Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

48
Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze BDI und BDA zur Deregulierung und zum Abbau von Bürokratiekosten

description

Im internationalen Wettbewerb um Investitionen, Wertschöpfung und Arbeitsplätze ist der Bürokratieabbau ein wichtiger Standortfaktor: Wenn die Bürokratielasten der Unternehmen in Deutschland und in Europa abgebaut werden, beseitigt dies Wachstumshemmnisse und schafft mehr Beschäftigung.

Transcript of Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

Page 1: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI und BDA zur Deregulierung und zum Abbauvon Bürokratiekosten

75417_BDI_BuerokratieUm 29.05.2008 10:08 Uhr Seite 1

Page 2: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 1

Page 3: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI und BDA zur Deregulierung und zum Abbauvon Bürokratiekosten

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 1

Page 4: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 2

Page 5: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeVorwort

3

Vorwort

Im internationalen Wettbewerb um Investitionen, Wertschöpfung undArbeitsplätze ist der Bürokratieabbau ein wichtiger Standortfaktor: Wenn dieBürokratielasten der Unternehmen in Deutschland und in Europa abgebautwerden, beseitigt dies Wachstumshemmnisse und schafft mehr Beschäftigung.

BDA und BDI unterstützen daher das Projekt »Bürokratieabbau und bessere Rechtssetzung« der Bundesregierung. DieFestlegung eines festen Abbauziels für den Abbau der durch Informationspflichten verursachten Bürokratiekosten von25 % bis 2011 ist ein wichtiger Bestandteil dieser Strategie. Mit dem Nationalen Normenkontrollrat wurde zudem einunabhängiges Gremium geschaffen, das zur Vermeidung neuer unnötiger Bürokratiekosten beiträgt. Auch die Europäi-sche Union hat eine Abbauquote in Höhe von 25 % bis 2012 im Bereich der Informationspflichten festgelegt.

Erste Ergebnisse und Erfolge bei der Messung und dem Abbau von Teilen der Bürokratie sind zu erkennen. Damit dieseersten Schritte zu durchgreifenden und spürbaren Fortschritten beim Bürokratieabbau führen, sind weitere Maßnahmenerforderlich. Über die Messung und den Abbau von Informationspflichten hinaus darf das Ziel nicht aus den Augen ver-loren werden, das gesamte Rechts- und Regelwerk umfassend zu entbürokratisieren. Die Mittelstandsentlastungsgesetzeenthalten richtige Ansätze, bleiben jedoch hinter den Anforderungen an eine durchgreifende Entbürokratisierung undDeregulierung zurück. Zudem dürfen erste Erfolge beim Abbau bestehender Bürokratielasten nicht durch den Aufbauneuer Bürokratie an anderer Stelle konterkariert werden.

BDI und BDA haben in dieser gemeinsamen Broschüre konkrete Vorschläge zum Abbau bestehender bürokratischerLasten und zur Vermeidung neuer Bürokratie in zentralen Rechtsgebieten zusammengestellt. Diese Zusammenstellungschließt an die Veröffentlichungen der BDA vom Januar 2003 und des BDI vom August 2006 an. Die Umsetzung deraufgelisteten Vorschläge ist ein Prüfstein für einen durchgreifenden Abbau von Bürokratie in Deutschland und inEuropa.

Jürgen R. Thumann Dr. Dieter HundtPräsident PräsidentBundesverband der Deutschen Bundesvereinigung der DeutschenIndustrie e.V. Arbeitgeberverbände e.V.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 3

Page 6: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 4

Page 7: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeInhalt

5

Inhalt

A. Arbeitsrecht........................................................................................................................................................................................... 7

B. Bilanzrecht ............................................................................................................................................................................................ 14

C. Datenschutz.......................................................................................................................................................................................... 16

D. Dienstleistungsrichtlinie .................................................................................................................................................................... 17

E. Kapitalmarkt ......................................................................................................................................................................................... 18

F. Sozialrecht ............................................................................................................................................................................................. 20

G. Statistik .................................................................................................................................................................................................. 28

H. Steuern................................................................................................................................................................................................... 30

I. Umwelt und Technik............................................................................................................................................................................. 34

J. Verbraucherschutz .............................................................................................................................................................................. 37

K. Vergabe .................................................................................................................................................................................................. 39

L. Verkehr.................................................................................................................................................................................................... 40

M. Zoll .......................................................................................................................................................................................................... 42

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 5

Page 8: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 6

Page 9: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeArbeitsrecht

7

A. Arbeitsrecht

Kündigungsschutz – Einführung einer AbfindungsoptionMehr Rechtssicherheit durch klare Abfindungsregeln schaffen Der Kündigungsschutz soll den Arbeitnehmer vor unge-rechtfertigten Kündigungen schützen. Hält er seine Kündi-gung für unwirksam, kann er diese vor Gericht mit demZiel angreifen, seinen Arbeitsplatz zu erhalten. Richtiger-weise gibt es daher auch keinen Rechtsanspruch aufAbfindung im Fall einer unwirksamen Kündigung. Ein all-gemeiner Abfindungsanspruch würde den Kündigungs-schutz in Deutschland nur teurer machen.

Es ist daher eine Regelung erforderlich, die dem Arbeitge-ber eine Kündigung unter vertretbaren finanziellenUmständen ermöglicht, ohne dass es zu einer künstlichenVerteuerung kommt. Hierzu kann sich z.B. eine vertragli-che Abfindungsoption eignen. Danach können Arbeitge-ber und Arbeitnehmer einen Vertrag mit dem Inhaltschließen, dass der Arbeitnehmer gegen die Zusage einerAbfindung auf die Erhebung der Kündigungsschutzklageverzichtet. Diese sinnvolle Möglichkeit besteht im gelten-den Recht nur eingeschränkt. Zwar ist durch das Gesetzzu Reformen am Arbeitsmarkt eine Abfindungsoptiongeschaffen worden. Diese greift aber erst im Augenblickder Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein. An ihrerechtliche Konstruktion knüpfen sich so viele Fragen, dassdie Vorschrift nicht die notwendige Rechtssicherheit bie-tet. Die Abfindung muss auch – soll sie Rechtssicherheitschaffen – schon zu Beginn oder im Laufe eines Arbeits-verhältnisses vereinbart werden können.

Kündigungsschutz – Auflösung bei rechtswidrigerKündigung durch das GerichtAuflösung des Arbeitsverhältnisses bei rechtswidrigerKündigung ohne weitere Voraussetzungen (§ 9 KSchG)Nach der geltenden Rechtslage kann gemäß § 9 Kündi-gungsschutzgesetz (KSchG) bei sozialwidriger Kündigungdas Arbeitsverhältnis nur aufgelöst werden, wenn dieFortsetzung unzumutbar ist (Arbeitnehmer) oder einezweckdienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwar-ten ist (Arbeitgeber). Beide Kriterien sind ungenau undmit erheblichen Darlegungspflichten für den Antragstellerverbunden. Zudem kann der Arbeitgeber den Antrag nurbei ausschließlich sozialwidrigen Kündigungen stellen.Kostentreibende und langwierige Kündigungsverfahrensind deshalb die Regel.

Kündigungsschutz – WartezeitAusdehnung der allgemeinen Wartezeit beimKündigungsschutzgesetz (§ 1 Abs. 1 KSchG) auf 3 JahreAngesichts der komplizierten Erfordernisse modernerArbeitsverhältnisse, kann nach 6 Monaten (derzeitigeRechtslage) noch nicht sicher über die tatsächliche Eig-nung des Mitarbeiters entschieden werden.

Unsere Forderung: Die allgemeine Wartezeit beimKündigungsschutzgesetz (§ 1 Abs. 1 KSchG) muss aufdrei Jahre ausgedehnt werden.

Unsere Forderung: Bereits mit Abschluss des Arbeits-vertrags muss den Arbeitsvertragsparteien die Möglich-keit gegeben werden, gegen Zahlung einer Abfindungim Beendigungszeitpunkt den Verzicht auf den Kündi-gungsschutz zu vereinbaren.

Unsere Forderung: § 9 KSchG sollte dahingehendgeändert werden, dass der Antrag von Arbeitnehmerund Arbeitgeber auf Auflösung des Arbeitsverhältnissesjeweils an keine Voraussetzungen mehr gebundenwird. Zudem sollte der Anwendungsbereich dahinge-hend erweitert werden, dass die Regelung für allerechtswidrigen Kündigungen gilt.

Das heutige Arbeitsrecht in Deutschland ist hoch kompliziert, dabei gleichzei-tig fast undurchschaubar und unkalkulierbar. Es kostet die Unternehmen, ins-besondere den Mittelstand, Zeit und Geld, ohne dass es auf der anderen Seitepositive Wirkungen für Beschäftigte und Arbeitssuchende gibt. Notwendig istein modernes, flexibles Arbeitsrecht, das allen Beteiligten gerecht wird. Beste-hende Regulierungen im Arbeitsrecht müssen überdacht und von überborden-der Bürokratie befreit werden, um neue Beschäftigungsimpulse zu setzen.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 7

Page 10: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

8 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeArbeitsrecht

Kündigungsschutz – Schwellenwert Anhebung des Schwellenwertes (§ 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG)Der derzeitige Schwellenwert für die Anwendung desKündigungsschutzgesetzes von 10 Arbeitnehmern belastetinsbesondere kleine und mittelständische Firmen.

Kündigungsschutz – SozialauswahlBeschränkung der Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) auf dieKriterien Betriebszugehörigkeit und UnterhaltspflichtenDerzeit muss der Arbeitgeber bei einer geplanten Perso-nalanpassungsmaßnahme eine Vielzahl von Kriterienbeachten, um die betroffenen Arbeitnehmer auszuwählen.Aufgrund der häufig wenig greifbaren Vorgaben derArbeitsgerichte führt dies gerade bei kleinen und mittlerenUnternehmen zu einer unerträglichen Rechtsunsicherheit,die an Rechtsverweigerung grenzt. Hiermit verbunden istauch ein erhöhter Bürokratieaufwand für den Arbeitgeberaufgrund der Pflicht zur umfassenden Datenermittlungund Datenspeicherung.

Betriebsratsanhörungen Heilungsmöglichkeit fehlerhafter BetriebsratsanhörungenDie Betriebsratsanhörung ist Wirksamkeitsvoraussetzungfür jede Kündigung. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, demBetriebsrat vollumfänglich sämtliche relevanten Datenhinsichtlich der angestrebten Kündigung mitzuteilen. DieRechtsprechung hat im Laufe der Jahre immer höhereAnforderungen an die Informationspflichten gestellt. Sinddie Daten unvollständig, ist die Anhörung fehlerhaft unddie Kündigung allein schon aus diesem Grund unwirk-sam. Eine fehlerhafte Anhörung kann im Kündigungs-schutzprozess nicht nachgeholt werden, vielmehr ist dieKündigung neu auszusprechen. Dies schafft große Rechts-unsicherheit. Im Betriebsverfassungsgesetz sollte daherklargestellt werden, dass nur das Unterbleiben derBetriebsratsanhörung zur Unwirksamkeit der Kündigungführt, der Arbeitgeber aber im Rahmen eines Kündigungs-schutzverfahrens dem Betriebsrat gegenüber Informatio-nen auch nachträglich mitteilen kann, wenn der Betriebs-rat meint, sie für seine Entscheidung zu benötigen.

BefristungAbschaffung des Ersteinstellungserfordernisses fürsachgrundlose Befristungen (§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG)Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz(TzBfG) ist die Befristung eines Arbeitsvertrages nichtzulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvorein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestan-den hat. Diese Regelung macht vielen Unternehmen zuschaffen: In der Praxis führt sie nicht nur zu einer erhebli-chen Einschränkung der Auswahlmöglichkeiten desArbeitgebers bei der Einstellung neuer Mitarbeiter, son-dern auch zu einem enormen Bürokratieaufwand. Unter-nehmen werden gezwungen, Daten ehemaliger Arbeitneh-mer jahrzehntelang aufzubewahren, um wiederholte Ein-stellungen zu vermeiden. Besonders in strukturschwachenGebieten mit nur wenigen Arbeitgebern führt diese Rege-lung zu einem faktischen Einstellungsverbot. Zum einenverringern sich die Chancen eines Unternehmens vonJahr zu Jahr, Mitarbeiter auf einem begrenzten Arbeits-markt befristet einzustellen, weil der Markt sehr schnell»abgegrast« ist. Zum anderen bedeutet dies zwangsläufigauch für die Arbeitnehmer in diesen Gebieten deutlichverringerte Beschäftigungschancen.

SchriftformerfordernisseErsatzlose Streichung überflüssiger Schriftformerfordernisse,insbesondere in § 14 Abs. 4 TzBfG und § 623 BürgerlichesGesetzbuch (BGB)Besonders im Arbeitsrecht gibt es zu viele überflüssigeSchriftformerfordernisse, die die Unternehmen mit zeit-raubender Bürokratie beschäftigen. So muss beispielswei-se bei einem befristeten Arbeitsvertrag die Befristungschriftlich erfolgen, während im Übrigen für den Arbeits-vertrag kein Schriftformerfordernis gegeben ist. Wird dieSchriftform bei der Befristung nicht eingehalten, ist aberkeineswegs der gesamte Arbeitsvertrag unwirksam. Viel-mehr gilt er dann als auf unbefristete Zeit abgeschlossen.

Unsere Forderung: Das Ersteinstellungserfordernisgemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG muss abgeschafft wer-den. An seine Stelle sollte eine maximal sechsmonatigeFrist treten, nach deren Ablauf eine erneute sach-grundlose Befristung möglich ist.

Unsere Forderung: Die fehlerhafte Anhörung muss imKündigungsschutzprozess nachträglich geheilt werdenkönnen und darf nicht zur Unwirksamkeit der Kündi-gung führen.

Unsere Forderung: Bei der Sozialauswahl nach § 1 Abs.3 KSchG müssen als abschließende Kriterien dieBetriebszugehörigkeit und die Unterhaltspflichten ein-geführt werden.

Unsere Forderung: Der Schwellenwert für die Anwen-dung des Kündigungsschutzgesetzes (§ 23 Abs. 1 Satz2 KSchG) muss zur Entlastung der Firmen auf 20 Mit-arbeiter erhöht werden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 8

Page 11: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeArbeitsrecht

9

Teilzeit – Pro-Rata-Temporis-GrundsatzFörderung der Teilzeitarbeit und Bürokratieabbau durch dieanteilige Berücksichtigung von Teilzeitkräften bei gesetzlichenSchwellenwertenZurzeit werden Teilzeitarbeitnehmer bei der Berechnungvon Schwellenwerten sehr unterschiedlich berücksichtigt.Im Betriebsverfassungsgesetz gilt beispielsweise das Pro-Kopf-Prinzip, das heißt jeder Arbeitnehmer zählt voll. ImKündigungsschutzgesetz zählen Teilzeitarbeitnehmer dage-gen nur anteilig, je nach Dauer der wöchentlichen Arbeits-zeit. Hier ist eine Angleichung zwingend erforderlich.

Teilzeit in der ElternzeitVereinfachung des besonderen Teilzeitanspruchs fürArbeitnehmer in der Elternzeit (§ 15 BEEG)Der besondere Teilzeitanspruch für Arbeitnehmer in derElternzeit nach dem Gesetz zum Elterngeld und zurElternzeit (BEEG) ist noch aufwändiger gestaltet als derallgemeine Teilzeitanspruch nach dem Teilzeit- und Befris-tungsgesetz: Im Anwendungsbereich des § 15 BEEG solldie Einigung über den Teilzeitanspruch innerhalb von vierWochen nach Antragstellung erfolgen. Der Arbeitgeberkann den Teilzeitantrag nur innerhalb dieser vier Wochenschriftlich ablehnen. Die Ablehnung muss anders als beimgenerellen Teilzeitanspruch sogar mit Begründung erfol-gen. Die erfolgreiche Ablehnung des Teilzeitanspruchswird dem Arbeitgeber aber schon dadurch nahezu unmög-lich gemacht, dass das Gesetz an dieser Stelle dringendebetriebliche Gründe fordert.

Betriebsübergang – UnterrichtungspflichtBeschränkung der Informationspflichten beimBetriebsübergang nach § 613a Abs. 5 BGB auf die Vorgabender EU-RichtlinieSteht ein Betriebsübergang bevor, sind der Arbeitgeber bzw.der Erwerber verpflichtet, die betroffenen Arbeitnehmerhierüber zu unterrichten. Die Unterrichtung erstreckt sichauf die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmerüber den Zeitpunkt bzw. den geplanten Zeitpunkt desÜbergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen,wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für dieArbeitnehmer und über die hinsichtlich der Arbeitnehmerin Aussicht genommenen Maßnahmen. Gerade die Folgendes Übergangs lassen sich jedoch nie abschließend einschät-zen. Das ist im Hinblick auf den Umfang und Detaillie-rungsgrad praxisuntauglich und wirklichkeitsfremd. Zudemist völlig unklar, was alles zu den rechtlichen, wirtschaftli-chen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitneh-mer zählt. Mit der Regelung hat sich der Gesetzgeber nichtauf die Umsetzung der bereits bürokratischen EU-Richtliniebeschränkt, nach der eine Unterrichtung lediglich in Betrie-ben ohne Betriebsrat hätte sichergestellt werden müssen.Diese Unterrichtungspflicht für alle betroffenen Arbeitneh-mer schafft zusätzliche Bürokratie bei Betriebsübergängen.

Betriebsübergang – WiderspruchsrechtEndgültiges Erlöschen des Widerspruchsrechts desArbeitnehmers beim Betriebsübergang nach § 613a Abs. 6BGB nach drei MonatenIm Falle eines Betriebsübergangs steht dem betroffenenArbeitnehmer ein Widerspruchsrecht zu. Dieses kann erinnerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtungüber den Betriebsübergang ausüben. Die Frist soll erst mitvollständiger Unterrichtung zu laufen beginnen. Hierausergeben sich in der Praxis viele Probleme. Die Anforderun-gen an die Unterrichtungspflicht sind vielfältig, zugleichaber nur ungenau formuliert. Was soll der Unternehmeralso tun, um sicher zu gehen, dass nicht zwei Jahre nachdem Betriebsübergang frühere Arbeitnehmer ihr Wider-spruchsrecht ausüben, weil sie nicht ordnungsgemäßunterrichtet worden seien? Ihm bleibt nur, alle Unterlagen

Unsere Forderung: Um bürokratische Belastungen durchüberflüssige Doppelinformationen zu vermeiden, sollte§ 613a Abs. 5 BGB systemkonform umgestaltet werden.Auf europäischer Ebene ist zudem die Art und Weisesowie der Inhalt der Unterrichtung auf ein sinnvollesMaß zu reduzieren. Wegen der kaum zu bewältigendenDarstellung der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozia-len Folgen des Übergangs für Arbeitnehmer sollte dieserUnterrichtungstatbestand gestrichen werden.

Unsere Forderung: Der Teilzeitanspruch für Arbeitneh-mer in der Elternzeit muss vereinfacht werden.

Unsere Forderung: Bei allen gesetzlichen Schwellen-werten sollten Teilzeitarbeitnehmer grundsätzlich nuranteilig entsprechend ihrer wöchentlichen Arbeitszeitberücksichtigt werden (so genannter Pro-Rata-Tempo-ris-Grundsatz). Nur auf diesem Wege werden dieUnternehmen, die viele Teilzeitkräfte beschäftigen,nicht benachteiligt.

Unsere Forderung: Überflüssige Schriftformerfordernis-se, insbesondere nach § 14 Abs. 4 TzBfG, solltengestrichen werden. Zumindest ist aber eine gesetzlicheHeilungsmöglichkeit einzuführen.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 9

Page 12: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

10 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeArbeitsrecht

auf unabsehbare Zeit hinsichtlich jedes einzelnen betroffe-nen Arbeitnehmers zu verwahren und zu verwalten, umnicht in Rechtfertigungsnöte zu gelangen. Der damit ver-bundene bürokratische Aufwand ist immens.

Schwerbehindertenrecht – Besonderer Kündigungsschutz(§§ 85 ff. SGB IX)Sonderkündigungsschutz missbrauchssicher ausgestalten undZustimmung nach einem Monat fingierenZur Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehin-derten Menschen muss der Arbeitgeber die Zustimmung desIntegrationsamtes nach §§ 85 ff. Sozialgesetzbuch NeuntesBuch (SGB IX) einholen. Das Zustimmungserfordernis vorder Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters wirdzu erheblicher zeitlicher Verzögerung missbraucht. Für denArbeitgeber bedeutet die zusätzlich notwendige Zustim-mung des Integrationsamtes einen erhöhten Begründungs-aufwand und birgt zum anderen erhebliche Rechtsunsicher-heit über die Wirksamkeit der Kündigung.

Schwerbehindertenrecht – Besetzung freier ArbeitsplätzeVerfahren bei der Besetzung freier Arbeitsplätze (§ 81 SGB IX)straffen und an die Zustimmung des schwerbehindertenBewerbers bindenNach § 81 Abs. 1 SGB IX ist jede Besetzung einer freienStelle in Deutschland mit aufwendigen Prüfungs-, Unter-richtungs-, Beteiligungs-, Anhörungs-, Erörterungs- undBegründungspflichten verbunden. Der erhebliche Mehr-aufwand durch das vorgeschriebene Verfahren ist unver-

hältnismäßig. Um die Chancen für ca. 192.0001 schwerbehinderte Arbeitslose am Arbeitsmarkt zu erhöhen, wer-den jedes Jahr millionenfache Arbeitsplatzbesetzungen inunangemessener Weise erschwert und verzögert. Dies ver-mindert die Bereitschaft der Arbeitgeber, schwerbehinder-te Menschen einzustellen.

Schwerbehindertenrecht – BeschäftigungspflichtAnzeigeverfahren (§ 80 Abs. 2 SGB IX) erleichternArbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen müssen aufmindestens 5 % der Arbeitsplätze schwerbehinderteArbeitnehmer beschäftigen (Beschäftigungspflicht). Solan-ge sie die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Mitar-beiter nicht erreichen, entrichten sie für jeden unbesetztenPflichtarbeitsplatz monatlich eine Ausgleichsabgabe. Siemüssen darüber hinaus der zuständigen Arbeitsagenturjährlich die Daten anzeigen, die zur Berechnung desUmfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung derErfüllung und zur Ermittlung der Ausgleichsabgabe not-wendig sind. Dieses Anzeigeverfahren nach § 80 Abs. 2SGB IX bedeutet einen hohen buchhalterischen und per-sonalwirtschaftlich strategischen Aufwand für die Betriebe.

Schwerbehindertenrecht – BetrieblichesEingliederungsmanagement BEM abschaffen§ 84 Abs. 2 SGB IX sieht die Durchführung eines betrieb-lichen Eingliederungsmanagement unter Beteiligung derInteressenvertretungen nach sechswöchiger Arbeitsunfä-higkeit innerhalb eines Jahres vor. Das betriebliche Ein-gliederungsmanagement hat die durchaus richtigen Ziele,die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, erneute Arbeitsfä-higkeit wiederherzustellen und den Arbeitsplatz zu erhal-ten. Die Einführung dieses Instruments hat allerdingsmehr Fragen und Streitigkeiten aufgeworfen als Klarheitgeschaffen. Zudem bürdet das BEM dem Arbeitgeber

Unsere Forderung: Das Anzeigeverfahren nach § 80Abs. 2 SGB IX sollte vereinfacht und gestrafft werden.

Unsere Forderung: Zur Verbesserung der Beschäfti-gungschancen schwerbehinderter Menschen mussanstelle von solchen bürokratischen Instrumenten vor-rangig auf Information, Beratung und Unterstützunggesetzt werden. Das formale aufwendige Einstellungs-verfahren muss gestrafft werden und auf Betriebebegrenzt werden, die ihre Beschäftigungspflicht nichterfüllen. Außerdem sollte die Durchführung des Ver-fahrens an die Zustimmung des Bewerbers gebundenwerden.

Unsere Forderung: Um Rechtssicherheit herzustellenund Rechtsmissbrauch zu verhindern, darf der Sonder-kündigungsschutz erst ab Vorlage des Schwerbehinder-tenausweises/ Gleichstellungsbescheides gegenüberdem Arbeitgeber gelten. Durch Einführung einerKleinbetriebsklausel wie im allgemeinen Kündigungs-schutz müssen kleine und mittelständische Unterneh-men entlastet werden. Dringend erforderlich ist füreine Verfahrensbeschleunigung, dass die Integrations-ämter in allen Fällen zwingend innerhalb einesMonats entscheiden müssen und ansonsten einegesetzliche Fiktion der Zustimmung eintritt. Ebenso istein einheitlicher Rechtsweg notwendig.

Unsere Forderung: Das Widerspruchsrecht des Arbeit-nehmers nach § 613a Abs. 6 BGB muss nach dreiMonaten endgültig erlöschen.

1 Schätzwert vom Dezember 2006.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 10

Page 13: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeArbeitsrecht

11

unverhältnismäßig viele Pflichten auf. Für den Arbeitgebersind mit ihm erhebliche Dokumentationspflichten verbun-den, um etwaigen Rechtsunsicherheiten vorzubeugen. DasInstrument verhindert damit freiwillige betrieblicheLösungen und ist für die Weiterentwicklung des betriebli-chen Präventionsgedankens kontraproduktiv.

Antidiskriminierung – Unbestimmte RechtsbegriffeWegen unbestimmter Rechtsbegriffe Höchstmaß anRechtsunsicherheit Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist ein»Musterbeispiel« für Rechtsunsicherheiten schaffendeBürokratie. Der Arbeitgeber soll geeignete und erforderli-che Maßnahmen für die Diskriminierungsfreiheit seinesBetriebes treffen und gegebenenfalls entsprechende Fort-bildungs- und Schulungsveranstaltungen anbieten. Er sollauch dann haften, wenn er »diskriminieren will«, das Dis-kriminierungsmerkmal selber aber nicht vorliegt. Er sollSchulungs- und Fortbildungsveranstaltungen anbieten undist schließlich gehalten, auch gegenüber Dritten Maßnah-men zu treffen, damit diese nicht diskriminieren können.Welches konkrete Verhalten unter den einzelnen gefor-derten Handlungen zu verstehen ist, ist nicht absehbar.Das Gesetz ist damit allenfalls geeignet, neue umfassendeTätigkeitsfelder für Rechtsanwälte und Rechtsberater ausAntidiskriminierungsverbänden und ähnlichen Stellen zueröffnen.

Insolvenzsicherung von ArbeitszeitkontenKeine weitere gesetzliche Regelung erforderlich Die Insolvenzsicherung von Wertguthaben (über das beste-hende Recht hinaus) sollte auch künftig betrieblich geregeltwerden, wobei Tarifverträge einen Rahmen abstecken.Schon heute existiert eine große Bandbreite detaillierter

tariflicher Regelungen zur Insolvenzsicherung, wie beispiels-weise in der Chemischen Industrie, der Stahlindustrie oderim Bankenbereich. Diese tariflichen Regelungen seheneinen ausreichenden Insolvenzsicherungsschutz für Lang-zeitarbeitszeitkonten vor. Detaillierte tarifvertragliche Rege-lungen zur Insolvenzsicherung beinhalten auch Tarifnormenfür die Metallbranche in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Gesamtmetall hat im März 2007 eine Rah-menvereinbarung mit der Allianz zur Insolvenzsicherungvon Langzeitkonten abgeschlossen. Daher ist eine gesetzli-che Regelung keinesfalls erforderlich. Sie wäre vielmehrkontraproduktiv für die bestehenden tariflichen Regelungen.

Betriebsratsarbeit modernisierenMedienangebote nutzenDas Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geht von Kom-munikations- und Kollabora tionsmethoden aus, die derÄra vor Einführung des Internets entsprechen (Briefver-kehr). Hierdurch werden in modernen ITK-UnternehmenMedienbrüche erzwungen und eine Integration in dieüblichen Arbeitsprozesse verhindert. Insbesondere beiinternational verteilten Standorten führt das Präsenzerfor-dernis für BR-Entscheidungen zu unerwünschten Verzö-gerungen in der Entscheidungsfindung und unangemessenhohen Kosten.

Betriebsverfassungsrecht – EinigungsstellenverfahrenMitbestimmungsverfahren entbürokratisieren und durch dieEinführung von Fristen für die Durchführung desEinigungsstellenverfahrens beschleunigen (§ 76 BetrVG)Die betriebliche Mitbestimmung leidet vor allem unter derlangen Dauer der bürokratischen Mitbestimmungsverfah-ren. Ein Beispiel ist das so genannte Einigungsstellenver-fahren: Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheitenzwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ist eine Einigungs-

Unsere Forderung: Das BetrVG sollte von der Anwen-dung moderner Kommunikationsmittel (E-Mail) alsRegelfall ausgehen und Betriebsratsanhörungen auchauf diesem Wege zulassen. Betriebsratsentscheidungensollten auch im Rahmen von Telefon- oder Videokon-ferenzen rechtsgültig gefällt werden können.

Unsere Forderung: Aufgrund der umfangreichen tarifli-chen Regelungen zur Insolvenzsicherung von Arbeits-zeitkonten ist jede weitere gesetzliche Regelung über-flüssig. Insbesondere müssen Arbeitszeitkonten, diedem Ausgleich von Beschäftigungsschwankungen die-nen, von jeder gesetzlichen Einschränkung ausgenom-men bleiben.

Unsere Forderung: Das AGG ist auf das durch dieRichtlinien unbedingt Geforderte zurückzuführen. DieBundesregierung muss sich weiter dafür einsetzen,dass die Richtlinien überarbeitet werden. Überschies-sende Regelungen müssen verändert und so umgestal-tet werden, dass die Richtlinien die Unternehmennicht mit Rechtsunsicherheit vermeidbarer Bürokratiebelasten.

Unsere Forderung: Die Regelung des § 84 Abs. 2 SGBIX zum betrieblichen Eingliederungsmanagement soll-te deshalb abgeschafft, zumindest aber in ihremAnwendungsbereich beschränkt und die Vorgabe derKlärung durch den Arbeitgeber in eine Vorgabe zurErörterung umgewandelt werden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 11

Page 14: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

12 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeArbeitsrecht

stelle zu bilden, wenn der Betriebsrat ein erzwingbaresMitbestimmungsrecht hat. Das Verfahren vor der Eini-gungsstelle ist im Betriebsverfassungsgesetz (§ 76 BetrVG)geregelt. Die teilweise sehr lange Dauer dieses Einigungs-stellenverfahrens kann Betrieben zum Verhängnis werden.

Betriebsverfassungsrecht – Vorläufige RegelungsbefugnisEinführung einer vorläufigen Regelungsbefugnis für Eilfälle(§ 76 BetrVG)Wenn ein Unternehmen sich in einer wirtschaftlichenNotlage befindet und schnell reagieren muss, darf es nichtauf ein langes Mitbestimmungsverfahren angewiesen sein.Häufig müssen kurzfristige Entscheidungen getroffen wer-den, um den Betrieb und die Arbeitsplätze zu erhalten.Die Betriebsverfassung kann sonst zum Bumerang für dieArbeitsplatzsicherheit werden.

Betriebsverfassungsrecht – Interessenausgleich,Sozialplan, Nachteilsaus gleichBefristung für den Versuch eines Interessenausgleichs (§ 113Abs. 3 BetrVG)Für Unternehmer besteht heute keinerlei zeitliche Sicher-heit darüber, wann sie im Falle einer Betriebsänderungden Arbeitnehmern gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG einenNachteilsausgleich zahlen müssen. Für den Versuch einesInteressenausgleichs mit dem Betriebsrat gibt es keinezeitliche Befristung. Die möglichen Verzögerungen kön-nen die Unternehmenssituation stark beeinträchtigen. Dasdadurch nahezu uferlose Verfahren führt zu einem hohenVerwaltungsaufwand.

Betriebsverfassungsrecht – Ermittlung desBerufsbildungsbedarfsAufhebung der Pflicht zur bürokratischen Ermittlung desBerufsbildungsbedarfs (§ 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG)Gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist der Arbeitgeber ver-pflichtet, auf Verlangen des Betriebsrates den Berufsbil-dungsbedarf im Betrieb zu ermitteln. Nach der Gesetzes-begründung soll der Arbeitgeber eine Soll-Ist-Analyse vor-nehmen. Ein solches Verfahren ist aufwändig, kosten-trächtig und bürokratisch. Das Verlangen des Betriebsratsist an keine Voraussetzungen geknüpft.

Betriebsverfassungsrecht – Beratungspflicht beiVorschlägen zur BeschäftigungssicherungAbschaffung der Beratungspflicht bei Vorschlägen zurBeschäftigungssicherung (§ 92a BetrVG)Nach § 92a BetrVG hat der Arbeitgeber Vorschläge desBetriebsrats zur Beschäftigungssicherung mit dem Betriebs-rat zu beraten. Schon die Notwendigkeit dieser Beratungs-pflicht ist zweifelhaft. Dass der Arbeitgeber die Ablehnungder Vorschläge des Betriebsrats in Betrieben mit mehr als100 Arbeitnehmern sogar schriftlich begründen muss, istnicht nur purer Formalismus, sondern angesichts der ent-stehenden Aufwendungen für den Arbeitgeber – Ver-schwendung zeitlicher Ressourcen – kostentreibenderUnsinn. Betriebsrat und Arbeitgeber müssen partnerschaft-lich und auf kurzen Wegen miteinander kommunizieren.Eine Begründungspflicht in Schriftform mag in der öffentli-chen Verwaltung passgenau sein. Für die deutsche Wirt-schaft ist dies ein bürokratischer, aufwändiger Unfug.

Betriebsverfassungsrecht Quorum für Errichtung des Betriebsrats schaffenNach den Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes kannein Betriebsrat auch gegen den Willen der überwältigen-den Mehrheit der Arbeitnehmer im Betrieb eingesetztwerden. Drei Arbeitnehmer sind ausreichend, um gegenden Willen der restlichen Belegschaft einen Betriebsrateinzurichten. Damit kann eine Minderheit der Mehrheitihren Willen oktroyieren.

Unsere Forderung: Die Beratungspflicht nach § 92aBetrVG, wonach der Arbeitgeber Vorschläge desBetriebsrats zur Beschäftigungssicherung mit demBetriebsrat zu beraten hat, muss abgeschafft werden.

Unsere Forderung: Die Pflicht zur bürokratischenErmittlung des Berufsbildungsbedarfs gemäß § 96Abs. 1 Satz 2 BetrVG muss aufgehoben werden.

Unsere Forderung: Es muss festgelegt werden, dass einVersuch des Interessenausgleichs nach § 113 Abs. 3BetrVG vorliegt, wenn der Betriebsrat beteiligt wurde,es aber innerhalb von zwei Monaten nicht zu einerEinigung kommt. In diesem Fall soll kein Anspruchauf Nachteilsausgleich entstehen.

Unsere Forderung: Neben den Fristen zur Durchfüh-rung des Einigungsstellenverfahrens gemäß § 76BetrVG sollte zumindest für Eilfälle eine vorläufigeRegelungsbefugnis eingeführt werden.

Unsere Forderung: Um Mitbestimmungsverfahren zuentbürokratisieren und zu beschleunigen, sollten Fris-ten für die Durchführung des Einigungsstellenverfah-rens nach § 76 BetrVG eingeführt werden. Im Gesetzgibt es bereits Vorbilder für eine solche Regelung, zumBeispiel in § 102 Abs. 3 BetrVG.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 12

Page 15: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeArbeitsrecht

13

UnternehmensmitbestimmungUnbürokratisches Wahlverfahren schaffenIn Unternehmen mit mehr als 8.000 Arbeitnehmern müs-sen die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat durch einebürokratische, aufwändige und kostenträchtige Delegier-tenwahl gewählt werden. Dafür ist ausschließlich dieAbgabe von Stimmzetteln vorgesehen. Zweistellige Millio-nenbeträge sind in vielen Großunternehmen üblich.

Unternehmensmitbestimmung Abschaffung des exklusiven Vorschlagsrecht fürGewerkschaftenMitbestimmung ist Element der Teilhabe der von ihr betrof-fenen Arbeitnehmer und soll nicht Fremdbestimmung sein.Gewerkschaftsvertreter haben nach dem Mitbestimmungs-gesetz ein exklusives Vorschlagsrecht für eine bestimmteZahl von Vertretern im Aufsichtsrat. Die Arbeitnehmer(oder die Delegierten) haben derzeit keine andere Wahl alsdiese Gewerkschaftsvertreter auf Grund von Wahlvorschlä-gen der im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften inden Aufsichtsräten zu wählen.

Unsere Forderung: Wir fordern die Abschaffung desexklusiven Vorschlagsrechts der Gewerkschaften inden bestehenden Wahlordnungen zum Mitbestim-mungsgesetz. Gewerkschaftsvertreter müssen sich wiealle anderen Arbeitnehmervertreter einer gleichen, frei-en und geheimen Wahl stellen. Ein Grund für einenfesten, gesetzlich zugesicherten Sitz im Aufsichtsrat fürGewerkschaftsvertreter ist nicht ersichtlich.

Unsere Forderung: Wir fordern die generelle Einfüh-rung der Urwahl zur Einsetzung der Arbeitnehmerver-treter im Aufsichtsrat. Auf diese Weise kann sehr ein-fach ein Höchstmaß an Bürokratie beseitigt werdenund als Nebeneffekt sogar durch die unmittelbareWahl der Vertreter durch alle Arbeitnehmer derenLegitimation verbessert werden. E-voting sollte zuge-lassen werden.

Unsere Forderung: Ein Betriebsrat sollte nur errichtetwerden können, wenn sich mindestens 30 % derBeschäftigten an den Wahlen für seine Errichtungbeteiligen. Dies fördert die Akzeptanz von Betriebsrä-ten und stärkt ihre Legitimierung. So wird verhindert,dass kleine Minderheiten der Mehrheit ihren Willenaufoktroyieren.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 13

Page 16: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

14 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeBilanzrecht

B. Bilanzrecht

Vereinfachungsmaßnahmen für kleine und mittelgroßeUnternehmen (KMU) bei Rechnungslegung undAbschlussprüfungMehr Wirtschaftswachstum durch Verringerung desVerwaltungsaufwandesDie Europäische Kommission hat am 10. Juli 2007 eineMitteilung über ein vereinfachtes Unternehmensumfeldveröffentlicht. Diese beinhaltet verschiedene Vorschläge zurVereinfachung der Rechnungslegung und Abschlussprüfungfür kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU). Ansatz-punkt ist die europäische Harmonisierung der Rechnungs-und Prüfungsvorschriften durch die vierte und siebte Richt-linie. Sie hat zu Bürokratisierungsmaßnahmen geführt, dieinsbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen alsunnötig und damit belastend empfunden werden. Der am9. November 2007 veröffentlichte Referentenentwurf zumBilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) sieht eben-falls eine Deregulierung der handelsrechtlichen Buchfüh-rungs- und Bilanzierungspflichten für Einzelkaufleute undPersonenhandelsgesellschaften sowie eine Anhebung derSchwellenwerte für Kapitalgesellschaften vor. Die im Fol-genden zusammengefassten Vorschläge der Vereinfachungfür KMU im Bereich Rechnungslegung und Abschlussprü-fung gehen über die vorgesehenen Regelungen des BilMoGhinaus und sind damit ein wichtiger Schritt zur weiterenVerringerung des Verwaltungsaufwandes.

Unsere Forderungen:1. Einführung von KleinstunternehmenKleinstbetriebe (10 Beschäftigte und höchstens € 2 Mio.Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme) sollen aus dereuroparechtlichen Verpflichtung zur Rechnungslegungund Jahresabschlussprüfung befreit werden. Es soll demnationalen Gesetzgeber obliegen, die Rechnungslegungdieser Gruppe zu regeln. Wir fordern, die im Referen-tenentwurf des BilMoG enthaltenen Schwellenwertezur Befreiung von der Pflicht zur Buchführung(Umsatzerlöse € 500.000 und Jahresüberschuss€ 50.000) für Einzelkaufleute und Personenhandels-gesellschaften an den Vorschlag der Kommission anzupassen.

2. Flexiblere Regelung der SchwellenwerteDer Referentenentwurf zum BilMoG setzt die in dervierten Richtlinie erhöhten Schwellenwerte für KMUbereits um und setzt die Schwellenwerte um 10 %höher an. Die Schwellenwerte für kleine Kapitalgesell-schaften sind: € 9.860.000 für Umsatz und € 4.840.000für Bilanzsumme sowie für mittelgroße Kapitalgesell-schaften: € 38.500.000 für Umsatz und € 19.250.000für Bilanzsumme. Dadurch profitieren mehr Unterneh-men von der größenabhängigen Erleichterungen für dieJahresabschlusserstellung. Die im Handelsgesetzbuch(HGB) geregelte Übergangsfrist beträgt aber nach wievor zwei Jahre. Wir fordern, eine Fünfjahresfrist fürUnternehmen, die die Schwellenwerte überschreiten,und eine Einjahresfrist für jene, die wieder darunterfallen, einzuführen. Eine flexiblere Regelung würde denVerwaltungsaufwand, der durch die gegenwärtige Zwei-jahresfrist entsteht, verringern.

3. Keine Veröffentlichungspflicht für Kleinunternehmen Die Veröffentlichungspflicht für Kleinunternehmen sollabgeschafft werden. Dies würde den Verwaltungsauf-wand erheblich reduzieren, insbesondere in Hinblick aufdie ab dem 1.1.2008 verschärften Offenlegungspflichtengegenüber dem elektronischen Bundesanzeiger.

4. Ausnahmeregelung der Veröffentlichungspflicht auchfür mittelgroße UnternehmenDie Ausnahmeregelungen der unter 3. genannten Rege-lung soll auf mittelgroße Unternehmen ohne besondereexterne Nutzer ausgedehnt werden. Darunter fallenUnternehmen, deren Geschäftsführer gleichzeitigGesellschafter sind oder Gesellschaften ohne Haftungs-beschränkungen. Für diese Abschlüsse besteht keinbreites Nutzerinteresse.

5. Keine Jahresabschlussprüfung für KMU als Tochter-unternehmenKleinunternehmen und auch mittlere Unternehmen,die als Tochterunternehmen konsolidiert werden, sollenvon der Pflicht der Prüfung und Offenlegung des Jah-resabschlusses ausgenommen werden.

Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz soll neben der Modernisierungdes HGB auch die Rechnungslegung und Abschlussprüfung dereguliert wer-den. Auf europäischer Ebene werden weitere Entbürokratisierungsmaßnah-men diskutiert, da die Rechnungs- und Prüfungsvorschriften der EU geradekleine und mittlere Unternehmen belasten.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 14

Page 17: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeBilanzrecht

15

6. Ausweis latenter Steuern abschaffenAuf europäischer Ebene gibt es Überlegungen den Aus-weis latenter Steuern abzuschaffen. Diese Überlegun-gen werden von uns unterstützt. Der Ausweis latenterSteuern ist für die Unternehmen mit hohem Aufwandverbunden. Dagegen hat der Informationswert für Kre-ditinstitute und Rating-Agenturen keinen bedeutendenStellenwert. Allerdings sieht der Referentenentwurfzum BilMoG eine Aktivierungspflicht für latente Steu-ern und damit eine vollständige Ausweispflicht latenterSteuern vor. Diese Entwicklung bedeutet einen erhebli-chen Mehraufwand für die Unternehmen. Wir schlagenvor von der Aktivierungspflicht latenter aktiver Steuernabzusehen, bis die Diskussion auf europäischer Ebeneabgeschlossen ist.

7. Abschaffung von überflüssigen Offenlegungs -vorschriftenDie Häufung von Offenlegungsvorschriften (Anhang-sangaben) sind mit großen Verwaltungsaufwand ver-bunden. Die bereits geltenden Erleichterungen fürKleinunternehmen werden begrüßt. Weitere Erleichte-rungen wie die Abschaffung von Vorschriften sind zuprüfen. Die Offenlegungspflichten bezüglich der Auf-wendungen für die Errichtung und Erweiterung desUnternehmens, sowie Aufgliederungen der Nettoerlösenach Tätigkeitsbereichen sowie geographisch bestimm-ten Märkten, sind aufzuheben.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 15

Page 18: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

16 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeDatenschutz

C. Datenschutz

Das Bundesdatenschutzauditgesetz sieht ein freiwilliges, gesetzlich geregeltesDatenschutzsiegel vor. Der damit verbundene faktische Druck kann zu einererheblichen bürokratischen Mehrbelastung für die Unternehmen führen.

Entwurf eines Bundesdatenschutzauditgesetzes(BDSAuditG)Keine zusätzlichen Gütesiegel einführen Der Gesetzgeber hat im September 2007 einen Gesetzes-entwurf zu einem Bundesdatenschutzauditgesetz vorge-legt. Ziel des Gesetzes soll es sein, dass den Aufwendun-gen von Unternehmen bei der Einhaltung des Daten-schutzrechts ein adäquater Mehrwert gegenüber steht.Dieser wird in der Vergabe eines freiwilligen, gesetzlichgeregelten Datenschutzsiegels gesehen.

Gemäß dem Anwendungsbereich des Bundesdatenschutz-auditgesetzes können Anbieter von Datenverarbeitungs-systemen und -programmen sowie datenverarbeitendeStellen auf Antrag ihr Datenschutzkonzept und ihre tech-nischen Einrichtungen auf Vereinbarkeit mit den Vor-schriften über den Datenschutz prüfen und bewerten las-sen. Das bei positiver Prüfung ausgestellte Zertifikat sollfür zwei Jahre gelten, wenn es nicht in der ZwischenzeitÄnderungen im Datenschutzkonzept gibt.

Für die Unternehmen besteht die Gefahr einer erhebli-chen bürokratischen Mehrbelastung. Prozesse daten-schutzkonform zu gestalten, ist gerade in Unternehmenmit vielen Mitarbeitern, großen IT-Abteilungen und einemgroßen Kundenstamm eine erhebliche Herausforderung.Zwar ist das Gütesiegel freiwillig, es ist jedoch zu erwar-ten, dass sich ein hoher faktischer Druck zum Einkauf desSiegels ergibt. Die sich für die Zertifizierung ergebendenzusätzlichen Dokumentationspflichten zu den sowiesoschon vorhandenen Vorhaltepflichten, lassen eine wahreDokumentationsflut erwarten. Die geplante Erneuerungs-pflicht nach spätestens zwei Jahren wird zusätzlich zueiner Erhöhung des Dokumentationsaufwandes führen.

Unsere Forderung: Die Einführung des Gütesiegels istnicht notwendig. Die Vorteile der Förderung desDatenschutzes überwiegen nicht die Nachteile, diedurch den zusätzlichen bürokratischen Aufwand unddie Kosten, entstehen.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 16

Page 19: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeDienstleistungsrichtlinie

17

D. Dienstleistungsrichtlinie (RL2006/123/EG)

EU-Dienstleistungsrichtlinie zügig und übersichtlich indeutsches Recht umsetzenDienstleistungen EU-weit stärkenDie Ende 2006 verabschiedete EU-Richtlinie über Dienst-leistungen im Binnenmarkt soll Niederlassungen in denanderen Mitgliedstaaten leichter machen und die nationa-len Hürden für grenzüberschreitende Dienstleistungenabbauen. Es wird geschätzt, dass in einem liberalisiertenBinnenmarkt grenzüberschreitende Investitionsverflech-tungen bis zu 34 % erhöht und bis zu 600 000 neueArbeitsplätze geschaffen werden könnten. Der Exportan-teil des Dienstleistungshandels liegt in Deutschland bishernur bei 13 %, der Anteil an der Wertschöpfung jedoch beietwa 70 %. Dieses Potenzial muss genutzt werden.

Kunden und Dienstleistungsunternehmen werden vomfreien Zugang zu EU-weiten Angeboten und einer erwei-terten Nachfrage gleichermaßen profitieren. Durch denWegfall doppelter Genehmigungen und Kontrollen in ver-schiedenen Mitgliedstaaten sowie durch eine beschleunig-te Zulassung zur wirtschaftlichen Tätigkeit im Nachbar-land sollen bestehende bürokratische Hindernisse natio-naler und zwischenstaatlicher Art beseitigt werden. Hier-zu muss ein großer Teil des Gesetzes- und Verordnungs-bestands auf den Prüfstand.

Unsere Forderung: Die selbstständige Tätigkeit solldurch die Dienstleistungsrichtlinie gestärkt werden.Daher müssen Formvorschriften, Dokumentennach-weise sowie überhöhte Schutz- und Prüfvorschriftengenauso verringert werden wie ausufernde Informati-onspflichten. Der deutsche Gesetzgeber muss sichhierbei eng an dem Richtlinientext orientieren, denöffentlich-rechtlichen Bereich übersichtlich gestaltenund nicht in die privatrechtlichen Verhältnisse mitGeschäftskunden und Verbrauchern eingreifen.

Die Bundesregierung ist aufgefordert, der EU-Kommis-sion umfassend diejenigen Regelungen zu melden, diesie gegenüber grenzüberschreitenden Dienstleistungs-erbringern zur Anwendung bringt. Sie sollte sichgleichzeitig dafür einsetzen, dass auch die anderenEU-Mitgliedstaaten entsprechend tätig werden.

Unternehmen sollten nur diejenigen Regelungen beieiner grenzüberschreitenden Dienstleistung anwendenmüssen, die der EU-Kommission von den Mitglied-staaten gemeldet wurden.

Die Dienstleistungsrichtlinie bietet große Potenziale – unter anderem zumAbbau bürokratischer Lasten. Diese Potenziale gilt es zu nutzen.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 17

Page 20: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

18 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeKapitalmarkt

E. Kapitalmarkt

Regulierungsdichte lichtenDie Regulierungen in den europäischen Finanz- undKapitalmärkten haben seit Ende der 1990er Jahre dras-tisch zugenommen. Im Kern sollte mit neuen Informati-onspflichten der börsennotierten oder kapitalmarktorien-tierten Gesellschaften der Anleger vor Unternehmenskri-sen besser geschützt werden. Seine Investitionsentschei-dungen sollte er zudem auf größerer, intensiverer unddamit besserer Informationsbasis treffen. Der Kapital-markt sollte transparenter werden. An diesen Zielen gibtes nichts auszusetzen. Der Anlegerschutz ist wichtiger Teileffizienter Kapitalmärkte. Dennoch darf dieser nicht überGebühr ausgedehnt werden, weil andernfalls Emittentensich andere, weniger bürokratielastige Kapitalmärktesuchen könnten. Die richtige Balance zwischen einemunternehmensfreundlichen Umfeld und einem ausgewoge-nen Anlegerschutz gilt es zu finden. Einige wesentlicheUnternehmensschieflagen oder -zusammenbrüche zuBeginn des 21. Jahrhunderts haben das Vertrauen in dieFinanz- und Kapitalmärkte massiv erschüttert. Infolgedes-sen wurden international, aber auch in der EU und inDeutschland eine Regulierungswelle losgetreten, derenFolgen wir noch heute spüren. Die Emittenten ächzenunter einer enormen Flut an Informations- und Berichts-pflichten, die das Fehlerrisiko erhöhen. Deshalb investie-ren die Gesellschaften große Geldbeträge in den Aufbaukomplexer Compliance-Strukturen.

Die Änderungen im Kapitalmarktrecht vor allem durchdie EU-Marktmissbrauchsrichtlinie und das daraus resul-tierende Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) vomOktober 2004 haben das deutsche Wertpapierhandels-recht, insbesondere das Insiderrecht, erheblich verschärft.Dies empfinden die Emittenten als ebenso belastend wiedas Anfang 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzungder EU-Transparenz-Richtlinie (TUG). Im Einzelnen emp-finden die Emittenten die Pflicht zur laufenden Führungvon Insiderverzeichnissen, die Erweiterungen der Ad-hoc-Meldepflichten sowie die Directors’ Dealings-Meldungenals belastend. Diese Pflichten binden sehr stark Ressour-cen in den Unternehmen.

Unsere Forderungen: Da die Kapitalmarktregulierungihren Ursprung vor allem in der EU hat, sollten dieo.g. Richtlinien auf ihre Effizienz und ihre Kosten-Nut-zen-Relation geprüft werden. Unnötiger Ballast istabzuwerfen. Vereinfachungspotenzial gilt es ausfindigzu machen und zu nutzen. Die für 2008 geplanteÜberprüfung der Transparenzrichtlinie ist ein wichtigerSchritt auf diesem Weg. Aber auch die Prospektrichtli-nie bietet genug Spielraum, Unternehmen von unnöti-gen Lasten zu befreien. Die Berichte der von der Kom-mission eingesetzten European Securities MarketsExpert Group bieten dafür eine gute Grundlage.

Folgendes ist im deutschen Kapitalmarktrecht als über-flüssige Bürokratie abzuschaffen bzw. zu überprüfen:

1. Kein jährliches Dokument gem. § 10 Wertpapier-prospektgesetz (WpPG)Das sog. jährliche Dokument (§ 10 WpPG) sollteabgeschafft werden, da es keine eigenständige Bedeu-tung hat.

2. Streichung des Begriffs »Führungskräfte« aus § 15bWertpapierhandelsgesetz (WpHG)Der Begriff der »Führungskräfte« für die Führung vonInsiderverzeichnissen in § 15b WpHG sollte abge-schafft werden, da dieser Rechtsbegriff zu unscharf ist.Zumindest sollte überprüft werden, ob die Insiderver-zeichnisse für den Kapitalmarkt relevante Informatio-nen beinhalten. Überflüssige und unnütze Datensamm-lungen (»Datengräber«) sollten nicht vorgeschriebenwerden.

3. Rückgängigmachung der Bagatellschwelle bei mel-depflichtigen GeschäftenDie Senkung der Bagatellschwelle für nicht melde-pflichtige Geschäfte bei Director`s Dealings von25.000 € pro Monat auf 5.000 € im Jahr sollte wiederrückgängig gemacht werden.

Anleger sollen durch eine Vielzahl von Informationspflichten kapitalmarkt-orientierter Unternehmen besser ihre Anlageentscheidungen vorbereiten undvor Unternehmenskrisen und dem Verlust ihres eingesetzten Kapitals stärkergeschützt werden. Im Interesse kapitalmarktorientierter Unternehmen undihrer Anleger sollten diese Regelungen effizient sein und auf ihre Kosten-Nut-zen-Relation überprüft werden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 18

Page 21: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeKapitalmarkt

19

4. Kein grundsätzlicher Insiderhandelsverbot bei Mitar-beiteraktien Mitarbeiteraktien sollten nicht generell dem Insider-handelsverbot unterliegen, da die Ausgabe von Beleg-schaftsaktien auch ein Instrument der betrieblichenAltersvorsorge ist und diese Aktien nur einen ver-schwindend geringen Anteil des Grundkapitals einerAG bilden. Der Einfluss von Aktienkauf- oder -ver-kaufsentscheidungen von Mitarbeitern unterhalb derFührungsebene auf den Börsenkurs dieser Gesellschaftist gering. Ihr Insiderwissen ist begrenzt.

5. Überprüfung der Informations- und Berichtspflichtennach TUG auf Kosten-Nutzen-RelationDie neuen Informations- und Berichtspflichten nachdem TUG vom Januar 2007 sollten auf ihre Kosten-Nutzen-Relation dringend untersucht werden. DiesesGesetz wurde noch nicht vom Normenkontrollratüberprüft. Das TUG legte den kapitalmarktorientiertenUnternehmen u.a. die Pflicht auf, sog. Halbjahresfi-nanzberichte und Zwischenmitteilungen zu erstellen.Quartalsberichte werden zwar weder von der zugrun-deliegenden EU-Transpranz-Richtlinie noch vom TUGverbindlich vorgeschrieben. Dennoch hat sich der per-sonelle und administrative Aufwand der betroffenenkapitalmarktorientierten Gesellschaften in Folge diesesGesetzes massiv erhöht. Auch mussten die Unterneh-men erneut neue organisatorische Maßnahmen ergrei-fen und Berichtsstrukturen schaffen, um die drohen-den Haftungsrisiken wegen fehlerhafter Kapitalmarkt-mitteilungen zu reduzieren (»Compliance«). DerGesetzgeber sollte die Wirkungsweise und die Auswir-kungen insbesondere des sog. Bilanzeides und der prü-ferischen Durchsicht von Halbjahresfinanzberichtenwie auch dieser Halbjahresfinanzberichte und der Zwi-schenmitteilungen selbst überprüfen.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 19

Page 22: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

20 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeSozialrecht

F. Sozialrecht

KünstlersozialversicherungKünstlerprivilegien in der Sozialversicherung abschaffenWährend alle anderen Selbstständigen in vollem Umfangselbst für die Kosten ihrer sozialen Absicherung aufkom-men müssen, tragen selbstständige Künstler und Publizis-ten nur die Hälfte der Beiträge, die übrigen Aufwendun-gen müssen die sog. Verwerter über die Künstlersozialab-gabe zahlen bzw. übernimmt der Staat. Für eine solcheUngleichbehandlung Selbstständiger gibt es aber keinenüberzeugenden Grund.

In den Unternehmen verursacht die Abgabepflicht nachdem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) über dieHöhe der Künstlersozialabgabe hinaus erhebliche Kostendurch bürokratischen Aufwand. Jede Rechnung mussdahingehend überprüft werden, ob ein Auftrag an einenselbstständigen Künstler oder Publizisten vorangegangenist. Häufig reicht aber nicht einmal ein Blick in den sog.Künstlerkatalog der Künstlersozialkasse aus, um dieKünstlereigenschaft festzustellen. Oft sind weitere Recher-chen in juristischen Kommentaren und Rechtsprechungs-datenbanken erforderlich oder Einzelfallauskünfte bei derKünstlersozialkasse einzuholen. Auch die vom KSVGgeforderte »nicht nur gelegentliche Auftragsvergabe« anselbstständige Künstler oder Publizisten ist alles andere alseindeutig und lässt die Unternehmen im Unklaren darü-ber, wann genau die Abgabepflicht eintritt. Bei alledemkommt noch erschwerend hinzu, dass das Rechnungsma-nagement eines Betriebes nicht bei der Lohn- undGehaltsbuchhaltung angesiedelt ist, sondern beim betrieb-lichen Rechnungswesen, wo vertiefte sozialversicherungs-rechtliche Kenntnisse nicht vorgehalten werden. Das Mel-deverfahren zur Künstlersozialkasse ist zudem kein elek-tronisches, sondern ein ausschließlich papiergebundenesVerfahren. Allein der »Fragebogen zur Prüfung der Abga-bepflicht nach dem KSVG« umfasst vier DIN A4-Seiten.

Unsere Forderungen: Die Künstlersozialversicherungsollte durch eine Versicherungspflicht selbstständigerKünstler und Publizisten in der Kranken-, Pflege- undRentenversicherung ersetzt werden, auf die die glei-chen beitragsrechtlichen Bedingungen wie für sonstigepflichtversicherte Selbstständige Anwendung finden.Sofern weiter am Privileg selbstständiger Künstler undPublizisten festgehalten werden soll, müssen zumin-dest folgende Korrekturen erfolgen (ausführlich: Positi-onspapier der BDA »Künstlerprivilegien in der Sozial-versicherung abschaffen!«, Dezember 2007):

1. Künstlerbegriff eingrenzenLängst wird von den Sozialgerichten eine Vielzahl vonTätigkeiten in den Künstlerbegriff einbezogen, dienicht ursprüngliche Zielgruppe des KSVG sind. DerKünstlerkatalog der Künstlersozialkasse umfasst mitt-lerweile über einhundert Berufe. Wenn schon an derPrivilegierung einer Gruppe von Selbstständigen fest-gehalten wird, dann muss diese Begünstigung aufeinen engen Personenkreis beschränkt bleiben.

2. Abgabepflicht für die Verwerter erkennbar machenDie Zahlung der Künstlersozialabgabe durch die Ver-werter kann nur dann sichergestellt werden, wenn siesich für die Abgabepflichtigen aus eindeutigen Krite-rien ergibt. Um den potenziell abgabepflichtigen Ver-wertern das Erkennen der Abgabepflicht zu erleich-tern, wäre eine Hinweispflicht der in der Künstlersozi-alkasse versicherten Künstler auf ihre Versicherung beider Künstlersozialkasse sinnvoll. So ergäbe sich bereitsein Indiz für eine potenzielle Abgabepflicht.

Insbesondere im Bereich des Sozialrechts sehen sich die Unternehmen miteinem geradezu exorbitanten Verwaltungsaufwand konfrontiert. Allein dermit der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge verbundene Aufwand(Berechnung, Beitragsnachweise, Meldungen etc.) verursacht bei den Betrie-ben jährlich Kosten in Höhe von mehreren hundert Mio. €. Die Künstlersozi-alabgabe, die Umlageverfahren U1 und U2, die vorgezogene Beitragsfälligkeitund die vielfältigen Bescheinigungspflichten sind nur einige Beispiele für densich stetig verkomplizierenden sozialversicherungsrechtlichen Regelungs -dschungel. Diesen gilt es zu lichten. Die Unternehmen müssen endlich spür-bar und nachhaltig von bürokratischen Lasten befreit werden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 20

Page 23: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeSozialrecht

21

Umlageverfahren U1 Zwangsbeteiligung am Umlageverfahren U1 abschaffenBeim sog. Umlageverfahren U1 wird dem Arbeitgeber dasnach dem Entgeltfortzahlungsgesetz bei Arbeitsunfähig-keit des Arbeitnehmers fortgezahlte Arbeitsentgelt vonden Krankenkassen erstattet. Finanziert wird das U1-Ver-fahren durch eine Arbeitgeberumlage. Bei den zwangswei-se einbezogenen Kleinbetrieben (Arbeitgeber mit nichtmehr als 30 Arbeitnehmern) und denKrankenkassen/Einzugsstellen verursacht das Verfahreneinen hohen bürokratischen Aufwand.

Der einzelne Arbeitgeber muss das U1-Verfahren mit jederKrankenkasse durchführen, bei der einer seiner Beschäftig-ten versichert ist. Dementsprechend sind – je nach Satzungder Krankenkasse – jeweils unterschiedliche Erstattungssät-ze und damit auch unterschiedliche Umlagesätze zugrundezu legen und vom Arbeitgeber abzuführen. Bei krankheits-bedingten Fehlzeiten der Arbeitnehmer müssen die betrof-fenen Arbeitgeber ein komplexes, papiergebundenenErstattungsverfahren in Gang setzen. Die Einzelheitenhierzu finden sich in den Satzungen der über 200 Kranken-kassen. Zwar haben sich die Spitzenverbände der Kranken-kassen zu Beginn des Jahres 2008 endlich auf einen ein-heitlichen Erstattungsantrag verständigt, ein elektronischesErstattungsverfahren lässt aber weiter auf sich warten.

Für die Arbeitgeber ist das U1-Verfahren insgesamt teurerals die individuelle Finanzierung der Entgeltfortzahlungs-

kosten, weil sie beim U1-Verfahren zusätzlichen Bürokra-tieaufwand haben und zudem auch die von den Kranken-kassen verursachten Verwaltungskosten finanzieren müs-sen. Allein das Umlageverfahren U1 hat in 2006 etwa 120Mio. € Verwaltungskosten bei den Krankenkassen verur-sacht. Das Verfahren bewirkt zudem, dass Betriebe mitniedrigem Krankenstand (z. B. aufgrund betrieblicherGesundheitsförderung) ohne Grund für Betriebe mithohem Krankenstand finanziell eintreten müssen. Dieüber das U1-Verfahren hergestellte kollektive Finanzie-rung von Entgeltfortzahlungskosten setzt damit auchnegative Anreize zur Fehlzeitenreduzierung, zur betriebli-chen Gesundheitsförderung und zur Prävention (ausführ-lich: Positionspapier der BDA »Aufwendungsausgleichs-gesetz abschaffen: Bürokratie abbauen, Lohnzusatzkostensenken«).

Angesichts der Nachteile des U1-Verfahrens haben sich ineiner BDA-Betriebsbefragung im April/Mai 2006 daherauch 88 % der am U1-Verfahren teilnehmenden Kleinbe-triebe gegen die heutige obligatorische Teilnahme am U1-Verfahren und für eine freiwillige Teilnahme am U1-Ver-fahren ausgesprochen.

Umlageverfahren U2 Mutterschaftsleistungen ausschließlich aus Steuern finanzierenSeit dem 1. Januar 2006 müssen alle Unternehmen amUmlageverfahren U2 (Ausgleich der Arbeitgeberaufwen-dungen für Mutterschaftsleistungen) teilnehmen, das vomGrundsatz in gleicher Weise wie das Umlageverfahren U1organisiert ist und ebenso erheblichen Bürokratieaufwandverursacht. Nach dem Mutterschutzgesetz zahlen die Kran-kenkassen den (werdenden) Müttern für die Zeiten derSchutzfristen kalendertäglich 13 € bzw. monatlich 390 €Mutterschaftsgeld, das der Arbeitgeber bis zum Nettoentgeltaufstocken muss. Dieser sog. Zuschuss des Arbeitgebersstellt – anders als der Name es glauben macht – allerdingsseit langem die Hauptgeldleistung während der Mutter-

Unsere Forderung: Die obligatorische Teilnahme am U1-Verfahren sollte aufgegeben und Arbeitgebern undKrankenkassen freigestellt werden, ob sie weiter dasU1-Verfahren nutzen bzw. anbieten wollen. Die frei-willig teilnehmenden Arbeitgeber sollten das U1-Ver-fahren zentral bei einer Stelle ihrer Wahl durchführenkönnen – und zwar unabhängig von der Krankenkas-senmitgliedschaft der einzelnen Arbeitnehmer. Hierzuwäre es ausreichend, wenn im Rahmen des SGB V eingesetzlicher Auftrag an den Spitzenverband Bund derKrankenkassen zur Gewährleistung eines solchen Aus-gleichsverfahrens formuliert würde.

3. Bagatellgrenze einführen Es sollte eine angemessene »Bagatellgrenze« einge-führt werden. Insbesondere für kleine Unternehmenmit einem geringen, jedoch eventuell regelmäßigenWerbeetat bedeutet die Abgabepflicht eine unzumutba-re bürokratische Belastung, deren Aufwand in keinemVerhältnis zu den damit verbundenen Einnahmen derKünstlersozialkasse steht. Mit einer Bagatellgrenze, diesich z. B. an der Werbungskostenpauschale des Ein-kommenssteuerrechts orientieren könnte, hätte derVerwerter die Rechtssicherheit, nicht gegen die Abga-bepflicht zu verstoßen. Allerdings muss dies mit einerSenkung der Künstlersozialabgabe einhergehen.

4. Elektronische Meldung ermöglichenDer umfangreiche Meldebogen zur Künstlersozialkas-se, der bisher manuell ausgefüllt und übersandt wer-den muss, muss – in Anlehnung an das Meldeverfah-ren zur Sozialversicherung – durch eine elektronischeMeldung ersetzt werden können.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 21

Page 24: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

22 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeSozialrecht

schutzfristen dar. Dabei ist die Finanzierung des Mutter-schutzes eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die aus Steu-ern finanziert werden muss (ausführlich: Positionspapierder BDA »Aufwendungsausgleichsgesetz abschaffen: Büro-kratie abbauen, Lohnzusatzkosten senken«).

Versicherungsfreiheit – Gesetzliche Krankenversicherung»3-Jahres-Regel« abschaffenVor In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Stärkung des Wettbe-werbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes – GKV-WSG) am 1. April2007 waren Arbeitnehmer, die eine Beschäftigung miteinem regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt über der Jahresar-beitsentgeltgrenze aufnahmen, von Beginn dieser Beschäfti-gung an krankenversicherungsfrei. Sie konnten damit selbstentscheiden, ob sie weiterhin – freiwillig – gesetzlich ver-sichert bleiben oder sich privat krankenversichern wollen.Seit In-Kraft-Treten des GKV-WSG ist nunmehr nur nochderjenige Arbeitnehmer versicherungsfrei, dessen regel-mäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenzeübersteigt und rückblickend in drei aufeinander folgendenKalenderjahren überstiegen hat (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V).

Eine drei Jahre in die Vergangenheit gerichtete Betrach-tung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts ist insbeson-dere bei Neueinstellungen mit vielen Problemen und mitBürokratie verbunden. Der Arbeitgeber benötigt genaueAuskünfte aus allen Vorbeschäftigungen der vergangenendrei Jahre – einschließlich Unterbrechungen, Entgeltmin-derungen etc. Die Praxis zeigt, dass sich die Krankenkas-sen bzw. die Arbeitnehmer, die grundsätzlich nachweis-pflichtig sind, an die Vorarbeitgeber wenden. Diese sehensich mit einem erheblichen Auskunftsaufwand konfron-tiert. Welche Anforderungen an eine Auskunft bzw.Bescheinigung zu stellen sind und welche Haftungsfolgenfür falsche Auskünfte entstehen können, ist nichtabschließend geklärt.

EinkommensteuerpauschalierungPauschalversteuerte Sachzuwendungen beitragsfrei stellenMit dem Jahressteuergesetz 2007 wurde mit § 37b Ein-kommensteuergesetz (EStG) die Möglichkeit zur Pau-schalbesteuerung von Sachzuwendungen an Arbeitnehmereingeführt. Ziel war vor allem eine Verwaltungsvereinfa-chung. Dem jeweiligen Arbeitgeber sollte erspart werden,von ihm oder einem Dritten an seine Arbeitnehmererbrachte Sachzuwendungen einzeln zuzuordnen und mitder jeweiligen Lohn- und Gehaltsabrechnung abzurech-nen, wenn eine Pauschalbesteuerung in Höhe von 30 %erfolgt. Das Vereinfachungsziel wird jedoch bisher nichterreicht, da eine beitragsrechtliche Flankierung der Pau-schalbesteuerung fehlt und Sachzuwendungen dahergrundsätzlich individuell bei jedem Arbeitnehmer für dieSozialversicherung abgerechnet werden müssen.

GeneralunternehmerhaftungAbschaffung der Generalunternehmerhaftung Ein Haupt-/Generalunternehmer im Baugewerbe haftetfür Verpflichtungen seiner Nachunternehmer in Bezug aufden Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28e Abs. 3a bis3e SGB IV), die Beiträge zur Unfallversicherung (§ 150Abs. 3 SGB VII) und in Bezug auf Mindestlöhne undUrlaubskassenbeiträge (§ 1a Arbeitnehmer-Entsendege-setz – AEntG). Haupt-/Generalunternehmen müssen des-halb vor Auftragserteilung sämtliche Angebote potenziel-ler Nachunternehmen dahingehend überprüfen, ob beiden angegebenen Lohnkosten die Sozialversicherungsbei-träge zutreffend kalkuliert wurden. Soweit die beauftrag-ten Nachunternehmen weitere Nachunternehmen ein-schalten, muss der Haupt-/Generalunternehmer darüberhinaus dafür Sorge tragen, dass auch diese ihre Zahlungs-pflichten erfüllen. Hierzu muss er sich regelmäßig entspre-chende Nachweise der Nachunternehmer vorlegen lassen.Dies erzeugt einen sehr hohen Kontroll-, Kalkulations-und Verwaltungsaufwand.

Unsere Forderung: Die nach § 37b EStG pauschal ver-steuerten Sachzuwendungen sind beitragsfrei zu stel-len. Nur so kann die Zielsetzung des § 37b EStGerreicht und bürokratischer Aufwand in der Lohn- undGehaltsabrechnung vermieden werden.

Unsere Forderung: Die im Rahmen der Gesundheitsre-form 2007 eingeführte »3-Jahres-Regel«, die bei denUnternehmen hohen bürokratischen Aufwand verur-sacht, ist ersatzlos zu streichen und die Rechtslage vonvor dem 1. April 2007 wieder herzustellen.

Unsere Forderung: Das U2-Verfahren sollte abgeschafftwerden. Stattdessen sollten der arbeitgeberfinanzierteZuschuss zum Mutterschaftsgeld sowie das von denKrankenkassen aufgebrachte Mutterschaftsgeld in dasaus Steuermittel finanzierte Elterngeld integriert wer-den. Damit gäbe es nur noch eine einheitliche Geld-leistung in der Zeit vor und nach der Geburt des Kin-des, mit einer einheitlichen Finanzierung aus Steuer-mitteln und einer einheitlichen Abwicklung über diefür das Elterngeld zuständigen Stellen. Damit würdeder heutige »Leistungsdschungel« gelichtet und Arbeit-geber, Krankenkassen und Eltern von bürokratischerBelastung entlastet.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 22

Page 25: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeSozialrecht

23

Zudem muss der Arbeitgeber im Baugewerbe seine Unter-lagen zur Lohn- und Beitragsabrechnung bei der Ausfüh-rung eines Dienst- oder Werkvertrags so gestalten, dasseine Zuordnung des Arbeitsentgelts der eingesetztenArbeitnehmer und des darauf entfallenden Gesamtsozial-versicherungsbeitrags zu dem jeweiligen Dienst- oderWerkvertrag möglich ist. Nach dem Ergebnis des erstenBerichts der Bundesregierung über die Erfahrungen mit§ 28e Abs. 3a bis 3e SGB IV konnten keine der mit derEinführung der Generalunternehmerhaftung verbundenenZielstellungen – Einfluss auf Fälle von illegaler Beschäfti-gung und Schwarzarbeit, positive Auswirkungen auf dieZahlungsmoral sowie verbesserte Durchsetzbarkeit vonAnsprüchen – nachweisbar erreicht werden. Belegt isthingegen der bürokratische Aufwand für Haupt-/General-unternehmer, Nachunternehmer und Einzugsstellen.

BeitragsfälligkeitGleichlauf mit dem lohnsteuerrechtlicher Fälligkeit herstellenZum 1. Januar 2006 wurde die Beitragsfälligkeit in derSozialversicherung vom 15. des Folgemonats auf dendrittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats vorver-legt. Die BDA hat sich im Jahr 2005 im Rahmen desdamaligen Gesetzgebungsverfahrens und auch danachvehement gegen die Vorverlegung ausgesprochen, insbe-sondere aufgrund des damit verbundenen milliarden-schweren Liquiditätsentzuges und des zusätzlichen büro-kratischen Aufwandes bei den Unternehmen. Da zumjetzt geltenden Zeitpunkt der Fälligkeit der Sozialversi-cherungsbeiträge das tatsächliche Arbeitsentgelt unddamit die tatsächliche Beitragsschuld in vielen Fällennoch nicht feststeht, müssen die Betriebe nunmehr oft-mals zunächst eine »voraussichtliche Beitragsschuld«ermitteln, diese dann im Folgemonat korrigieren und mitder Beitragsschuld des aktuellen Monats verrechnen.Besonders Unternehmen mit schwankenden Arbeitsent-gelten und flexiblen Einsatzzeiten sind vom damit verbun-denen deutlich höheren Verwaltungsaufwand betroffen.

BeitragseinzugBeitragsleistung an eine Stelle ermöglichenDer Arbeitgeber muss im Rahmen der Lohn- undGehaltsabrechnung Meldungen, Beitragsnachweise, Sozi-alversicherungsbeiträge und Umlagebeiträge (etwa Umla-geverfahren U1 und U2) an eine Vielzahl unterschiedli-cher Krankenkassen/Einzugsstellen abgeben bzw. über-weisen, nämlich jeweils an die Krankenkasse, bei der derArbeitnehmer versichert ist. Es ist nicht ungewöhnlich,dass der Arbeitgeber bei 100 Arbeitnehmern an 30 bis 40Einzugsstellen mit unterschiedlichen Beitragssätzenmonatlich Beiträge abführen und die entsprechenden Bei-tragsnachweise und Meldungen übermitteln muss. Proble-me entstehen in den Unternehmen auch dadurch, dasszum Teil unterschiedliche Auskünfte von den verschiede-nen Einzugsstellen erteilt werden.

VerdienstbescheinigungenBescheinigungsinhalte und Entgeltbegriffe vereinheitlichenDie Erstellung von Verdienstbescheinigungen verursachtin den Personalbüros erheblichen Aufwand. Das heutigeGesetzesrecht enthält eine große Zahl von Bescheini-gungsvorschriften, die von den Arbeitgebern zu erfüllensind, um den Behörden ihre Arbeit zu erleichtern (Arbeit-geberbescheinigung für die Berechnung des Arbeitslosen-

Unsere Forderung: Der Arbeitgeber muss alle von ihmabzuführenden Sozialversicherungsbeiträge, Umlagebei träge, Meldungen und Beitragsnachweise aneine zentrale Einzugsstelle entrichten können. Die imRahmen des GKV-WSG beschlossenen Weiterleitungs-stellen sind daher zu begrüßen. Das Aufgabenspek-trum der Weiterleitungsstellen muss jedoch ausgedehntwerden, insbesondere müssen sie auch rechtsverbindli-che Entscheidungen gegenüber den übrigen Einzugs-stellen und den für die Betriebsprüfung zuständigenRentenversicherungsträgern treffen können. Sie dürfenzudem nicht erst in 2011, sondern müssen spätestens2010 eingerichtet werden.

Unsere Forderung: Die Beitragsfälligkeit in der Sozial-versicherung muss mit der Fälligkeit der Lohnsteuer –10. des Folgemonats – harmonisiert werden. Dieswürde nachträgliche Korrekturen der Beitragsberech-nungen überflüssig machen und zusätzlich zu Syner-gieeffekten in den Arbeitsabläufen der Lohn- undGehaltsabrechnung der Betriebe führen. Bei derUmstellung muss gewährleistet werden, dass es zu kei-nen Beitragssatzanhebungen in den einzelnen Zweigender Sozialversicherung kommt.

Unsere Forderung: Die Generalunternehmerhaftunggem. § 28e Abs. 3a bis 3e SGB IV, § 150 Abs. 3 SGBVII ist abzuschaffen. Die Haftungsregelung in § 1aAEntG muss zumindest die öffentlichen Arbeitgebermit einbeziehen und verschuldensabhängig ausgestal-tet werden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 23

Page 26: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

24 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeSozialrecht

geldes, Arbeitgeberbescheinigung für die Berechnung desElterngeldes, Arbeitgeberbescheinigung für die Berech-nung des Wohngeldes, Arbeitgeberbescheinigung für dieBerechnung des Zeugengeldes etc.). Dabei variieren dieabgefragten Inhalte und Entgeltbegriffe stark. Für das inden Bescheinigungen einzutragende »Entgelt« bestehenunterschiedliche Begriffsdefinitionen im Sozialversiche-rungs-, Beitrags-, Arbeits- und Steuerrecht.

ELENA – ElektronischerEinkommensNAchweisDeutlich mehr Bescheinigungen müssen entfallenDie politische Entscheidung, den elektronischen Einkom-mensnachweis nach jahrelanger Vorlaufzeit endlich aufden Weg zu bringen, ist grundsätzlich sehr zu begrüßen.Mit dem ELENA-Verfahren sollen die bisherigen Papier-Arbeitgeberbescheinigungen in ein elektronisches Verfah-ren überführt werden. Hierbei übermitteln die Arbeitgeberauf elektronischem Wege monatlich einen Datensatz aneine Zentrale Speicherstelle. Beantragt der Arbeitnehmereine Sozialleistung, so greift die jeweilige Behörde zusam-men mit dem Antragsteller über dessen elektronische Sig-natur auf die Zentrale Speicherstelle zu und überführt dieDaten in die Bescheinigungssoftware der Behörde. Derheute bestehende Medienbruch wird damit aufgehoben.

Die Einführung der multifunktionalen Verdienstbescheini-gung ist eine wichtige Voraussetzung für die praktischeUmsetzbarkeit des ELENA-Verfahrens, denn das Verfah-ren baut unmittelbar auf dem Entgeltdatensatz derEBeschV baut.

Das ELENA-Verfahren soll nun zunächst auf Bescheini-gungen der Bundesagentur für Arbeit beschränkt werden.Durch die Übermittlung eines monatlichen Datensatzeswürden daher lediglich drei statt – wie zunächst vomBundeswirtschaftsministerium geplant – mehr als 20 Ent-gelt- und Bescheinigungspflichten der Arbeitgeber entfal-len. Die mit dem Wegfall von nur drei Bescheinigungs-pflichten verbundene administrative Entlastung derArbeitgeber würde jedoch gerade einmal dazu ausreichen,den Mehraufwand durch die Implementierung desELENA-Verfahrens auszugleichen.

Unsere Forderung: Noch im bevorstehenden Gesetzge-bungsverfahren muss klargestellt werden, welche wei-teren (Entgelt-) Bescheinigungspflichten durch ELENAersetzt werden. Notwendig ist ein klarer Fahrplan zurzeitnahen Ersetzung aller Entgelt- und Bescheini-gungspflichten der Arbeitgeber, so wie ihn der Natio-nale Normenkontrollrat gefordert hat.

Der monatliche vom Arbeitgeber zu übermittelndeDatensatz im ELENA-Verfahren ist zwingend an denVorgaben der EBeschV auszurichten und insgesamtauf die absolut notwendigsten Informationen zubeschränken.

Unsere Forderung: Der Aufwand bei der Erstellungvon Verdienstbescheinigungen muss durch eine Har-monisierung der abgefragten Inhalte und Entgeltbegrif-fe deutlich reduziert werden. Ziel ist die Schaffungeiner multifunktionalen Verdienstbescheinigung, dieder Arbeitnehmer allen Behörden und Institutionenzur Gewährung von Leistungen vorlegen kann. Dieleistungsgewährenden Stellen müssen ihrerseits konse-quent auf die Vorlage der bisherigen Sonderbescheini-gungen verzichten. In diesem Zusammenhang ist esausdrücklich zu begrüßen, dass das Bundesministeri-um für Arbeit und Soziales die Einführung einer ein-heitlichen, multifunktionalen Verdienstbescheinigung –mit der Vorlage eines Entwurfes einer Entgeltbeschei-nigungsverordnung (EBeschV) im Februar 2008 – aufden Weg gebracht hat. Parallel dazu muss aber – wasbisher nicht geschehen ist – auch klargestellt werden,welche der zahlreichen (Entgelt-)Bescheinigungen desArbeitgebers stattdessen wegfallen können.

Daher muss der Gesetzgeber bei allen Verdienstbe-scheinigungen prüfen, ob

1. die multifunktionale Verdienstbescheinigung nachder EBeschV eine gesonderte Arbeitgeberbescheini-gung nach dem jeweils in Frage stehenden Gesetzentbehrlich macht. Nicht zuletzt aufgrund derZielsetzung der Bundesregierung, bis zum Jahr 2011die Bürokratiekosten der Wirtschaft um 25 % zusenken, muss dabei immer eine Vermutungsregel fürdie Entbehrlichkeit gelten. Alles andere würde demSinn und Zweck der EBeschV und demBürokratieabbauziel der Bundesregierung diametralentgegenstehen.

2. das jeweilige Gesetz künftig auch in das ELENA-Verfahren (Verfahren des ElektronischenEinkom-mensNAchweises) einbezogen werden kann, dessenEinführung auf Ebene der Staatssekretäre am19. Februar 2008 beschlossen wurde.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 24

Page 27: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeSozialrecht

25

Übergang der Betriebsprüfung von der Unfall- auf dieRentenversicherungEntlastungspotenzial ausschöpfen – Doppelmeldungen derBetriebe vermeidenAb 1. Januar 2010 werden die Prüfdienste der Rentenver-sicherung in den Unternehmen im Rahmen der Betriebsprü-fung auch die Beitragszahlung zur Unfallversicherung prü-fen. Die gesetzliche Aufgabenübertragung ist bereits durchdas Mittelstandsentlastungsgesetz (MEG) II erfolgt. Ziel warund ist es, dass sowohl der Einzug des Gesamtsozialversi-cherungsbeitrages als auch der Einzug der Un fallversiche-rungsbeiträge in einer einheitlichen Betriebsprüfung erfolgtund die Betriebe von Doppelprüfungen entlastet werden. Zusolchen Doppelprüfungen kann es nach heutiger Rechtslagekommen, wenn ein Unfallversicherungsträger bei einem sei-ner Mitgliedsunternehmen von seinem Prüfrecht nach § 166SGB VII Gebrauch macht; denn in jedem Fall wird derselbeArbeitgeber auch von einem Träger der Rentenversicherunghinsichtlich der Abführung des Gesamtsozialversicherungs-beitrages nach § 28p SGB IV geprüft.

Die jetzt im Kabinettsentwurf des Unfallversicherungsmo-dernisierungsgesetzes (UVMG) vorgesehene Ausgestal-tung des Betriebsprüfungsübergangs stellt das Bürokratie-abbauziel nunmehr jedoch in Frage, da neue Meldepflich-ten für die Arbeitgeber eingeführt werden sollen. Erstmalsüberhaupt soll der Arbeitgeber künftig

• für jeden Arbeitnehmer das in der Unfallversicherungbeitragspflichtige Arbeitsentgelt,

• die Unfallversicherungsmitgliedsnummer seinesBeschäftigungsbetriebes,

• die Betriebsnummer des zuständigen Unfallversiche-rungsträgers und

• die anzuwendende Gefahrtarifstelle

im Rahmen des sog. DEÜV (Datenerfassungs- und -über-mittlungsverordnung)-Verfahrens melden. Für kurzfristigBeschäftigte würde künftig – anders als heute – eineDEÜV-Jahresmeldung zusätzlich notwendig.

Das Aufblähen der DEÜV-Jahresmeldung führt zu erhebli-chen Kosten für die Arbeitgeber, etwa für die Umstellungder DEÜV-Software. Dass zudem künftig Informationendoppelt und in getrennten Verfahren gemeldet werden sol-len, nämlich zum einen arbeitnehmerbezogen mit der Jah-resmeldung nach § 28a SGB IV an die Krankenkassen undzum anderen betriebsbezogen mit dem Lohnnachweis nach§ 165 SGB VII an die Unfallversicherungsträger, ist nicht

nur völlig unverständlich, sondern steht auch dem Ziel derBundesregierung, die Unternehmen spürbar von bürokrati-schen Belastungen zu befreien, diametral entgegen.

Anpassungsprüfungspflicht für Betriebsrenten1-Prozentregelung auf Altzusagen ausdehnenDer Arbeitgeber hat nach § 16 Gesetz zur Verbesserungder betrieblichen Altersvorsorge (BetrAVG) alle drei Jahredie Pflicht, die laufenden Betriebsrenten zu überprüfenund zu entscheiden, ob diese angepasst werden müssen.Hierbei muss er eine Abwägung zwischen den Belangender Versorgungsempfänger und seiner eigenen wirtschaft-lichen Situation vornehmen. Die Anpassung gilt alserfüllt, wenn die laufende Betriebsrente entweder entspre-chend der Inflationsrate oder entsprechend den Nettolöh-nen vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unterneh-mens angepasst wird. Die Anpassung darf lediglich dannunterbleiben, wenn der Arbeitgeber die schwierige wirt-schaftliche Lage des Unternehmens schriftlich dargelegthat. Der Arbeitnehmer hat hierauf ein befristetes Wider-spruchsrecht, sodass die Entscheidung des Arbeitgebersder vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt.

Sowohl die Prüfung als auch die Durchführung der Anpas-sung ist mit einem hohen administrativen Aufwand für dieUnternehmen verbunden. Darüber hinaus bestehen infolgeder vollen gerichtlichen Nachprüfbarkeit der Anpassungs-entscheidung erhöhte Rechtsrisiken und ein hoher Verfah-rensaufwand. Die zwischenzeitlich von der Rechtsprechungentwickelte Kasuistik, wann und in welcher Höhe Betriebs-renten anzupassen sind, hat mittlerweile einen nur noch fürwenige Experten beherrschbaren Komplexitätsgrad erreicht.

Unsere Forderung: Zusätzlicher Meldeaufwand für dieUnternehmen muss verhindert werden. Die für dieBeitragserhebung und Betriebsprüfung notwendigenInformationen dürfen auch künftig nur einmal vomArbeitgeber an die Sozialversicherung gemeldet wer-den. Auf die Ausweitung des DEÜV-Meldeverfahrensmuss daher verzichtet werden. Die Rentenversicherungkann bei ihrer Prüfung auf die Lohnnachweise derUnfallversicherung zurückgreifen. Den Prüfern stehenjedenfalls – wie auch heute schon – die Aufzeichnun-gen der Arbeitgeber zur Verfügung.

Sollte dennoch an der Erweiterung der DEÜV-Jahres-meldung festgehalten werden, müsste dann jedenfallsder gesonderte Lohnnachweis an die Unfallversiche-rungsträger nach § 165 SGB VII, der laut Statisti-schem Bundesamt jährlich Bürokratiekosten in Höhevon 56,5 Mio. € verursacht, entfallen.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 25

Page 28: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

26 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeSozialrecht

Zwar hat der Gesetzgeber für Zusagen, die nach dem 31.Dezember 1998 erteilt wurden, die Möglichkeit geschaf-fen, dass mit der Verpflichtung einer ständigen Anpassungvon 1 % pro Jahr die aufwändige Anpassungsprüfungs-pflicht entfällt. Diese Möglichkeit muss aber auch aufZusagen ausgeweitet werden, die vor diesem Zeitraumgegeben wurden, um die Arbeitgeber von der erheblichenbürokratischen Belastung zu befreien. Zudem würdensowohl Arbeitgeber als auch die Betriebsrentner deutlichan Planungssicherheit und Kalkulierbarkeit gewinnen.

Abfindungen in der betrieblichen AltersvorsorgeAbfindungsmöglichkeiten erweiternDie Möglichkeit, Kleinstrenten abfinden zu können,wurde mit dem Alterseinkünftegesetz 2005 deutlich ver-schlechtert. Zum einen wurde die Betragsgrenze dererlaubten Kapitalabfindung von 2 auf 1 % der monatli-chen Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) abgesenkt, sodass imJahr 2008 lediglich Betriebsrenten mit einer monatlichenLeistung von unter 24,85 € abgefunden werden durften.Zum anderen wurde das Abfindungsverbot auch auf lau-fende Betriebsrentenzahlungen ausgedehnt. Die Verwal-tung von Kleinstrenten verursacht bei den Arbeitgeberneinen erheblichen Aufwand, der in keinem Verhältnis zurRentenleistung steht.

RV-AltersgrenzenanpassungsgesetzAltergrenzenanhebung in der betrieblichen AltersvorsorgevereinfachenDie Anpassung des Betriebsrentengesetzes in § 2 Abs. 1an die Anhebung des Rentenalters in der gesetzlichenRentenversicherung von 65 auf 67 Jahre ist zu kompliziertund wirft darüber hinaus rechtliche Fragen zum Anwen-dungsbereich der Vorschrift auf. Damit wird die Anpas-sung der Betriebsrentensysteme unnötig erschwert. Ver-fehlt ist insbesondere, dass besonders langjährig Versi-

cherte in der gesetzlichen Rentenversicherung von derAltersgrenzenanhebungen in der betrieblichen Altersvor-sorge grundsätzlich ausgenommen werden müssen. Durchdiese Sonderregel wird sich zum einen der Kalkulations-aufwand für die Ermittlung der Höhe der handels- undsteuerrechtlich zu bildenden Pensionsrückstellungen (§ 6aEStG) deutlich erhöhen, da zum Zeitpunkt der Rückstel-lungsbildung unsicher ist, ob ein Arbeitnehmer mit 65Jahren die Altersrente für besonders langjährig Versichertebeziehen kann. Zum anderen führt diese Regelung zueiner ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Arbeit-nehmern. So werden zwei Arbeitnehmer mit gleich langerBetriebszugehörigkeit und gleicher Betriebsrentenzusageunterschiedlich behandelt, nur weil einer von beiden mit65 Jahren eine Altersrente für besonders langjährig Versi-cherte beziehen kann.

EU-Richtlinienvorschlag zur betrieblichen AltersvorsorgeVon EU-Richtlinie zur betrieblichen Altersvorsorge AbstandnehmenDie EU-Kommission hat im Oktober 2007 einen überar-beiteten Richtlinienvorschlag für Mindeststandards in derbetrieblichen Altersvorsorge vorgelegt, der weit reichendeRegelungen vorsieht. Neben anderen belastenden Vor-schriften sollen etwa die Informationspflichten deutlichausgeweitet werden. Vorgesehen ist, den Umfang derInformationspflichten neben der Auskunft über Wert undHöhe der Anwartschaft auch auf »die Bedingungen fürden Erwerb und die Folgen der Anwendung dieser Bedin-gungen bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses«sowie auf »die Bedingungen für die Behandlung ruhenderAnwartschaften« zu erweitern. Diese Informationen sol-len vom Arbeitnehmer jederzeit – ohne weitere Vorausset-zungen – verlangt werden können. Der administrativeAufwand der Versorgungsträger und Arbeitgeber würdesich deutlich erhöhen.

Außerdem sind Regelungen zur Anpassung von ruhendenAnwartschaften vorgesehen. Diese Vorschriften würdeneine Umstellung einer Vielzahl von Versorgungszusagenerforderlich machen. Auch dies würde entsprechendenbürokratischen Aufwand zur Neuberechnung, Verhandlun-gen mit Betriebsrat und Korrekturen von bereits erfolgtenAuskünften nach sich ziehen. Falls die Kommission dabeibleiben sollte, den Anwendungsbereich der Richtliniesogar auf Versorgungszusagen, die in der Vergangenheit

Unsere Forderung: Die Möglichkeiten zur Anpassungvon laufenden Betriebsrenten müssen erweitert undvereinfacht werden. Die Anpassungsprüfungsverpflich-tung sollte nicht nur für Neu-, sondern auch für Altzu-sagen entfallen, wenn sich der Arbeitgeber zu einerjährlichen Anpassung in Höhe von wenigstens 1 % ver-pflichtet. Unsere Forderung: Die Sonderregel für besonders lang-

jährig Versicherte bei der Berechnung anteiligerBetriebsrentenanwartschaften gem. § 2 Abs.1 BetrAVGsollte gestrichen werden.

Unsere Forderung: Abfindungen von unverfallbarenBetriebsrentenanwartschaften sowie laufende Betriebs-renten müssen bis zu einer monatlichen Rente in Höhevon mindestens 2 % der monatlichen Bezugsgröße(§ 18 SGB IV, 2008: 49,70 €) möglich sein.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 26

Page 29: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeSozialrecht

27

gegeben wurden, auszuweiten, würde dies einen weiterendramatischen Zuwachs an Bürokratie verursachen, da eineUmstellung auch für Altzusagen erforderlich wäre.

BilanzrechtsreformSteuerrecht an HGB angleichenDas Bundesministerium der Justiz hat einen Referenten-entwurf zur Reform des Bilanzrechts vorgelegt, der u. a.eine realistischere Bewertung von Pensionsverpflichtun-gen vorsieht. Dies ist zwar grundsätzlich zu begrüßen,jedoch müssen diese neuen handelsrechtlichen Wertansät-ze – anders als im Referentenentwurf vorgesehen – auchfür das Steuerrecht übernommen werden, um zusätzlicheBürokratie für die Unternehmen zu vermeiden. Im Refe-rentenentwurf werden die Mehrkosten infolge der zusätz-lichen Bürokratie mit 75 Mio. € beziffert, die tatsächli-chen Kosten dürften deutlich höher sein.

Für Unternehmen, die heute nach International FinancialReporting Standards (IFRS) bilanzieren, wird im Referen-tenentwurf vorgeschrieben, dass sie zusätzlich im Anhangeine HGB-Bilanz veröffentlichen müssen. Dies würdedazu führen, dass die betroffenen Unternehmen eineBewertung ihrer Pensionsverpflichtungen sowohl nachIFRS-Regeln als auch nach HGB-Regeln vornehmen müs-sen, da die Bewertungsansätze für Pensionsverpflichtun-gen nach IFRS und neuem Handelsrecht teilweise vonei-nander abweichen (insbesondere im Hinblick auf denZinssatz). Die Folge wäre ein weiterer Bürokratie- undKostenaufwand.

Reform des VersorgungsausgleichsAbfindung unbegrenzt ermöglichenDas Bundesministerium der Justiz plant eine grundlegendeReform des Versorgungsausgleichs. Der Referentenentwurfsieht im Kern eine durchgängige Realteilung aller Versor-gungsanwartschaften zwischen den Ehegatten vor. Hierbeisollen auch Betriebsrentenanwartschaften ehezeitanteilig

geteilt und der ausgleichsberechtigte Ehegatte obligatorischin ein Versorgungssystem aufgenommen werden. Lediglichbei monatlichen Betriebsrentenanwartschaften mit einergeringen Höhe (2 % der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV,2008: 49,70 €) besteht für Arbeitgeber einseitig die Mög-lichkeit, diese Anwartschaft im Wege der sog. externenRealteilung abfinden zu können.

Die zwangsweise Aufnahme von betriebsfremden Perso-nen in betriebliche Versorgungssysteme würde einenerheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand nach sichziehen. Die Anzahl der Berechtigten infolge von Ehe-scheidungen würde aufgebläht, ohne dass dies vomArbeitgeber beeinflusst werden könnte. Durch die Teilungvon Anwartschaften fallen viele administrative Pflichten,wie beispielsweise Auskunftserteilungen, Meldungen zumPensions-Sicherungs-Verein, Steuer- und Beitragsabfüh-rung doppelt an. Besonderen Aufwand würden kompli-zierte Nachberechnungen bei geschlossenen Versorgungs-werken und Tarifen verursachen.

EU-Richtlinie BildschirmarbeitBildschirm-Richtlinie streichenDie Richtlinie zur Arbeit an Bildschirmgeräten weisteinen höchst detaillierten technischen Anhang zu denGeräten, der Arbeitsumgebung und der Mensch-Maschi-ne-Schnittstelle auf. Die Regelung geht von einer höherenBelastung durch Bildschirmarbeit aus, und sieht deshalbarbeitsorganisatorische Maßnahmen zur Sicherstellungeiner Mischung von Bildschirmarbeitsanteilen mit ande-ren Arbeiten vor. Viele der genannten Forderungen sinddurch den erreichten Entwicklungsstand der Technologieüberflüssig geworden. Dies gilt vor allem für technischeDetails im Hinblick auf die Software und die Darstellungder Zeichen auf dem Bildschirm (z. B. Beurteilung, ob derBildschirm die geforderten Zeilenabstände oder Zeichen-größe aufweist) als auch für die Anforderungen an dieHardware, das Büromobiliar und die Mischarbeitsgaran-tie. Aufgrund des erreichten Stands der Technik sind diesich aus Bildschirmarbeit ergebenden gesundheitlichenRisiken deutlich geringer zu bewerten, als dies bei derEinführung der Technik erwartet wurde.

Unsere Forderung: Die EU-Richtlinie zur Bildschirm-arbeit muss komplett gestrichen oder zumindest aufwenige, zeitgemäße Inhalte reduziert werden.

Unsere Forderung: Die EU-Kommission sollte vonihrem Richtlinienvorhaben zur betrieblichen Altersvor-sorge Abstand nehmen.

Unsere Forderung: Die Unternehmen sollten Anwart-schaften der ausgleichsberechtigten Ehegatten in unbe-grenzter Höhe abfinden können.

Unsere Forderung: Die Bewertungsansätze des refor-mierten Bilanzrechts bezüglich der Pensionsverpflich-tungen sollten auch für die steuerliche Bewertungübernommen werden. Außerdem sollten IFRS-bilan-zierende Unternehmen nicht verpflichtet werden, einezusätzliche HGB-Bewertung ihrer Pensionsverpflich-tungen vornehmen zu müssen.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 27

Page 30: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

28 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeStatistik

G. Statistik

Föderaler AufbauAufgabenteilung zwischen den Statistischen Ämtern effizientergestaltenEntsprechend dem föderalen Aufbau der Bundesrepubliksind auch die statistischen Aufgaben zwischen Bund undLändern verteilt: Nach dem Grundgesetz erlässt der Bundim Bereich der Statistik die Gesetze, während die Ausfüh-rung dieser Gesetze im Aufgabenbereich der Länder liegt.Alle statistischen Vorhaben müssen mit den Bundesländernin oft aufwändigen Koordinations- und Abstimmungspro-zessen abgestimmt werden. Verschiedene Meldegepflogen-heiten, ein aufwendiger weil dezentralisierter Abruf vonLänderdaten, variierende Begrifflichkeiten und Datenfor-mate, verschieden ausgestaltete Internetseiten und einenicht übereinstimmende Preispolitik sind nur einige Bei-spiele für Belastungen durch das föderale Statistiksystem.In seiner derzeitigen Ausgestaltung führt der Föderalismusin der amtlichen Statistik in vielen Fällen zu Bürokratie,Doppelarbeit und ineffizienter Ressourcenverwendung.

UnternehmensregisterStatistisches Unternehmensregister zügig weiterentwickelnAlle EU-Mitgliedstaaten sind zur Führung eines statisti-schen Unternehmensregisters verpflichtet. In Deutschlandwurde ein Statistikregister aufgebaut, das sich aus Verwal-tungsdatenquellen speist und gegenwärtig rund 4,2 Millio-nen Unternehmen und Betriebe aus nahezu allen Wirt-schaftsbereichen enthält. Das Unternehmensregister wirdzum einen als Hilfsmittel bei der Durchführung von Erhe-bungen und zur Auswertung von Strukturdaten eingesetzt.Des Weiteren ersetzt das Unternehmensregister imBereich der Dienstleistungs- und Handwerksstatistikunterjährige Primärerhebungen und führt somit zu einerdeutlichen Entlastung der Auskunftspflichtigen. Seinezukünftigen Einsatzmöglichkeiten sind stärker darauf aus-gerichtet, durch Zusammenführung und Auswertung ver-schiedener, heute noch isolierter Datenbestände Informa-tionen bereitzustellen, die keine andere Statistik bietet.

Unsere Forderung: Die Weiterentwicklung des derzei-tig dezentral in den Statistischen Landesämterngeführten Unternehmensregistersystems zu einer bun-desweit zentralen Registerdatenbank muss zügigvorangetrieben werden. Voraussetzung für den umfas-senden Einsatz des Unternehmensregisters ist dieinhaltliche Vollständigkeit und Richtigkeit des Regis-ters. Gerade auch der Einsatz als zukünftige Alternati-ve zur Primärerhebung erfordert weitere Verbesserun-gen hinsichtlich Aktualität und Qualität des Unterneh-mensregisters. Die Einführung einer bundeseinheitli-chen Wirtschaftsnummer würde diesen Prozess deut-lich erleichtern.

Unsere Forderung: Die Bund-Länder-Kooperation imBereich der amtlichen Statistik bietet unter demAspekt der Wirtschaftlichkeit nach wie vor ein hohesModernisierungs- und Rationalisierungspotenzial. Esmuss eine klarere Aufgabenteilung zwischen den sta-tistischen Ämtern entstehen, die mehr Wettbewerbsele-mente enthält und dafür sorgt, dass nicht alle Landes-ämter die gleichen Aufgaben im Rahmen der Statistik-produktion durchführen. Die verschiedenen Gepflo-genheiten hinsichtlich der Datenerhebung, -aufberei-tung und -bereitstellung müssen vereinheitlicht wer-den. Die Maßnahmen zur Neuordnung der Bund-Län-der-Kooperation, die die Statistischen Ämter in ihrem»Masterplan der amtlichen Statistik« festgeschriebenhaben, sind hierfür ein guter erster Ansatz.

15 % aller Unternehmen in Deutschland werden zu statistischen Erhebungendes Staates herangezogen, die zu Belastungen für die befragten Unternehmenführen. Es gibt jedoch Wege, statistische Daten so belastungsarm wie möglichzu erheben. So bieten eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den einzel-nen Statistischen Ämtern, die konsequente Nutzung bereits vorhandenerDaten und die volle Ausschöpfung der IuK-Techniken ein erhebliches Entlas-tungspotenzial für die Unternehmen. Auch auf europäischer Ebene könnendurch eine Weiterentwicklung der Intrahandelsstatistik und der EU-Arbeits-kostenerhebung Unternehmen entlastet werden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 28

Page 31: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeStatistik

29

IntrahandelsstatistikEuropäische Intrahandelsstatistik weiter harmonisieren Seit Einführung des Europäischen Binnenmarktes unddem Wegfall der Zollgrenzen innerhalb der EU wird derWarenverkehr mit den EU-Ländern direkt bei den betei-ligten Ländern abgefragt. Zur Intrahandelstatistik (Intras-tat) müssen ca. 13 % aller Unternehmen, die Außenhan-del mit EU-Ländern betreiben, detaillierte Angaben überVersendungen und Eingänge ihrer Waren melden. Intras-tat ist laut der DIW-Belastungsstudie vom Juli 2006 dieStatistik mit dem höchsten Meldeaufwand. Vor diesemHintergrund werden verschiedene Vorschläge zur Verein-fachung, etwa die Einführung des Einstromverfahrensoder die Anhebung der Meldeschwellen, diskutiert.

Informations und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien)Konsequente Ausschöpfung des IuK-PotenzialsDie IuK-Technologien finden bereits breite Anwendung imBereich der amtlichen Statistik und bieten ein enormesPotenzial für die Erfassung, Verarbeitung und Veröffentli-chung statistischer Daten. Der Einsatz der modernenTechnologien bei der Datenveröffentlichung ermöglichteinen vereinfachten Datenzugang und eine benutzer-freundliche und schnelle Weiterverarbeitung der Daten.Auch im Bereich der Datenerhebung finden neue Online-Meldeverfahren verstärkt Anwendung. Hervorzuheben isthier der neue Meldeweg über eSTATISTIK.core. Unter-nehmen können Daten automatisiert aus ihrem betriebli-chen Rechnungswesen »per Knopfdruck« an die Statistik-ämter melden. Diese Form der Datengewinnung und -übertragung bietet vielfältige Entlastungsmöglichkeiten.Sie spart Bearbeitungszeit und somit Kosten und erhöhtdie Aktualität der Daten. Die Datenqualität wird nichtzuletzt dadurch verbessert, dass Fehler, die durch dasmanuelle Ausfüllen von Fragebögen entstehen, vermiedenwerden.

EU-ArbeitskostenerhebungBeschränkung der von der EU-Kommission angeordnetenArbeitskostenerhebung auf Unternehmen mit 20 und mehrBeschäftigtenDie EU-Arbeitskostenerhebung, die alle vier Jahre durch-geführt wird, fragt eine Vielzahl von Merkmalen ab.Dabei handelt es sich nicht allein um die zu zahlendenLöhne und Gehälter, sondern auch um die Erfassung allertariflich oder gesetzlich veranlassten sowie aller freiwilliggewährten Personalzusatzkosten. Dies sind etwa die Bei-träge zur Sozialversicherung, das Entgelt für Fehlzeiten,Sonderzahlungen, Aufwendungen für die Berufsausbil-dung und die betriebliche Altersvorsorge bis hin zu Kanti-nenzuschüssen des Arbeitgebers. Die Erfassung dieserDaten ist sehr arbeits- und zeitaufwendig und belastet ins-besondere kleinere Unternehmen übermäßig. Bisher wur-den nur Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigtenvon der Erhebung ausgenommen.

Dienstleistungskonjunkturstatistikgesetz Verwaltungsdaten konsequent nutzenIm Bereich der Statistik wird durch das Dienstleistungs-konjunkturstatistikgesetz der für die Gesamtwirtschaftimmer bedeutender werdende Dienstleistungsbereich sta-tistisch besser dargestellt. Mit dieser bis zum Ende desJahres 2010 befristeten Bundesstatistik erfüllt die amtlicheStatistik Berichtspflichten nach EU-Recht und schafft eineDatengrundlage für die Wirtschaftspolitik. Durch die weit-gehende Verwendung von Verwaltungsdaten entfallendabei für 33.000 Unternehmen der Dienstleistungsbran-che, die bisher vierteljährlich zur Statistik herangezogenwurden, statistische Berichtspflichten gänzlich. Die ver-

Unsere Forderung: Die von der EU-Kommission ange-ordnete Arbeitskostenerhebung muss auf Unterneh-men mit 20 und mehr Beschäftigten beschränkt wer-den. Dieser Schwellenwert entspricht auch denAbschneidegrenzen vieler Industriestatistiken. DieBundesregierung sollte sich in diesem Sinne gegenüberder EU-Kommission einsetzen.

Unsere Forderung: Die Potenziale einer breiten Anwen-dung der IuK-Technologien gilt es, umfassend undschnell auszuschöpfen. Das neue Meldeverfahren eSTATISTIK.core sollte zu einem Standard-Meldetoolfür alle Statistiken entwickelt werden, auf das dieberichtspflichtigen Unternehmen zurückgreifen können.Die meldepflichtigen Unternehmen sollten andererseitsdieses Angebot verstärkt nutzen. Die damit verbundenenInvestitionen rechnen sich auf beiden Seiten.

Unsere Forderung: Unter konzeptionellen Aspektenwäre die Einführung des Einstromverfahrens der besteWeg, um sowohl Belastungen zu reduzieren, als auchdas Problem der Spiegeldifferenzen zu lösen. PolitischeMehrheiten für diesen Weg sind jedoch nicht in Sicht,so dass andere Ansätze, etwa die Anhebung der Mel-deschwellen, mit Nachdruck verfolgt werden müssen.Dabei ist sicherzustellen, dass auch auf tief gegliederterBranchenebene noch aussagefähige Ergebnisse erzieltwerden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 29

Page 32: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

30 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeStatistik

bleibenden 4.000 Unternehmen dieser Branche werdennur gering belastet. Erfreulich ist aus Sicht der Wirtschaft,dass nach Auslaufen dieser Statistik die Chance besteht,die benötigten Informationen aller Unternehmen derDienstleistungsbranche durch Auswertung von Verwal-tungsdaten zu gewinnen.

Unsere Forderung: Durch das Dienstleistungskonjunk-turstatistikgesetz wurden die Berichtspflichten nachEU-Recht erfolgreich umgesetzt und auf ein Minimumbeschränkt.

Dieses Konzept muss in Zukunft auch bei der Umset-zung weiterer Statistikvorhaben der EuropäischenUnion maßgeblich sein.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 30

Page 33: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeSteuern

31

H. Steuern

Elektronischer DatenzugriffAufbewahrungs- und Mitwirkungspflichten im Zusammenhangmit dem elektronischen Datenzugriff der FinanzverwaltungDie bisher vorgesehenen Regelungen zum elektronischenDatenzugriff bereiten in der Praxis Probleme. Das BMF-Schreiben »Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüf-barkeit digitaler Unterlagen« vom 16. Juli 2001 sowie der»Frage- und Antwortkatalog zum Datenzugriffsrecht derFinanzverwaltung« mit Stand 23. Januar 2008, werdenden Problemen der Praxis nicht gerecht. So müsste etwaalte Hard- und Software ausschließlich zu Zwecken derBetriebsprüfung viele Jahre vorgehalten werden. Diesenbürokratischen Mehraufwand gilt es zu vermeiden.

Elektronische LohnsteuerkarteEinführung der elektronischen Lohnsteuerkarte im Jahr 2011Mit dem Jahressteuergesetz 2008 wird das Ende derpapiernen Lohnsteuerkarte besiegelt. Im Jahre 2011 wirdes nur noch elektronische Lohnsteuerkarten geben. Dabeiwerden unter einer zentralen Bundessteuernummer, diebereits seit 1. Januar 2007 vergeben wird, die Daten derLohnsteuerpflichtigen erfasst. Damit bietet sich die Chan-ce, dass Verwaltungslasten in den Unternehmen abgebautwerden.

Die Einführung der elektronischen Lohnsteuerkartehaben wir bereits in der Stellungnahme zum Steuerände-rungsgesetz 2003 formuliert. Bedauerlich ist daher der

späte Zeitpunkt der Einführung des elektronischen Ver-fahrens.

Konzerninterne Verrechnungspreise für international tätigeUnternehmenAusgestaltung am Grundsatz der VerhältnismäßigkeitorientierenSeit dem Jahr 2003 sind international tätige deutscheUnternehmen verpflichtet, Verrechnungspreise für grenz-überschreitende konzerninterne Transaktionen umfang-reich zu dokumentieren. Diese gesetzliche Verpflichtungwurde durch eine Verwaltungsanweisung vom 12. April2005 (sog. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren) bereitserheblich ausgeweitet. Dies führte dazu, dass insbesonderekleine und mittlere Unternehmen umfangreiche Doku-mentationssysteme intern aufbauen oder extern von Bera-tern zukaufen mussten, um nicht Gefahr zu laufen, mitweit reichenden Strafzuschlägen belastet zu werden.

Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 erfolgtedurch Änderungen des Außensteuergesetzes sowie derGewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV)eine zusätzliche Verschärfung der Dokumentationspflich-ten. So soll künftig der Abschluss eines Umlagevertragesals außergewöhnlicher Geschäftsvorfall mit der Folge derPflicht zur Vorratsdokumentation qualifiziert werden. BeiFunktions- und Risikoänderungen sind Aufzeichnungenüber Forschungsvorhaben und Forschungstätigkeiten zuerstellen. Die Vorlagefrist bei außergewöhnlichenGeschäftsvorfällen wird zudem ohne ersichtlichen Grundvon 60 auf 30 Tage reduziert. Diese Verschärfungen sindmit einem erheblichen organisatorischen Mehraufwandfür die Unternehmen verbunden.

Unsere Forderung: Die errungenen Vorteile dürfen nunnicht leichtfertig aufgegeben werden. Neue Verwal-tungsvorschriften, insbesondere bei den Lohnsteuerab-zugsmerkmalen, und ungenutzte Potenziale, etwaAbfragemöglichkeiten zu Zwecken der Rentenversi-cherung, dürfen die Vereinfachung nicht zunichtemachen.

Unsere Forderung: Die Regelungen zum elektroni-schen Datenzugriff der Finanzverwaltung sind praxis-tauglich auszugestalten. Insbesondere die technischenGegebenheiten sind zu berücksichtigen, um bürokrati-schen Mehraufwand zu vermeiden. Eine Überprüfungder praxistauglichen Ausgestaltung der Regelungen deselektronischen Datenzugriffs hinsichtlich der Gewähr-leistung des Datenschutzes bei Datenträgerüberlas-sung, der notwendigen Archivierung von Daten, Auf-bewahrungspflichten bei Systemumstellung/-abschal-tung und der Nutzung von Auswertungsprogrammensoll vorangetrieben werden.

Ein Großteil der Bürokratiekosten der Unternehmen hat seinen Ursprung imSteuerrecht. Die Unternehmen werden durch eine Vielzahl von Aufbewah-rungs- und Nachweispflichten sowie überzogenen Formerfordernissen erheb-lich belastet. Mittels Erleichterungen für den elektronischen Datenverkehrund eine praktikablere Ausgestaltung der elektronischen Rechnungslegungkönnen die Bürokratiekosten bereits spürbar abgebaut werden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 31

Page 34: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

32 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeSteuern

Aber auch die neuen Regelungen zur Besteuerung vonFunktionsverlagerungen werden erheblichen Verwaltungs-aufwand nach sich ziehen. So sollen zukünftig sämtlicheVerlagerungen, aber zum Teil auch Verdoppelungen vonFunktionen ins Ausland im Rahmen eines Transferpaketsbewertet werden. Abgesehen von dem hiermit verbunde-nen Dokumentationsmehraufwand, handelt es sich umeinen international völlig unüblichen Ansatz, den auslän-dische Fisci kaum akzeptieren werden. Eine Vielzahl vonkosten- und zeitintensiven internationalen Schieds- undVerständigungsverfahren wird die Konsequenz sein.Damit erhöhen sich auch zwangsläufig die Verwaltungs-kosten der Unternehmen.

Rechnungsstellung zu umsatzsteuerlichen ZweckenElektronische Rechnungslegung praktikabler gestaltenDer gemeinsame Binnenmarkt setzt ein funktionierendesUmsatzsteuersystem voraus. Das derzeitige System zeich-net sich durch komplexe Regelungen aus, die auf Seitender Unternehmen zu Steuerrisiken in Höhe des jeweilsanwendbaren Steuersatzes führen. Die Anforderungen,die an die umsatzsteuerliche Rechnungsstellung gestelltwerden, wurden mehr und mehr verkompliziert. Deutsch-land stellt in diesem Bereich höhere Anforderungen alsdies nach EU-Recht vorgesehen ist. Insbesondere derelektronische Rechnungsaustausch wird auf Grund vonbürokratischen Anforderungen erheblich erschwert. Hierlässt das EU-Recht neben der qualifizierten elektroni-schen Signatur auch andere Möglichkeiten der Signaturzu, soweit die Herkunft und die Unveränderbarkeit derDaten sichergestellt sind. Deutschland macht hiervon aberbislang keinen Gebrauch.

Harmonisierung der Besteuerung von Körperschaften inder EUGemeinsame KonsolidierteKörperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKKB)Auf EU-Ebene finden derzeit unter Leitung der EU-Kom-mission intensive Arbeiten an einer gemeinsamen konsoli-dierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKKB)statt. Bisher wird die Bemessungsgrundlage für die Kör-perschaftsteuer in allen EU-Mitgliedstaaten nach derjeweiligen nationalen Gewinnermittlungsmethode errech-net. Dies bedeutet, dass grenzüberschreitend tätige Unter-nehmen bis zu 27 verschiedene Steuersysteme bei derGewinnermittlung berücksichtigen müssen, was zu erheb-lichen Befolgungskosten führt. Die Einführung einerGKKB birgt neben einer substanziellen Senkung deradministrativen Kosten auch weitere Vorteile. Zu nennensind ein EU-konformes Unternehmensteuerrecht, das denVorgaben des Europäischen Gerichtshof im Bereich derdirekten Steuern Rechnung trägt, Erleichterung der grenz-überschreitenden unternehmerischen Tätigkeiten aufgrundder Vereinheitlichung der verschiedenen nationalenGewinnermittlungssysteme sowie eine bessere Vergleich-barkeit der Steuerbelastung in den einzelnen Mitgliedstaa-ten. Aus Sicht der deutschen Regierung soll neben derEinführung einer europaweiten GKKB auch die Fragevon Mindeststeuersätzen bzw. die Einführung von Steuer-satzbandbreiten diskutiert werden, was sowohl von derKommission als auch von einer Reihe von Mitgliedstaatenabgelehnt wird. Aus Sicht deutscher Unternehmen solltedas GKKB-Regelwerk nicht nur auf die Körperschaftsteu-er, sondern darüber hinaus auch für die Ermittlung derGewerbesteuer Anwendung finden.

Unsere Forderung: Die Regelungen zur Rechnungsle-gung zu umsatzsteuerlichen Zwecken sind zu vereinfa-chen, insbesondere die Regelungen für die elektroni-sche Rechnungslegung sind praktikabler auszugestal-ten.

Unsere Forderung: Die Ausgestaltung der Regelungenzur Dokumentation von Verrechnungspreisen solltemit Augenmaß erfolgen und sich am Grundsatz derVerhältnismäßigkeit orientieren. Die deutsche Finanz-verwaltung sollte zudem ihre Betriebsprüfungspraxisso ausgestalten, dass den Unternehmen kein unzumut-barer bürokratischer Mehraufwand entsteht. DieUnternehmen benötigen ausreichend Zeit zur Umset-zung der jeweiligen Anforderungen. Insbesondere fürkleinere Unternehmen stellen Dokumentationspflich-ten eine erhebliche organisatorische Belastung dar,was auch bei der Ansetzung von UmsetzungsfristenBerücksichtigung finden sollte.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 32

Page 35: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeSteuern

33

EinfuhrumsatzsteuerUmstellung des ErhebungsverfahrensBeim derzeitigen System der Erhebung der Einfuhrum-satzsteuer erfolgt die Zahlung der EUSt an den Zoll undein anschließender Vorsteuerabzug über die Umsatzsteu-eranmeldung. Die Entrichtung einerseits und die Geltend-machung im Rahmen des Vorsteuerabzuges andererseitssind sowohl für die Verwaltung als auch für den Beteilig-ten mit einem erheblichen vermeidbaren Aufwand undzusätzlichen Kosten verbunden.

Unsere Forderung: Die Einfuhrumsatzsteuer sollte vonvorsteuerabzugsberechtigten Unternehmen direkt andas Finanzamt entrichtet werden und gleichzeitig alsVorsteuer abzugsfähig sein. Dieses Verfahren ist durchArt. 211 RL 2006/112 EG Mehrwertsteuersystemricht-linie gedeckt und wird bereits seit Jahren von den Nie-derlanden und Österreich praktiziert. Durch den Weg-fall einer gesonderten und frühzeitigen Zahlung vonEUSt an den Zoll würden Geldtransfers in Milliarden-höhe mit entsprechenden »Zinsverlusten« für dieimportierenden Unternehmen vermieden.

Unsere Forderung: Die Umsetzung einer GKKB ist imHinblick auf die sich hieraus ergebenden vielfältigenVorteile für alle Wirtschaftsteilnehmer voranzutreiben.Wie die Kommission und eine Reihe von Mitgliedstaa-ten, lehnen wir eine Vereinheitlichung der Steuersätzegrundsätzlich ab. Auch im Hinblick auf das Einstim-migkeitsprinzip sollte auf eine Vereinheitlichung derSteuersätze verzichtet werden, um eine Einigung überdie Einführung einer GKKB im Rat nicht zu gefähr-den. Wichtigster Aspekt hinsichtlich des Abbaus vonBefolgungskosten ist jedoch die Einbeziehung derGewerbesteuer in das GKKB-Regelwerk.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 33

Page 36: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

34 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeUmwelt und Technik

I. Umwelt und Technik

Anzeigepflicht bei technischer Verbesserung vonIndustrieanlagenWegfall der Anzeigepflicht gem. § 15 BImSchGNach § 15 des Bundes-Imissionsschutzgesetzes(BImSchG) sind Änderungen an genehmigungsbedürfti-gen Industrieanlagen mindestens einen Monat vor Beginnder Änderung schriftlich anzuzeigen. Voraussetzung ist,dass sich die Änderung auf die vom BImSchG geschütz-ten Umweltgüter oder den Menschen auswirkt. Damitsind nicht nur Auswirkungen im negativen Sinne erfasst.§ 15 greift auch bei Änderungen, die Verbesserungen fürdie durch das Gesetz geschützten Umweltgüter nach sichziehen. Die Anzeigepflicht hilft dem Umweltschutz in sol-chen Fällen nicht weiter; sie ist formalistisch und damitüberflüssig.

Mehrfache EmissionserklärungenDoppelte Emissionserklärungen abschaffenDie Bundesrepublik hat aufgrund europarechtlicher Ver-pflichtungen das Europäische Schadstofffreisetzungs- und-verbringungsregister E-PRTR anstelle des bisherigenEuropäischen Schadstoffemissionsregisters EPER einge-führt. Aufgrund des E-PRTR sind Unternehmen verpflich-tet, Erklärungen über die von ihnen verursachten Emis-sionen in die Luft und das Abwasser sowie über die vonihnen verursachten Abfallströme zu erstellen. ÄhnlicheVerpflichtungen gab es bereits im bisher geltenden deut-schen Recht. Die entsprechenden Vorschriften sind abernicht vollständig durch die Einführung des E-PRTR abge-löst worden. Dies betrifft insbesondere die 11. Verordnungzur Durchführung des Bundes-Imissionsschutzgesetzes(Verordnung über Emissionserklärungen und Emissions-berichte – 11. BImSchV), § 36 a des Kreislaufwirtschafts-und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) sowie die nach § 7 Abs.1 Satz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) erlassenenAbwasseremissionserklärungsverordnungen der Länder.Diese Vorschriften sind heute weitgehend überflüssig undverursachen bei den betroffenen Unternehmen doppelteArbeit.

UmweltgesetzbuchIntegrierte Vorhabengenehmigung muss zu EntlastungenführenDie Bundesregierung beabsichtigt die Schaffung einesUmweltgesetzbuches (UGB). Eins der Kernstücke desUGB ist das Recht der Zulassung von Industrieanlagen.Hier sollen mit der sog. »integrierten Vorhabengenehmi-gung« die auch bisher schon koordinierten Zulassungsver-fahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz unddem Wasserhaushaltsgesetz materiell zusammengeführtwerden. Dadurch soll eine Verfahrensvereinfachung unddamit eine Reduzierung der Bürokratiekosten erreichtwerden. Die integrierte Vorhabengenehmigung stellt daseingeführte Begriffssystem der geänderten Gesetze aufeine völlig neue Grundlage und verursacht damit erhebli-che Rechtsunsicherheit. Diese Unsicherheit ist nur durchaufwändige, teure und langwierige Gerichtsverfahren zubeseitigen. Gleichzeitig sind nach der Nullmessung derBürokratiekosten pro Fall höchstens 800 € Einsparungenzu erwarten – bei Kosten von durchschnittlich bisher42.000 € für einen Neuantrag bzw. 88.000 € für einenÄnderungsantrag.

EU-Bodenschutz-RahmenrichtlinieÜberflüssige Bürokratie verhindernDie Kommission hat im September 2006 einen Vorschlagfür eine Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmensfür den Bodenschutz vorgelegt. Die Mitgliedstaaten wer-den durch die Rahmenrichtlinie verpflichtet, Degradati-ons-Risikogebiete auszuweisen und Maßnahmenprogram-me zu deren Schutz aufzustellen. Durch Bodenverunreini-

Unsere Forderung: Die integrierte Vorhabengenehmi-gung muss die eingeführten Rechtsbegriffe erhalten.Andernfalls übersteigen allein die durch sie verursach-ten Prozesskosten für Unternehmen und Verwaltungdie prognostizierten Einsparungen um ein Vielfaches.

Unsere Forderung: Die 11. BImSchV, die Abwasser-emissionserklärungsverordnungen der Länder sowie§ 36 a Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz solltengestrichen werden.

Unsere Forderung: Die Anzeigepflicht nach § 15BImSchG sollte entfallen, soweit die Änderung zurVerbesserung des Umweltschutzes führt.

In der Umweltgesetzgebung sind unnötige und redundante Informations- undBerichtspflichten sowie Regulierungen zu streichen. Insbesondere die EU soll-te die Schaffung neuer Bürokratie vermeiden bzw. im Fall der REACH-Ver-ordnung und der EU-Biozid-Richtlinie die Umsetzung erheblich vereinfachen.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 34

Page 37: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeUmwelt und Technik

35

gungen belastete Standorte sollen saniert werden. DesWeiteren müssen die Parteien einer Grundstücksveräuße-rung der zuständigen Behörde einen Bericht über denZustand des Bodens vorlegen, der zur Aufstellung einesAltlastenkatasters genutzt werden soll. Die in diesesKataster aufzunehmenden Flächen sollen durch chemi-sche Analysen identifiziert werden. Die Pflicht zur Analy-se wird nahezu jeden Industriebetrieb treffen, weil inso-weit u. a. an die in der IVU-Richtlinie genannten Tätigkei-ten angeknüpft wird. Die in der Richtlinie vorgeschlage-nen Vorschriften sind nicht mit dem System des deut-schen Bodenschutzrechts in Einklang zu bringen. DieBundesregierung hat sich im Dezember 2007 auf einevollständige Ablehnung des Richtlinienvorschlags festge-legt. Am 20. Dezember 2007 hat sich der Rat der Europäi-schen Umweltminister zunächst nicht auf einen gemeinsa-men Standpunkt zum Richtlinienvorschlag einigen kön-nen. Sollte die Richtlinie in der Zukunft verabschiedetwerden, würden Unternehmen und Verwaltung erheblicheneue Bürokratielasten aufgebürdet werden.

EU-Biozid-Richtlinie (RL 98/8/EG)Wirkstoffprüfung und Produkt-Zulassung zentralisieren undvereinfachenDie EU-Biozid-Richtlinie ist 1989 in Kraft getreten. Sieregelt die Überprüfung bzw. Bewertung von biozidenWirkstoffen bezüglich einer Aufnahme in die Anhänge derRichtlinie sowie die Zulassung der jeweiligen Produkte,die diese Wirkstoffe enthal ten. Biozid-Produkte sindunverzichtbar für den hohen Gesundheits- und Hygiene-standard unserer Gesellschaft und sichern und verbesserndie Leitungsfähigkeit von Produkten und industriellen Pro-zessen. Das seit 1989 laufende Überprüfungspro gramm füralte Wirkstoffe ist enorm langwierig, kostenintensiv undmit einem sehr hohen büro kratischen Aufwand verbun-den. Es zeichnet sich ab, dass wegen des hohen Auf wan-des in Zukunft weniger als ein Drittel der heute verwende-ten Wirkstoffe auf dem europäischen Markt bleiben wer-den. Negative Auswirkungen für die Gesundheit durch dasFehlen wirksamer Produkte werden bereits befürchtet.

UmweltmanagementsystemeErleichterungen für zertifizierte Unternehmen nach EMAS, ISO14001 Die »Verordnung über immissionsschutz- und abfallrecht-liche Überwachungserleich terungen für nach der Verord-nung (EG) Nr. 761/2001 registrierte Standorte und Or ga-nisationen« kurz EMASPrivilegV, ermöglicht für EMAS-zertifizierte Unternehmen die Inanspruchnahme zahlrei-cher Erleichterungen und Vergünstigungen. Im Wesentli-chen sind dies:

• Verzicht auf die Verpflichtung zur Bestellung vonBetriebsbeauftragten (betrifft Immissionsschutzbeauf-tragter, Abfallbeauftragter, Störfallbeauftragter,Gewässerschutzbeauftragter)

• Durchführung von wiederkehrenden Messungen undPrüfungen mit eigenem Personal

• Erleichterungen bei Berichtspflichten, z.B. 11. BImSchV(wobei diese Verordnung insgesamt überflüssig ist, vgl.oben »mehrfache Emissionserklärungen«)

Es handelt sich ausschließlich um bürokratische Pflichten,die gänzlich entfallen könnten.

Da das Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 sichdem Wesen nach nicht von dem nach EMAS unterschei-det, ist nicht einsichtig, diese Vergünstigungen nur nachEMAS zertifizierten Betrieben zu gewähren, nicht aberden nach ISO 14001 zertifizierten Betrieben. Die Vergüns-tigungen sollten allen Unternehmen gewährt werden, dienachweislich ein Umweltmanagementsystem eingeführthaben.

FKW-Berichtspflichten Abschaffung überflüssiger/überholter/doppelterBerichtspflichtenDie jährlich durchzuführende »Erhebung bestimmter kli-mawirksamer Stoffe« ist aus der früheren »Erhebungbestimmter ozonschichtschädigender und klimawirksamerStoffe« hervorgegangen. Die rechtliche Grundlage findetsich im Umweltstatistikge setz. Die Erhebung soll zur

Unsere Forderung: Ausweitung der EMASPrivilegV aufUnternehmen, die nach ISO 14001 zertifiziert sind.Darüber hinaus sollte insbesondere im Rahmen derKonsolidierung der Beauftragten durch das geplanteUGB geprüft werden, in welchem Umfang nach EMASund ISO 14001 zertifizierten Unternehmen weitereErleichterungen gewährt werden können.

Unsere Forderung: Die komplexen Verfahren zurWirkstoffprüfung und Produkt-Zulassung müssen zen-traler durchgeführt und dabei erheblich vereinfachtund kostengünstiger gestaltet werden.

Unsere Forderung: Der Richtlinienvorschlag der Kom-mission sollte zurückgezogen werden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 35

Page 38: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

36 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeUmwelt und Technik

Erfüllung bestimmter nationaler Verpflichtungen, wie z. B.der Berichtspflichten im Rahmen des Kyoto-Protokollsdienen.

Abgefragt werden Herstellung, Ein- und Ausfuhr sowieVerwendung von insgesamt 67 FKW-Einzelstoffen bzw.Stoffgemischen mit einer Mengenschwelle von 20 kg proJahr bezogen auf den Einzelstoff.

Die Erhebung bereitet den abgefragten Unternehmeneinen erheblichen bürokrati schen Aufwand, auch wennkeine oder nur geringe Mengen verwendet werden. Zu -dem ist die Adressenkartei der zuständigen StatistischenLandesämter erfahrungs gemäß nicht auf dem neuestenStand, so dass es in der Regel bei größeren Unter nehmenzu Mehrfachabfragen oder Fehlabfragen kommt, die auf-wändig korrigiert werden müssen. Der Aufwand zur Bear-beitung der Erhebung steht in keinem Ver hältnis zu ihremNutzen.

REACH-VerordnungEinfache und verständliche Gestaltung der Leitlinien undHilfsmittelDie REACH-Verordnung ist 2007 in Kraft getreten. Sieregelt die Registrierung, Evaluierung, Autorisierung vonStoffen. Einige der derzeit ausgearbeiteten Leitfäden sinddurch ihren Umfang und ihre Komplexität in der Praxisnicht verwendbar. Sie bieten deshalb insbesondere klei-nen und mittleren Unternehmen keine Hilfe zur Umset-zung der REACH-Verordnung. Außerdem liegen die Leit-fäden derzeit vielfach nur in englischer Sprache vor.

Bundesnaturschutzgesetz (§ 34a) Gentechnik-Untersagungsbefugnisse für Naturschutzbehördenstreichen§ 34a Bundesnaturschutzgesetz führt zu bürokrati-schen Hürden, mit denen die Anwendung derGentechnik beeinträchtigt wird. Denn nach dieser Rege-lung kann eine Naturschutzbehörde eines Bundeslandeseine zusätzliche Umweltverträglichkeitsprüfung für denbeabsichtigten Anbau einer bereits behördlich (EU undnationale Zulassung) genehmigten gentechnisch veränder-ten Pflanze von einem anbauenden Landwirt verlangen.Die örtlichen Naturschutzbehörden erhalten dadurch einRecht, den Anbau von EU-weit zugelassenen gentech-nisch veränderten Pflanzen innerhalb eines Gebietes vongemeinschaftlicher Bedeutung oder eines EuropäischenVogelschutzgebietes zu verbieten. Das gleiche gilt für denan solche Gebiete angrenzenden Anbau.

Die derzeitige Regelung verkennt, dass bereits im Rahmendes behördlichen Verfahrens zum Inverkehrbringen dieUmweltverträglichkeit des spezifischen gentechnisch ver-änderten Organismus umfassend überprüft wird und -falls erforderlich – spezielle Auflagen erlassen werden.Durch die bestehenden Regelungen kommt es zu einerDoppelprüfung und dem unnötigen Aufbau bürokrati-scher Hürden. Nur wenn die jeweilige gentechnisch ver-änderte Pflanzenart sicher ist für Mensch, Tier undUmwelt, erhält sie die Genehmigung zum Inverkehrbrin-gen. Dem »erhöhten Vorsorgemaßstab«, der in derBegründung für die Einrichtung der Regelung im Bundes-naturschutzgesetz als Rechtfertigung angeführt wird, istsomit bereits auf der EU-Ebene Rechnung getragen. DieUntersagungsbefugnis durch untergeordnete Naturschutz-behörden entwertet nachträglich die erteilte Inverkehr-bringungsgenehmigung und schafft Rechtsunsicherheit.

Unsere Forderung: Die Untersagungsbefugnisse fürNaturschutzbehörden (§§ 16 und 16 a Gentechnikge-setz in Verbindung mit § 34a BNatSchG) sind zu strei-chen, um die freie Verkehrsfähigkeit von genehmigtenGruppenfreistellungsverordnung (GVO) zu bewahren.

Unsere Forderung: Die Leitlinien und Hilfsmittel müs-sen für die praktische Anwendung in allen Unterneh-men geeignet sein. Sie müssen deshalb einfach undverständlich gestaltet werden.

Unsere Forderung: Streichung dieser Abfrage undErfüllung der deutschen Kyoto-Verpflichtungen überdie ohnehin erforderliche Angabe der Summe der tat-sächlichen FKW bzw. HFKW- Emissionen mit einerMengenschwelle von 100 kg pro Jahr im Rahmen derPRTR-Regulierung. Diese Erhebung erfasst die Emissi-onsquellen mit einer weitaus höheren Genauigkeit alsdie Statistikabfrage und gleicht damit die eventuellenUnterschiede in der Klimawirksamkeit der Einzelkom-ponenten aus.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 36

Page 39: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeVerbraucherschutz

37

J. Verbraucherschutz

CE-Kennzeichnung und EU-SicherheitszeichenDoppelte Prüfung derselben Sachverhalte schafft nicht mehrSicherheit – Bestehende Regularien reichen ausDas derzeit diskutierte freiwillige oder verpflichtende EU-Sicherheitszeichen kann den gewünschten Schutz des Ver-brauchers nicht herstellen. Es wird unlautere Herstellernicht davon abhalten, unsichere Produkte mit gefälschtenPrüfzeichen zu versehen. Auch eine Zertifizierung löst die-ses Problem nicht. Neben der CE-Kennzeichnung sinddaher weitere EU-Prüfzeichen mit gleichem technischemInhalt zu vermeiden. Sie würden die Ziele des »NeuenAnsatzes« untergraben, bürokratischen Mehraufwanderzeugen und wären sachidentisch mit der CE-Kennzeich-nung, welche bereits die Bereiche Sicherheit und Gesund-heit abdeckt. Weitere freiwillige Drittprüfzeichen führennur zur Verwirrung der Verbraucher, die bereits die heuteexistierende Flut an freiwilligen Drittprüfzeichen nichtmehr überschauen können. Abhilfe schafft allein eine star-ke Marktüberwachung. Die dafür zuständigen Behördensind gefordert, schwarze Schafe vom Markt fernzuhaltenund somit die Verbraucher wirkungsvoll zu schützen.

Fertigverpackungsvorschriften für Kohleprodukte (§ 31Abs. 2 Nr. 3)Wettbewerbsverzerrende Vorschriften streichen§ 31 Abs. 2 Nr. 3 der Fertigverpackungsverordnungschreibt vor, dass Kohleprodukte nur in Verpackungenvon 25, 50 oder 75 Kilogramm Gewicht verkauft werdendürfen. Dies gilt nicht, soweit die verkaufte Kohle auseinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemein-schaft stammt. Die Beschränkung auf die genannten Ver-packungsgewichte für in Deutschland produzierte Kohle-produkte verzerrt den Wettbewerb zu Lasten deutscherUnternehmen und geht im Übrigen an den heute nachge-fragten Gebindegrößen vorbei.

Health-Claims VerordnungNicht abschließende Listen Nährwert- undgesundheitsbezogener Angaben benutzenNach der seit Juli 2007 in Kraft getretenen EU- Health-Claims-Verordnung müssen europaweit Nährwert- undgesundheitsbezogene Angaben wie »fettarm« oder »bal-laststoffreich« spezifische Verwendungsbedingungen erfül-len. Verboten sind alle Angaben, die nicht ausdrücklicherlaubt sind. Dies kann zur Belastung insbesondere fürkleine und mittelständische Unternehmen werden, dadiese Produktinnovationen mit Gesundheitsnutzen erstnach Durchlaufen aufwendiger europäischer Zulassungs-verfahren kommunizieren können.

Nährwertangaben auf LebensmittelnAuf verpflichtende Nährwertangaben verzichtenEU-weit sollen nach einem Verordnungsvorschlag derEU-Kommission detaillierte Nährwertangaben aufLebensmitteln verpflichtend werden. Die Herstellerzwingt eine verpflichtende Nährwertangabe, ihre Produk-te untersuchen zu lassen, um genaue Angaben zu den vor-handenen Nährstoffmengen machen und entsprechendEtiketten überarbeiten zu können. Dies ist mit erhebli-chen bürokratischen Lasten und Anpassungskosten insbe-sondere für kleinere Hersteller verbunden.

Unsere Forderung: Der weitaus unbürokratischere undinnovationsfreundlichere Ansatz sind nicht abschlie-ßende Listen, die über Anzeigeverfahren nach wissen-schaftlicher Bewertung durch die Europäische Behör-de für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erweitert werdenkönnen. Bleibt es bei der jetzigen Verordnung, sind beider Formulierung der Nährwertprofile wissenschaftli-che Begründungen erforderlich, die die Bedeutung ein-zelner Lebensmittel im Verhältnis zur Ernährung ins-gesamt berücksichtigen.

Unsere Forderung: § 31 Abs. 2 Nr. 3 der Fertigverpa-ckungsverordnung sollte gestrichen werden.

Unsere Forderung: Der Verbraucherschutz lässt sichnur durch eine starke Marktüberwachung verbessern.Die bestehenden Regularien reichen inhaltlich völligaus. Jedes zusätzliche Zeichen steigert den Aufwandund hält unseriöse Hersteller nicht von Fälschungenab.

Der Aufbau neuer Bürokratie insbesondere auf EU-Ebene trägt nicht zumSchutz der Verbraucher bei, belastet aber die Unternehmen. Vor einer Ände-rung des geltenden Rechts sollte daher eine saubere Kosten-Nutzen-Analysedurchgeführt werden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 37

Page 40: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

38 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeVerbraucherschutz

VerbraucherinformationsgesetzAuf gesetzlich verankerten Informationsanspruch gegenüberUnternehmen verzichtenIm Zuge des Verbraucherinformationsgesetz wurden dieInformationsrechte der Verbraucher ausgeweitet. Behör-den können nun auch solche Informationen an Verbrau-cher weitergeben, die sich nicht auf rechtskräftig festge-stellte Verstöße beziehen und die nicht auf Vollständigkeitund Richtigkeit geprüft wurden. Von einem gesetzlichenInformationsanspruch gegenüber Unternehmen wurdeabgesehen. Dies wird von der Wirtschaft begrüßt, da miteinem gesetzlichen Informationsanspruch ein hoher büro-kratischer Aufwand einher gehen würde, der gerade fürkleinere und mittlere Unternehmen nicht tragbar wäre.Gegenüber ausländischen Anbietern würde ein gesetzli-cher Informationsanspruch die einheimischen Anbieterbenachteiligen.

Unsere Forderung: Auf eine verpflichtende Regelungsollte verzichtet werden. Vielmehr ist der deutschenVorgehensweise zu folgen, nach der Hersteller erwei-terte Nährwertangaben auf freiwilliger Basis auf ver-packte Lebensmittel anbringen.

Unsere Forderung: Auch im Zuge der Überprüfung desVerbraucherinformationsgesetzes im Jahr 2009 sollteauf einen gesetzlich verankerten Informationsanspruchgegenüber Unternehmen verzichtet werden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 38

Page 41: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeVergabe

39

K. Vergabe

EignungsnachweiseEntbürokratisierung und Vereinfachung derNachweiserbringungUnternehmen, die sich auf öffentliche Aufträge bewerben,müssen mittels Eignungsnachweisen ihre Fachkunde,Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit belegen. Zumeistwerden dafür formelle Nachweise von der anbietendenWirtschaft gefordert, die mehrmals jährlich aktualisiertwerden müssen.

LandesvergabegesetzeAbschaffung unnötiger RegelungenLandesvergabegesetze stellen besonders für die anbieten-den Unternehmen eine hohe bürokratische Belastung dar.Dies gilt nicht nur für die zumeist in solchen Regelwerkenenthaltenen vergabefremden Aspekte (insbesondere Tarif-treueregelungen), sondern auch für alle anderen landes-spezifischen Sonderregelungen. Unternehmen, die bun-desweit anbieten, müssen sich mit enormem Aufwand beijeder Ausschreibung auf neue Aspekte einstellen.

Vergabefremde KriterienAbschaffung aller existierenden und Verzicht auf die Aufnahmeneuer vergabefremder KriterienVergabefremde Kriterien, namentlich Sozial- und Umwelt-kriterien (z. B. Tariftreue, Ausbildungsplatzförderung undgrüne Beschaffung) rücken derzeit immer stärker in dasBlickfeld der politischen Akteure. Obwohl die mit denKriterien verfolgten politischen Ziele für sich betrachtetgrößtenteils unterstützenswert sind, erweist sich das Ver-gaberecht nicht als probates Mittel zur Umsetzung. Denndie Berücksichtigung vergabefremder Aspekte im Vergabe-verfahren verfälscht den Wettbewerb um das wirtschaft-lichste Angebot zu Lasten der öffentlichen Haushalte undfördert deren Korruptionsanfälligkeit. Die Einhaltung derwettbewerbsfremden Aspekte ist nicht kontrollierbar, wiedie Beispiele aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt zeigen. Dort wurden die Tariftreueregelungen nachkurzer Zeit wieder aufgehoben.

Unsere Forderung: Aus den genannten Gründen sollteauf die Aufnahme vergabefremder Kriterien durch eineRegelung im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkun-gen (GWB) verzichtet werden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit der Rüf-fert-Entscheidung eine für das nationale Vergaberechtbedeutsame Entscheidung zu Tariftreueregelungengetroffen (Rs. C - 46/06 v. 3. April 2008). Danach ist dieBestimmung des Niedersächsischen Landesvergabege-setzes, nach der öffentliche Aufträge für Bauleistungennur an solche Unternehmen vergeben werden dürfen,die sich schriftlich verpflichten, ihren Arbeitnehmernmindestens das am Ort der Ausführung tarifvertraglichvorgesehene Entgelt zu zahlen, nicht mit der europäi-schen Entsenderichtlinie vereinbar. Die Entscheidungbestätigt die ablehnende Haltung von BDI und BDAgegenüber der Forderung von Tariftreueerklärungen beiöffentlichen Aufträgen. Mit der Entscheidung dürftenalle Tariftreueregelungen in Landesvergabegesetzen mitdem europäischen Recht unvereinbar sein. Dies betrifftneben Niedersachsen auch Bayern, Berlin, Bremen,Hamburg, Hessen, Saarland und Schleswig-Holstein.

Unsere Forderung: Sämtliche Landesvergabegesetzesollten umgehend abgeschafft werden.

Unsere Forderung: Wir setzen uns für eine deutlicheReduzierung der Anzahl von Eignungsnachweisensowie eine vereinfachte Form der Nachweiserbringungein. Insbesondere für kleine und mittlere Unterneh-men ist der Nachweis ihrer Eignung mit erheblichemZeit- und Kostenaufwand verbunden. In diesemZusammenhang streben wir die Vereinfachung der zuerbringenden Eignungsnachweise durch Präqualifikati-on/Zertifizierung an. Die Vorlage eines anerkanntenZertifikats für einen bestimmten Zeitraum soll denVerwaltungsaufwand für Unternehmen erheblich ein-schränken. Nachdem ein Präqualifikationsverfahrenim Baubereich bereits gestartet wurde, gilt es nun,auch für den Liefer- und Dienstleistungsbereich eingeeignetes Verfahren zu installieren.

Bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge müssen vielfältige Vergaberege-lungen beachtet werden. Im Sinne des Bürokratieabbaus sollten Eignungs-nachweise reduziert sowie Landesvergabegesetze und vergabefremde Kriterien abgeschafft werden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 39

Page 42: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

40 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeVerkehr

L. Verkehr

Infrastrukturausbau im See- und LuftverkehrStärkere koordinierende Rolle des Bundes beim Ausbau derSeehäfen und AirportsLuft- und Seeverkehr sind als Wachstumsbranchen Motorder deutschen Wirtschaft. Ein bedarfsgerechter Infrastruk-turausbau ist deshalb entscheidend für den Logistikstand-ort Deutschland. Ausbau und Finanzierung von Seehäfenund Airports liegen aber faktisch in der Zuständigkeit derBundesländer. Der Bund übernimmt die Fernverkehrsan-bindungen, beim Seeverkehr zudem die seewärtigenZufahrten. Er reagiert damit nur auf die Infrastrukturent-scheidungen der Länder, ohne selbst Einfluss auf gesamt-wirtschaftlich vorrangige Projekte im Luft- und Seever-kehr nehmen zu können. Im Rahmen der Föderalismus-kommission II strebt die Bundesregierung eine Novellie-rung des Raumordnungsgesetzes an. Zentrale Anliegenkönnten dabei frühzeitige und umfassende Informations-pflichten der Länder gegenüber dem Bund sein. Außer-dem sollte dem Bund die Möglichkeit eingeräumt werden,stärker als bislang Investitionsprioritäten durchzusetzen.Damit könnte der Bund eine stärkere koordinierendeRolle übernehmen. Der Abstimmungsbedarf zwischenBund, Ländern und Kommunen verursacht hohe Kosten,verlängerte Planungszeiten und die verzögerte Umsetzungvon volkswirtschaftlich notwendigen Infrastrukturmaß-nahmen. Solange keine reine Bundeszuständigkeit fürSee- und Flughäfen besteht, ist es angesichts knapperFinanzmittel richtig und wichtig, die Investitionen aufInfrastrukturengpässe zu konzentrieren.

Verwaltung der BundesfernstraßenBundesverantwortung stärken, Transparenz schaffenDie historisch gewachsene Zuständigkeitsverteilung zwi-schen Bund und Ländern bei der Verwaltung der Bundes-fernstraßen sollten schrittweise entflochten und moderni-siert werden, um sie für die gewandelten Anforderungenfit zu machen. Für besonders wichtige Fernstraßen imnationalen und internationalen Verkehr, sollte der Bunddie Möglichkeit haben, die Aufgabenverantwortungumfassend an sich zu ziehen. Dazu sollte Artikel 90Grundgesetz ergänzt werden, damit der Bund diese Infra-strukturen in eine bundeseigene Verwaltung übernehmenkann. Bei der Erfüllung der damit verbundenen operati-ven Aufgaben kann sich der Bund der Expertise Privaterbedienen. Die Straßenbauverwaltungen sollten durch dierasche Einführung moderner Kosten- und Leistungsrech-nungssysteme in die Lage versetzt werden, Kosten undLeistungen der Verwaltung einzelnen Straßenprojektenzuzuordnen. Der Wert der Infrastruktur als Vermögen desStaates würde sichtbar und zugleich würde der Stellen-wert der Erhaltung des Netzes steigen, weil Vernachlässi-gungen als Vermögenseinbußen sichtbar werden. Im Rah-men eines länderübergreifenden Benchmarkings könnenAnreize für die besonders kosteneffiziente und effektiveVerwaltung der Straßen gesetzt werden. Einheitliche Ver-waltungsverfahren und die Standardisierung von Abläu fenkönnen zu höherer Kosteneffizienz und damit einer effi-zienteren Verwendung der knappen, verfügbaren Mittelführen.

Unsere Forderung: Das System der Auftragsverwaltungsollte vor dem Hintergrund eines weiter wachsendenErhaltungsaufwandes in einem dichten Infrastruktur-netz modernisiert werden. Die Beziehungen von Bundund Länder bei Planung, Bau, Erhaltung und Betriebder Fernstraßen sollten soweit entflochten und moder-nisiert werden, dass Bund und Länder so effizient wiemöglich arbeiten können.

Unsere Forderung: Der Bund muss verstärkt eine koor-dinierende Rolle beim Infrastrukturausbau für See-und Luftverkehr übernehmen. Kurzfristig muss esdurch eine Änderung des Raumordnungsgesetzes demBund ermöglicht werden, frühzeitig und effektiv Ein-fluss auf Infrastrukturentscheidungen über Investitio-nen zu nehmen.

Mobilität und Logistik sichern Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung fürden Standort Deutschland. Grundvoraussetzung dafür ist eine optimale Infra-strukturqualität. Dazu gehört auch, dass die Bundesverantwortung für denAusbau von Hauptverkehrsachsen und zentralen Knoten im Land-, Luft- undSeeverkehr gestärkt wird. Verschärfte Sicherheitsbestimmungen, die denAußenhandel lähmen, gilt es zu verhindern.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 40

Page 43: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeVerkehr

41

Sicherheit im US-Fracht- und PersonenverkehrVerschärfte Sicherheitsbestimmungen verhindernAnfang August 2007 hat die amerikanische Regierungeine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen im Fracht-und Personenverkehr beschlossen. Das Gesetz schreibtunter anderem vor, dass in spätestens fünf Jahren jedereinzelne für die USA bestimmte Schiffscontainer in denAbgangshäfen durchleuchtet werden soll. Dadurch würdeder transatlantische Güterverkehr erheblich beeinträch-tigt. Allein von den wichtigsten deutschen Häfen für US-Verkehre, den Bremischen Häfen, gehen jährlich übereine Million Container in die USA. Um sie zu durch-leuchten, müsste in den Häfen massiv nachgerüstet wer-den. Dies würde die logistischen Abläufe der USA-Ver-kehre verteuern und spürbar ins Stocken bringen. Durch-schnittlich 5 bis 10 Minuten erfordert das Screening eineseinzelnen Containers. Die Überprüfung eines großen Con-tainerschiffs würde dann die Abfertigung um bis zu 1.600Stunden, d.h. fast 70 Tage, verzögern. Das Gesetz siehtferner vor, dass auch Luftfracht in spätestens drei Jahreneiner vollständigen Sicherheitsüberprüfung unterzogenwerden soll. Aufwand und Wirksamkeit dieser Vorschlägefür mehr Sicherheit stehen aber in keinem angemessenenVerhältnis. Die deutsche Wirtschaft respektiert das Sicher-heitsbedürfnis der USA und unterstützt verhältnismäßigeMaßnahmen zur Terrorismusabwehr. Notwendig ist aberauch die gebotene Balance zwischen Schutzmaßnahmenund dem freien Welthandel.

Unsere Forderung: Helfen würde eine bessere Koope-ration der Amerikaner mit ihren Handelspartnern inder EU. Die bessere Zusammenarbeit zur Terrorbe-kämpfung im internationalen Handel und die gegen-seitige Anerkennung von Sicherheitsprogrammen sindKernstücke der transatlantischen Wirtschaftsintegrati-on, die US-Präsident Bush, Bundeskanzlerin Merkelund Kommissionspräsident Barroso auf dem EU-US-Gipfel im April in Washington vereinbart haben. Dasvorliegende Gesetz konterkariert diese Vereinbarungund widerspricht allen bisherigen Zoll-Sicherheits -initiativen, die auf einer gezielten Risikoanalyse bzw.der Vorabübermittlung von Daten und deren Auswer-tung basieren.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 41

Page 44: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

42 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeZoll

M. Zoll

Versand- und AusfuhrverfahrenSelbstvergabe der Movement Reference Number (MRN)Bei Eröffnung eines Versandverfahrens mit NCTS (NewComputerized Transit System) und zukünftig auch bei derelektronischen Ausfuhranmeldung kann der Wirtschafts-beteiligte den Versand erst nach einer Rückmeldung desZolls (Überlassung mit Movement Reference Number(MRN)) durchführen. Die MRN wird dabei vom Zoll ver-geben und muss der Sendung vom Unternehmen zugeord-net werden.

VersandverfahrenVereinfachung des VersandverfahrensBei der Eröffnung eines Versandverfahrens wird der Wirt-schaftsbeteiligte zum Hauptverpflichteten des Verfahrensund muss dafür Sorge tragen, dass das Verfahren nachAnkunft beim Empfänger ordnungsgemäß beendet wird.Das Zusammenspiel zwischen Hauptverpflichtetem undEmpfänger gestaltet sich nach aktuellem Recht sehrschwierig.

AnschreibeverfahrenVerzicht auf Zusatzmeldungen und Anmeldung auf fremdenNamenBei der Zollabfertigung im Anschreibeverfahren findetunverzüglich nach Wareneingang eine Anschreibung inder betrieblichen Buchführung statt, die mindestens die

Angaben der vereinfachten Zollanmeldung enthaltenmuss. Daraufhin erfolgt eine Anschreibungsmitteilung anden Zoll. Innerhalb einer vom Zoll festgelegten Frist (z.B.einmal im Monat) muss der Anmelder eine ergänzendeZollanmeldung abgeben.

Vorab-Anmeldungen im Rahmen der EU-ZollsicherheitsinitiativeGlobalanmeldung für zuverlässige Unternehmen oder deutlicheReduzierung des DatensatzesAb 1. Juli 2009 müssen in der EU Vorab-Anmeldungen zueinem bestimmten Zeitpunkt vor der tatsächlichen Ein-und Ausfuhr abgegeben werden, wobei sich die Fristenund der Umfang der Anmeldung nach der Art des Trans-portmittels richten. Der Datensatz dieser zusätzlichenZollanmeldung ist je nach Transportmittel unterschiedlichund umfasst 23 Informationen bei der Ausfuhr und zwi-schen 26 und 29 Informationen bei der Einfuhr. »Zuge-lassene Wirtschaftsbeteiligte« (Authorized Economic Ope-rators – AEO) haben die Möglichkeit, einen reduziertenDatensatz von 20 Feldern bei der Einfuhr bzw. 14 Feldernbei der Ausfuhr abzugeben. In den vereinfachten Einfuhr-verfahren sind 21 bis 23 Daten zu melden, in den verein-fachten Ausfuhrverfahren zwischen 17 und 19 Daten.

Unsere Forderung: Im vereinfachten Verfahren/Anschreibeverfahren sollte es ausreichen, dass dieWarenbewegung in den Büchern des Wirtschaftsbetei-ligten registriert wird. Weitere elektronische Meldun-gen sollten auf ein Minimum reduziert werden. DieKontrolle kann jederzeit bei Bedarf im Unternehmenstattfinden. Das Anschreibeverfahren sollte des Weite-ren so vereinfacht werden, dass der Wirtschaftsbetei-ligte (Zollvertreter) in fremdem Namen anmeldenkann, ohne dass es auf die Anschreibung in denBüchern des Vertretenen ankommt. Dies vermeidetdoppelte Buchführungspflichten.

Unsere Forderung: Die Schnittstelle zwischen Haupt-verpflichtetem und Empfänger im Versandverfahren(Übergabe) sollte vereinfacht werden. Der Hauptver-pflichtete sollte zum Beispiel die Möglichkeit haben,aufgrund der Quittierung des Warenempfängers dieWare zur Beendigung des Versandverfahrens in einenStatus zu überführen, für den der Empfänger verant-wortlich ist.

Unsere Forderung: Im vereinfachten Verfahren solltenWirtschaftsbeteiligte anhand eines vom Zoll vorabzugeteilten Nummernkreises Movement ReferenceNumbers (MRN) selbst vergeben können. Dies würdesowohl bei der Zollverwaltung als auch bei den Wirt-schaftsbeteiligten einen aufwendigen und kosteninten-siven Datenaustausch vermeiden.

Um den deutschen Außenhandel zu erleichtern und Deutschland als führen-de Exportnation zu stärken, sollten bestehende Zollverfahren vereinfacht undunnötige Melde- und Informationspflichten gestrichen werden.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 42

Page 45: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeZoll

43

NichterhebungsverfahrenReduzierung des DatensatzesUnabhängig von der Art des Verfahrens, in das die Warebei der Einfuhr überführt werden soll, müssen bei derZollanmeldung alle Angaben gemäß Merkblatt zum Ein-heitspapier gemacht werden. Dies ist bei Nichterhebungs-verfahren ein unnötiger bürokratischer Aufwand, da fürdiese Verfahren nicht alle Angaben erforderlich sind.

Unsere Forderung: Der Datenkranz bei der Überfüh-rung von Waren in ein Nichterhebungsverfahren sollteauf die für das jeweilige Verfahren relevanten Angabenreduziert werden. Angaben aus rein statistischenGründen sollten entweder komplett wegfallen oder aufein Minimum reduziert werden.

Unsere Forderung: Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten,die vom Zoll geprüft wurden und nachweislich zuver-lässig sind, sollte eine pauschale und globale Voranmel-dung (mit nachträglicher regelmäßiger Sammelanmel-dung) ermöglicht werden, da bei ihnen auf eine einzel-fallgebundene Meldung aus Sicherheitsgründen ver-zichtet werden kann. Hilfsweise (falls an einer transak-tionsgebundenen Einzelmeldung festgehalten werdensollte) sollte der Datensatz für AEO auf ein absolutesMinimum reduziert werden (z.B. Absender, Empfänger,Warenart). Alle anderen Daten des Anhangs 30 A derZollkodex-Durchführungsverordnung sollte der AEOmit der nachfolgenden Zollanmeldung abgeben können.

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 43

Page 46: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

44 BDI – Bundesverband der Deutschen IndustrieBDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und ArbeitsplätzeImpressum

BDI-Drucksachen-Nr. 409Mai 2008

Herausgeber:Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI)www.bdi.eu

Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)www.bda-online.de

Haus der Deutschen WirtschaftBreite Straße 2910178 BerlinPostanschrift:11053 Berlin

Ansprechpartner:BDI:Nils HesseReferent Abteilung Wettbewerb, Öffentliche Aufträge, VerbraucherT.: +49 30 2028-1752F.: +49 30 [email protected]

BDA:Nora BraunReferentin Abteilung ArbeitsrechtT.: +49 30 2033-1212F.: +49 30 [email protected]

Redaktion:Nils Hesse, BDIKlaudia Buddemeier, BDA

Fotos:Photocase: www.photocase.com; adpic: www.adpic.de

Verlag:Industrie-Förderung Gesellschaft mbH

Gestaltungskonzept:Factor Design

Layout und Druck:DCM Druck Center Meckenheim

Impressum

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 44

Page 47: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

75417_BDI_Buerokratie 29.05.2008 10:09 Uhr Seite 1

Page 48: Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

Bürokratie abbauen – Mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze

BDI und BDA zur Deregulierung und zum Abbauvon Bürokratiekosten

75417_BDI_BuerokratieUm 29.05.2008 10:08 Uhr Seite 1