Brennpunkt Gemeindegründung 2015-03

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3/2015 DIE ZEITSCHRIFT DER DEUTSCHEN INLAND-MISSION BRENNPUNKT GEMEINDEGRÜNDUNG Heiligung - einsam oder gemeinsam? 14 Mit Haut und Haaren. 9 Wie werden wir Jesus ähnlicher? 3 Interview mit Steve Addison 18 Geistlich Fahrradfahren lernen 12 Wie zeige ich mich als geistliche Person? 7 Wie werden wir Jesus ähnlicher?

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Wie werden wir Jesus ähnlicher?

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3/2015

D I E Z E I T S C H R I F TD E R D E U T S C H E N I N L A N D - M I S S I O N

BRENNPUNKTGEMEINDEGRÜNDUNG

Heiligung - einsam oder gemeinsam?14

Mit Hautund Haaren.9

Wie werden wirJesus ähnlicher?3

Interview mitSteve Addison18

Geistlich Fahrradfahrenlernen12

Wie zeige ich michals geistliche Person?7

Wiewerden

wirJesus

ähnlicher?

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EditorialHeiligung:

Wie werden wir Jesus ähnlicher?

Lieber Leser!

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Wenn ich zum Thema unseres neuen Heftes: „Wie werden wir Jesus ähnlicher (Heiligung)?“ spontan eine Bibelstelle nennen sollte, fällt mir immer sofort Hebr 12,14 ein: „Bemüht euch um Frieden mit allen Menschen und auch um Heiligkeit. Ohne sie wird niemand den Herrn sehen.“ (Basisbibel) Da ist doch vermeintlich alles klar und deutlich gesagt. Ich soll mich an-strengen und ein heiliges Leben führen? Seit meiner Kindheit ist das für mich persönlich eine Herausforderung. Dabei liegt die Herausforderung nicht in dem Wunsch, Jesus ähnlicher zu werden. Herausfordernd ist für mich der Begriff in der Klam-mer: Heiligung.

Das rührt schlicht und ergreifend daher, dass dieser Begriff bei mir negativ besetzt wurde. Heiligung verbinde ich nämlich nicht mit dem Wunsch, Jesus ähnlicher zu werden, sondern immer mit den Dingen, die wir als Kinder und Jugendliche nicht durften: Wegen der Heiligung gab es kein Kino, kein Theater, keinen Tanzkurs, keine Mitwirkung in einem Sport-verein, kaum Kontakte außerhalb der Gemeinde … Dafür ging man regelmäßig von klein auf in alle Gemeindeveranstaltun-gen, „nahm seinen Platz ein“ und meinte, dann sei das Leben als Christ ganz in Ordnung.

Mittlerweile ist mir natürlich klar, dass das ein sehr verengtes, auch von Ängsten geprägtes Heiligungsverständnis ist. Aber ist es wirklich schon aus den Köpfen heraus und positiver be-setzt? Ist uns klar, dass wir deshalb auch keine missionari-schen Kontakte hatten, weil wir nur im frommen Umfeld der Gemeinde lebten? Dass wir so nicht lernten, natür-lich über unseren Glauben zu reden und an anderen Menschen Anteil zu nehmen?

Aber ist der Vers so gemeint, wie er bisher häufig verstanden wurde? Eine Hilfe gibt vielleicht die Neue Genfer Übersetzung: „Bemüht euch mit ganzer Kraft um Frieden mit jedermann und richtet euch in allem nach Gottes Willen aus! Denn ohne ein geheiligtes Leben wird niemand den Herrn sehen.“ Heili-gung heißt dann in dieser Textversion, Gottes Willen zu tun!

Dieser – hoffentlich immer noch spannenden – Frage wird unser Heft ausführlich nachgehen. Christian Frei schreibt dazu im Themenartikel (S. 3). Die anderen Beiträge bringen dann weitere praktische Detailaspekte: Wie zeige ich mich als geistliche Person? (S. 7) Was bedeutet Jüngerschaft? (S. 9) Wie bringe ich in meiner Arbeit Menschen das geistli-che Fahrradfahren bei (Jüngerschaft konkret)? (S. 12)

Ich hoffe zuversichtlich, dass sich die Frage nach der Heili-gung dann als positiver Anreiz für Sie darstellt.

In den externen Beiträgen setzt Friederike Schäfer ihre Reihe zu Erziehungsthemen fort. Albrecht Schmidt stellt das Buch „Wie das Christentum die Welt veränderte“ vor. Einen breiten Raum nimmt das Interview mit Steve Addison ein, der den DIM-Mitarbeitern auf der DIM-Familienrüste wertvolle Impul-se gab. Besonders hinweisen möchte ich auf die Anzeige auf S. 17. Die Christliche Verlagsanstalt Dillenburg bietet hier eine sehr günstige Möglichkeit an, Verteilbibeln zu erhalten, um so die Bibel an Interessierte weiterzugeben. Bitte machen Sie

Gebrauch davon!

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HEiligUNg als gEscHENK UNd aUfTRag

Nach meinem Empfinden ist es um Themen wie der „Kampf zwischen Fleisch und Geist“ ziemlich ruhig geworden. Warum sollte die „Heiligung“ im missionarischen Dienst Bedeutung haben? Warum sollten wir uns damit befassen?

Der Gott der Bibel ist heilig (Ex 15,11). Weil Gott heilig ist, soll auch sein Volk heilig sein (Lev 11,44a): „denn ich bin Jahwe, euer gott, und ihr sollt euch heiligen, und ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.“ Gott befreit Israel aus der Sklaverei. In der Wüste entscheidet sich Israel, Jahwe als seinem Gott zu die-nen (Ex 19). Und weil er heilig ist, soll auch sein Volk heilig sein (Lev 13,45): „denn ich bin Jahwe, der ich euch heraufgeführt habe aus dem land Ägypten, um euer gott zu sein. Und ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.“ Im Neuen Testament ist das nicht anders (1Petr 1,15.16): „[...] sondern entsprecht dem Heiligen, der euch berufen hat, und werdet selbst Heilige in eurem ganzen lebenswandel; denn es steht geschrieben: ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.“

Was isT HEiligUNg EigENTlicH?Das Wort „heiligen“ hat im Hebräischen die Grundbedeutung: schneiden, trennen, absondern und heiligen im Sinne von aussondern. Daraus ergibt sich: heilig, dem gewöhnlichen Gebrauch entzogen, besonderer Behandlung unterworfen, dem Heiligtum verfallen sein. Es lassen sich in der Bibel vier Hauptbedeutungen von „heiligen“ feststellen:

› Gegenstände werden dem Dienst für Gott übergeben. (Ex 29,21.27.29.37; Mt 23,17.19)

› Personen werden geheiligt, d. h. geweiht. (Ex 29,44; Lev 8,12; Joh 17,19; Röm 6,22)

› Etwas oder jemanden als heilig behandeln . (Ex 20,8.11; Dtn 5,12; Mt 6,9; 1Petr 3,15)

› Etwas heiligen im Sinne von reinigen. (Lev 16,19; Num 6,11; Hebr 9,13; 10,29; 13,12)

Gott erweist sich selbst als heilig und wird von den Gläubigen

als heilig behandelt. Dieselbe Ehrfurcht erweisen sie Gegen-ständen, die Gott geweiht sind, also in den Zustand der Heilig-keit versetzt, zum Gebrauch vor Gott geweiht und darum für heilig erklärt wurden. Die Israeliten konnten auch Menschen Gott weihen. So wurden Priester in den Zustand der Heiligkeit versetzt. Sie wurden in den Augen der Gläubigen unverletz-lich.

Die Hauptidee, die dem Begriff „heiligen“ zugrunde liegt, ist die Trennung vom Gewöhnlichen, von der Welt und der Sün-de und die Aus-/Absonderung für einen Dienst vor Gott. Mit „heilig“ verbindet sich die Vorstellung von Reinheit. Das „Hei-lige“ wird zu seinem Schutz, aber auch zum Schutz vor ihm, in einem besonderen Raum (konkret und ideell als Sphäre) von dem Profanen abgesondert. Das Heilige ist das „ganz Andere“.

Gottes Heiligkeit bedeutet neben der völligen Trennung vom Profanen und der Sünde auch absolute Reinheit.

Der neutestamentliche Heiligungsbegriff wurzelt ganz im atl. Verständnis. So bedeutet „Heiligung“ im NT erstens, dass der Mensch durch den Glauben an Jesus von seinen Sünden und seiner Unreinheit gereinigt und zugleich aus der Welt für den Dienst für Gott abgesondert wird. Weiter bezeichnet der Be-griff die Umgestaltung des Gläubigen ins Ebenbild Jesu, so-dass er Jesus in seiner Heiligkeit und Reinheit immer mehr gleicht.

JEsUs cHRisTUs als URHEBER dER HEiligUNg

Jesus ist der von Gott geweihte und abgesonderte Sohn (Joh  10,36). Er gibt sich selbst in seinem stellvertretenden Leiden für uns total hin. In seinem Opfer für uns wird er zum Urheber und zur Ursache der Heiligung (Joh 17,19): „Und ich heilige mich für sie, damit auch sie geheiligt seien in Wahr-heit.“ Die Heiligung der Gläubigen ist das Ergebnis des Han-delns Jesu am Kreuz. Indem Jesus sein Leben für die Jünger zum Opfer weiht, legt er die Grundlage zu ihrer Heiligung, also dazu, dass der Vater die Bitte Jesu erfüllt (Joh 17,17): „Hei-lige sie in der Wahrheit – dein Wort ist Wahrheit.“ Nach Paulus

Wie werden wirJesus ähnlicher?

Wie andere an uns die Auswirkungen des Kreuzes Christi sehen können.

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ist uns Christus am Kreuz geworden „Weisheit von gott und gerechtigkeit und Heiligung und Erlösung ...“ (1Kor 1,30). Ja, er wurde uns von Gott dazu gemacht. Der Gekreuzigte ist unsere Weisheit, unsere Gerechtigkeit, unsere Heiligung und unsere Erlösung. So haben sowohl Christus Jesus, der die Gläubigen durch sein Leiden heiligt, als auch die, die ihm folgen und durch ihn geheiligt werden, denselben Ursprung (Hebr 2,11): Gott, „um dessentwillen das all ist und durch den das all be-steht“ (Hebr 2,10a).

Geheiligt werden die Gläubigen nicht für sich allein. Die Verse reden nicht von einem Einzelnen, sondern von einer Mehrzahl. Christus hat die Gemeinde geliebt und sich für sie hingegeben (Eph 5,26), „um sie zu heiligen und rein zu machen durch das Bad im Wasser, durch das Wort.“ Heiligung darf nicht indivi-dualistisch als Weg der Vervollkommnung des Individuums missverstanden werden. Gottes Gemeinde besteht aus den Geheiligten (1Kor 1,2): „… an die gemeinde gottes in Korinth, an die in christus Jesus geheiligten, an die zu Heiligen Berufe-nen ...“ Heiligung betrifft die Gemeinde als Gemeinschaft. Der Geheiligte erfährt die Heiligung in Gemeinschaft mit anderen (Apg 26,18): „du sollst ihnen die augen öffnen, dass sie sich von der finsternis zum licht, von der Macht des satans zu gott hinwenden und dass sie Vergebung der sünden und ihr Erbe in der schar der geheiligten empfangen durch den glauben an mich.“

diE UNs iN cHRisTUs gEscHENKTE HEiligUNg

Heiligung ist zunächst ein Geschenk. Dies Geschenk besteht im Opfer Jesu (Hebr 10,9): „siehe, ich kommen deinen Willen zu tun.“ Von diesem Willen heißt es (Hebr 10,10): „in diesem Willen sind wir ein für alle Mal geheiligt durch die darbringung des leibes Jesu christi.“ Wenn wir von der Heiligung als Ge-schenk sprechen, dann reden wir davon, was wir das durch den Glauben an Jesus geworden sind. Es handelt sich um ein vollkommenes Werk. Reinigung von den Sünden, Rechtfer-tigung und geschenkte Heiligung gehören zusammen (1Kor 6,11): „... dies alles aber ist von euch abgewaschen, ihr seid ge-heiligt geworden, ihr seid gerecht gemacht worden durch den Namen des Herrn Jesus christus und durch den geist unseres gottes.“ Wer sein Unrecht erkennt und zu Christus umkehrt („Buße tut“) und davon lässt (vgl. 1Kor 6,9.10), der wird von sei-nen Sünden gereinigt, dem wird die Gerechtigkeit Christi zu-gerechnet und der wird abgesondert, geweiht für Christus. Die Geheiligten wissen um eine abgeschlossene Vergangenheit, die vergeben ist (1Kor 6,9-11). Die Geheiligten haben Reinigung von den Sünden, Heiligung und Rechtfertigung erfahren. Die-

ser Dreiklang: Vergebung, Heiligung und Rechtfertigung bil-det Voraussetzung und Ausgangspunkt für ein neues Leben. Die Geheiligten sind die mit Gott Versöhnten. Paulus nennt die Christen in Rom (Röm 1,17) „alle in Rom, die von gott geliebt und zu den Heiligen berufen sind“. Die Geheiligten sind nicht mehr Sklaven Satans (Apg 26,18), sondern Auserwählte, die dem Ruf, der Berufung Gottes Folge geleistet haben (2Thes 2,13f.): „... denn euch hat gott erwählt zur Rettung, die durch die Heiligung im geist und durch den glauben an die Wahrheit geschieht. dazu hat er euch auch berufen durch unser Evan-gelium ...“

HEiligUNg isT VERPflicHTUNgHeiligung wurde einerseits für alle, die an Jesus Christus glauben, im Opfer Jesu am Kreuz ein für allemal vollbracht (Hebr  10,10). Andererseits heißt es nur vier Verse weiter (Hebr  10,14): „denn durch eine einzige darbringung hat er diejenigen, die geheiligt werden, für immer zur Vollendung gebracht.“ Die im Urtext verwendete Verbform für „geheiligt werden“ (Partizip Präsens Passiv) besitzt andauernden As-pekt, bezeichnet also einen Vorgang, der dauernd oder wie-derholt geschieht. Es gibt im NT eine Spannung zwischen voll-zogener und sich vollziehender Heiligung. Das Werk Christi ist und bleibt abgeschlossen. Über das Kreuz führt nichts hinaus. Was Christus aber an den Geheiligten getan hat, muss zur Entfaltung kommen. Nur wer mit Christus geheiligt worden ist, wird geheiligt. Heiligung ist auch Verpflichtung. Sie bleibt nicht nur Geschenk, sondern wird zum Auftrag (Offb 22,11) „... und wer heilig ist, suche weiter nach Heiligung!“

Ohne dass uns Heiligung geschenkt wird und ohne dass wir fortwährend und immer wieder neu Heiligung an uns erfahren, werden wir den Herrn nicht sehen (Hebr 12,4): „dem frieden jagt nach mit allen und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn schauen wird.“ Der Kontext (Hebr 12,1-17) macht deutlich, wie Heiligung an dieser Stelle zu verstehen ist. Den Gläubigen ist ein Wettlauf auferlegt, ein Kampf gegen die Sünde. In die-sem Kampf erfahren sie Zuspruch von Gott (Hebr 12,5f.): Die Gläubigen werden von Gott als Kinder angenommen. Wie ein Vater erzieht er jedes Kind. Heiligung ist hier als Erziehungs-prozess verstanden, den jedes echte Kind Gottes durchmacht. Es ist ein Zeichen von Gottes Liebe, wenn wir seine Erziehung erfahren. Er erzieht uns „zu unserem Besten, damit wir anteil bekommen an seiner Heiligkeit“ (V10b). Die Hebräerchristen werden nun ermahnt (V12): „darum strafft die erschlafften Hände und die erlahmten Knie ...“ Das Lahme soll Heilung er-fahren (V13). Das ist nun nicht individualistisch zu verstehen, sondern im Kontext der Gemeinschaft. Es geht um den Frie-

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den untereinander (V14). Niemand aus der Gemeinschaft soll „hinter der Gnade“ zurückbleiben (V15). D. h. konkret, dass in keinem aus der Gemeinschaft Bitterkeit wachsen soll und andere Glieder davon angesteckt werden (V16). Genauso soll die Gemeinde darauf achten, dass niemand in Unzucht oder Gottlosigkeit fällt bzw. darin verharrt (V17). Den Kampf gegen die Sünde führen die Gläubigen als Gemeinschaft in gegen-seitiger Abhängigkeit. Gemeinsam folgen sie Jesus, jagen der Heiligung nach, suchen Frieden untereinander und kämpfen ihren Kampf gegen die Sünde. Ganz Ähnliches lesen wir bei Paulus in 1Thes 4,1-8. Paulus ringt um die Reinheit der Ge-meinde auf sexuellem Gebiet und im Umgang miteinander. Heiligung als Verpflichtung für die Gemeinde beruht immer auf der geschenkten Heiligung, wie es Paulus auch in 2Kor 7,1 deutlich macht:

„da wir nun diese Verheißung haben, meine geliebten,“ nämlich dass die Gemeinde Gottes Tempel auf Erden sei (2Kor 6,15-18), „wollen wir uns reinigen von jeder Befleckung des fleisches und des geistes und auf unsere vollkommene Heiligkeit hinwirken in der furcht gottes.“ Die Gläubigen sind gemeinsam in dieser Welt, im Leben unterwegs. Sie räumen nicht die Welt, sondern sie fliehen die Sünde.

Zu glauben, für einen Christen sei neben einer disziplinierten Stillen Zeit eine regelmäßig gute Predigt für seine Heiligung ausreichend, ist meiner Erfahrung nach falsch – in zweifacher Weise: a) Gute Wissensvermittlung macht noch keine Heili-gung. b) Heiligung ist ein gemeinschaftlicher Prozess, der mit-

ten im Leben stattfindet. Heiligung verwirklicht sich, wo eine Gemeinschaft in der Nachfolge Jesu steht, wo die einzelnen Gott lieben und gehorchen, ehrlich über Erfolg und Misserfolg Rechenschaft ablegen, wo sie von den anderen begleitet, er-mutigt und gefördert werden usw. Die einzelnen Glaubenden empfangen nicht nur Willenskraft und Ausrichtung zu nach-denklicher Nächstenliebe. Sie besprechen und reflektieren untereinander, lernen gemeinsam, realistische Ziele zu set-zen und überprüfen die Umsetzung. Jüngerschaft ist demnach weder etwas, was nur für einzelne gilt, noch etwas, was nur für einen bestimmten Lebensabschnitt Geltung besäße. Wo die ganze Gemeinde fortwährend Jüngerschaft lebt, ist Heiligung einfach die Folge. Christus gewinnt in einer solchen Gemein-schaft durch das Wirken des Heiligen Geistes Gestalt.

das gEHEiMNis – cHRisTUs iN UNs UNd WiR iN cHRisTUs!

Die Geheiligten sind diejenigen, die mit Jesus gestorben und zu einem neuen Leben auferstanden sind (Röm 6,1-7). Sie sind mit Jesus eins geworden in Kreuz und Auferstehung.

Für Gemeindegründungen ist nun wesentlich, dass gerade die neuen Gläubi-gen selbst ein Hei-ligungsverständ-nis gewinnen. Das bedeutet, dass sie über eine ganze Reihe von Fragen selber Antworten finden. Was heißt (Gal 2,19b): „ich bin mit christus ge-kreuzigt und nicht mehr lebe ich, sondern christus lebt in mir“? Was heißt in diesem Zusammenhang (Gal 2,19a): „denn ich bin durch das gesetz dem ge-setz gestorben,

damit ich gott lebe“? Was heißt das, dass der „alte Mensch“ gestorben ist? Wer ist der alte Mensch? Was ist das Fleisch? In welchem Verhältnis stehen der alte Mensch und das Fleisch zueinander? Was heißt ein Leben „im Fleisch“ oder „nach dem Fleisch“? Was heißt ein Leben „nach dem Geist“? Was heißt

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Auf meinem Weg sind mir verschiedenste Vorstellun-gen darüber begegnet, wie denn die Heiligung auf-zufassen sei. Als jungen Mann hat mich der Gegen-satz zwischen dem reformatorischen „simul iustus et peccator“, also der Auffassung, der Christ sei zugleich gerecht und sündig, und dem „Sieg über Sünde!“ der Heiligungsbewegung stark beschäftigt. Die Aussicht, immer wieder in dieselbe Sünde zu fallen, fand ich nicht ermutigend. Da bot mir die Heiligungsbewe-gung Trost mit ihrer Erkenntnis, dass es Sieg über Sünde gibt. Christen konnten durch ihren Glauben zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Alkoholmissbrauch überwinden. Mittlerweile stehe ich dieser Auffassung etwas kritischer gegenüber. Ich sehe zwei Gefahren:

a) den Perfektionismus: Die Auffassung, Sieg über die Sünde zu haben, kann dazu verleiten, zu meinen, man könne und müsse ein über weite Strecken sünd-loses Leben führen. Eine solche Überforderung lässt sich ohne ungesunden Enthusiasmus nicht durchhal-ten, es sei denn, man verwässert den neutestament-lichen Sündenbegriff.

b) ein verkürztes Sündenverständnis: Gewisse, in-dividuelle Tatsünden (historisch z. B. Alkoholmiss-brauch, Rauchen oder Freizeitbeschäftigungen wie Tanz, Kino) rücken ins Zentrum des Denkens. Sün-den, die man besser verbergen kann, oder strukturel-le Problemzonen werden übersehen. Ich habe erlebt, wie sich Christen dieser Tradition als völlig blind für Machtmissbrauch und Manipulation erwiesen.

gEfaHREN iM VERsTÄNdNis

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(Gal 5,24): „ihr habt das fleisch gekreu-zigt“? Oder: „durch den geist die Übel-taten des leibes getötet“? Rund um solche Fragen entwickelt sich die Frage nach der Glaubenspraxis, wie denn der Auftrag zur Heiligung gelebt werden soll. Es geht hier um mehr als nur um die Frage des pünktlichen Gehorsams. Denn die Erwählten, also die, die zum Glauben gekommen sind, die hat Gott (Röm  8,29b) „auch im Voraus dazu be-stimmt, nach dem Bilde seines sohnes gestaltet zu werden, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.“ Geheiligt werden heißt, ins Ebenbild Jesu umgestaltet zu werden. Die Ge-meinschaft der Glaubenden soll immer mehr ins Bild Jesu umgestaltet werden. Gott vollbringt dies Werk, während die Glaubenden und Geheiligten ihrem Herrn in dieser Welt als Gemeinschaft folgen. Anhand ganzer Kapitel wie Röm 1,16 - 8,39 oder Gal 5,1 - 6,10 werden sich die Gruppen ihre diesbezüglichen Fra-gen beantworten können. Irgendwann während dieses Prozesses wird sich auch die Frage klären, wen Paulus mit dem „Ich“ in Röm 7 meint und wie das Kapitel einzuordnen ist. Es wird sich auch klären, wie Gal 5,17 zu verstehen ist.

Wenn Heiligung letztlich die Umgestal-tung des einzelnen Gläubigen und noch vielmehr der Gemein-schaft der Gläubigen ins Ebenbild Jesu bezeichnet, bietet sich Heiligung in der Gemeindegründung als Mittel zum missio-narischen Zweck an. Ich denke hier an die Meinung, wir, die Gläubigen, müssten doch besser sein als die anderen, die Jesus nicht kennen. Unser Leben, unsere Frömmigkeit wäre so etwas wie unsere Marke, die wir im Wettstreit der Weltan-schauungen zu verkaufen hätten [Das hat zwar in meiner Ge-genwart niemand in diese Worte gefasst – aber gemeint wur-de das schon so]. Nun, richtig daran ist, dass die Menschen die sogenannten Christen beobachten und auf ihre Echtheit prüfen. Es wäre wohl ein Irrtum, zu glauben, die Gefahr, Gott durch eine Doppelmoral zu verunehren, seinen Namen bei den Menschen in Verruf zu bringen, bestehe nur für das Ju-dentum des ersten Jahrhunderts (Röm 2,17-24). Mission ist nicht Marketing. Wir haben nicht uns zu verkaufen, sondern den Menschen Jesus Christus nahezubringen, und zwar als Gekreuzigten (1Kor 2,1f.). Die Menschen sollen an uns schon

die Auswirkungen des Kreuzes Christi sehen können. Dies geschieht, wenn Christen einerseits aufrichtig und demütig in der Gemeinschaft Jesus nachfolgen und Jüngerschaft leben und andererseits ihren Mitmenschen auch an ihrem Leben Anteil geben. Da wird sichtbar werden, dass sie etwas haben dürfen, was die anderen nicht haben. Wir können nicht Men-schen in Jüngerschaft führen, zu Jüngern machen, wenn wir keine Jünger sind.

cHRisTiaN fREi

denkt gerne nach, liebt Espresso und gute Bücher.

TEAM MÜNCHEN

KEiNE sTUfENlEiTERIch habe früher Heiligung als Fortschritt im Sinne der Moderne verstanden. Ich verstand sie als Stufenleiter fortschreiten-der Selbstvervollkommnung. Die von mir damals verfochtenen Vorstellungen sind ganz und gar unbiblisch.

Erstens verstand ich die Heiligung völlig in-dividualistisch und übersah, dass die Heili-gung sich eben nicht nur auf die Bereiche des individuellen Lebens beschränkt. Ich vertrat freilich laut diese Auffassung, war aber schlicht blind für die praktischen und sozialen Auswirkungen des Evangeliums. Es ging um mich und Jesus, um mich und meine Nachfolge. Ich wollte immer geistli-cher werden.

Die Heiligung besaß zweitens einen Selbst-zweck, ja sie war für mich das eigentliche Ziel der Nachfolge Jesu. Es ging für mich hauptsächlich darum, der Sünde abzuster-ben und in der Liebe Gottes völlig erneuert zu werden. Dabei sah ich die Liebe Gottes hauptsächlich als die Liebe, mit der mich Gott in Christus liebt. Dann war diese Liebe durch den Geist in mein Herz ausgegossen und ich sah mich befähigt, Gott immer voll-kommener zu lieben.

Ich dachte, mein Denken müsste ganz und gar vom Geist bestimmt werden. Das Leib-liche und die menschliche Seele mussten sterben. Leibliche Genüsse waren zumin-dest verdächtig. Dass ein Mitstudent mich als Platoniker bezeichnete, verstand ich da-mals nicht. Das Problem dieses Gemenges an Vorstellungen liegt einfach darin, dass es unmenschlich ist. Dieses Heiligungs-ideal bestand darin, die menschliche Exis-tenz zu überbieten. Heiligung hieß, bildlich gesprochen, dass der Heilige Geist mein menschliches Dasein göttlich optimierte. Das Leibliche und Seelische würde suk-zessive abgeschaltet bzw. mit immer mehr durch den Geist gesteuert werden. De facto verbanden sich neuplatonische Vorstel-lungen und mystische Elemente mit dem technischen Denken der Moderne. Eine heillose Kombination, die Gott durch zwei Schwächen überwand:

a) durch meine Vorliebe für gute Speisen, die mich meine Leibfeindlichkeit überwin-den ließ, und

b) durch klägliches Scheitern, das mir mei-ne Unvollkommenheit vor Augen führte.

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Wenn man die Frage „Wer ist eine geistliche Person?“ einem Menschen stellt, der Jesus sein Leben noch nicht anvertraut hat, würde er diese Frage vermutlich so beantworten: „Eine geistliche Person ist der Pfarrer in der Kirche!“.

Mit dieser Antwort würde er nicht falsch liegen!

Leider würde man diese Antwort etwas häufiger von Men-schen hören, denn die geistliche Person wird in unserer Ge-sellschaft immer mit Angestellten oder Verantwortlichen ei-ner Kirche verbunden. Menschen, die in der Kirche angestellt sind oder etwas in der Kirche zu sagen haben, das sind doch geistliche Personen! Ich persönlich finde es schade, dass nur die Würdenträger einer Kirche oder Gemein-de als geistliche Personen wahrgenommen werden. Denn jeder Jünger Jesu sollte doch als geistliche Person erkennbar sein.

Wir lesen in der Apg 2,47 „sie priesen gott bei allem, was sie taten, und standen beim ganzen Volk in hohem ansehen.“ Und in Apg 11,26 „Hier in antiochia wurden die Jünger des Herrn zum ersten Mal christen ge-nannt.“ In der Apostelge-schichte können wir sehen, dass nicht nur die Leiter einer Gemeinde als die geistlichen Personen gesehen wurden, sondern das Kollektiv, die Ge-meinde, die einzelnen Jünger der Gemeinde. Sie waren ange-sehen im Volk, sie wurden als Christen bezeichnet. Es waren Menschen, die anders waren und anders wahrgenommen wurden.

Wir als Christen staunen oft über die Apostelgeschichte. Was da passiert ist, erscheint in unseren Augen oftmals einfach unglaublich. Durch Gottes Wirken wuchs die Gemeinde an diesem Tag um etwa dreitausend Personen. – Und jeden Tag rettete der Herr weitere Menschen, sodass die Gemeinde im-mer größer wurde. – … sodass die Zahl der Christen auf etwa fünftausend anwuchs. Wir könnten hier noch weitermachen mit den Zitaten aus der Apostelgeschichte. Fakt ist aber, die Gemeinde Gottes hat sich rasant ausgebreitet. Die Frage stellt sich automatisch: Wie ist das passiert? Was war der Grund dafür? Und die Antwort liegt nicht darin, dass die Apostel so tolle Typen waren oder so tolle Würdenträger, an denen man die Geistlichkeit gesehen hat. Nein, es lag daran, dass jeder einzelne Jünger bereit war, wiederum Jünger zu machen. Dass

jeder in der Lage war, den Auftrag von Jesus zu leben.

Nachdem sie in dieser Weise gebetet hatten, bebte die Erde an dem Ort, an dem sie versammelt waren. sie wurden alle mit dem Heiligen geist erfüllt und verkündigten die Botschaft gottes weiterhin frei und unerschrocken. apg 4,31

Jeder einzelne Jünger war eine geistliche Person und wurde auch so vom Volk wahrgenommen. Weil er den Auftrag leb-te und sich danach sehnte, dass der Auftrag Jesu erfüllt wird. Die Frage stellt sich: Nehme ich den Auftrag Jesu für mich per-sönlich an und lebe ich als ein Jünger Jesu? Oder sage ich mir:

Das ist die Aufgabe der Pfarrer, Pastoren, Theologen und Bibel-schulabsolventen! Die wissen, wie es geht, die sollen es mal machen. Wenn das die Ant-wort ist, dann ist es keine gute Ausrede. Jesus möchte auch mit dir sein Reich bauen. Er hat sein Reich nicht mit den Profis angefangen zu bauen (Phari-säer, Sadduzäer), sondern mit Menschen, die ihm gefolgt sind. Gott braucht keine Profis – er braucht Jünger, die ihm gehor-sam sind! Denn das macht eine geistliche Person aus: Sie ist Je-sus gehorsam!

Jesus sagt selbst: „Wer sucht, der wird finden!“ (Mt 7,8). In

unserer Gesellschaft gibt es viele Menschen, die auf der Su-che sind nach ihm. Das für mich Faszinierende ist, dass Jesus uns benutzt, damit Menschen ihn durch uns finden. Geistlich suchende Menschen suchen nach geistlichen Personen, die ihnen das Evangelium bringen.

Vor einigen Wochen erzählte mir eine Frau, wie sie auf der Su-che war. Ihr Mann wurde sehr krank und gemeinsam suchten sie nach dem Sinn des Lebens. Sie suchten es in der Esote-rik und in vielen anderen okkulten Dingen. Bis sie schließlich nach fast 20 Jahren einem Christen begegnet sind. Als ich das hörte, war ich sehr entsetzt und traurig. Wir als Christen le-ben viel zu oft in der passiven Haltung anstatt in der aktiven Haltung.

Um uns herum leben viele Menschen, die auf der Suche sind nach Jesus. Sind wir bereit, geistliche Personen zu sein für suchende Menschen? Diese Frage musste ich mir persönlich auch stellen und oftmals bemerke ich, dass ich auch passiv bin, anstatt aktiv zu sein. Ich bin dankbar, dass Gott mir Dinge zeigt und mich in die aktive Haltung verändert.

Wie zeige ich mich als geistliche Person?

Vorbildlich leben. Vorbildlich reden.

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In den folgenden Abschnitten möchte ich mit praktischen An-wendungen aus meinem Leben zeigen, wie man als geistliche Person wahrgenommen wird und somit das Evangelium wei-tergeben kann.

VORBILDLICH LEBEN!

Mir ist aufgefallen, dass Menschen sehr gerne andere Men-schen beobachten. Das mache ich auch sehr oft. Aber uns muss es bewusst sein, dass andere Menschen auch uns be-obachten. Sie beobachten uns, wie wir mit unseren Kindern reden; sie beobachten, wie wir mit unserer Frau reden, wie wir Fußball spielen, wie wir die Arbeit erledigen, wie wir mit Krisen oder Krankheiten umgehen. Sie beobachten uns und nehmen uns in der Außenwelt wahr. Ich würde sagen, in die-ser Phase schneiden wir als Christen auch sehr oft gut ab.

Nach außen geben wir uns freundlich und lieb, doch diese Lie-be muss von innen kommen. Deshalb müssen wir die Men-schen auch an unser Innerstes lassen, an unser Leben. Unser wirkliches ICH kommt doch erst in unserem Zuhause raus. Da fühlen wir uns wohl, da sind wir zuhause und hier entspannen wir uns. Und genau hier können die Menschen uns und unser Leben entdecken.

Vor über drei Jahren haben wir ein neues Zuhause gesucht. Wir hatten mittlerweile drei Kinder und es wurde zu eng. Unser Wunsch war es, ein kleines Häuschen zu haben, mit großem Garten für die Kinder zum Spielen und vor allem, es musste bezahlbar bleiben. Gott hat uns in ein ganz großes Haus geführt mit überschaubarem Garten. Wir waren uns si-cher, das macht er. Ein so großes Haus, nur warum? Die Ant-wort darauf bekamen wir sehr schnell. Dieses Haus ist nicht nur für uns als Familie, dieses Haus soll ein Ort sein, an dem viele Menschen ein Zuhause erleben können. Wir wollen un-ser Leben mit anderen Menschen teilen, transparent sein, für die geistlich Suchenden ein Gegenüber sein und sie in unser Leben hineinschauen lassen, ohne Abstriche.

Unser großes Vorbild ist Jesus. Er hat sein ganzes Leben für die Jünger geopfert, sich ganz für sie zur Verfügung gestellt, mit ihnen gemeinsam seine Zeit verbracht, ohne feste Büro-zeiten. Ob am Tag oder in der Nacht. Sowohl beim Essen als auch in seinen Ruhephasen. Das ist für mich ein ausschlagge-bender Punkt. Ich bin kein Vorbild, wenn meine äußere Fas-sade stimmt, das baut eher wieder eine Mauer auf. Die Men-schen sollen nicht zu uns hinaufschauen und uns bewundern, sondern sollen erleben, wie wir unseren Glauben in unserem

Alltag sichtbar werden lassen und vor allem in den Situatio-nen, in denen wir selber sehr herausgefordert sind und an un-sere Grenzen kommen.

Diese Transparenz macht suchende Menschen neugierig, Jesus kennenzulernen. Und es ist so ein leichtes Prinzip. Es erfordert nicht viel, nur die Bereitschaft, andere an meinem Leben teilhaben zu lassen.

VORBILDLICH REDEN!

Wenn wir als geistliche Menschen wahrgenommen werden wollen, dann müssen wir natürlich auch über unseren Glau-ben reden. Vielen Christen fällt aber gerade dieser Punkt sehr schwer. Sie sind der Meinung, dass man ganz viel biblisches Wissen haben muss, um über den persönlichen Glauben re-den zu können. Deshalb reden einige erst gar nicht über den Glauben. Andere wiederum führen nur Diskussionen. Jesus hat den Jüngern gesagt, dass sie von dem reden sollen, was sie mit Jesus erlebt haben. Wir haben zwar Jesu Auferstehung nicht miterlebt, wir erleben aber eigene Wunder mit ihm, er-leben z.B. Befreiung von Zwängen, Sorgen, Krankheit. Das soll unser Zeugnis sein und davon müssen wir Menschen erzäh-len, um herauszufinden, wer von Gott vorbereitet ist. Wer auf unsere Erlebnisse mit Gott reagiert, Fragen stellt, sich selber ganz öffnet, für solche Menschen müssen wir bereit sein, un-sere ganze Zeit zu investieren.

Das sind nur zwei für uns praktische Hilfestellungen, wie wir in unserem Alltag versuchen, als geistliche Personen wahr-genommen zu werden. In der Bibel finden wir noch weitere Beispiele, wie die Jünger als geistliche Personen auf sich auf-merksam gemacht haben. Das Entscheidende ist, dass man dazu bereit ist, sich als geistliche Person zu „outen“ und somit andere zu Jüngern zu machen.

VicTOR sUdERMaNN

ist ein leidenschaftlicher Teamplayer. Er gründet gerne Neues und brennt für das Weserbergland.

TEAM WESERBERGLAND

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Mit Haut und Haaren.

Meine Kinder lieben Witze. Einer ihrer Favoriten ist im Mo-ment: „Egal wie jung deine Freunde sind, Jesu Freunde waren Jünger.“ Und damit haben sie recht. Die Jünger waren nicht nur jung, sondern Menschen, die mit Haut und Haaren Jesus nachfolgten. Also Jünger.

Wie kam es dazu, dass ein paar junge Leute anfingen, einem anderen jungen Mann zu folgen? Die Berufung der Zwölf ist unspektakulär: „Kommt! folgt mir nach! ich will euch zu Men-schenfischern machen.“ (Mk 1,17f) Spektakulär ist die Reakti-on: „sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm.“

Menschen suchen Orientierung. Menschen suchen jeman-den, den sie nachahmen können. Kinder lernen von den El-tern und von den älteren Geschwistern. Sie wachsen, machen Fortschritte. Sie beobachten Dinge, probieren sie aus, werden ermutigt und korrigiert, machen Fehler, aber auch vieles rich-tig und landen nach gewisser Zeit in der Selbstständigkeit.

sTEHENBlEiBEN, UMKEHREN,

RicHTig laUfENJesus ruft Menschen in die Nachfolge. Und da geht es um viel mehr, als nur ein Schüler von einem guten Lehrer zu sein. Wenn Jesus ruft, ist dieser Ruf ganzheitlich. Er hat an uns den Anspruch, dass wir mit Haut und Haaren folgen.

Nachfolge bzw. Jüngerschaft beginnt mit Umkehr und Verge-bung. Aber das ist nur der Startschuss, denn Jesus möchte mehr. Wir sollen verstehen, wer er ist und was ihm wichtig ist. Dabei aber nicht nur Wissen ansammeln, sondern unser Den-ken und unser Handeln auf ihn ausrichten. Unsere Beziehung zu ihm soll lebendig sein und wachsen.

Um Jesus nachzufolgen, muss man wissen, wie das geht. Man muss wissen, was Jesus gelehrt hat und sich danach richten. Nur so wird man ihm ähnlicher. Das kann man nicht bezie-hungslos tun, sondern nur im Glauben und im Vertrauen auf den Sohn Gottes.

Jüngerschaft heißt, dass ich Jesu Gebote in meinem ganzen Leben befolge, ohne Rücksicht auf die Umstände, in denen ich mich befinde. Und auch ohne Rücksicht auf die Konsequenzen meiner Handlungen, weil ich Jesus folgen will.1 So wird Jünger-schaft in vielen Gemeindegründungsbewegungen definiert.

Spannend finde ich, dass man den Status „Jünger“ nicht ver-lässt, auch wenn man andere in der Nachfolge anleitet. Wir bleiben immer Kinder, immer Jünger und werden nicht selbst zu Personen, denen andere nachfolgen. Unser Ziel ist deshalb, andere immer an Jesus selbst zu binden und nicht an uns. Gott hat keine Enkel. Er hat nur Kinder.

Jesus sagt selbst, dass er uns keine unnötige Lasten auferlegt, wozu wir Menschen schnell neigen. Es geht ihm nicht um ein kleinkariertes Gesetzehalten, sondern um unser Herz. Er hat uns erwählt, nicht wir ihn. Er hat uns ein neues „fleischernes“ Herz gegeben, sodass unsere Nachfolge bzw. unser Gehor-sam ihm gegenüber aus unserem Inneren kommen und nicht von außen übergestülpt werden (Jer 31,33f). Das ist das Wir-ken des Heiligen Geistes.

Richtig laufen bedeutet auch nicht, dass man fehlerlos ist oder nicht mehr vom Weg abkommt. Richtig laufen bedeutet, dass man mit seinen Fehlern immer wieder zur richtigen Adresse kommt, von Jesus Vergebung erfährt und statt liegenzublei-ben wieder aufsteht.

Wer Jesus nachfolgt, bekommt die Garantie für ein Leben mit

91 vgl. Watson, David, Gemeindegründungsbewegungen - Eine Momentaufnahme, 2011, S. 18

Was bedeutet Jüngerschaft?

Page 10: Brennpunkt Gemeindegründung 2015-03

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Angriffen und vielfältigen Schwierigkeiten. Langweile ist aus-geschlossen. Aber dafür steht man an der Seite des mächtigs-ten, größten und schönsten Freundes, den man sich vorstellen kann: Jesus – vor dem sich einmal alle Knie beugen werden.

cHaRaKTER- scHlEifMascHiNE

Warum verändert man sich nicht? Liegt es am Gefühl, dass man sich sowieso nicht ändern kann? Oder am Gefühl, dass eigentlich ja doch alles richtig läuft? Oder an der Unwissen-heit, dass man nicht weiß, was Gott von einem will – oder man es sogar gar nicht wissen will?

Grundsätzlich bedeutet Stillstand Tod. In der Beziehung zu Je-sus geht es darum, dass wir in einem dauerhaften Prozess der Veränderung stehen. Unser Charakter ist nicht vollkommen und wird diesen Zustand auf dieser Welt auch nicht erreichen. Was aber nicht heißt, dass wir so bleiben sollen, wie wir sind.

Jesus arbeitet an uns, wenn wir ihn an uns arbeiten lassen. Er wird uns viele praktische Dinge beibringen. Er wird uns zei-gen, was ihm an uns wehtut und wie wir in seinem Sinne den-ken und handeln können. Sein Wunsch ist, dass wir zu Vor-bildern werden. Echte Vorbilder mit Ecken und Kanten, keine Hochglanz-Idole.

Dazu nimmt Jesus uns an die Hand. Er selbst ist unser Leh-rer. Er schärft unser Gewissen nach unseren „Dehnübungen“. Er legt den Finger in die Wunde – und zwar da, wo es wirk-lich wehtut. Sein Geist offenbart Sünde, falsche Haltungen, Selbstbezogenheit und Überheblichkeit. Wenn Jesus uns den Spiegel vor unseren Charakter hält, kann einem schon einmal übel werden – ein Beispiel ist der Verrat von Petrus. Das tut richtig weh, wenn man feststellt, dass man doch nicht besser als Judas ist.

Jesus mag keine Schauspieler. Vor allem geht es ihm darum, dass wir aufrichtig sind und anerkennen, dass wir schuldig sind und uns immer wieder schuldig machen. Wir brauchen die Nähe zu Jesus, weil uns seine Nähe prägt und verändert. Man wird dem ähnlicher, dem man folgt. Im Bild vom Wein ge-sprochen ist die einfache und doch schwierige Aufgabe, am Weinstock zu bleiben (Joh 15,1ff). Nur dann ist die ganze Sache fruchtbar.

Charakterveränderungen haben auch immer damit zu tun, dass sich Prioritäten verschieben. Jesu Prioritäten sind anders als unsere, weil er eine andere Sicht auf die Dinge hat. Des-

halb verstehen wir auch nicht sofort, warum wir bestimmte Dinge aufgeben und wiederum andere tun sollen.

Paulus wurde von Jesus auf ziemlich harte Tour dazu gebracht, Dinge aufzugeben, die er sogar (vermeintlich) für Gott getan hat. Aber nachdem Jesus seinen Charakter verändert und neu geprägt hat, kann sogar Paulus sagen: „daher bitte ich euch eindringlich: folgt meinem Beispiel.“ (1Kor 4,16) Schleifen ist schmerzhaft und dauert ein Leben lang.

KEiN gEHEiMER aUfTRagJünger haben einen Auftrag. Keinen geheimen Auftrag – ob-wohl ihn viele nicht verstehen. Jesus reduziert die ganze kom-plexe Sache auf drei wesentliche Dinge: Gott lieben, Mitmen-schen lieben und Hoffnung verbreiten bzw. andere zu Jüngern zu machen.

Gemeinschaften von Christen haben die Tendenz, sich nach innen zu orientieren, nach außen abzuschotten und um sich selbst zu kreisen. Jesus kennt diese zutiefst menschliche Ten-denz, weshalb er uns durch sein Leben und Handeln zeigte, dass es darum geht, hinzugehen.

Der Auftrag Jesu lautet nicht, Menschen zu einer anderen Re-ligion zu bekehren und zu Anhängern zu machen (Mt 23,15). Jesu Auftrag an seine Jünger lautet, wieder andere zu Jüngern zu machen. Und zwar nicht zu Jüngern von uns selbst, sondern zu Jüngern von Jesus. Sie sollen angeleitet werden, mitarbei-ten, mündig werden und selbstständig den Auftrag leben und wieder andere zu Jüngern machen (2Tim 2,2).

Jesus sagte seinen Jüngern nicht: „Kommt, folgt mir nach! Ich will euch einmal in der Woche im Gottesdienst sehen. Der Rest ist mir egal.“

Er sagte: „Kommt, folgt mir nach! ich will euch zu Menschen- fischern machen.“

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ist vom Thema Rettung begeistert, egal ob in der Gemeindegründung oder bei der Feuerwehr.

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Schmidt, Alvin J., Resch 2009, 494 Seiten

Alvin J. Schmidt (PhD, Universität von Nebraska) emeritierte 1999 als Soziologieprofessor vom Illinois College in Jackson-ville, Illinois, wo er auch heute noch lebt. Er hat mehrere Bücher geschrieben, die sich mit dem Themenkreis: Christentum, Kul-tur und gesellschaftlicher Wandel auseinandersetzen.

Schmidt beschreibt in seinem gut recherchierten und mit einer Fülle an Belegstellen versehenen und umfassenden Buch, wel-che Spuren das Christentum in den letzten 2.000 Jahren hinter-lassen hat. Leider wird dieser positive Einfluss heute nicht mehr wahrgenommen. Im Gegenteil: Der Einfluss des Christentums wird eher negativ bewertet oder zumindest belächelt. Wir kön-nen den Einfluss des Christentums auf soziale, wissenschaftliche und kulturelle Forstschritte aber gar nicht überschätzen und ge-rade deshalb sind solche Bücher wichtig. Schmidt zitiert Thomas Cahill mit den Worten: „Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass das Christentum eine Initialzündung von Taten und Ideen ausgelöst hat, die die ganze Welt geprägt haben und deren Wir-kung seit Jahrhunderten andauert.“ (New York, 1999), S. 331

Der Christ lässt sich vom Worte Gottes verändern. Gibt es vie-le Christen in einer Region, werden sie die Gesellschaft positiv verändern. Von Anfang an waren die christlichen Gemeinden auch collegia (Wohlfahrtsvereine), die für die Armen, Waisen und Alten sorgten, mithin die ersten karitativen Einrichtungen. Durch die Jahrtausende hindurch war die Liebe zu Gott und zum Nächsten das prägende Element christlichen Lebens.

Jedem der 15 Hauptkapitel wird ein Bibeltext vorangestellt. Je-des dieser Kapitel stellt eine Ebene dar, in der die Christen die Gesellschaft veränderten, in der sie lebten; z. B. ist es im ersten Kapitel (Das frühe Christentum unter den römischen Kaisern) Röm 12,2: „Deshalb orientiert euch nicht am Verhalten und an den Gewohnheiten dieser Welt, sondern lasst euch von Gott durch Veränderung eurer Denkweise in neue Menschen ver-wandeln.“

Da die Christen den Kaiser und die römischen und sonstigen Götter nicht anbeteten, wurden die Christen im alten Rom als Atheisten bezeichnet und unerbittlich verfolgt. Ebenso wurde ihr moralisch höher stehender Lebensstil von den Menschen um sie herum als Provokation empfunden (S. 29) und sie wur-den dem Schwert oder den wilden Tieren ausgeliefert. Dennoch veränderten sie die Gesellschaft im Römischen Reich gewaltig. In den ersten Jahrhunderten nach Christus wählten besonders Frauen den christlichen Glauben, weil sie hier die Freiheit und Würde erhielten, die sie in der griechisch-römischen und jüdi-schen Kultur nicht gehabt hatten (S. 125).

In der Antike zählte ein Menschenleben nichts. Aus dem Wis-sen heraus, dass alle Menschen gleichwertig sind und es kein unwertes Leben gibt, widersetzten sich Christen der gängigen Praxis der Abtreibung, Tötung von ungewollten Kindern, Er-niedrigung der Frau und Ehefrau, der Pädophilie, der patria po-testas (der absoluten Verfügungsgewalt des Vaters über seine Kinder) und Menschenopfern – diese waren z. B. bei den heid-nischen Preußen und Litauern noch bis ins 14. Jh. üblich.

In der griechisch-römischen Kultur war es nicht üblich, dem Kranken, Hungernden, Sterbenden zu helfen. Der Wert eines Menschen maß sich an seiner gesellschaftlichen Stellung. Nur die wenigen Bürger zählten als Menschen. Man fütterte den Bettler nicht durch und gewährte einem kranken Sklaven kei-nen Schutz (S. 154). Im alten Japan lehrten die Priester, dass die Kranken und Behinderten den Göttern zuwider waren (S. 155). Sogar der heidnische Kaiser Julian Apostata beklagte die Ge-fühllosigkeit der Römer, die sich scharf von der Barmherzigkeit der Christen unterschied (S. 184).

Das Mitgefühl mit den Armen ist ein Denken, das ganz dem Evangelium entstammt, während z. B. die Reichen in Rom und Griechenland die Armen verachteten. Bei den ersten Nachfol-gern Christi hatte jeder Mensch den gleichen Wert – ob Senator oder Bettler. Zur Zeit der Christenverfolgung konnten sie den Menschen um sie herum nur individuell dienen. Nach dem Ab-ebben der Christenverfolgung ab Anfang des 4. Jahrhunderts konnten die Christen endlich ihre Liebe zu den Menschen bes-ser organisieren: Im 313 n. Chr. wurde das erste Waisenhaus eröffnet, die ersten Altenheime wurden ab 483 eröffnet, die ersten „Irrenhäuser“ in derselben Zeit. Schmidt zeigt auf, dass sowohl die Abschaffung der Sklaverei und der Kinderarbeit als auch die Beendigung der Rassentrennung ihre Ursache in den Lehren des Christentums haben. Vorangetrieben wurden diese von engagierten und opferbereiten Nachfolgern Christi.

Schmidt zeigt auf, dass wir uns ohne Jesus Christus keine westliche Zivilisation und Menschenrechte vorstellen können. Die Geschichte lehrt uns, wie gewaltig die Veränderungen wa-ren, die mit dem Evangelium begannen. Er zeigt auf, dass die Menschenrechte sich geradlinig aus den Evangelien ableiten. Die freie Gesellschaft, in der wir leben, selbst die sogenannte Aufklärung leiten sich im Grunde aus den Lehren der Heiligen Schrift ab. Ich frage: Würden die Germanenstämme sich nicht vielleicht immer noch gegenseitig massakrieren, versklaven, Menschen opfern, hätten sie sich nicht dem Evangelium unter-worfen und sich von ihm verändern lassen?

Dieses empfehlenswerte Buch ist wirklich sehr aufschlussreich, ermutigt den Leser zu tätiger Barmherzigkeit und gibt dem Le-ser auch gesellschaftskritisch-apologetisches Handwerkszeug an die Hand.

ALBRECHT SCHMIDT

BUcHBEsPREcHUNg:WIE DAS CHRISTENTUM DIE WELT VERÄNDERTE

Alvin Schmidt

11

Page 12: Brennpunkt Gemeindegründung 2015-03

Es ist noch nicht so lange her, da brachte ich unserem jüngsten Sohn das Fahrradfahren bei. Da er das Laufrad schon kann-te, dauerte das Training nicht allzu lang. Ich hielt das Fahrrad fest und sagte: „Setz dich mal auf den Sattel und stell die Füße auf die Pedale. Hier musst du treten. Keine Sorge ich halte das Fahrrad fest.“ Er schaute nach unten auf seine Füße und begann zu treten, ich ging mit. „Jetzt schau mal nach vorne!“ Mein Sohn schaute nach oben und hörte auf zu treten. „Wei-tertreten nicht vergessen.“ Nach einigen Metern klappte es schon recht gut und nach ein paar Minuten ließ ich immer mal wieder den Sattel los, bis er schließlich auch ohne mich weiterfahren konnte, erst noch unsicher, mit der Zeit immer sicherer. Dann kamen das eigene Anfahren und später auch das Bremsen dazu. Einige Mal fiel mein Sohn beim Anfahren hin und war frustriert. Ich ermutigte ihn, nicht aufzugeben und weiterzuüben, und gab immer mal wieder kleine Tipps. Mitt-lerweile hat er natürlich das Fahrradfahren gelernt und macht gerne kleine Fahrradtouren mit uns.

Für mich ist dies ein guter Vergleich für Jüngerschaft. Während man Laufen mehr oder minder selbst lernt, bekommt man das Fahrradfahren in der Regel beigebracht. Ein Jünger wird man meist auch nicht einfach so von selbst, zumindest nicht im Idealfall. In Matthäus 28, 18-20 ist das Hauptverb nicht „geht, tauft oder lehrt halten“, sondern „macht zu Jüngern“. Ein biss-chen holprig, aber dicht am griechischen Urtext könnte man übersetzen „während/indem ihr geht, tauft und halten lehrt, macht zu Jüngern!“ Wie macht man zu Jüngern? Indem man geht, gute Nachricht weitererzählt, Leute tauft und die Leute dann das halten lehrt, was Jesus seinen Jüngern geboten hatte.

dER UNTERscHiEd zWiscHEN EiNEM lEHRVORTRag HalTEN

UNd „HalTEN lEHREN“Als ich meinen Söhnen das Fahrradfahren beigebracht habe, habe ich mich dann vor jeden hingestellt und einen Lehrvor-trag über das Fahrrad und das Fahrradfahren gehalten? Etwa so: „Schau mal, das ist ein Fahrrad, zwei Räder, ein Sattel, ein Lenker und zwei Pedale. Auf den Sattel setzt du dich, mit dem Lenker lenkst du und wenn du schnell genug in die Pedale trittst, kannst du Fahrrad fahren. Damit ist alles Wichtige ge-sagt. Probier mal selbst, wir sehen uns später.“ Meine Jungen hätten wohl gefragt: „Spinnst du, Papa?“ Nein, Fahrradfahren lernt man nicht durch einen sachlich richtigen Vortrag, man bekommt es beigebracht und nichts anderes meint „lehrt (zu) halten“.

Die Jünger wussten aus eigener Erfahrung, dass es nun ihre Aufgabe war, den Menschen, die durch sie zum Glauben ka-men, die Dinge beizubringen, die Jesus ihnen selbst beige-bracht hatte.

WiR MÜssEN KöNNEN, Was WiR aNdEREN

BEiBRiNgEN WOllENVor vielen Jahren als Pastor sagte ich zu einer Reihe von jungen Leuten in meiner Gemeinde: „Wenn eure Freunde euch fragen, wie sie gewinnbrin-gend die Bibel lesen, wie sie beten, wie sie Gottes Stimme hören können, dann schickt sie nicht zu mir, sondern bringt es ih-nen selbst bei.“ Ihre Antwort war mehr oder minder übereinstimmend: „Aber das können wir doch selbst nicht richtig, wie sollen wir es dann jemand anderem beibringen?“

G a n z klar: Was man selbst nicht richtig kann, kann man jemand anderem auch nicht wirklich beibringen. Leider haben wir viele Dinge gar nicht erst gelernt, die wir an-deren (jungen) Christen beibringen sollten, weil das Jünger-machen in der jüngeren Kirchengeschichte in Vergessenheit geraten ist und weitestgehend durch das Predigen am Sonn-tagmorgen ersetzt wurde.

dO-iT-yOURsElf-JÜNgERNatürlich bedeutet der Mangel an Jüngermachern nicht, dass niemand mehr ein Jünger geworden ist, aber oft ist der Lern-prozess schwieriger: Wir lernen durch Bücher, schauen uns Dinge von Menschen ab, auch wenn sie uns nicht direkt trai-nieren und werden zu so etwas wie Do-it-yourself-Heimwer-

12

Geistliches fahrradfahren lernen

Jüngerschaft konkret

Page 13: Brennpunkt Gemeindegründung 2015-03

kern, die sich ihr Können anlesen oder auf Youtube-Videos abschauen. Aber wer schon einmal eine Wand verputzen woll-te, weiß, dass man so etwas weitaus besser lernt, wenn man jemanden hat, der es einem erst vormacht, dann assistiert, dann zuschaut und notwendige Tipps gibt. Ein Youtube-Video ist nicht halb so hilfreich.

dER HEiligE gEisT isT dER BEsTE lEHRER, aBER ...

Natürlich haben wir einen Lehrer, der uns an alles erinnern kann:

„der Beistand aber, der Heilige geist, den der Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ Joh 14,26 (rev. El-berfelder)

Das ist richtig, aber leider hatten die meisten Christen, die ich bisher in konservativen, evangelikalen Kreisen getroffen

habe, wenig bis keine Erfahrung dar-in, auf die Stimme des Heiligen

Geistes zu hören. Meine eigenen Anleiter dazu

steckten zwischen zwei Buchde-

ckeln.

Zum anderen gibt es ne-ben dieser

l e i s e n

Stim-me auch

ein starkes Grundrauschen um uns herum. Der Heilige Geist will zwar re-den, aber wir müssen uns auf sein Reden auch konzentrieren, sonst wird es leicht übertönt.

Zum Grundrauschen gehört nicht nur die Welt, sondern auch viele zwar gut meinende, aber auch nicht wirklich brennen-de Christen, die ebenfalls ihr Umfeld prägen. Augustinus wird das Zitat zugeschrieben, dass wir in anderen nur das entfa-chen können, was in uns selbst brennt. Ich kenne einige jun-ge Leute in Deutschland verteilt, die sich gerne von für Jesus brennenden Vorbildern prägen lassen wollen, diese aber in ihrem Umfeld einfach nicht finden. Umso wichtiger, dass wir selbst für Jesus brennen.

EiN gUTEs fUNdaMENTPaulus hat den Ephesern den ganzen Ratschluss Gottes ver-kündet und ist deshalb guten Gewissens weitergezogen (Apg 20,27). In Ephesus war er aber auch recht lange (vermut-lich 2-3 Jahre), in anderen Orten war er kürzer. Wenn es für den ganzen Ratschluss Gottes zeitlich nicht reicht, was wären denn die Themen, die wir junge Christen halten lehren wollen, damit sie ein gutes Fundament für ihr Leben als Jünger haben?

Leider finden wir weder bei Jesus noch bei Paulus einen vor-gefertigten Lehrplan, den wir einfach abarbeiten könnten. Vermutlich muss jeder daher für sich selbst prüfen, was er für überlebenswichtig hält. Für mich sind es drei Bereiche: Ers-tens die Liebe Gottes, die alles wie ein Fundament unterzieht. Zweitens das stille Kämmerlein mit allen Fragen, wie ich ganz konkret meine persönliche Beziehung zu Gott pflegen kann. Und drittens der Glaube: Was glaube ich, wie lebe ich mein Leben?

DIE LIEBE GOTTES

Das Ziel aller Unterweisung ist die Liebe (1Tim 1,5). Gott zeigte seine Liebe, dass er seinen Sohn sandte (Joh 3,16). Niemand hat größere Liebe als der, der sein Leben gibt für seine Freun-de, also Jesus (Joh 15,13). In dieser Liebe sollen wir gegründet und gewurzelt sein (Eph 3,17) und diese Liebe drängt uns, denen davon zu erzählen, die sie noch nicht erfahren haben (2Kor 5,14ff).

DAS STILLE KÄMMERLEIN

› Wie verbringe ich Zeit mit Gott?

› Wie lese ich die Bibel? Wie kann ich sie verstehen?

› Was ist Gebet? Wie bete ich? Wie höre ich auf das Reden des Heiligen Geistes?

GLAUBEN

› Was muss ich tun, um gerettet zu werden?

› Was bedeutet die Taufe? Wie taufe ich jemanden?

› Weitererzählen: Gottes Geschichte, meine Geschichte, wie bete ich für Menschen?

gEMEiNdE als gEisTlicHE faMiliEBei diesem „Fahrradtraining“ verfolge ich zwei grundlegen-de Ansätze: Zum einen in der Art, wie ich trainiere, nämlich: Vormachen, Assistieren, Zuschauen und Feedback geben. Zum anderen, wie der Teilnehmer damit umgehen soll: Ler-nen, Umsetzen und weitergeben. Konkret zum Beispiel: Wie ernähre ich mich selbst? Wie kann ich das Gelernte in meinem Leben umsetzen? Wie kann ich das Gelernte an andere weiter-geben? So werden aus Jüngern wieder selbst Jüngermacher. Das ist mein Ziel.

13

daVid scHÄfER

lebt mit seiner Familie in Hamburg, gründet dort im Team Gemeinden und trainiert andere darin, von Jesus zu erzählen und Menschen zu Jüngern zu machen.

TEAM HAMBURG

Page 14: Brennpunkt Gemeindegründung 2015-03

Wenn Heiligung bedeutet, Jesus ähnlicher zu werden, sein Wesen immer mehr widerzuspiegeln, dann besteht Heiligung doch wohl darin, ein Leben der Liebe zu kultivieren: „ich gebe euch jetzt ein neues gebot: liebt einander! genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander lieben!“ (Joh 13,34). Damit ist im Grunde schon gesagt, dass persönliche Heiligung untrennbar verknüpft ist mit dem Leben in der Gemeinschaft der Jesus-Nachfolger. Zum Wesen des Christentums oder besser der Jesus-Nachfolge gehört das gemeinschaftliche Leben – durchaus im Gegensatz zu anderen Religionen, die persönliche Erlösung oder Erleuchtung im Zentrum haben. Wir stehen immer wieder vor der Herausforderung, das individualistische Heiligungsverständnis zu über-winden und zu einem kollektiven Verständnis und einer heiligenden Gemeinschaftserfahrung zu kommen. Dann wird mir der andere und mit ihm die Gemeinschaft zu einem Werkzeug meiner Heiligung statt zum Hindernis derselben.

Doch warum ist diese Fragestellung wichtig in Bezug auf missionarische Arbeit? Schließlich ist es doch nicht so wichtig, ob sich Christen in den Gemeinden wirklich um Liebe bemühen, wenn sie nur den Verlorenen das Evangelium verkündigen, oder? Solchen Vorstellungen tritt Jesus klar entgegen: „an eurer liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid.“ (Joh 13,35). Die gelebte Liebe – oder mit anderen Worten das heilige Miteinander – einer Gemein-schaft von Jüngern Jesu hat eine eindeutige Signalfunktion. Und diese Signale werden verstan-den: „An die Predigt kann ich mich nicht mehr erinnern, aber wie bei euch die Leute miteinander umgehen, das hat mich tief beeindruckt!“ Nicht selten habe ich es so oder ähnlich von Menschen gehört, die einen Gottesdienst besucht haben. Aber auch das andere: „Wie kann man nur so mit-einander umgehen und dann Christ sein wollen!“

Ganz praktisch werden diese Überlegungen in der Anfangsphase einer neuen Gemeinde-gründung. Ein Gründungsteam hat die Möglichkeit, modellhaft zu demonstrieren, wie christliche Gemeinschaft aussieht und sich wohltuend abhebt. Im Sinne der Einla-dung „Komm und sieh!“ (Joh 1,46) können sie für Menschen, die Jesus noch nicht kennen, Liebe erlebbar machen.

Es scheint mir entscheidend zu sein, dass junge Christen in dieser Hinsicht von Anfang an eine gesunde Prägung bekommen: Zusammenleben und sich einordnen in eine Gruppe mit einer neuen Qualität von Gemein-schaft – nichts Anderes ist ja die christliche Gemeinde. Sie sollen sehen, dass diese Gruppe sich nicht nur punktuell versammelt, um angepredigt, belehrt oder sonstwie religiös bedient zu werden. Vielmehr geht es darum, das ganze Leben mit-einander zu teilen (s. Brennpunkt 01/2015). Hier wird Heiligung dann ungemein praktisch und erfahrbar. Im Neuen Testament finden wir ein kleines Wort, das diesen Sachverhalt unterstreicht: „einan-der“. Es kommt über 60 mal vor und zeigt: Christsein wird gemeinsam, mitein-ander gelebt, sozusagen unter der Überschrift des „Liebt einander!“ (s.o.)

HEiligUNg - EINSAM ODER GEMEINSAM?

14

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Page 15: Brennpunkt Gemeindegründung 2015-03

Einige Beispiele:

› Ordnet euch einander unter! (Eph 5,21)

› Nehmt einander an! (Röm 15,7)

› Vergebt einander! (Eph 4,32)

› Haltet Frieden untereinander! (1Thes 5,13)

› Ertragt einander! (Eph 4,2)

› Achtet aufeinander! (Heb 10,24)

› Dient einander! (1Pet 4,10)

› Bekennt nun einander die Vergehun-gen und betet füreinander! (Jak 5,16)

› Ermahnt einander und er-baut einer den anderen! (1Thes 5,11)

› Redet nicht Übles ge-geneinander! (Jak 4,11)

Es i s t

o f f e n -sicht l ich ,

dass diese Aufforderungen

und Gebote nur in einer verbindlichen

Gemeinschaft ihre Dy-namik entfalten. Vergeben,

den anderen annehmen, aufei-nander achten – zu all dem brau-

che ich den anderen, der mich an dieser Stelle herausfordert, meine Hal-

tung und mein Verhalten ganz praktisch von Jesus prägen zu lassen. In einer großen,

unverbindlichen Kirche oder Gemeinde voller christlicher Konsumenten wird dies kaum funk-

tionieren. Hier kann man kommen und gehen wann man will – und wenn mir etwas oder jemand nicht passt,

bleibt man weg. Doch so hat sich Jesus die Gemeinschaft seiner Nachfolger nicht gedacht. Kleine, überschaubare und verbindliche Zellen hingegen schaffen Räume für ein solches Miteinander – seien es Hauskreise einer größeren Gemeinde oder einfache Hausgemeinden.

Hier finden wir aber auch einen hervorragenden Ort für die gemeinsame Beschäftigung mit der Bibel sowie die Anbetung Gottes – schließlich erschöpft sich ein Leben in der Heiligung nicht nur im zwischenmenschlichen Aspekt.

Wo wir gemeinsam in der Anbetung vor Gott stehen, werden wir auch miteinander verwandelt: „deshalb schauen wir alle die Herrlichkeit des Herrn mit aufgedecktem gesicht an. Wir sehen sie wie in einem spiegel und werden so seinem Bild immer ähnlicher, denn seine Herrlichkeit verwandelt uns.“ (2Kor 3,18) – Dies gilt nicht nur für den Einzelnen!

Wo wir gemeinsam Gottes Wort studieren, miteinander nach Wegen des Gehorsams fragen und einander verantwortlich machen, wird ein Veränderungsprozess kaum ausbleiben.

Aber e s

g e h t noch einen

Schritt weiter:

In der Heiligung geht ja es nicht um

Selbstver vol lkomm-nung, sondern darum, dass

Christus Gestalt gewinnt. Und das tut er nicht in der Einsamkeit,

sondern im prallen Leben. Nicht nur der Einzelne wird in seiner Haltung und

seinen Handlungen von Jesus geprägt und verändert, sondern auch die Gemeinde als

solche wird durch Liebe verwandelt, ja gehei-ligt. Gewinnt Christus so in uns (als Gemeinschaft)

und durch uns (als Gemeinschaft) Gestalt, wird Welt gestaltet: Ehen werden erneuert, Familien versöhnt und

Taten der Liebe setzen Zeichen in der Gesellschaft. Eine christliche Gemeinschaft (wie immer sie sich nennen mag) ist nicht für sich selber da! Paulus drückt es so aus: „solange wir also noch gelegenheit haben, wollen wir allen Menschen gutes tun, am meisten natürlich denen, die zur glaubensfa-milie gehören.“ (Gal 6,10) Wie an vielen neutestamentlichen Stellen, die vom „Gutes tun“ oder „guten Werken“ sprechen, ist hier auch die Gemeinde als ganzes angesprochen – nicht nur der Einzelne. Eine Gemeinde, die sich uneigennützig für andere einsetzt und Menschen dient, ohne davon profitieren zu können, ist attraktiv! „Warum tut ihr das?“, wird die (oft un-ausgesprochene) Frage sein. Wo das geschieht, sind wir „Licht der Welt“, das „vor den Menschen leuchtet“ (Mt 5,16) und das Wesen unseres Herrn wird sichtbar.

Junge Christen, die noch nicht lange mit Jesus leben, haben nicht selten ein besseres Gespür für diese Verantwortung der Gemeinde. Sie haben oft weniger Bedenken und Sorgen (Darf ich das? Können wir uns das leisten? Bringt es etwas für das Evangelium?) und sie tun sich leichter, die eigene „Komfort-Zone“ zu verlassen und sich der Not zuzuwenden. Wir machen dies Erfahrung beispielsweise gerade bei der Arbeit mit Mig-ranten.

Lassen wir uns herausfordern zu einer ganzheitlichen, ge-meinschaftlichen Erfahrung der Heiligung. Gott möchte uns – persönlich und als Gemeinschaft – in das Bild seines Sohnes umgestalten und dazu brauchen wir einander!

15

WOlfgaNg KlöcKNER

lebt mit seiner Familie seit über 25 Jahren im Allgäu und hat an der Gründung einiger Gemeinden mitgewirkt.

DIM-VORSTAND

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Page 16: Brennpunkt Gemeindegründung 2015-03

Der große Wunsch aller christlichen Eltern ist es, ihre Kinder auf dem Weg mit Jesus zu sehen. Wenn die Kinder dann als Erwachsene selber zum Gottesdienst gehen und sich am Ge-meindeleben beteiligen, gilt die christliche Erziehung als ge-lungen.

Wann beginnt aber die christliche Erziehung? Wer ist dafür zuständig und was gehört dazu? Und wo findet sie eigentlich statt? Diese Fragen sind nicht neu. Nur das Wort „christlich“ fehlt normalerweise, wenn es um Erziehung geht. Dieses klei-ne Wort ändert jedoch nichts an den Prinzipien, wie Kinder lernen. Denn darum geht es bei der Kindererziehung: Lernen, wie das Leben funktioniert.

Der Kinderarzt Remo Largo hat drei Wege identifiziert, auf denen sich Kinder Fähigkeiten und Wissen aneignen und sich weiterentwickeln. Kinder lernen, indem sie andere Menschen beobachten und nachahmen. Sie lernen, indem sie sich mit den Gegenständen in ihrer Umwelt auseinandersetzen, und sie lernen, wenn sie älter sind, durch Unterweisung. Praktisch sieht das so aus: Menschen interessieren sich für Menschen. Das ist bei Kindern, selbst bei Neugeborenen, nicht anders. Alles, was „Punkt, Punkt, Komma, Strich“ ähnelt, wird anderen Formen vorgezogen. Das Verhalten und auch Gesichtsaus-drücke der Erwachsenen werden nachgeahmt. Erst wenn das Kind so weit entwickelt ist, dass es seine Hände bewusst zum Greifen gebraucht, fängt es an, etwas über Dinge zu lernen. Wie sie sich anfühlen, wie sie sich verhalten, wann sie sich bewegen, was man damit machen kann. Die Eltern müssen die Gegenstände nur zur Verfügung stellen. Erst wenn die Sprache entwickelt ist, fängt ein Kind an, Fragen zu stellen und sich Wissen durch Unterweisung anzueignen. Es dauert dann noch mal einige Jahre, bis ein Kind so weit ist, dass es still sitzen kann und Unterrichtsversuchen eines Lehrers oder Kinderstunden-Mitarbeiters längere Zeit folgen kann. Bis da-hin hat es die wichtigsten Kompetenzen für sein Leben aber schon erworben – oder eben auch nicht.

Das gilt genauso für die christliche Erziehung. An erster Stel-le sind die Eltern dafür zuständig. Gott fordert die Israeliten in 5. Mose 6 auf, ihren Kindern seine Worte einzuprägen. Sie sollen immer und überall davon reden, zu Hause, unterwegs, im ganzen Tagesablauf. Einfach da, wo ihr Leben stattfindet und die Kinder dabei sind. Das beinhaltet, diese gesproche-

nen Worte umzusetzen und im Alltag wahr werden zu las-sen. Nicht Moral predigen, sondern die Gebote Gottes leben. Manchmal ist das schwierig, unpraktisch, lästig, aber für die Glaubwürdigkeit des Glaubens der Eltern unabdingbar. Kin-der haben ein ganz feines Gespür für Show und Fassade oder Echtsein. Das, was sie sehen, verinnerlichen sie und ahmen es nach. Da geht es nicht um Wissen, sondern um eine Haltung, etwas Lebendiges.

Die Israeliten sollten das Wort Gottes aufschreiben und in den Alltag integrieren: Wort Gottes zum Anfassen. Lehren wir nur, „was geschrieben steht“ oder schlagen wir die Bibel mit den Kindern auf? Dazu müssen sie nicht Buchstaben lesen kön-nen. Wenn sie die Möglichkeit haben, den Umgang der Eltern mit der Bibel zu „lesen“ und daran beteiligt zu werden, ist das einprägsam. Es geht nicht darum, dass sie große biblische Zu-sammenhänge verstehen, sondern dass sie erleben, wie die Eltern aus Gottes Wort lernen und das umsetzen.

Schließlich folgt die Aufforderung Gottes, sein Wort an die Türpfosten und Tore zu schreiben. Davon kann nur profitieren, wer selber lesen kann, also ein bestimmtes Alter erreicht hat. Jetzt ist die Zeit für konkrete Unterweisung gekommen. Ein Teil dieser Verantwortung kann nun in der Gemeinde wahrge-nommen werden. In Kinderstunden, Jungschar, Gottesdiens-ten u.a. wird viel für die Kinder geboten. Sie werden regelrecht christlich bespaßt. Trotzdem liegt die Hauptverantwortung bei den Eltern: Die Bibel zusammen aufschlagen, darin lesen, ge-meinsam entdecken, was wir über Gott und die Menschen er-fahren und dann überlegen, was das mit dem eigenen Leben zu tun hat. Eine Unterweisung also direkt aus Gottes Wort.

Wenn man es genau betrachtet, hat Herr Largo uns gar nicht so viel Neues erzählt, oder?

fRiEdERiKE scHÄfER

wohnt in Frohnhausen und liebt es, Eltern in den Fragen des Lebens zu unterstützen.

TEAM WESERBERGLAND

Wann beginnt christliche Erziehung?

Der große Wunsch aller christlichen Eltern ist es, ihre Kinder auf dem Weg mit Jesus zu sehen.

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Page 17: Brennpunkt Gemeindegründung 2015-03

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Page 18: Brennpunkt Gemeindegründung 2015-03

STEVE UND MICHELLE ADDISON WAREN DIE REFEREN-TEN UNSERER DIESJÄHRIGEN DIM-FAMILIENRÜSTE. SIE LEITEN MOVE, EINE MISSIONSGESELLSCHAFT, DIE ES SICH ZUR AUFGABE GEMACHT HAT, WELTWEIT JÜNGER UND GEMEINDEN ZU MULTIPLIZIEREN. SIE LEBEN IN LEICESTER, ENGLAND.

WOlfgaNg KlöcKNER: Steve, du hast dieses Buch „Bewegun-gen, die die Welt verändern“ veröffentlicht. Wie bist zu dieser ganzen Thematik gekommen?

sTEVE addisON: Nun, ich war ein Gemeindegründer in den späten 1980er Jahren und durch die Erfahrung unserer ersten Gemeindegründung erlebten wir stark Gottes Ruf hin zu missi-onarischen Bewegungen in ganz Australien. Dies geschah in-mitten von Schwierigkeiten in dieser Gründung und dadurch, dass wir Gott im Gebet suchten. Ab diesem Zeitpunkt fing ich an, alles zu lesen, was ich zu diesem Thema finden konnte. Ich beschäftigte mich mit Beispielen aus der Geschichte und der Bibel. In den folgenden zwanzig Jahren las ich Biografien von Leitern wie John Wesley, über die Entstehung und Ausbreitung der Pfingstbewegung im 20. Jahrhundert, die Herrnhuter sowie alles, was sonst weltweit geschah.

Die Gründung der ersten Gemeinde lief recht gut. Es gab einige Schwierigkeiten, die sich schließlich lösten, aber Gott gebrauch-te all dies, um mich zu prägen und aufmerksam zu machen. Als ein junger Gemeindegründer trägt man ja die Frage im Her-

zen: Werde ich Erfolg damit haben? Die eigene Identität ist stark verknüpft mit dem Ergebnis, das man erzielt. Man geht hin, möchte dem Herrn dienen und Menschen erreichen, aber die Motive sind vermischt – und das trifft wohl auf jeden Gemein-degründer zu. Zu einem bestimmten Zeitpunkt greift Gott ein und möchte unsere Motive läutern. So setzte Gott bei mir seine Vorstellungen von Gemeinde und damit meiner Berufung auf die Tagesordnung.

Nach unserer zweiten Gemeindegründung berief Gott uns schließlich in eine andere Arbeit und ich fing an, Gemeinde-gründer auszubilden und zu coachen, sowie mich in ganz Aust-ralien für Gemeindegründung einzusetzen. Das geschah in den frühen 1990er Jahren.

WOlfgaNg KlöcKNER: Aber nun machst diese Arbeit nicht mehr. Du gründest keine Gemeinden mehr, oder?

sTEVE addisON: Ja und nein. Wir gründen keine Gemeinden mehr im klassischen Sinn wie etwa bei unserer ersten Grün-dung. Ich möchte ein wenig zurückgehen. In den Jahren bis zur Veröffentlichung des Buches „Bewegungen, ...“ begriff ich lang-sam die Grundsätze von Bewegungen, traf mich mit Praktikern und suchte nach Bewegungen, um zu erkennen, was wir davon lernen können.Diese Jahre führten dazu, dass ich das Buch über Bewegungen schrieb. Eigentlich ein kurzes Buch, doch meine Absicht bestand darin, die Prinzipien, die ich erkannt hatte, leicht fassbar zu machen. Zu der Zeit waren wir immer noch dabei,

Interview mit steve addison

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Gemeindegründer auszubilden und zu coachen. Wir arbeiteten zusammen mit Denominationen und größeren Gemeinden in Australien und Neuseeland, aber auch in Europa.

Vor etwa sechs Jahren jedoch kam eine Stunde der Wahrheit. Ich hörte mit all dem auf und fragte mich selbst: Nach zwanzig Jahren ausbilden, coachen, sich einsetzen, entwickeln von Stra-tegien – sehen wir Bewegungen, die sich multiplizieren? Wir hatten eine Reihe Gemeinden gegründet, hatten viel Erfahrun-gen in Auswahl und Training von Mitarbeitern – doch gab es Be-wegungen? Ich musste ehrlich mit mir selber sein – wir sahen keine solchen Bewegungen. Nicht nur das, auch Bekehrungen und neue Jünger gab es nur in unbedeutenden Zahlen. Die neu-gegründeten Gemeinden erreichten zwar mehr Menschen fern von Gott als die bestehenden, aber das war weit entfernt von einer Bewegung. Ich war eine Zeit lang ziemlich beunruhigt da-rüber. Doch als ich aus dieser Zeit herausfand, gab Gott mir eine Einsicht. Durch den Kontakt mit einigen missionarischen Prak-tikern (besonders Leuten vom IMB) erkannte ich: Ich hatte zwar die richtigen Prinzipien, doch wir schafften es nicht, die Brücke zu bauen von den Prinzipien hinein in den Alltag. Mein erstes Buch (Bewegungen ...) wirft den Blick auf die Fallstudien (Was geschah? Was taten diese Leute?), doch ich ließ den nächsten Schritt aus (Wie kann man anfangen, dies selber zu tun?). Hier klaffte eine Lücke. Ich hatte den Lesern Prinzipien aufgezeigt und es ihnen selber überlassen, diese in der Praxis umzusetzen – und das geschah eben nicht.

An diesem Punkt begann eine neue Suche in zwei Bereichen. Zum einen in der Bibel. Ich nahm mir einige Jahre Zeit, die Evan-gelien und die Apostelgeschichte zu lesen: Was tat Jesus? Was hat er den zwölf Jüngern beigebracht? Womit fuhr der erhöhte Herr fort in der Apostelgeschichte durch seine Leute und Leiter wie Paulus? Es war also zunächst ein Blick auf den Dienst von Jesus. Eigenartigerweise denkt man, dass der Dienst von Je-sus nur in den Evangelien enthalten ist, doch Lukas drückt sich sehr klar am Anfang der Apostelgeschichte aus: Die Apostelge-schichte ist die Fortsetzung des Dienstes von Jesus durch seine Leute mit der Kraft des Heiligen Geistes und seinem mächtigen Wort. Daher ist unser Verständnis lückenhaft, wenn wir nicht die Apostelgeschichte und auch die Briefe in dieses Verständnis mit einbeziehen. Ich habe mich also beträchtliche Zeit mit der Bibel beschäftigt. Dann habe ich mir einige Zeit angesehen, wie erfolgreiche Praktiker in Asien und Afrika andere trainieren und mobilisieren. Im Westen sehen wir – bis auf wenige Ausnah-men – keine Bewegungen, die sich multiplizieren. Es ging mir also um die biblische Praxis und die besten Möglichkeiten, diese heute zu verwirklichen.

Und das Ganze kam zurück zu uns selber: Ein Teil dieses Weges bestand darin, dass Gott Michelle und mich ganz klar als Mitar-beiter vor Ort zurück in die Ernte berief – während wir gleich-zeitig weiterhin einen breiteren Einflussbereich hatten. Eines Tages kam Michelle zu mir und sagte: „Steve, du hast hier ein sehr gutes Buch geschrieben, es verkauft sich gut und die Leute

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Interview mit steve addison

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schätzen es.“ Ich fühlte mich sehr ermutigt, doch dann sagte sie: „Wann wirst DU etwas davon tun?“ Es wäre leicht gewe-sen als Ehemann, dies als Kränkung oder Kritik zu verstehen, doch ich nahm es als ein Wort von Gott. Ich verstand, dass Gott durch meine Frau zu mir sprach. Ich weiß, dass es Ehemännern schwerfällt, zu glauben, dass das vorkommt – doch bei mir war es so.

So nahm ich mein Buch und sah mir die Grundsätze an: An-steckende Beziehungen, Personen des Friedens, und die Er-wartung, dass Gott uns führt. Michelle und ich gingen darauf-hin nach Box Hill, einen Stadtteil von Melbourne. Gott hatte die Nationen an diesen Ort gebracht: Einwanderer, Studenten aus dem Ausland und Flüchtlinge. Viele kamen aus China, aber auch aus der arabischen Welt, dem Iran, anderen Teilen Asiens und aus Südamerika. Wir fingen mit Gebetsspaziergängen an und sofort am ersten Nachmittag, an dem wir nach Personen des Friedens Ausschau hielten, führte Gott uns geradewegs zu einer Person. Sie wollte den Kontakt zu uns, wollte vom Evan-gelium hören und brachte uns in Verbindung zu ihrem Be-ziehungsumfeld. Sie war eine junge Chinesin. Aus dieser Be-gegnung heraus startete Michelle einen „English conversation Club“ in diesem Viertel. Nun, viele Gemeinden haben „English Clubs“, aber ohne Verbindung zum Evangelium oder Jünger-schaft. Sie denken, über diesen Klub wird der ein oder andere den Weg in die Gemeinde finden. Das Ganze ist jedoch wenig zielgerichtet. Dies hier war etwas Anderes. Wir kümmerten uns um die Teilnehmer und viele von ihnen sind unsere Freunde geworden, die wir von Herzen lieben. Wir redeten jedes Mal ein- fach über ein Thema in der ersten Hälfte des Treffens. Es

war nicht so sehr Englischunterricht als vielmehr Ge-spräch. Viele hatten schon Sprachunterricht ge-

habt, doch sie brauchten Übung und Sicherheit beim Sprechen. So redeten wir miteinander,

hatten gemeinsame Aktivitäten und sie mochten das. Und dann nahmen wir

ein vergleichbares Thema in der Bibel und gingen in der zweiten

Hälfte zu einem einfachen Entdecker-Bibelstudium

über. Wir lesen die Ge-schichte, erzählen

sie mit eigenen Worten nach

und stellen Fragen wie

„Was lernen wir hier über Gott? Was

lernen wir über Men-

schen?“ und überlegen dann – auch mit Menschen, die noch nicht gläubig sind – wie wir diese Wahrheit in unserem Leben anwenden können. „Wem könntet ihr davon erzählen? Das wäre eine gute Übung für euer Englisch!“ Nachdem wir die Leu-te nach ihrem Einverständnis gefragt hatten, beteten wir in der Gruppe mit ihnen. Was uns wirklich erstaunte, war Folgendes: Menschen aus allen möglichen Hintergründen – Atheisten aus China, Moslems aus dem Iran, Buddhisten aus Taiwan – sie alle hörten und diskutierten die biblischen Geschichten sehr gerne und sie waren dankbar, wenn wir für sie beteten. Wenn einer mehr Interesse zeigte, dann gingen wir dem nach und lasen weiter mit ihm in der Bibel und erklärten das Evangelium. Sehr bald ging es los, dass sie einzeln und zu zweit zu Jesus fanden. Wir tauften sie und zeigten ihnen durch Entdecker-Bibelstudi-um, wie sie Jesus nachfolgen können. Seit vielen Jahren hatten wir in unserem persönlichen Dienst so etwas nicht mehr erlebt – obwohl wir Gemeindegründer und Missionsleiter waren. Ich dachte, meine Gabe ist nicht Evangelisation, und doch fing ich an, Menschen zu Jesus und in die Jüngerschaft zu führen. Das war wunderbar!

Wir verloren dabei nie aus dem Blick, dass wir andere trainie-ren und mobilisieren müssen. So begannen wir und andere von unserem Team bei MOVE (unserer Mission), landesweit Menschen in den grundlegenden Fertigkeiten von Evangeli-sation und Jüngerschaft zu trainieren. Ebenso, wie man Grup-pen und Gemeinden aus diesen ersten Schritten aufbaut. Viele der Teilnehmer fanden Gefallen an dem Training, aber einige durchliefen das Training, fanden es gut und setzten es unmit-telbar in die Praxis um. Und wo immer das geschah, sahen wir, dass Menschen Jesus kennenlernen. Wir begannen, echte Durchbrüche zu erleben. Es ist noch keine Bewegung, die sich multipliziert, doch eine wachsendes, miteinander verbundenes Netzwerk von Menschen, die andere trainieren, Evangelisati-on und Jüngerschaft leben und Gruppen aufbauen. Es ist sehr spannend, das mit zu erleben!

WOlfgaNg KlöcKNER: Es ist sehr ermutigend, wie ihr das als Ehepaar gemeinsam tut!

sTEVE addisON: Eine Sache, die wir dabei gelernt haben: Mi-chelle macht die Arbeit vor Ort sehr gut, daher leitet sie diese Arbeit und ich bin ein Teammitglied. Mir liegt die landesweite, breitere Arbeit für die Bewegung eher. Unsere Dienstbereiche werden sehr bereichert, wenn ich mich auch auf lokaler Ebene engagiere und sie einen Beitrag auf der breiteren Ebene leistet. So haben wir immer mehr verstanden, dass mein landeswei-ter Dienst wenig Auswirkung hat, wenn er nicht mit persönli-chen Erfahrungen vor Ort verbunden ist. Michelles Dienst vor Ort wird keine überregionalen Auswirkungen haben, wenn wir

BEWEGUNGEN SIND

DER MASCHINENRAUM

DER MENSCHLICHEN

GESCHICHTE.

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nicht hinausgehen, Strategien vermitteln sowie Menschen mo-bilisieren und trainieren. So ziehen wir einander in den jewei-ligen Dienstbereich des anderen, ohne unseren individuellen Beitrag zu schmälern.

Ein anderes Beispiel: Es ist meine Stärke, das große Bild und die Vision zu vermitteln und andere zu ermutigen. Michelle ist stark im Coaching einzelner sowie der Supervision von Mitar-beitern. In der Arbeit mit MOVE ist sie der Supervisor, der den Mitarbeitern hilft, in der Spur zu bleiben, und ich leite die Mis-sion als Ganzes. So hat jeder von uns seine Stärken, die sich überlappen.

WOlfgaNg KlöcKNER: Steve, du hast viel über Australien erzählt: Trainings im ganzen Land und Arbeit vor Ort. Aber jetzt seid ihr nach England gezogen. Was ist der Grund dafür?

sTEVE addisON: Zwei Jahre vor unserem Umzug hatten wir einen erfahrenen Leiter eingeladen, um uns selber im Blick auf Multiplikationsbewegungen zu trainieren. Wir selber hat-ten schon viele andere trainiert, doch nun wollten wir unsere Praktiker mit jemand zusammenbringen, der selber weltweit Erfahrungen in Bewegungen gemacht hatte. Unsere Fertigkei-ten sollten geschärft und unsere Vision hochgehalten werden. Während dieser Zeit machte Gott mir sehr klar, dass ich die fol-genden 18 Monate soviel Menschen wie möglich in Australien trainieren sollte, um dann damit aufzuhören und auf eine neue Lebens- und Dienstphase zu warten. Michelle und ich hatten diesen Eindruck miteinander. So zog ich los und trainierte Hun-derte Menschen; einige von ihnen setzten es um und trainieren auch andere. Zu dieser Zeit kamen wir nach England, weil ich dort für einige Trainings eingeladen war. Ende 2013 im Winter in England wohnten wir in einer kleinen Hütte am Meer. Wir nahmen uns einige Tage Zeit, um die Vormittage im Gebet zu verbringen, und baten Gott um seine Führung für unser Leben. In diesen Tagen hatten wir im Gebet den starken Eindruck, dass Gott uns nach Großbritannien ruft. Wir kehrten nach Australien zurück und besprachen das mit dem Vorstand unsrer Mission, der unsere Berufung schließlich unterstützte. Es ging ziemlich schnell: Ende Januar 2014 kehrten wir nach Australien zurück und bis zum August hatten wir unser Haus ausgeräumt, unse-re Sachen untergestellt oder verkauft und waren nach England umgezogen.

Kulturell ist es nicht ein allzu großer Schritt für uns. Wir sind jetzt in den späten Fünfzigern und es ist eher nicht mehr die Zeit, eine völlig unbekannte Sprache zu lernen und in eine neue Kultur hineinzufinden. Es ist eine Sache, jetzt in England zu le-ben, doch durch meine Bücher und die Besuche hier haben wir jede Menge Kontakte. Wir haben den Eindruck, dass wir uns in den ersten zwei Jahren hauptsächlich auf Großbritannien kon-

zentrieren sollten. Es ist dieselbe Arbeit vor Ort in Zusammen-arbeit mit Gemeinden in Leicester, einer Universitätsstadt (ca. 160 km nördlich von London). Wir arbeiten hier mit einer an-glikanischen Gemeinde zusammen und trainieren Menschen, hinauszugehen, das Evangelium weiterzugeben und Jünger zu machen – Menschen, die eine Sicht dafür haben, ihre Stadt zu erreichen. Daneben gehen wir auch in andere Gegenden und Städte Großbritanniens auf der Suche nach Partnern, um sie zu trainieren und zu mobilisieren. Aber nach dieser Zeit werden wir uns (auch wegen der geografischen Nähe) auch die Frage stel-len: Was ist mit Europa? Ich sollte noch erwähnen, dass wir in Australien inzwischen einen starken Leiter haben und dass die Bewegung dort Fahrt aufgenommen hat, seit wir verschwun-den sind. Ich sage ihnen gerne, dass wir sie viel früher hätten verlassen sollen. Offenbar waren wir der Flaschenhals.

WOlfgaNg KlöcKNER: Steve, du bist sehr viel umhergereist. Du hast Bewegungen gesehen, besonders in Asien. Diese ganze Sache mit den „Bewegungen“ läuft nun schon etliche Jahre, vie-le reden darüber und „Gemeindegründungsbewegungen“ ist zu einem Begriff geworden. Was ist nach deiner Einschätzung wichtig in diesem Stadium – weltweit betrachtet?

sTEVE addisON: Zuerst einmal würde ich sagen, wie ich es in meinem ersten Buch geschrieben habe: Bewegungen sind der Maschinenraum der menschlichen Geschichte sowie sozialer, politischer und religiöser Veränderungen. Bewegungen for-men, bestimmen und verändern die menschliche Geschichte – zum Guten wie zum Schlechten. Gerade habe ich ein Buch von Rodney Stark über die christliche Bewegung in China gelesen. Diese Nation wird eine Umgestaltung erleben. Ich sage nicht, dass jedermann gläubig wird oder die Kommunisten abtreten müssen. Aber Millionen, wenn nicht Hunderte von Millionen werden zu Christus kommen während unserer Lebenszeit. Dies lässt sich nur mit den Dynamiken von Bewegungen erklären.

Und gleich nebenan ein ganz anderes politisches und kultu-relles Umfeld - Indien. Nordindien hat dem Evangelium über Jahrhunderte widerstanden; ich schließe Nepal hier mit ein. Inzwischen sehen wir eine unglaubliche Ernte in Nordindi-en, Nepal und anderen Teilen dieser Region. Das Herz davon ist die Dynamik einer Bewegung des Evangeliums, das Leben verändert. Gott hat uns als menschliche Wesen erschaffen, und wir sind miteinander verbunden. Wenn er etwas in Gang setzt, können wir also bestimmte Muster erkennen, die wir als Be-wegungen beschreiben. Wo immer wir also eine tief greifende Ausbreitung des Evangeliums beobachten, sehen wir diese Be-wegungen. Daher haben wir im Westen so viel zu lernen, denn die Durchbrüche in der Mission der Kirche geschehen immer in den Randgebieten der Gesellschaft, nicht dort, wo sich Macht

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und Wissen befinden. Wir hier sind sozusagen zu klug, um zu glauben, dass Gott das Unmögliche tun kann. In der Vergan-genheit sehen wir z. B. Patrick, als Irland eine barbarische Insel außerhalb der Zivilisation war. Wenn wir die Patricks heute fin-den wollen, die heute Geschichte schreiben, müssten wir viel-leicht in ein verarmtes zentralasiatisches Land gehen. Irgendwo dort wird jemand sein, der die Grundsätze von Bewegungen umsetzt. In den besten Bewegungen sind die Leiter wirkliche Diener, die ihr Leben einsetzen, um andere zu fördern; das ist es, was Bewegungen tun. Sie drehen sich nicht um Einzelperso-nen, eine große Gemeinde, viel Geld – es sind vielmehr Bewe-gungen von Menschen. Manchmal taucht die Frage nach dem einen Leiter auf, der all das kontrolliert – nun, es gibt keinen. Es gibt vielleicht Leiter, die in der Bewegung arbeiten und sie vorantreiben, aber sie kontrollieren oder koordinieren sie nicht. Also irgendwie müssen wir im Westen dahin kommen, diese Lektionen, Muster und Prinzipien anzuwenden.

WOlfgaNg KlöcKNER: Vielen Dank, Steve. Du zeigst uns mit ein paar Sätzen, worauf wir achten und wonach wir uns aus-strecken sollten. Du bist nun ein paar Tage in Deutschland, hast einige Leute getroffen, Deutsche und Amerikaner, die als Missi-onare in Deutschland arbeiten. Was ist dein Eindruck?

sTEVE addisON: Nun, ich denke, es gibt Ähnlichkeiten zu mei-nen Erfahrungen in England und Australien. Man fühlt sich all-gemein unwohl und entmutigt. Wir sehen, wie die Kultur zerfällt und die Kirchen auf dem Rückzug sind. Dann sind wir seit etwa einem Jahrzehnt in dieser ganzen Diskussion um Emerging Church, missional, postmodern – und wir sehen noch immer keine bedeutenden Fortschritte im Blick auf Jüngerschaft und Gemeinden, die aus neuen Jüngern bestehen und nicht nur desillusionierte Christen hin und her schieben. Das Umfeld in den USA mag sich wohl etwas davon unterscheiden, doch Aus-tralien und England haben viel gemeinsam mit der Gemeinde hier in Deutschland.

Nach wie vor gibt es jede Menge guter Leute, die dranbleiben, doch ich beobachte einen gewissen Verlust von Zuversicht. Und wenn das geschieht, möchte man sich selber ein wenig beru-higen. Man schaut sich an, was Gott in anderen Teilen der Welt oder in der Bibel tut, und man fängt an, sich selber einzureden: Australien ist eben anders, das wird hier nicht passieren. Eng-land ist anders, es wird hier nicht passieren. Oder Deutschland ist anders, es wird hier nicht geschehen.

Manchmal lautet eine der Antworten, dass wir einfach die Ge-meinde neu erfinden müssen oder ein neues Modell für den Dienst brauchen – und es ist gut, dies zu diskutieren. Aber unser Gemeindemodell oder unsere Dienstphilosophie wird niemand retten – es ist das Evangelium, das Menschen rettet.

Unglücklicherweise gibt es nun einen Vertrauensverlust im Blick auf das Evangelium. Doch ich habe immer wieder die Evangelien und die Apostelgeschichte gelesen. Hier sehen wir, wie Gott in mächtiger Weise gegenwärtig ist und sich sein Wort als dynamische Kraft in der Welt erweist. Es breitet sich aus trotz Widerstand und trotz des Versagens und der Schwäche der Ge-meinde oder der Boten. Es läuft und bringt Frucht. Daher denke

ich, dass wir zu einer tiefen Überzeugung und Zuversicht auf Gott und sein Wort, das Evangelium des Reiches, zurückkom-men müssen. Du sagst vielleicht: Nun, wir sehen dieses Wirken eben nicht. Was war aber der Ausgangspunkt der großen Füh-rer in der Bibel? Thomas z. B., der Jesus selber sehen will und dann zu hören bekommt: „Selig sind, die (noch) nicht sehen, und doch glauben!“. Oder David, als er Goliath gegenübersteht: Er wartet nicht darauf, etwas zu sehen, bevor er aktiv wird. Ich glaube, dass wir im Westen als erstes das Vertrauen auf Gott und seine Gegenwart bei uns durch sein wirkungsvolles Wort wiedererlangen müssen. Übrigens ist das ein Charakteristikum dynamischer Bewegungen: glühender Glaube, Leidenschaft für die Sache.

Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch Leute, die diese Si-tuation nicht einfach akzeptieren und die sagen: Was können wir lernen, wenn wir Bewegungen sehen? Sowohl in der Bibel, im Dienst von Jesus und in der Apostelgeschichte oder auch in anderen Teilen der Welt – was können wir davon lernen und wie können wir das in unserer Situation umsetzen? Sie gehen zurück zum Wesentlichen, den einfachen, aber grundlegenden Vorgehensweisen und wenden die Grundsätze im täglichen Le-ben an. Nach meiner ganzen Lektüre, verschiedenen Erkennt-nissen und zwanzig Jahren Forschung habe ich gelernt: Es ist einfach gut, sich mit Menschen hinzusetzen, gemeinsam die Bibel zu lesen und zu lernen, das zu tun, was sie sagt. Das ist nichts anderes als die Methode des „Entdecker-Bibelstudiums. Es ist so einfach und so leicht übertragbar, dass jeder ein Jünger und ein Jüngermacher werden kann. Menschen versammeln sich um Gottes lebendiges Wort und es wird sie verwandeln.

Ich habe gelernt, dass Gottes Wort Leben verändern kann und dass gewöhnliche Menschen in der Lage sind, zu lernen, ihre Geschichte mit Gott anderen zu erzählen, das Evangelium zu erklären und mit anderen in der Bibel zu lesen. Ich habe gelernt, dass Gebet Leben verändert. Wir können hinausgehen, Freun-de, Familienangehörige oder sogar Fremde auf der Straße tref-fen und wir können ihnen anbieten, mit ihnen für ihre Probleme zu beten oder Gott zu bitten, ein Wunder in ihrem Leben zu tun. Gott wird ihnen dort begegnen und ihr Herz wird weich wer-den, wenn wir solche Begegnungen mit Menschen haben. Gott ist da! Und dann können wir anfangen, ihnen Geschichten aus der Bibel oder unsere Glaubensgeschichte zu erzählen und wir können sie einladen auf eine Entdeckungsreise, wie man Jesus kennenlernt und ihm nachfolgt.

Bis jetzt sehen wir im Westen keine Multiplikationsbewegun-gen – in Europa und Australien. Doch ich glaube, der Ausgangs-punkt liegt in der Rückkehr zu den einfachen Schritten: im Ge-horsam gegen Gottes Wort dem Beispiel von Jesus zu folgen und anzufangen, die richtigen Dinge mit Menschen zu tun. Wir sollten erwarten, dass dann sehr bald Menschen zu Jesus kom-men und seine Jünger werden. Und dann müssen wir damit ringen, wie wir Gruppen zusammenbringen und Gemeinden aufbauen. Wie helfen wir Gemeinden, sich zu vervielfältigen? All diese Punkte. Statt jedoch sofort zu den großen Fragen nach Strategien zu springen, gehen wir doch erst einmal zuversicht-

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lich hinaus und finden jemand, der Jesus braucht und dienen ihm. Erstaunlich ist, dass sich in den letzten fünf bis sechs Jahren die ersten Zeichen von Multiplikationsbewegungen in den USA an verschiedenen Orten zeigen, nicht nur bei Amerikanern, sondern auch bei Einwanderern und allen möglichen Gesellschafts-gruppen im ganzen Land. Das geschieht zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte. In Europa und Deutsch-land wird man einen eigenen Weg finden, aber der Start-punkt muss in den einfachen, grundlegenden Schritten beste-hen, die Gott bestätigt. So kann zwar keine Bewegung Gottes herbeigezwungen werden, wir können jedoch das tun, was er von uns verlangt und mit ihm zusammenarbeiten. Aber es sind sein Wort und der Heilige Geist, die Frucht und Multiplikation bewirken.

WOlfgaNg KlöcKNER: Es geht darum, die Segel zu setzen und den Wind zu erwarten.

sTEVE addisON: Ja, genau. Sogar allen sozialen Trends, dem Nie-dergang der Kirchen und dem Zynismus der Kultur zum Trotz. Auch dem Unglauben in vielen unserer theologischen Fakultä-ten sowie bei Pfarrern, Priestern und Pastoren zum Trotz. Wir gehen zurück zu der einfachen, lebensverändernden Botschaft von Jesus. Die eine Quelle der Erlösung, Vergebung der Sün-den, sein Tod am Kreuz und seine Auferstehung, das Kommen des Heiligen Geistes – diese einfachen Wahrheiten. Wir haben es nötig, sie auszuleben, und wir müssen andere mit hinein-nehmen in das Leben Christi, damit sie es selber erfahren. Und sie dann sogleich mobilisieren, ihre Welt zu erreichen.

WOlfgaNg KlöcKNER: Vielen Dank. Du hilfst uns wirklich, unse-re Füße auf den Boden zu bekommen, um loszugehen.

Wenn jemand das hier nun liest und sich engagieren will, was sollte er oder sie tun?

sTEVE addisON: Das Erste wäre, herauszufinden, wo es ein gu-

tes Training gibt. Ein einfaches, aber wirkungsvolles Training.

Ihr in der DIM könnt das anbieten. Wichtig ist es dann, das Gelernte so-

fort in der Ernte anzuwenden. Man sollte auch in Verbindung mit anderen Praktikern

bleiben, um miteinander zu lernen und einan-der zu ermutigen. Das wäre meine Empfehlung:

Geh einfach los, mach ein Training, tauche ein in die Ernte, sieh zu, dass du andere mitbringst und trainierst.

Und dann bleibe in Kontakt mit anderen, während du das tust. Ansonsten wirst du aus der Spur geraten oder den Mut verlieren. Also bleibt zusammen, um euch zu ermutigen und voneinander zu lernen!

WOlfgaNg KlöcKNER: Sehr schön! Steve, vielen Dank für das Gespräch.

Dieses Interview wurde leicht gekürzt; die vollständige Fassung findet

sich auf www.dim-online.de.

Steve Addison bloggt auf www.movements.net.

Bücher: Bewegungen, die die Welt verändern, Hamburg, Movement-

Verlag, 2015 // What Jesus started - joining the movement, changing

the world, Downers Grove, InterVarsityPress, 2012

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WOlfgaNg KlöcKNER

lebt mit seiner Familie seit über 25 Jahren im Allgäu und hat an der Gründung einiger Gemeinden mitgewirkt.

DIM-VORSTAND

Page 24: Brennpunkt Gemeindegründung 2015-03

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Epheser 4

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