Blut und Blutgerinnung Teil 2 - boku.ac.at · 2 (I) Bestandteile und Funktionen des Blutes (II)...

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1 Blut und Blutgerinnung Teil 2

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1

Blut und Blutgerinnung

Teil 2

2

(I) Bestandteile und Funktionen des Blutes

(II) Blutgerinnung und Fibrinolyse

(III) Regulation der Blutgerinnung

(IV) Wechselwirkung von Gerinnung und Entzündung

(V) Antikoagulation und Methoden der Blutreinigung

INHALT

3

Inhalt

• Blutgruppen

• zelluläre und plasmatische Gerinnung

• Regulation der Gerinnung

• Fibrinolyse

Die Blutgruppen

4

5

Blutgruppen

verschiedene Blutgruppensysteme

am wichtigsten: AB0-System

Rhesus-Faktor

Karl Landsteiner 1901

beschrieb A, B, 0

Castello&Sturli 1902 AB

Nobelpreis für Medizin 1930

6

Karl Landsteiner1868 - 1943

2655

7

Blutgruppenantigene

Glykolipide und Glykoproteine auf der

Oberfläche von Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten, Endothelzellen

gegen die Blutgruppenantigene der jeweils anderen BG gibt es Antikörper im Blut

Mischung von Blut verschiedener Blutgruppen führt zu Verklumpung: Agglutination

8

Agglutination

Vermischung inkompatibler (unverträglicher) Blutgruppen

9

AB0-System

• 4 Hauptgruppen: A, B, AB, 0

• angehängtes + oder – bezeichnet den Rhesusfaktor

Erythrozyt

Blutgruppenantigen

YAntikörper

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11

AB0-System

• 4 Blutgruppenantigene (A, B, AB und 0/H) auf Zelloberfläche

• Antikörper gegen Blutgruppensubstanzen werden im 1. Lj. gebildet

• Bildung der AK erfolgt vermutlich als Reaktion auf Darmbakterien mit ähnlichen Oberflächenstrukturen

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Häufigkeit der Blutgruppen

Häufigkeitsverteilung der Blutgruppen in Österreich Quelle: ÖRK

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Bedeutung

• Bluttransfusion

• AK sind beim AB0-System bereits vorhanden, sofortige Reaktion

• bei anderen Blutgruppensystemen werden AK erst gebildet und sind daher erst bei Nachfolgetransfusionen von Bedeutung

• inkompatible Blutübertragung führt zur Hämolyse

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Rhesusfaktor

• Gruppe von Proteinen auf Erythrozytenoberfläche

• wichtigster: Faktor D

• Entdeckt von Karl Landsteiner im Blut von Rhesusaffen (1930)

• ca.15% der Europäer sind Rh-negativ

15

15% Rh- dd homozygot 50% Rh+ Dd heterozygot35% Rh+ DD homozygot

Mutter Rh- ddVater Rh+ DD Kind dD und somit Rh+

Mutter Rh- ddVater Rh+ dD Kind entweder dd (Rh-) oder dD (Rh+)

Rhesusfaktor

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Rhesus-Inkompatibilität

• Rh- Mutter und Rh+ Kind

Morbus haemolyticus neonatorum:

• Geburt: Vermischung von Blut von Mutter und Kind • Mutter wird sensibilisiert und bildet Antikörper gegen das Rhesus-

Antigen • In einer nachfolgenden Schwangerschaft können diese AK über die

Placenta in den Kreislauf des Kindes übertreten und dort an Erythrozyten binden

• daraus resultiert eine hämolytische Anämie • vorbeugende Gabe von anti-D-Antikörper an die Rh- Mutter in der

ersten Schwangerschaft (inaktiviert Rh+ Blutkörperchen des Kindes beim Übertritt in den Kreislauf der Mutter, verhindert Antikörperbildung bei der Mutter)

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Geschichte der Bluttransfusion lat. transfundere: hinübergießen

1492 Erster bekannter Versuch einer BlutübertragungPapst Innocens VIII (1432 - 1492 †) trinkt das Blut von drei Buben

1628 William Harvey entdeckt Blutkreislauf

1649 Bluttransfusion zwischen zwei Hennendurch Francis Potter

18

Bluttransfusion Schaf-Mensch (1667)

19

• 1818 James Blundell

• Transfusionen an Frauen mit großem Blutverlust während der Geburt

• 4 von 12 überlebten

Geschichte der Bluttransfusion

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Am 18. Dezember 1891 hielt der Vorstand des chemischen Laboratoriums an der k. k. Krankenanstalt „Rudolf-Stiftung" Dr. Ernst Freund (1863·1946) vor der Gesellschaft der Ärzte in Wien einen Vortrag„Über die Ursachen der Blutgerinnung", in welchem er ausführte:

„Wenn das Blut, das ja bekanntlich aus der Blutflüssigkeit (Plasma) und den Blutkörperchen besteht, die Ader verlässt, dann verliert es unter gewöhnlichen Verhältnissen den Charakter einer Flüssigkeit. Verbleibt das Blut darauf in Ruhe, dann gerinnt dasselbe zu einer gallertartigen Masse, welche sich allmälig in zwei Theile scheidet, in eine klare, gelbgefärbte Flüssigkeit, die man Blutserum nennt, und in eine feste, rothe Masse, die man Blutkuchen nennt . . ."

•Blutgruppen •Blutgerinnung

21

1914Luis Agote

erste erfolgreiche Bluttransfusion (Buenos Aires)

Antikoagulation mit Natriumcitrat

Spanischer Bürgerkrieg

erster großer Einsatz von Bluttransfusionen (20.000 Konserven)

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Blutgerinnung und Fibrinolyse

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Begriffe

Hämostase griech αιµααιµααιµααιµα, Blut; στασισστασισστασισστασισ, Stillstand

Primäre (zelluläre) Hämostase

Blutstillung

Sekundäre (plasmatische) Hämostase

Blutgerinnung

24

3-5 min

5-10 min

25

Koagulation

Antikoagulation

Fibrinolyse

26

Spronk et al 2003, BioEssays 25:1220-1228

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Gerinnungssystem besteht aus

Zellen Thrombozyten

Membranmikrovesikeln von verschiedenen Zellen

ProteinenGerinnungsfaktoren antikoagulatorische Faktoren

Cofaktoren Calcium

Release of MVs and exosomes.

Raposo G , and Stoorvogel W J Cell Biol 2013;200:373-383

© 2013 Raposo and Stoorvogel

Microvesicle shedding.

Muralidharan-Chari V et al. J Cell Sci 2010;123:1603-1611

©2010 by The Company of Biologists Ltd

Potential mechanisms of microvesicle-mediated intercellular communication.

Meckes D G , and Raab-Traub N J. Virol. 2011;85:12844-12854

31

Interaktion dieser Faktoren ....

...führt zu

Bildung von Fibrin aus Fibrinogen

32

Hippokrates (460-377 v. Chr.)Über die Natur des Menschen: tierisches Blut gerinnt „beim Abkühlen“

Steven Blankaart (1650-1702) Opera Medica, Theoretica, Practica et Chirurgica:

„Viele Krankheiten entstehen durch ein Übermaß der Säuren im Blut. Wenn sich Partikel verhaken und nicht mehr recht bewegen können, oder auch durch Abkühlung des Blutes,entstehen gefährliche Gefäßverstopfungen".

Geschichte

33

Geschichte

Buchanan 1836frisch geronnenes Blut beschleunigt die Gerinnung (Thrombin!)

Hammersten 1879 Reinigung von Fibrinogen

Bizzozero 1882Beschreibung der Blutplättchen

Arthus 1890Rolle von Calcium bei der Blutgerinnung

Morawitz 1904

Thrombokinase, CaProthrombin > Thrombin

ThrombinFibrinogen > Fibrin

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Geschichte

1900-1950

• Entdeckung und Charakterisierung der weiteren Gerinnungsfaktoren und Co-Faktoren

• Synthese der Gerinnungsfaktoren erfolgt in der Leber

• Faktor II, VII, IX, und X sind Vitamin-K-abhängig und enthalten γ-Carboxy-Glutamat

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Geschichte

1964 Beschreibung des Gerinnungsablaufs als Kaskaden- oder Wasserfallmodell

Macfarlane R

An enzyme cascade in the blood clotting mechanism, and its function as a biochemical amplifier.

Nature 1964, 202:498-499

Davie E, Ratnoff O

Waterfall sequence for intrinsic blood clotting.

Science 1964, 145: 1310-1312

36

37

Phase I

Primäre Hämostase

Blutstillung

38

3-5 min

5-10 min

39

Blutung nach einer Verletzung sistiert nach 2-5 min

- Gefäßverengung (Vasokonstriktion)

- Thrombozytenadhäsion

40

Plättchen im Blut Adhäsion & Aktivierung Aggregation

41

42

Keine Adhäsion auf gesundem Endothel

Kontakt mit subendothelialem Gewebe:� Adhäsion und Aktivierung

Plättchen

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Aktivierte Plättchen: • Geänderte Morphologie • Anheftung an das Subendothel • Freisetzung von Mediatoren (z. B. Thromboxan A2, ADP,

Serotonin, Ca ++) • Aus den α-Granula werden außerdem Gerinnungsfaktoren und

Wachstumsfaktoren und freigesetzt• Aggregation der Plättchen • Aktivierung der plasmatischen Gerinnung und

Fibrinbildung

Plättchen

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Plättchenadhäsion: Anheftung der Plättchen an das Subendothel

Interaktion der Plättchen mit der freiliegenden extrazellulären Matrix bei Verletzungen des Endothels

Die extrazelluläre Matrix enthält adhäsive Makromoleküle:

Laminin

Fibronectin

Kollagen

Interaktion mit von Willebrand Faktor (vWF)

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Von Willebrand-Faktor (vWF)

• multimeres Glykoprotein

• Bindungsstellen für Kollagen GPIb (von Willebrand-Rezeptor auf Plättchen) Integrin αIIβIII (GPIIb/IIIa)

findet sich in Endothelzellen, in Granula der Plättchen, sowie im Plasma (10 µg/mL)

unter normalen Bedingungen interagiert löslicher vWF nicht mit Rezeptoren auf Plättchen

bei Endothelverletzung bindet vWF an Kollagen in der ECM> stark adhäsives Substrat

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GPIb-vWF Komplex

• Wechselwirkung zwischen GPIb (auf der Plättchenoberfläche) und vWF (an Kollagen gebunden ) stellt den

ersten Schritt der Plättchenadhäsion dar

• keine feste Verankerung

• bringt Plättchen an den Ort der Verletzung

• verlangsamt die Fließschwindigkeit der Plättchen am Ort der Verletzung („Rollen“ der Plättchen über die Oberfläche)

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Plättchenadhäsion

• Scherkräfte !

• Blut fließt mit größerer Geschwindigkeit in der Mitte der Gefäße (parabolisches Profil)

• Geschwindigkeit nimmt zur Gefäßwand hin ab

• Scherkräfte sind an der Gefäßwand und in kleinen Gefäßen am größten

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Glycerophospholipide

Glycerin verestert mit zwei Fettsäureresten 3. OH-Gruppe über Phosphat mit Alkoholkomponente verbundenAlkohol: Inositol, Serin, Ethanolamin oder Cholin

• Glycerophospholipide sind Vorstufe von Thromboxan• Thromboxan ist Agonist (Verstärker) der Plättchenaggregation• Führt zur Kontraktion der glatten Muskulatur, Vasokonstriktion • Thromboxan ist Gegenspieler von Prostacyclin (vom Endothel gebildet)

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Integrine

Transmembranproteine

große extrazelluläre N-terminale Domäne, Transmembrandomäne, kleine zytoplasmatische Domäne

werden auf der Oberfläche nicht aktivierter Plättchen exprimiert (niedrige Affinität; „OFF“)

Konformationsänderung in Zustand hoher Affinität („ON“) im Fall der Plättchenaktivierung

50

Integrine

• verschiedene Integrine:

Kollagen-Rezeptor

Fibronectin-Rezeptor

Laminin-Rezeptor

2 wichtigste: GPIa/IIa

GPIIb/IIIa

51

GPIIb/IIIa

60.000 - 80.000 Kopien/Plättchen

bindet Fibrinogen

Fibronectin

vWF

GPIa/IIa

erster beschriebener

Kollagenrezeptor

2000-4000 Kopien/Plättchen

bindet Kollagen

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GPIIb/IIIa

Liganden enthalten die Sequenz

Arginin-Glycin-Asparaginsäure (RGD)

im „OFF-Zustand“ stark gebogene Konformation - -> RGD-Bindungsstelle ist versteckt

vgl. Klappmesser

53

Stufen der Thrombozytenaktivierung an einer verletzten Endotheloberflächesowie Hemmung der Plättchenaggregation

a) Acetylsalicylsäure (Hemmung der Cyclooxygenase und Thromboxanbildung)b) Clopidogrel (Hemmung der ADP-Bindung an Plättchen) c) GPIIb/IIa Antagonisten (Hemmung des Fibrinogenrezeptors)

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Phase II

Sekundäre Hämostase

Blutgerinnung

55

• durch Kontakt von Blut mit negativ geladenen Oberflächen werden die Faktoren XI und XII aktiviert, die die Gerinnungskaskade in Gang setzen (intrinsischer Weg)

• physiologisch wird die Gerinnungskaskade durch Kontakt von Blut mit tissue factor (= Gewebsthromboplastin) aktiviert (extrinsischer Weg)

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Nomenklatur der Gerinnungsfaktoren

Proenzyme (inaktiv) römische Ziffer X, FX

Enzyme (aktiviert) römische Ziffer+a Xa, FXa

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Gerinnungsfaktoren und ihre Proteinkonzentrationen

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FIII Thromboplastin, tissue factor

(subendotheliales Gewebe)

FIV Ca2+

wird von vielen Faktoren zur Bindung an negativ geladene Membranphospholipide benötigt

FVI = FVa

Weitere Faktoren

59

Tenase-Komplex(Ca2+, PL)

Prothrombinase-Komplex(Ca2+, PL)

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Kaskadenmodell der Gerinnung

• ...gültig, wird aber in der jüngeren Literatur teilweise modifiziert

• „revised model of coagulation“

z.B. Hoffman & Monroe 2001; A cell-based model of hemostasisThromb. Haemost. 85: 958-965

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Warum ?

• Kaskadenmodell stellt den Gerinnungsablauf als eine Abfolge proteolytischer Reaktionen dar

• Rolle der Zellen steht sehr im Hintergrund (als Lieferant für eine Phospholipidoberfläche)

• Rolle der Zellen wird in der neuen Sicht stärker betont

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Revised Model of Coagulation

• Zentrale Rolle von tissue factor

• Rolle der Zellen: geht über die Bereitstellung einer Phospholipid-Oberfläche hinaus

-- Zelluläre Komponenten regulieren wesentlich den Ablauf der Gerinnung

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Revised Model of Coagulation

Dreiphasenmodell der Gerinnung:

Initiation: auf Zellen, die tissue factor exprimieren

Amplifikation: Verlagerung des Geschehens auf die Plättchenoberfläche, PlättchenadhäsionPlättchenaktivierung

Propagation: Thrombinbildung und Fibrinpolymerisation

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Tissue factor

• primärer physiologischer Auslösefaktor für Gerinnung• integrales Membranprotein • exprimiert auf extravaskulären Zellen (im Gewebe) • bei Entzündung auch auf Monozyten und Endothelzellen,

Abschnürung von TF-haltigen Vesikeln (Mikrovesikel) • Schaden in der Gefäßwand führt zu Kontakt von Plasma mit tissue-

factor exprimierenden Zellen, dadurch wird die Gerinnung aktiviert• Wichtig ist auch die Verbindung von Entzündung und Gerinnung

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Rolle der Phospholipid-Oberflächen bei der Gerinnung

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Tenase-Komplex(Ca2+, PL)

Prothrombinase-Komplex(Ca2+, PL)

67

Spronk et al 2003, BioEssays 25:1220-1228

Umwandlung von Prothrombin in ThrombinFXa, Va

Grau: Phosphatidylserin auf der Membran Schwarz: Ca 2+

Prothrombin Xa, Va Thrombin

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Phospholipid-Oberflächen

• alle wichtigen Reaktionen der Gerinnungskaskade laufen auf Phospholipid-Oberflächen ab

• Phosphatidylserin (PS; negativ geladen) wandert bei Plättchenaktivierung aus der inneren in die äußere Schicht der Membran (flip-flop)

• Ca 2+ als Brücke zwischen PS und Gerinnungsfaktoren

• Co-Lokalisation von Komponenten auf einer Oberfläche erleichtert enzymatische Reaktion

69Spronk et al 2003, BioEssays 25:1220-1228

Bedeutung von Vitamin K

Ca²+ als Vermittler der Bindung zwischen Phosphatidylserin auf der Membranoberfläche und den Gerinnungsfaktoren

Faktoren II, VII, IX, Xenthalten γ-Carboxyglutaminsäure-Reste„Gla-Domänen“

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Bedeutung von Vitamin K

Für die Bildung der Gla-Domänen (γ-Carboxylierung)wird Vitamin K benötigt

Vitamin K ist Co-Faktor der γ-Glutamylcarboxylase

Fehlen oder Hemmung von Vitamin K bewirkt fehlende Carboxylierung unddamit fehlende Interaktion der Gerinnungsfaktorenmit der Membran, Gerinnungsstörungen

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Cumarin

Vitamin K- Antagonisten: Cumarin

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Vitamin K und Antagonisten

Warfarin

Dicumarol

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Warfarin:

Rattengift

Cumarinderivat

schleichendes Verbluten

Wirkt auf Protein S,C,FII,VII,IX,X

(alle Faktoren mit Gla-Domänen)

Karl Paul Link 1948 patentiert als RattengiftWisconsin Alumni Research Foundation„-arin“ von Cumarin

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Gerinnung im Überblick

zelluläre Hämostase plasmatische Hämostase

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Das Endothel

Im Normalzustand: gerinnungshemmende Oberfläche

- Bildung von Inhibitoren der Gerinnung (Thrombomodulin, Heparansulfat)und derPlättchenaggregation (Prostacyclin, NO)

- Modulation der Gefäßspannung Endotheline (Vasokonstriktion)Prostacycline, NO (Vasodilatation)

- Trennung von Blut und reaktiven subendothelialen Strukturen

76Pober& Sesser, Nature Rev. Immunol 2007

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Das Endothel

...zentrale Rolle für die Hämostase !

Verlust der gerinnungshemmenden Eigenschaften kann induziert werden durch z. B.

- Thrombin

- Entzündungsprozesse (z.B. Schädigung des Endothels)

- Endotoxin & Zyktokine (Vermittlung von Entzündung)

78

Fibrinolyse

79

80

Letzte Schritte der Gerinnung

Thrombin

Fibrinogen Fibrin

Thrombin

XIII XIIIa

kovalente Bindungen zwischen

Fibrinmolekülen

Stabilisierung des Gerinnsels

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Fibrinbildung

Abspaltung von Fibrinopeptid A und B

Fibrinogen

Fibrinmonomer

Lösliches Fibrin

Vernetztes Fibrin

Fibrinogen: 340 kDaSynthese in der Leber2-4 g/L

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Fibrin sorgt für Wundverschluss,

ist aber keine Dauerlösung !

Fibrinabbau

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• Umwandlung des Plasmaproteins Plasminogen in Plasmin

• Plasmin bindet an Fibrin und spaltet es in lösliche Abbauprodukte

• Dadurch zerfällt der Thrombus

Fibrinolyse

84

Fibrinolyse

u-PA, t-PA

Plasminogenaktivatoren

FibrinodipeptidAbbau von Fibrin in lösliche Bestandteile

Ende der Gerinnungskaskade

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Regulation: PAI Plasminogenaktivator-Inhibitor PAI-1 hemmt sowohl t-PA als auch u-PA

Großteil (90%) von Thrombozyten gespeichert Thrombozyten setzen bei Aktivierung PAI frei

-> hemmt die Fibrinolyse, erhöht die Stabilität des Thrombus

Fibrinolyse

86

Regulation der Blutgerinnung

87

Gerinnung …

rascher Wundverschluss, aber lokalisiert

> genaue Regulation erforderlich

88

Gerinnungsstörungen

• Thrombophilien (erhöhte Thrombosebereitschaft)

arterielle Thrombose

venöse Thrombose

disseminierte intravasale Koagulation (DIC)

• Hämorrhagische Diathesen (erhöhte Blutungsbereitschaft)

Mangel an Gerinnungsfaktoren

Vitamin K Mangel

Leberinsuffizienz

Gestörte Plättchenbildung

Skorbut

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Arterielle Thrombose

Auslöser: • Ruptur oder Erosion eines arteriosklerotischen Plaques

• Plättchen spielen wichtige Rolle

Lipoprotein-induced hypothesis

Joseph Leonard Goldstein (Nobelpreis 1985 für Arbeiten zum (Cholesterinstoffwechsel)

Arteriosklerose

• Systemische Erkrankung der Arterien

• Ablagerung von Blutfetten, Thromben, Bindegewebe in den Gefäßwänden

• Verhärtung und Verdickung der Gefäßwände

• Verengung, abnehmende Elastizität

• Häufigste Todesursache in westl. Industrienationen

90

ArterioskleroseEntstehung und Ursachen

• Response to injury hypothesisVerletzung der inneren Arterienwandschicht (z.B. durch Bluthochdruck, bakterielle Toxine, Endothelschädigung allgemein)

• Lipoprotein-induced hypothesisJoseph Leonard Goldstein: Aufnahme von oxidiertem LDL durch Makrophagen, Umwandlung der Makrophagen in Schaumzellen

91

92

Makrophagen nehmen oxidiertes LDL auf; Bildung von Schaumzellen; dadurch Entzündungsreaktion; Veränderung der Gefäßwand

93

Muskelzellen proliferieren, bilden eine Kappe über den absterbendenSchaumzellen.

94

RupturMonozyten produzieren Metalloproteinasen

> Schwächung der Gefäßwand > Defekt der Endotheloberfläche> Freisetzung von tissue factor und Thrombusbildung

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Folgen

• Ischämie (Blutleere; griech. ισχηαιµια)

= Unterversorgung eines Gewebes oder Organs mit Sauerstoff

• Herzinfarkt

• Schlaganfall

> anti-platelet drugs (greifen auf verschiedenen Ebenen ein, unterbinden Plättchenaktivierung und Plättchenaggregation

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• entwickelt sich langsam

• lokaler Entzündungsherd mit Zelladhäsion

> verlangsamter Blutfluss

• venöse Thromben enthalten weniger Plättchen, mehr Erythrozyten und Leukozyten

• Therapie: Heparin und VitaminK-Antagonisten

Venöse Thrombose

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Virchow´sche TriasRudolf Virchow, 1821-1902

3 Risikofaktoren für Gerinnung:

WANDFAKTOR Veränderung an den Gefäßwänden (Endothelschäden -> Thrombozytenadhäsion) z.B. durch Entzündung, Sklerose, Unfall, Verletzungen, Hypoxie (Herz/Lungenerkrankungen)

BLUTFAKTOR erhöhte Gerinnungsneigung

z.B. Störung der Blutgerinnung/Thrombolyse; erhöhte Viskosität, etwadurch Exsikkose

KREISLAUFFAKTOR langsamere Strömungsgeschwindigkeit

z.B. Fehlen der Muskel-Venen-Pumpe bei Bettlägrigkeit oder Ruhigstellung durch Schienen, Herzinsuffizienz, Krampfadern, Venenklappeninsuffizienz

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Therapie

Initial: Heparin + Vitamin K-Antagonisten

Vitamin K-Antagonisten für 3-6 Monate

99

Thromben

Nach dem Erscheinungsbild

- weißer Thrombus: plättchenreich, Peripherie der Gefäße

= Abscheidungsthrombus

- roter Thrombus: bei verlangsamtem Blutfluss, Gefäßverschluss, reich an Erythrozyten

= Gerinnungsthrombus

100

Embolie

= Verschleppung von partikulärem Material in den Blutstrom

Thromboembolie (am häufigsten)

Entstehung vorwiegend in den Venen, Wirbelbildung hinter den Venenklappen > Gerinnungsaktivierung & Thrombinbildung

Mobilisierung von Thromben > Verschluss von Pulmonalarterien („Lungenembolie“)

101

Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC)

Diffuse Aktivierung der Gerinnung im Gefäßsystem

Auslöser: z.B. Infektionen, bakterielle Toxine, Schlangengift,…

Bildung winziger Abscheidungsthromben

> Stagnation des Blutflusses, Hypoxie, Gewebsschädigung

> weitere Thrombusbildung

> Verbrauch an Komponenten der Gerinnungskaskade und Plättchenmangel (Thrombozytopenie)

„Verbrauchskoagulopathie“

102

Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC)

Konsequenzen:

erhöhte Blutungsneigung durch Verbrauch an Gerinnungsfaktoren

spontane Blutungen in Haut, Schleimhäuten, Magen, Darm, Gehirn

Mangeldurchblutung

> Multiorganversagen

Blutungsneigungen

103

104

Hämorrhagische DiatheseUrsachen:

1) Mangel an Gerinnungsfaktoren

erblich, Hämophilie, Bluterkrankheit

2) Vitamin K-Mangel

mangelnde γ-Carboxylierung der Gerinnungsfaktoren, daher keine Interaktion mit Ca2+ und mit Phospholipidmembranen

3) Leberinsuffizienz

da Gerinnungsfaktoren in der Leber gebildet werden

4) gestörte Plättchenbildung

5) Bindegewebserkrankungen (Skorbut)

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Mangel an Gerinnungsfaktoren Hämophilie, Bluterkrankheit

griech. haima, Blut; philos, Freund

Erbkrankheit, X-chromosomal rezessiv vererbt

daher vorwiegend Männer betroffen

Hämophilie A: Faktor VIII-Mangel

Hämophilie B: Faktor IX-Mangel

von Willebrand Disease: Mangel an funktionsfähigem vWF

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Hämophilie

Symptome:

� verlangsamte Blutgerinnung

� Spontanblutungen

� Gelenksblutungen

Schnittverletzungen o.ä. führen nicht zu stärkerem Bluten als beim Gesunden, da Thrombozyten intakt sind;

Verletzungen brechen aber immer wieder auf

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Hämophilie

Therapie:

- früher Bluttransfusion

- heute Ersatz des fehlenden Faktors (prophylaktisch oder bei Bedarf; intravenös)

- Faktoren früher aus menschlichem Plasma gewonnen > Gefahr der Infektion mit HIV, Hepatitis C, Hepatitis B,...

- heute rekombinant hergestellt

108

Faktor VIII-Präparate

Komplikationen bei der Verabreichung:

• Bildung von Antikörpern gegen FVIII, dadurch Inaktivierung des zugeführten Faktors (Hemmkörperhämophilie)bei ca. 30% der Patienten

Gegenmaßnahmen:

> Immunadsorption Entfernung der Antikörper durch Bindung an Adsorber mit Protein A

> Desensibilisierung hohe Dosen von FVIII

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Von Willebrand Disease

• Häufigste erbliche Bluterkrankheit (0.1 – 1%)• Klinisch manifest nur in schweren Fällen (ca. 250 Fälle in D)• beschrieben von Prof. Erik von Willebrand, Helsinki 1926

Ursache: Mangel an funktionellem vWF

verschiedene Typen;

Mutationen in vWF beeinträchtigen - Bildung des multimeren Proteins - Stabilität/Halbwertszeit- Interaktion mit Liganden

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Klinisches Leitsymptom:

Verlängerte Schleimhautblutungen

� Zahnextraktion

� Nasenbluten

� Oberflächliche Hämatome

� Tonsillektomie

� Magen-/Darmblutungen

� Blutungen nach Geburten

Von Willebrand Disease

111

Von Willebrand-Faktor

multimeres Glykoprotein, 2050 Aminosäuren

Bindungsstellen für Kollagen GPIb GPIIb/IIIa

findet sich in Endothelzellen, in α-Granula der Plättchen, sowie im Plasma (10 µg/mL)

unter normalen Bedingungen interagiert löslicher vWF nicht mit Rezeptoren auf Plättchen

Bei Endothelverletzung bindet vWF an Kollagen in der ECM>stark adhäsives Substrat

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Domänenstruktur von vWF

Bindungsstellen für � FVIII� Kollagen� Heparin � GPIb� GP IIb/IIIa

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vermittelt Adhäsion der Thrombozyten an das Subendothel

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Träger für Faktor VIII (protektive Rolle)

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Von Willebrand-Faktor

Zwei Funktionen:

1) Vermittlung der Plättchenadhäsion bei Endothelverletzungen

vWF bindet an Kollagen in der extrazellulären Matrix, dadurch bildet sich eine stark adhäsive Oberfläche, Plättchen heften sich an

2) Bindung und Stabilisierung von Faktor VIII

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Hämorrhagische DiatheseUrsachen:

1) Mangel an Gerinnungsfaktoren

erblich, Hämophilie, Bluterkrankheit

2) Vitamin K-Mangel

mangelnde γ-Carboxylierung der Gerinnungsfaktoren, daher keine Interaktion mit Ca2+ und mit Phospholipidmembranen

3) Leberinsuffizienz

da Gerinnungsfaktoren in der Leber gebildet werden

4) gestörte Thrombopoese

5) Bindegewebserkrankungen (Skorbut)

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Cumarin

Vitamin K-Mangel γ-Carboxylierung von Gerinnungsfaktoren

Vitamin K = Phyllochinon, 1935 aus Blättern der Luzerne isoliert von Henrik Dam (Nobelpreis Medizin 1943 mit Edward Adelbert Doisy); K steht für „Koagulation“

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Gla-Domänen

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Blutungsneigung - Ursachen:

1) Mangel an Gerinnungsfaktoren

erblich, Hämophilie, Bluterkrankheit

2) Vitamin K-Mangel

mangelnde γ-Carboxylierung der Gerinnungsfaktoren, daher keine Interaktion mit Ca2+ und mit Phospholipidmembranen

3) Leberinsuffizienz

da Gerinnungsfaktoren in der Leber gebildet werden

4) gestörte Thrombopoese

5) Bindegewebserkrankungen (Skorbut)

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Skorbut

Vitamin C-Mangel (< 20 mg/Tag)

> mangelnde Kollagen-Biosynthese, Brüchigkeit der Blutgefäße

untersucht von James Lind 1747 > Zitronensaft als „Gegenmittel“

(Zitrone: 53 mg Vitamin C/100g; Paprika 120 mg/100g; Hagebutte: 1250 mg/100g!)

Tagesbedarf ca. 100 mg, Einzeldosen bis 5000 mg werden gut toleriert

Ausscheidung über die Niere; bei langfristig hohen Dosen Risiko der Bildung von Nierensteinen (Oxalat)

121

Skorbut

Kollagen: Strukturprotein des Bindegebes und der extrazellulären Matrix

Typ I fibrillär: Tripelhelix

Aminosäuresequenz: G-x-y

x: oft Prolin

y: oft 4-Hydroxyprolin

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Hydroxylierung von Prolin

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Vitamin C Ascorbinsäure

Vitamin C: Kofaktor der Hydroxylierung von Prolin

Reduktionsmittel > hält Prolin-Hydroxylase in der aktiven Form (Metalloprotein, Fe2+ wird stabilisiert)

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Vasco da Gama, Seeweg nach Indien (1496 – 1498) 100/160 Besatzungsmitgliedern sterben an Skorbut