Brox, Lenke: Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Teil 2

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C Betriebsformen-Gesellschaften, Vereine, Stiftungen C2 Gesellschaften, Vereine, Stiftungen 13 Kultur & Recht Dezember 2001 C 2.4 S. 1 Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Teil 2 Gesetzlicher Rahmen und vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten Georges Brox Rechtsanwalt in Berlin; Tätigkeitsschwerpunkt allgemeines Wirtschaftsrecht Michael Lenke Rechtsanwalt in Berlin; Tätigkeits- und Interessenschwerpunkte Gesellschafts- recht, Recht der Neuen Medien, Immobilien-, Bau- und Architektenrecht Inhalt Seite 5.9 Auflösung durch Kündigung 3 5.10 Auseinandersetzung und Beendigung der GbR 4 5.11 Wechsel und Ausscheiden von Gesellschaftern 8 5.12 Gewinn- und Verlustverteilung/Rechnungslegung 9 5.13 Haftungs- und Ausgleichsregelungen 10 5.14 GbR mit beschränkter Haftung? 11 5.15 Wettbewerbsverbote 12 6 Auftreten und Handeln der GbR in der Praxis 14 6.1 Haftung der Gesellschafter 14 6.2 Rechtsfähigkeit und Publizität 15 6.3 Zivilprozess und Vollstreckung 17 6.4 Durchsetzung von Kontroll- und Auskunftsrechten 18 6.5 Durchsetzung von Beitrags- und Nachschusspflichten 19 7 Buchführung und Steuerrecht 19 8 Umwandlung der (gewerblichen) GbR in eine GmbH? 21 Checkliste: Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten der GbR 19 Der vorhergehende Beitrag wird an dieser Stelle fortgesetzt und zwar u. a. hinsicht- lich der vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten der Gesellschafterhaftung. Schließ- lich werden die praktischen Anforderungen an das Auftreten und Handeln der GbR erörtert, die einige Besonderheiten aufweisen. Dem Beitrag wird ein Vertragsmuster folgen (Kapitel L 7).

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C2 Gesellschaften, Vereine, Stiftungen

13 Kultur & Recht Dezember 2001

C 2.4 S. 1

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Teil 2

Gesetzlicher Rahmen und vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten

Georges Brox Rechtsanwalt in Berlin; Tätigkeitsschwerpunkt allgemeines Wirtschaftsrecht

Michael Lenke Rechtsanwalt in Berlin; Tätigkeits- und Interessenschwerpunkte Gesellschafts-recht, Recht der Neuen Medien, Immobilien-, Bau- und Architektenrecht

Inhalt Seite

5.9 Auflösung durch Kündigung 3 5.10 Auseinandersetzung und Beendigung der GbR 4 5.11 Wechsel und Ausscheiden von Gesellschaftern 8 5.12 Gewinn- und Verlustverteilung/Rechnungslegung 9 5.13 Haftungs- und Ausgleichsregelungen 10 5.14 GbR mit beschränkter Haftung? 11 5.15 Wettbewerbsverbote 12 6 Auftreten und Handeln der GbR in der Praxis 14 6.1 Haftung der Gesellschafter 14 6.2 Rechtsfähigkeit und Publizität 15 6.3 Zivilprozess und Vollstreckung 17 6.4 Durchsetzung von Kontroll- und Auskunftsrechten 18 6.5 Durchsetzung von Beitrags- und Nachschusspflichten 19 7 Buchführung und Steuerrecht 19 8 Umwandlung der (gewerblichen) GbR in eine GmbH? 21

Checkliste: Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten der GbR 19

Der vorhergehende Beitrag wird an dieser Stelle fortgesetzt und zwar u. a. hinsicht-lich der vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten der Gesellschafterhaftung. Schließ-lich werden die praktischen Anforderungen an das Auftreten und Handeln der GbR erörtert, die einige Besonderheiten aufweisen. Dem Beitrag wird ein Vertragsmuster folgen (Kapitel L 7).

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5.8 Auflösung der Gesellschaft (ohne Kündigung)

Die Auflösung ist Voraussetzung für die (nachstehend unter Kap. 5.10) gesondert erörterte Liquidation, Auseinandersetzung und Vollbeendigung).

Gesetzlicher Rahmen

Die Gesellschaft wird nach dem Gesetz (§ 723 BGB) aufgelöst,

- wenn sie für eine bestimmte Zeit geschlossen ist und diese Zeit abgelaufen ist oder

- wenn sie von einem Gesellschafter gegenüber allen anderen Gesellschaftern gekündigt wird (dazu nachstehen unter Kap 5.9 gesondert).

Darüber hinaus wird die GbR nach dem Gesetz aufgelöst,

- wenn die Gesellschaft ihren Zweck (vgl. Kap. 5.1) erreicht hat oder die Zweckerreichung unmöglich geworden ist (§ 726 BGB),

- wenn die Gesellschaft insolvent ist (§ 728 Abs. 1 BGB),

- wenn der Gesellschaftsvertrag durch alle Gesellschafter einvernehmlich (auch durch einstimmigen Beschluss aller Gesellschafter) aufgehoben wird.

Das Gesetz sieht die Auflösung der Gesellschaft schließlich vor,

- wenn ein Gesellschafter wegen Todes (§ 727 BGB) oder Insolvenz (§ 728 Abs. 2 BGB) wegfällt .

Gesellschaftsvertragliche Gestaltung

Bis auf den Auflösungstatbestand des Todes kann man die vorstehenden Auflö-sungsgründe vertraglich nicht ausschließen oder beschränken. Sinnvoll kann es aber sein, Regelungen darüber zur treffen, unter welchen konkreten Vorausset-zungen Zweckerreichung angenommen wird und wie bei drohender Insolvenz verfahren werden soll. Schließlich können auch besondere Verfahrensvorausset-zungen für den Fall der einvernehmlichen Aufhebung geregelt werden.

Den Fall der Auflösung durch Tod eines Gesellschafters kann man im Gesell-schaftsvertrag ausschließen. Dann wird die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern (und dem Erben des verstorbenen Gesellschafters) fortgesetzt. (Der BGH hat in zwei älteren Entscheidungen die Auffassung vertreten, eine Erbengemeinschaft könne nicht Gesellschafterin der GbR werden. Statt dessen würden mehrere Erben nach ihrem Erbanteil anstelle des Erblassers Gesellschaf-ter – „automatische“ Aufteilung des Gesellschaftsanteils des Erblassers. Es ist

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zweifelhaft, ob diese – ohnehin umstrittenen – Entscheidungen nach der neueren Rechtsprechung des BGH (siehe Kap. 6.2) noch Bestand haben werden.

5.9 Auflösung durch Kündigung

Die Auflösung kann insbesondere auch aufgrund Kündigung eines Gesellschaf-ters erfolgen. Der Fall einer Kündigung durch die Gesellschaft gegenüber einem Gesellschafter um diesen auszuschließen, ist nachstehend gesondert erörtert (sie-he dazu Kap. 5.11).

Gesetzliche Regelung

Die Gesellschaft wird nach dem Gesetz (§ 723 BGB) aufgelöst,

- wenn sie von einem Gesellschafter gegenüber allen anderen Gesellschaftern gekündigt wird,

- wobei eine Gesellschaft, deren Dauer ausdrücklich befristet ist, jederzeit ohne besonderen Grund durch Kündigung aufgelöst werden kann und

- auch bei Gesellschaften, deren Dauer zeitlich nicht befristet ist, jederzeit aus wichtigem Grund gekündigt werden darf.

Einfach ist zunächst die Unterscheidung zwischen befristeten und unbefristeten Gesellschaften. Wenn der Gesellschaftsvertrag eine Befristung vorsieht, also etwa bestimmt, dass die Gesellschaft an einem bestimmten Datum oder nach einer bestimmten Dauer ihres Bestehens endet, dann tritt die Auflösung zu diesem Zeitpunkt „automatisch“ ein. Andernfalls bedarf es einer Kündigung oder eines sonstigen Auflösungsgrunds.

Hiermit verknüpft ist allerdings die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Gesellschaft durch einen einzelnen Gesellschafter gekündigt werden darf. Eine befristete Gesellschaft darf nur in Ausnahmesituationen gekündigt werden. Bei einer unbefristeten Gesellschaft kann dagegen nach dem Gesetz jederzeit ohne besonderen Grund und ohne eine besondere Frist gekündigt werden. Die Kündi-gung darf nur nicht die berechtigten Interessen der Gesellschaft verletzen („zur Unzeit“ erfolgen).

Gesellschaftsvertragliche Gestaltung

Aus diesen gesetzlichen Regelungen ergeben sich für die Vertragsgestaltung mehrere Fragestellungen:

Zum einen stellt sich die Frage, ob die Gesellschaft fortbestehen soll, wenn einer der Gründer „aussteigen“ will. Denn die normale Folge einer Kündigung ist die Auflösung der ganzen Gesellschaft. Abweichend kann vereinbart werden, dass

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die Gesellschaft im Falle einer Kündigung unter den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird. Bei der Kiosk-de-Luxe GbR wäre es beispielsweise sicherlich nicht angemessen, wenn die Gesellschaft aufgelöst wird und das Unternehmen seinen Betrieb einstellt, nur weil einer der Gesellschafter ausscheidet. Hier müss-te im Gesellschaftsvertrag geregelt werden, dass die Gesellschaft auch bei Kün-digung einzelner Gesellschafter unter den verbleibenden Gesellschaftern fortbe-steht.

Es kann aber auch im Interesse der Gesellschaft sein, dass kein Gesellschafter ausscheiden kann, also das Recht zur Kündigung im zulässigen Umfang ausge-schlossen wird.

Wenn etwa Zweck der Kiosk-GbR vorwiegend die Ausstellung von Expo-naten des Mitgesellschafters A wäre, die Gesellschaft aber im Interesse

der Mitgesellschafter B und C, die z. B. die Einrichtung des Kiosk finanzieren, eine gewisse Mindestdauer haben soll, damit sich die Investitionen „lohnen“, dann müsste das Recht zur (ordentlichen) Kündigung im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden.

Der Ausschluss des (ordentlichen) Kündigungsrechts ist aber nur für einen ange-messenen Zeitraum möglich. Er ist nur dann zulässig, wenn die Gesellschaft befristet abgeschlossen wird oder der Ausschluss des Kündigungsrechts auf einen angemessenen Zeitraum beschränkt ist.

Was ein angemessener Zeitraum ist, kann nur im Einzelfall unter Berücksichti-gung der Interessen der betroffenen Gesellschafter beantwortet werden.

Bei der Kiosk-GbR würde etwa einerseits erwägt werden, für welchen Zeitraum die Investitionen des B und des C kalkuliert waren. Andererseits

wäre das Interesse des A daran, sich seinen Ausstellungsort frei wählen zu kön-nen, zu berücksichtigen. Die Abwägung zwischen beiden Interessen trifft im (prozessualen) Streitfall der Richter.

Völlig ausschließen kann man eine Kündigung allerdings nie. Denn eine (außer-ordentliche) Kündigung aus wichtigem Grund kann immer erfolgen. Ein wichti-ger Grund liegt etwa dann vor, wenn ein Gesellschafter vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen wesentliche Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag verstößt.

5.10 Auseinandersetzung und Beendigung der GbR

Die Auflösung einer GbR ist nicht gleichbedeutend mit ihrer Beendigung. Vor der endgültigen Beendigung der Gesellschaft müssen erst alle schwebenden Geschäf-te abgewickelt, die Schulden der Gesellschaft beglichen und die inneren Vermö-gensverhältnisse zwischen den Gesellschaftern geregelt werden. Das nennt man Auseinandersetzung (§ 730 Abs. 1 BGB) oder auch Liquidation. Während der