 31 Maumlrz ndash 8 April UNFCCC Climate Negotiations Bonn

2 2 April G20 Meeting London

3 27 ndash 28 April Major Economies Forum Washington DC

4 25 ndash 26 Mai Major Economies Forum Paris

5 1 ndash 12 Juni UNFCCC Climate Negotiations Bonn

6 22 ndash 23 Juni Major Economies Forum Mexico City

7 8 ndash 10 Juli G8 Summit LrsquoAquila

8 11 Juli Major Economies Forum LrsquoAquila

9 10 ndash 14 August UNFCCC Climate Negotiations Bonn

10 17 ndash 18 September Major Economies Forum Washington DC

11 21 ndash 22 September 11th Renewable Energy Finance Forum London

12 22 ndash 23 September UN General Assembly New York

13 24 ndash 25 September G20 Meeting Heads of State Pittsburgh

14 28 September ndash 9 Oktober UNFCCC Climate Negotiations Bangkok

15 2ndash 6 November UNFCCC Climate Negotiations Barcelona

16 7 ndash 18 Dezember COP-15 Kopenhagen

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

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12 KLIMA UND GESCHLECHT

F

TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

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Corb

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Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 8: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

UND DAS STEHT AN

IN KOPENHAGEN VON LILI FUHR UND TILMAN SANTARIUS

HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG

Die Klimaverhandlungen sind laumlngst keine reinen Umweltkonferenzen mehr Sie sind zu dem Forum aufgestiegen welches

die Regeln fuumlr Fairness in der Weltgesellschaft festlegt Nicht umsonst sprechen inzwischen fast alle Parteien von der

Notwendigkeit eines laquo fairen Deals raquo und einer laquo gerechten Lastenteilung raquo Ein Tableau der laufenden UN-Klimaverhandshy

lungen und ihrer verschiedenen Themenstraumlnge unter dem Blickwinkel der Gerechtigkeit

ANPASSUNG VORBEREITUNG AUF DAS UNVERMEIDBARE

Schon lange ist klar dass auch bei extrem ambitionierten Klimashyschutzzielen nicht alle Folgen der globalen Erwaumlrmung vermieden werden koumlnnen Vor allem in den Entwicklungslaumlndern sind die negativen Auswirkungen bereits jetzt enorm und sie treffen insbeshysondere die ohnehin verwundbarsten Gruppen (Arme Frauen Kleinbaumluerinnen und -bauern) Ohne einen Schwerpunkt auf Anpassung wird Klimapolitik nie gerecht sein koumlnnen Konkrete Vorschlaumlge zur Umsetzung von Anpassungsmaszlignahmen sowie Berechnungen des Finanzierungsbedarfs liegen vor

Dennoch gehen die Verhandlungen nur schleppend voran Wo werden Fragen der Gerechtigkeit besonders beruumlhrt Anpassung wird nicht in allen Faumlllen moumlglich sein An manche Folgen (etwa an dem Untergang kleiner Inseln) kann man sich nicht anpassen Hier muss es um Kompensationszahlungen fuumlr den Schaden gehen Aber um diese Frage druumlcken sich die Verursacherstaaten

Eng damit zusammen haumlngt die Frage der Finanzierung von Anpassungsmaszlignahmen Im Unterschied zur Entwicklungshilfe geht es hier nicht um Wohltaumltigkeit sondern um Ausgleichszahlungen Die Gelder duumlrfen in keinem Fall als Kredite zur Verfuumlgung gestellt werden sie muumlssen zusaumltzlich zu den jetzigen Zusagen oumlffentlicher Entwicklungshilfe gezahlt werden

Wer soll diese Gelder bekommen Und geht es nur um die verwundbarsten Staaten da die UN-Verhandlungen zwischen

Regierungen laufen Wie kann der Zugang fuumlr gefaumlhrdete Gruppen innerhalb dieser Laumlnder gewaumlhrleistet werden Wie koumlnnen Schaumlden fuumlr den Ernstfall versichert werden

Ein neues Klimaabkommen tritt erst 2013 in Kraft Doch bereits jetzt sind die Schaumlden groszlig Die aumlrmsten Entwicklungslaumlnder haben nationale Aktionsprogramme erstellt Doch sogar die Finanzierung dieser Maszlignahmen die global nur rund zwei Milliarden US-Dollar kosten wuumlrden ist nicht gegeben

MINDERUNG DER NORDEN MUSS WEITERHIN VORANGEHEN

Die Industrielaumlnder muumlssen voranschreiten wenn es um ehrgeizige Ziele der Emissionsreduktion geht Sie sind fuumlr den Groszligteil der Treibhausgase in der Atmosphaumlre verantwortlich und bei den aktuellen Pro-Kopf-Emissionen immer noch fuumlhrend Was bislang auf dem Tisch liegt genuumlgt bei Weitem nicht um gefaumlhrliche Klimaveraumlnderungen zu verhindern Je weniger aber die Industrieshylaumlnder tun desto mehr muumlssen die Schwellenlaumlnder sich engagieshyren ndash oder die Auswirkungen werden gravierender und treffen auch wieder die Aumlrmeren Ambitionierte Minderungsziele der Industrieshylaumlnder sind daher eine Grundbedingung internationaler Gerechtigkeit

Sodann ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit wie die Indusshytrielaumlnder untereinander ihre gesammelten Minderungspflichten aufteilen und sicherstellen dass die aumlrmeren Gruppen in ihren

7 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

eigenen Laumlndern nicht uumlbermaumlszligig belastet werden Tun die USA beispielsweise gegenwaumlrtig genug Im Vergleich zur Bush-Aumlra beobachten wir einen Quantensprung in der amerikanischen Klimapolitik Fuumlr ein globales Klimaschutzziel von houmlchstens 2deg C reicht es nicht

Wichtig aus Nord-Suumld-Perspektive ist zudem welchen Teil ihrer Minderungspflichten die Industrielaumlnder national erbringen und welchen sie durch Finanzierung internationaler Klimaschutzmaszligshynahmen in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern anrechnen duumlrfen Fuumlr diese Art eines Nord-Suumld-Transfers gibt es einen enormen Bedarf Aber es muss sich dabei deutlich um eine zusaumltzliche Pflicht der Industrielaumlnder handeln nicht um einen Ablasshandel der die so dringend notwendige energiepolitische Trendwende im Norden hinauszoumlgern wuumlrde

MINDERUNG WIE VIEL KANN VOM SUumlDEN VERLANGT WERDEN

Waumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entwicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligerdem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Dennoch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen und sollen in Kopenhagen noch keine Verpflichtungen eingehen Sie sollten aber bereits Plaumlne entwickeln wie auch sie Klimaschutz umsetzen werden Und sie koumlnnen mit diesen Plaumlnen Finanztransfer vom Norden beantragen um Maszlignahmen mit Mehrkosten durchzufuumlhren

Anders sieht dies fuumlr die Schwellenlaumlnder aus Einige so etwa Suumldkorea Saudi-Arabien Singapur sollten gar nicht mehr zu dieser Gruppe gezaumlhlt werden gemessen am Pro-Kopf-Einkommen oder an Pro-Kopf-Emissionen sind sie inzwischen Industrielaumlnder geworden Aber selbst Schwellenlaumlnder in denen Armut noch weit verbreitet ist werden sich in Kopenhagen zu einer aktiven Klimashyschutzpolitik verpflichten muumlssen In China Mexiko Brasilien Suumldafrika und weiteren Schwellenlaumlndern ist eine globale Konsushymentenklasse herangewachsen die die Kapazitaumlt hat ihre Treibshyhausgase deutlich zu reduzieren und die dafuumlr auch Verantwortung uumlbernehmen muss

Die USA wuumlrden von diesen Laumlndern in Kopenhagen gern absolute Reduktionsverpflichtungen sehen Aber sie haben kein Recht dies zu fordern weil sie selber trotz Rio und Kyoto nichts unternommen haben Denkbar fuumlr die Schwellenlaumlnder waumlre allerdings eine verpflichtende Deckelung der Emissionen in der Zukunft Denkbar waumlren ferner relative Ziele so dass die Emissionsshyintensitaumlt am Bruttosozialprodukt sinkt China hat solch ein Ziel bereits als Selbstverpflichtung ausgerufen Denkbar waumlre schlieszliglich auch dass die Schwellenlaumlnder sich verpflichten einen Satz effektiver Klimaschutzinstrumente einzufuumlhren wie Oumlkosteuern Effizienzstandards Emissionshandel Erneuerbare-Energien-Einspeishysegesetze usw

CLEAN DEVELOPMENT MECHANISM GERECHTIGKEIT AUF DEM KOHLENSTOFFMARKT

Der Clean Development Mechanism (CDM) dient vor allem zwei Zielen Einerseits soll er den Laumlndern des Nordens Flexibilitaumlt bei der Erfuumlllung ihrer Emissionsminderungspflichten bescheren Sie koumlnnen uumlber CDM die Vermeidung von Treibhausgasen in die Laumlnder des Suumldens abschieben Andererseits soll CDM dem Suumlden

uumlber Projekte den Einstieg in einen erneuerbaren Entwicklungspfad finanzieren und einen Transfer klimafreundlicher Technologien organisieren In der Praxis der letzten zwoumllf Jahre zeigt CDM aber erhebliche Schwaumlchen Vor allem wird seine oumlkologische Integritaumlt kritisiert Es mehren sich wissenschaftliche Studien die zeigen dass viele CDM-Projekte netto gar keine Emissionsminderungen bringen Traumlgt CDM uumlberhaupt zu einer nachhaltigen Entwicklung der Laumlnder des Suumldens bei

Mit Blick auf Gerechtigkeit koumlnnen noch weitere Punkte kritisiert werden Erstens ist die regionale Verteilung der CDM-Projekte extrem ungleich Rund achtzig Prozent aller Projekte werden in nur fuumlnf Laumlndern durchgefuumlhrt China Indien Brasilien Mexiko Malaysia Die meisten Entwicklungslaumlnder gehen leer aus Zweitens bietet CDM in der Praxis nicht wie erhofft Anreize fuumlr einen Technologietransfer die Mehrzahl der Projekte verfolgt noch nicht einmal in ihrer Selbstbeschreibung dieses Ziel So wundert es nicht dass CDM in den gegenwaumlrtigen Verhandlungen zur Disposition steht

Die Vorschlaumlge reichen von laquo gaumlnzlich abschaffen raquo bis laquo grundleshygend reformieren raquo Fuumlr letzteres liegen Optionen auf dem Tisch So koumlnnte CDM in Zukunft von einzelnen Projekten auf ganze Wirtshyschaftssektoren ausgedehnt werden etwa den Stahl- oder Zementshysektor (sectoral CDM) Oder er koumlnnte die Einfuumlhrung von Politiken und Maszlignahmen auf nationaler Ebene umfassen (policy CDM) Doch bei diesen Vorschlaumlgen geht es in erster Linie darum neue Reduktionspotentiale im Suumlden zu erschlieszligen Sie erscheinen indessen ungeeignet um eine gerechtere Verteilung von privatwirtshyschaftlichen Finanzen auf alle Laumlnder des Suumldens und einen verbesserten Technologietransfer uumlber den Kohlenstoffmarkt zu erzielen Besonders problematisch waumlre eine direkte Finanzierung von Tropenwaldschutz uumlber den Emissionshandel da es hier um groszlige Minderungspotentiale geht die sehr billig zu haben sind Sie vermindern dann die Anreize im Industrie- und Verkehrssektor die Energiewende einzuleiten

FINANZIERUNG WER ZAHLTrsquoS WER KRIEGTrsquoS

Minderung Anpassung und Technologiekooperationen kosten Geld Ein globales Klimaschutzabkommen wird es nicht ohne einen massiven Finanztransfer von Nord nach Suumld geben Im Kern handelt es sich auch hier um eine Frage gerechter Lastenteilung Welches Land soll welchen Anteil der globalen Kosten uumlbernehmen Eine Kostenschaumltzung ist dabei aumluszligerst schwierig Die Industrielaumlnder haben sich verpflichtet die vollstaumlndigen laquo inkrementellen Kosten raquo ndash sprich die Mehrkosten gegenuumlber preiswerteren klimaschaumldlichen Investitionen ndash aller Klimaschutzmaszlignahmen in den Entwicklungsshylaumlndern zu tragen Sollen die Hauptverursacher am meisten zahlen weil sie die groumlszligte historische Schuld tragen Oder sollen die reichen Laumlnder mehr als die weniger reichen zahlen weil sie aktuell die groumlszligten finanziellen Kapazitaumlten haben

Gerechtigkeitsfragen stellen sich ebenfalls bei der Ausgabe der Mittel Welches Land erhaumllt wie viel Geld Die Antworten sind nicht eindeutig Sollen China Mexiko oder Brasilien Geld erhalten weil hier die groumlszligten Vermeidungspotentiale schlummern und das Geld fuumlr den Klimaschutz am effektivsten eingesetzt waumlre Oder soll China wenig bis gar nichts erhalten weil es ein Umschwenken aus eigener Kraft schaffen kann Dann haumltten die weniger reichen Entwicklungslaumlnder und die am wenigsten entwickelten Laumlnder (LDCs) Anrecht auf das meiste Geld Davon abgesehen ist es problematisch dass die Diskussion uumlber Klimafi nanzierung derzeit hauptsaumlchlich geschlechterblind verlaumluft Frauen werden bei der Entwicklung moderner Finanzierungsmechanismen wenig beruumlckshy

8 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

sichtigt obwohl bekannt ist dass gerade sie in Entwicklungslaumlndern oft schlechteren Zugang zu Maumlrkten und Kapital besitzen als Maumlnner

INSTITUTIONEN NEUER WEIN UND ALTE SCHLAumlUCHE

Hilfe zur Anpassung Unterstuumltzung von Minderungsaktivitaumlten Reform des Kohlenstoffmarkts ein groszlig angelegter Technologieshytransfer ndash so oder so werden die Klimaverhandlungen dazu fuumlhren dass die internationale Kooperation in Wirtschaft und Politik zunimmt Welche Institutionen sollen diese Kooperation organisieshyren Viele Vorschlaumlge die von Laumlndern in die aktuellen Verhandlunshygen eingebracht wurden laufen auf die Gruumlndung neuer Institutioshynen hinaus So plaumldiert die Gruppe der Entwicklungslaumlnder fuumlr ein neues Exekutivorgan zum Technologietransfer und die EU fuumlr eine zentrale Kontrollinstanz die die nationalen Klimaschutzplaumlne aller Entwicklungslaumlnder uumlberpruumlfen soll Insbesondere uumlber das Mashynagement der uumlber hundert Milliarden Euro die in Zukunft womoumlgshylich flieszligen werden ist ein Konflikt entbrannt Welche Institution(en) sollen die Gelder verteilen Eine neue unabhaumlngige und mindestens paritaumltisch aus Nord und Suumld besetzte Finanzinstishytution die nicht nur die Interessen der Geldgeber vertritt fordern viele Entwicklungslaumlnder die Weltbank soll ausgebaut und reforshymiert werden um mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung diese Summen effektiv abwickeln zu koumlnnen meinen die meisten Industrielaumlnder Im Streit werden oft die am meisten betroffenen Gemeinschaften wie auch die Privatwirtschaft vergessen diese sollten moumlglichst unbuumlrokratisch und nach einem fairen Verteilungsshyschluumlssel auf die Gelder zugreifen koumlnnen

REPRAumlSENTATION UND MITSPRACHE KOMPLEXITAumlT GEGEN DEMOKRATIE

Je naumlher die Klimakonferenz in Kopenhagen ruumlckt desto kompliziershyter scheinen die Verhandlungen zu werden In verschiedenen Arbeitsgruppen wird oft parallel uumlber aumluszligerst komplexe technische Details verhandelt waumlhrend die groszligen politischen Fragen woanshyders entschieden werden Die Delegationen der aumlrmeren Entwickshylungslaumlnder stellt das vor groszlige Herausforderungen Sie bestehen oft nur aus wenigen Personen Expertise und Beratung muumlssen eingekauft werden Haumlufig fehlt die innenpolitische Ruumlckendeckung die den Verhandlungen Bedeutung einraumlumt Erfahrungswissen ist rar Dem Verhandlungsmarathon koumlnnen die kleinen Delegationen nur sehr begrenzt folgen und dementsprechend wenig Einfl uss auf seinen Verlauf nehmen ndash eine unschoumlne Erfahrung die vielen aus der WTO bekannt ist Hinzukommt dass genau diese Laumlnder in den (informellen) Gremien und Foren in denen politische Weichenstelshylungen beschlossen werden nicht vertreten sind ndash weder in der G8 der G20 oder dem von Bush einberufenen und von Obama fortgeshyfuumlhrten Major Economies Forum (MEF) der 17 groumlszligten Emittenten-Laumlnder Je (kosten-)aufwendiger und komplexer der Verhandlungsshyprozess wird desto mehr geraten Klimaschutz und Demokratie miteinander in Konflikt Und wenn schon Regierungen des Suumldens die Flut an Themen und Verhandlungstreffen kaum mehr bewaumlltishygen koumlnnen wie koumlnnen dann noch Betroffene und die Zivilgesellshyschaft angemessen mitsprechen

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9 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWie jeder weiszligraquo schreibt Ilkka Halso laquoist

die Natur in schlechter Verfassung Sie muss

renoviert werdenraquo Statt Gebaumlude und menschshy

liche Artefakte ruumlstet der fi nnische Foto-Kuumlnstshy

ler Naturobjekte ein umstellt Baumlume Felsbroshy

cken Felswaumlnde Wiesen mit Stangen und

Planen und trennt sie durch kuumlnstliches Licht

von ihrer Umgebung Ilkko Halso wirft einen

ironischen Blick auf die Beziehung Natur +

Mensch Und auf die Umkehrung des Verhaumlltshy

nisses Es ist heute die Natur ndash oder was von

ihr uumlbrig geblieben ist ndash die geschuumltzt repashy

riert und ausgeleuchtet wird so dass sie schimshy

mert wie eine hochkaraumltige Sammlung edler

Preziosen Inszenierte Natur ndash vergiftete

Romantik

laquoUntitled (2)raquo aus der Reihe

Restoration (2000)

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

EIN MARATHON DER INTERNATIONALE KLIMAKALENDER 2009

1 31 Maumlrz ndash 8 April UNFCCC Climate Negotiations Bonn

2 2 April G20 Meeting London

3 27 ndash 28 April Major Economies Forum Washington DC

4 25 ndash 26 Mai Major Economies Forum Paris

5 1 ndash 12 Juni UNFCCC Climate Negotiations Bonn

6 22 ndash 23 Juni Major Economies Forum Mexico City

7 8 ndash 10 Juli G8 Summit LrsquoAquila

8 11 Juli Major Economies Forum LrsquoAquila

9 10 ndash 14 August UNFCCC Climate Negotiations Bonn

10 17 ndash 18 September Major Economies Forum Washington DC

11 21 ndash 22 September 11th Renewable Energy Finance Forum London

12 22 ndash 23 September UN General Assembly New York

13 24 ndash 25 September G20 Meeting Heads of State Pittsburgh

14 28 September ndash 9 Oktober UNFCCC Climate Negotiations Bangkok

15 2ndash 6 November UNFCCC Climate Negotiations Barcelona

16 7 ndash 18 Dezember COP-15 Kopenhagen

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

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12 KLIMA UND GESCHLECHT

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TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

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Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

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The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                  • Ausstellung
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                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 9: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

7 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

eigenen Laumlndern nicht uumlbermaumlszligig belastet werden Tun die USA beispielsweise gegenwaumlrtig genug Im Vergleich zur Bush-Aumlra beobachten wir einen Quantensprung in der amerikanischen Klimapolitik Fuumlr ein globales Klimaschutzziel von houmlchstens 2deg C reicht es nicht

Wichtig aus Nord-Suumld-Perspektive ist zudem welchen Teil ihrer Minderungspflichten die Industrielaumlnder national erbringen und welchen sie durch Finanzierung internationaler Klimaschutzmaszligshynahmen in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern anrechnen duumlrfen Fuumlr diese Art eines Nord-Suumld-Transfers gibt es einen enormen Bedarf Aber es muss sich dabei deutlich um eine zusaumltzliche Pflicht der Industrielaumlnder handeln nicht um einen Ablasshandel der die so dringend notwendige energiepolitische Trendwende im Norden hinauszoumlgern wuumlrde

MINDERUNG WIE VIEL KANN VOM SUumlDEN VERLANGT WERDEN

Waumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entwicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligerdem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Dennoch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen und sollen in Kopenhagen noch keine Verpflichtungen eingehen Sie sollten aber bereits Plaumlne entwickeln wie auch sie Klimaschutz umsetzen werden Und sie koumlnnen mit diesen Plaumlnen Finanztransfer vom Norden beantragen um Maszlignahmen mit Mehrkosten durchzufuumlhren

Anders sieht dies fuumlr die Schwellenlaumlnder aus Einige so etwa Suumldkorea Saudi-Arabien Singapur sollten gar nicht mehr zu dieser Gruppe gezaumlhlt werden gemessen am Pro-Kopf-Einkommen oder an Pro-Kopf-Emissionen sind sie inzwischen Industrielaumlnder geworden Aber selbst Schwellenlaumlnder in denen Armut noch weit verbreitet ist werden sich in Kopenhagen zu einer aktiven Klimashyschutzpolitik verpflichten muumlssen In China Mexiko Brasilien Suumldafrika und weiteren Schwellenlaumlndern ist eine globale Konsushymentenklasse herangewachsen die die Kapazitaumlt hat ihre Treibshyhausgase deutlich zu reduzieren und die dafuumlr auch Verantwortung uumlbernehmen muss

Die USA wuumlrden von diesen Laumlndern in Kopenhagen gern absolute Reduktionsverpflichtungen sehen Aber sie haben kein Recht dies zu fordern weil sie selber trotz Rio und Kyoto nichts unternommen haben Denkbar fuumlr die Schwellenlaumlnder waumlre allerdings eine verpflichtende Deckelung der Emissionen in der Zukunft Denkbar waumlren ferner relative Ziele so dass die Emissionsshyintensitaumlt am Bruttosozialprodukt sinkt China hat solch ein Ziel bereits als Selbstverpflichtung ausgerufen Denkbar waumlre schlieszliglich auch dass die Schwellenlaumlnder sich verpflichten einen Satz effektiver Klimaschutzinstrumente einzufuumlhren wie Oumlkosteuern Effizienzstandards Emissionshandel Erneuerbare-Energien-Einspeishysegesetze usw

CLEAN DEVELOPMENT MECHANISM GERECHTIGKEIT AUF DEM KOHLENSTOFFMARKT

Der Clean Development Mechanism (CDM) dient vor allem zwei Zielen Einerseits soll er den Laumlndern des Nordens Flexibilitaumlt bei der Erfuumlllung ihrer Emissionsminderungspflichten bescheren Sie koumlnnen uumlber CDM die Vermeidung von Treibhausgasen in die Laumlnder des Suumldens abschieben Andererseits soll CDM dem Suumlden

uumlber Projekte den Einstieg in einen erneuerbaren Entwicklungspfad finanzieren und einen Transfer klimafreundlicher Technologien organisieren In der Praxis der letzten zwoumllf Jahre zeigt CDM aber erhebliche Schwaumlchen Vor allem wird seine oumlkologische Integritaumlt kritisiert Es mehren sich wissenschaftliche Studien die zeigen dass viele CDM-Projekte netto gar keine Emissionsminderungen bringen Traumlgt CDM uumlberhaupt zu einer nachhaltigen Entwicklung der Laumlnder des Suumldens bei

Mit Blick auf Gerechtigkeit koumlnnen noch weitere Punkte kritisiert werden Erstens ist die regionale Verteilung der CDM-Projekte extrem ungleich Rund achtzig Prozent aller Projekte werden in nur fuumlnf Laumlndern durchgefuumlhrt China Indien Brasilien Mexiko Malaysia Die meisten Entwicklungslaumlnder gehen leer aus Zweitens bietet CDM in der Praxis nicht wie erhofft Anreize fuumlr einen Technologietransfer die Mehrzahl der Projekte verfolgt noch nicht einmal in ihrer Selbstbeschreibung dieses Ziel So wundert es nicht dass CDM in den gegenwaumlrtigen Verhandlungen zur Disposition steht

Die Vorschlaumlge reichen von laquo gaumlnzlich abschaffen raquo bis laquo grundleshygend reformieren raquo Fuumlr letzteres liegen Optionen auf dem Tisch So koumlnnte CDM in Zukunft von einzelnen Projekten auf ganze Wirtshyschaftssektoren ausgedehnt werden etwa den Stahl- oder Zementshysektor (sectoral CDM) Oder er koumlnnte die Einfuumlhrung von Politiken und Maszlignahmen auf nationaler Ebene umfassen (policy CDM) Doch bei diesen Vorschlaumlgen geht es in erster Linie darum neue Reduktionspotentiale im Suumlden zu erschlieszligen Sie erscheinen indessen ungeeignet um eine gerechtere Verteilung von privatwirtshyschaftlichen Finanzen auf alle Laumlnder des Suumldens und einen verbesserten Technologietransfer uumlber den Kohlenstoffmarkt zu erzielen Besonders problematisch waumlre eine direkte Finanzierung von Tropenwaldschutz uumlber den Emissionshandel da es hier um groszlige Minderungspotentiale geht die sehr billig zu haben sind Sie vermindern dann die Anreize im Industrie- und Verkehrssektor die Energiewende einzuleiten

FINANZIERUNG WER ZAHLTrsquoS WER KRIEGTrsquoS

Minderung Anpassung und Technologiekooperationen kosten Geld Ein globales Klimaschutzabkommen wird es nicht ohne einen massiven Finanztransfer von Nord nach Suumld geben Im Kern handelt es sich auch hier um eine Frage gerechter Lastenteilung Welches Land soll welchen Anteil der globalen Kosten uumlbernehmen Eine Kostenschaumltzung ist dabei aumluszligerst schwierig Die Industrielaumlnder haben sich verpflichtet die vollstaumlndigen laquo inkrementellen Kosten raquo ndash sprich die Mehrkosten gegenuumlber preiswerteren klimaschaumldlichen Investitionen ndash aller Klimaschutzmaszlignahmen in den Entwicklungsshylaumlndern zu tragen Sollen die Hauptverursacher am meisten zahlen weil sie die groumlszligte historische Schuld tragen Oder sollen die reichen Laumlnder mehr als die weniger reichen zahlen weil sie aktuell die groumlszligten finanziellen Kapazitaumlten haben

Gerechtigkeitsfragen stellen sich ebenfalls bei der Ausgabe der Mittel Welches Land erhaumllt wie viel Geld Die Antworten sind nicht eindeutig Sollen China Mexiko oder Brasilien Geld erhalten weil hier die groumlszligten Vermeidungspotentiale schlummern und das Geld fuumlr den Klimaschutz am effektivsten eingesetzt waumlre Oder soll China wenig bis gar nichts erhalten weil es ein Umschwenken aus eigener Kraft schaffen kann Dann haumltten die weniger reichen Entwicklungslaumlnder und die am wenigsten entwickelten Laumlnder (LDCs) Anrecht auf das meiste Geld Davon abgesehen ist es problematisch dass die Diskussion uumlber Klimafi nanzierung derzeit hauptsaumlchlich geschlechterblind verlaumluft Frauen werden bei der Entwicklung moderner Finanzierungsmechanismen wenig beruumlckshy

8 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

sichtigt obwohl bekannt ist dass gerade sie in Entwicklungslaumlndern oft schlechteren Zugang zu Maumlrkten und Kapital besitzen als Maumlnner

INSTITUTIONEN NEUER WEIN UND ALTE SCHLAumlUCHE

Hilfe zur Anpassung Unterstuumltzung von Minderungsaktivitaumlten Reform des Kohlenstoffmarkts ein groszlig angelegter Technologieshytransfer ndash so oder so werden die Klimaverhandlungen dazu fuumlhren dass die internationale Kooperation in Wirtschaft und Politik zunimmt Welche Institutionen sollen diese Kooperation organisieshyren Viele Vorschlaumlge die von Laumlndern in die aktuellen Verhandlunshygen eingebracht wurden laufen auf die Gruumlndung neuer Institutioshynen hinaus So plaumldiert die Gruppe der Entwicklungslaumlnder fuumlr ein neues Exekutivorgan zum Technologietransfer und die EU fuumlr eine zentrale Kontrollinstanz die die nationalen Klimaschutzplaumlne aller Entwicklungslaumlnder uumlberpruumlfen soll Insbesondere uumlber das Mashynagement der uumlber hundert Milliarden Euro die in Zukunft womoumlgshylich flieszligen werden ist ein Konflikt entbrannt Welche Institution(en) sollen die Gelder verteilen Eine neue unabhaumlngige und mindestens paritaumltisch aus Nord und Suumld besetzte Finanzinstishytution die nicht nur die Interessen der Geldgeber vertritt fordern viele Entwicklungslaumlnder die Weltbank soll ausgebaut und reforshymiert werden um mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung diese Summen effektiv abwickeln zu koumlnnen meinen die meisten Industrielaumlnder Im Streit werden oft die am meisten betroffenen Gemeinschaften wie auch die Privatwirtschaft vergessen diese sollten moumlglichst unbuumlrokratisch und nach einem fairen Verteilungsshyschluumlssel auf die Gelder zugreifen koumlnnen

REPRAumlSENTATION UND MITSPRACHE KOMPLEXITAumlT GEGEN DEMOKRATIE

Je naumlher die Klimakonferenz in Kopenhagen ruumlckt desto kompliziershyter scheinen die Verhandlungen zu werden In verschiedenen Arbeitsgruppen wird oft parallel uumlber aumluszligerst komplexe technische Details verhandelt waumlhrend die groszligen politischen Fragen woanshyders entschieden werden Die Delegationen der aumlrmeren Entwickshylungslaumlnder stellt das vor groszlige Herausforderungen Sie bestehen oft nur aus wenigen Personen Expertise und Beratung muumlssen eingekauft werden Haumlufig fehlt die innenpolitische Ruumlckendeckung die den Verhandlungen Bedeutung einraumlumt Erfahrungswissen ist rar Dem Verhandlungsmarathon koumlnnen die kleinen Delegationen nur sehr begrenzt folgen und dementsprechend wenig Einfl uss auf seinen Verlauf nehmen ndash eine unschoumlne Erfahrung die vielen aus der WTO bekannt ist Hinzukommt dass genau diese Laumlnder in den (informellen) Gremien und Foren in denen politische Weichenstelshylungen beschlossen werden nicht vertreten sind ndash weder in der G8 der G20 oder dem von Bush einberufenen und von Obama fortgeshyfuumlhrten Major Economies Forum (MEF) der 17 groumlszligten Emittenten-Laumlnder Je (kosten-)aufwendiger und komplexer der Verhandlungsshyprozess wird desto mehr geraten Klimaschutz und Demokratie miteinander in Konflikt Und wenn schon Regierungen des Suumldens die Flut an Themen und Verhandlungstreffen kaum mehr bewaumlltishygen koumlnnen wie koumlnnen dann noch Betroffene und die Zivilgesellshyschaft angemessen mitsprechen

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9 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWie jeder weiszligraquo schreibt Ilkka Halso laquoist

die Natur in schlechter Verfassung Sie muss

renoviert werdenraquo Statt Gebaumlude und menschshy

liche Artefakte ruumlstet der fi nnische Foto-Kuumlnstshy

ler Naturobjekte ein umstellt Baumlume Felsbroshy

cken Felswaumlnde Wiesen mit Stangen und

Planen und trennt sie durch kuumlnstliches Licht

von ihrer Umgebung Ilkko Halso wirft einen

ironischen Blick auf die Beziehung Natur +

Mensch Und auf die Umkehrung des Verhaumlltshy

nisses Es ist heute die Natur ndash oder was von

ihr uumlbrig geblieben ist ndash die geschuumltzt repashy

riert und ausgeleuchtet wird so dass sie schimshy

mert wie eine hochkaraumltige Sammlung edler

Preziosen Inszenierte Natur ndash vergiftete

Romantik

laquoUntitled (2)raquo aus der Reihe

Restoration (2000)

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

EIN MARATHON DER INTERNATIONALE KLIMAKALENDER 2009

1 31 Maumlrz ndash 8 April UNFCCC Climate Negotiations Bonn

2 2 April G20 Meeting London

3 27 ndash 28 April Major Economies Forum Washington DC

4 25 ndash 26 Mai Major Economies Forum Paris

5 1 ndash 12 Juni UNFCCC Climate Negotiations Bonn

6 22 ndash 23 Juni Major Economies Forum Mexico City

7 8 ndash 10 Juli G8 Summit LrsquoAquila

8 11 Juli Major Economies Forum LrsquoAquila

9 10 ndash 14 August UNFCCC Climate Negotiations Bonn

10 17 ndash 18 September Major Economies Forum Washington DC

11 21 ndash 22 September 11th Renewable Energy Finance Forum London

12 22 ndash 23 September UN General Assembly New York

13 24 ndash 25 September G20 Meeting Heads of State Pittsburgh

14 28 September ndash 9 Oktober UNFCCC Climate Negotiations Bangkok

15 2ndash 6 November UNFCCC Climate Negotiations Barcelona

16 7 ndash 18 Dezember COP-15 Kopenhagen

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

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12 KLIMA UND GESCHLECHT

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TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

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Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

18

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
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Page 10: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

8 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

sichtigt obwohl bekannt ist dass gerade sie in Entwicklungslaumlndern oft schlechteren Zugang zu Maumlrkten und Kapital besitzen als Maumlnner

INSTITUTIONEN NEUER WEIN UND ALTE SCHLAumlUCHE

Hilfe zur Anpassung Unterstuumltzung von Minderungsaktivitaumlten Reform des Kohlenstoffmarkts ein groszlig angelegter Technologieshytransfer ndash so oder so werden die Klimaverhandlungen dazu fuumlhren dass die internationale Kooperation in Wirtschaft und Politik zunimmt Welche Institutionen sollen diese Kooperation organisieshyren Viele Vorschlaumlge die von Laumlndern in die aktuellen Verhandlunshygen eingebracht wurden laufen auf die Gruumlndung neuer Institutioshynen hinaus So plaumldiert die Gruppe der Entwicklungslaumlnder fuumlr ein neues Exekutivorgan zum Technologietransfer und die EU fuumlr eine zentrale Kontrollinstanz die die nationalen Klimaschutzplaumlne aller Entwicklungslaumlnder uumlberpruumlfen soll Insbesondere uumlber das Mashynagement der uumlber hundert Milliarden Euro die in Zukunft womoumlgshylich flieszligen werden ist ein Konflikt entbrannt Welche Institution(en) sollen die Gelder verteilen Eine neue unabhaumlngige und mindestens paritaumltisch aus Nord und Suumld besetzte Finanzinstishytution die nicht nur die Interessen der Geldgeber vertritt fordern viele Entwicklungslaumlnder die Weltbank soll ausgebaut und reforshymiert werden um mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung diese Summen effektiv abwickeln zu koumlnnen meinen die meisten Industrielaumlnder Im Streit werden oft die am meisten betroffenen Gemeinschaften wie auch die Privatwirtschaft vergessen diese sollten moumlglichst unbuumlrokratisch und nach einem fairen Verteilungsshyschluumlssel auf die Gelder zugreifen koumlnnen

REPRAumlSENTATION UND MITSPRACHE KOMPLEXITAumlT GEGEN DEMOKRATIE

Je naumlher die Klimakonferenz in Kopenhagen ruumlckt desto kompliziershyter scheinen die Verhandlungen zu werden In verschiedenen Arbeitsgruppen wird oft parallel uumlber aumluszligerst komplexe technische Details verhandelt waumlhrend die groszligen politischen Fragen woanshyders entschieden werden Die Delegationen der aumlrmeren Entwickshylungslaumlnder stellt das vor groszlige Herausforderungen Sie bestehen oft nur aus wenigen Personen Expertise und Beratung muumlssen eingekauft werden Haumlufig fehlt die innenpolitische Ruumlckendeckung die den Verhandlungen Bedeutung einraumlumt Erfahrungswissen ist rar Dem Verhandlungsmarathon koumlnnen die kleinen Delegationen nur sehr begrenzt folgen und dementsprechend wenig Einfl uss auf seinen Verlauf nehmen ndash eine unschoumlne Erfahrung die vielen aus der WTO bekannt ist Hinzukommt dass genau diese Laumlnder in den (informellen) Gremien und Foren in denen politische Weichenstelshylungen beschlossen werden nicht vertreten sind ndash weder in der G8 der G20 oder dem von Bush einberufenen und von Obama fortgeshyfuumlhrten Major Economies Forum (MEF) der 17 groumlszligten Emittenten-Laumlnder Je (kosten-)aufwendiger und komplexer der Verhandlungsshyprozess wird desto mehr geraten Klimaschutz und Demokratie miteinander in Konflikt Und wenn schon Regierungen des Suumldens die Flut an Themen und Verhandlungstreffen kaum mehr bewaumlltishygen koumlnnen wie koumlnnen dann noch Betroffene und die Zivilgesellshyschaft angemessen mitsprechen

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9 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWie jeder weiszligraquo schreibt Ilkka Halso laquoist

die Natur in schlechter Verfassung Sie muss

renoviert werdenraquo Statt Gebaumlude und menschshy

liche Artefakte ruumlstet der fi nnische Foto-Kuumlnstshy

ler Naturobjekte ein umstellt Baumlume Felsbroshy

cken Felswaumlnde Wiesen mit Stangen und

Planen und trennt sie durch kuumlnstliches Licht

von ihrer Umgebung Ilkko Halso wirft einen

ironischen Blick auf die Beziehung Natur +

Mensch Und auf die Umkehrung des Verhaumlltshy

nisses Es ist heute die Natur ndash oder was von

ihr uumlbrig geblieben ist ndash die geschuumltzt repashy

riert und ausgeleuchtet wird so dass sie schimshy

mert wie eine hochkaraumltige Sammlung edler

Preziosen Inszenierte Natur ndash vergiftete

Romantik

laquoUntitled (2)raquo aus der Reihe

Restoration (2000)

10

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

EIN MARATHON DER INTERNATIONALE KLIMAKALENDER 2009

1 31 Maumlrz ndash 8 April UNFCCC Climate Negotiations Bonn

2 2 April G20 Meeting London

3 27 ndash 28 April Major Economies Forum Washington DC

4 25 ndash 26 Mai Major Economies Forum Paris

5 1 ndash 12 Juni UNFCCC Climate Negotiations Bonn

6 22 ndash 23 Juni Major Economies Forum Mexico City

7 8 ndash 10 Juli G8 Summit LrsquoAquila

8 11 Juli Major Economies Forum LrsquoAquila

9 10 ndash 14 August UNFCCC Climate Negotiations Bonn

10 17 ndash 18 September Major Economies Forum Washington DC

11 21 ndash 22 September 11th Renewable Energy Finance Forum London

12 22 ndash 23 September UN General Assembly New York

13 24 ndash 25 September G20 Meeting Heads of State Pittsburgh

14 28 September ndash 9 Oktober UNFCCC Climate Negotiations Bangkok

15 2ndash 6 November UNFCCC Climate Negotiations Barcelona

16 7 ndash 18 Dezember COP-15 Kopenhagen

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

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12 KLIMA UND GESCHLECHT

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TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

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Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

18

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

shy

Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

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STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 11: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

9 KLIMA UND GERECHTIGKEIT

laquoWie jeder weiszligraquo schreibt Ilkka Halso laquoist

die Natur in schlechter Verfassung Sie muss

renoviert werdenraquo Statt Gebaumlude und menschshy

liche Artefakte ruumlstet der fi nnische Foto-Kuumlnstshy

ler Naturobjekte ein umstellt Baumlume Felsbroshy

cken Felswaumlnde Wiesen mit Stangen und

Planen und trennt sie durch kuumlnstliches Licht

von ihrer Umgebung Ilkko Halso wirft einen

ironischen Blick auf die Beziehung Natur +

Mensch Und auf die Umkehrung des Verhaumlltshy

nisses Es ist heute die Natur ndash oder was von

ihr uumlbrig geblieben ist ndash die geschuumltzt repashy

riert und ausgeleuchtet wird so dass sie schimshy

mert wie eine hochkaraumltige Sammlung edler

Preziosen Inszenierte Natur ndash vergiftete

Romantik

laquoUntitled (2)raquo aus der Reihe

Restoration (2000)

10

KLIMA UND GERECHTIGKEIT

EIN MARATHON DER INTERNATIONALE KLIMAKALENDER 2009

1 31 Maumlrz ndash 8 April UNFCCC Climate Negotiations Bonn

2 2 April G20 Meeting London

3 27 ndash 28 April Major Economies Forum Washington DC

4 25 ndash 26 Mai Major Economies Forum Paris

5 1 ndash 12 Juni UNFCCC Climate Negotiations Bonn

6 22 ndash 23 Juni Major Economies Forum Mexico City

7 8 ndash 10 Juli G8 Summit LrsquoAquila

8 11 Juli Major Economies Forum LrsquoAquila

9 10 ndash 14 August UNFCCC Climate Negotiations Bonn

10 17 ndash 18 September Major Economies Forum Washington DC

11 21 ndash 22 September 11th Renewable Energy Finance Forum London

12 22 ndash 23 September UN General Assembly New York

13 24 ndash 25 September G20 Meeting Heads of State Pittsburgh

14 28 September ndash 9 Oktober UNFCCC Climate Negotiations Bangkok

15 2ndash 6 November UNFCCC Climate Negotiations Barcelona

16 7 ndash 18 Dezember COP-15 Kopenhagen

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

---

12 KLIMA UND GESCHLECHT

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TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

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Corb

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Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

1

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

18

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 12: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

EIN MARATHON DER INTERNATIONALE KLIMAKALENDER 2009

1 31 Maumlrz ndash 8 April UNFCCC Climate Negotiations Bonn

2 2 April G20 Meeting London

3 27 ndash 28 April Major Economies Forum Washington DC

4 25 ndash 26 Mai Major Economies Forum Paris

5 1 ndash 12 Juni UNFCCC Climate Negotiations Bonn

6 22 ndash 23 Juni Major Economies Forum Mexico City

7 8 ndash 10 Juli G8 Summit LrsquoAquila

8 11 Juli Major Economies Forum LrsquoAquila

9 10 ndash 14 August UNFCCC Climate Negotiations Bonn

10 17 ndash 18 September Major Economies Forum Washington DC

11 21 ndash 22 September 11th Renewable Energy Finance Forum London

12 22 ndash 23 September UN General Assembly New York

13 24 ndash 25 September G20 Meeting Heads of State Pittsburgh

14 28 September ndash 9 Oktober UNFCCC Climate Negotiations Bangkok

15 2ndash 6 November UNFCCC Climate Negotiations Barcelona

16 7 ndash 18 Dezember COP-15 Kopenhagen

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

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12 KLIMA UND GESCHLECHT

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TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

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Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

18

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
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Page 13: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

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KLIMA UND GERECHTIGKEIT

LAUTER HOTSPOTSVON MARC ENGELHARDT

Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfi lmer in seinem Film laquoHotspotsraquo aufgedeckt wie der Klimawandel Afrika und seine Bewohner beeintraumlchtigt

Jetzt hat er die Orte erneut besucht

Zwei Jahre ist es her dass ich durch Afrika reiste Gemeinsam mit meiner Kamerafrau Leila Knuumlppel wollte ich herausfi nden ob der Klimawandel schon heute spuumlrbar ist Das war vor dem Klimagipfel in Bali und es lag Hoffnung in der Luft Mehrere Industrieshylaumlnder hatten angekuumlndigt die Positionen der armen Nationen ernster zu nehmen als bisher Mit unserem Film den die HeinrichshyBoumlll-Stiftung in Auftrag gegeben hatte wollten wir die Delegierten aufruumltteln und Afrikas Zivilgesellschaft anstiften Druck auf ihre in den Verhandlungen oft stummen Regierungen auszuuumlben Was folgte ist bekannt Verzoumlgerung Vertagung und die Angst dass es in Kopenhagen zu keinem Deal kommen wird

Von der damals allgegenwaumlrtigen Hoffnung ist nicht viel geblieben Im aumlthiopischen Hochland wo unsere Reise damals begann droht eine Duumlrre laquo Fruumlher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit raquo hatte der Bauer Ato Mulualem Birhane uns 2007 erklaumlrt laquo Aber seit ein paar Jahren kommt sie mal kommt sie nicht dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit raquo In ganz Ostafrika sind die Regenzeiten ausgeblieben Wo er gefallen ist kam er zu knapp oder zu spaumlt laquo Die Bauern haben traditionelles Wissen uumlber den Regen und das sie umgebende Klima raquo sagt Negusu Aklilu vom Aumlthiopischen Umweltforum der den Film laquo Hotspots raquo bis heute in seiner Arbeit einsetzt laquo Jetzt geschehen jedoch Dinge jenseits ihres Wissens sie koumlnnen den Niederschlag nicht mehr vorhersagen raquo

Die Folgen sind katastrophal Das UN-Enwicklungsprogramm UNDP warnt dass Duumlrren und andere Folgen des Klimashywandels fuumlr die wieder steigende Zahl mangelernaumlhrter Kinder in Aumlthiopien verantwortlich sind Jedes dritte Kind das bis zum fuumlnften Lebensjahr Duumlrrezeiten miterlebt leidet demnach unter Mangelernaumlhrung

Besonders schlimm trifft es Familien die im Suumlden Aumlthiopiens leben Dort wo die nomadischen Omo und Oromia wie eh und

DER WELTKLIMARAT SAGT VORAUS

DASS KEIN KONTINENT SO STARK VOM

KLIMAWANDEL BETROFFEN SEIN WIRD

WIE AFRIKA

je das Vieh durch die unerschlossene Ebene treiben beobachten Wissenschaftler eine Zunahme von Rinderkrankheiten von denen viele zum Tod fuumlhren laquoEs gibt zB neue Hautkrankheiten die nicht einmal identifiziert sind und die waumlhrend Duumlrrezeishyten jetzt gehaumluft auftreten raquo sagt Amsalu Aklilu vom Forum fuumlr Sozialstudien das die Studie gemeinsam mit Cordaid durchgeshyfuumlhrt hat Demnach breiten sich wegen steigender Temperaturen auch Zecken und andere Schaumldlinge staumlrker aus als zuvor Selbst Kamele die bisher als duumlrreresistent galten sind betroffen In der Folge verarmt die Bevoumllkerung fuumlr die das Vieh die einzige Sicherheit darstellt

Aumlhnliches beobachtet Peter Mireri von der Umweltgruppe laquo Friends of Lake Victoria raquo Die steigende Trockenheit in Kenia hat den groumlszligten See Afrikas schwer getroffen Zu siebzig Prozent speist sich das Wasser aus Regenfaumlllen wichtige Zufluumlsse gibt es kaum laquo Und weil es waumlrmer geworshyden ist verdunstet das Wasser noch staumlrker raquo

Die Folge Die Zahl der Fische im See sinkt vor allem weil die Laichplaumltze unter der Uumlberhitzung leiden laquo Der in den Uferzonen abgelegte Laich wird so warm dass die Fische niemals schluumlpfen raquo

Die Netze der wenigen die noch von Kisumu aus in See stechen bleiben oft leer die Boote im Fischereihafen verrotten Verlierer des Fischschwunds sind nicht zuletzt die Bewohner Kisumus Der Preis ihres Fischs hat sich drastisch erhoumlht In den Slums und am Straszligenrand sind die Fischgraumlten die bei der Filettierung des exportierten Nilbarschs uumlbrig bleiben das einzige was viele sich leisten koumlnnen Sie werden getrocknet und in heiszligem Fett ausgebacken laquo Natuumlrlich ist der Klimawanshydel nur ein Faktor von mehreren raquo sagt Mireri laquo Aber der Klimawandel verschaumlrft die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest raquo Der Weltklimarat IPCC sagt voraus dass kein Kontinent so stark vom Klimawandel betroffen sein wird wie Afrika

Im Krankenhaus von Hoima im Westen Ugandas stirbt taumlglich mindestens ein Kind an Malaria eine Impfung gibt es nicht Mehr als 5000 Kinder nimmt der Arzt Ediamu jeden Monat auf laquo Es gab hier immer Malaria aber jetzt nimmt die Zahl staumlndig zu raquo sagt er laquo In der Regenzeit regnet es heute viel mehr als uumlblich raquo Wo das Wasser steht entwickeln sich die Larven des Uumlbertraumlgers Auch dort wo es fruumlher keine Malaria gab breitet sie sich aus

laquo Mehr Aufklaumlrung raquo fordert der in Addis Abeba lebende Klimaaktivist Negusu Aklilu laquo Was der Klimawandel bedeutet wird von vielen nicht richtig verstanden raquo Im Vorfeld von Kopenhagen will er weiter Druck machen laquo Regierungen und Zivilgesellschaft sollten sich zusammentun raquo glaubt er Dazu will er nicht zuletzt den Aufruf laquo Afrikas Stimme gegen den Klimawandel raquo einsetzen der vor zwei Jahren gestartet wurde Seine Forderungen so Aklilu seien heute noch so aktuell wie damals

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12 KLIMA UND GESCHLECHT

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TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

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Corb

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Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

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DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
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                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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Page 14: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

12 KLIMA UND GESCHLECHT

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TRIFFT DER

KLIMAWANDEL

RAUEN HAumlRTER

ALS MAumlNNER

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Corb

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Zusammenfassung einer Studie des Suumldafrika-Buumlros der Heinrich-Boumlll-Stiftung

VON ANTONIE NORD LEITERIN DES REGIONALBUumlROS

DER HEINRICH-BOumlLL-STIFTUNG IN KAPSTADT

UND SAKHILE KOKETSO LEITERIN DES DORTIGEN PROGRAMMS

FUumlR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

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13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

18

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

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The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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Page 15: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

13 KLIMA UND GESCHLECHT

Viele Studien zum Klimawandel gehen davon aus dass

dieser fuumlr Frauen schlimmere Folgen haben wird als fuumlr

Maumlnner Dies gilt insbesondere fuumlr die agrarisch gepraumlgten

Gesellschaften des globalen Suumldens Allerdings ist der

Wissensstand daruumlber unzureichend weil noch wenig

Daten vorliegen Die Aussagen stuumltzen sich daher

hilfsweise auf die Ergebnisse anderer Untersuchungen

etwa zu den gesellschaftlichen Folgen von Naturkatastroshy

phen Die Heinrich-Boumlll-Stiftung hat deshalb eine Studie

zur Erforschung des Verhaumlltnisses von Geschlecht und

Klimawandel in Auftrag gegeben Die Untersuchungen

fanden in Botswana Mozambique Namibia und Suumldafrika

statt Im Folgenden praumlsentieren wir eine kurze Zusamshy

menfassung der Ergebnisse fuumlr Mozambique und

Suumldafrika

MOZAMBIQUE Die Studie wurde in zwei Gemeinden der Provinz Gaza im suumldlichen Mozambique durchgefuumlhrt Beide Gemeinden sind arm und stuumltzen sich uumlberwiegend auf Subsistenzwirtschaft Viehzucht Fischerei und die Ernte von Wildfruumlchten Graumlsern Holz In den letzten Jahren trafen Duumlrre und Uumlberschwemmungen die Gemeinden schwer Die Folgen des extremen Klimas wurden als Grundlage genommen um die moumlglichen Auswirkungen kuumlnftigen Klimawanshydels hochzurechnen und die gegenwaumlrtigen Strategien zur Anpasshysung an den stattfindenden Klimawandel wie zur CO2-Reduktion zu bewerten

Die sinkende Produktivitaumlt des Bodens hat dazu gefuumlhrt dass mehr Zeit auf den Feldern verbracht werden muss Das bedeutet Mehrarbeit fuumlr die Frauen die traditionell fuumlr die Landwirtschaft zustaumlndig sind Daruumlberhinaus hat die schwere Duumlrre der letzten beiden Jahre die Maumlnner verstaumlrkt in die Arbeitsmigration getrieben Zusaumltzlich zu den traditionell den Frauen zugeordneten Pflichten muumlssen sie jetzt auch die der Maumlnner uumlbernehmen

Wenn die Maumlnner abwandern etwa in die suumldafrikanischen Minen tragen sie haumlufig nicht mehr viel zum Haushaltseinkommen bei Viele von ihnen haben Zweitfamilien am neuen Arbeitsort Die zuruumlckgebliebenen Frauen muumlssen sich daher eigene Einkommensshyquellen im informellen Handel erschlieszligen in den untersuchten Gemeinden brauen und verkaufen sie Bier was wiederum ihre Arbeitslast erhoumlht

Aufgaben wie Wasserholen und Holzsammeln beanspruchen heute mehr Zeit weil die Frauen auf ihrer Suche weitere Wege gehen muumlssen Durch die neuen Aufgaben die veraumlnderten Rollen und die gestiegene Verantwortung bleibt den Frauen nur wenig Zeit fuumlr ihre Kinder Das kann zum Zusammenbruch der Familien- und Gemeinschaftsstrukturen fuumlhren und in Extremfaumlllen die Kinder zwingen die Schule aufzugeben und in der Familie mitzuarbeiten

Frauen sind in diesem Fall haumlrter von den Klimaereignissen betroffen als die Maumlnner Die Gruumlnde dafuumlr liegen nicht nur in der ungleichen Verteilung der Arbeit sie liegen auch in den Entscheishydungsstrukturen in den Gemeinden Auf der Ebene der Familie entziehen die herkoumlmmlichen Machtstrukturen den Frauen die Kontrolle uumlber die natuumlrlichen Ressourcen Frauen duumlrfen traditioshynell kein Land Vieh oder andere Aktivposten erben und sind deshalb von ihren Ehemaumlnnern oder maumlnnlichen Verwandten abhaumlngig Auf der Ebene der Gemeinde ist die Teilhabe der Frauen an den Institutionen der Beschlussfindung marginal und schlieszligt sie von den Entscheidungen uumlber die Verwendung der Ressourcen aus

Bei den Versuchen sich dem veraumlnderten Klima anzupassen schlagen Maumlnner und Frauen verschiedene Strategien ein die sich mal besser mal schlechter auf die Umwelt und die sozialen Struktushyren auswirken Sinnvoll sind der Einsatz von Zusatzfutter in den Duumlrrejahren und die Uumlbernahme von informellen Jobs Problematishyscher ist das Bierbrauen sowie generell der Verkauf von Alkoholika ndash Alkoholismus und die damit verbundenen sozialen Folgen haben in den letzten Jahren zugenommen Negativ ist auch das unkontrolshylierte Abernten von Naturprodukten

Die Studie empfiehlt die Faumlhigkeiten der Frauen und Maumlnner zur Anpassung an den Klimawandel zu staumlrken und zwar

1 durch die Durchsetzung schon existierender politischer Richtlinishyen und Programme

2 durch direkte Zuweisung finanzieller Mittel an die laumlndlichen Gemeinden

3 durch Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz 4 und durch die Staumlrkung der Teilhabe von Frauen an den lokalen

politischen Entscheidungsprozessen

SUumlDAFRIKA Die Studie wurde in zwei Gemeinden in der Provinz Kwa-Zulu Natal (KZN) im oumlstlichen Suumldafrika durchgefuumlhrt Es handelt sich um typische von Armut geplagte Gemeinden unterentwickelt und mit eingeschraumlnkter Grundversorgung Charakteristisch sind hohe Arbeitslosigkeit und ein geringes Bildungsniveau Die beiden Gemeinden stuumltzen sich uumlberwiegend auf die Subsistenzlandwirtshyschaft die jedoch durch Umweltschaumlden und widrige Witterungsbeshydingungen muumlhsamer wird

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin dass auch hier die Frauen aufgrund ihrer traditionellen Verantwortlichkeiten die Hauptlast des Klimawandels tragen werden In den untersuchten Gemeinden verfolgen sie unterschiedliche Strategien um mit den schon jetzt spuumlrbaren Klimaveraumlnderungen fertig zu werden Dazu gehoumlren die Herstellung von Kunsthandwerk informeller Handel und saisonale Beschaumlftigungen etwa als Erntehelferinnen auf Groszligfarmen

Zu den negativen Strategien gehoumlrt dass sich einige Gemeindeshymitglieder zunehmend passiv verhalten und sich auf staatliche Zuwendungen wie Kindergeld und Pensionen verlassen Auch der unkontrollierte und daher nicht nachhaltige Verbrauch von Naturshyprodukten steigt

Eines der interessantesten Ergebnisse dieser Studie ist dass es Anzeichen dafuumlr gibt dass die Geschlechterrollen anfangen sich zu veraumlndern Dies steht deutlich im Gegensatz zu den Ergebnissen der Mozambique-Studie In den untersuchten Gemeinden in Suumldafrika haben Maumlnner begonnen Frauen bei den bislang typischen weiblishychen Aufgaben zu unterstuumltzen und Jugendliche und Jungen werden zu Arbeiten im Haushalt herangezogen Letzteres trifft besonders auf von Frauen gefuumlhrte Haushalte zu

Daruumlber hinaus erklaumlrten die Frauen dass sie generell staumlrker in die Entscheidungsfindungen einbezogen wuumlrden und finanziell unabhaumlngiger seien als fruumlher

Die Verankerung der Geschlechterfrage in der Klimapolitik ist sehr wichtig und verlangt einen ganzheitlichen Ansatz Die Studie empfiehlt fuumlr die effektive Beschaumlftigung mit Gender- und Klimaproshyblemen nachdruumlcklich sich nicht allein auf negative Gender-Erfahshyrungen zu konzentrieren sondern auch die Fortschritte anzuerkenshynen Lernprozesse aus positiven Erfahrungen koumlnnen als Richtschnur fuumlr den Weg in die Geschlechtergerechtigkeit dieshynen ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

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4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 16: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

1

A

d

J

4 KLIMA UND GESCHLECHT

ES SIND DIE MACHTVERHAumlLTNISSE

DIE FRAUEN FUumlR DEN KLIMAWANDEL

VERWUNDBARER MACHEN VON LIANE SCHALATEK

ls der Tsunami im Dezember 2004 die Kuumlstenregionen im indonesischen Banda Aceh mit voller Wucht traf starben in

en am schlimmsten betroffenen Doumlrfern viermal so viele Frauen in den Fluten wie Maumlnner Warum Und was hat dieses

ahrhundertereignis und seine Opferstatistik mit Klimawandel und Gender zu tun

Globaler Klimawandel ist weltweit laumlngst bittere Realitaumlt vor allem fuumlr die Menschen der aumlrmsten Laumlnder von denen rund siebzig Prozent Frauen sind Armut erhoumlht die Verletzlichkeit fuumlr die Folgen des Klimawandels Sie macht Anpassungsbemuumlhungen notwendiger und schwieriger Vermeintliche Jahrhundertkatastrophen passieren haumlufiger und treffen Frauen und Kinder meist schwerer Das gilt nicht nur fuumlr Entwicklungslaumlnder In den Vereinigten Staaten hat der Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans afroamerikanische Frauen auf verheerende Weise getroffen Und bei der europaumlischen Hitzeshywelle von 2003 waren siebzig Prozent der Todesopfer Frauen Das hat wenig mit statistischem Zufall oder persoumlnlichem Pech zu tun aber jede Menge mit den sozialen Normen und Rollen die Maumlnnern und Frauen zugewiesen werden Machtverhaumlltnisse die Frauen oumlkonomisch und rechtlich benachteiligen und ihnen politische Mitspracherechte verweigern machen Frauen weltweit verwundbashyrer fuumlr die negativen Folgen des Klimawandels

In vielen Gesellschaften duumlrfen Frauen das Haus ohne Begleitung eines maumlnnlichen Verwandten nicht verlassen zur Sitzung der Dorfaumlltesten (wo vielleicht uumlber Katastrophenschutz geredet wird) haben sie keinen Zugang Aufgrund von Kleidungsvorschriften und traditionellen Vorstellungen von Schamhaftigkeit haben sie selten schwimmen gelernt sie tragen lange behindernde Gewaumlnder sind noch nie auf einen Baum geklettert und haben in der Regel Kleinkinshyder auf dem Ruumlcken und an der Hand

Diese genderbedingte systematische Benachteiligung wiederholt sich in allen durch den Klimawandel bedingten Krisensituationen Der Kampf um knapper werdende Ressourcen erhoumlht die Gefahr von Buumlrgerkriegen und politischer Instabilitaumlt Auch dann sind Frauen und Kinder die primaumlren Leidtragenden wie das Beispiel Darfur zeigt

Aufgrund des Klimawandels breiten sich tropische Seuchen wie Malaria aus Wo staatliche Gesundheitssysteme nicht existieren oder schlecht funktionieren uumlbernehmen Frauen selbstverstaumlndlich die Pflege der Kranken Frauen besitzen oft weder eigenes Vermoumlgen noch einen rechtlichen Anspruch auf Haus und Land Folglich sind sie nach Naturkatastrophen haumlufig von Wiederaufbauhilfen ausgeschlossen

Doch Frauen sind nicht nur uumlberdurchschnittlich haumlufi g Opfer sie sind auch erste und wichtigste Kraft im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung an die Veraumlnderungen wie der Emissionsvermeidung Ihre traditionellen Verantwortlichkeiten geben ihnen wichtige Instrumente in die Hand um die Initiative zu ergreifen und als treibende Kraft selbst den Wandel zu einer klimastabilen Zukunft einzulaumluten Bekanntestes Beispiel ist die ostafrikanische Greenbelt Initiative bei der Frauenkollektive groszligflaumlchig kahle Berghaumlnge im kenianischen Hochland wiederaufshyforsten Die von der Friedensnobelpreistraumlgerin Wangari Maathai vor mehr als dreiszligig Jahren ins Leben gerufene Initiative ist laumlngst kein Einzelfall mehr Aumlhnliche Adaptions- und Mitigationsprojekte in denen Frauen Fuumlhrungskraft beweisen und die Initiative ergreishyfen gibt es weltweit So stellen in einem Projekt von Grameen Shakti (einer Tochter der Grameen Bank) Frauen in den Doumlrfern Bangladeschs Tausende von Heimsolaranlagen her die sie selbst installieren und warten Oder sie pflanzen in Zentralamerika mit Unterstuumltzung des Equilibrium Funds hunderttausende Maya-Nussshybaumlume die Nahrung und Einkommen bieten und wichtige Kohlenshystoffspeicher sind

Diesen Initiativen gemein ist das Bemuumlhen uumlber eine technische Klimadienstleistung (erneuerbare Energien oder Wiederaufforstung) hinaus die langfristige Uumlberlebensfaumlhigkeit von Gemeinden und Sozialsystemen im Einklang mit der Natur zu sichern ndash und zwar

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

e -

nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

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                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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Page 17: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

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15 KLIMA UND GESCHLECHT

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durch die Befaumlhigung (empowerment) und Gleichberechtigung von Frauen

Leider sind es zumeist NGOs oder internationale Organisationen die diese Initiativen mehr schlecht als recht unterstuumltzen Und vielfach bleibt die Leistung der Frau als Verwalterin von Naturresshysourcen unerkannt und damit nicht honoriert Denn die offizielle internationale Klimapolitik tut sich schwer die Genderdimension des Klimawandels anzuerkennen diese in Mitigations- und Anpasshysungsprojekte einzubringen und bei den neugeschaffenen Klimafishynanzierungsinstrumenten zu beruumlcksichtigen Mehrere Dutzend neuer Klimafonds sind in den letzten Jahren entstanden Bei der Globalen Umweltfazilitaumlt (GEF) bei der Weltbank oder bei bilaterashylen Geldgebern angesiedelt versprechen sie Milliarden fuumlr Klimashyschutz und Klimaanpassung Bislang hat aber kein einziger dieser Fonds eine Quote fuumlr Frauenprojekte Es fehlt die Genderanalyse ebenso wie eine aktive Vertretung der Interessen von Frauen in den Verwaltungs- und Entscheidungsgremien dieser Fonds

Das ist tragisch und kurzsichtig Tatsaumlchlich leisten Maumlnner und Frauen ganz unterschiedliche Beitraumlge im Kampf gegen den Klimawandel ndash bei der Anpassung wie der Vermeidung von Treib- hausgasen Energieverbrauch und Konsumverhalten Mobilitaumlt und Umgang mit natuumlrlichen Ressourcen sind bei Maumlnnern und Frauen nicht gleich Die Annahme Klimawandel sei geschlechterneutral weist auf eine gefaumlhrliche Wissensluumlcke in der Klimawissenschaft hin denn sie beschraumlnkt unsere Handlungsoptionen unnoumltigerweise und vergeudet einen wichtigen Teil des menschlichen Veraumlnderungsshypotentials Die grundlegende Aumlnderung des Verhaltens aber ist der Schluumlssel zur Stabilisierung des Klimawandels

In Fragen der Wirtschaftsentwicklung argumentieren Organisa- tionen wie die Weltbank oder UNDP seit Jahren dass Geschlechtershygerechtigkeit und die Befaumlhigung und Beteiligung von Frauen nicht

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nur ethisch geboten sondern auch klug ist smart economics eben Um langfristig erfolgreich zu sein muumlssen sich Entwicklungsorganishysationen politische Entscheidungstraumlger und die internationalen Klimarahmenkonferenzen der UNO grundlegend umorientieren Sie muumlssen endlich Klimawandel nicht mehr als primaumlr technisch-wisshysenschaftliches sondern ursaumlchlich menschlich-soziales Phaumlnomen diskutieren Dann wird Mann und Frau gar nicht umhin kommen beim Kampf gegen den Klimawandel die Genderfrage zu stellen

Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)

hellip laquo Wir fordern mehr Frauen in Fuumlhrungspositionen denn wir haben erlebt

dass die Gegenwart von Frauen zu einer besseren Entscheidungsfi ndung in

Regierungen und Gemeinden fuumlhrt (hellip) Wir moumlchten sicherstellen dass

Frauen in allen Klimadebatten gehoumlrt werden insbesondere beim Klimashy

gipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen Wir rufen auf zu groumlszligerer Dringshy

lichkeit bei der Befassung mit CO2-Reduktion und der Anpassung an den

Klimawandel sonst riskieren wir dass all unsere Bemuumlhungen Armut und

Leiden zu reduzieren zunichte gemacht werden Die Rolle der Frauen als

agents of change und ihre groumlszligere Verwundbarkeit durch die Folgen des

Klimawandels sollten durch ihre Staumlrkung bei den Verhandlungen und der

Einfuumlgung von Genderkriterien in dem neuen Klimaabkommen anerkannt

werden raquo

Die Globale Gender- und Klimaallianz (GGCA) ist eine Gruppe von 25 UN-

Agenturen und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft die

sicherstellen wollen dass Klimapolitik Entscheidungstraumlger und Initiatishy

ven auf allen Ebenen die Gender-Frage miteinbeziehen

DORFFRAUEN IN BANGLADESCH BEKAumlMPFEN DEN KLIMAWANDEL

DURCH WIEDERAUFFORSTUNG

16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

18

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

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STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
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                        • Aprodev
                        • IndyACT
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                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
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16 KLIMA UND DEMOKRATIE

NACH GAumlNGIGER MEINUNG SIND

DEMOKRATIEN UMWELTBEWUSSTER

ALS NICHT-DEMOKRATISCHE LAumlNDER

IST DAS WIRKLICH SO VON PETER BURNELL

GRUumlNDUNGSDIREKTOR DER

INTERNATIONALEN ZEITSCHRIFT DEMOCRATIZATION

Die wissenschaftliche Sicht auf den Klimawandel und die Verantshywortung der Menschheit sind umfassend diskutiert worden Auch die wirtschaftlichen Aspekte die Gerechtigkeitsdimension und die Implikationen fuumlr die Nord-Suumld-Beziehungen wurden nicht nur in der oumlffentlichen Debatte sondern auch in der technischen politishyschen und akademischen Fachliteratur gruumlndlich ausgeleuchtet Auch ist davon die Rede die Gesellschaft die Armen und sogar der Staat muumlssten laquo klimasicher raquo gemacht werden Benoumltigt werde so ist bisweilen zu houmlren das richtige Rahmenwerk ndash womit in der Regel Nachbesserungen des Kyoto-Protokolls und einzelstaatliche Vorshyschriften fuumlr den Energieverbrauch gemeint sind

Was erstaunlicherweise ausbleibt ist eine ausgewogene Auseishynandersetzung mit der Frage was der Klimawandel fuumlr die Demoshykratisierung bedeutet und was umgekehrt Demokratisierung fuumlr die Anpassung an den Klimawandel bedeutet Mit laquo Demokratisierung raquo sind hier keine theoretischen Modelle von deliberativer radikalshypartizipatorischer oder laquo Oumlko raquo-Demokratie gemeint sondern die Bewegung hin zu einer freiheitlichen Demokratie wie es sie in vielen Laumlndern gibt

Neben der Erderwaumlrmung die ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden hat praumlgt noch ein zweites diesmal begruumlszligenswertes Phaumlnomen die juumlngste Zeit eine Demokratisierungswelle die in den 1970er-Jahren zunaumlchst das suumldliche Europa anschlieszligend Lateinshyamerika Mittel- und Osteuropa und betraumlchtliche Teile Afrikas und Asiens erfasst hat Auffaumlllig ist allerdings dass sich diese Welle in letzter Zeit fast bis zum Stillstand verlangsamt hat und so glauben manche inzwischen wieder auf dem Ruumlckzug ist

Klimastabilisierung und Demokratisierung sind beide wichtig beide sind gefaumlhrdet ndash aber bedingen sie einander Zum einen kann der Uumlbergang von einem undemokratischen System ohne grundleshygende Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit zu einer gefestigten freiheitlichen Demokratie sehr langwierig sein ndash Ausgang ungewiss Auch Nation-Building und Wiederaufbau nach Kriegen erschweren diesen Prozess und das noch mehr durch die Auswirkungen des Klimawandels Umgekehrt koumlnnen die traumatischen Erfahrungen

politischer Veraumlnderungen die Faumlhigkeit eines Landes behindern auf den Klimawandel und seine Auswirkungen zu reagieren

Aber auch die etablierten Demokratien sind verletzbar und es gibt immer Raum fuumlr demokratische Vertiefung und Erweiterung Auch Terrorismus und Terrorismusbekaumlmpfung politische Korruptishyon Vertrauensverlust und das Erstarken von Intoleranz sind in einer Gesellschaft nie ein fuumlr alle Mal besiegt So ergeben sich durch die wechselseitige Beeinflussung von Klimawandel und Politik Auswirshykungen sowohl fuumlr junge als auch fuumlr etablierte Demokratien

DEMOKRATISCHE AUSWIRKUNGENDES KLIMAWANDELS Der Klimawandel trifft die Politik direkt wie indirekt Eine der unbestrittenen Annahmen der Politikwissenschaft lautet dass eine wirtschaftliche Entwicklung die mit einer gerechten Verteilung des Wohlstands einhergeht einer stabilen Demokratie zutraumlglich ist Wenn die Erderwaumlrmung dieser Entwicklung schadet leidet die Demokratie Indem der Klimawandel wie das laquo Global Humanitarishyan Forumraquo1 deutlich macht den Armen und Frauen besonders zusetzt wird die von jeder Demokratie verlangte politische Gleichshyheit behindert

Fuumlr schwache von den Kosten des Klimawandels uumlberforderte Staaten ist es schwierig eine freiheitlich-demokratische Regierungsshyfuumlhrung durchzuhalten Auch die Folgeerscheinungen wie etwa unsichere Wasser- oder Lebensmittelversorgung koumlnnen die sozialen Konflikte bis zur Gewalttaumltigkeit verschaumlrfen Die Demokratie geraumlt unter Druck und Argumente die zur Wahrung der oumlffentlichen Ordnung eine autoritaumlre Herrschaft fordern gewinnen an Uumlberzeugungskraft

In den demokratischen OECD-Staaten hingegen mag der Klimawandel den politischen Gestaltungsrahmen zunehmend auf Fragen der Sicherheit von Energie und Wirtschaft und auf die

1 laquoThe Anatomy of a Silent Crisisraquo Human Impact Report Climate Change

(Genf Global Humanitarian Forum 2009 Abrufbar unter wwwghf-georg )

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

18

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

---

Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

---

26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

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STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

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eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

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rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

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Individuums gegen staatliche und

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verteidigen ndash das sind die Ziele

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schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

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                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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Page 19: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

17 KLIMA UND DEMOKRATIE

Verteidigung der territorialen Integritaumlt gegen laquo Klimamigranten raquo verengen ndash zu Lasten freiheitlich-humanistischer Werte und des Bekenntnisses zu den Menschenrechten

MOumlGLICHE AUSWIRKUNGEN DES KAMPFES GEGEN ERDERWAumlRMUNG AUF DIE DEMOKRATISIERUNG

Noch weitere Fragen kommen hinzu Koumlnnte es sein dass die Klimaschutzmaszlignahmen die freien Maumlrkte und die Entscheidungsshyfreiheit des Einzelnen die eine freiheitliche Demokratie schlieszliglich ausmachen gefaumlhrden Koumlnnte durch staatliche Eingriffe eine demokratisch nicht mehr kontrollierbare Buumlrokratisierung entsteshyhen Und sehen wir nicht jetzt schon dass Kapitalinteressen wie zBdie der Kernkraftlobby sich den Klimawandel zunutze machen

Die Gefahr in der Waumlhlergunst zu sinken wenn man den Klimaschutz zur obersten Prioritaumlt erklaumlrt verlangt insbesondere in Entwicklungslaumlndern in denen die Menschen mit Recht bessere materielle Bedingungen erwarten von der politischen Fuumlhrung ein hohes Maszlig an Mut Uumlberzeugungskraft und Weitsicht ndash Eigenschafshyten die selbst in wohlhabenden Demokratien nicht allzu weit verbreitet sind Um dem Klimaschutz den Vorrang zu geben muumlssen die Verantwortlichen unter Umstaumlnden gegen den Willen des Volkes handeln Dies erscheint demokratiewidrig Ist es dennoch manchshymal akzeptabel

In Laumlndern fuumlr deren Staatsfinanzen die Erloumlse aus Oumll- und Gasexporten eine groszlige Rolle spielen sind Initiativen gegen den Klimawandel durch die diese Einkommensfl uumlsse untergraben werden mit nicht geringen nationalen Anpassungskosten verbunshyden Dies wuumlrde Laumlnder wie Nigeria und Irak treffen die um den Demokratieaufbau ringen Kaumlme es in den Oumll und Gas exportierenshyden Laumlndern wie Russland Saudi-Arabien Sudan zu politischen und sozialen Unruhen waumlre nicht zu erwarten dass dort Demokrashytien nach westlichem Vorbild entstehen Und schlieszliglich hat ein internationales Vorgehen bei der CO2-Reduktion das von den Groszligmaumlchten dominiert wird und die Entscheidungs- Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse an globale Institutionen uumlbertraumlgt Folgen fuumlr die demokratische Selbstbestimmung der einzelnen Laumlnder

Der vorliegende Beitrag basiert auf einer Studie die von der Heinrich-Boumlll-Stiftung in

Auftrag gegeben wurde und im Herbst erscheint

WAS DIE DEMOKRATISIERUNG FUumlR DIE ERDERWAumlRMUNG BEDEUTET

Obwohl zwischen freiheitlicher Demokratie und Verantwortung fuumlr die Umwelt kein zwangslaumlufiger Zusammenhang besteht sind nach gaumlngiger Meinung Demokratien umweltbewusster als nicht-demoshykratische Laumlnder Betrachtet man allerdings die CO2-Bilanz seit der Zeit lange vor Kyoto bis heute so ergibt sich ein enttaumluschendes Bild Viele Demokratien bleiben selbst hinter den schwachen Kyoto-Zielen zuruumlck und Ausnahmen wie Groszligbritannien beruhen auf Zufaumllligkeiten In den demokratischen OECD-Laumlndern ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoszlig insgesamt und pro Kopf gestiegen Erfasst man ihn nicht nach dem Ort der Erzeugung etwa China oder Indien sondern des Verbrauchs in den westlichen Demokratien verduumlstert sich das Bild weiter Bei allen Unterschieden in der oumlffentlichen Meinung ist festzustellen dass es auch in Laumlndern mit ausgepraumlgtem Klimabewusstsein nur schwache Anzeichen einer breiten Unterstuumltzung fuumlr entschlossenes politisches Handeln und fuumlr einen veraumlnderten Lebensstil gibt

Gewiss bestehen wie der Klimaschutz-Index 2009 anhand von Menge und Entwicklung energiebedingter CO2-Emissionen und klimapolitischer Programme zeigt Unterschiede beispielsweise zwischen Schweden und Laumlndern wie Russland und Saudi-Arabien Der gleiche Index vergibt jedoch die ersten drei Plaumltze uumlberhaupt nicht und stellt mehreren Demokratien wie Australien Kanada und den USA schlechte Noten aus

Wenn aber schon reiche und etablierte Demokratien Muumlhe haben den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden um wie viel schwerer muss dies neu entstehenden Demokratien wie Indonesien Suumldafrika Mexiko oder Brasilien oder gar den armen Laumlndern fallen die noch in den Wirren des politischen Uumlbergangs stecken

DEMOKRATIE UND KLIMAANPASSUNG Beruumlhmt ist das Argument des Nobelpreistraumlgers Amartya Sen dass Hunger wohl eher in Demokratien als in Autokratien verhindert wird Aber koumlnnen wir sicher sein dass Demokratien ihre Buumlrgerinshynen und Buumlrger auch allerorten vor Unbill durch Klimawandel schuumltzen koumlnnen Aus verschiedenen Gruumlnden lautet die Antwort laquo Nein raquo Wichtig ist dabei ob eine Gesellschaft in der Lage ist die finanziellen und wirtschaftlichen Kosten der Klimaanpassung aufzubringen und ndash so zeigen Gutachten wie laquo Sicherheitsrisiko Klimawandel raquo ndash wie stark der Staat und wie gut die Qualitaumlt der Politikgestaltung ist Demokratie bietet keine spezifische Gewaumlhr fuumlr wirtschaftliche Entwicklung einen starken Staat und eine gute Regierungsfuumlhrung Im Gegenteil Demokratisierung kann sogar dysfunktional sein In manchen Laumlndern koumlnnen die Interessen an einem starken Klimaschutz durchaus dafuumlr sprechen dass Investitishyonen in die Leistungsfaumlhigkeit und Regierungsfuumlhrung des Staates vor dem Weg zu einer freiheitlichen Demokratie Vorrang haben sollten

GEGEN DEN KLIMAWANDEL VORGEHEN DEMOKRATIE FOumlRDERN

Im Idealfall sollten die Entwicklung stabiler Demokratien und die Bekaumlmpfung des Klimawandels gemeinsam voranschreiten Aber die Moumlglichkeit dass mancherorts das beherzte und dringliche Handeln das der Klimawandel mittlerweile erfordert durch politisches Experimentieren verzoumlgert wird ist nicht zu leugnen In aumlhnlicher Weise wird hier und da der demokratische Fortschritt durch die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels erschwert Damit sich die Uumlberzeugung durchsetzt dass ein Mehr an Demokratie eine Unterstuumltzung auch fuumlr den Kampf gegen Klimawandel darstellt muumlssen sich Politiker und Buumlrger in den etablierten Demokratien staumlrker fuumlr die Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoszliges engagieren Sie muumlssen den Entwicklungslaumlndern unabhaumlngig von deren politischem Zuschnitt helfen mit den Lasten der Klimaanpasshysung fertig zu werden

Dadurch dass gefaumlhrdeten Gemeinschaften geholfen wird den durch den Klimawandel angerichteten Schaden zu minimieren entstehen noch keine gesicherten demokratischen Uumlberzeugungen Vielleicht aber waumlren diese Erfahrungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder ein Weg Demokratie laumlngerfristig laquo klimasicher raquo zu machen Entscheidend ist dass die nun in Kopenhagen anstehenden internashytionalen Klimaverhandlungen die Wichtigkeit der Binnendemokratishysierung betonen ndash nicht zuletzt in den Entwicklungslaumlndern ---Uumlbersetzung Andreas Bredenfeld

18

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

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The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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Erna Musterantworterin
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                  • Ausstellung
                  • Impressum
                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 20: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

18

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

NEUE INSTITUTIONEN

BRAUCHT DIE WELT VON BARBARA UNMUumlSSIG

WELCHES LAND ERHAumlLT WIE VIEL FUumlR DEN KLIMASCHUTZ SOLL zB CHINA GELD ERHALTEN WEIL HIER DIE GROumlSSTEN VERMEIDUNGSPOTENTIALE

SCHLUMMERN UND ES DESHALB AM EFFEKTIVSTEN EINGESETZT WAumlRE ODER SOLL ES WENIG BIS GAR NICHTS ERHALTEN WEIL ES EIN

UMSCHWENKEN AUS EIGENER KRAFT SCHAFFEN KANN

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Die Weltwirtschaftskrise hat Handlungsdruck erzeugt und eine lang diskutierte Reform globaler Entscheidungsstrukturen in kuumlrzester Zeit auf den Weg gebracht Die G20 ndash ein neues Forum aus Schwelshylen- und Industrielaumlndern hat den exklusiven Club der G8 abgeloumlst Alle sind sich einig Die G20 sind besser als die G8 Endlich wird die gewachsene Wirtschaftsmacht von Laumlndern wie Brasilien China Indien und Suumldafrika zumindest in diesem neuen informellen Gremium abgebildet Auch zeigen die reichen Laumlnder eine gewisse Bereitschaft zu kooperativem Handeln Mit Blick auf die ersten G20-Beschluumlsse fuumlrchten jedoch viele eine schnelle Ruumlckkehr zu business as usual ohne tiefgreifende Reformen fuumlr den globalen Finanzmarkt ndash geschweige denn fuumlr Umwelt- oder Entwicklungsanshyliegen wie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel

Ohnehin kann die G20-Staatenwelt nur eine Etappe fuumlr eine umfassendere Reform der globalen Entscheidungsstrukturen und internationalen Institutionen sein Die Vielfachkrisen der Welt verweisen darauf dass die politischen Institutionen des 20 Jahrhunshyderts die Probleme mit befoumlrdert haben Zur Krisendeutung gehoumlrt also auch ihre politisch-institutionelle Dimension ins Visier zu nehmen und Reformen zugunsten globaler Handlungsfaumlhigkeit einzuleiten

Bislang werden die Wirtschafts- Klima- Ernaumlhrungs- und Armutskrise in der praktischen Krisenpolitik auseinandergerissen und auch institutionell getrennt bearbeitet Indes muumlsste es das Gebot der Stunde sein die Krisen zusammenzudenken Dies gilt insbesondere fuumlr einen effektiven Klimaschutz Aus den Klimavershyhandlungen in Kopenhagen sollten starke und neue Institutionen hervorgehen die nicht nur die Uumlberlastung der Atmosphaumlre verhindern sondern ein ganzheitliches Krisenmanagement betreishyben Ist das derzeit eine realistische Option

NEUE UNUumlBERSICHTLICHKEIT Gegenwaumlrtig beobachten wir bei der Umsetzung globaler klimapolishytischer Maszlignahmen mehr nationale und institutionelle Eigeninteshyressen als Kooperation ein Nebeneinander anstelle eines Miteinanshyders Die internationale Gemeinschaft hat bislang noch nicht die noumltigen Finanzmittel fuumlr den Klimaschutz bereitgestellt fuumlr die Zeit zwischen 2008 bis 2012 werden jaumlhrlich gerade einmal knapp 24 Milliarden Euro in Aussicht gestellt was keinesfalls ausreicht Gleichzeitig ist die Zahl der bi- und multilateralen Umwelt- und Klimafonds unuumlbersichtlich geworden Die institutionelle Landschaft im Klimaschutz ist bereits heute hochgradig fragmentiert In den

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

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The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                • Der besondere Tipp
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                  • Ausstellung
                  • Impressum
                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 21: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

19 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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letzten beiden Jahren sind ca 15 neue Umwelt- und Klimafonds zusaumltzlich zu schon existierenden entstanden alleine die Weltbankshygruppe leistet sich mehr als eine Handvoll Sie heiszligen Clean Technologies Fund Strategic Climate Fund World Bank Scaling up Renewable Energy Programme World Bank Forest Investment Programme und World Bank Forest Carbon Partnership Facility Alles klar Hinzu kommen die Fonds der UN der multilateralen Entwickshylungsbanken und der bilateralen Geber von Japan bis Norwegen oder Deutschland

Der Macht- und Konkurrenzkampf um Sektoren im Klimaschutz (Waldschutz Anpassung an den Klimawandel Vermeidung von CO2) zwischen Institutionen und Nationalstaaten ist voll im Gange Dies fuumlhrt oft zu parallelen nicht abgestimmten Projekten Allein im Kongobecken sind derzeit fuumlnf groumlszligere Initiativen zum Schutz des Tropenwaldes aktiv Sie sind schlecht oder gar nicht miteinander koordiniert

Die groszlige Anzahl von Gebern mit ihren jeweiligen Eigeninteresshysen gefaumlhrdet die Effektivitaumlt von Klima- oder Waldschutzprojekten Von der institutionellen Vielfalt fuumlhlen sich die meisten Entwickshylungslaumlnder uumlberrollt Sie verfuumlgen ihrerseits nicht uumlber die Kapazishytaumlten um in dem institutionellen Dschungel zurecht zu kommen Es ist wie bei der Entwicklungshilfe Die ohnehin schwachen und uumlberlasteten Verwaltungen sind durch die ausufernde Zahl von Gebern deren Regelwerken und Anspruumlchen uumlberfordert Ein Missbrauch der zusaumltzlichen Finanzmittel zur Bereicherung der Eliten ist nicht auszuschlieszligen

Und das laquo groszlige Geld raquo soll ja erst noch flieszligen Zwischen 80 und 100 Milliarden Euro sollen jaumlhrlich bis zum Jahr 2020 fuumlr den Klimaschutz durch Industrielaumlnder bereitgestellt werden Allen voran bemuumlht sich die Weltbank um eine Vormachtstellung sie bietet sich als Organisation zur Verwaltung und Umsetzung der bilateralen Trust Funds einzelner Laumlnder an Damit unterlaumluft das Weltbankmanagement und mit ihr viele noumlrdliche Regierungen das Bestreben der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder der UNO bzw der UN-Klimakonvention die Hoheit uumlber die neuen Klimagelder zu uumlberlassen Als in Bali ein Fonds zur Klimaanpassung unter dem Dach der UN-Klimakonvention beschlossen wurde lancierte unmittelbar danach die Weltbank einen eigenen Anpassungsfonds

Welche Institutionen welche Gelder umsetzen sollen ist ein heftiger Streitpunkt bei den Verhandlungen Es ist vor allem auch eine Kontroverse darum wer uumlber die Vergabe der Mittel und Prioritaumlten entscheidet und mit welchen Mehrheitsverhaumlltnissen Die G77 und China das klassische Buumlndnis der Entwicklungslaumlnder plaumldieren fuumlr einen zentralen Fonds unter der Hoheit der Klimavershytragsstaatenkonferenz der die Mittel fuumlr die CO2-Vermeidung und die Anpassung an den Klimawandel bereitstellen soll Sektorale Fonds unter dem Dach eines zentralen Fonds sind denkbar Die Entscheidungsgremien sollten zwischen Nord und Suumld moumlglichst paritaumltisch besetzt sein

Der G77-Vorschlag sieht vor dass der zentrale Fonds auch die Klimaschutzaktivitaumlten der Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder uumlberwacht und dem Klimasekretariat gegenuumlber berichtspfl ichtig ist Eine Mehrheit der Industrielaumlnder ndash darunter auch Deutschland ndash moumlchte indessen existierende globale Institutionen wie die Weltshybank staumlrken und straumlubt sich gegen eine Neugruumlndung Sie reden zwar von einem Bedarf an Reformen bei der Weltbank wie diese aber ndash von den klimapolitischen Prioritaumlten bis zu den Entscheishydungsstrukturen ndash aussehen sollen dazu haben sie noch keine Vorschlaumlge auf den Tisch gelegt

Der Ausgang dieser Auseinandersetzung entscheidet daruumlber ob sich die UNO im institutionellen Gefl echt von Global Governance behaupten kann oder ob die Bretton Woods Organisation Weltbank

institutionell und finanziell gestaumlrkt aus der Klimakrise hervorgeht Uumlberlegungen zu einer Weltumweltorganisation unter dem Dach der UNO die zum Beispiel die Umsetzung der Beschluumlsse der Umweltshyabkommen und -konventionen koordinieren soll und als Gegengeshywicht zur WTO oder den internationalen Finanzorganisationen gedacht war haben derzeit keine besondere politische Lobby mehr ndash weder in Nord Suumld oder Ost

REFORMEN IN DEUTSCHLAND Auch die deutsche Institutionenlandschaft ist nicht gut auf die globale Herausforderung durch den Klimawandel vorbereitet Ministerien Forschungs- Fach- und Durchfuumlhrungsorganisationen bearbeiten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Das Ressortprinzip gibt den Ministerien viel Freiheit manche sagen zu viel Seit 2008 setzt nicht nur das Entwicklungshilfeministerium sondern auch das Umweltministerium Gelder aus der Internationashylen Klimaschutzinitiative um Das Forschungsministerium investiert u a in forschungspolitische Dialoge das Bundeswirtschaftsministeshyrium ist an Exportinitiativen fuumlr erneuerbare Energien beteiligt und das Umweltministerium will insgesamt laquo Green Tech raquo-Exporte foumlrdern Zu beobachten ist dabei dass jedes einzelne Ministerium Forschungs- oder Durchfuumlhrungsauftraumlge erteilt die untereinander nicht abgestimmt sind

In China Indien oder Suumldafrika reiben sich die Verantwortlichen die Augen und wundern sich wie viele dialogbereite Delegationen aus unterschiedlichen Ministerien anruumlcken ohne voneinander zu wissen oder sich uumlber Ziele und Prioritaumlten verstaumlndigt zu haben Auch insgesamt ist unklar welche Linie Deutschland jenseits der Klimaverhandlungen verfolgen will So hat China die deutsche Regierung aufgefordert Ressortzustaumlndigkeiten besser abzuklaumlren In entwicklungspolitischen Kreisen ist schon lange die Rede von mangelnder Kohaumlrenz und Koordination So gibt es keine gemeinsashymen Strategien und Verabredungen uumlber die Schwerpunkte der Klimapolitik in Entwicklungs- und Schwellenlaumlndern Deshalb braucht es in Deutschland eine institutionalisierte Abstimmung uumlber prioritaumlre Ziele zwischen den Ressorts Erst sie schafft die Voraussetshyzung fuumlr Kooperation und Abstimmung mit den Partnerlaumlndern Will die Regierung die Weltbank institutionell staumlrken oder aber auf den Vorschlag der G77 plus China eingehen und einen zentralen Fonds unterstuumltzen Welche Technologieinitiativen welche Instrumente will die Bundesregierung zu welchen Bedingungen foumlrdern und einsetzen Zu diesen Fragen gibt es erhebliche Abstimmungsdefizite

Ganzheitliche Ansaumltze und neue Institutionen und Instrumente werden als Antworten auf den Klimawandel die Ressourcen- und die Armutskrise gebraucht Doch diese Groszligbaustelle ist kaum im Visier der Politik stattdessen konkurrieren Institutionen und laquo Ressorts raquo miteinander um Einflusssphaumlren Davon zeugt das Wiedererstarken von IWF und Weltbank in der Krise Ein neuer Multilateralismus und andere Abstimmungs- und Entscheidungsvershyfahren auf nationaler und internationaler Ebene sind jedoch zwingend wenn wir interdependente Krisen schneller und wirshykungsvoller bearbeiten wollen Vor allem demokratisch gewaumlhlte Parlamente sollten an institutionellen Reformen ein groszliges Interesse haben Sie sind es doch die am meisten durch Lobbyinteressen und das Eigenleben supranationaler und nationaler Institutionen in ihrer Mitgestaltungs- und Kontrollfunktion entwertet werden

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

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Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

---

26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

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eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

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durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

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Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

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laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

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laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

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schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

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                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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Page 22: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

20 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

laquoWIR BENOumlTIGEN EINE

WELTKLIMAZENTRALBANKraquo

Welche Summen muumlssen weltweit bewegt werden um den Klimawandel bei 2deg C zu halten Wie hoch muss der Transfer

von Norden nach Suumlden sein Ist mit den bestehenden internationalen Organisationen eine sinnvolle Verteilung denkbar

Ein Interview mit Dirk Messner dem Direktor des Instituts fuumlr Entwicklungspolitik (DIE)

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laquo WENN WIR BIS 20152020 NICHT DEN

GLOBALEN SCHEITELPUNKT BEIM AUSSTOSS

VON TREIBHAUSGAS ERREICHT HABEN

MUumlSSTEN DIE NOumlTIGEN REDUKTIONSANshy

STRENGUNGEN SO GROSS WERDEN DASS

WIR DIE 2degC-GRENZE KAUM EINHALTEN

KOumlNNENraquo

DIRK MESSNER

Klimaschutz ist also ein gutes Geschaumlft fuumlr unsere Gesellschaften

Damit das klappt muumlssen wir die Energieeffizienz rasch steigern Energiesysshyteme umbauen klimaneutrale Staumldte entwickeln auf Elektromobilitaumlt setzen und in jedem Sektor die Treibhausgasemissionen herunterbringen Auch der Schutz der globalen Waumllder ist wichtig Wir sprechen von einer Dritten Industriellen Revolution denn unsere Weltwirtschaft ist im Wesentlishychen fossil angetrieben und wir muumlssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 global um gut fuumlnfzig Prozent reduzieren Der Umbau braucht Zeit ndash deshalb muumlssen wir so schnell es geht damit anfangen Wenn wir bis 20152020 nicht den globalen Scheitelshypunkt beim Ausstoszlig von Treibhausgas erreicht haben muumlssten die noumltigen Reduktionsanstrengungen so groszlig werden dass wir es kaum noch schaffen koumlnnen die 2deg C-Grenze einzuhalten

Um sichtbare Reduktionseffekte zu erzielen kann es jedoch fuumlnf bis zehn Jahre dauern Ja bis die Ausbildung in Schulen und Hochschulen sich auf diese Probleme einstellt bis die Energiesysteme umgebaut werden bis erneuerbare Energien zu den wichtigsten Energietraumlgern werden und deren Kosten fallen vergeht Zeit Schauen Sie sich die Entwicklung der Windkraft in Deutschland an deren Beitrag zur Energieshyversorgung vor zehn Jahren marginal war und heute Richtung zehn Prozent geht Die Technologien sind da aber bis sie in der Breite genutzt werden bis die Technologie ausgereift ist Lerneffekte entstehen und die

Fuumlr die globale Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft wird ein enormer Finanztransfer von Nord nach Suumld gebraucht Um welche Summen geht es dabei Es herrscht Einvernehmen in den Gremien der EU wie der UNO dass wir 100 Milliarshyden Euro pro Jahr brauchen um die Entwicklungslaumlnder dabei zu unterstuumltzen ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen mit dem Ziel die Erderwaumlrmung insgesamt bei 2deg C zu halten Die Bundesrepublik muumlsste sich daran mit etwa sieben Milliarshyden Euro beteiligen Aber zur Beruhigung der Gemuumlter Dadurch entstehen neue Maumlrkte fuumlr Klimatechnologien Dienstleisshytungen und gruumlne Produkte und da sind Deutschland wie die EU nicht schlecht aufgestellt Und wenn man diese 100 Milliarden fuumlr das Klima vergleicht mit den Milliarden die jetzt in der Bankenkrise ausgegeben wurden scheint es schon nicht mehr so viel zu sein

Und was kostet die Umstellung auf eine gloshybale kohlenstoffarme Wirtschaft insgesamt Um eine Umstellung weltweit zu erreichen muss die Weltwirtschaft in den kommenden Dekaden 500 ndash1000 Milliarden Dollar pro Jahr investieren Das ist eine beachtliche Summe aber finanzierbar denn wir reden uumlber ein bis zwei Prozent des globalen Bruttosozialprodukts Und damit entstehen Innovationen wir schaffen zukunftsfaumlhige Beschaumlftigung und reduzieren die Abhaumlngigshykeit von fossilen Brennstoffen Investieren wir diese Mittel nicht werden die Schaumlden des Klimawandels in Zukunft deutlich houmlher ausfallen als die Vermeidungskosten

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

shy

Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

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STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

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NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
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                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 23: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

21 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

Kosten rapide sinken vergeht Zeit Wir koumlnnen in der Weltwirtschaft nicht in einer Dekade von 95 Prozent fossilen Energietraumlshygern auf 50 Prozent herunterkommen An der Debatte um das groszlige Solarprojekt laquo Desertec raquo in der Sahara wird das deutlich Noch zehn Jahre werden vergehen bis die Anlagen stehen und die Netze ausgebaut sind Aber das Projekt fuumlhrt uns in die richtige Richtung Es waumlre unsinnig und unmoumlglich ab morgen nur noch auf Solarstrom zu setzen ndash aber der Einstieg muss rasch beginnen Am schnellsten schaffen wir Durchbruumlche zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch Energieshyeffi zienzsteigerungen Und wir brauchen weltweit Dekarbonisierungsfahrplaumlne um unsere Oumlkonomien in hohem Tempo so umzubauen dass wir gefaumlhrlichen Klimashywandel verhindern

Wie koumlnnen Entwicklungslaumlnder die von Ihnen erwaumlhnten Summen uumlberhaupt aufshynehmen und daraus effiziente Initiativen und Projekte entwickeln China Indien Brasilien bauen zurzeit neue Energiesysteme und neue Staumldte In China sind Hunderte von Staumldten fuumlr 100 000 ndash 500 000 Menschen in Planung jedes zweite Gebaumlude der Welt wird zurzeit in der Volksrepublik gebaut Der Prozess der Urbanisierung geht also sowieso voran man muss ihn nun klimavertraumlglich gestalten In China geht es nicht um Absorbtionsprobleshyme eher um eine Umlenkung der Investitioshynen auf klimavertraumlgliche Pfade Chinas Regierung sagt wir wollen den Umbau zu einer low carbon economy koumlnnen ihn aber

nicht alleine finanzieren wir brauchen Hilfe durch Technologietransfer Aumlhnliches gilt fuumlr Indien Daruumlber muss man sprechen

China ist ein Schwellenland wie muss den schwaumlcheren Laumlndern geholfen werden Deren Ausstieg aus der fossilen Energie und ihre Anpassung an den Klimawandel muumlssen wir mit Investitionen unterstuumltzen Da hat die Entwicklungszusammenarbeit Erfahrungen Es macht zum Beispiel keinen Sinn nur in Infrastruktur zu investieren aber nicht in Wartung dann funktioniert das Ganze uumlber kurz oder lang nicht mehr Die Geberorganisationen haben fruumlher viel zu oft im Alleingang etwas durchgesetzt statt mit den Institutionen der Laumlnder zusammenzuarbeiten Das hat sich geraumlcht nur durch partnerschaftliche Zusammenarshybeit werden Veraumlnderungen nachhaltig Angesichts der Groumlszligenordnung des Klimashyproblems und des enormen Zeitdrucks besteht aber in der Tat ein Problem darin wie man die Entwicklungskooperation beschleunigen kann

Wie sollen die Gelder verteilt werden mit denen die Erderwaumlrmung bei 2deg C gehalten werden kann Die Klimaforscher errechnen dass fuumlr die Jahre 2000 ndash 2050 das zur Verfuumlgung stehende globale Treibhausgasbudget etwa 1000 Gigatonnen betraumlgt in den letzten zehn Jahren haben wir davon schon gut ein Viertel verbraucht Es bleiben uns weltweit noch 750 Gigatonnen wenn wir die 2deg C halten wollen Dieses Budget muumlssen wir nach einem gerechten Schluumlssel verteilen der Wissenschaftliche Beirat der Bundesreshygierung Globale Umweltveraumlnderungen (WBGU) arbeitet gerade an einem solchen Vorschlag Sicher ist Das Budget fuumlr die Industrielaumlnder wird knapp Wir werden in den Entwicklungslaumlndern die weniger emittieren Treibhausgasemissionen kaufen muumlssen Fuumlr Afrika oder auch Bangladesch wuumlrde das auf einen Nord-Suumld-Finanztranshyfer hinauslaufen Dieses globale Treibhausshygasbudget wuumlrde zum Ausgangspunkt fuumlr den Emissionshandel und klimarelevanten Technologietransfer

Laumlsst sich mit den bestehenden internationashylen Organisationen eine sinnvolle Verteilung der Gelder und Emissionen erreichen oder muumlssen neue Institutionen der Weltklimafishynanzierung her Die EU und demnaumlchst auch die USA brauchen fuumlr ihren Emissionshandel Regelwerke und Institutionen die diese uumlberwachen und umsetzen Aber dieses

Monitoring sollte nicht nur transatlantisch ansetzen sondern moumlglichst bald weltweit So wie heute mit Geld gehandelt wird so wird man bald auch mit Treibhausgaszertifikaten handeln Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut nennt eine solche Einrichtung eine laquo Weltklimazentralbank raquo

shy

Warum nimmt man dafuumlr nicht die Weltbank Die Aufgabe der Weltbank ist die Finanzieshyrung und Umsetzung von Entwicklungsvorshyhaben in den Entwicklungslaumlndern Die Aufgabe der UNFCCC ist es den Prozess der Klimaverhandlungen zu koordinieren Was wir brauchen ist eine Clearing-Stelle eine Plattform zur Verrechnung der knapper werdenden Treibhausgasemissionsrechte und der Uumlberwachung der Regelwerke die wir hierfuumlr einfuumlhren muumlssen Die Mittel die dann fl ieszligen und die Projekte die damit in den Entwicklungslaumlndern finanziert werden koumlnnen dann von der Weltbank und anderen Entwicklungsorganisationen umgesetzt werden

Wie wollen Sie Ihre Loumlsungsansaumltze intershynational ins Gespraumlch bringen Der WBGU arbeitet derzeit an einem Gesamtvorschlag um zu zeigen wie ein globaler Rahmen aussehen koumlnnte um mit dem begrenzten globalen Treibhausgasbudshyget umzugehen Dieser Vorschlag wird dann der Bundesregierung uumlbergeben und soll Fortschritte in Kopenhagen foumlrdern Zudem sind wir natuumlrlich im Gespraumlch mit den Experten- und Beraterteams anderer Laumlnder ndash den USA China und Indien Auch Wirtschaftsvertreter muumlssen uumlberzeugt werden damit ein Durchbruch in Kopenhashygen gelingen kann ---Die Fragen stellte Elisabeth Kiderlen

Das Deutsche Institut fuumlr Entwicklungspolitik

(DIE) zaumlhlt weltweit zu den fuumlhrenden Forshy

schungsinstituten und Thinktanks zu Fragen

globaler Entwicklung und internationaler Entshy

wicklungspolitik Als unabhaumlngiges wissenshy

schaftliches Institut begleitet das DIE mit seishy

nen Forschungsergebnissen aktiv und auf allen

Ebenen die entwicklungspolitische Meinungsshy

bildung Das DIE baut Bruumlcken zwischen Theshy

orie und Praxis und setzt auf die Zusammenarshy

beit in leistungsstarken Forschungsnetzen mit

Partnerinstituten in allen Weltregionen

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

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The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 24: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

22

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

DER STOFF AUS DEM

EUROPAS ERFOLGE SIND VON RODERICK KEFFERPUumlTZ UND CLAUDE WEINBER

Die muumlhsame Arbeit der EU im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen

Die Verhandlungen uumlber ein internationales Abkommen zum Klimawandel fuumlr die Zeit nach 2012 sind in vollem Gange Die Unterhaumlndler sammeln ihre Karbon-Flugmeilen Daran wird sich erst einmal nichts aumlndern denn die juumlngsten Verhandlungen in Bonn waren so ergebnislos dass selbst Regierungsbeamte gar nicht erst versuchen ihren Unmut daruumlber zu kaschieren dass sie in den Augustferien schon wieder in den vertrauten Raumlumen des Bonner Maritim-Hotels sitzen muumlssen

Das Fehlen wirklichen Fortschritts zeigt auf wie wackligen Fuumlszligen die Klimaverhandlungen stehen Die Verhandlungspositionen verhaumlrten sich und die nationalen Vorstellungen zu Finanzierung und Technologietransfer bleiben streng gehuumltete Geheimnisse Der Graben zwischen Industrie- Schwellen- und Entwicklungslaumlndern verbreitert sich

Bei der Konsensfindung spielt auch die Europaumlische Union eine entscheidende Rolle Ihr uumlbergreifendes Ziel ist es zur Beschraumlnshykung der globalen Erwaumlrmung auf 2deg C ein internationales Abkomshymen zu schlieszligen das alle Klima-Schwergewichte von den USA Brasilien Kanada bis China Russland Indien und Suumldafrika miteinbezieht und das zugleich den fragilen Konsens unter ihren eigenen 27 Mitgliedsstaaten erhaumllt Fuumlr die EU ist diese Rolle nichts Ungewoumlhnliches geht man von ihren Erfahrungen mit geteilter Souveraumlnitaumlt und entsprechenden Kompromissen aus Und diese spiegeln sich in ihren Verhandlungspositionen wider

Die EU hat sich selbst auf eine Minderung des CO2-Ausstoszliges von zwanzig Prozent bis 2020 festgelegt Indem sie verspricht dass sie ihre Emissionen sogar um dreiszligig Prozent senken wuumlrde wenn die anderen Akteure vergleichbare Anstrengungen unternaumlhmen versucht sie diese zu aumlhnlichen Verpflichtungen zu ermutigen Damit wuumlrde die Union einen Mittelweg beschreiten zwischen Chinas Forderung nach einer 40-prozentigen Reduktion fuumlr die entwickelten Laumlnder und den Zielen die Japan (acht bis neun Prozent bis 2020 mit 1990 als Ausgangsjahr) und die USA (vier bis

sieben Prozent bis 2020 ebenfalls mit 1990 als Ausgangsjahr) bisher formuliert haben Das ist zudem das Maximum das heute unter den 27 EU-Mitgliedern erreicht werden kann

Eine Verhandlungsposition die ein Klimaabkommen erreichen moumlchte das von fast allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert wuumlrde kann im besten Fall einen laquo fairen Deal raquo zustandebringen Dieser wuumlrde wenig Raum fuumlr laquo Klimagerechtigkeit raquo lassen Erfolgshyreiche Konsensbildung verlangt von jedem Konzessionen um sich zu treffen und ein praktikables Arrangement zu erzielen So hat die Europaumlische Union die Entwicklungslaumlnder darunter auch China aufgefordert sich zu einer 15- bis 30-prozentigen Reduktion ihrer Emissionen bis 2020 zu verpflichten gemessen an einem noch naumlher zu bestimmenden business-as-usual-Szenario

Dasselbe gilt fuumlr die Finanzierung Obwohl die EU finanzielle Hilfe fuumlr Klimamaszlignahmen in den Entwicklungslaumlndern zugesagt hat ist sie bislang nicht willens oder in der Lage exakte Zahlen zu benennen Stattdessen hat sie finanzielle Hilfe fuumlr alle auszliger den am wenigsten entwickelten Laumlndern (LDCs) von der Einfuumlhrung robuster und verifizierbarer low-carbon-Entwicklungsstrategien abhaumlngig gemacht in welchen die erforderlichen Summen fuumlr die geplanten Reduktionsmaszlignahmen aufgelistet werden Die EU hat auszligerdem erklaumlrt dass Klimamaszlignahmen die mittelfristig wenig zusaumltzliche Kosten verursachen oder sogar einen Nettogewinn bringen kurzfristig aber hohe Investitionen erfordern von den Laumlndern selbst bezahlt werden sollten und nicht durch die EU

Schlieszliglich sieht sich die Europaumlische Union nicht in der Lage Klimagerechtigkeit als Ansatz fuumlr die Klimaverhandlungen verbindshylich zu machen weil jedes Mitgliedsland Gerechtigkeit anders definiert Das ist darauf zuruumlckzufuumlhren dass CO2-Emissionen Entwicklungsstandards und Klimabewusstsein sich von Land zu Land stark unterscheiden Unterschiede bestehen hier besonders zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten Waumlhrend Groszligbritannishyen und Deutschland bereits ihre Reduktionsziele mit 40 Prozent

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
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Page 25: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

23 KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT F

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angegeben haben und noumltigenfalls bereit sind zum Scheckbuch zu greifen wenn es um Klimafi nanzierung geht sind Laumlnder wie Polen oder Rumaumlnien mit hohem Energieverbrauch unwillig Diesen Staaten fehlen nicht nur Bewusstsein und Wahrnehmung des Ausmaszliges des Klimawandels Aus ihrer Sicht ist auch jegliche Einschraumlnkung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung inakzeptabel Nachdem sie vor zwanzig Jahren den sog real existierenden Sozialismus nach sowjetischem Muster auf den Muumlllhaufen der Geschichte geworfen haben moumlchten die Bewohner der ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten jetzt die versprochenen Fruumlchte ihrer meist friedlichen Revolutionen genieszligen So betrachten sie Fordeshyrungen nach Klimaschutzmaszlignahmen die ihre wirtschaftliche Entwicklung behindern als unfair Sie haumltten schon in den 1990ern ihre Emissionen erheblich reduziert so das Argument Diese Reduktionen sind allerdings dem Zusammenbruch des Groszligteils ihrer Industrie geschuldet und keinen aktiven Klimaschutzshymaszlignahmen

Diese unterschiedlichen Sichtweisen haben zu harten und langwierigen Verhandlungen innerhalb der Europaumlischen Union gefuumlhrt Das Energie- und Klimapaket wurde erheblich verwaumlssert um die mittel- und osteuropaumlischen Staaten ins Boot zu holen

Viele Mitgliedsstaaten haben die Befuumlrchtung dass strenge Auflagen fuumlr entwickelte Laumlnder den Wettbewerb dramatisch verzerren und zu carbon leakage fuumlhren koumlnnten d h zur Auslageshyrung bestimmter europaumlischer Industrien insbesondere aus energieshyintensiven Bereichen in Laumlnder mit keinen oder nur sehr lockeren Klimaauflagen Der dadurch moumlgliche Verlust von Arbeitsplaumltzen wird von der Mehrheit der politischen Eliten als inakzeptabler Kollateralschaden angesehen

Deshalb erarbeitet die EU derzeit eine Richtlinie zu den enershygieintensiven Industrien und zu carbon leakage um fuumlr den Fall des Scheiterns der Klimaverhandlungen einen Reserveplan zu haben Solche Entwicklungen sind nicht auf die Europaumlische Union

beschraumlnkt Der Waxman-Markey-Gesetzentwurf zum Klimawandel der derzeit in den USA ausgehandelt wird enthaumllt aumlhnliche Bestimmungen die auf Importe aus Laumlndern die keine den USA vergleichbaren Emissionskontrollen haben eine CO2-Steuer erheben wuumlrden Der Aufschrei aus den Entwicklungslaumlndern angesichts dieser Maszlignahmen war sehr vernehmbar und es ist durchaus nicht unsinnig anzunehmen dass wir einem weltweiten Handelskrieg entgegensteuern sollten diese Maszlignahmen durchgefuumlhrt werden

Internationale Klimagerechtigkeit spielt entsprechend fuumlr die EU nur eine marginale Rolle Waumlhrend die Europaumlische Union am UNFCCC-Prinzip der laquo gemeinsamen jedoch differenzierten Verantwortlichkeiten und entsprechenden Leistungen raquo festhaumllt die fuumlr Interpretationen durchaus offen sind besteht ihr Interesse vor allem darin eine effektive und umfassende Vereinbarung die fuumlr alle bindend ist unter Dach und Fach zu bringen

Die Europaumlische Union erkennt an dass die entwickelten Laumlnder im Kampf gegen den Klimawandel wie bei den Maszlignahmen zur Klimaanpassung die Fuumlhrungsrolle uumlbernehmen muumlssen doch ist dies aus Sicht der EU ein Kampf an dem sich mit Ausnahme der alleraumlrmsten Laumlnder alle auf die eine oder andere Weise beteiligen muumlssen Wenn wir entschlossen sind ein dynamisches Klimaregime zu schaffen das den Temperaturanstieg unter der Schwelle von 2deg C halten kann muumlssen alle wichtigen Akteure diese neuen Anstrenshygungen gemeinsam schultern

Damit das passiert wird das Gerechte dem Fairen weichen und der wissenschaftliche Imperativ wird sich dem politisch Machbaren beugen Das ist der Stoff aus dem der Erfolg der EU gemacht wurde und auch in Zukunft bestehen wird ---Uumlbersetzung Jochen Schimmang

OFT ZUM VERZWEIFELN ndash JEDER FORTSCHRITT BEI DEN KONFERENshy

ZEN SETZT UNENDLICH VIELE HART UMKAumlMPFTE SCHRITTE IM

VORFELD VORAUS DIE SPANISCHE STAATSSEKRETAumlRIN FUumlR KLIMAshy

WANDEL TERESA RIBERA RODRIGUEZ BEIM UMWELTMINISTERTREFshy

FEN IN PARIS JULY 2008

DIE ZARTE FAUST DES FREUNDES hellip PRAumlSIDENT SARKOZY LEISTET

UumlBERZEUGUNGSARBEIT BEIM UNGARISCHEN KOLLEGEN FERENC

GYURCSANY IN BRUumlSSEL DEZEMBER 2008 DAS EU-KLIMAPAKET SOLL

VERABSCHIEDET WERDEN

24

KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
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                        • Aprodev
                        • IndyACT
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                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
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KRISENMANAGEMENT DER ZUKUNFT

MIT LEADERSHIP

GEGEN DIE ZWEIFLER VON ARNE JUNGJOHANN

Die USA haben aus Kyoto gelernt

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Seit dem Amtsantritt von Barack Obama druumlckt die US-Regierung beim Klimaschutz aufs Tempo Der neue Praumlsident hat in den ersten acht Monaten seiner Amtszeit mehr fuumlr den Klimaschutz getan als sein Vorgaumlnshyger in den acht Jahren zuvor Doch zur Durchsetzung von Klimagesetzen wie etwa dem Emissionshandel muumlssen die Zweifler im Kongress uumlberzeugt werden

Die klimapolitische Debatte im Senat wird entscheiden mit welchem Mandat die Regierung nach Kopenhagen faumlhrt Warum Dafuumlr lohnt ein Blick zuruumlck in das Jahr 1997 Damals hatte Praumlsident Clinton trotz fehlender innenpolitischer Unterstuumltzung das Kyoto-Protokoll unterzeichnet Der Senat der laut Verfassung internationale Vertraumlge mit Zweidrittelmehrheit ratifizieren muss fuumlhlte sich uumlbergangen und verpasste dem Weiszligen Haus einen Denkzettel In der mit 95 0 Stimmen verabschiedeten Byrd-Hagel-Resolution sprachen sich die Senatoren parteiuumlbergreifend gegen solche Vertraumlge aus die der US-Wirtschaft schaden und groszlige Verschmutzer wie China und Indien ausklammern wuumlrden Folglich haben die USA das Kyoto-Protokoll nie ratifiziert

Die Obama-Regierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt Sie wird nur solche Angebote nach Kopenhagen bringen die im Kongress auch mehrheitsfaumlshyhig sind ndash etwa das Ziel die Emissionen bis 2020 unter das Niveau von 1990 zuruumlckzushyfuumlhren Ambitioniertere Ziele scheinen aufgrund innenpolitischer Widerstaumlnde unrealistisch Dabei ist kaum vorstellbar dass die politische Konstellation je guumlnstiger sein koumlnnte satte Mehrheiten der Demokrashyten in beiden Kammern des Kongresses und eine neue Administration die laquo saubere Energie raquo ins Zentrum ihrer wirtschaftspolitishyschen Agenda stellt Doch im politischen System der USA ohnehin anfaumlllig fuumlr

finanzstarke Lobbyinteressen haben konservativ-laumlndliche Bundesstaaten eine strukturell starke Position

Auch die aktuelle Wirtschaftskrise erschwert einen ambitionierteren Kurs Doch selbst optimistische Klimaschuumltzer attestieren dass die Vereinigten Staaten erst jetzt mit dem Klimaschutz anfangen und folglich noch eine Weile brauchen werden bis sie zu Europa aufschlieszligen Ausgehend von den aktuellen Emissionen (17 Prozent Zuwachs gegenuumlber 1990) und dem anhaltenden Bevoumllkerungswachstum ist eine Reduzierung der Emissionen auf 1990er-Niveau in nur acht Jahren ehrgeizig und durchaus mit dem vergleichbar was die EU-Staaten im gleichen Zeitraum leisten

Ein besonderes Augenmerk in der klimapolitischen Debatte in den USA liegt auf den groszligen Entwicklungslaumlndern Gerade China wird als starker Handelskonshykurrent wahrgenommen der die Vorteile der niedrigeren Umwelt- und Sozialstanshydards auf dem Weltmarkt ausspielt Gleichshyzeitig hat China die USA als weltgroumlszligten laquo Klimasuumlnder raquo abgeloumlst Dabei wird gerne ausgeblendet dass Peking in einigen Bereichen ambitioniertere Umweltstandards setzt als die USA Doch die Klischees halten sich hartnaumlckig in der amerikanischen Oumlffentlichkeit Die internationalen Klimavershyhandlungen werden in weiten Teilen der USA nur dann als fair erachtet wenn auch China Zugestaumlndnisse fuumlr mehr Klimaschutz macht Die konservativen Kraumlfte im Land warten nur darauf Obama vorzuwerfen nicht hart genug gegen die Chinesen verhandelt zu haben

In den Vereinigten Staaten wird man genau verfolgen wie sich die eigene Regierung bei den UN-Verhandlungen in Kopenhagen schlaumlgt Wird die USA von der internationalen Staatengemeinschaft dafuumlr abgestraft selbst nicht genug fuumlr den

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Klimaschutz zu leisten waumlre das Wasser auf die Muumlhlen von Obamas innenpolitischen Gegnern Nur mit einem Erfolg in Kopenhashygen wird Obama die klimapolitische Reformagenda gegen die Zweifl er im eigenen Land durchsetzen koumlnnen Keine Frage Europa muss die USA zu weitergeshyhenden Schritten beim Klimaschutz anspornen Doch sollte es dabei mit Augenshymaszlig vorgehen um nicht das Gegenteil zu bewirken

Toward a Transatlantic Green New Deal Tackling the Climate and Economic Crises

Prepared by the Worldwatch Institute for the

Heinrich Boumlll Foundation

Die Publikation kann bestellt werden uumlber

Heinrich-Boumlll-Stiftung European Union Offi ce

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 27: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

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25 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

100 ERNEUERBARE ENERGIENVON RALF FUumlCKS

Das naumlchste europaumlische Megaprojekt

WELTGROumlSSTER SOLARTURM IM KRAFTWERK BEI SEVILLA VORBILD FUumlR laquoDESERTECraquo

Erneuerbare Energien sind das Big Business von morgen die Leittechnologie einer gruumlnen industriellen Revolution So will ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Muumlnchner Ruumlck der Allianz Siemens und RWE die Gewinnung von Solarstrom in der Sahara in Angriff nehmen Veranschlagt sind Investitionen von 400 Milliarden Euro Waumlhrend ein Teil des Solarstroms fuumlr die Entwickshylung der Region vorgesehen ist soll der andere Teil rund 15 Prozent des europaumlischen Bedarfs decken Auch wenn laquo Desertec raquo noch viele Huumlrden uumlberwinden muss kann das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien leisten Solarshystrom aus der Wuumlste duumlrfte nicht nur oumlkonomisch konkurrenzfaumlhig sein thermische Solaranlagen bieten zugleich Speichermoumlglichkeishyten die es erlauben die produzierte Energie rund um die Uhr je nach Bedarf abzurufen

Doch wir sollten uns keinen Illusionen hingeben Solarstrom aus der Sahara ist nicht die Patentloumlsung Wenn wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch vertraumlgliches Maszlig reduzieren wollen fuumlhrt kein Weg daran vorbei die gesamte Elektrizitaumltsvershysorgung auf erneuerbare Energiequellen umzustellen Eine Reduzieshyrung der europaumlischen CO2-Emissionen in Groumlszligenordnungen von 80 ndash 90 Prozent erfordert Null-Emissionen bei der Stromerzeugung Dazu kann laquo Desertec raquo nur einen komplementaumlren Beitrag liefern Der Loumlwenanteil des Strombedarfs muss bis Mitte des Jahrhunderts aus erneuerbaren Energiequellen in Europa selbst kommen Atomshyenergie ist wegen ihrer technischen militaumlrischen und finanziellen Risiken keine Alternative

Das Potential fuumlr eine europaumlische Energiewende ist reichlich vorhanden Wasserkraft in den Gebirgsregionen Solarenergie im Sonnenguumlrtel Europas Wind- und Wellenenergie an den Kuumlsten Biomasse aus den Waumlldern Skandinaviens und den Agrarregionen

Mittel-Osteuropas Zurzeit nutzen wir nur elf Prozent des Potentials an erneuerbaren Energiequellen in Europa Rund 15 Prozent des europaumlischen Stromverbrauchs werden heute mit laquo gruumlnem Strom raquo gedeckt Um den groszligen Sprung zur Vollversorgung zu schaffen braucht es eine gesamteuropaumlische Initiative ein laquogrand projectraquo das zugleich auch der europaumlischen Integration neuen Schwung verleiht

Da das Potential erneuerbarer Energien unterschiedlich verteilt ist muss das transnationale Verbundnetz ausgebaut werden das erneuerbare Energiequellen in ganz Europa miteinander kombiniert So koumlnnte die Stromversorgung Deutschlands mit Energie aus skandinavischen Wasserkraftwerken oder solarthermischen Anlagen in Spanien gesichert werden wenn an der Nordseekuumlste Flaute herrscht ndash das Ganze kombiniert mit flexibel einsetzbaren Biogas-Kraftwerken und einer Vielzahl dezentraler Erzeugungsanlagen im Inland

Ein intelligent steuerbares Verbundnetz bildet die Infrastruktur fuumlr einen europaumlischen Binnenmarkt fuumlr Regenerativstrom Um die technische Innovation voranzutreiben benoumltigen wir laumlnderuumlbershygreifende Forschung und gemeinschaftliche Pilotprojekte ndash aumlhnlich wie dies Euratom auf dem Feld der Atomenergie praktiziert Kurz und gut Fuumlr diese regulativen und koordinierenden Aufgaben auf gesamteuropaumlischer Ebene braucht es eine Europaumlische Gemeinshyschaft fuumlr Erneuerbare Energien (siehe wwwereneorg)

Nach der laquo Europaumlischen Gemeinschaft fuumlr Kohle und Stahl raquo in den 50er Jahren und laquo Euratom raquo in den 70er Jahren ist es an der Zeit eine neue Kraftanstrengung zu unternehmen um unseren Kontinent in das Solarzeitalter zu katapultieren Europa muss der Welt das Beispiel liefern dass Wohlstand Oumlkologie und Freiheit zusammengehoumlren

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26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

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STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
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                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 28: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

26

LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

VORREITER

DES SUumlDENS

Hartnaumlckig weisen die sich entwickelnden Laumlnder auf die

historische Verantwortung der reichen Nationen hin Diese

haumltten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der

Atmosphaumlre erkauft die das Leben kommender Generatioshy

nen auf der gesamten Erde beeintraumlchtigen wird Die Indusshy

trielaumlnder muumlssten also vorangehen beim Kampf gegen den

Klimawandel die noch vorhandenen Potentiale zur

CO2-Absorbierung der Atmosphaumlre sollten dem Wachstum

der sich entwickelnden Laumlnder zugute kommen

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich

die Laumlnder des Suumldens schon heute zum Teil sogar in

groszligem Stil Waumlhrend Deutschland nur 138 Prozent des

Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert

sind es in Suumldkorea 805 Prozent Ein laquoGruumlner New Dealraquo

ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms

Noch ehrgeiziger ist das Ziel das Costa Rica sich stellt Bis

2021 moumlchte der mittelamerikanische Staat zum ersten

karbonneutralen Land der Erde aufsteigen

BoumlllThema hat Experten in den groszligen Schwellenlaumlnshy

dern wie China Brasilien Indien Suumldafrika und Mexiko

sowie in kleineren Laumlndern wie Suumldkorea und Costa Rica

gebeten ihre Anstrengungen zur Reduzierung von

Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt

der Waumllder (REDD) zu schildern Und dann war da noch ein

kleines Land im Herzen Afrikas das eine Uumlberraschung

bereithaumllt

Costa Rica Von Lawrence Pratt mdash Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindaumlmmung der Treibhausgase Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszershytifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen 2007 verkuumlndete Praumlsident Oscar Arias die Regierungsinitiative die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutshyralen Land der Welt machen soll

Foto

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Ein ehrgeiziges Ziel so der Praumlsident das die Mitarbeit aller Buumlrger und Buumlrgerinnen sowie kuumlnftigen Regierungen erfordere Das Land versucht seitdem eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen die uumlber den oumlffentlichen Sektor hinausreicht Neben den Regierungsbehoumlrden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen diese zu senken Sie wollen sich von den fossilen

Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg

Gleichzeitig versucht Costa Rica die Fuumlhrungsrolle wiederzugewinnen die das Land bei fruumlheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Waumlldern innegehabt hatte Waumlhrend der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguishynea unterstuumltzt durch weitere Laumlnder mit Regenwaumlldern den Vorschlag eingebracht die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren Diese werden houmlchstwahrshyscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Laumlnder die dafuumlr benoumltigten Kapazitaumlten aufzubauen Die Gelegenheit die sich in Kopenhagen fuumlr die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen Uumlbersetzung Jochen Schimmang

China Von Chen Jiliang und Kimiko Suda mdash China ist hauptsaumlchlich aus zwei Gruumlnden im Klimaschutz engagiert Die Volksrepublik

will die Energieversorgung fuumlr das wirtshyschaftliche Wachstum sicherstellen um die gesellschaftliche Stabilitaumlt zu erhalten Daruumlberhinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen

2007 wurden ein Nationaler Bericht uumlber die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekaumlmpfung veroumlffentlicht Der Energievershybrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroshyenergie erhoumlht werden Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien fuumlr das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden da sie schon erreicht wurden

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
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                        • Aprodev
                        • IndyACT
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                        • Friends of the Earth
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                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
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Page 29: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

27 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

Kleines Lexikon 2

1 REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) Redushyzierung von Emissionen aus Entwalshydung und Schaumldigung von Waumlldern Da die Emissionen aus Entwaldung und Waldschaumldigung 20 ndash 25 Prozent der vom Menschen produzierten Treibhausgase betragen muss der Schutz von Waumlldern in die internatioshynalen Klimaverhandlungen einbezoshygen werden Zudem ist er ein kostenshyguumlnstiger Weg zum Klimaschutz beizutragen

2 Annex-1-Laumlnder Der Annex-1 der Klimarahmenkonvention von 1992 listet alle Laumlnder auf die die Selbstshyverpflichtung zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 uumlbernommen haben Dazu gehoumlren alle OECD-Laumlnder (auszliger Korea und Mexiko) sowie alle osteuropaumlischen Laumlnder (auszliger Ex-Jugoslawien und Albanien) Der Begriff laquo Annex-1-Laumlnshyderraquo wird daher oft synonym fuumlr Industrielaumlnder benutzt mit laquoNonshyAnnex-1-Laumlndernraquo sind in der Regel die Entwicklungs- und Schwellenlaumlnshyder gemeint

3 MEF (Major Economies Forum) Eine Initiative die Praumlsident George W Bush noch ins Leben gerufen hatte um parallel zum UN-Prozess Klimashyverhandlungen zu fuumlhren und damit den UN-Prozess zu unterlaufen Praumlsident Barack Obama hat diese Initiative aufgenommen und fortgeshyfuumlhrt inzwischen mit dem offiziellen Anspruch die UN-Klimaverhandlunshygen zu unterstuumltzen

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Uumlbergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Foumlrderung eines karbonarmen Lebensstils Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenomshymen und Pilotprojekte gestartet Das laquo China Civil Climate Action Networkraquo das von der Heinrich-Boumlll-Stiftung unterstuumltzt wird uumlbernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskomshypetenz und praumlgt die politische Diskussion

wird zurzeit kontinuierlich in den naumlchsten Fuumlnfjahresplan eingearbeitet Sie lieszlige sich leicht zu einem nationalen Ziel der COReduktion transformieren doch China zoumlgert gegenuumlber der internationalen Gemeinschaft eine Verp

ge nationale Strategie wobei REDD fuumlr China zurzeit noch keine Rolle spielt Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Die Reduktion des Energieverbrauchs w F l 2shyR z G flichtung einzugehene

Die Wiederaufforstung ist eine langfristishyg C

Suumldafrika

VoV n Antonie Nord mdash Als eines der ersten Laumlnder des globalen Suumldens hat Suumldafrika L eine Strategie zur Re eduktion seiner Treibshyh hausgasemissionen vorgelegt ndash verpflichtet ist das laquo i Non-Annex-1-Landraquo 2 laut Kyoto-P Protokoll dazu nicht Damit uumlbernimmt Suumldafrika die Fuumlhrung unter den Schwellenlaumlndern

Im Juli 2008 hatte der damalige Umwelt-minister Vm an Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt das Suumldafrika einen klimafreund-v lichen Entwicklungsweg wies Bisher l werden rund neunzig Prozent der Elektrizishywttaumlt aus Kohlekraftwerken gewonnen Mit einem COe 2-Ausstoszlig von rund neun Tonnen ppro Kopf rangiert Suumldafrika weltweit unter den zwanzig groumlszligten Emittentend

Bis 202025 soll der Houmlchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoszlig schrittshyweise gesenkt werden ndash durch verbesserte Energieeffizienz Investitionen in erneuerbashyre Energien neue Technologien fuumlr Kohleshykraftwerke (CO2-Speicherung und Lageshyrung) eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie Eine CO2-Steuer fuumlr die Industrie und fuumlr verbrauchsstarke Luxusshyfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet der Suumldafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie Expershyten bezweifeln die Finanzierbarkeit und

Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung Und die Gewerkschaften befuumlrchten dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen fuumlhren wird unter denen insbesondere die vierzig Prozent Suumldafrikashyner leiden werden die unterhalb der Armutsgrenze leben

Brasilien Von Thomas Fatheuer mdash Brasilien glaumlnzt Waumlhrend der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den laquo Nationashylen Plan fuumlr Klimaveraumlnderungraquo einen Entwurf der freiwillige Reduktionsziele auffuumlhrt Es regnete Lob Al Gore betonte dass das Land nun eine fuumlhrende Rolle bei den Klimaverhandlungen uumlbernommen habe Ban Ki-Moon bezeichnete die brasiliashynische Wirtschaft als eine der gruumlnsten der Welt Minc triumphierte laquo Brasilien hat lange in der Defensive gespielt Wir wollen nun eine Fuumlhrungsrolle uumlbernehmenraquo

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der gruumlnshysten Laumlnder der Welt Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energieshymix Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbashyrer Energien am Primaumlrenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze Der OECD-Durchshyschnitt liegt bei 62 Prozent

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden Damit sind die Emissionen gemeint die durch das Abbrennen von Waumlldern entsteshyhen Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein ruumlckt Brasilien auf Platz fuumlnf der Weltverschmutzer vor

Fuumlr Brasilien heiszligt dies Bei den internashytionalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubezieshyhen ist Brasilien ins Zentrum der Verhandshy

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

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Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

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                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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Page 30: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

28 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

lungen geruumlckt Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten laquoPlano Nacional de Mudanccedilas de Climaraquo bestens reagiert Dieser sieht vor die Entwaldung in Amazoshynien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 200506 zu reduzieren Dadurch wuumlrden 48 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphaumlre gelangen

Um diese Ziele zu erreichen braucht es Geld Die Regierung hat einen Amazonasshyfonds aufgelegt zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat Die Bundesregierung will sich vorlaumlufi g mit 18 Millionen beteiligen Die brasilianische Regierung geht davon aus dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situatishyon manoumlvriert Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in aumluszligerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrielaumlndern finanzielle Beteiligung einfordern

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel Zweifel wurden laut ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen Insbesondere ein Dekret zur Regeshylung der Landfrage hat Kritik provoziert Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert Der groumlszligte Teil davon befindet sich auf oumlffentlichem Land die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel

Das Dekret das zunaumlchst als Maszlignahme gedacht war Rechtssicherheit fuumlr Kleinbaushyern zu schaffen hat sich durch die Ausweishytung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landuumlbertragung auch an mittlere und groumlszligere Betriebe ausgeweitet ndash und dies ohne jegliche Umweltauflagen So wurde illegale Entwaldung nachtraumlglich gesetzesshykonform und damit ein perverser Anreiz fuumlr die Zukunft geschaffen Das Fazit von Greenpeace laquo Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniensraquo

Damit nicht genug Im Rahmen des laquo Programms zur Beschleunigung des Wachstums raquo sind gewaltige Staudaumlmme

geplant auch weitere Straszligen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden Praumlsishydent Lula geht davon aus dass im groszligen Brasilien alles moumlglich ist Waldschutz Groszligprojekte und Agrobusiness ndash fuumlr alles soll Platz sein Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert Tatsaumlchlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren ruumlcklaumlufig Dazu hat wohl auch die Wirtshyschaftskrise beigetragen Was in Brasilien fehlt ist eine konsistente Politik um die auf internationaler Ebene verkuumlndeten klimaposhylitischen Ziele umzusetzen

2010 wird gewaumlhlt und Lula will seine Kandidatin ins Praumlsidentenamt hieven Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des laquo Programms zur Beshyschleunigung des Wachstumsraquo und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdaumlchtig

Mexiko Von Ingrid Spiller mdash Bei den internationashylen Klimaverhandlungen spielt das Schwelshylenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle Praumlsident Calderoacuten hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekaumlmpfung zum wichtigsten Anliegen der internationashylen Agenda erklaumlrt

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen laquoGruumlnen Fondsraquo zur Finanzierung von Mitigationsmaszlignahshymen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF G20 sowie G8+5 fort Mexiko gehoumlrt zu den Non-Annex-1-Laumlndern die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind So wird in Kuumlrze die vierte laquo Kommunikation raquo also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmaumlszligige Fortschrittsbericht veroumlffentlicht

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft Es gibt nur vier fuumlnf Gruppen die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschaumlftigen darunter das Regionalbuumlro der Heinrich-Boumlll-Stiftung und Greenpeace Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgeshyhend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess Von einer

Bewegung kann also nicht gesprochen werden

Mexiko hat sich verpflichtet die CO2shyEmissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweishyse reduziert werden sollen Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen

REDD bzw REDD plus ist neben dem laquoGruumlnen Fondsraquo das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda Hier erhofft man sich Zugang zu zusaumltzlichen Finanzmitshyteln Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maszlignahmen zur Verhindeshyrung von Abholzung erkennbar

Indien Von Sanjay Vashist mdash Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 16 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU Wegen seines Bevoumllkeshyrungsreichtums ndash Indien hat 13 Milliarden Einwohner ndash ist das Land dennoch der viertgroumlszligte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle fuumlr das Klimaabkommen von Kopenhagen

Wird Indien sich auf voumllkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen fuumlr den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantshywortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfuumlllen Diese legen allerdings unmissvershystaumlndlich fest dass die Industrielaumlnder den Entwicklungslaumlndern fi nanzielle und technologische Hilfe leisten sollen

Indien hat unlaumlngst im MEF 3 dem Forum der groszligen Volkswirtschaften dem Ziel zugestimmt die Erderwaumlrmung auf unter 2deg C zu begrenzen Doch koumlnnte Indien sich in Kopenhagen weigern am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken wenn bestimmte Bedingungen wie staumlrkere Anstrengungen der Industrieshylaumlnder zur Emissionsreduzierung finanzielle und technologische Hilfeleistungen fuumlr die Entwicklungslaumlnder und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COPMOP) nicht erfuumlllt werden

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazitaumlt bis 2020 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050 Die Ziele fuumlr Energieeffishyzienz nachhaltige Lebensraumlume Transport und Verkehr Wasser und Waldbedeckung duumlrften aumlhnlich ehrgeizig ausfallen Insgeshy

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 31: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

29 LOumlSUNGSANSAumlTZE MIT ZUKUNFT

samt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwoumllf Prozent der Energieversorshygung liegen

Indien setzt sich seit laumlngerem fuumlr das laquo Compensated Conservation raquo-Prinzip ein also dafuumlr dass das internationale Klimareshygime nicht nur Anreize fuumlr die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte sondern auch Anreize die Gruumlndecke der Erde zu schuumltzen Angesichts einer nationalen Vorgabe dass mindestens 33 Prozent der Landesflaumlche Indiens unter einer Gruumlndecke liegen sollen fordert das Land finanzielle Mittel fuumlr seine Bemuumlhunshygen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern Uumlbersetzung Thomas Pfeiffer

Suumldkorea Von Young-Woo Park mdash Die Republik Korea gehoumlrt derzeit nicht zu den Annex-1-Laumlnshydern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele fuumlr die Reduktion der CO2-Emissionen benannt Dennoch hat Suumldkorea groszlige Anstrengungen unternomshymen den CO2-Ausstoszlig zu verringern Praumlsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Suumldkorea den Green New Deal ausgerufen ein ehrgeiziges Programm mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue gruumlne Jobs schaffen will Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkshyturprogramms sind fuumlr gruumlne Investitionen vorgesehen ua in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz gruumlne Autos oumlkologische Doumlrfer Schulen und Lebensraumlume

Suumldkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele fuumlr die Reduktion der Treibhausgase benennen Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Suumldkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geaumluszligert

Suumldkorea plant den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhoumlhen Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausshystoszlig und gruumlnem Wachstum als neuem Wachstumsmotor wobei gruumlne und saubere Energie gefoumlrdert werden soll Die Regie-

rung bereitet ein landesweites System fuumlr den Emissionshandel vor wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde Korea nimmt aktiv an den internationalen Vershyhandlungen teil mit besonderem Augenshymerk auf Technologietransfer Suumldkorea ist ein gebirgiges Land das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist Waumlhrend und nach dem Koreakrieg litten die Waumllder unter Rodungen und Waldschaumlden Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstoumlrten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Oumlffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet Die FAO (UN-Organisation fuumlr Ernaumlhrung und Landwirtschaft) erkannte Suumldkorea als eines der fuumlhrenden Laumlnder bei der Wiederaufshyforstung an

Suumldkorea ist bestrebt die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahshymenkonvention zu staumlrken einschlieszliglich der Unterstuumltzung nachhaltiger Forstwirtshyschaft der Sanierung von Brachland und der Foumlrderung industrieller Aufforstung Unter diesem Aspekt hat Suumldkorea kuumlrzlich vorgeschlagen eine laquo Asiatische Organisatishyon fuumlr die Zusammenarbeit in der Forstwirtshyschaft raquo zu gruumlnden Uumlbersetzung Jochen Schimmang

Ruanda Von Marc Engelhardt mdash 15 Jahre ist es her da lag Ruanda in Schutt und Asche Extreshymistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800 000 Tutsi und moderate Hutu ermordet das Land war wortwoumlrtlich von Leichen uumlbersaumlt Kaum jemand hielt es fuumlr moumlglich dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Voumllkermord jemals erholen koumlnnte

Tatsaumlchlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation so auch in der Umweltpolitik Praumlsident Paul Kagame wegen seiner autoritaumlren Regierungsfuumlhshyrung oft gescholten nimmt den Klimawanshydel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt laquo Afrikas Wirtschaftswachstum haumlngt direkt von Landwirtschaft Tourismus Fischerei und der Ausbeutung natuumlrlicher Ressourcen ab raquo erklaumlrt er seine Position laquo All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement moumlglich raquo

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer oumlkologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will laquo Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und

treiben damit einen Generator an raquo sagt Eva Paul ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium fuumlr Energiefragen zustaumlndig Das Projekt ist weltweit einmalig Das Methan erzeugt von Bakterien die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geshyschaumltzt ndash das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Oumll Fuumlr ein Land in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptshyenergietraumlger war ist das ein Quantenshysprung

laquo Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist das ist eine von der Regierung fi nanzierte Pilotanlage raquo so Paul In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen laquo Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird raquo 100 Megawatt das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt

Und das ist noch nicht alles Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie foumlrdert praktisch alle erneuerbaren Energishyen Die nahe der Hauptstadt errichtete groumlszligte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp fuumlr laquo Inselloumlsungen raquo Zurzeit werden dort wo es kein Stromnetz gibt Schulen und Krankenhaumluser mit Solarzellen ausgestattet Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanshylagen die derzeit mit Unterstuumltzung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden laquo Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz das schont die Ressourcen raquo erklaumlrt Koordinator Gerard Hendriksen

--- Frage der Redakteurin Lieber Herr Engelhardt Methan

ist doch ein sehr giftiges Gas denken Sie an die Angst

der Umweltschuumltzer vor dem aufsteigenden Methan in

der auftauenden Tundra Wieso wird das Hochpumpen

und Verbrennen in Ruanda als oumlkologischer Fortschritt

gefeiert

Antwort des Autors Liebe Frau Kiderlen wuumlrde das

Methan derzeit noch gebunden im See ohne Kraftwerkshy

nutzung in die Atmosphaumlre gelangen (z B durch ein

geologisches Ereignis) dann wuumlrde das Methan genau

das tun was auch in der sibirischen Tundra zu passieren

droht So gesehen hat das ruandische Kraftwerk noch

einen Extranutzen in dem es diese Gefahr ausschaltet

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

Foto

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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mages

KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

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The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

PDF‐Dokumente kommentieren Beim Bildschirmlesen Diskussion von Texten intesiver Arbeite damit kann das Kommentar-werkzeug von Adobe AcrobatReader und einigen anderen PDF‐Anzeige‐Programmen

eine Hilfe sein

Denn mit dem Kommentarwerkzeug kann am Bildschirm markiert und kommentiert werden

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                  • Dossier auf wwwboellde
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                  • Ausstellung
                  • Impressum
                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 32: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

30

STIMMEN DES AUFBRUCHS

DIE NEUE

MACHT DER

NGO S VON NICK REIMER

WIR-KLIMARETTER

Von laquo Small is Beautiful raquo zu laquo Think Big raquo ndash wie sich die Nichtregierungsorganisationen veraumlndert haben

Foto

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DIE WAFFE GLOBAL AGIERENDER NGOS DER BLACKBERRY

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

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The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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Page 33: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

31 STIMMEN DES AUFBRUCHS

Zwischen Berliner Dom und Fernsehturm ist ein Seil

gespannt in fuumlnfzig Metern Houmlhe laquo Klimabalanceraquo heiszligt

die Performance mit der Seiltaumlnzer Alfredo Traber die

UN-Weltklimakonferenz eroumlffnen will Das Seil ist 620

Meter lang Und 36 Millimeter dick Seiltaumlnzer Alfredo hat

Schuhgroumlszlige 40 Traber moumlchte stellvertretend die

wahnsinnige Entwicklung der Welt ausbalancieren Wie

wird das ausgehen

---

Das war im Maumlrz 1995 In Berlin traten die Delegierten der Vertragsshystaaten erstmals zu einer laquo Conference of Parties raquo der Klimarahmenshykonvention zusammen Die sogenannte COP 1 war die Geburtsstunshyde der Weltklimadiplomatie Von Trabers Balancekuumlnsten einmal abgesehen nahm die Oumlffentlichkeit kaum von dem Ereignis Notiz Nicht einmal bei den Medien oder in der Umweltschutz-Szene gab es spuumlrbare Aufregung laquo Die Weltklimakonferenz ging am Freitag mit der Verabschiedung eines in letzter Minute erreichten Mandats fuumlr weitere Verhandlungen uumlber den Klimaschutz zu Ende raquo vermelshydete die Berliner Zeitung am 9 April laquo Nach Verabschiedung des Mandats stuumlrmten Demonstranten das Podium der Konferenz Sicherheitskraumlfte draumlngten sie aus dem Saal raquo

Sechs Jahre spaumlter ist das schon ganz anders laquo Die Klimakonfeshyrenz in Bonn ist die vielleicht letzte Chance sich auf einen Klimashyschutzplan zu verstaumlndigen raquo erklaumlrt Karsten Smid schon drei Wochen vor Konferenzbeginn im Juli 2001 Der Energieexperte von Greenpeace hat mit anderen Aktivisten vor dem Muumlnchner US-Konshysulat ein Banner entrollt auf dem laquo Duumlrren Hochwasser Stuumlrme ndash USA verursacht Klimachaos raquo steht Man wolle gegen die Blockadeshyhaltung der USA beim internationalen Klimaschutz protestieren so die Demonstranten Man wolle den Weltpolizisten ndash oumlffentlich und weltweit ndash an den Pranger stellen

Zweifelsfrei hat sich in den vergangenen 14 Jahren die Rolle der Umweltbewegung im UN-Klimaprozess rasant gewandelt ndash in den Verhandlungshallen wie auch davor Nirgendwo sonst sind NGOs heute so sehr in den internationalen politischen Entscheidungsfin-dungsprozess eingebunden wie in der Klimadiplomatie Das liegt einerseits am zunehmenden Spezialistentum andererseits am UN-Prozess selbst

Vom jamaikanischen Tourismusverband uumlber die chinesische Handelskammer bis zum Climate Action Network (CAN) ndash die Konferenzen werden von Jahr zu Jahr groumlszliger 2005 waren noch knapp 10 000 Teilnehmer zur COP 11 nach Montreal gereist Auf Bali waren es zwei Jahre spaumlter schon 12 000 und im polnischen Poznan versammelten sich annaumlhernd 16 000 Menschen Gut denkbar dass sich in Kopenhagen 20 000 Klimaretter akkreditieren wollen

Um einen Uumlberblick zu behalten haben sich die verschiedenen NGOs eigene Organisationszentren gegeben So gibt es auf jeder COP-Konferenz eine eigene Schaltzentrale fuumlr die BINGOs (Business and Industry Non-Governmental Organizations) die TUNGOs (Trade Union NGOs) RINGOs (Research and Independent Organisashytions) und natuumlrlich die ENGOs (Environmental NGOs) Und alle versuchen mit zahlreichen Nebenveranstaltungen eigene Akzente auf den Konferenzfortgang zu setzen Jeder organisiert sogenannte side events auf denen die letzten Erkenntnisse zum Thema Elektroshymobilitaumlt Gebaumludedaumlmmung Technologietransfer etc vorgestellt werden

Zum Gluumlck ist Dank der Vernetzung auf den Konferenzen die verbandliche Eitelkeit der Umwelt-NGOs deutlich begrenzt Wer sich beispielsweise dem Climate Action Network angeschlossen hat verzichtet offiziell auf eine eigene Profilierung etwa im Umgang mit

den Medien Mitglieder aus Deutschland sind der Naturschutzbund der BUND das Klima-Buumlndnis oder Germanwatch Die weltweit 450 NGOs 127 davon aus Europa die sich in CAN zusammengeschlosshysen haben und ein Hauptquartier teilen verfassen gemeinsam Resolutionen Presseerklaumlrungen und Aktionsaufrufe um den Klimaschutz koordiniert voranzubringen Kleinere Aktivistennetzshywerke spielen dabei kaum noch eine Rolle

Tatsaumlchlich ist das diskrete Lobbying auf den Fluren auch bei den Unterhaumlndlern und Politikern willkommen Als es auf der COP 14 in Poznan um das Thema Versicherungswirtschaft und Klimakatastroshyphen ging wollte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) in den Verhandlungspausen von Experten der Nord-Suumld-Organisation Germanwatch wissen was diese von den Vorschlaumlgen hielten Germanwatch hatte auf dem Gebiet bereits gearbeitet

Doch mittlerweile begnuumlgen sich die Klima- und Umweltgruppen nicht mehr damit Politiker und Ministeriale zu bearbeiten und Ratschlaumlge zu erteilen Auf der UNFCCC in Bonn im Juni 2009 nahm erstmals eine groszlige Oumlko-Koalition die Verhandlungen selbst in die Hand Keine Schornsteinkletterei keine Forderungen keine Flugblaumltter wurden praumlsentiert sondern der laquo Kopenhagener Klimavertrag raquo NGOs wie Greenpeace WWF Germanwatch IndyAct David Suzuki Foundation National Ecological Centre of Ukraine und weitere Aktivisten aus insgesamt 25 Laumlndern hatten acht Monate an einem Konzept zur Frage gearbeitet Wie ist ein radikales Umsteuern in der globalen Energie- und Entwicklungspolitik moumlglich

laquo Das ging natuumlrlich nicht ausschlieszliglich uumlbers Telefon raquo sagt Christoph Bals der fuumlr Germanwatch die Verhandlungen leitete Neben einer ganzen Reihe von Video-Konferenzen gab es fuumlnf NGO-Klimakonferenzen laquo Auch wir haben bei unserer Arbeit erfahren wie wichtig ein Interessensausgleich ist raquo sagt Bals So ist ein Papier entstanden uumlber das sich der UN-Chefunterhaumlndler Yvo de Boer hocherfreut zeigte Der Clou Die NGOs einst entstanden aus Graswurzelbewegungen und Buumlrgerinitiativen lieferten einen 78-seitigen sog Legaltext gleich mit ndash ihre Forderungen gegossen in das Kauderwelsch der globalen Juristenkaste sind nur dem Inhalt nach zu unterscheiden von den Papieren die in den Ministerien erstellt werden Und die Delegierten werden houmlflich gebeten den Text per copy-paste-Funktion in ihre Antraumlge zu uumlbernehmen

In dem Dokument wird auf wissenschaftlicher Basis ein weltweishytes Kohlenstoffbudget bestimmt und auf die Laumlnder verteilt Die Gruppe der Industrielaumlnder ndash allen voran die USA ndash wird mit einer Senkung ihres Treibhausgasausstoszliges um vierzig Prozent gegenuumlber 1990 bis 2020 in die Pflicht genommen Bis 2050 sollen es 95 Prozent sein Auch Entwicklungs- und Schwellenlaumlnder sollen einen angemessenen Beitrag leisten Zudem sieht der NGO-Vertrag ein umfangreiches Anpassungspaket durch verlaumlsslich vorhersagbare finanzielle Unterstuumltzung und einen internationalen Versicherungsshymechanismus fuumlr die besonders verletzlichen Regionen vor Zwishyschen 2013 und 2017 sollen die Industrielaumlnder jaumlhrlich mindestens 115 Milliarden Euro zur Verfuumlgung stellen

PS Damals uumlbrigens als Seiltaumlnzer Alfredo Traber zum Start der Klimakonferenz in Berlin uumlber das fuumlnfzig Meter hohe Seil balanshycierte war Angela Merkel Bundesumweltministerin Helmut Kohl ihr Chef kuumlndigte 1995 an den deutschen Treibhausgasausstoszlig bis 2005 um 25 Prozent gegenuumlber 1990 zu reduzieren 25 Prozent schafft Deutschland nun vielleicht 2012 Alfredo Traber ist uumlbrigens abgestuumlrzt aber er uumlberlebte

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

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                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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Page 34: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

32

STIMMEN DES AUFBRUCHS

IM PRINZIP RICHTIG

AN SICH FALSCH VON HANNO BOumlCK

Zur Debatte ob das Kyoto-Abkommen in Kopenhagen verbessert oder ausrangiert werden soll

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KAMPF GEGEN DIE ERDERWAumlRMUNG ndash

DEMONSTRANTEN ZIEHEN AM 19 MAumlRZ

2009 DEM ZENTRALEN AKTIONSTAG DER

ENGLISCHEN KLIMAKAMPAGNE DURCH DIE

STRASSEN VON COVENTRY

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Stell dir vor es ist Klimakonferenz ndash und die Klimaschuumltzer sind dagegen Im Vorfeld der Kopenhagener Klimakonferenz treten verstaumlrkt Aktivisten und Aktivistinnen auf den Plan die den Kyoto-Kopenhagen-Proshyzess nicht kritisch begleiten moumlchten sondern ihn grundsaumltzlich ablehnen Die Frage lautet Ist der Prozess nur zu zaghaft geht aber prinzipiell in die richtige Richtung oder ist bereits die Akzeptanz marktwirtshyschaftlicher Mechanismen falsch

Die Debatte ist alt doch kam Kritik an den Klimarahmenkonferenzen der UNO fruumlher nur von einer kaum zu houmlrenden Minderheit So lehnte die 2001 gegruumlndete Organisation Risingtide die vor allem in England und Australien aktiv ist marktbashysierte Instrumente wie den Clean Developshyment Mechanism (CDM) grundsaumltzlich ab Sie werden als laquo false solutions raquo als falsche Loumlsungen bezeichnet

Unter dem Titel laquo Klimagerechtigkeit jetzt raquo veroumlffentlichten Basisgruppen aus allen Teilen der Welt 2004 die laquo Durban-Erklaumlrung zum Kohlenstoffhandel raquo Darin beurteilten sie den Handel mit Emissionsshyrechten als ungeeignet die Klimakrise zu stoppen Die Erklaumlrung wurde von vielen kleinen NGOs aus dem globalen Suumlden mitgetragen Waumlhrend der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde als Folge der Durban-Erklaumlrung das Climate Justice Now-Netzwerk gegruumlndet ndash als Gegenpol zum NGO-dominierten Climate Action Network Es sollte radikalen Basisgruppen eine Stimme bei den Konferenzen geben Nun rufen linke Gruppen die sich im KlimaBewegungsNetzwerk zusammengeshyschlossen haben unter dem Motto laquo Soziale Wende statt Klimawandel raquo dazu auf den Klimagipfel in Kopenhagen zu stoumlren

Einer der zentralen Kritikpunkte am Kyoto-Prozess sind die sogenannten

flexiblen Mechanismen und darunter besonders CDM Die Idee die Treibhausgasshymengen der Industrielaumlnder nicht real dort zu reduzieren wo sie entstehen sondern durch Maszlignahmen in den Entwicklungslaumlnshydern auszugleichen lehnen die Aktivisten als neue Form des Kolonialismus ab Warum sollte ein Konzern aus Deutschland mit einer Investition in eine indische Industrieanlage seine Klimaschuld zuhause tilgen koumlnnen

Auch die konkrete Ausgestaltung vieler CDM-Projekte wirft Fragen auf Produzieren diese nicht nur neue oumlkologische Probleme statt sie zu loumlsen Ein vielzitiertes Beispiel sind Baumplantagen die anstelle von Urwaumlldern gepflanzt werden CDM-Projekte werden haumlufig gegen den Widerstand der lokalen Bevoumllkerung durchgesetzt ndash womit sich ein ganz wesentlicher Widerspruch zur Idee der Klimagerechtigkeit ergibt Die NGO Friends of the Earth kam in einer kuumlrzlich veroumlffentlichten Studie zu einem ernuumlchshyternden Ergebnis der Nachweis tatsaumlchlishycher Emissionsreduktion bei CDM-Projekten sei praktisch nicht gegeben Friends of the Earth bezeichnete daraufhin CDM-Projekte als Betrug

Neben diesen Aspekten des Kyoto-Protoshykolls gibt es aus kapitalismuskritischer Sicht weitere zentrale Einwaumlnde Dabei lebt die uralte Debatte uumlber die laquo Grenzen des Wachstums raquo wieder auf Jeder Ansatz zur Bekaumlmpfung der Klimakrise der eine wachstumsorientierte Wirtschaftsweise zur Grundlage hat sei von vornherein zum Scheitern verurteilt Die empirischen Erfahrungen scheinen dem Recht zu geben ndash bislang wurde noch jeder Fortschritt in Sachen Energieeffizienz und Energieeinshysparungen durch steigenden Verbrauch kompensiert

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

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The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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              • Boumlll THEMA Klimawandel und Gerechtigkeit
                • Der besondere Tipp
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                  • Dossier auf wwwboellde
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                  • Wahl09 ndash Der Blog zur Bundestagswahl
                  • Ausstellung
                  • Impressum
                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 35: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

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33 IN DER DISKUSSION

WIE FAIR IST FAIR GENUG Zwei Klimakonzepte im Vergleich

In der Diskussion um ein gerechtes Klimaregime konkurrieren zwei Modelle Contraction amp Convergence (CampC) und

Greenhouse Development Rights (GDRs) Die Kontroverse dreht sich um die Fragen laquo Fair undoder durchsetzbar raquo und

laquo Wie fair ist fair genugraquo Aktuell gibt es kaum weitere Denkansaumltze mit dem Potential auf gerechte Weise Emissionsreshy

duktionen zu erzielen Die Auseinandersetzung uumlber diese Konzepte ist wichtig denn es waumlre klimapolitisch fatal wenn

Akteure die sich fuumlr anspruchsvolle Ziele einsetzen auf der konzeptionellen Ebene gespalten waumlren Ein Blick auf die

Kernelemente beider Konzepte

DIE THEATRALISIERUNG DER NATUR UumlBERHOumlHUNG ALS SCHWANENGESANG AUF DIE NATUumlRLICHKEIT

laquoKITKA RIVERraquo AUS DER REIHE MUSEUM OF NATURE VON FOTO-KUumlNSTLER ILKKA HALSO

KONZEPT 1

laquoCONTRACTION amp CONVERGENCE (CampC) IST POLITISCH LEICHTER UMSETZBAR UND HAT DAS GROumlSSERE POTENTIAL

ZU EINEM GLOBALEN KOMPROMISS raquo

VON KATRIN KRAUS UND KONRAD OTT BEIDE UNIVERSITAumlT GREIFSWALD

Jedes Konzept zur Ausgestaltung eines kuumlnftigen Klimaschutzabshykommens sollte das Potential haben gefaumlhrliche anthropogene Eingriffe in das Klimasystem zu verhindern oder wenigstens zu begrenzen und die finanziellen Lasten der Klimapolitik gerecht zu verteilen Daruumlber hinaus sollte es Aussichten haben unter den derzeitigen weltpolitischen Rahmenbedingungen umgesetzt zu werden d h es sollte annehmbar und machbar sein So bedingt die Gerechtigkeit eines Konzepts seine Chancen akzeptiert zu werden

was wiederum eine Voraussetzung fuumlr seine Umsetzung ist Hingeshygen koumlnnte ein womoumlglich ausgesprochen gerechtes Konzept sich als praktisch nicht durchsetzbar herausstellen und damit auch keine positiven Umwelteffekte sichern Die vier Kriterien zu seiner Beurteilung ndash Effektivitaumlt GerechtigkeitFairness politische Akzeptanz und politische Machbarkeit ndash stehen im Wechselverhaumlltshynis zueinander

CampC wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Global Commons Institute (GCI) konzipiert CampC schreibt die Vorgehensweise vor nach der ein globales Klimaschutzabkommen verhandelt werden sollte In einem ersten Schritt muss das Stabilisierungsniveau fuumlr die Konzentration von Treibhausgasen vereinbart werden Das globale Emissionsbudget welches sich durch diese Obergrenze ergibt wird im zweiten Schritt langfristig aufgeteilt und zwar so dass ein Konvergenzjahr vereinbart wird in dem die Pro-Kopf-Emissionsshyrechte aller Laumlnder ungefaumlhr uumlbereinstimmen Ein wesentliches Element von CampC ist also eine Uumlbergangszeit in deren Verlauf sich

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

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rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

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Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

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Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

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uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

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laumlndern und foumlrdert begabte

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In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                  • Impressum
                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 36: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

34 IN DER DISKUSSION

die globalen Emissionen kontinuierlich verringern (contraction) und die Emissionsrechte der einzelnen Laumlnder die anfangs in Houmlhe der tatsaumlchlichen Emissionen zugeteilt werden sich auf ein einheitshyliches Pro-Kopf-Niveau annaumlhern (convergence) Am Ende der Uumlbergangszeit d h im Konvergenzjahr erhaumllt jedes Land die gleiche Zuteilung pro Kopf der Bevoumllkerung

Weiterhin schlaumlgt das Institut einen globalen Emissionshandel und ein Stichjahr vor ab dem die weitere Bevoumllkerungsentwicklung auf die globale Allokation keinen Einfluss mehr haben sollte Letzteres ist vorgesehen um keine Anreize zu Programmen zur Foumlrderung von Geburten zu geben Das Konzept teilt somit unter einem festzulegenden Schutzziel die verbliebenen Emissionsberechshytigungen egalitaumlr auf Akzeptiert man das 2deg C-Ziel so duumlrfte die Konvergenz auf houmlchstens zwei Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr hinauslaufen Dies bedeutet fuumlr die Industrielaumlnder eine Reduktion um achtzig Prozent (Deutschland) oder neunzig Prozent (USA) gegenuumlber 1990 oder einen massiven Zukauf von Lizenzen wovon arme Laumlnder mit geringen Pro-Kopf-Emissionen profitieren koumlnnten

Das Konzept der Greenhouse Development Rights (GDRs) wurde 2004 vorgestellt Folgende Elemente sind fuumlr GDRs zentral

1 Zunaumlchst spezifizieren GDRs einen Notfall-Emissionspfad der sich an neuen alarmierenden Forschungsergebnissen orientiert und der die globale Erderwaumlrmung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf 2deg C begrenzt Dabei sollten die globalen CO2-Emissionen 2013 ihren Scheitelpunkt erreichen um danach jaumlhrlich um bis zu sechs Prozent zu sinken 2050 wuumlrden sie achtzig Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen

2 GDRs definieren eine globale Entwicklungsschwelle mit einer Einkommensgrenze von jaumlhrlich 7500 US-Dollar Kaufkraftparitaumlt Personen mit geringerem Einkommen erkennen GDRs ein Individualrecht auf Entwicklung zu d h diese per definition Armen muumlssen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten Indivishyduen mit houmlherem Einkommen d h die globale Konsumentenshyklasse sollen die Kosten des Klimaschutzes (Emissionsminderung und Anpassung) tragen Die intranationale Einkommensverteishylung wird zur Grundlage der globalen Lastenverteilung

3 Die Lastenteilung wird uumlber einen sog Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index bestimmt Faumlhigkeit wird als Einkommen oberhalb der Entwicklungsschwelle definiert Verantwortung uumlber die kumulativen Emissionen seit 1990 die auf Einkommen oberhalb der Schwelle zuruumlckgehen Beide Elemente werden gewichtet und zum Index verrechnet

4 Der Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index ergibt fuumlr Industrienationen Reduktionspflichten die in wenigen Jahren uumlber hundert Prozent liegen So waumlre die EU 2030 verpflichtet 140 Prozent zu reduzieshyren Industrienationen haben die doppelte Minderungspfl icht ndash im eigenen Land und in aumlrmeren Laumlndern Die Belastungen fuumlr sie sind dadurch houmlher als bei CampC

5 Zur Umsetzung des Konzepts werden zwei Moumlglichkeiten in Betracht gezogen Die erste beinhaltet einen globalen Emissionsshyhandel auf der Basis nationaler business as usual (BAU)-Emissishyonspfade die in regelmaumlszligigen Abstaumlnden uumlberarbeitet und ausgehandelt werden Die zweite basiert auf einer regelmaumlszligigen Schaumltzung der globalen Emissionsreduktions- und Anpassungsshykosten Die ermittelten Kosten sollen mit Hilfe des Verantwor-tungs-Faumlhigkeits-Index aufgeteilt und innerhalb einzelner Laumlnder mittels einer Klimaeinkommenssteuer eingetrieben werden Auf globaler Ebene sollten diese Gelder einem Klimawandelfonds zur Finanzierung von Reduktions- und Anpassungsmaszlignahmen zugefuumlhrt werden GDRs teilen im Unterschied zu CampC keine

knappen Emissionsberechtigungen zu sondern verteilen die Lasten der Bekaumlmpfung des Klimawandels einschlieszliglich der notwendigen Anpassung Deren Kosten koumlnnen aufgrund des Querschnittcharakters von Anpassungsprogrammen allerdings nahezu beliebig gesteigert werden

ERGEBNISSE DES VERGLEICHS BEIDER KONZEPTE Beide Konzepte erheben unterschiedliche Anspruumlche und haben unterschiedliche Reichweiten Waumlhrend die Autoren von GDRs die Klimakrise in Verbindung mit der Armutskrise loumlsen wollen beshyschraumlnkt sich CampC auf die Loumlsung des Klimaproblems Armutsbeshykaumlmpfung ist hier eher eine erwuumlnschte Nebenwirkung Waumlhrend GDRs den Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index auf Emissionsmindeshyrung und Anpassung anwenden wollen bezieht sich CampC nur auf Emissionsminderung Insofern ist CampC unvollstaumlndig Im Folgenden werden fuumlr jedes Kriterium die Ergebnisse des Vergleichs zusammengefasst

Politische Machbarkeit Unter dem Kriterium der politischen Machbarkeit ist CampC deutlich im Vorteil da hier lediglich die Beantwortung von zwei Fragen erfordert wird (Stabilisierungsziel und Dauer des Uumlbergangszeitraums) So ist CampC im Vergleich zu GDRs einfacher verhandelbar In einem GDRs-Regime muumlssen dagegen viele Einzelfragen verhandelt werden etwa die Houmlhe der Entwicklungsschwelle das Jahr ab dem die Verantwortung fuumlr vergangene Emissionen beginnt Formel und Gewichtung zur Berechnung des Verantwortungs-Faumlhigkeits-Index Vor allem die regelmaumlszligige Erstellung und Verhandlung von nationalen BAU-Szeshynarien vermindert die Transparenz des GDRs-Konzepts und erhoumlht die erforderliche Datenmenge Die Einfachheit von CampC korresponshydiert mit geringen Datenanforderungen (Bevoumllkerungszahl und nationale Emissionen) so dass CampC leichter bewaumlltigt werden koumlnnte In einem CampC-Regime besteht langfristige Planungssichershyheit fuumlr alle Staaten

Gerechtigkeit Zur ethischen Rechtfertigung von CampC ist es notwendig die Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlre fuumlr Treibhausgase als Gemeingut anzusehen Unter der Annahme dass bei derartigen Guumltern die Gleichverteilung die intuitiv attraktivste Loumlsung ist ndash woshyrin sollte ein houmlheres moralisches Anrecht partikularer Gruppen bestehen ndash wird eine egalitaumlre Verteilung bevorzugt Die Beguumlnstishygung von Laumlndern mit hohen Emissionen welche die Uumlbergangszeit impliziert kann ethisch gebilligt werden weil diese Laumlnder zur Umstellung ihrer Infrastruktur und Lebensweise Zeit brauchen In Bezug auf das Differenzprinzip kann man feststellen dass bei CampC zumindest die aumlrmsten Laumlnder keine eigenen Beitraumlge zum Klimashyschutz leisten muumlssen und die Erloumlse aus dem Emissionshandel verteilen koumlnnen

Die Autoren von GDRs sehen die Atmosphaumlre ebenfalls als Gemeingut an fordern aber statt gleicher Emissionsrechte Gleichshyheit bezuumlglich des Rechts auf Entwicklung Dabei betonen sie dass sie dieses Recht als ein Recht auf menschliche Entwicklung versteshyhen und nur zur leichteren Berechnung des Verantwortungs-Faumlhig-keits-Index menschliche Entwicklung auf ihre oumlkonomische Dimenshysion reduzieren GDRs implizieren eine globale Umverteilung vorhandener Einkommen Alles Einkommen uumlber der Entwicklungsshyschwelle darf zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes herangeshyzogen werden Die vorausgesetzte Notstandsethik rechtfertigt es fuumlr GDRs dass oberhalb der Entwicklungsschwelle kein Recht besteht erwirtschaftetes Einkommen zu behalten Die oumlkonomischen Konsequenzen von GDR sind schwerer abschaumltzbar als die von CampC

Politische Annehmbarkeit In den vergangenen Jahren wurde CampC von Bundeskanzlerin Merkel der EU und mehreren Entwickshylungslaumlndern befuumlrwortet GDRs hat bislang kein Staat akzeptiert

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

SCHAFTER DER GRAMMER SOLAR

GMBH IN AMBERG

WWWGRAMMER-SOLARDE

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

wwwboellde

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                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 37: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

35 IN DER DISKUSSION

Bei CampC muumlssen Entwicklungslaumlnder mit niedrigen Pro-Kopf-Emissishyonen keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie koumlnnen uumlber die Erloumlse aus dem Emissionshandel frei verfuumlgen Entwicklungslaumlnder mit Pro-Kopf-Emissionen nahe am globalen Durchschnitt muumlssen allerdings schon rasch von ihrem BAU-Entwicklungspfad abweichen bzw Emissionsrechte zukaufen

GDRs fordern die reichen Bewohner der Entwicklungslaumlnder sollen eigene Beitraumlge zum Klimaschutz leisten damit ihre Emissioshynen nicht im Durchschnittsverbrauch untergehen Diese Forderung ist schluumlssig koumlnnte aber quer zu Realitaumlten stehen da die Wohlhashybenden auch politisch einflussreich sind und die Beitraumlge der Schwellenlaumlnder von der breiten Bevoumllkerung aufgebracht werden

Beide Konzepte verlangen den Industrienationen betraumlchtliche finanzielle Zahlungen ab Da CampC keine genauen Zielwerte vorgibt enthaumllt es Spielraumlume die es den Industrienationen ermoumlglichen koumlnnten dem Konzept zuzustimmen Ein ferner liegendes Konvershygenzdatum und ein houmlheres Stabilisierungsziel reduzieren beispielsshyweise die Last der Staaten mit hohen Pro-Kopf-Emissionen

Im Fall von GDRs gilt es zu bedenken dass die geforderte doppelte Verpflichtung fuumlr die reichen Laumlnder schwindel erregende Houmlhen erreichen koumlnnte

Sicherung positiver Umwelteffekte Ein Unterschied zwischen beiden Konzepten ist dass CampC bezuumlglich des Stabilisierungsnishyveaus neutral ist wohingegen GDRs einen ambitionierten Emissishyonsreduktionspfad vorschreiben Es ist aber zu bezweifeln dass ein GDRs-Regime houmlhere Emissionsreduktionen erzielen kann als ein CampC-Regime da GDRs drei gravierende Risiken beinhalten 1 CampC hat den Vorteil dass es relativ schnell umgesetzt werden

koumlnnte GDRs sind kompliziert und umfassen kontroverse Detailfragen die zeitaufwaumlndig verhandelt werden muumlssen Die Dringlichkeit einer ehrgeizigen Klimapolitik die von GDRs betont wird wird hierdurch konterkariert

2 Waumlhrend bei CampC die begrenzte Speicherkapazitaumlt der Atmosphaumlshyre zentral ist und sich das oumlkonomische System nur im Rahmen dieser natuumlrlichen Grenze entwickeln darf wird bei GDRs nationalen Entwicklungsambitionen Prioritaumlt eingeraumlumt und erst in einem weiteren Schritt versucht diese mit den natuumlrlichen Grenzen in Einklang zu bringen

3 Das GDRs-Konzept nimmt verfuumlgbares Geldeinkommen als Maszligstab fuumlr ein Leben in Wuumlrde und billigt jedem Erdenbuumlrger das Recht auf die Ressourcen zu die noumltig sind um ein Leben als Mitglied der globalen Konsumentenklasse zu fuumlhren So viel auch von nachhaltigem Konsum die Rede sein mag faktisch ist der Lebensstil der globalen Mittelschicht energie- und ressourceninshytensiv und als Hauptverursacher der Klimamisere nicht von jedem der derzeit knapp 68 Milliarden Erdenbuumlrger dauerhaft praktizierbar Ein globales GDRs-Regime laumluft Gefahr in den Entwicklungslaumlndern Infrastrukturprojekte zu legitimieren die dazu dienen den westlichen Lebensstil fl aumlchendeckend einzufuumlhshyren Mit den Grenzen oumlkologischer Tragfaumlhigkeit waumlre das nicht zu vereinbaren

FAZIT Unsere Ausfuumlhrungen zeigen dass GDRs bei allen Kriterien schlechshyter abschneiden Im Vergleich zu GDRs ist CampC politisch leichter umsetzbar hat das groumlszligere Potential zu einem globalen Komproshymiss beruht auf weniger anfechtbaren ethischen Grundlagen und hat groumlszligere Potentiale langfristig das oumlffentliche Bewusstsein und Verhalten zu aumlndern Insgesamt ist CampC das zu bevorzugende Konzept Das Bild einer geteilten Welt das im GDRs-Framework im Vordergrund steht mag zwar die heutige Realitaumlt treffend beschreishyben vermag aber keine langfristige Vision aufzuzeigen um die Kluft

zwischen Arm und Reich Nord und Suumld zu uumlberwinden Hingegen evoziert CampC das Bild einer globalen Gemeinschaft die sich unter wachsendem Problemdruck zu einer sorgsamen und nachhaltigen Bewirtschaftung des Klimasystems zusammenschlieszligt CampC sollte aber dem Umstand staumlrker Rechnung tragen dass herkoumlmmliche Entwicklungspfade uumlber steigendes Wirtschaftswachstum und den Verbrauch fossiler Energie fuumlr viele Laumlnder in Zukunft kaum noch moumlglich sein werden CampC sollte die Verpflichtung der reichen Laumlnder anerkennen den Aumlrmeren bei der Anpassung beizustehen ndash und zwar nicht aus Gruumlnden der Barmherzigkeit sondern der Gerechtigkeit

Der Artikel greift zuruumlck auf die Diplomarbeit die Katrin Kraus 2009 an der

Universitaumlt Greifswald vorgelegt hat laquo Contraction amp Convergence and Greenshy

house Development Rights A critical comparison between two salient climateshy

ethical concepts raquo Die Langfassung dieses Textes ist unter wwwboelldethema

nachzulesen

KONZEPT 2

laquo DAS GREENHOUSE DEVELOPMENT RIGHTS-MODELL IST DAS GERECHTESTE MODELL DER LASTENTEILUNGraquo

VON TILMAN SANTARIUS

In den internationalen Klimaverhandlungen wird derzeit uumlber Emissionsminderungsziele verhandelt um eine gefaumlhrliche Stoumlrung des Klimasystems noch zu vermeiden Was ist der jeweils laquo faire Beitrag raquo aller Laumlnder Wie viele Emissionen sollen Deutschland und die EU Japan und die USA China Indien und die Entwicklungslaumlnshyder jeweils vermeiden Und welchen Finanzbeitrag sollen sie aufbringen um einen gerechten Beitrag zur Loumlsung des globalen Problems zu leisten Zig Vorschlaumlge fuumlr eine so genannte Lastenteishylung wurden in den letzten Jahren vorgelegt Manche davon sind offensichtlich gerechter als andere

Am Anfang aller Gerechtigkeit stehen die Menschenrechte Sie anzuerkennen ist die Grundlage aller Gerechtigkeit sie umzusetzen muss das erste und houmlchste Ziel einer gerechtigkeitsfaumlhigen Politik sein Der Schutz der Menschenrechte ist das Leitmotiv anhand dessen das Greenhouse Development Rights-Modell (GDRs) die Verteilung der globalen Lasten definiert

Zunaumlchst definiert das GDRs-Modell eine Beteiligungsschwelle Menschen egal ob in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen unterhalb dieser Schwelle verfuumlgen muumlssen ihre kargen Mittel nicht fuumlr die Loumlsung des globalen Klimaproblems opfern Die genaue Houmlhe dieser Beteiligungsschwelle ist natuumlrlich verhandelbar Orientierung koumlnnen empirische Studien liefern die untersucht haben ab welchem Einkommen die uumlbelsten Plagen der Menschheit wie Hunger Unterernaumlhrung Analphabetismus chronische Krankshyheiten usw verschwinden Erst dann kann annaumlherungsweise von der Realisierung der grundlegenden Menschenrechte gesprochen werden Eine solche Beteiligungsschwelle kann bei rund 7500 Dollar Kaufkraftparitaumlt pro Mensch und Jahr veranschlagt werden

Menschen in Suumld und Nord die uumlber ein Einkommen oberhalb dieser Schwelle verfuumlgen sollten sich an der Loumlsung des globalen Klimaproblems beteiligen Auf der Basis ihrer historischen Verantshywortung fuumlr den Klimawandel ndash das ist die Summe der kumulierten Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 ndash und ihrer jeweiligen Faumlhigkeit ndash das ist die Summe aller Einkommen oberhalb der Beteiligungsshyschwelle ndash kann fuumlr alle Laumlnder berechnet werden welchen Lastenshyanteil sie tragen sollen Industrielaumlnder wie Deutschland in denen

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

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Erna Musterantworterin
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              • Boumlll THEMA Klimawandel und Gerechtigkeit
                • Der besondere Tipp
                  • Internationale Konferenz
                  • Buumlcher
                  • Reihe laquo Schriften zur Oumlkologie raquo
                  • Dossier auf wwwboellde
                  • Konzepte
                  • Wahl09 ndash Der Blog zur Bundestagswahl
                  • Ausstellung
                  • Impressum
                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 38: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

36 IN DER DISKUSSION

uumlber 95 Prozent der Menschen ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle beziehen und die zudem vergleichsweise emissionsintensive Lebensstile pfl egen sollen einen groumlszligeren Beitrag leisten als die meisten Entwicklungslaumlnder in denen nur ein kleiner Teil der Bevoumllkerung uumlber ein Einkommen oberhalb der Beteiligungsschwelle verfuumlgt

DIE ANFORDERUNGEN Was sind die Ergebnisse des GDRs-Modells Die USA als reichstes und emissionsintensivstes Land muumlssen knapp ein Drittel der globalen Verantwortung tragen die EU folgt mit rund einem Viertel Davon faumlllt auf Deutschland ein Anteil von 52 Prozent China als weltweit bevoumllkerungsreichstes und im Vergleich aller Entwickshylungslaumlnder mittlerweile recht emissionsintensives Land kommt auf einen Anteil von 74 Prozent Insgesamt tragen die Industrielaumlnder einen Anteil von rund drei Viertel und die Entwicklungslaumlnder rund ein Viertel der globalen Last

Gut fuumlnf Prozent Anteil an der globalen Verantwortung fuumlr Deutschland ndash das klingt zunaumlchst wenig radikal Wenn aber ausgerechnet wird wie viel Emissionsreduktionen dieser Anteil fuumlr Deutschland bedeutet wenn das 2deg-Ziel eingehalten werden soll offenbart sich ein drastisches Bild Deutschlands fairer Beitrag waumlre eine Reduktion von 84 Prozent seiner Emissionen bis 2020 gegenshyuumlber dem Niveau von 1990 Es ist offensichtlich dass dieses Ziel in der kurzen Zeit nicht durch Klimaschutzmaszlignahmen ausschlieszliglich innerhalb von Deutschland erreicht werden kann Aber das ist auch nicht noumltig Das GDRs-Modell definiert lediglich dass Deutschlands fairer Anteil an den globalen Anstrengungen 84 Prozent Minderung ist Ein wesentlicher Teil dieses deutschen Minderungsziels wie auch der vergleichbar hohen Minderungsziele anderer Industrielaumlnder kann durch Emissionsreduktionen im Ausland realisiert werden

Aus dem GDRs-Modell resultiert eine doppelte Verpfl ichtung der Industrielaumlnder naumlmlich ihre inlaumlndischen Emissionen deutlich zu verringern und daruumlber hinaus in erheblichem Umfang Reduktionen in Entwicklungslaumlndern zu unterstuumltzen Erst mit der doppelten Verpflichtung der wohlhabenden Laumlnder wird es moumlglich sein ambitionierte Klimaschutzziele weltweit zu verfolgen und gleichzeishytig das Recht auf ein Leben in Wuumlrde fuumlr alle Menschen zu sichern

Zunaumlchst stellt sich die Frage ob dies eine vollkommen unrealisshytische Forderung ist Ein Blick auf die Kosten verraumlt dass die Aufgabe durchaus zu bewaumlltigen waumlre Was wuumlrde es kosten wenn die Bundesrepublik im Jahr 2020 mit Hilfe des Emissionshandels die Haumllfte ihres GDR-Minderungsziels also knapp 350 Megatonnen CO2 im Ausland realisieren wuumlrde Bei geschaumltzten 60 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 beliefen sich die Kosten auf 24 Milliarden Euro Das sind zwar keine peanuts Aber horrend erscheint diese Summe angesichts dessen was auf dem Spiel steht auch nicht Allerdings werden sich nicht alle Emissionsreduktionen im Suumlden uumlber den Emissionshandel erschlieszligen lassen andere Mechanismen und Instrumente muumlssen entwickelt werden um eine umfangreiche globale Kooperation voranzutreiben

KONZEPTVERGLEICH Gegenuumlber dem Modell Contractions amp Convercence (CampC) welches die globale Last nach dem Prinzip gleicher Pro-Kopf-Emissishyonsrechte verteilen moumlchte stellt sich das GDRs-Modell in mehrfashycher Hinsicht als gerechter dar Erstens verteilt es die Last auf der Basis von laquo gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeishyten und Faumlhigkeiten raquo Damit entspricht es dem wichtigsten Kernshyprinzip der internationalen Klimapolitik CampC hingegen ignoriert dieses Prinzip

Eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten mag zwar gerecht klingen Warum aber sollen Menschen die bisher kaum zum Klimawandel beigetragen haben in der Zukunft nur genauso viele Emissionsrechte erhalten wie jene die schon seit langem einen treibhausgasintensiven Wohlstand pflegen Ihnen muumlssen mehr Emissionsrechte zugestanden werden damit sie das Menschenrecht auf ein Leben in Wuumlrde zunaumlchst einmal verwirklichen koumlnnen Eine Gleichbehandlung von Ungleichen ist weder gerecht noch stellt sie Chancengleichheit her

Fuumlr das CampC-Modell ist es heute schlicht zu spaumlt Als das Global Commons Institute das Modell Anfang der 1990er-Jahre entwickelshyte wurde noch davon ausgegangen dass eine Verteilung nach gleichen Pro-Kopf-Rechten den Armen noch ein Wachstum ermoumlglishychen wuumlrde Inzwischen wurde die Atmosphaumlre weiter mit Treibshyhausgasen aufgefuumlllt und zwar schneller als je zuvor in der Geshyschichte Zugleich haben die Klimawissenschaftler herausgefunden dass tiefere Einschnitte als angenommen vonnoumlten sind wenn die gefaumlhrliche Schwelle von 2deg globaler Erwaumlrmung nicht uumlberschritten werden soll 2050 duumlrfen nur noch rund eine Tonne CO2 pro Kopf emittiert werden Da die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungslaumlnder bereits heute bei uumlber zwei Tonnen liegen muumlssten sie nach dem CampC-Modell sofort beginnen ihre Emissionen absolut zuruumlckzufahren Ist es aber gerecht dass arme Menschen die kaum eine Moumlglichkeit haben in Klimaschutz zu investieren und zudem das Problem gar nicht verursacht haben bereits eine Minderungslast tragen muumlssen Sollten nicht jene Menschen auf der Welt die uumlber die Mittel verfuumlgen und den Zugang zu modernsten klimafreundlichen Technologien haben den Armen ihre Last abnehmen

FAZIT Selbst wer Gerechtigkeit hintanstellt wenn die Chancen auf politische Umsetzung dadurch steigen wird vom CampC-Modell nicht uumlberzeugt Alle Anzeichen sprechen dagegen dass die Entwickshylungslaumlnder sich in Kopenhagen auf ein Abkommen einlassen werden das ihnen schon bald absolute Emissionsreduktionen aufbuumlrdet Wer diese Forderung erhebt riskiert dass Kopenhagen scheitert Stattdessen steht die doppelte Verpflichtung der Industrieshylaumlnder nach der sie Minderungsaktivitaumlten in den Entwicklungslaumlnshydern unterstuumltzen sollten laumlngst im Mittelpunkt der gegenwaumlrtigen Klimaverhandlungen

Zugegeben ob diese Unterstuumltzung das Ausmaszlig erreichen wird welches das Greenhouse Development Rights-Modell fordert steht in den Sternen Daruumlber duumlrfte in den Hinterzimmern waumlhrend der letzten Nacht in Kopenhagen entschieden werden wenn die Anliegen der Gerechtigkeit wohl nicht mehr im Mittelpunkt stehen hellip

---

The Greenhouse Development Rights Framework The Right to Development in a Climate Constrained World

A report by Paul Baer Tom Athanasiou

Sivan Kartha and Eric Kemp-Benedict

Published by the Heinrich-Boumlll-Stiftung

Christian Aid EcoEquity and the Stockshy

holm Environment Institute Revised

2nd edition Berlin 2008 112 pages

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Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

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                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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Page 39: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

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SONNE SORGT

FUumlR WARME LUFT VON SIEGFRIED SCHROumlPF

Geht es um solarthermische Anlagen stehen wie selbstverstaumlndlich

Solarkollektoren im Mittelpunkt die ein Wasser-Zirkulationssystem

mit regenerativer Waumlrme versorgen Doch seit Jahren sind ebenso

Solar-Luft-Systeme im Einsatz die vor allem in groszligvolumigen

Gebaumluden erstaunlich hohe Einsparungen im Bereich HeizungLuumlftung

vorweisen koumlnnen

Dabei ist die solare Lufterwaumlrmung kein neuer Spleen im Reigen der

Ideen zur effi zienten Energieeinsparung beispielsweise ist seit etwa 15

Jahren eine 180 msup2 groszlige Solar-Luft-Kollektoranlage fuumlr den Turnhalshy

lenkomplex des Muumlnchener Karlsgymnasiums in Betrieb im Winter zum

Heizen und Luumlften im Sommer zur Erwaumlrmung des Duschwassers Das

Resultat ist eine beachtliche Halbierung des durchschnittlichen

Verbrauchs um 22400 msup3 ErdgasJahr Weil es sich hier um ein vom

Bund gefoumlrdertes mehrjaumlhriges Forschungsprojekt handelt wurden die

Verbrauchs- und Leistungsdaten uumlber diesen Zeitraum genau verfolgt

Besonders gut geeignet fuumlr den Einsatz von Luftkollektoren sind

Schwimmhallen 70 des Waumlrmebedarfes eines Hallenbades werden fuumlr

Erwaumlrmung und Entfeuchtung der Hallenluft aufgewendet Vor allem

wegen der ganzjaumlhrig geforderten Lufttemperatur von 30deg C koumlnnen die

Solargewinne auch im Sommer fast vollstaumlndig genutzt werden

Als Beispiel sei hier das Stadtbad in Plauen angefuumlhrt Die notwendishy

ge Warmluft wird zum groszligen Teil uumlber eine 110 msup2 groszlige Solar-Luft-

Kollektoranlage auf dem Dach der neuen Schwimmhalle erzeugt

Zusammen mit der nachgeschalteten Waumlrmeruumlckgewinnung wird der

Luumlftungswaumlrmebedarf weitestgehend abgedeckt Der Waumlrmeverbrauch

sank hier um 100000 kWh Insgesamt wird das Gebaumlude jetzt zu 32

mit oumlkologisch erzeugter Energie versorgt

Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung Die Vorteile von Solar-Luft-Systemen liegen in der schnellen Anlaufshy

zeit der geringen Vorlauftemperatur ndash selbst bei bedecktem Himmel

wird die fuumlr einen effektiven Heizbetrieb notwendige Temperatur

bereits erreicht ndash sowie im Traumlgermedium selbst Zwar ist Luft kein

optimaler Waumlrmespeicher aber sie erwaumlrmt sich relativ schnell und

laumlsst sich einfach verteilen dabei friert sie weder ein noch kann sie

uumlberkochen In Sommer- und Uumlbergangszeiten kann das notwendige

Brauchwasser uumlber einen Luft-Wasser-Waumlrmetauscher erwaumlrmt

werden

Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim Die Technologie der Solar-Luft-Systeme beschraumlnkt sich aber nicht

nur auf groszlige Zweckbauten sondern kann ebenso in Ein- und Zweifashy

milienhaumlusern Verwendung finden Dabei spielt es keine Rolle mit

welchem System das Gebaumlude konventionell beheizt wird Vor allem

im Zeitalter hermetisch dichter und hochgradig waumlrmegedaumlmmter

Gebaumlude gilt es die erforderlichen Luftwechselraten sicher zu stellen

Ein solares Zuluftsystem kann auch hier regenerativ erwaumlrmte frische

Luft in die Wohnraumlume bringen

SIEGFRIED SCHROumlPF IST

GESCHAumlFTS FUumlHRENDER GESELLshy

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BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

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Das Hervorhebe‐Werkzeug eignet sich wie auf dem Papier fuumlr das Hervorheben kur‐zer Textstellen

Mit dem Rechteck‐Werkzeug kann man groumlszligere Abschnitte markieren

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CC Bartning
Notiz
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CC Bartning
Notiz
Acrobat Reader weist in der Installationseinstellung jedem Kommentartyp eine andere Farbe zu 13In den Kommentar-Eigenschaften (Rechte Maus-Taste) kann die Farbe ausgewaumlhlt und in einer Checkbox diese Eigenschaft als Standard festgelegt werden 1313Bei Teams sollten sich die Mitglieder auf eine Farben fuumlr jedes Mitglied einigen1313Falls als Namen im Kopf der Notiz nur ein Rechner-Name eingetragen wird kann in den gtGrundeinstellungen gt Identitaumlt der eigene Namen eingetragen werden (Strg+K I)13
Erna Musterantworterin
Notiz
Wenn Sie einen solchen Kommentar beantworten wollen13benutzen Sie bitte die Antwortfunktion Mit der13rechten Maustaste auf den Kommentar klicken Antworten13waumlhlen13Auch diese Antwort kann beantwortet werden13
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Mit dem Rechteck‐Werkzeug kann man groumlszligere Abschnitte markieren 1313Dieser mit dem Rechteck Werkzeug umrandete Text wurde von Acrobat automatisch in das Kommentarfeld kopiert1313Mit dem Rechteck‐Werkzeug kann man groumlszligere Abschnitte zum Austausch markieren Bei Acrobat (nicht im Reader) kann man in den Grundeinstellungen festlegen (Strg+K K) dass umrandete oder markierte Texte in das zugehoumlrige Kommentarfeld ko‐piert werden Mit Acrobat kann man so Textauszuumlge herstellen (Im Kommentare‐Fenster bei gt Optionen mit der Funktion Kommentare
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                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 40: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

BoumlllThema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit

laquoWaumlhrend die Industrielaumlnder vorangehen muumlssen sind

die Zeiten vorbei in denen die Schwellen- und Entshy

wicklungslaumlnder die Haumlnde in den Schoszlig legen duumlrfen

Alle Laumlnder muumlssen Klimaschutz betreiben egal wie

arm sie sind ndash dies schon allein aus Eigennutz Auszligershy

dem lassen sich etliche Klimaschutzmaszlignahmen aufs

Beste mit Armutsreduktion verbinden ndash man denke nur

an Solarkocher um die Abholzung fuumlr Brennholz zu

vermeiden oder den Ausbau oumlffentlicher Verkehrsmittel

um allen gleichermaszligen Mobilitaumlt zu ermoumlglichen Denshy

noch ist klar Die meisten Entwicklungslaumlnder koumlnnen

und sollen in Kopenhagen noch keine Verpfl ichtungen

eingehenraquo

Lili Fuhr und Tilman Santarius

Heinrich-Boumlll-Stiftung

Die Heinrich-Boumlll-Stiftung ist

eine Agentur fuumlr gruumlne Ideen und

Projekte eine reformpolitische

Zukunftswerkstatt und ein

internationales Netzwerk mit

weit uumlber hundert Partnerprojek-

ten in rund sechzig Laumlndern

Demokratie und Menschenrechte

durchsetzen gegen die Zerstouml-

rung unseres globalen Oumlkosys-

tems angehen patriarchale

Herr schaftsstrukturen uumlberwin-

den in Krisenzonen praumlventiv den

Frieden sichern die Freiheit des

Individuums gegen staatliche und

wirtschaft liche Uumlbermacht

verteidigen ndash das sind die Ziele

die Denken und Han deln der

Heinrich-Boumlll-Stiftung bestim-

men Sie ist damit Teil der

laquogruumlnenraquo politischen Grundstroumlshy

mung die sich weit uumlber die

Bundesrepublik hinaus in Auseinshy

andersetzung mit den traditionel-

len politischen Richtungen des

Sozialismus des Liberalismus

und des Konservatismus heraus-

gebildet hat

Organisatorisch ist die Heinrichshy

Boumlll-Stiftung unabhaumlngig und

steht fuumlr geistige Offenheit Mit

28 Auslandsbuumlros verfuumlgt sie

uumlber eine weltweit vernetzte

Struktur Sie kooperiert mit 16

Landesstiftungen in allen Bundes-

laumlndern und foumlrdert begabte

gesellschaftspolitisch engagierte

Studierende und Graduierte im

In- und Ausland Heinrich Boumllls

Ermunterung zur zivilgesellshy

schaftlichen Einmischung in die

Politik folgt sie gern und moumlchte

andere anstiften mitzutun

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Das Notizwerkzeug (Strg+6) ist am gebraumluch‐lichsten Geoumlffnet besteht es aus einem Fens‐ter in das Text geschrieben oder uumlber die Zwi‐schenablage einkopiert werden kann Solche Notizfenster gehoumlren auch zu fast allen ande‐ren Kommentar‐Werkzeugen hinzu

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Wenn Sie einen Kommentar beantwor‐ten wollen benutzen Sie die Antwortfunktion Mit der rechten Maustaste auf den Kommen‐tar klicken Antworten waumlhlen

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Das Hervorhebe‐Werkzeug eignet sich wie auf dem Papier fuumlr das Hervorheben kur‐zer Textstellen

Mit dem Rechteck‐Werkzeug kann man groumlszligere Abschnitte markieren

Datei als Kommentar anhaumlngen er‐moumlglicht das Einfuumlgen einer extra Datei zB eines gescannten Zeitungsausschnittes

Mit dem Stempelwerkzeug und der Auswahl Bild aus der Zwischenablage als Stempel einfuumlgen koumlnnen Bildinhalte einge‐fuumlgt und kommentiert werden

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CC Bartning
Notiz
Das ist eine Notiz mit dem Notiz-Werkzeug Mit Strg+B kann fett eingeschaltet werden mit Strg+I wird kursiv ein- und ausgeschaltet 1313Um die Antwort zu sehen muss man auf den Kommentar klicken oder ins Kommentare-Fenster gehen
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Notiz
Acrobat Reader weist in der Installationseinstellung jedem Kommentartyp eine andere Farbe zu 13In den Kommentar-Eigenschaften (Rechte Maus-Taste) kann die Farbe ausgewaumlhlt und in einer Checkbox diese Eigenschaft als Standard festgelegt werden 1313Bei Teams sollten sich die Mitglieder auf eine Farben fuumlr jedes Mitglied einigen1313Falls als Namen im Kopf der Notiz nur ein Rechner-Name eingetragen wird kann in den gtGrundeinstellungen gt Identitaumlt der eigene Namen eingetragen werden (Strg+K I)13
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Notiz
Wenn Sie einen solchen Kommentar beantworten wollen13benutzen Sie bitte die Antwortfunktion Mit der13rechten Maustaste auf den Kommentar klicken Antworten13waumlhlen13Auch diese Antwort kann beantwortet werden13
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Rechteck
Mit dem Rechteck‐Werkzeug kann man groumlszligere Abschnitte markieren 1313Dieser mit dem Rechteck Werkzeug umrandete Text wurde von Acrobat automatisch in das Kommentarfeld kopiert1313Mit dem Rechteck‐Werkzeug kann man groumlszligere Abschnitte zum Austausch markieren Bei Acrobat (nicht im Reader) kann man in den Grundeinstellungen festlegen (Strg+K K) dass umrandete oder markierte Texte in das zugehoumlrige Kommentarfeld ko‐piert werden Mit Acrobat kann man so Textauszuumlge herstellen (Im Kommentare‐Fenster bei gt Optionen mit der Funktion Kommentare
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              • Boumlll THEMA Klimawandel und Gerechtigkeit
                • Der besondere Tipp
                  • Internationale Konferenz
                  • Buumlcher
                  • Reihe laquo Schriften zur Oumlkologie raquo
                  • Dossier auf wwwboellde
                  • Konzepte
                  • Wahl09 ndash Der Blog zur Bundestagswahl
                  • Ausstellung
                  • Impressum
                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
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                • Der besondere Tipp
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                  • Buumlcher
                  • Reihe laquo Schriften zur Oumlkologie raquo
                  • Dossier auf wwwboellde
                  • Konzepte
                  • Wahl09 ndash Der Blog zur Bundestagswahl
                  • Ausstellung
                  • Impressum
                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
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                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
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                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 42: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

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              • Boumlll THEMA Klimawandel und Gerechtigkeit
                • Der besondere Tipp
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                  • Ausstellung
                  • Impressum
                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show
Page 43: Böll THEMA, das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung ... · Kopenhagen werden. Hier werden die Regeln für Fairness festgelegt und die Weichen für eine kohlenstoffärmere Weltgesellschaft

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              • Boumlll THEMA Klimawandel und Gerechtigkeit
                • Der besondere Tipp
                  • Internationale Konferenz
                  • Buumlcher
                  • Reihe laquo Schriften zur Oumlkologie raquo
                  • Dossier auf wwwboellde
                  • Konzepte
                  • Wahl09 ndash Der Blog zur Bundestagswahl
                  • Ausstellung
                  • Impressum
                  • Bisher sind ua erschienen
                    • Editorial Klima und Gerechtigkeit
                    • Inhalt
                    • Klima und Gerechtigkeit
                      • laquoWir wollen eine Bewegung gruumlnden die uumlber Kopenhagen hinausreichtraquo
                        • 350org
                        • Aprodev
                        • IndyACT
                        • TNC Europe
                        • Ecoequity
                        • Friends of the Earth
                        • AYICC
                        • laquoDer CO2-Ausstoss muss unter 350 ppm bleibenraquo
                          • Und das steht an in Kopenhagen
                            • Anpassung Vorbereitung auf das Unvermeidbare
                            • Minderung Der Norden muss weiterhin Vorangehen
                            • Minderung Wie viel kann vom Suumlden verlangt werden
                            • Clean development mechanism Gerechtigkeit auf dem Kohlenstoffmarkt
                            • Finanzierung Wer zahltrsquos Wer kriegtrsquos
                            • Institutionen neuer Wein und alte Schlaumluche
                            • Repraumlsentation und Mitsprache Komplexitaumlt gegen Demokratie
                              • Ein Marathon Der internationale Klimakalender 2009
                              • Lauter Hotspots
                                • Klima und Geschlecht
                                  • Trifft der Klimawandel Frauen haumlrter als Maumlnner
                                    • Mozambique
                                    • Suumldafrika
                                      • Es sind die Machtverhaumlltnisse die Frauen fuumlr den Klimawandel verwundbarer machen
                                        • Aufruf der Globalen Gender- und Klimaallianz am 8 Maumlrz 2009 in Monrovia (Liberia)
                                            • Klima und Demokratie
                                              • Nach gaumlngiger Meinung sind Demokratien umweltbewusster als nicht-demokratische Laumlnder Ist das wirklich so
                                                • Demokratische Auswirkungen des Klimawandels
                                                • Moumlgliche Auswirkungen des Kampfes gegen Erderwaumlrmung auf die Demokratisierung
                                                • Was die Demokratisierung fuumlr die Erderwaumlrmung bedeutet
                                                • Demokratie und Klimaanpassung
                                                • Gegen den Klimawandel vorgehen Demokratie foumlrdern
                                                    • Krisenmanagement der Zukunft
                                                      • Neue Institutionen braucht die Welt
                                                        • Neue Unuumlbersichtlichkeit
                                                        • Reformen in Deutschland
                                                          • laquoWir benoumltigen eine Weltklimazentralbankraquo
                                                          • Der Stoff aus dem Europas Erfolge sind
                                                          • Mit Leadership gegen die Zweifler
                                                            • Toward a Transatlantic Green New Deal T
                                                                • Loumlsungsansaumltze mit Zukunft
                                                                  • 100 Erneuerbare Energien
                                                                  • Vorreiter des Suumldens
                                                                    • Costa Rica
                                                                    • China
                                                                    • Suumldafrika
                                                                    • Brasilien
                                                                    • Mexiko
                                                                    • Indien
                                                                    • Suumldkorea
                                                                    • Ruanda
                                                                    • Kleines Lexikon 2
                                                                        • Stimmen des Aufbruchs
                                                                          • Die neue Macht der NGOS
                                                                          • Im Prinzip richtig An sich falsch
                                                                            • In der Diskussion
                                                                              • Wie fair ist fair genug Zwei Klimakonzepte im Vergleich
                                                                                • Konzept 1
                                                                                  • Ergebnisse des Vergleichs beider Konzepte
                                                                                  • Fazit
                                                                                    • Konzept 2
                                                                                      • Die Anforderungen
                                                                                      • Konzeptvergleich
                                                                                      • Fazit
                                                                                        • The Greenhouse Development Rights Framew
                                                                                            • Anzeige Sonne sorgt fuumlr warme Luft
                                                                                              • Prinzip der solaren Lufterwaumlrmung
                                                                                              • Solar-Luumlftung auch fuumlrs Eigenheim
                                                                                                • Ruumlcktitel Boumlll Thema 209 Klimawandel und Gerechtigkeit
                                                                                                  • Infos zum Kommentieren
                                                                                                      1. InfoStart19
                                                                                                      2. InfoStart19_show