Bob Dylan & Mark Knopfler

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I rock I 18 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. 19 Es war im Herbst des Jahres 1979. Die beiden Musikproduzenten Barry Becket und Jerry Wexler hatten einen neuen, wichtigen Auf- trag eingeheimst: das neue Album von Bob Dylan! Das war kein Zufall: Ein Jahr zuvor hat- ten sie für eine junge britische Band das Album «Communiqué» mit dem Superhit «Lady Writer» aufgenommen, das den Gitar- renrock neu definierte: die Dire Straits. Dylan, kurz zuvor zum Christentum konvertiert, wollte musikalisch auch in diese Richtung, nachdem er einen Auftritt der Dire Straits im «Roxy» in Los Angeles gesehen hatte. Darum engagierte er das Produzententeam. Damit nicht genug. Er wollte auch den lässigen, lo- ckeren Sound dieses jungen britischen Gitar- renvirtuosen auf seinem Album hören und heuerte diesen gleich mit an: Mark Knopfler. So entstand das Album «Slow Train Coming». Es war die erste Zusammenarbeit von Bob Dylan und Mark Knopfler. Und zwischen den beiden schweigsamen Eigenbrötlern entwi- ckelte sich eine einzigartige, unauffällige mu- sikalische Freundschaft. 1983 spannte Dylan den Ex-Lehrer wieder für ein Album ein. Dies- mal als Produzent und Sessiongitarrist. Politisch passen sie nicht zusammen Gut 30 Jahre später. Weder Dylan noch Knopfler haben sich wesentlich verändert. Knopfler hat sein Stirnband abgelegt, dafür trägt Dylan jetzt Hut. Ihr Songwriting, ihr Gi- tarrenspiel ist dasselbe geblieben – auch wenn beide über einen grossen Range an Sti- len verfügen. Und beiden gemeinsam ist, dass sie wenig bis nichts über sich selbst verraten, kaum Interviews geben und eigentlich nur in ihren musikalischen Universen leben. Darum war es für viele Rockfans eine grosse Überra- schung, als Dylan und Knopfler im Frühling dieses Jahres ankündigten, gemeinsam auf Tournee zu gehen. Denn vom politischen Image her wollen die beiden nicht so recht zusammenpassen: Hier der legendäre Protestsänger, der kritische, manchmal auch aufrührerische Geist, Ikone der amerikanischen Gesellschaftskritik. Da der eher lakonische Laid-Back-Studiomusiker mit dem typisch britischen Sinn für Selbstironie, der seine Gitarre wortlos singen lässt, ohne damit die Welt verändern zu wollen. Nun gehen sie zusammen auf Tournee. Nicht, weil das Alter versöhnt, sondern weil sich zwei Musiker treffen, die alle Klischees hinter sich gelassen haben. An diesem denkwürdi- gen Abend geht es nur um den Sound der Gi- tarre, um die Kunst des Songwritings, um den Spass an der Musik. Alles sehr simpel, alles sehr cool. Das erklärt auch, warum die beiden jeweils mit eigener Band spielen. Je gut eine Stunde. Ohne aufgesetzte Verbrüderungsro- mantik. Ohne den Zwang, Rücksicht auf den anderen nehmen zu müssen. Der gegensei- tige Respekt ist eh schon da. So sind sie eben, die Eigenbrötler. Text: Zeno van Essel Bob Dylan und Marc Knopfler Zwei stille Eigenbrötler auf Tour DYLAN/ KNOPFLER 15.11. Arena Genf 16.11. Hallenstadion Zürich Zwei grosse Gitarristen, zwei grosse Songschreiber, zwei grosse Namen – und dennoch zwei grosse Unbekannte. Bob Dylan und Mark Knopfler zeigen auf der gemeinsamen Tournee, dass ihre Musik ganz ohne Klischees funktioniert. Bob Dylan (oben) und Mark Knopfler – zwei Bilder, die Bände sprechen: Dylan mit dem kritischen Blick, Knopfler entspannt zurückgelehnt. TONI VESCOLI: «DARUM HABE ICH MIR SOFORT ZWEI TICKETS BESORGT!» «Mark Knopfler und Bob Dylan sind zwei meiner grossen musikalischen Idole. Dylan, weil er ein alter Weggefährte ist. Ich habe ihn 1965 zum ersten Mal wahr- genommen und seither hat er mich nicht mehr losgelassen. Kein Konzert, bei dem ich selbst nicht einen oder zwei Dylan- Songs spiele. Manchmal mache ich da- raus auch ein ganzes Abendprogramm. Mark Knopfler hat mich in den 80er-Jah- ren wieder mit der Rockmusik versöhnt, weil diese mir damals zu heavy gewor- den ist. Knopfler, für mich eine Mischung aus den Shadows und Bob Dylan, hat es geschafft, Musik zu machen, die Ge- ne-rationen verbindet. Seinen Sound zu hören ist für mich, wie in Teneriffa im Liegestuhl zu hängen und die Seele bau- meln zu lassen. Ich finde es grossartig, dass diese beiden Grossen der Rock- musik zusammen auf Tour gehen. Sie passen perfekt zusammen und sprechen Leute wie mich an, die es lieben, eine gute Zeit mit gutem Sound zu geniessen.» Dylan/Knopfer live: Jeder spielt eine Stunde. Toni Vescoli, Musiker und Kopf der legendären Sauterelles. PAPERBOY

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event. - Das Veranstaltungs- und Freizeitmagazin - Oktober 2011

Transcript of Bob Dylan & Mark Knopfler

I rock I

18 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. 19

Es war im Herbst des Jahres 1979. Die beiden

Musikproduzenten Barry Becket und Jerry

Wexler hatten einen neuen, wichtigen Auf-

trag eingeheimst: das neue Album von Bob

Dylan! Das war kein Zufall: Ein Jahr zuvor hat-

ten sie für eine junge britische Band das

Album «Communiqué» mit dem Superhit

«Lady Writer» aufgenommen, das den Gitar-

renrock neu definierte: die Dire Straits. Dylan,

kurz zuvor zum Christentum konvertiert,

wollte musikalisch auch in diese Richtung,

nachdem er einen Auftritt der Dire Straits im

«Roxy» in Los Angeles gesehen hatte. Darum

engagierte er das Produzententeam. Damit

nicht genug. Er wollte auch den lässigen, lo-

ckeren Sound dieses jungen britischen Gitar-

renvirtuosen auf seinem Album hören und

heuerte diesen gleich mit an: Mark Knopfler.

So entstand das Album «Slow Train Coming».

Es war die erste Zusammenarbeit von Bob

Dylan und Mark Knopfler. Und zwischen den

beiden schweigsamen Eigenbrötlern entwi-

ckelte sich eine einzigartige, unauffällige mu-

sikalische Freundschaft. 1983 spannte Dylan

den Ex-Lehrer wieder für ein Album ein. Dies-

mal als Produzent und Sessiongitarrist.

Politisch passen sie nicht zusammenGut 30 Jahre später. Weder Dylan noch

Knopfler haben sich wesentlich verändert.

Knopfler hat sein Stirnband abgelegt, dafür

trägt Dylan jetzt Hut. Ihr Songwriting, ihr Gi-

tarrenspiel ist dasselbe geblieben – auch

wenn beide über einen grossen Range an Sti-

len verfügen. Und beiden gemeinsam ist, dass

sie wenig bis nichts über sich selbst verraten,

kaum Interviews geben und eigentlich nur in

ihren musikalischen Universen leben. Darum

war es für viele Rockfans eine grosse Überra-

schung, als Dylan und Knopfler im Frühling

dieses Jahres ankündigten, gemeinsam auf

Tournee zu gehen.

Denn vom politischen Image her wollen die

beiden nicht so recht zusammenpassen: Hier

der legendäre Protestsänger, der kritische,

manchmal auch aufrührerische Geist, Ikone

der amerikanischen Gesellschaftskritik. Da der

eher lakonische Laid-Back-Studiomusiker mit

dem typisch britischen Sinn für Selbstironie,

der seine Gitarre wortlos singen lässt, ohne

damit die Welt verändern zu wollen.

Nun gehen sie zusammen auf Tournee. Nicht,

weil das Alter versöhnt, sondern weil sich

zwei Musiker treffen, die alle Klischees hinter

sich gelassen haben. An diesem denkwürdi-

gen Abend geht es nur um den Sound der Gi-

tarre, um die Kunst des Songwritings, um den

Spass an der Musik. Alles sehr simpel, alles

sehr cool. Das erklärt auch, warum die beiden

jeweils mit eigener Band spielen. Je gut eine

Stunde. Ohne aufgesetzte Verbrüderungsro-

mantik. Ohne den Zwang, Rücksicht auf den

anderen nehmen zu müssen. Der gegensei-

tige Respekt ist eh schon da. So sind sie eben,

die Eigenbrötler. Text: Zeno van Essel

Bob Dylan und Marc Knopfler

Zwei stilleEigenbrötler

auf Tour

DYLAN/KNOPFLER15.11. Arena Genf

16.11. Hallenstadion

Zürich

Zwei grosse Gitarristen, zwei grosse Songschreiber, zweigrosse Namen – und dennoch zwei grosse Unbekannte.Bob Dylan und Mark Knopfler zeigen auf der gemeinsamenTournee, dass ihre Musik ganz ohne Klischees funktioniert.

Bob Dylan (oben) und Mark Knopfler – zwei Bilder, die Bände sprechen: Dylan mit dem kritischen Blick, Knopfler entspannt zurückgelehnt.

TONI VESCOLI: «DARUM HABE ICH MIRSOFORT ZWEI TICKETS BESORGT!»«Mark Knopfler und Bob Dylan sind zweimeiner grossen musikalischen Idole.Dylan, weil er ein alter Weggefährte ist.Ich habe ihn 1965 zum ersten Mal wahr-genommen und seither hat er mich nichtmehr losgelassen. Kein Konzert, bei demich selbst nicht einen oder zwei Dylan-Songs spiele. Manchmal mache ich da-raus auch ein ganzes Abendprogramm.Mark Knopfler hat mich in den 80er-Jah-ren wieder mit der Rockmusik versöhnt,weil diese mir damals zu heavy gewor-den ist. Knopfler, für mich eine Mischungaus den Shadows und Bob Dylan, hates geschafft, Musik zu machen, die Ge-ne-rationen verbindet. Seinen Sound zuhören ist für mich, wie in Teneriffa imLiegestuhl zu hängen und die Seele bau-meln zu lassen. Ich finde es grossartig,dass diese beiden Grossen der Rock-musik zusammen auf Tour gehen. Siepassen perfekt zusammen und sprechenLeute wie mich an, die es lieben, einegute Zeit mit gutem Sound zu geniessen.»

Dylan/Knopfer live: Jeder spielt eine Stunde.

Toni Vescoli, Musiker und Kopfder legendären Sauterelles.

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