Bäume des Lebens wurzeln in Jena Wissenschaftshistoriker ... · neue Techniken und Methodiken zum...

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URL: http://www.uni-jena.de/Forschungsmeldungen/FM161201_Stammbaum150.pdf Bäume des Lebens wurzeln in Jena Wissenschaftshistoriker erinnern in "Nature" an 150 Jahre Stammbäume Foto: Jan-Peter Kasper/FSU Prof. Dr. Uwe Hoßfeld (l.) und Dr. Georg S. Levit erinnern in "Nature" an 150 Jahre Stammbäume und den Schöpfer Ernst Haeckel. Wie visualisiert man Vielfalt? Mit dieser Frage sahen sich Biologen im 19. Jahrhundert konfrontiert, als ihnen nicht nur die Diversität der Pflanzen- und Tierarten bewusst wurde, sondern auch, dass diese miteinander in Verbindung stehen. Die Antwort lieferte schließlich Ernst Haeckel. Der berühmte Gelehrte schuf ausgehend von der Darwinschen Evolutionstheorie vor genau 150 Jahren in Jena den ersten Darwinschen phylogenetischen Stammbaum der Organismen und Bäume des Lebens wurzeln in Jena 1

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URL: http://www.uni-jena.de/Forschungsmeldungen/FM161201_Stammbaum150.pdf

Bäume des Lebens wurzeln in Jena

Wissenschaftshistoriker erinnern in "Nature" an 150 JahreStammbäume

Foto: Jan-Peter Kasper/FSU

Prof. Dr. Uwe Hoßfeld (l.) und Dr. Georg S. Levit erinnern in "Nature" an 150 Jahre Stammbäumeund den Schöpfer Ernst Haeckel.

Wie visualisiert man Vielfalt? Mit dieser Frage sahen sich Biologen im 19. Jahrhundert konfrontiert,als ihnen nicht nur die Diversität der Pflanzen- und Tierarten bewusst wurde, sondern auch, dassdiese miteinander in Verbindung stehen. Die Antwort lieferte schließlich Ernst Haeckel.

Der berühmte Gelehrte schuf ausgehend von der Darwinschen Evolutionstheorie vor genau 150Jahren in Jena den ersten Darwinschen phylogenetischen Stammbaum der Organismen und

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veröffentlichte ihn in seiner Schrift "Generelle Morphologie der Organismen". In der aktuellenAusgabe des Fachmagazins "Nature" erinnern die Wissenschaftshistoriker und BiologiedidaktikerProf. Dr. Uwe Hoßfeld und Dr. Georgy S. Levit von der Friedrich-Schiller-Universität Jena andieses Jubiläum des "Tree of Life" (Baum des Lebens), wie ein Stammbaum im englischenSprachraum bezeichnet wird.

"Es hat bereits früher die Idee gegeben, Arten und ihre Entwicklung bildlich darzustellen", erklärtLevit. "Allerdings haben diese nie das Prinzip des Monophyletismus und selektionistischeMechanismen der Artbildung berücksichtigt." Erst durch Charles Darwins Theorien war dieseVerbindung hervorgetreten. Der britische Evolutionstheoretiker hatte bereits in einer Tagebuchnotiz1837 die Idee eines Stammbaums skizziert und später in seinem bahnbrechenden Werk "DieEntstehung der Arten" (1859) als Diagramm dargestellt. Haeckel nutzte die Abstammungslehre desenglischen Kollegen und entwarf 1866 in seinem Buch "Generelle Morphologie der Organismen" u.a. den ersten phylogenetischen Stammbaum der Organismen. "Phylogenie bedeutet diestammesgeschichtliche Entwicklung von Lebewesen", erläutert Hoßfeld. "Da Haeckel diesenBegriff im selben Werk überhaupt erst definiert hat, war es nur ihm möglich, eben auch den erstenStammbaum dieser Art so zu bezeichnen." Genauer gesagt, handele es sich dabei um einenmonophyletischen Stammbaum, denn alle drei von Haeckel eingeteilten Organismenreiche - Tiere,Pflanzen und Protisten (Organismen, die weder Blut noch Chlorophyll besitzen) - seien aus einereinzigen Wurzel (Moneren-Radix) hervorgegangen.

Auch ein Jenaer Sprachwissenschaftler inspirierte Haeckel

Doch nicht nur Darwin beeinflusste den deutschen Zoologen bei der Erfindung der Stammbäume.Auch ein Jenaer Kollege und Freund aus der Sprachwissenschaft inspirierte ihn. "Der LinguistAugust Schleicher hatte bereits 1863 einen ersten Stammbaum angefertigt, um die Entwicklungder indogermanischen Sprachen bildlich festzuhalten", sagt der Jenaer Biologiedidaktiker Hoßfeld."Ernst Haeckel griff diese Art der Visualisierung schließlich auf."

Bis heute gibt es keine bessere Methode, um biologische Vielfalt zu illustrieren. Zwar kommenneue Techniken und Methodiken zum Einsatz und die Stammbäume werden als Kladogramm,Diagramm etc. wiedergegeben, am Prinzip hat sich aber nichts geändert. "Es ist einfach die beste,übersichtlichste Art und Weise, biologische Forschungsergebnisse auf diesem Gebietdarzustellen", resümiert Uwe Hoßfeld.

Dass ein so renommiertes Fachjournal wie "Nature" an dieses Jubiläum und die Leistung Haeckelserinnert, freut die beiden Jenaer Wissenschaftshistoriker ganz besonders. "Für uns ist es immerwieder ein Erfolg, wenn unsere Fachdisziplinen die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdienen",sagt Hoßfeld, dem es nun bereits zum sechsten Mal gelungen ist, in "Nature" einen Artikel zuveröffentlichen. "Das zeigt uns, dass noch immer ein großes Interesse an derWissenschaftshistorie und an Science Education existiert und sie immer wieder zu aktuellenDiskussionen etwas beitragen können", sagt Levit, der auf drei Publikationen im britischenWissenschaftsmagazin verweisen kann. Gerade für die Friedrich-Schiller-Universität seien dieseVeröffentlichungen Belege, wie aus der langen Tradition in Jena immer wieder auch aktuelleForschung hervorgeht.

Original-Publikation:Hoßfeld, U. & Levit, G. S. (2016): 'Tree of life' took root 150 years ago. Nature 540, 38, 1December 2016, DOI: 10.1038/540038a

Kontakt:apl. Prof. Dr. Uwe Hoßfeld

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Arbeitsgruppe Biodidaktik der Friedrich-Schiller-Universität JenaAm Steiger 3, 07743 JenaTel.: 03641 / 949491E-Mail: [email protected]

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