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1 Brand- und Klimaschutz können gleichzeitig Naturschutz sein Von Dr. Erich Koch, Altshausen Hitzewellen im Sommer, Dürren, Waldbrände, Überschwemmungen und schneefreie Winter: Wissenschaftler sind der Überzeugung, dass der Klimawandel auch in Deutschland bereits seine Spuren hinterlassen hat. Zu den Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel kann das Anlegen von Wasserspeichern und Löschteichen gehören, um der zunehmenden Gefährdung von Feldern und angrenzenden Wäldern durch Brände bei Trockenheit schnell zu begegnen. Eine einfache Möglichkeit zur effizienten Bekämpfung der Feuersbrunst von Wald- und Torfbränden am Beispiel Russlands beschreibt der nachfolgende Bericht. Und ganz nebenbei, quasi als Nebeneffekt, würden zahlreiche Biotope und Fischhabitate entstehen. Es gibt wohl keine schönere und lebendigere Möglichkeit, technische Funktionen wie beispielsweise Wasserspeicher und Löschteiche mit den vielfältigsten naturnahen Lebensräumen zu verknüpfen. Ebenso werden die sich daraus resultierenden, zahlreichen Synergien für Mensch, Natur und Landschaft aufgezeigt. Ein aus einer 40-jährigen Praxis heraus entwickeltes, ökologisch und ökonomisch sinnvolles Konzept wird hier vorgestellt, um die jährlich wiederkehrenden, zum Teil verheerenden Wald- und Torfbrände vor allem in Russland zu minimieren. Die Idee besteht im Aufbau einer Vielzahl kleiner, hydrologisch vernetzter Retentionsräume zur Wasserrückhaltung in der Fläche, indem die bereits vielfach vorhandenen Drainagegräben in ihrem Gefälle gekippt und zu Wasserspeichern („Grabenteiche“) ausgebaut werden. Dadurch entstehen millionenfach kleinere Löschwasserteiche, welche mehr oder weniger gleichmäßig über die gefährdeten Regionen verteilt sein werden. Das notwendige Löschwasser kann jederzeit mittels mobiler Pumpen relativ einfach und vor allem schnell zu jedem Punkt einer Brandstelle gebracht werden. Durch die ökologische Aufwertung der Entwässerungsnetze werden zusätzlich neue Lebensräume für die Aquafauna und –flora geschaffen, insbesondere entstehen neue Kleinfischhabitate und die so wichtigen Laichgründe für eine Selbstreproduktion. 1 Ursachen für die Wald- und Torfbrände

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Brand- und Klimaschutzkönnen gleichzeitig Naturschutz sein

Von Dr. Erich Koch, Altshausen

Hitzewellen im Sommer, Dürren, Waldbrände, Überschwemmungenund schneefreie Winter: Wissenschaftler sind der Überzeugung,dass der Klimawandel auch in Deutschland bereits seine Spurenhinterlassen hat. Zu den Maßnahmen zur Anpassung an denKlimawandel kann das Anlegen von Wasserspeichern undLöschteichen gehören, um der zunehmenden Gefährdung vonFeldern und angrenzenden Wäldern durch Brände bei Trockenheitschnell zu begegnen. Eine einfache Möglichkeit zur effizientenBekämpfung der Feuersbrunst von Wald- und Torfbränden amBeispiel Russlands beschreibt der nachfolgende Bericht.Und ganz nebenbei, quasi als Nebeneffekt, würden zahlreicheBiotope und Fischhabitate entstehen. Es gibt wohl keine schönereund lebendigere Möglichkeit, technische Funktionen wiebeispielsweise Wasserspeicher und Löschteiche mit denvielfältigsten naturnahen Lebensräumen zu verknüpfen. Ebensowerden die sich daraus resultierenden, zahlre ichen Synergien fürMensch, Natur und Landschaft aufgezeigt.

Ein aus einer 40-jährigen Praxis heraus entwickeltes, ökologisch undökonomisch sinnvolles Konzept wird hier vorgestellt, um die jährl ichwiederkehrenden, zum Teil verheerenden Wald - und Torfbrände vorallem in Russland zu minimieren. Die Idee besteht im Aufbau einerVielzahl kleiner, hydrologisch vernetzter Retentionsräume zurWasserrückhaltung in der Fläche, indem die bereits vielfachvorhandenen Drainagegräben in ihrem Gefälle gekippt und zuWasserspeichern („Grabenteiche“) ausgebaut werden. Dadurchentstehen mill ionenfach kleinere Löschwasserteiche, welche mehr oderweniger gleichmäßig über die gefährdeten Regionen vertei lt seinwerden. Das notwendige Löschwasser kann jederzeit mittels mo bilerPumpen relativ einfach und vor al lem schnell zu jedem Punkt einerBrandstel le gebracht werden.Durch die ökologische Aufwertung der Entwässerungsnetze werdenzusätzlich neue Lebensräume für die Aquafauna und –flora geschaffen,insbesondere entstehen neue Kleinf ischhabitate und die so wicht igenLaichgründe für eine Selbstreproduktion.

1 Ursachen für die Wald- und Torfbrände

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Wald- und Torfbrände gehören zu den unberechenbarsten Katastrophen undder Kampf gegen die Flammen ist of t verzweifelt und aussichtslos. Ausgelöstwerden diese Naturkatastrophen durch Bl itzeinschläge in Kombinat ion mitlangen Dürre- und Trockenperioden. Doch die meisten Waldbrände werdeninzwischen al lerdings vom Menschen ausgelöst. Und Russland macht dakeine Ausnahme. Vie le Wälder und Fluren sind übersät mit wi ldenFeuerstel len, an denen Schaschlik gegril l t wird. Auch achtlos weggeworfeneZigaretten oder Streichhölzer haben dabei schon eine Vielzahl von schwerenBränden verursacht. Weiterhin sind gezielte Brandst if tung und purerVandal ismus weltweit immer öf ter schuld an Brandkatastrophen. Expertengehen davon aus, dass nur noch 10 Prozent al ler Waldbrände auf einenatürl iche Entzündung durch Bl itze zurückzuführen sind.In Russland brennt allerdings nicht nur der Wald, sondern auch derTorfboden, auf dem die Bäume stehen. Torf ist ein organisches Sediment,das überwiegend aus Torfmoosen besteht. Im getrockneten Zustand ist Torfein exzel lenter Brennstof f , genau wie Heu oder Stroh, und erreicht einenHeizwert von 20–22 MegaJoule/kg, ähnlich wie Braunkohle. Und so hält dertorf ige Untergrund die Feuer in Gang.

2 Entwässerte Moore begünstigen BrändeSolange die Moore in ihrem ursprünglichen Zustand nass waren, konnten sienicht brennen. Doch in den letzten 100 Jahren, vor a l lem nach 1930, s ind sienach und nach trockengelegt worden. Die gewalt igen Landf lächen konntenjetzt als Äcker, Wiesen oder Wälder genutzt werden. Und das sind mehr als10 Prozent der Fläche Westrusslands, was ungefähr dem 1,2fachen derFläche Deutschlands entspricht.Durch die Grundwasserabsenkung konnte Torf in großen Mengen abgebautwerden, um ihn als fossilen Brennstof f zu nutzen oder als Rohmater ial fürden Gartenbedarf nach Mitteleuropa zu export ieren.So sind im europäischen Russland Regionen ents tanden, in der es diegrößten Torff lächen der Welt gibt und damit sind die Voraussetzungen fürverheerende Wald- und Torfbrände gegeben. In der Regel wird Torf dort inBrand geraten, wo das Grundwasser künstl ich abgesenkt worden ist, keinRegen in der Trockenperiode fäl lt und wo ein Waldbrand wütet. HoheLufttemperaturen, geringe Luf tfeuchtigkeit sowie Wind begünstigen dieEntzündung. So kam es 2010 in Russland zu Hunderten dieser r iesigenTorffeuern.

Torffeuer sind weltweit ein Dauerproblem. Vor al lem in den mächtigenMooren Südostasiens können sie mehrere Jahre schwelen. In Russlandgehen die Brände derzeit nur an wenigen Stel len in t iefere Bodenschichten.Aber auch da braucht es r iesige Mengen an Löschwasser, um einen solchenBrand in den Grif f zu bekommen.

3 Verlauf der Wald- und Torfbrände in Westrussland 2010Insgesamt brannten auf einer Fläche von 196 000 Hektar zwischen Karel ien,Woronesch und der Region südöstl ich von Moskau geschätzte 700 Feuer. Eswaren zeitweise über 240.000 zivi le Rettungsk räf te, davon 162.000Feuerwehr leute und mehr als 2.000 Armee-Angehör ige sowie 54Löschf lugzeuge im Einsatz. Weiterhin stel lte die russische Regierung al le300 Löschfahrzeuge ihres Heeres zur Verfügung.Des Weiteren wüteten große Torffeuer in den Moorlandschaften um Moskau,was die Lage zusätzl ich verschärf te. In weiten Tei len Russlands herrschte

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von Ende Juni bis Mitte August 2010 die größte Hitze seit Beginn derWetteraufzeichnungen vor 130 Jahren. So wurden am 2. August in der StadtWoronesch 44 Grad Cels ius gemessen, in der Region ent lang des StromesWolga 42 °C, einem der Hauptzentren der Brandkatastrophe. Die schnelleAusbreitung der Brände wurde durch den vertrockneten torf igen Untergrundbegünstigt.

Die Auswertung von Bildern der NASA-Satelit ten Aqua und Terra ergabenAnfang August bis zu 564 tagesgleiche Brände, welche sich am 9. August auf442 Brände reduzierten. Am 14. August 2010 wurden jedoch immer noch 368Wald- und Torfbrände in Russland registr iert . So erklärte das russischeKatastrophenministerium im August 2010, dass wohl 239 bestehende Feuergelöscht wurden, jedoch innerhalb der vergangenen 24 Stunden 247 neueBrände ausgebrochen sind. Damit ist die Dramat ik dieser katastrophalenBrände nicht mehr zu überbieten. Selbst der russische Minister präsidentWladimir Putin hat sich am 10. August 2010 höchstpersönl ich alsFeuerbekämpfer erfolgreich betät igt, indem er als Co-Pi lot die Wasserladungeines Löschf lugzeuges zielgenau über einer Feuerbrunst im Gebiet Rjasan,ca. 150 km südöstl ich von Moskau, abwarf.

4 SchadensbilanzLaut off iziellen Angaben forderten die großf lächigen Wald - und Torfbrände inWestrussland im Jul i und August 2010 mindestens 62 Tote, wobeiHi lfsorganisat ionen von mehr Opfern ausgehen. Ganze 52 Dörfer und 3.200Häuser wurden vernichtet. Nach längerem Zögern räumten die russischenBehörden ein, dass die Brände auch in radioaktiv verstrahlten Gebietenwüteten. Allein in der Region Brjansk wurden 28 Wald- und Torfbrände aufeiner Fläche von 269 Hektar am 06. August 2010 gezählt . Diese Umgebung,nahe dem Grenzgebiet zur Ukraine und Weißrussland, gehört zu dengefährl ichsten Gebieten der Welt. Bekanntl ich kam es dort 1986 zurAtomreaktor-Katastrophe von Tschernobyl. Zudem hatte es auch in anderenradioaktiv verstrahlten Gegenden gebrannt, wie etwa in Tscheljabinsk amUral, wo sich ebenfal ls mehrere Reaktoranlagen bef inden. Ebenso ist einweiteres, befürchtetes Szenario eingetroffen: Die Brände haben auch dasstark radioaktiv kontaminierte Gebiet von Majak erreicht. Dort hatte sich1957 eine atomare Katastrophe in der Wiederaufbereitungsanlage und demLager von radioaktivem Mater ial ereignet.

Die wochenlang andauernden Wald- und Torfbrände hatten darüber hinausalarmierende Folgen für das Weltk l ima. Nach Schätzungen des GeoBio-Centers der Ludwig-Maximil ians-Universi tät in München wurden bis zu 100Mil l ionen Tonnen klimaschädigendes Kohlenstoffdioxid f reigesetzt. Dasentspricht ca. 12 Prozent der Jahresemission Deutschlands.Verheerende Auswirkungen hatten insbesondere die Torfbrände, derenSchadstof fbelastung um ein Vielfaches höher ist als die aus brennendenWäldern. Der dichte Qualm aus brennenden Mooren enthält neben demKohlenstoffdioxid das äußerst gif t ige Gas Kohlenstoffmonoxid. Hinzu kommtnoch eine extreme Feinstaubbelastung (Rauchpart ikel), welche vermut l ichTausenden von Menschen das Leben kostete.Der Feinstaub der Torfbrände hatte nicht nur schl imme Auswirkungen für dieMenschen und Tiere in der Katastrophen-Region. Die Gefahr für das Kl imawird durch die f reigesetzten Rußpart ikel zusätzl ich verstärkt. Denn dieextrem feinen Part ikel halten sich sehr lange in der Atmosphäre und können

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bis zur Arkt is getragen werden, wo sie die Eisschmelze weiterbeschleunigen. Das wäre dann ein weiterer, sehr unerwünschter Kl imaeffekt.

Der Heizwert des verbrannten fossi len Materials l iegt bei ca. 500 PetaJoule,das sind 500 Bil l iarden Joule. Rechnet man diese Energiemenge äquivalentauf Heizöl um, dann ist ein Energiepotenzial in Höhe von ca. 14 Mil l iardenEuro nutzlos verbrannt worden.Ökonomisch bedeuten die Brände für die russische Regierung hoheEinbußen, da es mindestens etwa 50 Jahre, eher 100 Jahre dauern wird, bisin den Brandgebieten wieder Nutzungskonzessionen für den Holzeinschlagvergeben werden können.

Russland gehört neben der Europäischen Union, Austral ien und der USA zuden weltgrößten Getreide-Exporteuren mit einem Exportumfang von jähr l ichrund 22 Mil l ionen Tonnen. Die russische Regierung verhängte am 5. August2010 ein Exportverbot für Getreide aufgrund der Dürren und Brände. Derrussische Getreideausfall durch Brände und Dürren lag bei rund 30 Prozent,was einer Tonnage von mehr als 30 Mil l ionen entspricht. Dadurch st iegen dieWeltmarktpreise für Getreide, insbesondere bei Weizen, ab Jul i 2010 rasantan. Die Brotpreise sind innerhalb kurzer Zeit um deutl ich über 20 %gestiegen, tei lweise um bis zu 35 %.

Experten aus Russland, ebenso aus Westeuropa, schätzen den materiel lenund volkswirtschaft l ichen Schaden durch die Wald- und Torfbrände imSommer 2010 in Westrussland auf mehr als 30 Mil l iarden Euro.

Neben den Waldbränden im europäischen Russland standen auch im FernenOsten des Landes weite Gebiete in Flammen. Nach Angaben derUmweltorganisation Greenpeace seien landesweit den Flammen mindestens12 Mil l ionen Hektar zum Opfer gefallen und damit eine Fläche größer als dergesamte Waldbestand Deutschlands. Greenpeace schätzt die Waldschäden2010 in Russland auf mehr als 200 Mil l iarden Euro, also deutl ich höher alsvon den russischen Behörden angegeben. Nach amtlichen Angaben hat eslandesweit etwa 30.000 Waldbrandherde auf einer Fläche von mehr als 1,246Mil l ionen Hektar gegeben.

Die Katastrophe könne sich in Russland jederzeit wiederholen, warnteGreenpeace Ende August 2010. Tatsache ist, dass seit Beginn des Jahres2011 landesweit 11.060 Naturbrände ausgebrochen sind, welche bereits eineGesamtf läche von 618.000 Hektar Wald zerstörten. Das ist nahezu dreimalmehr gegenüber dem Vergleichszeitraum Januar bis Mai des Vorjahres 2010als 215.000 Hektar Wald zerstört wurden, so die Mittei lung desZivi lschutzminister ium Russlands am 07. Juni 2011. Besonders kompliziertwar die Lage in der Region Krasnojarsk und dem Gebiet Irkutsk. Dortloderten neun größere Brände auf einer Fläche von 11.590 Hektar. DieBrände wurden nach Aussage des sibir ischen Zentrums desZivi lschutzminister iums hauptsächl ich von Aktivitäten der ört l ichenEinwohner verursacht, obwohl von den sibir ischen Behörden rund 1.500Posten eingerichtet worden sind, die den Zugang zu den Wälderneinschränken und die Lage beobachten.

5 Hauptproblem für die Brandbekämpfung ist fehlendes

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LöschwasserDie Löschwasserversorgung für die Feuerwehren ist unzureichend. Ein Tei lder Wald- und Torfbrände wütete fernab jeglicher Zivi l isat ion und in schlechterreichbaren Regionen. Die vorjähr igen Erfahrungen zeigen, dass diemeisten Brände auf ver lassenen Feldern und Großkahlschlägen entstandenwaren. Es handelte sich bei der Feuerbi ldung anfangs um Grasbrände, diesich erst danach auf die Wälder ausbreiteten. Dort, wo Land- undForstwirtschaft gut funktionieren, dort, wo eine verantwortungsvol le undnachhalt ige Landnutzung betr ieben wird, gab es keine solchenFeuerkatastrophen im Gegensatz zu den Brachlandf lächen. Die Aufgabe vonagrarisch genutzten Kulturf lächen, dann großf lächige Kahlschläge, i l legalerHolzeinschlag und die starke Übernutzung der Wälder im Sinne einer„Ausbeutungsressource“ haben maßgeblich zu der prekären Lagebeigetragen, was vielerorts zu einer Verbuschung und Versteppung führte,wodurch sich die Feuer schnell ausbreiten konnten. Und fatalerweise ist indiesen Gebieten die erforderl iche Löschwasservorhaltung in aller Regel nichtgegeben.Wasserentnahmestel len aus Bächen, Kanälen oder Wassergräben waren dortentweder nicht vorhanden oder vertrocknet. So musste das dringendbenöt igte Löschwasser durch Tankfahrzeuge und Löschf lugzeuge tei lweiseüber weite Strecken an die verschiedenen Brandherde aufwändigherangeführt werden. Dadurch konnten sich die Flammen meist ungehindertkilometerweit durch Russlands brachl iegende und tei ls versteppte Flurenfressen, um dann mit der gesamten Feuersbrunst auf die Wälderüberzuspringen. Die Flammen bleiben of tmals nicht nur am Boden, sondernes entstehen die al les vernichtenden Baumkronenfeuer. Die Flammenschlagen von Krone zu Krone und solche Brände nehmen dann schnel lr iesige Dimensionen an.Dies ist einer der Hauptgründe, weshalb selbst nach mehr als zwei Monatendie etwa 250.000 Rettungskräf te die verheerenden Feld -, Steppen-, Busch-,Wald- und Torfbrände immer noch nicht in den Grif f bekamen. Auch dieEff izienz des Einsatzes der 54 Löschf lugzeuge und der 300 Löschfahrzeugewurde deutl ich überschätzt. Gegen solche Katastrophenfeuer, wie sie 2010im europäischen Russland herrschten, können Löschf lugzeuge undLöschfahrzeuge nur in einem sehr geringen Umfang einen eff izienten Beitragzur Brandbekämpfung leisten.Bei der Bekämpfung von Feld-, Steppen-, Busch-, Wald- und Torfbränden istschnel les Handeln entscheidend, denn hier zählt jede Sekunde. Deshalb istes erforderl ich, in dichten Abständen Wasserentnahmestellen für einekontinuier l iche und ausreichende Löschwasserversorgung der Feuerwehrenbereitzuhalten. Allgemeines Ziel muss es sein, die Brände so f rüh wiemöglich zu lokalisieren, s ie dann ohne Zeitver lust erfolgreich zu bekämpfen,um die Entwicklung größerer Brandereignisse zu verhindern. Mit einersolchen Strategie werden Schäden für Mensch, Natur und Umwelt so geringwie möglich gehalten.

6 Eine salomonische Lösung:Alte Drainagegräben zu neuen Wasserspeichern ausbauen

Die naheliegende wie einfache Idee ist, das Drainagewasser der Moore unddas Niederschlagswasser nicht schnel lstmöglich in kanal is ierten Rinnsalenund Drainagegräben in einen Vorf luter (= Bach, Fluss) abzuleiten, son derndas Wasser, eines unserer wicht igsten Lebens- und Gebrauchsgüter, von

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Anfang an und unmittelbar im Einzugsgebiet eines Gewässerszurückzuhalten.Drainage- und Wassergräben, welche bislang übl icherweise mit einemGefälle zum Vorf luter hin ver laufen, erhalten ein „negatives“ Gefälle. Siewerden „gekippt“ und zur Senke ausgebi ldet, um dieWasserspeicherkapazität gegenüber einem konvent ionellen Drainagegrabensignif ikant zu erhöhen. Die Sohle eines solchen Grabens, hierGrabenspeicher genannt, l iegt damit grundsätzl ich tiefer als die Sohle desVorf luters. Die Absenkung sol l bei mindestens 0,2 % Gefäl le gegenüber derBachsohle l iegen, bei geeigneten hydrotopographischen odergeomorphologischen Verhältnissen mehr. Damit ist gewähr leistet, dass derGrabenspeicher ganzjährig mit Wasser gefüllt ist .Das Ziel muss sein, bisherige Drainagegräben und Rinnsale zu reaktivierenund sie als Grabenspeicher auszubauen, um möglichst ein Maximum anRückhaltevolumen, sog. Retentionsräumen, zu erreichen. Ebenso könnenKubaturen (Geländehohlräume) wie Mulden, Senken, Tümpel, Rigolen,Sölle, Schlatts, Teiche und Weiher , welche mit dem Vorf luter vernetzt seinmüssen, für eine natürl iche Speicherung des Niederschlagwassers benutztwerden. Durch die vorstehend beschriebenen Maßnahmen wird einbreit f lächiges Retentionsnetz aufgebaut, um einen Großtei l derNiederschläge und des Hochwassers zu speichern.Die hydrologische Vernetzung der Speicherräume (Kubaturen) mit demVorf luter ist eine Grundvoraussetzung. Die Wasserableitung aus demVorf luter (Bach, Fluss, Strom, See) erfolgt durch die vorstehendbeschr iebenen Grabenspeicher. Die tei lweise Ent leerung dieserRückhalteräume erfolgt, wenn wieder ausreichend Kapazität zurWasseraufnahme im Vorf luter gegeben ist. Dann wirken die Grabenspeicherals Wasserspender .

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Ein Beispiel für einen Grabenspeicher. Seine Länge von rund 200 m wirddurch den natürlichen Uferbewuchs überdeckt. Hier können bis zu 1.000m³ Wasser gespeichert werden, welche ganzjährig zur Bewässerung vonKulturen oder als Löschwasser bei Bränden zur Verfügung stehen. Und„ganz nebenbei“ entsteht ein neues Biotop für die Aquafauna und -flora.Naturschutz kann damit auch gleichzeitig Brand- und Klimaschutz sein.

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7 So kann die technische Umsetzung aussehenAuf zahlreichen landwirtschaft l ichen Flächen sind bereits Drainagegräbenvorhanden, meist entlang von Parzel lengrenzen, dann vielfach auch inWaldstandorten, jedoch meistens mit einem Gefälle zum Vorf luter hinausgebaut und nicht als Senke ausgelegt. Diese bereits mi l l ionenfach inRussland vorhandenen Drainagegräben beanspruchen in der Regel ca. 2 %der land- und forstwirtschaft l ich genutzten Flächen und können mit einfachentechnischen Mitteln, zum Beispiel einem mittelschweren Bagger, zu Senken(= Grabenspeicher) ausgebaut werden. Die Kosten für das Anlegen einesGrabenspeichers l iegen bei durchschnit t l ich ca. 2 Euro pro lfd. Meter. Alle 10bis 12 Jahre muss eine Entschlammung der Grabenspeicher sowie deranderen Rückhalteräume durchgeführt werden.Als Grabenprof i l hat sich die Trapezform bewährt. Die Grabenbreite an derGrabenkrone soll mindestens 2 Meter, an der Grabensohle etwa 1 Meterbetragen. Am Ende oder je nach Grabenlänge, kann beispielsweise al le 100Meter durch Aufweiten und Vert iefen des Grabenprof i ls ein kleiner Teich mitabgef lachten Ufern für die Wasserentnahme entstehen, ein so genannterGrabenteich . Bewährt haben sich Wasserf lächen von 20 bis 200Quadratmetern und einer Tiefe von zwei und mehr Metern. Die Grabenlängenkönnen of tmals bei mehreren hundert Metern l iegen, best immt durch diehydrographischen oder geomorphologischen Verhältnisse.

8 Grabenspeicher mit bivalenter Funktion: Wasserspeicher undWasserspender für die Land- und Forstwirtschaft

Bei Wasserüberschuss im Herbst, Winter und Frühjahr oder bei extremenNiederschlägen (Hochwasser) wirkt der zur Senke ausgebauteGrabenspeicher als Wasserspeicher . Zum Beispiel können bei Hochwasservon 1 m über Normalnul l in solchen Grabenspeichern, je nach Länge undProf i l , mehrere tausend Kubikmeter an Wasser gespeichert werden. Und einTeil dieser Wassermengen stehen den Feldern und der Vegetat ion ganzjähr igzur Verfügung, insbesondere während den Trockenperioden. Auch derWasserüberschuss aus den Wintermonaten kann während derVegetat ionsperiode in den Sommermonaten für eine natür l iche Bewässerungsinnvoll genutzt werden. Die konstante, ganzjähr ige Wasserversorgung durchdie Grabenspeicher schaff t die Voraussetzung für eine der Jahreszeit undVegetat ion angepassten Transpirat ion und Evapor ation aufgrund deskapil laren Wasseraufst iegs im Boden. Bei den bisher igen konvent ionel lenDrainagegräben br icht dieses wichtige Wasserversorgungssystem durch denkapil laren Aufst ieg insbesondere in den Sommermonaten aufgrund vonWassermangel zusammen, was zu einer Austrocknung des Oberbodens führt,wie zum Beispiel an der Krume von Ackerböden oder dem durchwurzeltenHorizont bei Grünlandböden.Damit übernimmt der Grabenspeicher in den Sommermonaten überwiegenddie Funktion eines Wasserspenders , indem Wiesen und Äckern sowie demWaldboden das so wicht ige Bodenwasser durch den kapi l laren Aufst iegzugeführt werden. Durch die potenziel le Wasserzufuhr wird das Wachstumder Pf lanzen in trockenen Sommerzeiten gefördert. Dies ist dann besonderswertvoll, wenn Niederschlagsarmut in der Zeit nach der Heuernte auf tr it t undwenn der Boden bei starker Sonneneinstrahlung und geringem Schutz durchdie Pf lanzendecke besonders schnell austrocknet. Landwirte und Agrar -Experten kennen die Bi lder aus den Grünlandgebieten, wo in solchen Fäl lenüber Wochen hinweg fast keine Phytomasse-Entwicklung statt f indet.

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In Dürrezeiten kann das gespeicherte Wasser ebenso für eine künst l icheBewässerung oder Beregnung der Kulturf lächen (Äcker, Wiesen, Wald)eingesetzt werden.

Hier das Beispiel eines naturnah geschaffenen Wasser -Rückhalteraumes durch Vertiefung und Aufweitung des Profilseines Grabenspeichers zu einem Grabenteich als Maßnahme füreine Katastrophenvorsorge. Eine Wasserentnahme für dieBewässerung von Kulturflächen oder als Löschwasser ist stetsgewährleistet.Darüber hinaus werden Biotope für bestandsgefährdete Pflanzen -und Tierarten geschaffen, ebenso neue Fischhabitate.

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9 Aus alten Gräben entstehen neue BiotopeSehr schnel l werden solche Grabenteiche von Wasserfauna und Wasserf lorabesiedelt , ebenso können neue Habitate für spezielle Kleinf ischartenentstehen. Und ohne Zutun des Menschen bildet sich bald ein„Froschweiher“, eine so genannte „Natur aus zweiter Hand“. Für Amphibienund für viele Wasserpf lanzen wie untergetauchte, schwebende, aufrechte undan der Oberf läche schwimmende, sind diese ökologisch ausgebautenGrabenteiche mit ihrem fast stagnierenden Wasser ein exzel lenterLebensraum.Die Expert ise zeigt, dass es mit einfachen Mitteln und einem überschaubarenAufwand mögl ich ist, einerseits Feld-, Wald- und Torfbrandkatastrophensowie Dürren durch die Anlage von Lösch- und Bewässerungsteichen deut l ichzu minimieren und dass andererseits so „ganz nebenbei“ neue Gewässer -Biotope entstehen.Aufgrund der hydraul ischen Vernetzung ist gewährleistet, dass dieSpeichergräben ganzjährig mit Wasser gefüllt s ind und dadurch eineAnbindung an das größere Fl ießgewässer bei al len Abf lusssituationengewährleistet ist. Die Erfahrung zeigt, dass ein permanent anstehenderWasserspiegel in den Grabenspeichern und Grabenteichen dieVoraussetzung ist für die Entwicklung von Lebensräumen mit hoherökologischer Qual ität. Die Schaffung und der Schutz solcher neuenLebensräume sichern vielen Tieren und Pf lanzen das Über leben. Es wirdhiermit auch ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Biodiversität geleistet,weil hier of tmals in kleinräumiger Abfolge l imnische, nasse, sickerfeuchte,wechselfeuchte, wechseltrockene, nährstoff reiche und nährstof farmeKleinlebensräume aneinanderstoßen.Ein weiterer, gewicht iger Vorteil wird sein, dass diese vernetztenKleingewässer als Konzentrat ionspunkte eines vielfält igen pf lanzl ichen undtierischen Lebens auch inmitten einer durchaus als monoton und uniformbezeichneten Kulturlandschaft zu l iegen kommen.

Anhand der beigefügten Flurkarte sol l die „Anlage eines Retentionsnetzes“veranschaul icht werden und die grundlegende Idee zur naturnahenWasserspeicherung verdeut l ichen.

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10 Laichgründe entstehenEs ist offenkundig: Die meisten Bäche und Flüsse in Europa haben trotzvielfach verbesserter Wasserqualität weder ihren f rüheren Artenreichtum,noch ihre einst ige Produktivität wiederer langt. Bereits in den 1970er Jahrenwurde deut l ich, dass eine gute, chemisch zu messende Wasserqual ität nichtausreicht. Die bisher ige Nutzung der Bäche und Flüsse hat diese f rüher reichbesiedelten Lebensräume vielerorts in verödete, unbewohnbare „Linien in derLandschaft“ verwandelt. Fische wurden daran gehindert, aufwärts zu ihrenLaichplätzen zu wandern und f rüher gewundene Gewässer verwandelten sichzu eintönigen Kanälen, die unnöt ig hart unterhalten werden. Die Zerstörungvon Lebensräumen im und am Gewässer ist offenkundig. Die einst reicheNatur der Gewässer verarmte.Und so kommt gerade den kleineren Gewässern eine besondere Bedeutungzu, das heißt den Bachober läufen mit ihren verzweigten Grabensystemen undden kleineren Flüssen für die Vernetzung der Landschaft aufgrund ihrer sehrgroßen Streckenlänge.

Durch den möglichen Umbau der ehemaligen Drainagegräben zuGrabenspeichern, Grabenteichen und kleinen Weihern wird ein Netz annaturnahen Wasserrückhaltespeichern für Mensch und Technik, aber ebensofür Natur und Landschaft entstehen. Dieses kleinmaschige Gewässernetz auskrautreichen Gräben und Grabenteichen schaff t eine ökologisch wertvol leBiotopvernetzung, welche den Graslaichern hervorragende Mögl ichkeitenbietet, ihren Laich abzulegen. Die ausgeschlüpf ten Brütl inge von Hecht,Barsch und Cypr iniden f inden dann ideale Habitate in solchenGrabensystemen.Diese seichten und vielfach auch gut strukturierten Kleingewässer eignensich auch deshalb als hervorragende Laichplätze, wei l sich in solchenGewässernetzen die Brutf ische, geschützt vor Hochwasser und Fraßdruck,ungestört entwickeln können um dann, wenn sie g rößer werden, insHauptgewässer abzuwandern.Nur die Herstel lung von Laichgründen, verbunden mit der Wiederherstel lungvon geschützten Jungf ischhabitaten, kann die verloren gegangeneSelbstreproduktion wieder zurückbringen.

11 Rückzugsräume und Teilhabitate für Fische werden geschaffenWürde man in den Torfgebieten Westrusslands alle bereits jetzt vorhandenenDrainagegräben zu Grabenspeichern und Grabenteichen als perennierende(ausdauernde) Gewässer ausbauen, so entstünde ein Netz an kleinenFl ießgewässern mit einer Gesamtlänge von mindestens einer Mil l ionKi lometern. Eine unermessl ich große Zahl an spezif ischen Fischhabitatenwürde entstehen, einschließlich der Teilhabitate wie Laichplätze,Jungf ischhabitate, Nahrungsgründe und Einstände (W inter -, Hochwasser-und Jungf ischeinstände). Sind diese Habitat -Typen in ausreichender Zahlund Größe vorhanden sowie funktional sinnvol l mit dem Hauptgewässervernetzt und erreichbar (biologische Durchgängigkeit ), genügen sie den of tsehr spezif ischen Ansprüchen natürl ich vorkommender Fischarten. Sowachsen Jungf ische nach, die sich natür l ich anpassen können. Sie stammenaus dem Gewässer, sie lernen vor Feinden zu f lüchten, Deckung zu suchen,die r icht ige Nahrung zu f ressen und mit der Strömung umzugehen.Eigenschaften, an die sich Besatzf ische aus der Zucht erst umständl ichgewöhnen müssen.

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12 Grabenspeicher für die LöschwasserversorgungDurch die hydrologische Vernetzung des Grabenspeichers sowie der anderenRetent ionsräume (Kubaturen) mit dem Fl ießgewässer (Bach, Fluss) ist einpermanenter Wasserspeicher gewährleistet (perennierendes Gewässer), wasbei den bislang vorhandenen Drainagegräben und Wassergräben nichtgegeben ist. Diese sind deshalb für eine Wasserspeicherung nicht geeignet,weil s ie im Al lgemeinen per iodisch und vor al lem in den Sommermonatenüber einen längeren Zeitraum trockenfallen (temporäres Gewässer).

Die Grabenspeicher und Grabenteiche sowie anderen Retentionsräumeführen als perennierendes Gewässer deshalb ganzjährig Wasser, wei l derenSohle grundsätzlich t iefer l iegt als die Sohle des Vorf luters (Fl ießgewässer),also des Baches oder Flusses (siehe hierzu Kapitel 6).Selbst bei einer stunden- oder tagelang anhaltenden Wasserentnahme füreine Brandbekämpfung würde die Löschwasserversorgung nichtzusammenbrechen, weil einmal ständig Wasser aus dem Bach, Fluss, Stromoder See nachf l ießt und zum anderen wegen der stet ig vorhandenen hohenWasserkapazität im Retent ionsnetz selbst.

Die Wasserkapazität des Grabenspeichers kann dadurch erhöht werden, dassam Ende oder in der Mitte durch Aufweiten und Vert iefen des Grabenprof i lsein Grabenteich für die Wasserentnahme zur Bewässerung landwirtschaft l ichgenutzter Felder oder für die Löschwasserentnahme im Brandfall entsteht.Bewährt haben sich, wie im Kapitel 7 ausgeführt, Wasserf lächen von 20 bis200 Quadratmetern und einer Tiefe von zwei und mehr Metern.Die weitergehende Vernetzung und der Ausbau mit bereits natürl ichvorhandenen Retentionsräumen wie Mulden, Senken, Tümpeln, Rigolen,Söl le, Teiche und Weiher schaffen zusätzl iche Wasserspeicherkapazitäten,um selbst gegen größere Naturkatastrophen wie Dürren, Feld -, Wald- undTorfbrände in einer professionel len Weise angehen zu können.

Die bisher ige Nutzung der ehemaligen Torfmoorgebiete wird durch denUmbau der mil l ionenfach vorhandenen Drainagegräben zu Speichergräben inkeinster Weise eingeschränkt, sondern das Gegentei l wird eintreten, indemdie Infrastruktur eindeutig verbessert und die Katastrophengefahr signif ikantgemindert wird.

Die Schemazeichnung „Gewässer-Systeme“ soll die grundlegende Idee zurnaturnahen Wasserspeicherung verdeutl ichen. Der Gedanke beruht auf demphysikalischen Gesetz verbundener Gefäße (Kubaturen) .

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Die hier beschr iebenen Grabenspeicher und Löschteiche stel len Maßnahmenim Sinne einer Katastrophenvorsorge dar und können mit den f rüherübl ichen Dorf teichen vergl ichen werden. Der Dorf teich gehörte f rüher zujeder Siedlung, um im Brandfal l Löschwasser zur Verfügung zu haben(Feuerprävention ). Heute besitzen solche Feuerlöschteiche in der Dorfmitteoder am Dorfrand nur noch Seltenheitswert.

13 Vielfältige Synergien für Natur, Landwirtschaft und MenschDem permanent mit Wasser gefüllten Grabenspeicher und Grabenteich sowieden Retent ionsnetzen lassen sich noch weitere Vorteile zuschreiben.Die gezielte Speicherung von Sickerwasser, Niederschlägen und Hochwasserin den Grabenspeichern, Grabenteichen und kleinmaschigenRetent ionsnetzen dient dem Landbau zur Bewässerung seinerKulturf lächen, der Wasserwirtschaft zur Grundwasseranreicherung(Inf i l t rat ion) und nimmt insgesamt als stabi l is ierender Faktor einen posit ivenEinf luss auf den Wasserhaushalt . So bleibt beispielsweise bei extremenNiedrigwasserzeiten der Fl ießcharakter des Baches (Vorf luters) weitge henderhalten, weil aus dem Retent ionsnetz Wasser für das Fl ießgewässergespendet wird.Weiterhin wird ein wichtiger Beitrag zum präventiven Hochwasserschutzgeleistet, indem die Flutwelle im Vorf luter gekappt und in die Breiteabgeleitet wird. Dadurch wird der Wasserabf luss räumlich und zeit l ichentzerrt . Hier wird eine soziale Verantwortung gegenüber den Anwohnernf lussabwärts wahrgenommen, indem Schadenshochwässer vermieden oderwenigstens gemindert werden.

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Die Wiederherstel lung natürl icher Wasserverhältnisse in verschiedenengrundwasserbeeinf lussten Ökosystemen wird gefördert und ein Beitrag zurVerringerung der Auswaschungsverluste von Nährstoffen in dieFl ießgewässer geleistet.

Ebenso werden Ziele des Natur- und Landschaftsschutzes unterstützt.Weiterhin trägt der Aufbau eines kleinmaschigen Retent ionsnetzes zurStabilisierung des Naturhaushaltes einer Landschaft bei. Die Vielfalt anPf lanzen und Tieren wird aufgrund der Schaffung neuer Biotope und derBiotop-Vernetzung erheblich zunehmen (Biodiversität).

14 Ausblick

Wald- und Torfbrandkatastrophen sind Ereignisse, die nichtvermeidbar sind. Moderne Löschfahrzeuge und Löschflugzeugesowie zusätzliches Personal lösen das Problem der Feld -, Wald-und Torfbrände in Russland nur wenig. Entscheidend bei derBekämpfung dieser Brandkatastrophen ist eine breit angelegte undjederzeit verfügbare Löschwasserversorgung. Hierzu soll dievorliegende Projekt-Studie einen Beitrag leisten, um zukünftigeFeld-, Wald- und Torfbrände vor allem in Russland besser unterKontrolle zu bekommen. Immense materielle Schäden werdendadurch gemindert und menschliches Leid gelindert. Parallel dazuwerden die riesigen Mengen an freigesetztem Kohlenstoff, welchersignifikant in seiner gasförmigen Modifikation alsKohlenstoffdioxid zur Erderwärmung beiträgt, deutlich reduziert(Klimaschutz).Die Vorbeugung solcher Brandkatastrophen darf nicht nur auftechnische Maßnahmen beschränkt bleiben, sondern sie ist ebensoeine große gesellschaftliche Aufgabe. Wir müssen wieder lerne n,unsere Kulturlandschaften nach ökologischen Prinzipien und vorallem nachhaltig zu bewirtschaften sowie mit der Natur sorgfältigumzugehen.Für den Natur- und Umweltschutz ist von zusätzlicher Bedeutung,dass auf diesem Weg quasi als Nebeneffekt neue Le bensräume fürTiere und Pflanzen geschaffen werden. Eine unermesslich großeZahl an Fischhabitaten könnte entstehen. Dies wäre ein möglichergroßer Erfolg für die Ichthyologie allgemein.