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Jetzt ist Sommer Zeitreise nach Tschechien Der kleine Muck Post von der Insel 01 2008

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Die brücke ist die gemeinsame Zeitschrift des Landesverbands Baden-Württemberg und des Förderkreises Pfadfinderzentrum Raumünzach e.V.

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Jetzt ist SommerZeitreise nach Tschechien • Der kleine Muck • Post von der Insel

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Inhalt:

Unterwegs

6 Post von der Insel

10 Mit dem Rad auf Entdeckungstour

12 Zeitreise nach Tschechien

16 Meine erstes Pfadilager

18 Lageralltag

Daheim

22 Ein zotteliger Pfadi

24 Mehr als basteln

28 Aufräumen lohnt sich!

29 Neues aus dem Grenzland

Panorama

32 Der kleine Muck

36 Drei Verbände, ein Ziel

Lagerfeuer

40 Jetzt ist Sommer

44 Drei kurze Geschichten

Redaktion

46 Nachrufe

48 Netzwerk Pfadfinden

48 Aufruf »Eure Fahrtenchronik«

Mitarbeit:

Text:Olaf Wohlfeil (Olaf), AdlerVictor Schneider (Vic), NibelgauStefanz Welz (Schnirk), EinhornAnn-Kathrin RothermelPetra Stelzner-Hanusch (Löfre), StettenfelsDieter Pfaff (Mukk), FPRReiner Geschke (Krei), FPRTorsten Schlachter (Torschti), AdlerEdith Nies, DiadochenFlora Bastian, DPSG Karl Leisner, Bammental

Bild:Bastian Wittstock (Basti), Armer KonradSamuel Stiefel (Samu), EinhornSimon Schneider, NibelgauKonrad Schulz (Blinky), Stamm der Raben

Impressum:

Mitteilungsblatt für Mitarbeiter und Leiter des Bundes der Pfadfinderin-nen und Pfadfinder e.V. (BdP), Baden-Württemberg und Mitglieder und Freunde des Förderkreises Pfadfinderzentrum Raumünzach e.V. (FPR)

Nur zum internen Gebrauch. Nachdruck nur gegen Belegexemplar.

Die abgedruckten Bilder und Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Redaktion:

V.i.S.d.PDaniel Grab (Wolpi)Siedlerstraße 1369429 Waldbrunn

Andreas Walker (Banana) Dominik Roos (Mömmel)

Layout, Satz und Grafik:Daniel Grab

Internet:bruecke.bawue.pfadfinden.de

Kontakt:[email protected]

Auflage:800 Stück

Druck:naberDruck GmbHHügelsheim

Versand: Burg Karlsruhe

Erscheint:halbjährlich

Aktuelle Ausgabe: 1/2008

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Liebe Pfadfinderinnen, liebe Pfadfinder

ein ereignisreiches Jahr liegt zwischen der vergangenen brücke und dieser Ausgabe, die ihr nun in der Hand haltet. So kommen unsere Berichte auch aus aller Welt: Vom Worldjamboree, vom Landesjamboree, aus den verschie-densten Fahrtenregionen. Und die gute Nachricht für alle, die bisher noch nicht unterwegs waren: Der Sommer ist sicher noch lang genug für das eine oder andere Wochenende mit Rucksack und Kohte.

Die brücke-Redaktion war jedoch nicht nur auf Fahrt: Wir haben das Layout noch einmal für euch überarbeitet, um die brücke noch übersichtlicher und informativer zu gestalten; und es ist uns gelungen ein neues Redaktions-mitglied zu gewinnen. Auch das Material, mit dem wir arbeiten können nimmt zu: Wir freuen uns über die vielen Artikel, die uns zugeschickt wor-den sind, und hoffen, auch weiterhin so zuverlässig auf eure Mitarbeit bauen zu können.

In diesem Sinne: Geht auf Fahrt, genießt den Sonnenschein und – schreibt darüber!

Herzlich Gut Pfad,eure Redaktion

Liebe Pfadfinderinnen, liebe Pfadfinder

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Post von der InselMit dem Rad auf EntdeckungstourZeitreise nach TschechienMein erstes PfadilagerLageralltag

Unterwegs

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6 • Unterwegs

Post von der InselDrei Briefe vom Worldjamboree auf Brownsea Island,

wo die Pfadfinderei begannvon Olaf

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Unterwegs • 7

28.7.2007 Hallo ihr alle auf dem Landesjamboree!

Ich sitze hier gerade in einem riesigen weissen Zelt zwischen Pfadis aus aller Welt – schoener Reim, nicht? – und muehe mich mit der englischen Tastatur ab, die kein oe, ae und ue und auch kein scharfes S kann und sowieso total verdreht ist(Für die Be-quemlichkeit der Leser haben wir die Um-laute und scharfen S dann nachträglich eingefügt – Die Red.). Als die meisten von euch am Dienstag und am Mittwoch ihre letzten überflüssigen Schulstunden abge-sessen haben, waren wir schon unterwegs. Am Montagabend ging es für uns Adler um 22:30 Uhr an unserem Heim los – für die anderen früher. Nach über zwölf Stunden Busfahrt, die teils schlafend aber auch mit Musik und Gespaße verbracht wurden und der Überfahrt mit der von Schweizern über-vollen Fähre, kamen wir schließlich am Frylands Wood Scout Camp an, wo wir Dienstag bis Freitag unser Vorlager mit dem BdP-Kontingent hatten.

Dort haben wir mit unserem Troop-Lied »Haltet die Ohren, Steiff!« und außerdem mit einer 10-Sekunden Punk-Rock-Dar-bietung und den Liedern unserer Troop-führung auf dem Singewettstreit für Ein-druck gesorgt – genauso wie die anderen Troops mit schuhplattelnden Bayern, rock-igem »Burschen, Burschen«, Geigensolos und, und, und... .

Am Donnerstag ging es dann den ganzen Tag nach London zum Sightseeing und vor allem zum Shoppen. Dort waren schon einige Pfadfinder aus aller Herren Länder unterwegs, besonders der Platz vor dem Tower war voll von uns... . Auch an einige seltsame englische Eigenarten konnten wir uns in diesen Tagen schon mehr oder weniger gewöhnen. Dazu zählen die Geis-terfahrer überall, das labrigge Möchtegern-brot und knallorangener Käse.

Am Freitag ging es dann endlich richtig los. Alles wurde eilig eingepackt und in Bussen verstaut. Nach einer Stunde Fahrt erreich-ten wir dann einen abgelegenen Flughafen, wo nur das Check-In geregelt wurde. Da-nach aber ausgerüstet mit vielen Dingen, die wir auf gaaar keinen Fall verlieren dürften – unsere Jambo-Halstücher, ID-Karten, Lagerplatzpläne und -handbü-cher... -– wurden wir schließlich sogar von bekannten Gesichtern auf dem Jamboree-Lagerplatz begrüßt. Nämlich von Bugs und

von Vegas, die als IST-Leute hier »mächtig am schaffen sind, um unser Überleben zu sichern«. Die beiden haben uns dann auch die halbe Stunde bis zu unserem Lager-grund im Subcamp Tundra begleitet und beim Kistenschleppen mitangepackt. Schon dieses kleine Stückchen vom Jambo hatte einiges Überraschendes zu bieten. Die Straßen sind mit Alu gepflastert und natürlich auch mit Straßenlaternen bestückt und ständig läuft man irgendwelchen Fahr-zeugen im Weg rum – größtenteils Golfwa-genähnlich, aber auch LKWs, Traktoren, Reinigungsmaschinen, Kräne... . Und dazu aus allen Richtungen laute Musik von den Bühnen der Subcamps. Nach dem Aufbau unserer Jurten und Kohten zwischen all den blauen und grünen Plastikzelten von Finnen, Schweden, Norwegern, Englän-dern, Italienern, Amerikanern und Korea-nern konnte uns die Erschöpfung dennoch nicht davon abhalten, bis spät in die Nacht den gewaltigen Lagerplatz zu erkunden, irgendwo mitzufeiern, mit wildfremden Leuten zu schwätzen oder es zumindest zu versuchen und vor allem zu swappen.

Heute ging es dann trotz der kurzen Nacht früh raus ausm Schlafsack, um vor der Opening Ceremony noch unsere Lager-bauten zu vervollständigen. Die Opening Ceremony hat uns dann erst richtig spüren lassen, wie verdammt viele Pfadfinder hier sind. Eine musikalische Eröffnung war ge-folgt von der Vorstellung aller Länder, von deren Existenz man zum Teil vorher noch nicht einmal wusste. Die WOSM-Fahne wurde nach einem lustigen Film von ihrer Taxi-Fahrt um die Welt von Fallschirm-Springern gebracht und gehisst. Besonders toll waren die schreienden Mengen beim Einzug der Fahnen aller Teilnehmerlän-der... . Jetzt ist zehn vor zehn und an der Arena ist RIESENPARTY!!! Da geh ich jetzt auch hin. Wir haben viel Spaß hier und wünschen euch allen ein ganz tolles Lager in Bruchsal. Und zuletzt einen besonderen Gruß an alle BdPler unter euch – vor allem Stamm Adler, gell.

Olaf

30.7.2007 Hello Jambo!

Ja gutt ähmm – jetzt schreib ich mal schnell in der Mittagspause wieder was aus Eng-land. Am Sonntag waren wir den Mittag über im Global Development Village, wo wir viel über Wiederaufbauprogramme,

Minenfelder und HIV gelernt haben. Au-ßerdem haben wir viele lustige Spiele mit Pfadis aus dem Libanon, dem Oman und mal wieder aus den USA gespielt. Dabei wurde bis auf eine dicke Beule auch kaum jemand verletzt. Abends hatten wir dann aufgrund unseres Erfolgs im Singewettstreit auf dem Kontingents-Vorlager einen Auf-tritt auf der Bühne im Black Magic. Für alle die das nicht wissen: Das ist eine riesige Jurtenkonstruktion, in der man an der Bar deutsche Spezialitäten kaufen kann – Bre-zeln, Weißwürste, Wiener, Cocktails und BIER – nur eben alkoholfreies.

Dort haben wir wieder unser Trooplied und das Regenbogenlied gesungen. Da-nach sind wir, wie jeden Abend, singend über den Lagerplatz gezogen, um zur Abendrunde in unserem Schlösschen zu gehen. Dort wurde etwas gesungen, es gab Kekse und Apfelkuchen und ein weiteres Kapitel von »Doc liest Harry Potter und die Kammer des Schreckens«. Außerdem ha-ben wir in Lukas’ Geburtstag reingefeiert und zu dem Anlass zum Teil gemeinsam im Schlösschen übernachtet statt in unse-ren Kohten. Das lag aber auch daran, dass es in den Kohten durch das englische Wetter etwas nass geworden war.

Montag war denn richtig spaßig – mit dem Bus ging es eine Stunde weg vom Jambo-Lagerplatz zum Splash-Programmzentrum, wo wir verschiedenste Wassergefährte be-nutzen konnten: Kanus, Kajaks, Segelboo-te von klein bis groß, selbst gebaute Flöße und noch ein paar andere. Dennis und ich waren segeln und wie sich das gehört sind wir auch gekentert. Das klingt jetzt unge-mütlich, aber es ist sicher eine der lustigs-ten Dinge am Segeln und war voll geil – schließlich haben wir das Boot ja sogar ohne fremde Hilfe wieder aufgestellt und sind weitergefahren. Zurück auf dem La-gerplatz hatten wir bei der Subcamp-Party auch einen Auftritt auf der Tundra-Bühne. Mit dem Regenbogenlied – die Rockversion natürlich – haben wir singend und tanzend mächtig für Stimmung gesorgt.

Und zwischen diesem ganzen Programm hatte Sippe Murpi, zu der ich gehöre, zu allem Überfluss am Montag auch noch die Küche zu schmeißen. Ans Frühstück haben sich inzwischen alle gewöhnt, zum Mittag-essen gibt es auch einigermaßen akzep-tables Essen in kleinen Portionen ver-schweißt, aber zum Abendessen kochen wir selbst nach englischen Rezepten – was E

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nicht nur wegen unserer Kochkünste meist zu vollen Restetöpfen führt – gerade der pampige, eklige, angebrannte Reis, den es schon mehrmals gab, hängt allen zum Hals raus. Heute sind wir im Terraville – in dem Programmbereich wird von vielen, vielen Ländern landestypisches Angeboten – so haben wir uns heute durch ein großes Zelt voller seltsamer Süßigkeiten gegessen, mit Wikingern Brot auf Steinen gebraten, bei Schotten und Brasilianern getrommelt, bei den Boliviern die Panflöten ausprobiert, bei den Kanadiern sind wir zum Wettsägen angetreten und gleich nach der Mittagspau-se geht es weiter.

Wenn euch irgendwas besonders interes-siert oder ihr Grüße schicken wollt, könnt ihr ja mal den Pepino fragen, ob ihr mir ne Mail schicken könnt – wäre schön auch mal was aus Bruchsal zu hören.

Wir hoffen ihr habt alle genauso viel Spaß wie wir und morgen beim Scouting Sunri-se denken wir an euch!

Grüße von Dennis, Sapir und Olaf an Stamm Adler, Stamm St. Jörg und alle an-deren auch.

1.8.2007 Good Morning Germany!

Gestern waren wir nachmittags noch mal im Terraville und haben mit Holzschuhen getanzt und uns Henna-Tattoos auf die Arme malen lassen. Abends gab es dann wieder eine Party auf unserem Subcamp-lagerplatz. Dort haben wir auch zwei Jungs aus Swaziland (vermutlich Suaheli) getrof-fen und für heute zur Abendrunde ein-geladen, genau wie eine Gruppe Mexika-ner, die heute schon etwas früher zum kochen kommen werden. Heute Morgen gings dann richtig früh raus – um 5 war wecken und ab 5:15 Uhr konnten wir das Frühstück abholen.

Damit ausgerüstet ging es schon los zur Arena zur Sunrise Ceremony. Begrüßt wur-den wir dort von einem Scout Orchestra, das etwas nach Disney-Musik geklungen hat. Und tatsächlich haben sie unter ande-rem auch die Filmmusik von Fluch der Karibik gespielt. Währenddessen wurde das Geschehen auf dem Platz auf den großen Displays an der Bühne gezeigt. Dann ging es los mit der Live-Übertragung von Brownsea-Island, wo der Chief Scout von Großbritannien, wie BP vor hundert Jahren, sein Horn geblasen hat. Dann ha-ben alle die wollten, gemeinsam ihr Pfad-finderversprechen jeweils in ihrer Mutter-sprache erneut abgelegt. Nachdem der Enkel von BP, der auch schon sehr alt aussah, BP´s Abschiedsbrief vorgelesen hat, gab es noch eine Tanzshow und Luft-ballons und Tauben wurden frei gelassen. Dann haben alle auf dem Platz mindestens

100 Unterschriften auf ihren Sunrise-Hals-tüchern gesammelt, die wir speziell zu diesem Anlass bekommen haben. Zurück im Subcamp musste heute garantiert nie-mand Hunger leiden, denn beim Food Festival hat jeder Troop etwas aus seiner Heimat zubereitet und zum Essen angebo-ten. Jetzt sind wir also pappsatt, freuen uns aber trotzdem schon auf die Party mit allen heute Abend an der Arena. Selbst das Wet-ter lässt uns nicht im Stich, denn seit ganzen drei Tagen hat es jetzt nicht mehr gereg-net.

Ganz liebe Grüße vom Jamboree, wieder einen speziellen Gruß an den Stamm Adler und außerdem ans KfS-Team 2007

Herzlich Gut PfadOlaf

K

8 • Unterwegs

Kurzinfo Worldjamboree:

Das World Scout Jamboree fand im Sommer 2007 statt und war Teil der Feierlichkeiten des 100-jähri-gen Jubiläums der weltweiten Pfad-finderbewegung. Der Lagerplatz wurde in der Nähe des ersten Pfad-finderlagers auf Brown sea Island aufgeschlagen.

An zwölf Tagen feierten 40.000 Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus 158 Nationen das Jubiläum der Pfadfinderei.

Vom BdP waren 350 Teilnehmer auf dem Jubiläumslager, 59 davon aus Stämmen in Baden-Württemberg.

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Unterwegs • 9

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10 • Unterwegs

13.7.2006

Sengende Hitze, ein volles Wegprogramm aber der Termin steht. Um dreiviertel neun macht sich Vic auf den Weg und steht eine halbe Stunde später bei Schnirk vor der Tür, denn es geht mal wieder darum, ein paar Punkte zu sammeln und das Burgen-konto auszubauen. Doch dieses Mal sollen sie nicht alleine bleiben, es gibt Unterstüt-zung von Husch und Simon! Aber erstmal zu zweit die Heimatfront abgeklappert: Das Graneggle und das Rechbergle.

Nur zwei Burgen, aber trotzdem 150 Hö-henmeter. Schweiß gebadet – es wurde immer heißer – kamen die beiden wieder bei Schnirk an. Man wehrte sich erfolgreich gegen das Mittagessen, es sollte ja schnell weitergehen. Nach dem ersten Start ging es drei mal zu Schnirk zurück, denn er hatte erst seine Trinkflaschen, dann das Reparieren seiner Pedale und schließlich sein Pfadihalstuch vergessen. Jetzt konnte endlich Husch in Straßdorf abgeholt wer-den. Von dort aus ging es dann runter ins Remstal. Auf der Abfahrt fiel dann noch Schnirks Trinkflasche so arg auf den Kopf, dass sie komplett funktionsuntüchtig war. Ein altes Römerkastell brachte uns die nächsten Punkte.

In der Krähe überraschte dann ein Som-mergewitter, was den drei Radlern die längst erhoffte Abkühlung verschaffte. In Lorch hörte es schon wieder auf, im LIDL gab´s ne kleine Erfrischung und weiter ging´s den Berg hinauf an der KfS-Hütte vorbei. In Pfahlbronn oben war es schon wieder bulleheiß, trotzdem ein 3km-Abste-cher nach Alfdorf mit einem lohnenswerten Schloss, auch wenn der Schlossherr das Fotografieren gar nicht gut fand!

Jetzt war´s dann aber wirklich eilig nach Welzheim, denn dort wartete ein frisch Fahrrad aufgerüsteter Simon und Mama Schneider mit einer Riesenmenge Pizza. Nach der Begrüßung und dem Festmahl beluden wir unsere Bikes, hörten uns vie-le Ermahnungen an und sahen, dass Simon ziemlich rumgebonzt hatte.

Leider ziemlich spät ging es dann endlich los über das Welzheimer Kleinkastell »Rö-telsee« und eine Römerruine nach Kaisers-bach.

Auf einer großen Lichtung mit Äckern bau-ten wir dann unsere 5er-Jurte auf. Klar, groß für vier Leute, aber es gibt ja auch noch vier Fahrräder und ein Lagerfeuer unterzu-bringen. So ein Jurtenaufbau auf Fahrt setzt natürlich einen Haufen Holzarbeiten vor-aus (10 Heringe, 10 Seitenstangen, 1 Jur-tenkreuz, 1 Mittelstange), aber mit Schnei-ders und Schnirk waren ja drei begeisterte Baumfäller dabei.

Das Zelt stand trotzdem noch bei Helligkeit und in der ausgehobenen Grasnarbe wur-den 2 kg Lasagne und für unseren Vegi Husch Feta zubereitet. Nach ein paar Uku-lelen-Liedern und zwei Falschen Spät-burgunder legten wir uns um halb zwei schlafen.

14.7.2006

Am Morgen, es war schon fast Mittag, wur-de erstmal das Zelt eingerissen, die Gras-narbe vorbildlich eingesetzt und dann kräf-tig gefrühstückt, ähhh gebruncht, ähhh Mittag gegessen Es ging ungewollt den Berg runtergeheizt, im Nachhinein stellte es sich trotzdem als der beste Weg heraus. Wir badeten im, und duschten am Waldsee

bei Fornsbach. Zu viert in einer Dusche war lustig, mit nassen Badehosen (geringe Reibung) in der für Kinder ausgelegten und viel zu langen Metallrutsche war noch viel lustiger. Am See gab´s noch Kaffee und ein Fürstenberg für Simon.

Auf dem Weg ging dann noch Vics Freilauf kaputt, sodass es ihm bei jedem Rollen lassen die Pedale um die Ohren haute. Der Fahrradguru in Fichtenberg gab ihm einen Tag Reparaturzeit – das wurde ignoriert! Weiter ging es – für Vic ohne Leerlauf – nach Gaildorf. Schloss fotografieren, Zwei Pack Eis beim Aldi holen und beim Eggi in Rekordzeit Vics Rad reparieren. Eggi, ein ehemaliger Radrennfahrer und jetzt Besitzer eines vollen Bikeladens, machte noch schnell und kostenlos den Achter aus Vics Hinterrad.

Gaildorf war auch der Punkt, der über 50 km von Waldstetten entfernt liegt, sodass wir hier weitere 10 Entfernungspunkte ein-streichen konnten.

Wir machten uns auf den Weg nach Sulz-bach, den Megaberg hoch nach Schloß-schmiedelfeld. Als wir ein bisschen darüber berieten, was von den Gebäuden das Schloss sei, kam der Schlossherr, der seit einem Jahr pensionierte Rektor Herr Schmitt, heraus und führte uns durch die von ihm renovierte Schlosskirche. Das ei-gentliche Schloss wurde 1834 abgetragen, nur ein Gebäude blieb stehen.

Wir warteten vergebens auf die schweben-de Jungfrau und den schwarzen Riesen-hund, von welchen uns Herr Schmitt schmunzelnd erzählt hatte… . Weiter ging’s nach Untergröningen – wir hatten uns leider zwischendrin verloren – und da es

Mit dem Rad auf EntdeckungstourDie Fahrtengemeinschaft Nibelgau und Einhorn erkunden ihre Umgebungvon Vic und Schnirk

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Unterwegs • 11

schon so dunkel war, kehrten wir erstmal im Lammgasthof ein und tranken dort selbstgebraute Biere. Wir saßen draußen und nach etwas Beobachtung oder besser Staunen ernannten wir Untergröningen zum Raserkaff des Jahres.

Wir suchten uns auf der Karte einen schö-nen Übernachtungsplatz aus, fuhren steil den Berg und mussten leider feststellen, dass der Waldspielplatz von der Dorfju-gend besetzt war. Also ging es wieder ins Tal nach Unter gröningen zurück und, da wir im Begriff waren, den Ort in der Nacht noch gänzlich zu verlassen, musste doch noch bei Dunkelheit das bombastisch gro-ße Schloss besichtigt werden. Danach ging es an dieser Hangseite wieder den Berg hinauf und es wurde am Waldrand gebi-wakt, war es doch immerhin schon halb 2. Ein Vesper gab es trotzdem noch.

15.7.2006

Am Morgen machten wir uns erstmal auf den Weg zu der in der topographischen Karte ganz in der Nähe eingezeichneten »ehemaligen Burg«. Wir bogen von der Straße in den Wald ein und sahen bald, wie »ehemalig« diese Burg war. Wir waren uns ganz sicher, hier richtig zu sein, doch die Burg war nirgends zu sehen. Es war aber doch sehr auffällig, dass der Weg zu einem Hohlweg wurde und zwischen zwei top-febenen, exakt gleich hohen und steil auf-ragenden Hügeln nach oben führte. Zwi-schen den zwei Hügeln gruben wir noch eine Treppenstufe aus, auf der wir uns fotografieren konnten. Erstaunlich, dass ein paar Pfadis wegen eines kleinen Wett-bewerbs sogar zu Archäologen werden!

Weiter ging es wieder nach Untergröningen ins Tal hinab zum einzigen Bäcker, welcher den großen Schriftzug »Meisterkaffee« im Schaufenster führte, aber trotzdem auf Nachfrage KEINEN Kaffee verkaufte. Nach ein paar trockenen Brötchen fuhren wir im Tal weiter und dann den Berg hinauf nach

Hohenstadt, wo Kowa einst heiratete und Husch demnächst neben Til Schweiger im Film »Der rote Baron« zu sehen sein wird. Das tolle an diesem Örtchen ist, dass es neben dem alten, großen Schloss noch ein kleines Barockschlösschen samt großer Gartenanlage gibt.

Dort hatte Kowa auch seinen Sektempfang, und wie auf Ansage tauchte am Brunnen ein Hochzeitspaar mit Fotograf auf. Der Ehegatte hatte eine Art Feuerwehruniform an. Die Folge war, dass am nächsten Cafe ein roter Bus hielt und eine besoffene und richtig schief grölende »Hochzeitsgesell-schaft« ausstieg, die uns noch in der Nach-barwirtschaft beim Kaffee nervte.

Wir fuhren weiter nach Neubronn, ließen uns vor dem Schloss fotografieren und weiter nach Abtsgmünd s` Leintal runter zum Penny zum Einkaufen.

Nach einem ausgiebigen Vesper heizten wir das Leintal entlang, da die Termine von Simon und Husch wirklich drückten. In Laubach, Heuchlingen und Leinzell fanden wir innerhalb einer Stunde drei wirklich anständige Burgen und Schlösser.

An der Rot hoch erreichten wir dann bald den Platz, wo am nächsten Tag der Ein-hornfamilientag stattfinden sollte. Erst wa-ren wir etwas enttäuscht, da der Platz so schräg war, dass wir dort unsere Jurte ein-fach nicht hinsetzen konnten. Jetzt waren Husch und Simon extra so weit mitgefah-ren, dass Vic und Schnirk das Zelt nicht zu zweit aufbauen müssten, und dann so was! Zum Abschluss gab es dann nach lecker Eiskaffee und ein paar Ukulelenliedchen am Rehnenmühlenstausee. Um acht mach-ten sich dann die beiden auf ihre jeweilige Heimreise nach Straßdorf und Welzheim. Die beiden Verbliebenen fuhren die Rot noch weiter hoch und legten sich dann nach CheeseBURGern, Kroketten und »BeLight«-Feta mitten im tiefsten Wald schlafen.

16.7.2006

Am nächsten Morgen ging es wieder zum Stausee zurück und um zehn begann dann auch der Einhornfamilientag. Und der war ganz ohne Programm! Ob das für Eltern und Familien, die extra zu dem Treffen kamen, das Wahre ist, muss stark ange-zweifelt werden. Aber den beiden etwas müden Radlern lief diese Programmgestal-tung voll rein, nämlich komplette 5 Stun-den Fußball spielen und Grillen (schon wieder Grillen, was hatte man die letzten drei Tage gemacht? So ohne Topf auf Fahrt…). Als der Familientag sich dann seinem Ende zuneigte, machten sich die beiden dann auf den Weg zum Ebnisee, denn dort war Ehemaligentreffen von Nibel gau (einen Dank an Kowa, der freundlicherweise den Gepäcktransport übernahm!). Dort traf man auch wieder auf Simon, der als Verantwortlicher des Tref-fens halt einfach pünktlich da sein musste und deswegen die Tour leider nicht ganz bis zum Ende mitmachen konnte. Es wur-den die restlichen Kroketten, Knacker und Nürnberger Rostbratwürste rausgehauen und mit dem Gedanken »Nie wieder gril-len!« ging es wieder nach Welzheim hinauf. Noch ein kleiner Abstecher zum Welz-heimer Ostkastell und auch diese Fahrt war (schon) zu Ende… K

Kurzinfo: Die Burg groovt:

„Die Burg groovt“ war die Jahresaktion der Pfadfinderstufe 2006. Sippen und Runden waren auf gerufen im Laufe des Jahres Burgen und Schlösser zu be-suchen. Diese, sowie Fahrtengebiet, Fahrtenart und die Fahrtenchronik wur-den mit Punkten bewertet.

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Nachdem schon ein paar gelungene und weniger gelungene Winterfahrten hinter uns liegen, ist bei uns beiden seit längerem das Ziel gereift, mal eine siebentägige Fahrt über Schnee und Eis zu überstehen. Mit der jüngsten Tour in das tschechische Erzgebirge war das Erreichen dieses Zieles von vornherein zum Scheitern verurteilt, da die vollen Terminkalender bei einer ganzen Woche leider immer eine handvoll Gegenargumente bereithalten. Aber vier Tage konnten wir uns doch freikämpfen und sowohl das ferne Ziel als auch Zug-bindung bei der Hin- und Rückfahrt sollten zumindest das vorzeitige Abbrechen der Fahrt verhindern. Es kam aber doch alles anders, das Wetter war gut und an Ab-bruch war eh nicht zu denken.

Wir hatten eine schöne Zeit und wären gerne noch länger geblieben, aber lest am besten selbst in unserem Fahrtenbericht:

27.12.2007

Viel zu früh treffen wir uns in Gmünd, um nach kurzem Abschied den IC zu entern, der uns in netter Tischnachbarschaft so schnell nach Nürnberg bringt, dass wir beim Aussteigen immer noch einige Ein-zelteile (Essen, Klopapier, Kohtenplanen) in der Hand halten. Am Bahnhofsvorplatz werden frisch gekaufte Croissants ver-drückt, bevor es auf den Zug nach Eger (Cheb) geht. In diesem wird der erste russische Instantfraß probiert – und der

schmeckt gar nicht so schlecht! Insgesamt essen wir 3 Schüsseln und kaufen in Eger, nachdem wir uns über die weiteren Züge informiert haben, fast ausschließlich Instant suppen. Die Schüsseln haben wir ja eh schon dabei.

Der »Interspar« ist hemmungslos überbe-setzt, und mit zwei Riesenrucksäcken im Einkaufswagen macht das Einkaufen rich-tig Spaß. Leider haben wir so wenig Zeit, dass wir völlig planlos einkaufen und zum Beispiel Alufolie vergessen. Auf dem Fuß-weg zum Bahnhof merken wir, dass Spei-seeis im Winter eher härter wird als dass es schmilzt, wenn man es eine Weile mit sich herumträgt. Von den weiteren Zügen

ist Schnirk total begeistert. Es ist wie eine Zeitreise, so alt sind Loks, Wagen, Bahn-höfe, Strecken…

Die Gegend wirkt auch unwirklich, be-steht sie doch fast nur aus Kohlegruben und langen Förderbändern. Ab Karlsbad geht es dann bergan und die Landschaft wird natürlicher und weißer. Die Seen sind zugefroren und die Kinder laufen Schlitt-schuh. In einem Bergdorf namens »Mer-klin« endet die Bahn und die Fahrt (mitt-lerweile ist 16 Uhr) kann beginnen!

Alles ist leicht verschneit und wunder-schön, auch wenn alles Bebaute ziemlich schäbig wirkt. Wir quälen uns um die 300 Höhenmeter hoch, teilweise stören groß-flächige Eisplatten den Weg. Die erste ebene Lichtung wird zum Kohte aufstellen verwendet. Die Lichtung ist frisch geschla-gen worden und für Kohtenstange, -kreuz, Heringe, Feuerholz muss man quasi nur hinter sich greifen. Der Aufbau macht die Fingerchen richtig kalt, aber danach kön-nen wir uns auf Feuer, kräftige Suppen, warme Schlafsäcke und ein paar Dosen Bier freuen. Nur das Würstle grillen (in Ermangelung von Alufolie auf einem Stöckle) machte keinen Spaß.

Bevor wir um 11 einschlafen, formulieren wir das ehrgeizige Ziel, um 6:30 Uhr auf-zustehen, da die Tage eh nicht lang sind, aber früh hell werden.

28.12.2007

Nachts hat es sogar ein bisschen geschneit. Sie verlief für beide Beteiligten zum Glück warm. Um 13 Uhr verlassen wir unseren Lagerplatz (man frage bitte nicht, wann wir wirklich aufgestanden sind…) und stapfen weiter den Berg hoch. Nach einer Lichtung verläuft unser Weg so, dass er sich das Bett mit einem Bach teilt und infolgedessen eine einzige Eisplatte ist. Diese sieht zwar wunderschön aus, wie sich eine Schicht wie bei einem Schiefer über die andere schiebt, aber erschwert das Fortkommen ungemein. Kurz vor Ende des Teilanstiegs kochen wir uns ei-nen Glühwein auf dem Esbit-Kocher und mampfen eine Tüte Schoko-Rosinen, wird doch der Diät-Vic (16 kg zu viel) von ar-gem Hunger geplagt. Auf einer baum-freien Anhöhe entdecken wir neben den seit langem vorhandenen, zahlreichen Tierspuren die ersten Langlaufspuren. Kurz vor der letzten Abzweigung zum

Gipfel legt sich Schnirk an einer Eisplatten vor lauter Vorfreude knallhart zu Boden, wonach sein Rucksack dann auch eine starke Affinität nach links aufweist.

Der letzte Anstieg ist dann noch einmal ein echter Hammer: Er führt 130 Meter in krasser Steigung auf den ersten Tausender hoch. Zu allem Überfluss verschlechtert sich noch das Wetter und es wird ziemlich kalt. Der Nebel bleibt aber unter uns und die Konturen der im Norden und Westen wesentlich niedrigeren Berge heben sich schwach und sehr bizarr aus ihm heraus.

Dass hier Wetterkante ist, merkt man sehr deutlich, da trotz der kalten Temperaturen der Novemberschnee weggeblasen ist. Ein paar Meter höher bietet sich dann ein ganz anderes Bild: Dort klebt der Schnee und das Eis in Zentimeter dicken Schichten waagrecht an den Baumstämmen. Ehrlich gesagt fallen diese ganzen Betrachtungen bei hängenden Köpfen, schnaufenden Lungen und wegrutschenden Füßen nicht so leicht, wie sich das hier vielleicht an-hört.

Oben angekommen können wir zwar kei-ne Aussicht mehr genießen, aber wir sind positiv überrascht von der Größe der Berg-pension, die den netten Namen »Orion« trägt. Sie besteht aus einem Aussichtsturm, einem Hotelgebäude, vielen kleinen Cam-pinghütten und einem Riesenparkplatz. Wir zögern nicht lange und steuern ziel-strebig hinein, um uns in Form einer kräftigen Mahlzeit den verdienten Lohn für die Tageswanderung abzuholen. Wir verbringen insgesamt über 2 Stunden im Restaurant, welches übrigens mit den Wappen der umliegenden Dörfer sehr stil-voll eingerichtet und mit einer netten deutschsprachigen Bedienung ausgestat-tet ist, und verdrücken dort 3 Hauptge-richte, 2 Cola und 5 Bier, machen ein paar Fotos, schreiben Fahrtenbericht, wärmen uns vollständig auf und füllen unsere Thermoskannen mit heißem Hahnen- wasser.

Nach dieser ausgiebigen Pause machen wir uns – mittlerweile ist es stockfinster – wieder auf den Weg, welchen wir wegen der Dunkelheit auf der Straße fortsetzen. Es schneit sogar zum ersten Mal ein biss-chen, und so wird es auf der eh schon gefrorenen Straße zu einer lustigen Rutsch-partie. Wir kommen aber trotzdem wohl-behalten und sicher zum nächsten Ört-

12 • Unterwegs

q »Es ist wie eine Zeitreise, so alt sind Loks, Wagen,

Bahnhöfe… «

Zeitreise nach TschechienSchienen im Schnee und gefrorene Schuhe – Vom Zauber einer Winterfahrtvon Vic und Schnirk

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chen »Abertamy« und wir können uns sicher sein, dass es eine sinnvolle Entschei-dung war, unseren sonst treu gehaltenen »grünen« Wanderweg für diesen Abschnitt verlassen zu haben.

Im Ort füllen wir in einem kleinen Laden ziemlich planlos unsere Vorräte auf. Da für uns Deutsche diese Form von Laden ziem-lich ungewöhnlich ist, zahlen wir irgend-wann einfach, bekommen sogar noch eine Krone geschenkt und ziehen dann drau-ßen Bilanz: Schnirk hat wieder einen an-nehmbaren Vorrat an Süßigkeiten, auch Brot müssen wir nicht mehr trocken essen, da wir einen Ketchup gekauft haben, aber Alufolie fehlt immer noch, Die Chips sind zwar billig, aber viel zu luftig und nix dran (50 g), und Hauptgerichte haben wir auch in keinster Weise gekauft. Insgesamt also eine sehr magere Bilanz. Wir fragen uns, wo eigentlich das ganze Geld in dieser kleinen Lebensmitteltüte verschwunden ist, gehen aber trotzdem weiter, weil wir uns von einem nochmaligen Ladenbesuch auch keinen größeren Erfolg versprechen und nebenbei bei den Blicken durch das Schaufenster auf zum Beispiel mannshohe Chipstüten eh nur auf dumme Gedanken kommen. Der Weg führt nun – mittler-weile fast 9 Uhr und immer noch Schnee-fall – über eine freie Ebene endlich auch mal durch tiefen Schnee. Zum Glück ist er gut überfroren und man sinkt kaum ein.

Als Ziel haben wir uns eine Schutzhütte am Waldesrand ausgeguckt. Diese steht zwar etwas anders als auf der Karte vor-gesehen, aber das bringt uns auch nicht durcheinander. Die Hütte ist geschlossen aber sie hat einen geräumigen, offenen Vorbau mit Bänken und Tisch. Da es kei-ne Feuerstelle gibt, verballern wir unsere ganzen Esbit-Vorräte für 3 russische Ins-tantgerichte, anderthalb Glühwein und am nächsten Morgen noch 2 Tassen Kaffee. Wir sind trotzdem hoch zufrieden, ermög-licht uns doch die Hütte nach dem Fauxpas am Morgen, am nächsten Tage früh loszu-kommen. Wir verbarrikadieren unseren Unterschlupf noch wie bei einer wildwes-ten Wagenburg mit dem gekippten Tisch im Eingangsbereich, um kalten Luftzug zu vermeiden, und legen uns dann um 11 Uhr schlafen.

29.12.2007

Um 7 morgens scherren wieder die Wecker und da wir vom letzten kalten Morgen E

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gelernt haben, stehen Esbit-Kocher, Was-ser und Espresso-Sticks schon am Kopf-ende des Schlafsackes bereit, sodass wir seine Wärme nicht missen müssen, um an eine gesunde Ladung Kaffee zu kommen. Während dem Kaffeeschlürfen werden wir von einem wunderschönen Sonnen-aufgang belohnt und sehen auch schon die ersten übermotivierten Langlaufgrup-pen über die Ebene ziehen. Mittlerweile ist Wochenende.

Beim Zähneputzen müssen wir feststellen, dass nicht alles Trinkwasser die Nacht in flüssiger Form überstanden hat, und auch Schnirks Schuhe sind in einer solchen Unform starr gefroren, dass er kaum rein-kommt – eine Kohte mit Feuer hat halt doch auch ihre Vorteile. Trotz dieser Hin-dernisse kommen wir echt zeitig los und die Sonne strahlt so kräftig, dass man bei ein paar Minuten Rumstehen vergessen kann, dass es eigentlich kalt ist. Dies wie-derum ist nur möglich, da die Zehen in den verformten Schuhen überhaupt kein Gefühl mehr von sich geben, aber gut. Nach einer halben Stunde Fußmarsch, während der wir sehr viele Langlaufbe-geisterte treffen, ist dann auch in den letzten Zehen das Gefühl der Kälte zurück-gekehrt, und wenig später sind sie sogar warm. Wir nutzen eine sonnige Stelle zum Frühstück mit Ketchup-Brot und Schoko-riegeln. Die Sonne und endloses Schütteln machen sogar das Nicht-Thermoskannen-Wasser trinkbar.

Die Loipe ist nicht frisch gepresst wie in Deutschland, sondern alt, ausgefahren und vereist, sodass man ohne schlechtes Gewissen darauf laufen kann und sie auf Fotos gegen die Sonne ein sehr gutes Bild abliefert. Auch wenn für Vic dieses Früh-stück alles andere als ausreicht, müssen wir das zweite Opfer unserer planlosen Einkaufskunst erbringen und ziehen halb satt weiter. Wir wandern noch eine ganze Weile der Loipe entlang, bis diese eine Straße trifft, auf der unser »grüner« Wan-derweg weiterführt. Die Straße ist unge-räumt, was jedoch nicht verhindert, dass irgendwelche neureichen Tschechen mit ihrem Daimler ML wie gestört darauf hin- und herheizen. Als wir den Wald in Rich-tung »Horni Blatna« verlassen, bietet sich ein wundervolles Bild eines verschneiten Tales, welches von gleißendem Sonnen-licht überflutet ist.

Gleichzeitig verlässt uns mit dem Wald auch der Schutz vor dem eiskalten Wind, welchem wir jetzt ausgesetzt sind. Wegen der einsetzenden Kälte wählen wir den Weg über die verschneite Wiese und nicht weiter der schattigen Straße entlang. Über die Straße erreichen wir den Ort, der das Ende der eigentlichen Fahrt markiert. Da die tschechischen Bahnen die Strecken sonntags viel zu selten bedienen und wir

am nächsten Tag schon um 13:00 Uhr in Cheb zurück sein müssen, bleibt uns nichts anderes übrig, als an diesem Sams-tag der Heimat wieder ein Stück entgegen-zufahren. Bevor wir dies tun, kaufen wir uns im Dorfladen zwei Bier, erfahren vom Verkäufer, dass es in »Horni Blatna« keinen Bankautomaten gibt, und wenig später von Schnirks Geldbeutel, dass sich statt einem 200Kr.- nur noch ein 100Kr.-Schein darin befindet.

Mit den verbliebenen 70 Kronen gehen wir dann etwas aus dem Konzept gebracht Richtung Bahnhof. Da es dort aber weder einen Schalter noch einen Automaten gibt, können wir auch leider nicht vor dem Einsteigen in Erfahrung bringen, ob unse-re paar Tacken für die Zugfahrt nach Karlsbad langen. Da der Zug aber eh nur bis zu einer dazwischen liegenden Kreis-stadt fährt, will der Schaffner nur 48 un-serer 70 Kronen und alles scheint geritzt. In »Nejdek«, der Kreisstadt, finden wir ei-nen Geldautomaten und für weitere 46 Kronen bringt uns die tschechische Staats-bahn auf einer abenteuerlich veralteten Strecke nach Karlsbad. Der Preis ist übri-gens alles andere als unverschämt: 50 Kronen entsprechen gerade mal 2 Euro, und dafür dürfen wir immerhin eine gan-ze Zeit Zug fahren.

Die zweite Zugfahrt ist reich an Schlaf und die Unwissenheit darüber, dass Karlsbad zwei Bahnhöfe hat, treibt uns unvorher-gesehen und zu früh aus dem Zug. Wir stehen also im industriellen, nicht im tou-

ristischen Teil der ehemals deutschen und bekannten Bäderstadt. Wir laufen über den Fluss, gehen erst einmal wieder Essen (16:00 Uhr) und Wasser auffüllen, dann beim PLUS einkaufen, blödeln etwas vor dem Supermarkt herum und ziehen dann über die einzelnen Heilquellen Richtung einer Standseilbahn in der Hoffnung, sie würde uns zu später Stunde noch auf die Anhöhe über Karlsbad zu potentiellen Schlafplätzen bringen. Doch ab 17:00 Uhr fährt diese nicht mehr und uns bleibt nichts anderes mehr übrig, als zu Fuß mal wieder die Berge zu erklimmen. Es ist zwar schwer, aber wir erreichen mit der Höhe wieder Schnee und auch tolle Blicke über die leuchtende Stadt, welche uns einige tolle Fotos erlauben, unter anderem auch von der ersten Burg der Fahrt (auch wenn dies keine Punkte mehr gibt…).

Auf der Höhe finden wir eine Schützhütte, die beinahe zu viel Platz bietet. Mal wieder werden die Wecker auf früh gestellt, hat

uns doch die Bahnauskunft angewiesen, schon um 10:50 Uhr am Hauptbahnhof zu sein. Das letzte Bier wird fast zur Qual, ist es doch schon sehr kalt und es will nicht alle werden…

30.12.2007

Der Tag der Heimreise beginnt wieder punkt Sieben, dieses Mal leider ohne Kaf-fee. Wir packen unsere Sachen und sind erstaunlich schnell fertig. Die Fahrt sollte länger dauern, wenn man erst so spät Routine bekommt. Wir machen uns auf den Weg zur Bergstation der Standseil-bahn. Da diese »erst« um 9 das erste Mal fährt, machen wir eine halbe Stunde Früh-stückspause und verspeisen die restlichen Muffins. Wir sind natürlich die einzigen Fahrgäste. Wir gehen wieder durch die Stadt, schießen ein paar Touri-Fotos und holen uns beim Mäc 2 Kaffee. In einem lustigen Stehen-Schluck trinken-Gehen-Rhythmus ziehen wir durch die Stadt zum Hauptbahnhof.

Dort hauen wir uns noch kurz viele Fisch-brote ins Gesicht, kaufen für umgerechnet vier Euro die Schnellzugtickets nach Cheb und steigen dann in den Zug gen Heimat. Die verbleibenden Kronen reichen in Cheb noch für eine Pizza für zwei und einen Saft im angrenzenden Laden. Da-nach bringt uns die Deutsche Bahn wieder nach Gmünd und nach dem Verteilen der tatsächlich übrig gebliebenen Lebensmit-tel bleibt wieder einmal das Gefühl, dass es nach einer weiteren Fahrt noch viele Gebiete gibt, die es im Sommer wie im Winter zu ergründen gibt. Jede Jahreszeit gibt der Landschaft ein eigenes Bild, so-dass nach einer zehntägigen Stammesfahrt in das tschechische Erzgebirge die jetzige Fahrt in dem gleichen Landstrich alles andere als langweilige Wiederholung war. Eine tolle Fahrt verlangt nach mehr! K

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q »Die zweite Zugfahrt ist reich an Schlaf«

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Ein großer Platz mitten im Wald. Zunächst ist es eine ganz normale Wiese. Bis die ersten Pfadfinder mit Rucksack und Kluft anrücken und er sich nach und nach in

eine kleine Stadt aus dunklen Zelten ver-wandelt. Man kann sich, als unerfahrener Nicht-Pfadi schon mal verlaufen, in diesem Gewirr von Kothen und Jurten, oder auch gelegentlich über Abspannseile stolpern und sich damit ungeschickter anstellen, als die Wölflinge.

Rund 15 Stämme aus ganz Baden-Württem-berg nahmen am Landespfingstlager 2008 teil und stellten sich am Samstagmorgen bei der Lagereröffnung vor. Vom personen-mäßig relativ schwachen Stamm Feuerrei-ter – ein Rover – , bis hin zu den perso-nenstark vertretenen Stämmen, wie den

Diadochen oder den Silberreihern. Und in diesem Getümmel voller Pfadfinder kann man sich als Nichtpfadi ohne Halstuch und Kluft schon mal komisch vorkommen. Das vergeht jedoch spätestens mit gemein- samen Singerunden und Aktionen, wie Waldführungen durch Altpfadis und Orga-nisation des Stufenprogramms. An Pro-gramm, sowohl für Sipplinge als auch Wöl-flinge fehlte es nicht. Zusätzlich zum stammesinternen Programm kam das Stu-fenprogramm zur Entlastung der Meuten- und Sippenführer und die Angebote und Workshops des Altpfadfinderstamms Bur-gund.

Wie aus einer Wiese eine kleine Stadt aus schwarzen Zelten wird? Wie man sich tatsächlich komisch vorkom-men kann, wenn man kein Halstuch trägt? Wie man innerhalb weniger Tage über 30 Lieder und 50 Leute kennenlernt? Und wie man lernt , die linke Hand statt der rechten zu ge-ben? Ganz einfach:

Man muss nur aufs LaPfiLa gehen. Der Bericht eines Pseudopfadis über das Landespfingstlager2008:

Mein erstes PfadfinderlagerEin Kommentar vom Lapfila aus Sicht eines Nichtpfadfinders von Ann-Kathrin Rothermel

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Trotzdem: die überschüssige Energie der Wölflinge ist bemerkenswert. Als alter, voll-jähriger Mensch kann man über diese Ener-gie nur staunen: wenn man morgens um halb acht durch Trompetenklänge (die blaue Blume) geweckt wird, sind die Wöl-fis doch tatsächlich schon über eine Stunde wach und man selbst kriecht immer noch müde aus dem Schlafsack. Denn anstren-gend ist es schon, das PfiLa. Es heißt pla-nen, organisieren, durchführen. Es heißt aber auch Menschen kennenlernen, Spaß haben, singen und eine Menge über das Leben als Pfadi lernen. In kürzester Zeit kann man mit den Begriffen »Abspann-

knoten« und vielen der pfadiinternen, schrecklichen Abkürzungen etwas anfan-gen. Das Wetter, das innerhalb einer Woche zu zahlreichen Sonnenbränden geführt hat, trug zum perfekten Eindruck des Lager-lebens bei. Aber was wäre das PfiLa ohne gelegentlichen Regenschauer. »Jetzt hast du endlich mal gesehen, was Pfingstlager ei-gentlich heißt«, bekam man nach ein paar Stunden heftigen Regens und dem damit einhergehenden Rennen, Abspannen und Wassersäcke am Zelt ausschütten zu hören. Allerdings kann auch Regen gemütlich sein, wenn man im Küchenzelt zusammen-sitzt, dem Küchenteam beim Kochen zu-

schaut und Pfadilieder singt. (Auch: Mann, ist das schön! – jetzt ist´s ja ungefährlich.)

Und was wäre schon Pfadisein ohne Her-ausforderungen der Natur, das heißt nasse Schlafsäcke und Wölflinge, die am all-abendlichen Feuer trocknen. Alles in allem: Pfingstlager ist, wie man sich Pfadis als unerfahrener Mensch vorstellt: Nein, nicht durch den Wald laufen und Regenwürmer und Wurzeln essen, sondern Lagerfeuer, Lieder singen, Spaß und furchtbar nach Rauch riechen, wenn man dann gebräunt und müde nach einer Woche Pfadfinder-crashkurs wieder nach Hause kommt. K

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Freitagabend. Ein lauer Wind weht über das Gras. Langsam zieht Mömmel sein Messer aus dem Halfter. »Jetzt bist du dran!« dachte er sich und lies seine Waffe erbarmungslos auf sein Opfer niederfahren. Ein matschig-wässriges Geräusch erklang, als er die Tomate in dünne Scheiben schnitt.

9 Mai, 2008 und im Stöcklewald in St. Georgen beginnt gegen Nachmittag der Aufbau des Landespfingstlagers. Lang war die Reise, doch fast alle sind sie gekommen um eine Woche voller Sonne, Spaß, Spiel und Aktion zu erleben. Stamm Beowulf und Bergwolf sind die beiden ersten auf dem Lagerplatz, Bergwolf, wie seit Jahren (keiner weiß, warum) weit hinten. Was aber nicht heißt, dass sie den wenigsten Spaß haben, im Gegenteil.

Langsam aber sicher füllt sich der Lager-platz und wenn man über den Platz läuft (zum Beispiel um Wasser zu holen) riecht man mehr und mehr das Essen aus den Küchenzelten. Maultaschen, Spaghetti Bo-lognese und viele weitere Dinge erfüllen die Luft mit einem pfadfindertypischen Duft, verbunden mit Lagerfeuerrauch und Kothenstoff. Man trifft alte Freunde, ein paar neue Bekannte kommen hinzu, doch alle sind im Stress. Doch dann kommt der Abend, die Feuer brennen in den Jurten, es werden Lieder gesungen. Langsam ge-hen Meuten, Sippen und schließlich auch Rover zu Bett. Vereinzelt klingt Gelächter auf dem dunklen Weg, doch insgesamt wird es leiser und ruhiger. Die letzten Kohlen glühen in der Feuerschale nach, der Rauch legt sich wie die Pfadfinder nieder. Tiefer Schlaf beherrscht das Lager.

Samstagmorgen. Die ersten Frühaufsteher stehen unter der Dusche und aus den Kü-chen der Stämme dampft der schwarze Kaffee der Küchenteams. »MORGEN-RUNDE« tönt es immer wieder auf, mal vor, mal nach dem Frühstück, je nach Stamm. Alles ist früh auf den Beinen, schließlich ist bald Lagereröffnung. Alles wird zusam-mengerufen und bildet einen großen Kreis um die Feuerstelle. Die Landesleitung stellt sich vor, genauso wie alle Stämme. Stam-mesflaggen, Vorstellungsrunde und ge-meinsames Singen. Irgendwie kommt ei-nem das Lied »Banner« in den Kopf.

Die weiteren Tage verlaufen mit viel Akti-on und Aktionen. Selbst die Altpfadfinder-gilde Burgund ist gekommen um sich an

der Atmosphäre zu erfreuen und ein paar Workshops anzubieten. Da kann man Windlichter machen, Ledereinbände her-stellen und so weiter. An ihren Tischen sieht man alt und jung beim Basteln, Ar-beiten und lachen.

Je länger das Lager dauert, desto vertrauter wird man miteinander.

Ohje, was ist denn das? Die Adler, ein paar Raben und die Bergwölfe versammeln sich mit Badeklamotten auf der Spielwiese. Man kann schweres Geschütz erkennen: Töpfe, Wannen, Wasserpistolen und Wasserge-wehre. Erik lässt auf seinem Arm »Dieser Arm macht Bugs nass« verlauten. Auf dem Rücken eines Kindes steht »Born to make you wet«. »LOS GEHT’S« brüllt Bugs und alle, wirklich alle ziehen in die große Was-serschlacht. Da bleibt kein Auge trocken, kein T-Shirt wird verschont und auch alle Schuhe sind restlos Nass. Eine Stunde lang spritzen die Parteien aufeinander ein. Am Ende sind alle Nass, aber alle lachen. Das war ein Riesenspaß! Nass aber zufrieden geht man zurück in den Stamm, immer noch lachend, dass man den anderen so Nass gemacht hat.

Die Lagerpost kommt zuverlässig zweimal am Tag vorbei und bringt die kleinen run-den, bunten Briefe an ihren Empfänger. Was hier wohl drinsteht? Allerhand, Liebes-erklärungen, Verabredungen zu Singe-abenden, kleine nette Grüße und ein paar Spam-Briefe und Kettenbriefe (Knuddel die Person links von dir und schicke diesen Zettel an 2 weitere Personen).

Vor allem die Verabredungen zu den Sin-geabenden scheinen wunderbar zu funk-tionieren. Da sieht man die Silberreiher zu den Bergwölfen Pilgern, Zweitgenannte später auch zu den Elchen, zusammen mit den Adlern, und dort wird gesungen und es werden Vorstellungsspiele gespielt. Doch auch diese Abende neigen sich ir-gendwann dem Ende zu, die Feuer bren-nen nieder, nur für manche Sänger die Feuer nicht erloschen sind. Doch irgend-wann ist es auch für sie Zeit, schlafen zu gehen.

Huch, das ging jetzt aber schnell, schon ist Mittwoch, morgen ist Abreisetag, da heißt es für so manchen Stamm: Abbauen, was geht. Da werden die Wölflinge und Sipp-linge auch gern mal zusammen in die Jurte gesteckt, damit man gleich zwei Zel-

te frühzeitig runterschlagen kann. Es brei-tet sich ein wenig Hektik aus, aber eigent-lich scheint alles noch recht gelassen zu sein. Nur die Tatsache, dass man sich bald trennt schlägt gegen Abend ein in den gemeinschaftlichen Runden und in der Pin-te. Man umarmt sich mehr, an diesem letzten Abend und irgendwie sind zum größten Teil die fröhlichen Lieder aus den Mündern verschwunden. Alle gehen zu Bett. Gute Nacht Freunde, es ist Zeit für uns zu gehen.

Dann ist es Donnerstagmorgen, der Tag der Abreise. Nein, keine Zeit für lange Schwätzchen erstmal, alle wollen soviel wie nur möglich Abbauen, bevor die große Lagerverabschiedung ist. Dort stehen dann alle im großen Kreis, die Altpfadfindergilde und die Landesleitung bedankt sich noch-mals offiziell für die Teilnahme. Dann nimmt man sich an den Händen, die Arme überkreuzt. Rechts über links, oder anders-herum, je nach Stamm. Nehmt Abschied Brüder, ungewiss ist alle Wiederkehr, die Zukunft liegt in Finsternis und macht das Herz uns Schwer. Ja, es stimmt. Dies ist ein melancholischer Augenblick. Nach dem Abschlusskreis baut man zu Ende ab, man verabschiedet sich voneinander und geht seiner Wege, ein jeder in seine Stadt.

So sehr es auch heißt, dass der Abschied schmerzt, ein gutes hat es doch. Man freut sich wieder mehr aufeinander. Wann kom-me ich schon wieder zu einem so großen Lager, wo mehr als nur mein Stamm dabei ist? Bundeslager 09? Ja, darauf freuen wir uns bereits jetzt. Dann sehen wir sie alle wieder! Bis dahin, lasst uns im hektischen Alltag ab und zu für einen Moment verges-sen und uns an die schöne Zeit erinnern, als wir mit unseren Freunden beim Stöck-lewald waren, wie der Essensduft uns in die Nase fuhr und das Gras unter unseren Füßen nachgab. Dann könnt ihr wieder das Feuer in der Jurte riechen und die Lieder und das schallende Gelächter hören, und wie alles leise im Wind verstreicht. K

Lageralltagvon Wasserschlachten und Singerunden auf dem Landespfingstlagervon Mömmel

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Ein zotteliger PfadiMehr als bastelnAufräumen lohnt sich!Neues aus dem Grenzland

Daheim

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Ein Pfadfinder der besonderen Art ist Hen-rie Higgins. Nicht, weil er etwa alle Pfad-finderregeln schneller aufsagen kann als die anderen in der Gruppe oder weil er ein Feuer auch bei strömendem Regen und mit nassem Holz mit 2 Streichhölzern anzün-den kann, nein, Henrie Higgins ist einfach was ganz besonderes. Vor vier Jahren stieß er zum Stamm Grenzland in Heilbronn. Auch beim Stamm Stettenfels in Untergrup-penbach ist er ab und an zu sehen. Manche Eltern, die ihn zum ersten Mal sehen, sind etwas skeptisch, ob er denn wirklich so ein toller Pfadfinder ist, denn er sieht halt ein bisschen anders aus, als alle anderen Pfad-finder. Doch schon B.P. hat uns ja gelehrt, dass Aussehen alleine eher unwichtig ist, schließlich will Henrie ja auch nicht Ger-

manys next Topmodel werden (wobei er da gar keine so schlechten Chancen hätte). Henrie Higgins hat dafür absolut das Herz auf dem rechten Fleck.

Zwei Pfingstlager hat Henrie nun schon hinter sich. Das erste war ein reines Stam-meslager. Henrie hatte genau wie alle an-deren einen festen Platz bei seinen besten Freunden, er hatte einen Schlafsack, der ihm ganz alleine gehörte auch sein Eßge-schirr wurde nur von ihm selbst benutzt. Vor dem Lager hatte er extra noch ein gelbes Berghaferl bekommen, das ihn seit-her auf jedem größeren Ausflug begleitet. Viel mehr ist für ihn an Gepäck auch nicht nötig. Er kann getrost auf riesige Taschen-lampen und chice Opinelmesser verzich-

ten. Was allerdings für ihn sehr wichtig ist, ist sein eigenes Essen. Das Essen beim Stamm Grenzland ist für ihn zwar lecker, auf Dauer bekommt es seiner Gesundheit aber denn doch nicht. Daher werden vor dem Lager alle drauf aufmerksam gemacht, ihm nix von ihrem Essen abzugeben, wenn er auch noch so bettelt. Dafür hat Henrie Higgins auf dem Pfingstlager stets eine sehr wichtige Aufgabe zu erledigen. Er ist bei Grenzland nämlich Stammesbeauftragter für Heimweh, außerdem fungiert er häufig als Meutenassistent. Sein Spezialgebiet ist Motivation müder Wölflinge auf Wande-rungen und Ausflügen.

Jetzt denkt so mancher von euch vielleicht. So jemanden haben wir doch auch. Bei

Ein zotteliger PfadiHenrie stellt die Grenzländer Lager auf den Kopfvon Löfre

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Heimweh heulen sich die Wölflinge bei uns bei Balu aus oder kuscheln mit Akela, müde Wölflinge dürfen ein paar Meter Huckepack auf Hathi reiten. Aber jetzt will ich euch unseren Henrie Higgins mal rich-tig beschreiben: Henrie ist blond und hat wunderschöne braune Augen...

... und außerdem 4 große Pfoten, 2 Schlapp-ohren und einen langen Schwanz. Henrie Higgins heißt eigentlich mit vollem Namen Schuttergolds Henrie Higgins und ist ein ausgewachsener Golden Retriever.

Seit fast 5 Jahren nun ist er unser treuer Begleiter. Da wir als komplette Pfadfinder-familie einfach viel unterwegs sind, ist es für uns selbstverständlich, ihn immer mit-zunehmen. Anfangs waren es nur Teilnah-men bei der Waldweihnacht, später war seine Meinung schon auch mal im Stam-mesrat gefragt. Und als ich vor zwei Jahren gefragt wurde, ob ich beim Grenzländer Pfingstlager vielleicht die Küche überneh-men könnte, war eigentlich klar, dass das nur mit Henrie geht. Schließlich haben wir keine Oma, die mal kurz für 8 Tage den Hund nimmt.

Ein bisschen Planung gehört schon dazu, wenn so ein großer Hund mit aufs Lager geht. Wiegt er mit seinen 30 kg doch mehr, als mancher Wölfling und alleine seine Körpergröße finden Menschen ohne Hun-dekenntnisse doch etwas erschreckend. Aber Henries Anwesenheit auf den Lagern hat so viel Positives, dass er jederzeit wie-der mit darf.

Vorbereitungen für ein Lager mit Hund:

Henrie hat seine Schlafdecke bei mir, ob das im Zelt ist, im Wohnmobil oder in ei-nem Haus ist ihm völlig wurscht, Hauptsa-che, ich bin da. Henrie hat immer sein eigenes Essen dabei. Das ist er von zu Hause gewohnt. Essensreste, Süßigkeiten... sind absolut tabu. Bei uns gibt’s in der Lagerküche immer eine Tüte mit seinen Leckerchen, die ihm schon mal ein Wölf-ling verabreichen darf, wenn er es verdient hat. Ansonsten war es für manche Lager-teilnehmer schon ein Highlight, Henrie seine tägliche Banane geben zu dürfen. Die bekommt er jeden Tag um 17 Uhr und er weiß genau, dass er die Banane sehr vor-sichtig aus der Hand des Fütterers nehmen muss.

Trinken stand für ihn immer in der Küche bereit. Wenn wir auf Tour sind, hat er sein eigenes Berghaferl mit. Tee darf er trinken, mag er aber nicht, Wasser aus einem Bach findet er besser. Wichtig für Henrie ist immer ein Platz, an den er sich zurück-ziehen darf, wenn er mal seine Ruhe haben will. Dafür haben wir ihm eine Ecke in der Küche eingerichtet. Wenn er dort liegt, wird er von niemandem gestreichelt. Diese Ecke

nutzt er allerdings fast nie. Henrie gehört zur Gattung der Kampfschmuser. Mit un-geheurem Geschick findet er immer wieder Menschen, die grad eine Hand frei haben um ihn zu knuddeln. Dafür schläft er nach dem Lager zu Hause auch schon mal drei Tage fast komplett durch.

Um eventuellen Bedenken von manchen überängstlichen Müttern zuvor zu kommen wird Henrie von mir vor jedem Lager ent-wurmt und gegen Zecken behandelt. Ge-gen Tollwut und Staupe ist er sowieso geimpft. Ebenso selbstverständlich ist seine Haftpflichtversicherung. Ebenfalls ganz wichtig: Lagerplatzbesitzer vor dem Lager informieren.

Was selbstverständlich sein sollte: der Hund kackt nicht auf den Platz! Das be-deutet für mich als Küchenpersonal, dass ich noch eine halbe Stunde früher aufstehe, als eh schon und erst mal mit Henrie einen Spaziergang mache. Passiert das Malheur mit Hundekacke auf dem Platz doch mal, dann habe ich dafür Tüten in der Hosen-tasche bzw. einen Spaten griffbereit zum Beseitigen. In Zeiten, in denen ich selbst viel zu tun habe, ist Henrie in meiner Nähe angeleint. Er besitzt einen großen Schraub-häring, 10 m Leine und Brustgeschirr, die ihm die angeleinte Zeit trotzdem ange-nehm machen. Ständig den Hund im Auge zu behalten kann sonst ganz schön stressig werden.

Henrie hat seine Begleithundeprüfung er-folgreich absolviert und macht mit uns Turnierhundesport, d.h. er genießt ein ge-wisses Maß an Erziehung, kennt seine Grundbefehle wie Sitz und Platz und kann sich sehr gut benehmen. Henrie ist den Umgang mit Kindern von klein auf ge-wohnt. Wir kennen Henrie, seit er zwei Wochen alt war. Damals war er ein hilfloses kleines Würmchen und hatte grade mal Platz auf zwei Händen.

Was toll ist an Lagern mit Hund:

Eigentlich gibt’s keine Heimwehkinder mehr. Kinder, die aus welchen Gründen auch immer die Traurigkeit übermannt, die findet man beim Hund im Fell vergraben. Henrie steht immer zur Verfügung, wenn einer was zum Kuscheln braucht und er petzt auch nicht, wenn dabei mal ein paar Tränen in seinem Fell landen sollten.

Henrie kann man alle seine Sorgen anver-trauen. Ob´s der Streit mit dem besten Kumpel ist, Liebeskummer oder die Sehn-sucht nach dem eigenen Meerschwein-chen, das zu Hause bleiben musste, Henrie hört sich alle Sorgen geduldig an. Absolut unschlagbar ist seine Verschwiegenheit.

Wanderungen laufen auch gegen Ende noch gut. Müde Wölflinge können plötz-

lich wieder ganz gut wandern, wenn sie dabei den Hund an der Leine halten dürfen. Wir haben dann auch schon mal Regeln aufgestellt, wie »bis zur nächsten Wegkreu-zung, dann darf der nächste«. Sinnvoll kann hier auch eine »Zweitleine« sein. Henrie trägt diese Leinen gerne am Brustgeschirr. Das ist deutlich angenehmer für ihn, als wenn mehrere Kinder in unterschiedliche Richtungen am Hals ziehen. Verantwor-tungsgefühl kommt plötzlich auch bei den größten Rabauken raus. Kinder, die sonst eher zu den Querschlägern in der Gruppe gehören, tragen plötzlich dem Hund den Napf hinterher oder achten drauf, dass immer genug Wasser drin ist.

Tolle Gespräche habe ich schon mit Kin-dern geführt, die sich sonst freiwillig nie neben mich gesetzt hätten(schließlich ist es ziemlich uncool neben so einer alten Schachtel zu sitzen). Man saß ja dann nicht neben der alten Schachtel, sondern beim Hund. Dabei bekommt man dann schon mal mit, ob in der Schule alles glatt läuft, die Oma krank ist oder der kleine Bruder nervt.

Auch anfangs hundeängstliche Kinder ha-ben sich nach dem Lager schon persönlich vom Hund verabschiedet. Henrie hat zwar gesunde 42 Argumente im Mund, aber nach 8 Tagen Lager wissen doch immer alle Kinder, dass er die nur zum Stöckchen nagen und Fressen einsetzt.

Klar gibt’s mit ihm auch immer wieder viel zu Lachen. Ist er doch oft ein unglaublicher Quatschkasper. Z.B. hat er Beule beim Pfingstlager vor zwei Jahren gründlich ge-waschen, als die sich mal 5 Minuten in die Sonne gelegt hat, als er gemeinsam mit Jan am Lagerfeuer eingeschlafen ist, sah es doch sehr gemütlich aus. Und nie werde ich seine erste Nacht in der Kothe verges-sen. Dank einem nur lose zugeknüpftem Eingang ging er mitten in der Nacht den Lagerplatz erkunden. Es war »nur« das Heil-bronner Ringpfingstlager, es waren »nur« so um die 500 Leute auf dem Platz und nach einem ausgiebigen Rundgang sahen für meinen armen Hund alle Kothen nur noch gleich aus. Da saß der arme Ausreißer dann mitten auf dem großen Versammlungsplatz und hat gebellt, bis mein Pfiff ihm gezeigt hat, wo er zu Hause ist.

Auf großer Fahrt war Henrie übrigens auch schon. Da er nicht mit aufs Jamboree durf-te, hat er mit uns im Wohnmobil England unsicher gemacht. Dank ihm durften wir Brownsea Island nur per Schiff umrunden, aber dank ihm haben wir auch sehr viele nette Gespräche mit der einheimischen Bevölkerung geführt. K

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Mehr als bastelnBerufsschüler machen Raumünzach fit

von Torschti

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Seit einigen Jahren haben immer wie-der Berufsschulklassen Raumünzach besucht, dort ihren Landschulheim-aufenthalt verbracht und zum Ausbau bzw. zur Erhaltung des Pfadfinderzen-trums beigetragen. Zum Beispiel haben Schreiner aus Bruchsal Eckbänke, Ti-sche, Einbauschränke, eine Schiebetür und eine Holzdecke gebaut, Pflasterer aus Schorndorf den Hof angelegt und Studenten aus Heidenheim die Außen-anlagen geplant.

Aufmerksam geworden durch einen Be-richt in der Brücke und letztlich angeregt durch Punsel, SFT-Kursleiterin und Rau-münzach-Enthusiastin, trat Anfang 2008 Dieter Kreß, Altpfadfinder vom Stamm Sil-berreiher in Eberbach und Berufsschul-lehrer am Berufsbildungswerk in Neckar-gemünd, an den FPR mit der Idee heran, auch mit einer seiner Klassen einen aktiven Aufenthalt in Raumünzach zu verbringen. Dieter unterrichtet im Bereich Elektrotech-nik/Elektronik und so lag es natürlich nahe, sich in Raumünzach nach möglichen Pro-jekten in diesem Bereich umzusehen. Das SRH-Berufsbildungswerk Neckargemünd (ww.srh.de) bietet jungen Menschen mit besonderem Förderbedarf vielfältige stati-onäre und ambulante Dienstleistungen der beruflichen Rehabilitation und Arbeits-marktintegration an. Es hat rund 550 Aus-bildungsplätze und bildet in mehr als 30 staatlich anerkannten Berufen qualifiziert und zukunftsorientiert aus. Medizinische, therapeutische, psychologische und sozi-alpädagogische Services ergänzen das Be-rufsbildungsangebot.

Bei einem ersten Treffen an Fasnacht wur-de zunächst das Haus besichtigt und ein eingehender Blick auf die elektrischen An-lagen geworfen. Der FPR-Vorstand hatte inzwischen eine kleine Wunschliste er-stellt. So war es relativ einfach, einige mögliche Projekte direkt zu benennen: Verbesserung der Beleuchtungssituation in vielen Räumen, technische Überprüfung der vorhandenen Einrichtungen, Verein-heitlichung von Schaltern und Steckdosen und das Einrichten eines Verteilerkastens im Dachgeschoss. Natürlich standen noch viele weitere Wünsche und »Entdeckun-gen« auf der Liste, jedoch war allen Betei-ligten wichtig, dass die Projekte während eines fünftägigen Aufenthalts in Raumünz-ach abgeschlossen werden können. Damit kamen viele mögliche Projekte nicht in Frage, da sie, wie zum Beispiel der Aus-tausch der alten Verkabelung von 1927 im Obergeschoss, zu groß waren oder zu viele Seiteneffekte wie offene Wände oder aufgerissene Decken gehabt hätten.

Schließlich einigte man sich darauf, alle Schalter und Steckdosen zu überprüfen, diese gegen eine einheitliche Serie auszu-tauschen, einen Prototypen für neue Lam-

pen im Saal (Keller) zu bauen und zu testen sowie den Etagenverteiler im Dach-geschoss zu setzen.

Während in der Folge von FPR-Seite Skiz-zen und Stücklisten für die Projekte pro-duziert wurden, ging es auch in der Be-rufsschule um »Verantwortliches Handeln und Lernen in realen Projekten«. Dabei wurde im Vorfeld nach pädagogischen Ge-sichtspunkten überlegt, wie der Lernpro-zess vorrangig auf einem handelnden Weg stattfinden kann. Dabei wurde dem team-basierenden Lernen eine große Bedeutung zugemessen. Insbesondere beschäftigten sich Dieter und seine Schüler mit den An-forderungen an eine neue Beleuchtungs-anlage im Saal. Mit Hilfe entsprechender Software, einem Experten aus der Wirt-schaft (Expertenrunde, Messebesuch Light + Building) wurden verschiedene Varian-ten berechnet und entworfen. Dabei war es wichtig, verschiedene Aspekte unter einen Hut zu bringen: Flexible Ausleuch-tung von gemütlich bis hell zum Arbeiten, energiesparend, ansprechend und nicht zuletzt wirtschaftlich sollte sie sein. Dane-ben mussten Speisepläne gemacht, Rah-menprogramm vorbereitet, Material be-stellt und Werkzeug gerichtet werden. Besonders selbstorganisiertes und eigen-verantwortlichen Arbeiten und Lernen stand immer wieder im Vordergrund. Damit beim Praxiseinsatz dann auch alles klappt, wurden bestimmte Arbeiten unter Labor-bedingungen besonders geübt. Zur Unter-stützung der Kommunikation wurde ein »virtuelles Projektbüro« eingerichtet Da die Berufsschüler ihre Ausbildung im Berufs-bildungswerk, einer außerbetrieblichen Einrichtung absolvieren, also in keinem Betrieb beschäftigt sind, war für sie Rau-münzach eine erste praktische Herausfor-derung.

Und dann ging es los: Am Vormittag des 14. April 2008 kamen 9 Schüler, zwei Leh-rer (D. Kreß/Ulf Kager) und ein weiterer Altpfadfinder, Alfred vom Stamm Silberrei-her, der unterstützend die Regie in der Küche übernahm, in Raumünzach an. Nach einer kleinen Einführung, Sicherheitsunter-weisung und der obligatorischen Haus-führung wurden die Schüler in die Projek-te eingewiesen und legten sofort los: Schalter und Steckdosen wurden ausge-baut, Leitungen und Anschlüsse überprüft, dokumentiert, gereinigt und anschließend konnten neue Elemente eingebaut werden. Wo es notwendig war, wurden zusätzlich Dosen gesetzt, Leitungen beschriftet, Klem-men angebracht und vieles mehr.

Inzwischen hatten Punsel, Torschti und Alfred den Einkauf für die Woche gemacht und eine erste Mahlzeit zubereitet. Mit der Zeit kristallisierten sich aus der Gruppe zwei begeisterte Hobbyköche heraus, die die Arbeit in der Küche unterstützten, wäh-

rend die Kollegen an den elektrischen Anlagen arbeiteten. Dabei waren diese kaum zu bremsen und so ging es nach Pausen und Essenszeiten häufig ganz schnell wieder begeistert an die Arbeit. Nach Möglichkeit wurden dabei auch die beiden gehbehinderten Mitschüler einge-bunden. Dies war insbesondere beim Bau des Prototyps für die Deckenbeleuchtung und bei der Dokumentation der Projekte möglich. Die dazu notwendigen Arbeiten wurden deshalb in der Rollstuhl-gerechten Halle ausgeführt. Auch der Besuch des Kraftwerks in Forbach und sogar der Gang durch die Staumauer am Schwarzenbach-Stausee waren durch die gegenseitige Hil-fe innerhalb der Gruppe kein Problem und sogar mit Rollstuhl und Krücken zu bewäl-tigen. Auch die Geselligkeit kam nicht zu kurz: Ein gemeinsamer Grillabend war ein Highlight, bei dem sich alle gerne einbrach-ten – und sogar der Schulleiter Manfred Weiser kam zu Besuch, um in einer ge-meinsamen Reflexion den Erfolg des Pro-jektes zu begutachten. Schließlich wäre das ganze ohne Unterstützung des Berufsbil-dungswerkes nicht denkbar gewesen.

Nachdem tatsächlich alle Schalter und Steckdosen ausgetauscht, der Lampen-Prototyp erfolgreich getestet, in einem Schlafraum im Obergeschoss angebracht, der Etagenverteiler im Dachgeschoss ge-setzt und in Betrieb genommen worden waren, war die arbeitsame Woche in Raum-ünzach schon zu Ende.

Auch dieses Projekt hat allen Seiten etwas gebracht: Die Berufsschulklasse hatte eine gemeinsame Aufgabe, der die Klasse zu-sammenwachsen ließ. Die Schüler konnten Erfahrungen in der beruflichen Praxis sam-meln. Das Pfadfinderzentrum Raumünzach profitierte von den professionell und kos-tenlos durchgeführten Arbeiten.

Das Modell »Berufsschulklassen« in Rau-münzach hat sich bewährt und wir, der FPR, werden auch in Zukunft gerne weite-re Symbiosen dieser Art eingehen, dann gerne auch mit noch mehr Beteiligung von Seiten der Pfadfinder, die mit ihrer Erfah-rung noch zum Programm außerhalb der Arbeiten beitragen könnten.

Die Auszubildende waren von der Aktion so begeistert, dass auf ihre Initiative hier an der Berufsschule eine Schülerfirma »Elektrotechnik« gegründet wurde. Am 15.07. werden sich die Schüler an einer Schülermesse am SRH-Berufsbildungswerk Neckargemünd beteiligen(www.studentexposervice.de) K

Bilder der Aktion E

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Am 19. April hatten wir einen »Materialtag« in unseren Jahresplan aufgenommen. Klar war, dass wir eine Bestandsaufnahme unseres Zeltmaterials machen wollten. Seit dem letzten Materialtag vergangenes Jahr, konnten wir doch einige Planen reparieren und zum Teil auch neu kaufen.

Zudem wollten wir aber auch unseren Holzbestand verarbeiten und in der Holz-lege unterbringen. Die Außenfläche ums Heim musste dringend entmüllt werden, bevor die ersten Zeltplatz-Mieter kom-men.

Wir waren und nicht ganz sicher, ob wir uns nicht zuviel für einen Tag vorgenom-men hatten und wie wir den Tag organi-sieren sollten. Wir haben uns dann ent-schlossen den ganzen Stamm einzuladen und auch Eltern anzusprechen. Für unsere Gruftis, R/R und Pfadis ging´s dann um 9.00 Uhr los. Eine Gruppe hat sich um das Zeltmaterial gekümmert, eine zweite Grup-pe ging mit Kreissäge und Holzspalter auf unsere Holzvorräte los (und das bei strö-menden Regen ), und eine dritte Gruppe machte sich daran endlich unseren Anbau aufzuräumen, damit wir für Zeltplatz-Mie-ter wieder einen Schlechtwetterraum an-bieten konnten. Da sich in diesem Raum alles angesammelt hatte, was irgendwo

übrig war, waren alleine zwei Anhänger voll Sperrmüll zu entsorgen. Unsere »Holz-macher« waren bis Mittag ziemlich nass. Dann hat der Regen zum Glück aufge-hört.

Bis zur Mittagspause konnten wir schon die ersten Erfolge sehen. Nach der Pause war dann der Anbau fast fertig, beim Holz ein Ende in Sicht.

Wir konnten uns daher um 14.00 Uhr mit den nun angekommenen Wölflingen und Eltern auf den Außenbereich stürzen. Dort war ohne Ende Heckenschnitt vergangener Jahre aus den Büschen zu ziehen und zu entsorgen. Nach der zweiten Hängerfahrt war allerdings klar, dass wir so nie fertig werden. Zum Glück konnte ein Wölflings-vater einen LKW spontan bei seiner Firma leihen. Den haben wir einmal komplett voll geladen.

Nachdem dann in den Büschen allmählich wieder der Erdboden näher rückte, konn-ten wir den Müll aus Büschen, Zeltplatz und vom Straßenrand aufsammeln. Es war erstaunlich was da alles zum Vorschein kam. Teile eines Elektrozauns waren auf jeden Fall sehr interessant. Vielleicht wur-den früher so R/Rs im Zaum gehalten?Da wir wirklich viele fleißige Helfer hatten,

waren wir um 15.30 Uhr mit unseren ge-samten Arbeiten fertig. Dank des LKWs sogar eine Stunde früher als erwartet. Wir haben uns dann alle noch zusammenge-setzt und Kaffee getrunken und Kekse gegessen. So konnten wir uns noch bei den helfenden Eltern bedanken und hatte Zeit für einige Gespräche. Selbstverständlich haben wir so auch die Möglichkeit genutzt für unseren Förderverein zu werben.

Die Eltern haben wir dann entlassen. Der Stamm ist noch geblieben und hat auf die Stämme Bergwolf und Feuerreiter gewar-tet. Wir hatten an der Elefantenrunde einen Singeabend bei uns im Heim verabredet. Wir haben gemeinsam gegessen und na-türlich viel gesungen. Gegen 21.00 Uhr war dann aber auch dieser Tag zu Ende. Wir haben viel gearbeitet, aber auch viel Spaß gehabt. Es war unheimlich viele Helfer da und auch mehr Gäste beim Singen als er-wartet.

Wir freuen uns schon auf die Gegeneinla-dung beim Stamm Bergwolf. Allerdings werden wir das Arbeiten am Heim sicher vorher ausfallen lassen. K

Aufräumen lohnt sich!Eine Materialaktion bringt ein sauberes Stammesheim und Punkte für 10plusvon Edith

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Kurzinfo: 10plus: Jede Aktion im Stamm wird vom „Consigliere“, dem Spiel-leiter, mit Punkten belohnt. Das Punktsystem hilft, wenn notwendig, spielerisch die Arbeit im Stamm wieder anzu-kurbeln um einen intakten Stamm zu gewährleisten.

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1.Da staunten die Grenzland-Wölfe nicht schlecht...

...als sie Mitte Juli ins Heim kamen. Anstatt Beule war die Löfre da, was jetzt nicht so ungewöhnlich ist, denn die Löfre vertritt die Beule meistens, wenn die Beule länger arbeiten muss. Allerdings taucht Löfre zum Heimabend aber immer im gewohnten blau-gelb auf. Diesmal hatte sie aber ein weißes T-Shirt an und im Heim hingen »falsche« Fahnen rum.

Was war da bloß los? Das Rätsel war schnell gelöst. Löfre fungiert nicht nur im BdP als »ZBV« (zur besonderen Verwendung) son-dern auch bei der DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft). Morgens fand im Waldkindergarten auf der Heilbronner Waldheide ein DLRG-Nivea-Kindergarten-tag statt. Im Freien, bei mehr als beschei-denem Wetter. Was zur Folge hatte, dass das gesamte Kindergartentag-Material patschnass und dreckig war. Und was soll-ten nun die Wölflinge damit machen? Ganz einfach: einen DLRG-Nivea-Kindergarten-tag erleben. Dass Wölflinge im Allgemei-nen aus dem Kindergarten raus sind, ist hier nicht weiter schlimm. Der DLRG-Ni-vea-Kindergartentag ist dazu da, Kinder-gartenkindern auf ganz spielerische Art und Weise Baderegeln zu erklären, ihnen zu verklickern, zu was die DLRG gut ist und sie mit dem richtigen Verhalten im Schwimmbad und am Badesee vertraut zu machen. Und das ganze ohne Wasser (au-ßer es regnet im Waldkindergarten). Beim DLRG-Nivea-Kindergartentag wird gesun-gen, gemalt, mit dem Schwungtuch ge-spielt, Rettungsschwimmer gespielt, Kas-perletheater angeschaut, Kindergarten- kinder »gerettet«... .Das ganze Programm wurde von der DLRG extra ausgedacht und wird von Nivea gesponsert.

Den ganzen Heimabend über haben die Grenzland-Wölfe sich also mit Baderegeln beschäftigt. Jetzt wissen sie, dass man bei Gewitter nicht baden geht, dass man nie-mandem auf den Kopf springt... .Und das ganze war viel spannender als Schule, denn zwischen drin wurde getobt, gemalt und gesungen (also all das, was sonst im Heim-abend auch gemacht wird). Das beste kam zum Schluss: jeder dufte das Malbuch be-halten und bekam noch einen großen Was-serball geschenkt. Vielen Dank Nivea! Wer auch mal so einen tollen Heimabend ma-chen will, der muss einfach bei seiner nächsten DLRG-Ortsgruppe anrufen und fragen, ob die auch einen Kindergarten-Teamer haben. Der kommt dann kostenlos ins Stammesheim und macht Heimabend. Ehrlich! Den Grenzländern hats jedenfalls saumässig Spaß gemacht (und das Materi-al war hinterher auch wieder trocken und sauber).

3.Staatssekretärin besucht Grenzland

Im Rahmen der Aktionsreihe »Entdecke was geht – Jugendarbeit trifft Politik« des Landesjungendringes besuchte Staats- sekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch den Heil-bronner Pfadfinderstamm Grenzland.

»Wir bieten Politikern den direkten Aus-tausch mit Verantwortlichen der Jugend-arbeit, um so mehr Verständnis für die heutigen Herausforderungen an junges eh-renamtliches Engagement zu wecken«, er-läutert die gastgebende Stammesführerin Claudia Hennige das Ziel dieser Aktion.

Schon das Stammesheim, das historische Cäcilienbrunnenhaus, begeistert: »Ich hätte nie gedacht, daß das schmucke alte Häus-chen ein Pfadfinderheim ist«, freut sich Gurr-Hirsch.

In den zur Verfügung stehenden eineinhalb Stunden nimmt die Staatssekretärin Ein-blick in die Pfadfinderei, lernt die Organi-sation der weltgrößten Jugendbewegung und den Aufbau eines Stammes in Theorie und Praxis kennen.

An diesem Nachmittag sind alle drei Alters-stufen vor Ort. Die Wölflinge, die Jüngsten im Stamm im Alter von 6-11 Jahren, zeigen sich vom Mitglied der Landesregierung völ-lig unbeeindruckt und basteln mit der Staatssekretärin schillernde Ritterfiguren aus Konservendosen. Eine Pfadfindersippe (12-15 Jahre) lernt Runen und weiht den Gast in die Geheimnisse des Waldläuferal-phabetes ein. Eine junge Roverrunde, so heißen die jungen Erwachsenen ab 16 Jahren, diskutieren in der Sofaecke im Dachgeschoß mit der Politikerin die Prob-leme der Vereinbarkeit von wachsendem Schulstreß mit ehrenamtlichem Einsatz. K

2.Grenzland im Weihnachtszauber

Prasselndes Feuer, wärmender Tschai, Ge-bäck und faszinierende Geschichten er-zählt in liebevoll geschmückten Jurten: Auch in diesem Jahr verwandelten die Unterländer Ringverbände die Heilbronner Innenstadt in ein zauberhaftes Zeltlager. 14 professionelle Märchenerzähler aus dem ganzen Land nahmen kleine und große Zuhörer mit auf phantastische Reisen in fremde Welten, zu Wichteln, Zauberern, Feen, Helden, Königen und Prinzessinnen, Hexen und sprechenden Tieren. Dem kal-ten Novemberwetter trotzend, war es drin-nen in den Jurten warm und behaglich:

hin und wieder prasselte zwar Regen aufs Zeltdach, Böen schlugen gegen die Fens-terplanen und einmal fällt sogar das Licht aus. Aber: »Das ist doch kein Problem. Kümmert euch nicht drum. Stellt euch vor, wir sind in Afrika«, fordert der aus Kamerun stammende Moffor seine kleinen Zuhörer auf. »Es ist Nacht. Irgendwo läuft eine Ze-braherde entlang.« Moffor nimmt seine Trommel, singt ein afrikanisches Lied und entführt die Zuhörer in die heiße Savanne. Er erzählt die Geschichte von Affen, Kro-kodilen und Früchten. Ein Märchen über Freundschaft und vor allem darüber, wie wichtig sie ist.

Gegen kalte Füße und rote Nasen halfen heißer Tee und viele Leckereien, die es an diesem verkaufsoffenen Sonntag überall in der Käthchenstadt gab. Viele Kaufleute hielten in ihren Geschäften wieder Auf-merksamkeiten und Überraschungen für ihre Kunden bereit oder verschenken Gut-scheine für das Märchendorf.

»Der Riesenaufwand hat sich wieder mal gelohnt!«, freut sich Claudia Hennige(Beule). Die Grenzländer Stammesführerin ist trotz des widrigen Wetters in diesem Jahr sehr zufrieden. Zum vierten Mal nun haben die Heilbronner Pfadfinderstämme von BdP, DPSG und VCP das Märchendorf auf die Beine gestellt, welches 2003 auf Initiative des Stammes Grenzland im Auftrag der Heilbronner Kaufleute ins Leben gerufen wurde.

Neues aus dem GrenzlandDrei Aktionen aus Heilbronnvon Löfre

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Der kleine MuckDrei Verbände, ein Ziel

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Panorama

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Der kleine MuckErinnerungen an die Pfadfinderzeit von Horst Köhler

von Mukk

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Ende 2005 stand in der Mitgliedzeitschrift des Verbandes Deut-scher Altpfadfindergilden »Die Gilde« Nr. 3/2005, dass unser Bundespräsident Horst Köhler früher mal bei den Pfadfindern war. Es war ein Abdruck aus der Taunuszeitung Frankfurt, in dem der Bundespräsident zitiert wird, dass er gerne wandere und er schon früher mit den Pfadfindern im Bayrischen Wald war.

Bekannt war auch zu dieser Zeit, dass der Bundespräsident bei seinem Amtsantritt in einem Gespräch mit dem Bundesjugendring erwähnte, er sei mal bei den Pfadfindern ge-wesen – wo, bei wem und wann blieb aber unerwähnt, vielleicht wussten die Gesprächs-partner mit den Worten »Ludwigsburg« , »Funk-schwalben«, »Sippe Edelweiß» nichts anzufan-gen?

Immerhin wusste ich, dass der Bundespräsi-dent in Ludwigsburg zur Schule ging und aus zwei unterschiedlichen Quellen, dass er bei den Pfadfindern war.

Daraufhin habe ich die mir bekannten ehemaligen »Repräsen-tanten« vom BDP-Stamm Funkschwalben in Ludwigsburg E.W.; R.B. und G.F. (Zwei sind Mitglied im FPR, einer ist Botschafter der BRD in einem afrikanischen Land) geschrieben und darum gebeten mir mitzuteilen, ob sie sich an einen Pfadfinder mit dem Namen Horst Köhler, un-seren heutigen Bundespräsidenten erinnern können und ob sie vielleicht noch Material aus dieser Zeit hätten. Als Antwort kam:

E.W. schrieb am 28.4.2005

Ich habe in meiner Erinnerung ge-kramt, ob bei den Funkschwalben in meiner Zeit ein Köhler war. Ich kann mich dunkel an einen kleinen, blon-den Jungen erinnern, der Köhler hieß, sein Vorname fällt mir aber partout nicht ein. Wir nannten ihn – lach nicht – Muck. Ich habe ein Bild von ihm von der Sommerfahrt 1956 nach Frankreich.

G.F. schrieb am 11.11.2005

Deiner Bitte nach Bilder von »ihm« hatte ich nicht vergessen. Ich habe umfangreich ge-sucht und war erst jetzt fündig. Als Anlage schicke ich ein Bild aus unserer gemeinsamen Schulzeit im südtiroler Landschulheim. Hierauf ist er nicht zu verkennen. Dann habe ich ein Bild gefunden, worauf er vermutlich als Neuling ohne Kluft getroffen wurde.

Andere Aufgaben haben mich dann abge-halten die Pfadivita vom Bundespräsidenten ernsthaft weiter zu verfolgen.

Einer Bitte von mir ging unter Hinweise auf die Informationen über das (Pfadfinder)Le-ben, die ich von Horst Köhler hatte an das Bundesamt, den Bundesjugendring und die »Repräsentanz« des RdP und RDP in Berlin, mir doch bitte die Inhalte der Interviews zu schicken, die der Bundespräsident gegeben hat in Bezug auf Jugend oder gar Pfadfinder. Diese Bitte wurde bis heute nicht erfüllt.

Im Verlauf des BdP-Bundeslagers »Vineta« 2005 in Wolfsburg habe ich Personen von der Stiftung Pfadfinden von der mir bis dahin bekannten Pfadivita unseres Bundespräsidenten erzählt, vielleicht können die daraus etwas machen?

Dann kam die heiße Phase – 100 Jahre Pfadfinder, Zeltlager im Garten von Schloss Bellevue beim Bundespräsident.

Durch verschiedene Ungereimtheiten hatte Sams am Anfang dieses Jahres ca. 300 Exem-plare brücken mehr als Adresskleber, es stell-te sich heraus, es fehlten die Adressen der Ehemaligen. Das Landesjamboree in Bruchsal machte Reklame für das Ehemaligenlager. Da kam der Gedanke auf, die Ausschreibung dafür und den Anmeldebogen dieser Rest-auflage beizulegen. Weil aber die Ausschrei-bung nur einseitig war, aber die Ehemaligen immer wissen wollen, was es aktuelles in der Pfadi-Szene gibt, habe ich auf der Rückseite dieser Ausschreibung davon berichtet, dass Horst Köhler früher mal beim Stamm Funk-schwalben im damaligen BDP war und er die

Pfadfinder eingeladen hat, im Garten seines Amtssitzes Schloss Bellevue in Berlin ein Zeltlager durchzuführen.

Nach dem diese brücken im Juli endlich verschickt waren, bekam ich wenige Tage später weitere Informationen über die Pfadizeit von Horst Köhler.

E.W schrieb am 9.7.2007

Ich werde versuchen, deine Fragen soweit es mir nach über 50 Jahren möglich ist, zu beantworten. Voraus-schicken muss ich jedoch auf jeden Fall, dass es für mich noch immer nicht klar ist, ob Horst Köhler wirklich zu meiner Zeit Pfadfinder bei den »Funk-schwalben« gewesen ist. Wir hatten jemanden im Stamm mit dem Namen Horst Köhler, der aus dem Osten ver-trieben wurde und der auch altersmä-

ßig passend gewesen wäre, aber sicher bin ich mir, wie gesagt, nicht.

H.M. schrieb am 23.7.07

An den »kleinen Muck« erinnere ich mich noch recht gut. Er war wohl der Jüngste, sicher aber der Kleinste in unserer Sippe »Edelweiß« und durfte (oder musste?) deshalb bei mir im Zelt des Sippenführers schlafen. Ob der sich wohl auch noch daran erinnert? An seine Eltern erinnere ich mich nicht. Aber wahrscheinlich hatte ich damals von der Mutter den Auftrag, auf den Kleinen Acht zu geben.

D.K. schrieb am 25.7.07

Ich erinnere mich, dass H.M. und ich einige Male die Flüchtlingslager in der Jägerhofkaserne und in Ludwigsburg-

Grünbühl aufsuchten, um brauchbare, patente Jungs für unseren Stamm zu werben. Nach ein paar Probe-Heimabenden(die ihm anscheinend gefallen haben) ist er dann dem Stamm Funk-schwalben beigetreten und in die Sippe Edelweiß aufgenommen worden.

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Panorama • 35

Am Anfang wurde unser Bundespräsident nur »Horsti« gerufen, später nach der Kriegsgräber-fahrt 1956 nach Frankreich (Gegend von Autun) bekam er den Namen »Muck« (anlehnend an die Geschichte vom Kleinen Muck). Er war damals von den 12 Teilnehmern der Kriegsgräberfahrt mit seinen 13 Jahren (geboren 22.2.1943) der Jüngste von uns allen.

Im April 1957 ist die Familie Köhler von der Jä-gerhofkaserne innerhalb Ludwigsburg in eine Wohnung in der Grönerstrasse umgezogen. Vor unserer Grossfahrt nach Istrien/Dalmatien war ich als Mucks Sippenführer (Dieses Amt hatte ich inzwischen von H.M. übernommen) zu Besuch bei der Familie Köhler, um Mucks Mutter zu überzeugen, dass ihr Sohn bei uns in guten Hän-den sei und dass er durchaus in der Lage sei diese Grossfahrt mit zu machen. Das gelang! So kam Horst Köhler 1957 mit 13 anderen Pfadfin-dern vom Stamm Funkschwalben nach Rijeka, Opatia, auf die Inseln Krk, Rab, Pag und Zag.

H.M. schrieb am 23.7.07

Nach meiner Erinnerung kamen Muck und La-metta 1953 aus dem Osten nach Ludwigsburg und wohnten in Massenquartieren in der Jägerhof-kaserne. Unser damaliger Stammesführer, enga-gierte sich seinerzeit mit seinen Pfadfindern bei der Betreuung der männlichen Jugend der Neu-ankömmlinge. Zumindest diese beiden Buben sind dann auch Wölflinge und Pfadfinder gewor-den. Die Kerle hatten damals gar nichts und waren darauf angewiesen, dass wir sie mitneh-men und unsere Ausrüstung mit ihnen teilten. Unter echten Freunden war das auch nie ein Problem. Es gelang sogar irgendwie, Fahrräder für sie aufzutreiben. Ob es damals auch schon ein Sozialamt gab?... .Damals habe ich Bilder mit meiner Box auf schwarz-weiß Film Format 6x6 cm gemacht und selber entwickelt. Die Kontakt-abzüge kamen irgendwie über Uli, denn viel Geld ausgeben konnten wir dafür »mangels Masse« nicht. Jetzt habe ich diese aus dem Album abge-scannt, vergrößert und ausgedruckt. Damit nimmt die ohnehin eher bescheidene Qualität der Ori-ginale natürlich nicht zu! Die Negative sind aller-dings längst verschwunden und wären inzwi-schen wahrscheinlich auch unbrauchbar, weil nicht lange genug gewässert. Bessere Kopien kann ggf. ein Profi machen.

Somit hatte ich nicht nur schriftliche Berichte, sondern auch Bildmaterial über die Pfadizeit von Horst Köhler.

Tom Levine hat von Personen der Stiftung Pfadfinden erfahren, dass ich mehr über das Pfadisein von Horst Köhler wisse und ob ich ihm mehr darüber sagen könne.

Klar, konnte ich!

Die Briefe und auch die Bilder von alten Funkschwalben (E.W., H.M. und D.K.) habe ich so »neutralisiert« dass man meine In-formanten – die alten Pfadfinder – nicht so einfach ermitteln kann und mit einem Kurier an Tom geschickt. Tom liess die kleinen »Bildchen« von einem Profilabor scannen und restau-rieren und auf heute übliche Masse vergrössern.

Tom Levine schrieb nach dem 23.9.07

Lieber Mukk,mit dieser Sendung erhältst Du (hoffentlich voll-ständig alle Bilder zurück, die du mir zur Ver-fügung gestellt hattest. Dazu lege ich eine CD mit den elektronischen Daten sowie einer PDF-Datei vom »Bilderrahmen«, den Horst Köhler bekom-men hat.

Ich hatte das Ganze noch in einen hübschen Rahmen gesteckt. Auf der Rückseite des Foto-rahmens habe ich Deine Adresse geklebt mit dem Hinweis, Rückfragen könnten nur über Dich beantwortet werden. Falls Du angeschrieben wirst.

Er hat sich sehr über die Fotos gefreut – und es sind dann zwei Dinge passiert, die mich sehr gefreut haben. Erstens hat er den Bilderrahmen umgedreht und die Fotos in die Kamera gehalten. Damit hat er, streng juristisch, die Fotos veröffent-licht – also sein Recht am Bild aufgegeben. Die Nachrichtenagentur ddp hat promt ein Bild von den Bildern verbreitet, und die »Welt« hat dann auch abgedruckt.

Zweitens hat er sich inspirieren lassen und ist von seinem Redemanuskript stark abgewichen (nicht, dass man davon etwas auf der Ring-Seite im In-ternet lesen könnte, der Zuständige hat immer noch nichts begriffen).

Fast fühle ich mich jetzt so wie vor 50 Jahren, als

ich selber Pfadfinder war. Damals liebe Pfad-

finderinnen und Pfadfinder, war ich ein Flücht-

lingskind. Wir lebten – viele hundert Menschen

– in einer früheren Militärkaserne . Eine Gruppe

vom Bund Deutscher Pfadfinder fragte mich , ob

ich nicht Pfadfinder werden wollte. Nun: Ich

wollte und habe so die Gemeinschaft der Pfad-

finder erlebt, bei den vielen Aktionen, die wir

gemacht haben, von der Nachbarschaftshilfe bis

zu den vielen Zeltlagern. Wir waren praktisch alle

14 Tage mit dem Fahrrad unterwegs, ob es gereg-

net hat oder nicht. Und ich will ja nicht behaup-

ten, dass ich Bundespräsident in Deutschland

geworden bin, weil ich bei den Pfadfindern war,

aber ich will euch doch ganz klar und mit vollem

Ernst sagen: Meine Zeit bei den Pfadfindern, die

Erlebnisse, das Lernen und vor allen Dingen die

Gemeinschaft bei den Pfadfindern, das hat mich

für mein Leben geprägt, und ich bin sehr dankbar

dafür.

So – wenn das nichts wäre. Diese Worte, lieber Mukk verdanken die Ringe bzw. der BdP nicht zuletzt Deinen Freunden in Baden-Württemberg, die so nett waren und uns ihre Bilder zur Verfü-gung gestellt haben.

In der BdP-Mitgliederzeitschrift LOGO Nummer 2007 - 3 ist auf Seite 3 oben die Übergabe des Bilderrahmens an den Bundes-präsidenten durch Quentsch (Christian Hofmann) abgebildet. K

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Drei Verbände, ein ZielWas uns mit den Pfadfindern von der Co-Operation-Süd verbindet.von Krei

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Im Spätherbst 2007 hat im Pfadfinderzen-trum Raumünzach eine gemeinsame Aus-bildungsveranstaltung von vier Pfadfinder-bünden unter dem Namen »Co-Operation Süd« stattgefunden. Neben dem Landes-verband Baden-Württemberg des BdP wa-ren dies drei Pfadfinderbünde aus dem Deutschen Pfadfinderverband (DPV).

Der DPV ist – wie auch der BdP – in Folge der Ende der 1960er Jahre stattfindenden politischen Auseinandersetzungen inner-halb des Bundes Deutscher Pfadfinder (BDP) entstanden. Er ist neben dem BdP eine weitere große interkonfessionelle und bundesweit tätige Pfadfinderorganisation. Im Gegensatz zum BdP als Bund ist der DPV ein Dachverband für selbständige Pfadfinderbünde und -gemeinschaften. Diese arbeiten sehr selbständig. So gibt es beim DPV z.B. keine einheitliche Kluftfar-be, kein gemeinsames Pfadfinderverspre-chen etc. Die Hauptaufgabe des DPV ist nach eigener Darstellung »neben der Ver-tretung von Jugendlichen in verschiedenen öffentlichen Gremien die Planung und Ausrichtung großer und aufwändiger Schulungen, Lager und Fahrten«.

Der DPV fasst als Dachverband derzeit 18 Pfadfinderbünde zusammen. Die Struk-turen der einzelnen Mitgliedsverbände sind sehr unterschiedlich, nur zwei Mit-gliedsverbände sind überregional ausge-richtet. Die Mitgliederzahlen reichen von unter 100 (von Mukk gerne als »VW-Bus-Bund« bezeichnet) bis hin zu 8.000 Pfad-finderinnen und Pfadfindern.

Die Co-Operation Süd wurde gemeinsam veranstaltet mit den im süddeutschen Raum tätigen

• Pfadfinderbund Horizonte • Pfadfinderschaft Grenzland • Pfadfinderschaft Süddeutschland

Nur die Pfadfinderschaft Grenzland ent-stammt dem BDP. Die beiden anderen Organisationen haben – wie im folgenden beschrieben – andere Wurzeln und sind auch erst nach der Gründung des DPV im Jahr 1970 dort Mitglied geworden.

Pfadfinderschaft Grenzland (PsG)

Die Pfadfinderschaft Grenzland ist 1970 entstanden aus Stämmen des BDP, Landes-mark Franken. Im Jahr 1992 belebte der Stamm Schwarzer Löwe aus München ge-meinsam mit einigen weiteren Gruppen die Pfadfinderschaft Grenzland neu. Der Stamm Schwarzer Löwe ist 1984 entstan-den, als eine Sippe des überregional be-

kannten Horstes Carcassone aus dem BdP ausgetreten ist. Heute bildet dieser Stamm zusammen mit dem ebenfalls aus dem BdP stammenden Stamm Sturmvögel aus Sey-bothenreuth die PsG. Die gemeinsamen Wurzeln mit dem BdP erkennt man an der blauen Kluft und der Rautenlilie.

Pfadfinderbund Horizonte (PB Horizonte)

Der PB Horizonte wurde als »Pfadfinder-bund Südlegion« (PBSL) im Jahre 1968 als technisch orientierter Pfadfinderbund während einer Skandinavienfahrt gegrün-det. Er orientierte sich am angelsächsi-schen Pfadfindertum. Der Bund war straff organisiert, es gab Schulterklappen, Füh-rerkordeln, Spezial- und Ehrenabzeichen. Statt in Stämme war der Bund in Trupps mit Truppnummern untergliedert. Jungen- und Mädchentrupps waren getrennt.

1984 wurde der PBSL in den DPV aufge-nommen. Durch bündische Einflüsse ver-lor der PBSL viel von seinem militärischen Charakter. In diese Epoche fallen neben vielen Auslandsgroßfahrten auch mehrere Zirkusgroßfahrten in die Schweiz.

Der Pfadfinderbund Südlegion änderte sei-nen Namen in Pfadfinderbund Horizonte. Dieser Bund ist nur in Baden-Württemberg tätig und hat Stämme in Calw, Karlsruhe, Steinenbronn/Waldenbuch und in Ravens-burg.

Pfadfinderschaft Süddeutschland (PSD)

Diese Bund ist im Jahr 1975 entstanden aus dem Stuttgarter Stamm Silberwolf des Deutschen Pfadfinderbundes (Hohenstau-fen/gegr. 1911).

Im Mai 1980 wurde die Pfadfinderschaft Süddeutschland zunächst als kooperatives Mitglied und 1982 als Vollmitglied im DPV aufgenommen. Im Jahr 1990 vergrößerte sich die PSD um mehr als das Doppelte durch den Eintritt von fünf Stämmen aus dem Pfadfinderbund Süd (PBS), der seinen Ursprung in der Landesmark Nordbaden des BDP vor 1970 hatte und Gründungs-mitglied des DPV war. Leider fand in dieser Zeit nur ein Stamm, der Stamm Silberreiher aus Eberbach, wie zuvor schon die Stämme Adler(Stutensee), ein Teil des Stammes Bundschuh (Karlsruhe) und der nicht mehr existierende Stamm Sirius(Karlsruhe) den Weg aus dem PBS in den BdP.

Heute hat die PSD insgesamt sieben Stäm-me in Rheinland-Pfalz und in Baden-Würt-temberg in Bruchsal, Karlsruhe, Stuttgart und im Renchtal. K

Panorama • 37

Drei Verbände, ein ZielWas uns mit den Pfadfindern von der Co-Operation-Süd verbindet.von Krei

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Lagerfeuer

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Jetzt ist SommerDrei kurze Geschichten

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Jetzt ist Sommer»Flinke Hände, flinke Füße« kann einpackenvon Flora

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Im Sommer 2002 kam ich aus unserem Diözesanlager in Bruchsal zurück mit dem deutlichen Gefühl: Meinem Stamm fehlt an Kultur. In unserem Stamm, der weniger als 10 Jahre zuvor erst gegründet worden war, hatte es bis dahin nie jemanden gegeben, der Gitarre spielen konnte. Folglich wurde am Lagerfeuer nur wenig gesungen – und wenn, dann bekannte Popsongs oder Klas-siker, und jeder in seiner eigenen Ton- lage…

Das hatte ich schon immer schade gefun-den, aber richtig bewusst, WAS da alles fehlt, wurde mir erst in diesem Diözesanlager vor fünf Jahren. Es war das erste richtig große Lager gewesen, auf dem ich als Leiterin dabei war, und irgendwie war es nicht aus-zuhalten, dass an allen Lagerfeuern um uns herum fröhlich und oft auch gut gesungen wurde, während wir uns meist nur unter-hielten… natürlich war es bei uns auch immer nett am Feuer, aber während der Zeit in Bruchsal ging ich mit meinen Jungpfad-findern immer häufiger zu anderen Grup-pen ans Feuer, um auch mal mitsingen zu können. Und daraus wuchs das Gefühl: So kann es bei uns nicht weitergehen. La-gerfeuer ohne Musik, das geht einfach nicht!

Folglich fing ich im Winter darauf an, ab und zu die seit Jahren unbenutzte Gitarre meiner Eltern von der Wand zu nehmen und mehr schlecht als recht darauf herumzu-klimpern – und langsam aber sicher reifte der Entschluss, Gitarre zu lernen und unse-rem Stamm aus dieser traurigen Musiklosig-keit herauszuhelfen. Natürlich kannte ich überhaupt keine Pfadfinderlieder, woher auch – normalerweise lernt man die ja ein-fach am Feuer von denen, die sie schon seit Jahren singen, und so jemanden gab es bei uns eben wie gesagt nicht. Also begann ich damit, im Internet nach Noten von Pfadfin-derliedern zu suchen. Leider war ich nicht allzu erfolgreich, denn meistens fand ich entweder gar nichts, oder nur Texte ohne Noten (und wenn man die Melodie nicht kennt, nutzen auch keine Akkorde…).

Trotzdem schleppte ich in unser nächstes Stammeslager die Gitarre mal mit; ich konn-te zwar erst drei Akkorde, aber auch damit kann man ja zumindest einige Popsongs und Klassiker begleiten. Und obwohl ich so wenig konnte, war die Begeisterung im Stamm groß, und fortan verbrachten wir die Lagerfeuerabende endlich auch mit Musik, ohne dabei auf andere Gruppen angewie-sen zu sein.

Das war an Pfingsten 2003, ich war acht-zehn, und der Sommer, der in diesem Jahr schon an Ostern begonnen hatte, wollte einfach nicht mehr enden und bescherte uns ein unglaublich heißes und tolles Pfingstlager an der Donau mit mehreren Hikes und super Stimmung. Diese Sommer-

stimmung ließ mich einfach nicht mehr los, auch nicht, als ich wieder daheim war, und plötzlich kam mir wie aus dem Nichts die Idee zu einem Lied, das diese Stimmung ausdrücken sollte: »Jetzt ist Sommer«, dach-te ich, und das dachte ich im Jahr 2003 ständig, immer wieder, mehrere Monate lang (wie auch sicherlich viele andere Leu-te mit mir).

»Jetzt ist Sommer« wurde auch der Titel des Lieds, das ich damals mit drei Akkorden auf der Gitarre geschrieben habe, nämlich den einzigen drei Akkorden, die ich konnte: D, A und G. Einmal rutschten mir auf dem Griffbrett die Finger aus, und es entstand ein richtig cooler, »unaufgelöster« Klang, den ich sofort immer an dieser Stelle einbaute – A4, wie ich herausfand.

Vielleicht fällt euch auf, dass in den Noten auch noch ein weiterer Akkord vorkommt, nämlich h-Moll – der steht da nur aus mu-siktheoretischen Gründen, weil er eigent-lich an dieser Stelle besser klingt; ich kann euch allerdings versichern, dass man das Lied auch sehr gut ohne h-Moll spielen kann (ich kann den Griff nämlich immer noch nicht und spiele daher das Lied selbst auch immer noch ohne h-Moll, also mit D an dieser Stelle!).

Soweit zur Entstehungsgeschichte des Lieds; damit fängt seine Geschichte allerdings erst an!

Fünf Jahre nach dem Lager in Bruchsal, mit dem alles begann, war nämlich wieder ein Lager in Bruchsal. Das war diesen Sommer, und viele von euch waren ja auch dabei – das »Landesjamboree Baden-Württemberg« war schließlich ein verbandsübergreifendes Lager, und das fand ich richtig toll. Denn mittlerweile hatte ich herausgefunden, dass in einigen anderen Verbänden der Stellen-wert der Musik ein bisschen größer ist als in vielen der DPSG-Stämme, die ich kenne. Und weil ich auch immer noch auf der Suche nach Noten war bzw. bin, vor allem nach Pfadfinderliedern, schönen, vielleicht sogar selbst gemachten Lagerfeuerliedern, war ich auf das Zusammentreffen mit den Lagerfeuertraditionen des BdP und des VCP ziemlich gespannt.

Umso größer war die Freude, als ich erfuhr, dass es sogar einen Singewettstreit geben sollte! Ich hatte davon schon gehört und hatte mir schon immer gewünscht, bei so was mal mitzumachen, denn in der DPSG gibt es solche Veranstaltungen soweit ich weiß gar nicht.

Aber weil ich als Staff auf dem Lager war, ebenso wie meine zwei als Mitmusiker in Frage kommenden Freunde, rechnete ich dann doch eher damit, nur zuzuhören. Tat-sächlich fehlte uns vor lauter Stress auf dem Lager sogar die Zeit, uns anzumelden (was

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nicht weiter schlimm war, denn für Proben hätten wir ja erst recht keine Zeit gehabt).Mehr oder weniger durch ein Missverständ-nis gerieten wir aber doch auf die Teilneh-merliste, erfuhren dies allerdings nur durch Zufall und erst wenige Minuten vor der Veranstaltung!

Was tun?

In heller Aufregung mussten wir beim Essen abwägen, ob wir, da wir nun schon mal auf der Liste standen, uns den Traum doch er-füllen und teilnehmen sollten, obwohl das durchaus auch in einer Blamage für uns enden könnte.

»Wagt es« lautet eines der Stufen-Mottos in der DPSG – und das taten wir. In den letz-ten Minuten vor dem Auftritt entschieden wir uns mehr oder weniger spontan für zwei Liedbeiträge und organisierten sogar noch einen vierten Mitsänger.

Und so standen wir auf einmal wenige Minuten später völlig perplex und fast eben-so ungeprobt wie euphorisch auf der Büh-ne, wieder in Bruchsal, wieder im Sommer – und räumten mit dem Lied mit den 3 Akkorden zu unserer größten Überraschung den ersten Platz ab: Wir, die wir noch nie an einem Singewettstreit teilgenommen hat-ten, die wir nicht einmal die Gepflogenhei-ten kannten, die wir praktisch nicht geprobt hatten, und vor allem, die wir noch vor fünf Jahren keinerlei musikalische Tradition im Stamm gehabt hatten.

Größer hätte die Überraschung nicht sein können, zumal wir auch nicht gewusst hat-ten, dass im Preis nicht nur die Ehre des Siegers, sondern auch tatsächlich ein Ge-winn inbegriffen war: Ein Kanuwochenen-de an der oberen Donau, also exakt an dem Ort, der einst den Anstoß zu meinem Som-merlied gegeben hatte.

Man könnte fast anfangen zu Zweifeln, ob all das noch Zufall gewesen sein kann. Je-denfalls – auch das erfuhren wir erst bei der Siegerehrung – beinhaltete der Gewinn auch einen Auftritt bei der Abschluss-veranstaltung des Landesjamborees am darauf folgenden Tag – vor fast 6000 anderen Pfadfindern.

Und da standen wir dann also, immer noch völlig umgehauen von dem unerwarteten Erfolg – Oli, Simon, keks und ich mit einer geliehenen Gitarre.

Es war heiß, hell und staubig, die Sonne knallte auf die Bühne, wir blinzelten geblen-det in dieses riesige Publikum und sangen aus vollem Hals das einzige, was dieses Gefühl beschreiben kann:

»Jetzt ist Sommer« K

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Der Löwe ist nicht nur der König der Tiere sondern auch äußerst schreckhaft. Wissen Sie eigentlich, wie man sich diesem präch-tigen Geschöpf nähert? Regel Nummer eins: Schleichen Sie sich niemals von hinten an. Auch unter den Löwen gibt es Angst-beißer, seelisch aus dem Gleichgewicht gebrachte Naturen. Regel Nummer zwei: Wenn Sie sich von vorne nähern, strecken Sie dem Leu Ihre Hand entgegen. Sollte diese plötzlich fehlen, versuchen sie es mit der verbliebenen. Und jetzt die wichtigste Vorsichtsmaßnahme: Sprechen Sie beruhigend auf das Tier ein. Etwa so: »Ja, mein liebes Miezekatzi, bist ja ein gar reizendes Muzi. Hast so große Zahndi. Und brummen kann mein Kätz-chen, so schön tief brummen. Und wie es die Lippilein hinauf-ziehen kann, damit man die Zahndilein besser sieht. Und das Rachilein kann es aufreißen, mein Muzikatzi!« Spätestens jetzt sollte Ihnen der Löwe die Hand lecken. Tut er es nicht, haben Sie noch ungefähr zwei Sekunden Zeit, um sich der herrlichen Schöpfung zu erfreuen.

Wie nähert man sich einem Löwen?

Wie viele Flügel hat ein Engel?

Die Anzahl der Flügel, die einem Menschen gleich an der Him-melspforte ausgehändigt werden, ist sinnvoller Weise mit zwei festgelegt. Einflügelige Engel würden einer gewissen Komik nicht entbehren, außerdem würde die Minderausstattung sich fraglos äußerst ungünstig auf das Flugverhalten auswirken. Bei der Erschaffung der Vögel hat der Schöpfer die Zweiflügeligkeit als praktikabel erachtet, nachdem mehrere Versuche mit Mono-fittichen fehlgeschlagen waren. Es gab also keinen Grund, bei Engeln von einem sinnvollen aerodynamischen Prinzip abzu-weichen. Zahllose Abbildungen und Skulpturen beweisen auch die Umsetzung dieser theoretischen Erkenntnisse.

Wie schaut die Sache aber bei seligen Vögeln aus? Was hat ihnen der Himmel an Flugwerkzeugen zugedacht? Vom Heiligen Geist wissen wir, dass ihm, wie den irdischen Tauben, zwei Flügel eigen sind. Aber der Heilige Geist ist wahrlich kein Engel und so kann die Kenntnis seiner Gestalt die Frage nach der Ausstat-tung der Engelvögel nicht beantworten. Nahe liegend wäre die Vermutung, den Vögeln würde einfach kein weiteres Flügelpaar verpasst. Müsste man aber dann nicht an Gottes Gerechtigkeit zweifeln? Die Benachteiligung anderen Tieren gegenüber, man denke an Giraffen oder Meerschweinchen, wäre zu augenfällig. In diesem Fall mangelt es auch an bildlichen Darstellungen; die Frage »Wie fliegt ein Reiher- oder Kranichengel?« wird uns daher noch lange beschäftigen. Wie sich der Himmel bei Schmetter-lingen und anderen Vierflüglern aus der Affäre zieht, drängt ebenfalls nach Aufklärung.

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Lagerfeuer • 45

Exotisch

Drei kurzeGeschichtenvon Mömmel

Nord- und Westeuropäer, natürlich auch Nordwesteuropäer, urlauben gerne in Österreich, also im Süden; dort, wo man noch nicht der ermüdenden Hitze Italiens oder Griechenlands ausgesetzt ist, aber dennoch eine gewisse Exotik nicht ent-behren muss. Wie exotisch es in der Alpenrepublik sein kann, davon ahnt vor Antritt der Reise aber wohl niemand etwas.

Ein wanderlustiges Ehepaar aus den Niederlanden genießt die frische Luft bei einem Spaziergang auf einem der vielen Waldwanderwege in der schönen Salzburger Gemeinde Abtenau. Hohe Fichten, einige Tannen darunter, und dicht belaubte Buchen spenden an diesem für österreichische Verhältnisse sehr heißen Nachmittag im August wohltuenden, kühlen Schatten.

Der Mann trägt einen Hut, offensichtlich in einem Souvenir-laden des Ortes erstanden, also keineswegs niederländischer Machart, egal, der Mann trägt also einen Hut – bis er ihn plötzlich vermisst. Der Hut liegt nicht auf dem Boden, etwa von einem Ast abgestreift, nein, die Kopfbedeckung befindet sich in den Händen eines Affen, genauer, in den Fingern eines Javaaffen, der das Stück dreht und wendet, unnütze Bänder und Anstecknadeln zu Boden wirft und an der Krem-pe mit Erfolg zu nagen beginnt. Beobachtet und unterstützt wird er dabei von seinen Frauen, drei Javaäffinnen, die sich an der Krempenentfernung rege beteiligen. Den Niederländer mustert seine Frau, eine Niederländerin. Sie ist mehr darüber verwundert, dass ihr Mann keinen Hut mehr auf hat, als die Äffinnen darüber, dass ihr Pascha einen hat.

Es dauert nicht lange und das Paar entdeckt die Gruppe der Hutrecycler im Geäst der Fichte und es dauert auch nicht lange, bis der kärgliche Rest des Hutes, als Kopfbedeckung nicht mehr erkennbar, den rechtmäßigen Besitzern vor die Füße fällt. Aber anstatt Unmut zu äußern, ergehen die Leute sich in Begeisterung über die Abenteuer, die man in Öster-reich erleben und über die man dann daheim berichten kann.

Ich aber will das freudige Erlebnis nicht stören, bleibe ruhig auf meiner von Büschen abgeschirmten Bank sitzen und sammle meine kleine Affenhorde erst wieder von ihrem Freilauf ein, nachdem die Holländer beglückt ihrem Hotel zusteuern.

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Gottfried »buio« Bühler, geboren am 31.5.1929,gestorben am 30.12.2007

Wie alles anfing –Episodisches über ein frühere Begegnung von hikk.

in der noerdlichen bannmeile aalens, die von mehreren in nord-suedrichtung verlaufenden milden hoehenzuegen gepraegt ist und selbst ein halbes jahrhundet prosperitaet spaeter noch immer nicht gerade als bebaut bezeichnet werden kann, lag damals ein wohl eineinhalb morgen grosses, einsames, dicht umhecktes und nur ueber fusspfade erreichbares grundstueck mit einem finsteren, dem verfall nicht fernen schuppen, aus dem zu manchen zeiten wilde gesaenge drangen: das ‚guetle‘, dem cvjm gehoerend, der es fuer seine jugendarbeit benutzte. dort habe ich, mittelslter teenager, buio das erste mal gesehen, einen in meinen augen gesetzten aelteren herrn, der fuer den laerm, der jeweils vom guetle ausging, verantwortlich war, denn er leitete die jungen-gruppen, die sich dort trafen und viel sangen, was buio auf einem missgestimmten, sicherlich zweijahrhundertjahralten tafelklaver nach leibeskraeften zu begleiten suchte

buio war einer, der jederzeit fuer eine gute diskussion zu haben war, und ein proselytenmacher, wie ich keinen zweiten erlebt habe. beide waren wir bald fast wie in einem losen kokon ein-gesponnen, obwohl ich mich weigerte, in seinem christlichen verein mitzuspielen. nicht mehr lang aber, vertraute er mir an, werde er schweren herzens seine verbindung zum cvjm loesen und dann versuchen, seine jugendarbeit bei den ueberkonfessi-onellen pfadfindern fortzufuehren . . . und dann wuerden doch meine argumente entfallen? ich meinte, bei seiner engen bindung an die kirche werde er den sprung nicht schaffen . . . und dann waere da noch diese dumme uniformpflicht -- aber darueber koennten wir jederzeit reden, war buios antwort. nachdem er immer fuer einen spass zu haben war, probierten wirs - und sie-he, wir erschienen zum naechsten pfadfinderthing mit frisch an-geschafften blaugelben schleifchen statt halstuechern. grosses gaudium

es dauerte viele glueckliche jahre; buio wechselte ohne kompli-kation vom farblosen cvjm mit heruntergekommenem tafelklavier im fast-baufaelligen guetle zum blaugoldenen bund deutscher pfadfinder mit feingestimmtem bluethner-konzertfluegel im rund-verglasten musikpavillon der grad noch vor kriegsbeginn fertig-gestellten villa des union-schuhwichsfabrikanten, von major john a pallette, dem etwas fuelligen amerikanischen standortkom-mandenten mit menjoubaertchen, dem gya, german youth activi-ties, einschliesslich einem konstant schach spielen wollenden hausmeister zur verfuegung gestellt. da hatten wir im ersten stock ein nur uns gehoerendes ‚heim‘, und fuer groessere veranstaltun-gen war uns jederzeit der rest des hauses offen; das gleiche galt im haus von buios eltern, bis auf ein paar schritte an meinem schulweg gelegen, wo wir oft problemewaelzend bis in die pup-pen hockten und erst old joe und spaeter texas meterlang pafften, zwei laengst entschwundene zigarettenmarken, letztere im design komplett die lucky strike, nur gruen statt weiss

mein weg fuehrte von aalen weg, aber irgendwie, wir hielten kontakt, und als es darum ging, die erste auslandsfahrt zu machen, nach kreuzlingen, ging ich mit; wir waren von schweizern einge-laden, die sich pfadis nannten und ueberaus zerknautschte pfad-finderhuete im genick hatten, was buio nicht gern sah; er schae-rfte uns ein, uns nicht gehen zu lassen und disziplin zu halten -- was wir getan haben. wir marschierten hinter unsern gastgebern die fuer den verkehr gesperrte hauptstrasse des nicht ganz kleinen grenzorts entlang und --ich sehe buio noch wie heute das jeweils neue lied angeben-- klapperten unser gesamtes repertoire herun-ter, des festen glaubens, einen guten eindruck auf die angesam-

melte menschenmenge zu machen, wie wir uns, saemtlich privat untergebracht, wohl auch alle muehe gegeben haben, als zivili-sierte jungmenschen aufzutreten. das lokale blatt wusste denn auch von ueberaus positiven eindruecken der einladenden zu berichten, die offenbar die besucher aus dem norden [aber das war nicht direkt gesagt, nur aus dem zusammenhang zu entneh-men] fuer barbarischer gehalten hatten

mir wird immer hell eins der erlebnisreicheren winterlager im frostklirrenden schwaebisch gmuend in erinnerung bleiben: der uebermuetige sohn des juweliers liess sich dazu verleiten, an einem eisernen gatter zu lecken, und naturgemaess blieb er kle-ben; es war waehrend eines gelaendespiels, das zu gewinnen wir uns die hilfe der amerikanischen garnison erwirkt hatten, die mit einem transporter anrueckte und einen unserer kleinsten, in einen seesack verpackt, an den argusaugen der bewachenden gegneri-schen partei vorbei unangetastet in den zweiten stock des oertli-chen kaufhauses wuchtete . . . und sich dann gleich noch als samariter nuetzlich machte, als sie des juwelierssohns zunge von ihrer eisigen leimrute loeste und deren inhaber --danach nie mehr so vorlaut wie vorher, aber ansonsten sollen keine bleibenden schaeden aufgetreten sein-- unter sirenengeheul den langen berg hinauf ins army hospital rauschte.

jahre spaeter, buio hatte seine elektrik an den nagel gehaengt und war nun, seiner bestimmung folgend, leiter des neuen, grossen cvjm-jugendheims unterhalb des bopsers in stuttgart, bis auf ein paar haeuser staette meiner geburt und fruehen jahre, an die ich immer gern zurueckgekehrt bin. auch ich hatte eine gute weile in stuttgart zu tun, und so ergab sich haeufig, nachdem des tags arbeit gemacht war, dass wir uns trafen und alte faeden weiter-spannen; wie immer hatte er auch da eine offene tuer, ein offenes ohr, ein noch offeneres herz und eine nie endenwollende langmut und voellig zweckfreie guete, wie sie mir nirgendwo sonst be-gegnet ist. er hat unseren langen und keinesfalls lebenswichtigen gespraechen naechte geopfert, obwohl er am naechsten vormittag fruehzeitig auf dem damm sein musste und seine tage, wie es bei einer solchen aufgabe nicht ausbleibt, anstrengend und lang waren; auch unsre abende verliefen selten ohne stoerung, etwas passiert ja immer in solchen heimen. aber ich habe von buio nie ein hartes wort gehoert oder eine ungeduldige geste gesehen -- und dabei bestand nirgendwo ueber seine autoritaet der gerings-te zweifel

nachdem ich von stuttgart wegging, haben wir uns, wie das so schoen heisst, aus den augen verloren; vielleicht ein halbes dut-zend jahre nach unseren stuttgarter tagen klingelte das telefon, buio war dran; er war auf der durchreise ich weiss nicht mehr wohin, und hatte irgendwie herausgebracht, dass ich inzwischen in koeln arbeitete: ob ich ein paar minuten zeit haette? und ob! wir sassen bis in die nacht, er liess mehrere zuege sausen, nahm den allerletzten und beide winkten wir, so lang es zu winken gab. wir wussten nicht, dass wir uns nie mehr treffen wuerden, und selbst heute noch wenn ich dran denke, kommen mir gross die traenen.

Mukk’s Erinnerungen an buio:Bei dem beschriebenen Stadtspiel war ich auch in der Gruppe, die ins Kaufhaus etwas bringen sollte und war mit ein paar an-deren eingeteilt, Ablenkmanöver für die Bewacher des Kaufhau-ses zu veranstalten. Dazu waren wir bei einem Gmünder Pfadfin-der und haben Kleider seiner Eltern angezogen – ich einen gewendeten Anorak seines Vaters, der mir viel zu groß war. Die Kaufhausbewacher haben mich erkannt, bis auf die Unterhose ausgezogen und an das schmiedeeiserne Gitter einer Schule ge-fesselt – nach dem Passanten eingegriffen haben, wurde ich von einem der Schiedsrichter befreit. In diesem Winterlager machte ich auch meine erste Kundschaft nach Adelstetten, unser Ergebnis-heft hat Buio ausdrücklich gelobt!

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Unser Herr Stößer ist verstorben.

Im Sommer 1992 hat der Förderkreis im Gemeindeblatt der Gemeinde Forbach ein Inserat aufgegeben, in dem wir eine örtliche Hausverwaltung für unser Haus suchten. Nachdem wir mit den Bewerbern gesprochen hatten, haben wir uns für Herrn Richard Stößer aus Forbach-Gausbach entschieden und ihn gebeten, für uns die Aufgabe einer örtlichen Hausverwaltung wahr zu nehmen.

In der Zeit seiner Tätigkeit für uns hat sich der Hausbetrieb durch mannigfaltige Massnahmen, sowohl in baulicher als auch organisatorischer Art verändert oder zum mindesten wurde er mitunter heftig gestört. So z.B. der dreimalige Wechsel der Buchungsstelle, Neueindeckung des Daches mit mehr als vier Monaten Gerüst am Haus, Umstellung von DM auf Euro, Sanierung der Sanitäranlagen im Erdgeschoss, neuer erster Vorsitzender und weitere neue Gesichter im Vorstand.

Nach fast 15-jähriger Tätigkeit für uns, die er durch seine herz-liche, aber bestimmt Art prägte, hat Herr Stößer einen Unfall erlitten, als er von einer Hausabnahme mit dem Fahrrad über die Schifferstrasse nach Hause fuhr. Dieser Unfall hatte einen mehrmonatigen Aufenthalt im Krankenhaus in Karlsruhe zur folge. Nachdem er bereits auf dem Weg zur Besserung war – wir wollten ihn ja unbedingt noch im Krankenhaus besuchen– ist er am 4. Oktober 2007 verstorben.

Bei der Beerdigung auf dem Friedhof in Forbach-Gausbach gaben der Vorstand und Pfadfinder ihm das letzte Geleit.

Mit dem Pfadfinderzeichen »bin Heim gegangen« trauern seine Freunde von den Pfadfindern um ihn.

Schon allein durch die Tatsache, dass Herr Stößer am 9. Dezember 1927 geboren ist, also im selben Jahr, in dem das Pfadfinderzentrum gebaut wurde – dokumentiert durch das markante Medaillon an der Hauswand – werden wir weiterhin an ihn erinnert. K

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Bei den Führerschulungen in den Jugendherbergen Schorndorf, Schwäbisch Gmünd und Aalen war Buio immer als Lagerleiter mit dabei und hat oft so manchen Trick oder nützliche Bemerkungen so nebenbei, etwas sarkastisch von sich gegeben.

Beim Pfingstlager 1954 in Leinroden trat Buio als Besänftiger der Bauern auf, weil wir uns auch auf den angrenzenden Wiesen ausgebreitet hatten.

Etwa 1998 habe ich Buio besucht, als man mir immer wie-der von einem »Herrn (Gottfried) Bühler« aus Heidelberg berichtete, der ein Heim in Allemühl verwaltet. Der gemein-same Besuch des Heimes in Allemühl war etwas ernüch-ternd, aber mein Ziel war, in den Trägerverein Allemühl einzutreten und das Heim und Gelände als verlängerten Arm von Raumünzach zu betreiben, aber mangels einer geordneten Organisation des Trägervereins blieb mein Be-mühen erfolglos. Zwei mal haben wir wegen Doppel-buchungen dann von Raumünzach nach Allemühl um-gebucht.

Nach dem Buio nur noch allein vom ehemaligen Vorstand übrig blieb und in Heidelberg keine Pfadfindergruppe des BDP (BdP) Pfadfindergruppe mehr existierte und die Ge-meinde Allemühl Interesse am Grundstück und Gebäude hatte, wurde der Trägerverein aufgelöst und das Vermögen satzungsgemäss verwendet, wobei ein Teil auch die Stiftung Pfadfinden bekam.

buio - Gottfried Bühler baute den Stamm »Jörg von Frunds-berg« zusammen mit einigen älteren »Vorkriegspfadfindern« in Aalen ab 1949 auf. Er war zuletzt lange Jahre Stadtjugend-pfleger in Heidelberg und in seinem Umfeld in der Öku-mene aktiv. Motorradfahren war seine Leidenschaft, inter-konfessionelle Pfadfinderarbeit war ein Teil seines Lebens.

hikk – Dieter H. Laun, geb. 7.2.1934, lebt seit 1961 in USAMukk – Dieter Pfaff, geb. 19.06.1936

Nachrufe

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Die nächste brücke erscheint im

nächsten Frühjahr.012009

Netzwerk PfadfindenWenn die Schule vorbei ist, stellt sich für viele Jugendliche, ob Pfadfinder oder nicht, die Frage: Wie geht es nun weiter? Die Orientierung in der Vielzahl an Ausbildungs- und Studien-möglichkeiten wird eher schwieriger als einfa-cher, schließlich bringt an den Universitäten die Umstellung auf die neuen Bachelor/Master-Studiengänge auch eine Vielzahl an neuen Studien gängen mit teilweise extrem speziali-sierten Profilen mit sich. Wer da keine festen Pläne hat und so manches Fach vielleicht noch nicht einmal kennt, der hat meistens kaum eine Möglichkeit, sich rechtzeitig so umfassend zu informieren, dass er eine echte Entscheidung treffen kann. Auch der Berufseinstieg gestaltet sich oftmals schwieriger als es wünschenswert wäre. Für Pfadfinderinnen und Pfadfinder bietet hier nun das Netzwerk Pfadfinden Hilfestel-lung.

Das Netzwerk Pfadfinden existiert seit 2003 als Initiative der Stiftung Pfadfinden. Ältere und ehemalige Pfadfinder bieten vor dem Hinter-grund ihrer Lebens- und Berufserfahrung per-sönliche Unterstützung für jüngere Pfadfinder an, die Ratschläge und Kontakte für ihren Ein-stieg in die Berufswelt benötigen.

Das Netzwerk Pfadfinden bietet auf seiner In-ternetseite eine Kontaktplattform, auf der zu den unterschiedlichsten Themenbereichen Ansprechpartner gefunden werden können: Von der Abenteuerpädagogik über die elektro-nische Datenverarbeitung bis zur Zahnmedizin. Betreut wird die Seite von ehrenamtlichen Admin istratoren des Netzwerkes.

Obwohl die meisten Teilnehmenden mit dem Netzwerk sehr zufrieden sind, neh-men nur wenige Pfadfinderinnen und Pfad-finder das Angebot des Netzwerkes über-haupt wahr. Die Stiftung Pfadfinden würde sich daher freuen, noch mehr Teilnehmer, sowohl als Anbieter als auch als Nachfra-gende für das Netzwerk gewinnen zu kön-nen.

Mehr Informationen zum Netzwerk:www.stiftungpfadfinden.de/netzwerk K

Natürlich sind unsere Redaktionskonferenzen kaum der Stoff, aus dem Abenteuerromane sind. Aber: Eure Fahrten sind es! Ob ihr euch längs des Neckarufers durchs Unterholz schlagt, ob ihr auf pfälzischen Burgen euer Lager auf-schlagt oder euer Lagerfeuer in fernen Ländern entzündet – diese Erlebnisse sind es allesamt wert, für die Nachwelt festgehalten zu werden. Ob Photographien, Zeichnungen, Lagerfeuer-lyrik oder Erlebnisbericht – eure Sippenchronik dient nicht nur zur Erinnerung, sondern kann uns auch zeigen, wer ihr seid, und was eure Sippe ausmacht.

Für die nächste Ausgabe der brücke wünschen wir uns daher von euch einige Seiten aus euren Sippen- und Fahrtenchroniken – mit jenen Ereignissen, von denen ihr glaubt, dass sie euch und eure Sippe besonders gut charakterisie-ren.

Ihr habt gar keine Chronik? Dann ist es höchste Zeit, damit anzufangen! Fürs erste genü-gen ein Heft, ein Bleistift und ein paar Minuten am Lagerfeu-er auf jeder Fahrt – aber dann kann einer von euch vielleicht besonders gut zeichnen, die Fahrtenphotos sind endlich ent-wickelt worden… .

Und schnell wird daraus ein bleibendes Erin-nerungsstück – für euch, den ganzen Stamm und alle Pfadfinder, die eure Chronik lesen. K

7. Juli 2008

Haben seit Stunden keine Pause mehr gemacht. Die Finger sind wund vom

Tippen, die Augen zittern im hellen Glanz der Bildschirme. Nie wieder

Redaktionskonferenz!, das schwören wir uns unterwegs, aber das Gefühl,

wenn wir abends die fertige PDF-Datei in der Hand halten - das ist mit

nichts vergleichbar. Noch Jahre später werden wir am Lagerfeuer davon

erzählen, wie wir im Sommer 2008 die zweite brücke-Ausgabe fertig-

gestellt haben... .

Eure Scans, Kopien, Abschriften, Bilder usw. schickt ihr bitte an:

die brückeDaniel Grab, Siedlerstr. 13, 69429 Waldbrunndigital an: [email protected]