BÜRGERSCHAFT 21/13194 DER FREIEN UND HANSESTADT … · gabe namens „Arnold Toynbee“. Bitte die...
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BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1319421. Wahlperiode 01.06.18
Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 25.05.18
und Antwort des Senats
Betr.: Herausnahme von Büchern aus dem Bestand der Bücherhallen Ham-burg aus politischen Gründen (II)
Ende Oktober 2015 entschied der Stiftungsvorstand der Bücherhallen Ham-burg, sämtliche Werke des Autors Akif Pirinçci aus dem Bestand zu nehmen. Begründet wurde der Schritt, so die Direktorin Frau Hella Schwemer-Martienßen, mit den Äußerungen des Autors auf einer Pegida-Demonstration in Dresden, die eine „Grenze überschritten“ hätten und mit dem „demokrati-schen Konsens“ nicht mehr vereinbar seien.
Gefragt nach den formalen und politischen Hintergründen zu dieser Ent-scheidung hat der Senat in Drs. 21/12361 auf einige Fragen überhaupt nicht oder nicht vollständig oder widersprüchlich geantwortet. Der Fragesteller bit-tet daher, die bisher ausstehenden Antworten auf die folgenden Fragen nachzureichen:
Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen (HÖB) wie folgt:
1. Wann wurde die Entscheidung getroffen, sämtliche Bestände des Autors Akif Pirinçci aus den Bibliotheken der Bücherhallen Hamburg zu entfer-nen? Bitte das genaue Datum der Entscheidung angeben.
Anmerkung: In der Antwort aus Drs. 21/12361 wird auf die Vorbemer-kung verwiesen. Dieser ist zu entnehmen, dass die Entscheidung durch den „Stiftungsvorstand“ getroffen wurde, der „genaue Zeitpunkt der Ent-scheidung“ jedoch „nicht erfasst“ wurde. Diese Aussage ist kaum nach-vollziehbar, weil davon auszugehen ist, dass Entscheidungen des Stif-tungsvorstandes im Rahmen protokollierter Sitzungen stattfinden, umso mehr, dass es sich bei den Bücherhallen Hamburg um eine Gemeinnüt-zige Stiftung privaten Rechts handelt, die durch die Freie und Hanse-stadt Hamburg gefördert wird. Bitte die fehlenden Auskünfte wie folgt nachreichen:
a) Bitte allgemein angeben, ob zu Sitzungen des Vorstandes, Protokol-le angefertigt werden.
b) Bitte anhand der Sitzungsprotokolle die fehlende Auskunft zum Datum der Entscheidung nachreichen.
c) Falls die Entscheidung nicht im Rahmen einer Vorstandssitzung getroffen wurde, warum fand die Entscheidung informell statt?
d) Durch welche Rechtsvorschrift(en) (Satzung, andere Rechtsvor-schriften) sind solche informellen Entscheidungen legitimiert?
Drucksache 21/13194 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode
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2. Innerhalb welches Gremiums wurde die Entscheidung getroffen und wer war an der Entscheidung beteiligt? Bitte das Gremium und die an der Entscheidung beteiligten Mitglieder mit vollständigen Namen und ihren jeweiligen Funktionen benennen.
Anmerkung: In der Antwort aus Drs. 21/12361 wird auf die Vorbemer-kung verwiesen. Dieser ist lediglich zu entnehmen, dass die „einver-nehmliche Entscheidung“ durch den „Stiftungsvorstand“ getroffen wurde. Aussagen zu den beteiligten Mitgliedern, deren Funktionen und deren Namen werden hingegen nicht getroffen. Die Bücherhallen Hamburg sind eine Gemeinnützige Stiftung privaten Rechts, gefördert durch die Freie und Hansestadt Hamburg. Die Vorstandsmitglieder repräsentieren die Stiftung gerade auch in der Öffentlichkeit. Bitte die fehlenden Aus-künfte wie folgt nachreichen:
a) Alle an der Entscheidung beteiligten Mitglieder des Stiftungsvor-standes mit ihren Vorstandsfunktionen benennen.
b) Alle an der Entscheidung beteiligten Mitglieder des Stiftungsvor-standes namentlich benennen.
Die Bestandsentwicklung gehört zu den Aufgaben der laufenden Geschäftsführung der Stiftung und obliegt damit gemäß der Stiftungssatzung dem Vorstand. Zu den Mitgliedern des Stiftungsvorstands siehe https://www.buecherhallen.de/ueber-uns. Zuständig für den Bereich der Bibliotheksdienstleistungen ist die Bibliotheksdirektorin.
Die regelmäßig stattfindenden Dienstbesprechungen des Vorstands werden nur pro-tokolliert, wenn wesentliche organisatorische Veränderungen daraus folgen. Bestandsentscheidungen sind Teil des laufenden operativen Geschäfts der Biblio-theksdirektorin und nicht Gegenstand einer Dienstbesprechung. Eine Verpflichtung zur Dokumentation solcher Entscheidungen im Rahmen der laufenden Geschäftsfüh-rung besteht nach Maßgabe der für die Geschäftsführung relevanten Rechtsvor-schriften (Satzung, Geschäftsanweisung des Vorstands, Landeshaushaltsordnung, Hamburgische Verfassung sowie allgemeine Gesetze) nicht.
3. Auf Basis welcher Rechtsgrundlage wird die Herausnahme von Büchern aus dezidiert politischen Gründen legitimiert, wie es im Fall Akif Pirinçci erfolgte und von der Direktorin der Bibliothek bestätigt wurde? Bitte die Rechtsgrundlagen und entsprechenden Passagen benennen.
Anmerkung: In der Antwort aus Drs. 21/12361 wird auf die Vorbemer-kung verwiesen. Dieser ist lediglich zu entnehmen, dass die „einver-nehmliche Entscheidung des Stiftungsvorstands, die Titel des Autors Akif Prinḉci aus dem Bestand der Bibliothek zu nehmen“, „nachvollzieh-bar begründet und vom Stiftungsauftrag gedeckt“ sei und kein „Anlass zu einer Beanstandung durch den Stiftungsrat oder die Behörde für Kultur und Medien (BKM)“ bestehe. Des Weiteren werden Angaben hinsichtlich des Herausnehmens von Beständen „auf Basis kennzahlengestützter Kriterien“ sowie „aus Platz- oder Aktualitätsgründen“ gemacht. Ein Ein-gehen des Senats auf die eigentliche Frage nach der Rechtsgrundlage für eine Herausnahme von Beständen aus dezidiert politischen Gründen findet hingegen nicht statt. Bitte diese bislang fehlende Antwort umfas-send nachreichen.
4. Welche sämtlichen Werke eines Autors wurden in den vergangenen fünf Jahren aus dem Bestand der Bücherhallen herausgenommen?
Anmerkung: In der Antwort aus Drs. 21/12361 wird auf die Vorbemer-kung verwiesen. Dieser ist zu entnehmen, dass „eine Auflistung der in den letzten fünf Jahren gelöschten Titel (…) nicht verfügbar“ sei. Diese Aussage ist kaum nachvollziehbar, da Bibliotheken grundsätzlich ihre ausgesonderten Titel statistisch erfassen. Früher fand dies über die Streichung im Inventarbuch statt, heute wird dies über eine Umlenkung in der Datenbank erfasst. Bitte die bislang fehlende Antwort nachreichen.
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/13194
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5. Wurden Einzel- oder Gesamtwerke von Autoren, die dem linken politi-schen Lager zuzurechnen sind, herausgenommen?
Anmerkung: In der Antwort aus Drs. 21/12361 behauptet der Senat: „Dieses ist kein für Bestandsentscheidungen relevantes Kriterium.“ Die Antwort steht im Widerspruch zu der bestätigten Entscheidung des Stif-tungsvorstandes, die Bestände des Autors Akif Pirinçci aus politischen Gründen (Aussagen aus einer Pegida-Rede) herauszunehmen. Da der Stiftungsvorstand somit nachweislich entscheidet, Bücher auch aus poli-tischen Motiven aus dem Bestand herauszunehmen, sollte er auch in der Lage sein, die Frage zu beantworten, ob Werke von Autoren, die dem linken Lager zuzurechnen sind, aus politischen Gründen herausgenom-men wurden. Bitte daher umfassend nachreichen, inwieweit Einzel- oder Gesamtwerke von Autoren des linken Lagers aus politischen Gründen herausgenommen wurden.
Die Entscheidung der Stiftung HÖB, Bücher aus dem Bestand zu nehmen, erfolgt auf der Grundlage von § 2 der Stiftungssatzung. Bestandsentscheidungen werden einzel-fallabhängig nach Abwägung aller für die Bestandsentwicklung relevanten Kriterien getroffen. Die Zuordnung zu einem „politischen Lager“ ist kein für die Bestandsent-wicklung relevantes Kriterium.
Die Angaben zur Löschung in der Drs. 21/12361 sind korrekt. Titeldaten ohne Bestand werden in den Kundenkatalogen sofort ausgeblendet. Sie werden nach einigen Mona-ten in der internen Dienstrecherche mit einem Löschkennzeichen versehen und sind dann nicht mehr verfügbar. Eine Auswertung der Daten zur Löschung sämtlicher Wer-ke einer beliebigen Autorin oder eines Autors ist aufgrund der Größe der Datenmenge mit der den Bücherhallen zur Verfügung stehenden Technik nicht möglich.
6. Gibt es eine Ziel- und Leistungsvereinbarung oder eine Fördervereinba-rung/-richtlinie, an die die Gewährung öffentlicher Mittel geknüpft ist? Bit-te umfassend erläutern.
Anmerkung: In Drs. 21/12361 antwortet der Senat hierzu: „Das Instru-ment der Ziel- und Leistungsvereinbarung wurde auf Empfehlung des Rechnungshofes aufgegeben, die institutionelle Förderung erfolgt auf Basis des Zuwendungsantrags sowie der von der Stiftung vorgelegten Unternehmens- und Finanzplanung.“ Bitte die Empfehlung des Rech-nungshofes hinsichtlich einer wegzulassenden Ziel- und Leistungsver-einbarung zwischen Behörde und der HÖB im Wortlaut nachreichen.
Die Entscheidung der zuständigen Behörde, auf Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den von ihr gesteuerten und geförderten Einrichtungen zu verzichten und stattdes-sen die Ziel- und Leistungsparameter in die Wirtschaftspläne zu integrieren, erfolgte im Rahmen der Auswertung des Jahresberichts des Rechnungshofes aus dem Jahr 2012,Tz. 98, siehe dazu
http://www.hamburg.de/contentblob/3263618/06015083083c9581ba37a250b4b6da85/data/jahresbericht-2012.pdf.
7. Würde die Herausnahme von Büchern aus dem Bibliotheksbestand aus politischen Gründen, wie es die Direktorin Schwemer-Martienßen im Fall des Autors Pirinçci bestätigt, seitens der Freien und Hansestadt Ham-burg gegen die Gewährung von öffentlichen Mitteln (auch teilweise) ver-stoßen?
In Drs. 21/12361 antwortet der Senat hierzu: „Die Herausnahme der benannten Medien ist vom Auftrag der Stiftung gedeckt (siehe Vorbe-merkung) und steht im Einklang mit der Gewährung der staatlichen För-derung.“ Hierzu ergeben sich folgende Nachfragen:
a) Wodurch legitimiert die Stiftungssatzung die Herausnahme von Beständen aus politischen Gründen beziehungsweise aufgrund spezifischer politischer Aussagen eines Autors? Bitte hierzu den Paragrafen der Stiftungssatzung nennen und die Begründung aus-führlich erläutern.
Drucksache 21/13194 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode
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b) Wodurch legitimiert sich die Herausnahme von Beständen aus poli-tischen Gründen beziehungsweise aufgrund spezifischer politischer Aussagen eines Autors mit der staatlichen Förderung? Bitte auch hierzu alle relevanten Rechtsvorschriften unter Angabe der entspre-chenden Paragraphen angeben und die Begründung ausführlich erläutern.
Siehe Antwort zu 3. bis 5. Die Entscheidung steht der Gewährung öffentlicher Förde-rung nicht entgegen.
8. Anschließend eine Reihe von Autoren, die bereits durch antisemitische Äußerungen aufgefallen sind, deren Bücher aber im Bestand sind:
Franco Berardi (vergleiche: https://www.hessenschau.de/kultur/ documenta/autor-zerreisst-gedichtmit-holocaust-vergleich,auschwitz-beach-entschaerft-102.html) Holocaust-Vergleiche und „Kunstperfor-mance mit dem Titel „Auschwitz on the beach“; im Bestand mit: ISBN/EAN: 978-3-95757-237-0 sowie 978-3-95757-092-5.
Ernst Walter Henrich (vergleiche: https://www.provegan.info/de/infothek/ aktuelles/holocaust-vergleich-und-ein-journalist-der-nichts-verstanden-hat/). Im Bestand mit: ISBN/EAN: 978-3-8304-6660-4.
Arnold Toynbee (vergleiche: http://www.clemensheni.net/allgemein/ antisemitismus-und-der-israel-nazi-vergleich-nicht-nur-die-ueblichen-verdaechtigen/). Im Bestand mit 3-546-00100-1 sowie einer Digitalaus-gabe namens „Arnold Toynbee“.
Bitte die Ausleihstatistik der oben genannten Autoren aus den letzten fünf Jahren darlegen.
Siehe Anlage. Die Ausleihdaten für die Jahre 2014 und 2015 liegen der Stiftung HÖB nicht vor, da diese nur drei Jahre gespeichert werden.
9. Bitte darlegen, welche Zugriffswerte als Grenze gelten, die zum vollstän-digen Entfernen sämtlicher Werke eines Autors berechtigen.
Solche Grenzwerte sind nicht definiert. Siehe dazu auch Antwort zu 3. bis 5.
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