BSB Quack Gutterer

Prof. Dr. Felix Buchmann

Rechtsanwalt, Partner

Fachanwalt für IT-Recht

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Zertifizierter Datenschutzbeauftragter1

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Wird die EU hyperaktiv?

Eine Analyse anhand der neue Normen auf EU-Ebene

sowie der jüngsten Rechtsprechung des EuGH

Wird die EU hyperaktiv?

Eine Analyse anhand der neue Normen auf EU-Ebene

sowie der jüngsten Rechtsprechung des EuGH

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Drängende Probleme des E-Commerce

• Unklare Regelungen zu den Ausnahmen vom Widerrufsrecht

• Unklare Regelungen zu den Folgen des Widerrufs / Retouren

• Missbräuchliche Ausnutzung des Widerrufsrechts

• Masse an vorvertraglichen Informationspflichten

• Verbraucherrechterichtlinie technisch überholt

• Abhängigkeit von Plattformen / insbesondere Amazon

• Drakonische Strafen auch bei kleinsten Verstößen / Abmahnungen

• Uneinheitliches Kaufrecht bei grenzüberschreitenden Geschäften

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New Deal for Consumers

„In der EU gelten seit 1987 die strengsten Verbraucherschutz-vorschriften weltweit, wobei die Verbraucher über umfassende Verbraucherrechte verfügen“

(Mitteilung der Kommission zur Neugestaltung der Rahmenbedingungen für die Verbraucher – A New Deal for Consumers, 11.4.2018)

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Das erwartet uns: (Änderungen der RiLi über unlautere Geschäftspraktiken, die Verbraucherrechterichtlinie, RiLi über missbräuchliche Vertragsklauseln und RiLi über Preisangaben)

• Wirksamere, verhältnismäßigere und abschreckendere Sanktionen bei weitverbreiteten grenzüberschreitenden Verstößen: Geldbuße bis zu 4% des Umsatzes eines Unternehmers

• Recht auf individuellen Rechtsbehelf für Verbraucher: Vertragskündigung und Schadensersatz bei aggressiven Vermarktungspraktiken

• Mehr Transparenz auf Online-Marktplätzen: Zusätzliche Informationspflichten und Hinweise auf das Ranking der Ergebnisse

• Ausweitung des Verbraucherschutzes im Bereich digitaler Dienstleistungen: Widerrufsrecht auch bei kostenfreien Dienstleistungen

• Entlastung für Unternehmen: Kein Widerruf mehr bei verwendeter Ware (Recht zum Testen wie in einem Ladengeschäft bleibt); keine Rückzahlung des Kaufpreises vor Rückerhalt der Ware

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Das erwartet uns: (neue RiLi über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen für Verbraucher)

• Verbandsklagen durch qualifizierte Einrichtungen (n.b.: das wird in Deutschland gerade durch das Gesetz gegen Abmahnmissbrauch zurückgedreht!)

• Gewährleistet werden müssen Entschädigungs-, Reparatur- oder Ersatzleistungen, Recht zur Preisminderung, Vertragskündigung, Kaufpreiserstattung

• Verhängung von Sanktionen in Form von Geldbußen

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Der „New Deal for Consumers“ ist ein Richtlinienpaket, das keins der drängenden Probleme löst und den Verbraucherschutz weiter stärkt.

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Das erwartet uns: (einheitliches Kaufrecht für Waren RiLi 2015/0288/EG; für digitale Inhalte RiLi 2015/0287/EG – umzusetzen bis 1.7.2021, anzuwenden ab dem 1.1.2022)

• Vollharmonisierung, aber mit zahlreichen Ausnahmen

• Gilt für alle Kaufverträge (kein Sonderrecht für den Onlinehandel)

• Umfasst Waren und digitale Inhalte (nicht aber für körperliche Datenträger; Öffnungsklausel für gebrauchte Waren)

• Neuerungen insbesondere im Bereich der digitalen Inhalte (Pflicht zur Aktualisierung durch Updates innerhalb von zwei Jahren)

• Beweislastumkehr für Mangelfreiheit jetzt mindestens ein Jahr

• Personenbezogene Daten als Gegenleistung für digitale Inhalte führen zur Anwendbarkeit der RiLi

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Bereits anzuwenden sind verschiedene neue europäische Richtlinien und Verordnungen:

• Europäische Datenschutzgrundverordnung (BDSG wird in Deutschland gerade neu angepasst)

• Europäische Abfallrahmenrichtlinie (betrifft insb. die Verpackung sowie die Rücknahme von Batterien und Elektroaltgeräten)

• Geoblocking-Verordnung: keine unterschiedliche Behandlung von Kunden in der EU mehr erlaubt

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EuGH: In letzter Zeit Tendenz zu (Nicht-) Entscheidungen

• In der Rechtsprechung des EuGH im Bereich des E-Commerce lässt sich immer mehr erkennen, dass die Verbraucherrechterichtlinie überholt ist

• Statt die schwammigen Begriffe der VRRL auszulegen, verliert sich der EuGH in Allgemeinplätzen

• Dadurch Schaffung weiterer Rechtsunsicherheit

• Nationale (Unter-)Gerichte legen (viel) zu wenig vor

• Dadurch Defizit in der Durchsetzung der tatsächlichen Vollharmonisierung im E-Commerce

• Dadurch Torpedierung des Ziels der EU, Märkte grenzüberschreitend zu öffnen

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EuGH: Zur Abgrenzung zwischen Verbraucher und Unternehmer (Urt. v. 4.10.2018 – C-105/17 - Kamenova)

Vorlagefrage: Ist eine natürliche Person, die gleichzeitig eine Reihe von Anzeigen (i.e. acht) für neue und gebrauchte Waren auf einer Website veröffentlicht, „Unternehmer“ i.S.d. VRRL?

Entscheidung: nur dann, wenn diese Person im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt; dies anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Kriterien: Planmäßiger Verkauf, Verfolgung von Erwerbszwecken, Informationen und technische Fähigkeiten bzgl. Waren, Rechtsform die Handel erlaubt, Umfang der Tätigkeit, Ust-ID, neue/gebrauchte Waren, Regelmäßigkeit, Häufigkeit, Gleichzeitigkeit, Gleichartigkeit der Waren

Fazit: Unternehmer ist, wer unternehmerisch handelt. Entscheidung unbrauchbar.

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EuGH: Wann liegt begrenzter Raum für die Widerrufsbelehrung vor?(Urt. v. 23.01.2019 – C-4 30/17 -Walbusch.)

Vorlagefrage: Nach welchen Kriterien steht für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. Zeit zur Verfügung? Welchen Umfang hat die Informationspflicht zum Widerrufsrecht?

Entscheidung: Ist unter Berücksichtigung sämtlicher technischer Eigenschaften der Werbebotschaftdes Unternehmers zu beurteilen, nicht aber die Entscheidung des Unternehmers, wie er vorhandenen Raum und Zeit des Kommunikationsmittels nutzt.

Kriterien: Können unter Berücksichtigung von Raum und Zeit, die von der Botschaft eingenommen werden und der Mindestgröße des Schrifttyps, der für einen durchschnittlichen Verbraucher angemessen ist, alle Informationen aus Art. 6 Abs. 1 VRRL objektiv in der Werbebotschaft dargestellt werden. Wenn nicht: Musterwiderrufsformular nicht erforderlich.

Fazit: EuGH stellt auf die technischen Eigenschaften der Werbebotschaft ab, statt auf das Kommunikationsmittel (anders als Art. 8 Abs. 4 VRRL). Entscheidung unbrauchbar.

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EuGH: Sind Matratzen Hygieneartikel und daher vom Widerrufsrecht ausgenommen?(Urt. v. 17.03.2019 – C-681/17 - slewo)

Vorlagefrage: Sind Matratzen Hygieneartikel, die zur Rückgabe nicht geeignet sind, weil sie mit dem Körper direkt in Kontakt kommen, aber wieder verkehrsfähig gemacht werden können (Reinigung)?

Entscheidung: Ausnahme vom Widerrufsrecht greift nur, wenn nach Entfernung der Versiegelung die Ware aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen endgültig nicht mehr verkehrsfähig ist.

Kriterien: Es muss Unternehmer wegen der Beschaffenheit der Ware unmöglich oder übermäßig schwierig sein, Maßnahmen zu ergreifen, die die Ware wieder verkaufsfähig machen, ohne dass Gesundheitsschutz oder Hygienegründe einem Wiederverkauf im Wege stehen.

Fazit: Ausnahmetatbestand faktisch vollständig abgeschafft, keine Differenzierung zwischen Gesundheitsschutz und Hygiene. Entscheidung unbrauchbar.

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EuGH: Nennung der Telefonnummer als Kontaktmöglichkeit(Urt. v. 10.07.2019 – C-649/17)

Vorlagefrage: Ist ein Unternehmer verpflichtet, eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen? Was ist mit anderen Kommunikationsmitteln für eine direkte und effiziente Kontaktaufnahme?

Entscheidung: Telefon, Fax und E-Mail müssen als Kontaktmöglichkeiten nur zur Verfügung gestellt werden, wenn diese gegenüber dem Verbraucher eingesetzt werden.

Kriterien: Unternehmer muss über ein Kommunikationsmittel bereits verfügen und darf dieses nicht nur zu anderen Zwecken als dem Kontakt mit Verbrauchern verwenden. Eine Neueinrichtung ist nicht erforderlich. Andere Kommunikationsmittel sind erlaubt, sofern sie eine direkte und effiziente Kommunikation ermöglichen.

Fazit: Sofern der Unternehmer gegenüber einem Verbraucher einen Kommunikationsweg eröffnet, muss er diese Kontaktmöglichkeit auch angeben. Entscheidung unbrauchbar.

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Wird die EU also hyperaktiv?

• EU macht das, was notwendig ist, um ein Zusammenwachsen der Einzelstaaten zu fördern

• EU handelt stets aus dem Blickwinkel des Verbrauchers

• Verbraucherleitbild ist antiquiert

• Verbraucherschutz ist überzogen

• Im Vergleich zur Fernabsatzrichtlinie war die Verbraucherrechterichtlinie eine Richtlinie zum Unternehmensschutz, wird so von den Gerichten aber nicht ausgelegt

• Gerichte helfen einer sinnvollen Entwicklung des Rechts mit der Auslegung des geforderten „hohen Verbraucherschutzniveaus“ nicht weiter

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