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P . b . b . Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1030 Wien 1065 BUNDESGESETZBLATT FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH Jahrgang 1993 Ausgegeben am 28. Jänner 1993 29. Stück 60. Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt samt österreichischer Erklärung (NR: GP XVIII RV 644 AB 727 S. 88. BR: AB 4362 S. 561.) 60. Der Nationalrat hat beschlossen: Der Abschluß des nachstehenden Staatsvertrages samt österreichischer Erklärung wird genehmigt. (Übersetzung) Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt Die Generalkonferenz der Or- ganisation der Vereinten Natio- nen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, die vom 17. Oktober bis 21. November 1972 in Paris zu ihrer 17. Tagung zusammengetre- ten ist im Hinblick darauf, daß das Kulturerbe und das Naturerbe zunehmend von Zerstörung be- droht sind, nicht nur durch die herkömmlichen Verfallsursachen, sondern auch durch den Wandel der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse, der durch noch verhängnisvollere Formen der Be- schädigung oder Zerstörung die Lage verschlimmert; in der Erwägung, daß der Verfall oder der Untergang jedes einzelnen Bestandteils des Kultur- oder Naturerbes eine beklagens- werte Schmälerung des Erbes aller Völker der Welt darstellt; in der Erwägung, daß der Schutz dieses Erbes auf nationaler Ebene wegen der Höhe der erforderlichen Mittel und der unzureichenden wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und techni- schen Hilfsquellen des Landes, in dem sich das zu schützende Gut befindet, oft unvollkommen ist; 24 54

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P . b . b . Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1030 Wien

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BUNDESGESETZBLATTFÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

Jahrgang 1993 Ausgegeben am 28. Jänner 1993 29. Stück

60 . Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt samt österreichischer Erklärung(NR: GP XVIII RV 644 AB 727 S. 88. BR: AB 4362 S. 561.)

60.

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Abschluß des nachstehenden Staatsvertrages samt österreichischer Erklärung wird genehmigt.

(Übersetzung)

Übereinkommen zum Schutzdes Kultur- und Naturerbes

der Welt

Die Generalkonferenz der Or-ganisation der Vereinten Natio-nen für Erziehung, Wissenschaftund Kultur, die vom 17. Oktoberbis 21. November 1972 in Paris zuihrer 17. Tagung zusammengetre-ten ist —

im Hinblick darauf, daß dasKulturerbe und das Naturerbezunehmend von Zerstörung be-droht sind, nicht nur durch dieherkömmlichen Verfallsursachen,sondern auch durch den Wandelder sozialen und wirtschaftlichenVerhältnisse, der durch nochverhängnisvollere Formen der Be-schädigung oder Zerstörung dieLage verschlimmert;

in der Erwägung, daß derVerfall oder der Untergang jedeseinzelnen Bestandteils des Kultur-oder Naturerbes eine beklagens-werte Schmälerung des Erbes allerVölker der Welt darstellt;

in der Erwägung, daß derSchutz dieses Erbes auf nationalerEbene wegen der Höhe dererforderlichen Mittel und derunzureichenden wirtschaftlichen,wissenschaftlichen und techni-schen Hilfsquellen des Landes, indem sich das zu schützende Gutbefindet, oft unvollkommen ist;

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eingedenk der Tatsache, daßdie Satzung der Organisationvorsieht, daß sie Kenntnisse auf-rechterhalten, vertiefen und ver-breiten wird, und zwar durchErhaltung und Schutz des Erbesder Welt sowie dadurch, daß sieden beteiligten Staaten die diesbe-züglich erforderlichen internatio-nalen Übereinkünfte empfiehlt;

in der Erwägung, daß diebestehenden internationalenÜbereinkünfte, Empfehlungenund Entschließungen über Kul-tur- und Naturgut zeigen, welcheBedeutung der Sicherung dieseseinzigartigen und unersetzlichenGutes, gleichviel welchem Volk esgehört, für alle Völker der Weltzukommt;

in der Erwägung, daß Teile desKultur- oder Naturerbes vonaußergewöhnlicher Bedeutungsind und daher als Bestandteil desWelterbes der ganzen Menschheiterhalten werden müssen;

in der Erwägung, daß esangesichts der Größe undSchwere der drohenden neuenGefahren Aufgabe der internatio-nalen Gemeinschaft als Gesamt-heit ist, sich am Schutz desKultur- und Naturerbes von au-ßergewöhnlichem universellemWert zu beteiligen, indem sie einegemeinschaftliche Unterstützunggewährt, welche die Maßnahmendes betreffenden Staates zwarnicht ersetzt, jedoch wirksamergänzt;

in der Erwägung, daß es zudiesem Zweck erforderlich ist,neue Bestimmungen in Form einesÜbereinkommens zur Schaffungeines wirksamen Systems desgemeinschaftlichen Schutzes desKultur- und Naturerbes von au-ßergewöhnlichem universellemWert 7u beschließen, das alsständige Einrichtung nach moder-nen wissenschaftlichen Methodenaufgebaut wird;

nach dem auf ihrer 16. Tagunggefaßten Beschluß, diese Fragezum Gegenstand eines internatio-nalen Übereinkommens zu ma-chen —

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beschließt am 16. November1972 dieses Übereinkommen.

I. Begriffsbestimmungendes Kultur- und Naturerbes

Artikel 1

Im Sinne dieses Übereinkom-mens gelten als „Kulturerbe":

Denkmäler: Werke der Architek-tur, Großplastik und Monumen-talmalerei, Objekte oder Überre-ste archäologischer Art, Inschrif-ten, Höhlen und Verbindungensolcher Erscheinungsformen, dieaus geschichtlichen, künstleri-schen oder wissenschaftlichenGründen von außergewöhnlichemuniversellem Wert sind;

Ensembles: Gruppen einzelneroder miteinander verbundenerGebäude, die wegen ihrer Archi-tektur, ihrer Geschlossenheit oderihrer Stellung in der Landschaftaus geschichtlichen, künstleri-schen oder wissenschaftlichenGründen von außergewöhnlichemuniversellem Wen sind;

Stätten: Werke von Menschen-hand oder gemeinsame Werkevon Natur und Mensch sowieGebiete einschließlich archäologi-scher Stätten, die aus geschichtli-chen, ästhetischen, ethnologi-schen oder anthropologischenGründen von außergewöhnlichemuniversellem Wert sind.

Artikel 2

Im Sinne dieses Übereinkom-mens gelten als „Naturerbe"

Naturgebilde, die aus physikali-schen und biologischen Erschei-nungsformen oder -gruppen be-stehen, welche aus ästhetischenoder wissenschaftlichen Gründenvon außergewöhnlichem univer-sellem Wert sind;

geologische und physiographischeErscheinungsformen und genauabgegrenzte Gebiete, die denLebensraum für bedrohte Pflan-zen- und Tierarten bilden, welche

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aus wissenschaftlichen Gründenoder ihrer Erhaltung wegen vonaußergewöhnlichem universellemWert sind;

Naturstätten oder genau abge-grenzte Naturgebiete, die auswissenschaftlichen Gründen oderihrer Erhaltung oder natürlichenSchönheit wegen von außerge-wöhnlichem universellem Wertsind.

Artikel 3

Es ist Sache jedes Vertrags-staats, die in seinem Hoheitsgebietbefindlichen, in den Artikeln 1und 2 bezeichneten verschiedenenGüter zu erfassen und zu bestim-men.

II. Schutz des Kultur- und Natur-erbes auf nationaler

und internationaler Ebene

Artikel 4

Jeder Vertragsstaat erkennt an,daß es in erster Linie seine eigeneAufgabe ist, Erfassung, Schutzund Erhaltung in Bestand undWertigkeit des in seinem Hoheits-gebiet befindlichen, in den Arti-keln 1 und 2 bezeichneten Kultur-und Naturerbes sowie seine Wei-tergabe an künftige Generationensicherzustellen. Er wird hierfüralles in seinen Kräften Stehendetun, unter vollem Einsatz seinereigenen Hilfsmitteln und gegebe-nenfalls unter Nutzung jeder ihmerreichbaren internationalen Un-terstützung und Zusammenarbeit,insbesondere auf finanziellem,künstlerischem, wissenschaftli-chem und technischem Gebiet.

Artikel 5

Um zu gewährleisten, daßwirksame und tatkräftige Maß-nahmen zum Schutz und zurErhaltung in Bestand und Wertig-keit des in seinem Hoheitsgebietbefindlichen Kultur- und Natur-erbes getroffen werden, wird sichjeder Vertragsstaat bemühen,nach Möglichkeit und im Rahmender Gegebenheiten seines Landes

a) eine allgemeine Politik zuverfolgen, die darauf gerich-

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tet ist, dem Kultur- undNaturerbe eine Funktion imöffentlichen Leben zu gebenund den Schutz dieses Erbesin erschöpfende Planungeneinzubeziehen;

b) in seinem Hoheitsgebiet, so-fern Dienststellen für denSchutz und die Erhaltungdes Kultur- und Naturerbesin Bestand und Wertigkeitnicht vorhanden sind, eineoder mehrere derartigeDienststellen einzurichten,die über geeignetes Personalund die zur Durchführungihrer Aufgaben erforderli-chen Mittel verfügen;

c) wissenschaftliche und tech-nische Untersuchungen undForschungen durchzufüh-ren und Arbeitsmethoden zuentwickeln, die es ihm er-möglichen, die seinem Kul-tur- und Naturerbe drohen-den Gefahren zu bekämp-fen;

d) geeignete rechtliche, wissen-schaftliche, technische, Ver-waltungs- und Finanzmaß-nahmen zu treffen, die fürErfassung, Schutz, Erhal-tung in Bestand und Wertig-keit sowie Revitalisierungdieses Erbes erforderlichsind, und

e) die Errichtung oder denAusbau nationaler oder re-gionaler Zentren zur Ausbil-dung auf dem Gebiet desSchutzes und der Erhaltungdes Kultur- und Naturerbesin Bestand und Wertigkeitzu fördern und die wissen-schaftliche Forschung indiesem Bereich zu unterstüt-zen.

Artikel 6

(1) Unter voller Achtung derSouveränität der Staaten, in derenHoheitsgebiet sich das in denArtikeln 1 und 2 bezeichneteKultur- und Naturerbe befindet,und unbeschadet der durch dasinnerstaatliche Recht gewährtenEigentumsrechte erkennen dieVertragsstaaten an, daß diesesErbe ein Welterbe darstellt, zudessen Schutz die internationale

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Staatengemeinschaft als Gesamt-heit zusammenarbeiten muß.

(2) Die Vertragsstaaten ver-pflichten sich, im Einklang mitdiesem Übereinkommen bei Er-fassung, Schutz und Erhaltungdes in Artikel 11 Absätze 2 und 4bezeichneten Kultur- und Natur-erbes in Bestand und WertigkeitHilfe zu leisten, wenn die Staaten,in deren Hoheitsgebiet sich diesesErbe befindet, darum ersuchen.

(3) Jeder Vertragsstaat ver-pflichtet sich, alle vorsätzlichenMaßnahmen zu unterlasssen, diedas in den Artikeln 1 und 2bezeichnete, im Hoheitsgebiet an-derer Vertragsstaaten befindlicheKultur- und Naturerbe mittelbaroder unmittelbar schädigen könn-ten.

Artikel 7

Im Sinne dieses Übereinkom-mens bedeutet internationalerSchutz des Kultur- und Naturer-bes der Welt die Einrichtung einesSystems internationaler Zusam-menarbeit und Hilfe, das dieVertragsstaaten in ihren Bemü-hungen um die Erhaltung undErfassung dieses Erbes unterstüt-zen soll.

III. Zwischenstaatliches Ko-mitee für den Schutz des Kultur-

und Naturerbes der Welt

Artikel 8

(1) Hiermit wird innerhalb derOrganisation der Vereinten Na-tionen für Erziehung, Wissen-schaft und Kultur ein Zwischen-staatliches Komitee für denSchutz des Kultur- und Naturer-bes von außergewöhnlichem uni-versellem Wert mit der Bezeich-nung „Komitee für das Erbe derWelt" errichtet. Ihm gehören15 Vertragsstaaten an; sie werdenvon den Vertragsstaaten gewählt,die während der ordentlichenTagung der Generalkonferenzder Organisation der VereintenNationen für Erziehung, Wissen-

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schaft und Kultur zu einer Haupt-versammlung zusammentreten.Die Zahl der dem Komiteeangehörenden Mitgliedstaatenwird auf 21 erhöht, sobald eineordentliche Tagung der General-konferenz nach dem Zeitpunktstattfindet, an dem das Überein-kommen für mindestens 40 Staa-ten in Kraft tritt.

(2) Bei der Wahl der Komitee-mitglieder ist eine ausgewogeneVertretung der verschiedenen Re-gionen und Kulturen der Welt zugewährleisten.

(3) Je ein Vertreter der Interna-tionalen Studienzentrale für dieErhaltung und Restaurierung vonKulturgut (Römische Zentrale),des Internationalen Rates fürDenkmalpflege (ICOMOS) undder Internationalen Union zurErhaltung der Natur und dernatürlichen Hilfsquellen (IUCN)sowie auf Verlangen der Ver-tragsstaaten, die während derordentlichen Tagungen der Gene-ralkonferenz der Organisationder Vereinten Nationen für Erzie-hung, Wissenschaft und Kultur zueiner Hauptversammlung zusam-mentreten, weitere Vertreter an-derer zwischenstaatlicher odernichtstaatlicher Organisationenmit ähnlichen Zielen können inberatender Eigenschaft an denSitzungen des Komitees teilneh-men.

Artikel 9

(1) Die Amtszeit der Mitglied-staaten des Komitees für das Erbeder Welt beginnt mit Ablauf derordentlichen Tagung der Gene-ralkonferenz, auf der sie gewähltwurden, und endet mit Ablauf derdritten darauffolgenden ordentli-chen Tagung.

(2) Die Amtszeit eines Drittelsder bei der ersten Wahl bestelltenMitglieder endet jedoch mit Ab-lauf der ersten ordentlichenTagung der Generalkonferenznach der Tagung, auf der siegewählt wurden; die Amtszeiteines weiteren Drittels der zurselben Zeit bestellten Mitgliederendet mit Ablauf der zweitenordentlichen Tagung der Gene-

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ralkonferenz nach der Tagung,auf der sie gewählt wurden. DieNamen dieser Mitglieder werdenvom Präsidenten der Generalkon-ferenz der Organisation der Ver-einten Nationen für Erziehung,Wissenschaft und Kultur nach derersten Wahl durch das Los ermit-telt.

(3) Die Mitgliedstaaten desKomitees wählen zu ihren Vertre-tern Personen, die Sachverstän-dige auf dem Gebiet des Kulturer-bes oder des Naturerbes sind.

Artikel 10

(1) Das Komitee für das Erbeder Welt gibt sich eine Geschäfts-ordnung.

(2) Das Komitee kann jederzeitOrganisationen des öffentlichenoder privaten Rechts oder Einzel-personen einladen, zur Konsulta-tion über Einzelfragen an seinenSitzungen teilzunehmen.

(3) Das Komitee kann bera-tende Gremien einsetzen, die eszur Wahrnehmung seiner Aufga-ben für erforderlich hält.

Artikel 11

( 1 ) Jeder Vertragsstaat legt demKomitee für das Erbe der Weltnach Möglichkeit ein Verzeichnisdes Gutes vor, das zu dem inseinem Hoheitsgebeit befindli-chen Kultur- und Naturerbe ge-hört und für eine Aufnahme in diein Absatz 2 vorgesehene Listegeeignet ist. Dieses Verzeichnis,das nicht als erschöpfend anzuse-hen ist, muß Angaben über Lageund Bedeutung des betreffendenGutes enthalten.

(2) Das Komitee wird aufGrund der von den Staaten nachAbsatz 1 vorgelegten Verzeich-nisse unter der Bezeichnung „Li-ste des Erbes der Welt" eine Listeder zu dem Kultur- und Natur-erbe im Sinne der Artikel 1 und 2gehörenden Güter, die nach sei-ner Auffassung nach den von ihmfestgelegten Maßstäben von au-ßergewöhnlichem universellemWert sind, aufstellen, auf demneuesten Stand halten und veröf-

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fentlichen. Eine auf den neuestenStand gebrachte Liste wird min-destens alle zwei Jahre verbreitet.

(3) Die Aufnahme eines Gutesin die Liste des Erbes der Weltbedarf der Zustimmung des be-treffenden Staates. Die Aufnahmeeines Gutes, das sich in einemGebiet befindet, über das vonmehr als einem Staat Souveränitätoder Hoheitsgewalt beanspruchtwird, berührt nicht die Rechte derStreitparteien.

(4) Das Komitee wird unter derBezeichnung „Liste des gefährde-ten Erbes der Welt" nach Bedarfeine Liste des in der Liste desErbes der Welt aufgeführtenGutes, zu dessen Erhaltung um-fangreiche Maßnahmen erforder-lich sind und für das auf Grunddieses Übereinkommens Unter-stützung angefordert wurde, auf-stellen, auf dem neuesten Standhalten und veröffentlichen. DieseListe hat einen Voranschlag derKosten für derartige Maßnahmenzu enthalten. In die Liste darf nursolches zu dem Kultur- undNaturerbe gehörendes Gut aufge-nommen werden, das durch ernsteund spezifische Gefahren bedrohtist, zB Gefahr des Untergangsdurch beschleunigten Verfall, öf-fentliche oder private Großvorha-ben oder rasch vorangetriebenestädtebauliche oder touristischeEntwicklungsvorhaben; Zerstö-rung durch einen Wechsel in derNutzung des Grundbesitzes oderim Eigentum daran; größere Ver-änderungen auf Grund unbe-kannter Ursachen; Preisgabe ausirgendwelchen Gründen; Aus-bruch oder Gefahr eines bewaff-neten Konflikts; Natur- und son-stige Katastrophen; Feuersbrün-ste, Erdbeben, Erdrutsche; Vul-kanausbrüche; Veränderungendes Wasserspiegels, Überschwem-mungen und Sturmfluten. DasKomitee kann, wenn dies drin-gend notwendig ist, jederzeit eineneue Eintragung in die Liste desgefährdeten Erbes der Welt vor-nehmen und diese Eintragungsofort bekanntmachen.

(5) Das Komitee bestimmt dieMaßstäbe, nach denen ein zumKultur- oder Naturerbe gehören-

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des Gut in eine der in denAbsätzen 2 und 4 bezeichnetenListen aufgenommen werdenkann.

(6) Bevor das Komitee einenAntrag auf Aufnahme in eine derbeiden in den Absätzen 2 und 4bezeichneten Listen ablehnt, kon-sultiert es den Vertragsstaat, indessen Hoheitsgebiet sich dasbetreffende Kultur- oder Natur-gut befindet.

(7) Das Komitee koordiniertund fördert im Einvernehmen mitden betreffenden Staaten dieUntersuchungen und Forschun-gen, die zur Aufstellung der in denAbsätzen 2 und 4 bezeichnetenListen erforderlich sind.

Artikel 12

Ist ein zum Kultur- oderNaturerbe gehörendes Gut inkeine der in Artikel 11 Absätze 2und 4 bezeichneten Listen aufge-nommen worden, so bedeutet dasnicht, daß dieses Gut nicht fürandere als die sich aus derAufnahme in diese Listen erge-benden Zwecke von außerge-wöhnlichem universellem Wertist.

Artikel 13

(1) Das Komitee für das Erbeder Welt nimmt die von Vertrags-staaten für in ihrem Hoheitsgebietbefindliches, zum Kultur- oderNaturerbe gehörendes Gut, das indie in Artikel 11 Absätze 2 und 4bezeichneten Listen aufgenom-men oder möglicherweise für eineAufnahme geeignet ist, gestelltenAnträge auf internationale Unter-stützung entgegen und prüft sie.Derartige Anträge können gestelltwerden, um den Schutz, dieErhaltung in Bestand und Wertig-keit oder die Revitalisierung die-ses Gutes zu sichern.

(2) Anträge auf internationaleUnterstützung nach Absatz 1können auch die Erfassung vonKultur- oder Naturgut im Sinneder Artikel 1 und 2 zum Gegen-stand haben, wenn Voruntersu-chungen gezeigt haben, daß wei-tere Untersuchungen gerechtfer-tigt wären.

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(3) Das Komitee entscheidetüber die hinsichtlich dieser An-träge zu treffenden Maßnahmen,bestimmt gegebenenfalls Art undAusmaß seiner Unterstützung undgenehmigt den Abschluß der inseinem Namen mit der beteiligtenRegierung zu treffenden erfor-derlichen Vereinbarungen.

(4) Das Komitee legt eineRangordnung seiner Maßnahmenfest. Dabei berücksichtigt es dieBedeutung des schutzbedürftigenGutes für das Kultur- und Natur-erbe der Welt, die Notwendigkeit,internationale Unterstützung fürdas Gut zu gewähren, das dienatürliche Umwelt oder dieschöpferische Kraft und die Ge-schichte der Völker der Welt ambesten verkörpert, ferner dieDringlichkeit der zu leistendenArbeit, die Mittel, die den Staaten,in deren Hoheitsgebiet sich dasbedrohte Gut befindet, zur Verfü-gung stehen, und insbesonderedas Ausmaß, in dem sie dieses Gutmit eigenen Mitteln sichern kön-nen.

(5) Das Komitee wird eine Listedes Gutes, für das internationaleUnterstützung gewährt wurde,aufstellen, auf dem neuestenStand halten und veröffentlichen.

(6) Das Komitee entscheidetüber die Verwendung der Mitteldes nach Artikel 15 errichtetenFonds. Es erkundet Möglichkei-ten, diese Mittel zu erhöhen, undtrifft dazu alle zweckdienlichenMaßnahmen.

(7) Das Komitee arbeitet mitinternationalen und nationalenstaatlichen und nichtstaatlichenOrganisationen zusammen, derenZiele denen dieses Übereinkom-men gleichen. Zur Durchführungseiner Programme und Vorhabenkann das Komitee die Hilfederartiger Organisationen, insbe-sondere der Internationalen Stu-dienzentrale für die Erhaltungund Restaurierung von Kulturgut(Römische Zentrale), des Interna-tionalen Rates für Denkmalpflege(ICOMOS) und der Internationa-len Union zur Erhaltung derNatur und der natürlichen Hilfs-quellen (IUCN) sowie sonstiger

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Einrichtungen des öffentlichenund privaten Rechts und vonEinzelpersonen in Anspruch neh-men.

(8) Die Beschlüsse des Ko-mitees bedürfen der Zweidrittel-mehrheit seiner anwesenden undabstimmenden Mitglieder. DasKomitee ist beschlußfähig, wenndie Mehrheit der Mitglieder an-wesend ist.

Artikel 14

(1) Dem Komitee für das Erbeder Welt steht ein Sekretariat zurSeite, das vom Generaldirektorder Organisation der VereintenNationen für Erziehung, Wissen-schaft und Kultur bestellt wird.

(2) Der Generaldirektor derOrganisation der Vereinten Na-tionen für Erziehung, Wissen-schaft und Kultur bereitet untermöglichst weitgehender Nutzungder Dienste der InternationalenStudienzentrale für die Erhaltungund Restaurierung von Kulturgut(Römische Zentrale), des Interna-tionalen Rates für Denkmalpflege(ICOMOS) und der Internationa-len Union zur Erhaltung derNatur und der natürlichen Hilfs-quellen (IUCN) in ihrem jeweili-gen Zuständigkeits- und Fachbe-reich die Dokumentation desKomitees und die Tagesordnungseiner Sitzungen vor und ist fürdie Durchführung seiner Be-schlüsse verantwortlich.

IV. Fonds für den Schutzdes Kultur- und Naturerbes

der Welt

Artikel 15

(1) Hiermit wird ein Fonds fürden Schutz des Kultur- undNaturerbes der Welt von außer-gewöhnlichem universellem Werterrichtet; er wird als „Fonds fürdas Erbe der Welt" bezeichnet.

(2) Der Fonds stellt ein Treu-handvermögen im Sinne der Fi-nanzordnung der Organisationder Vereinten Nationen für Erzie-hung, Wissenschaft und Kulturdar.

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(3) Die Mittel des Fonds beste-hen aus

a) Pflichtbeiträgen und freiwil-ligen Beiträgen der Ver-tragsstaaten;

b) Beiträgen, Spenden oderVermächtnissen

i) anderer Staaten,ii) der Organisation der

Vereinten Nationen fürErziehung, Wissen-schaft und Kultur, ande-rer Organisationen desSystems der VereintenNationen, insbesonderedes Entwicklungspro-gramms der VereintenNationen, sowie sonsti-ger zwischenstaatlicherOrganisationen,

iii) von Einrichtungen desöffentlichen oder priva-ten Rechts oder vonEinzelpersonen;

c) den für die Mittel des Fondsanfallenden Zinsen;

d) Mitteln, die durch Samm-lungen und Einnahmen ausVeranstaltungen zugunstendes Fonds aufgebracht wer-den, und

e) allen sonstigen Mitteln, diedurch die vom Komitee fürdas Erbe der Welt für denFonds aufgestellten Vor-schriften genehmigt sind.

(4) Beiträge an den Fonds undsonstige dem Komitee zur Verfü-gung gestellte Unterstützungsbe-träge dürfen nur für die vomKomitee bestimmten Zwecke ver-wendet werden. Das Komiteekann Beiträge entgegennehmen,die nur für ein bestimmtes Pro-gramm oder Vorhaben verwendetwerden sollen, sofern es dieDurchführung dieses Programmsoder Vorhabens beschlossen hat.An die dem Fonds gezahltenBeiträge dürfen keine politischenBedingungen geknüpft werden.

Artikel 16

(1) Unbeschadet etwaiger zu-sätzlicher freiwilliger Beiträgeverpflichten sich die Vertragsstaa-ten, regelmäßig alle zwei Jahre anden Fonds für das Erbe der Welt

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Beiträge zu zahlen, deren Höhenach einem einheitlichen, für alleStaaten geltenden Schlüssel er-rechnet und von der Generalver-sammlung der Vertragsstaatenfestgesetzt wird, die während derTagungen der Generalkonferenzder Organisation der VereintenNationen für Erziehung, Wissen-schaft und Kultur zusammentritt.Dieser Beschluß der Generalver-sammlung bedarf der Mehrheitder anwesenden und abstimmen-den Vertragsstaaten, die nicht diein Absatz 2 genannte Erklärungabgegeben haben. Der Pflichtbei-trag der Vertragsstaaten darf1 v. H. des Beitrags zum ordentli-chen Haushalt der Organisationder Vereinten Nationen für Erzie-hung, Wissenschaft und Kulturnicht überschreiten.

(2) Ein in Artikel 31 oder 32genannter Staat kann jedoch beider Hinterlegung seiner Ratifika-tions-, Annahme- oder Beitrittsur-kunde erklären, daß er durchAbsatz 1 des vorliegenden Arti-kels nicht gebunden ist.

(3) Ein Vertragsstaat, der diein Absatz 2 genannte Erklärungabgegeben hat, kann diese jeder-zeit durch eine an den Generaldi-rektor der Organisation der Ver-einten Nationen für Erziehung,Wissenschaft und Kultur gerich-tete Notifikation zurücknehmen.Die Rücknahme der Erklärungwird jedoch für den Pflichtbeitragdes betreffenden Staates erst mitdem Zeitpunkt der nächsten Ge-neralversammlung der Vertrags-staaten wirksam.

(4) Um dem Komitee die wirk-same Planung seiner Tätigkeit zuermöglichen, sind die Beiträgevon Vertragsstaaten, welche die inAbsatz 2 genannte Erklärung ab-gegeben haben, regelmäßig, min-destens jedoch alle zwei Jahre zuentrichten; sie sollen nicht niedri-ger sein als die Beiträge, die sie zuzahlen hätten, wenn Absatz 1 fürsie gelten würde.

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(5) Ein Vertragsstaat, der mitder Zahlung seiner Pflichtbeiträgeoder seiner freiwilligen Beiträgefür das laufende Jahr und dasunmittelbar vorhergegangene Ka-lenderjahr im Rückstand ist, kannnicht Mitglied des Komitees fürdas Erbe der Welt werden; diesgilt jedoch nicht für die ersteWahl.Die Amtszeit eines solchen Staa-tes, der bereits Mitglied desKomitees ist, endet im Zeitpunktder in Artikel 8 Absatz 1 vorgese-henen Wahl.

Artikel 17

Die Vertragsstaaten erwägenoder fördern die Errichtung na-tionaler Stiftungen oder Vereini-gungen des öffentlichen und pri-vaten Rechts, die den Zweckhaben, Spenden für den Schutzdes Kultur- und Naturerbes imSinne der Artikel 1 und 2 anzure-gen.

Artikel 18

Die Vertragsstaaten unterstüt-zen die unter der Schirmherr-schaft der Organisation der Ver-einten Nationen für Erziehung,Wissenschaft und Kultur zugun-sten des Fonds für das Erbe derWelt durchgeführten Werbemaß-nahmen zur Aufbringung vonMitteln. Sie erleichtern die Samm-lungen, die von den in Artikel 15Absatz 3 bezeichneten Einrich-tungen für diesen Zweck durch-geführt werden.

V. Voraussetzungenund Maßnahmen

der internationalen Unterstüt-zung

Artikel 19

Jeder Vertragsstaat kann inter-nationale Unterstützung für inseinem Hoheitsgebiet befindlichesund zum Kultur- oder Naturerbevon außergewöhnlichem univer-sellem Wert gehörendes Gutbeantragen. Mit seinem Antraghat er alle in Artikel 21 genanntenInformationen und Unterlagen

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vorzulegen, liber die er verfügtund die das Komitee benötigt, umeinen Beschluß zu fassen.

Artikel 20

Vorbehaltlich des Artikels 13Absatz 2, des Artikels 22 Buch-stabe c und des Artikels 23 kanndie in diesem Übereinkommenvorgesehene internationale Un-terstützung nur für solches zumKultur- und Naturerbe gehören-des Gut gewährt werden, dessenAufnahme in eine der in Arti-kel 11 Absätze 2 und 4 bezeichne-ten Listen vom Komitee für dasErbe der Welt beschlossen wurdeoder künftig beschlossen wird.

Artikel 21

(1) Das Komitee für das Erbeder Welt bestimmt das Verfahren,nach dem die ihm unterbreitetenAnträge auf internationale Unter-stützung zu behandeln sind, undschreibt die Einzelheiten des An-trags vor, der die erwogeneMaßnahme, die erforderliche Ar-beit, die voraussichtlichen Kosten,den Dringlichkeitsgrad und dieGründe, warum die Eigenmitteldes antragstellenden Staates nichtzur Deckung aller Kosten ausrei-chen, umfassen soll. Den Anträ-gen sind, sofern irgend möglich,Sachverständigengutachten bei-zufügen.

(2) Anträge auf Grund vonNatur- oder sonstigen Katastro-phen sollen vom Komitee wegender gegebenenfalls erforderlichendringlichen Arbeiten sofort undvorrangig erörtert werden; es sollfür derartige Notfälle über einenReservefonds verfügen.

(3) Bevor das Komitee einenBeschluß faßt, führt es alle Unter-suchungen und Konsultationendurch, die es für erforderlich hält.

Artikel 22

Unterstützung durch das Ko-mitee für das Erbe der Welt kannin folgender Form gewährt wer-den:

a) Untersuchungen über diekünstlerischen, wissen-schaftlichen und techni-

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schen Probleme, die derSchutz, die Erhaltung inBestand und Wertigkeit unddie Revitalisierung des Kul-tur- und Naturerbes imSinne des Artikels 11 Ab-sätze 2 und 4 aufwerfen;

b) Bereitstellung von Sachver-ständigen, Technikern undFacharbeitern, um sicherzu-stellen, daß die genehmigteArbeit richtig ausgeführtwird;

c) Ausbildung von Personalund Fachkräften aller Ebe-nen auf dem Gebiet derErfassung, des Schutzes, derErhaltung in Bestand undWertigkeit und der Revitali-sierung des Kultur- undNaturerbes;

d) Lieferung von Ausrüstungs-gegenständen, die der be-treffende Staat nicht besitztoder nicht erwerben kann;

e) Darlehen mit niedrigemZinssatz oder zinslose Dar-lehen, die langfristig zu-rückgezahlt werden kön-nen;

f) in Ausnahmefällen und ausbesonderen Gründen Ge-währung verlorener Zu-schüsse.

Artikel 23

Das Komitee für das Erbe derWelt kann auch internationaleUnterstützung für nationale oderregionale Zentren zur Ausbildungvon Personal und Fachkräftenaller Ebenen auf dem Gebiet derErfassung, des Schutzes, der Er-haltung in Bestand und Wertig-keit und der Revitalisierung desKultur- und Naturerbes gewäh-ren.

Artikel 24

Einer großangelegten interna-tionalen Unterstützung müsseneingehende wissenschaftliche,wirtschaftliche und technischeUntersuchungen vorausgehen.Diesen Untersuchungen müssendie fortschrittlichsten Verfahrenfür Schutz, Erhaltung in Bestandund Wertigkeit und Revitalisie-rung des Natur- und Kulturerbeszugrunde liegen; sie müssen den

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Zielen dieses Übereinkommensentsprechen. Die Untersuchungenmüssen auch Mittel und Wegeerkunden, die in dem betreffen-den Staat vorhandenen Hilfsquel-len rationell zu nutzen.

Artikel 25

In der Regel wird nur ein Teilder Kosten für die erforderlicheArbeit von der internationalenGemeinschaft getragen. Der Bei-trag des Staates, dem die interna-tionale Unterstützung zuteil wird,muß einen wesentlichen Teil derfür jedes Programm oder Vorha-ben aufgewendeten Mittel dar-stellen, es sei denn, seine Mittelerlauben dies nicht.

Artikel 26

Das Komitee für das Erbe derWelt und der Empfängerstaatlegen in dem von ihnen zuschließenden Abkommen die Be-dingungen für die Durchführungeines Programms oder Vorhabensfest, für das nach diesem Überein-kommen internationale Unter-stützung gewährt wird. Es istAufgabe des Staates, der dieinternationale Unterstützung er-hält, das betreffende Gut danachim Einklang mit diesem Überein-kommen zu schützen sowie inBestand und Wertigkeit zu erhal-ten.

VI. Erziehungsprogramme

Artikel 27

(1) Die Vertragsstaaten bemü-hen sich unter Einsatz allergeeigneten Mittel, insbesonderedurch Erziehungs- und Informati-onsprogramme, die Würdigungund Achtung des in den Artikeln 1und 2 bezeichneten Kultur- undNaturerbes durch ihre Völker zustärken.

(2) Sie verpflichten sich, dieÖffentlichkeit über die diesemErbe drohenden Gefahren und dieMaßnahmen auf Grund diesesÜbereinkommens umfassend zuunterrichten.

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Artikel 28

Die Vertragsstaaten, die inter-nationale Unterstützung aufGrund dieses Übereinkommenserhalten, treffen geeignete Maß-nahmen, um die Bedeutung so-wohl des Gutes, für das Unterstüt-zung empfangen wurde, als auchder Unterstützung bekanntzuma-chen.

VII. Berichte

Artikel 29

(1) Die Vertragsstaaten machenin den Berichten, die sie derGeneralkonferenz der Organisa-tion der Vereinten Nationen fürErziehung, Wissenschaft undKultur zu den von dieser festge-setzten Terminen in der von ihrbestimmten Weise vorlegen, An-gaben über die von ihnen erlasse-nen Rechts- und Verwaltungsvor-schriften und über sonstige Maß-nahmen, die sie zur Anwendungdieses Übereinkommens getroffenhaben, sowie über Einzelheitender auf diesem Gebiet gesammel-ten Erfahrungen.

(2) Die Berichte sind demKomitee für das Erbe der Weltzur Kenntnis zu bringen.

(3) Das Komitee legt auf jederordentlichen Tagung der Gene-ralkonferenz der Organisationder Vereinten Nationen für Erzie-hung, Wissenschaft und Kultureinen Tätigkeitsbericht vor.

VIII. Schlußbestimmungen

Artikel 30

Dieses Übereinkommen ist inarabischer, englischer, französi-scher, russischer und spanischerSprache abgefaßt, wobei jederWortlaut gleichermaßen verbind-lich ist.

Artikel 31

(1) Dieses Übereinkommen be-darf der Ratifikation oder An-nahme durch die Mitgliedstaatender Organisation der VereintenNationen für Erziehung, Wissen-schaft und Kultur nach Maßgabe

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ihrer verfassungsrechtlichen Ver-fahren.

(2) Die Ratifikations- oderAnnahmeurkunden werden beimGeneraldirektor der Organisationder Vereinten Nationen für Erzie-hung, Wissenschaft und Kulturhinterlegt.

Artikel 32

(1) Dieses Übereinkommenliegt für alle Nichtmitgliedstaatender Organisation der VereintenNationen für Erziehung, Wissen-schaft und Kultur, die von derGeneralkonferenz der Organisa-tion hiezu aufgefordert werden,zum Beitritt auf.

(2) Der Beitritt erfolgt durchHinterlegung einer Beitrittsur-kunde beim Generaldirektor derOrganisation der Vereinten Na-tionen für Erziehung, Wissen-schaft und Kultur.

Artikel 33

Dieses Übereinkommen trittdrei Monate nach Hinterlegungder zwanzigsten Ratifikations-,Annahme- oder Beitrittsurkundein Kraft, jedoch nur für dieStaaten, die bis zu diesem Tagihre Ratifikations-, Annahme-oder Beitrittsurkunde hinterlegthaben. Für jeden anderen Staattritt es drei Monate nach Hinter-legung seiner Ratifikations-, An-nahme- oder Beitrittsurkunde inKraft.

Artikel 34

Folgende Bestimmungen geltenfür die Vertragsstaaten, die einbundesstaatliches oder nicht ein-heitsstaatliches Verfassungssy-stem haben:

a) Hinsichtlich derjenigen Be-stimmungen dieses Überein-kommens, deren Durchfüh-rung in die Zuständigkeitdes Bundes- oder Zentral-Gesetzgebungsorgans fällt,sind die Verpflichtungen derBundes- oder Zentralregie-rung dieselben wie für dieje-nigen Vertragsstaaten, dienicht Bundesstaaten sind;

b) hinsichtlich derjenigen Be-stimmungen dieses Überein-

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kommens, deren Durchfüh-rung in die Zuständigkeiteines einzelnen Gliedstaats,eines Landes, einer Provinzoder eines Kantons fällt, dienicht durch das Verfas-sungssystem des Bundes ver-pflichtet sind, gesetzge-berische Maßnahmen zutreffen, unterrichtet dieBundesregierung die zu-ständigen Stellen dieserStaaten, Länder, Provinzenoder Kantone von den ge-nannten Bestimmungen undempfiehlt ihnen ihre An-nahme.

Artikel 35

(1) Jeder Vertragsstaat kanndieses Übereinkommen kündigen.

(2) Die Kündigung wird durcheine Urkunde notifiziert, die beimGeneraldirektor der Organisationder Vereinten Nationen für Erzie-hung, Wissenschaft und Kulturhinterlegt wird.

(3) Die Kündigung wird zwölfMonate nach Eingang der Kündi-gungsurkunde wirksam. Sie läßtdie finanziellen Verpflichtungendes kündigenden Staates bis zudem Tag unberührt, an dem derRücktritt wirksam wird.

Artikel 36

Der Generaldirektor der Orga-nisation der Vereinten Nationenfür Erziehung, Wissenschaft undKultur unterrichtet die Mitglied-staaten der Organisation, die inArtikel 32 bezeichneten Nichtmit-gliedstaaten der Organisation so-wie die Vereinten Nationen vonder Hinterlegung aller Ratifika-tions-, Annahme- oder Beitrittsur-kunden nach den Artikeln 31 und32 und von den Kündigungennach Artikel 35.

Artikel 37

(1) Dieses Übereinkommenkann von der Generalkonferenzder Organisation der VereintenNationen für Erziehung, Wissen-schaft und Kultur revidiert wer-den. Jede Revision ist jedoch nur

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für diejenigen Staaten verbindlich,die Vertragsparteien des Revi-sionsübereinkommens werden.

(2) Beschließt die Generalkon-ferenz ein neues Übereinkommen,das dieses Übereinkommen ganzoder teilweise revidiert, so liegtdieses Übereinkommen, sofernnicht das neue Übereinkommenetwas anderes bestimmt, vom Tagdes Inkrafttretens des neuen Revi-sionsübereinkommens an nichtmehr zur Ratifikation, zur An-nahme oder zum Beitritt auf.

Artikel 38

Auf Ersuchen des Generaldi-rektors der Organisation derVereinten Nationen für Erzie-hung, Wissenschaft und Kulturwird dieses Übereinkommen nachArtikel 102 der Charta der Ver-einten Nationen beim Sekretariatder Vereinten Nationen regi-striert.

GESCHEHEN zu Paris am23. November 1972 in zwei Ur-schriften, die mit den Unterschrif-ten des Präsidenten der17. Tagung der Generalkonfe-renz und des Generaldirektors derOrganisation der Vereinten Na-tionen für Erziehung, Wissen-schaft und Kultur versehen sindund im Archiv der Organisationder Vereinten Nationen für Erzie-hung, Wissenschaft und Kulturhinterlegt werden; allen in denArtikeln 31 und 32 bezeichnetenStaaten sowie den VereintenNationen werden beglaubigte Ab-schriften übermittelt.

(Übersetzung)

Erklärung

Im Einklang mit der ständigen und übereinstim-menden Anwendungspraxis des Übereinkommenszum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt istÖsterreich der Auffassung, daß die Verpflichtunggemäß Artikel 6 Absatz 3 des Übereinkommens, allevorsätzlichen Maßnahmen zu unterlassen, die dasim Hoheitsgebiet anderer Vertragsstaaten befind-

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liche Kultur- und Naturerbe mittelbar oderunmittelbar schädigen könnten, sich nur auf solcheGüter des Kultur- und Naturerbes bezieht, diegemäß Artikel 11 Absatz 2 des Übereinkommens indie „Liste des Erbes der Welt" aufgenommenwurden.

Die vom Bundespräsidenten unterzeichnete und vom Bundeskanzler gegengezeichnete Ratifikations-urkunde wurde am 18. Dezember 1992 beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen fürErziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt; das Übereinkommen tritt gemäß seinem Art. 33 fürÖsterreich mit 18. März 1993 in Kraft.

Nach Mitteilungen des Generaldirektors der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung,Wissenschaft und Kultur haben folgende weitere Staaten das Übereinkommen ratifiziert, angenommenoder sind ihm beigetreten bzw. haben erklärt, sich auch nach Erlangung ihrer Unabhängigkeit an diesesÜbereinkommen gebunden zu erachten:

Afghanistan, Ägypten, Albanien, Algerien, Angola, Antigua und Barbuda, Argentinien, Äthiopien,Australien, Bahrain, Bangladesch, Belarus, Belize, Benin, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Burkina Faso,Burundi, Chile, China, Costa Rica, Côte d'Ivoire, Dänemark, Deutschland, Dominikanische Republik,Ecuador, El Salvador, Fidschi, Finnland, Frankreich, Gabun, Gambia, Ghana, Griechenland, Guatemala,Guinea, Guyana, Haiti, Heiliger Stuhl, Honduras, Indien, Indonesien, Irak, Iran, Irland, Italien, Jamaika,Japan, Jemen, Jordanien, ehemalige Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien, Kambodscha,Kamerun, Kanada, Kap Verde, Katar, Kenia, Kolumbien, Kongo, Republik Korea, Kuba, Laos, Libanon,Libysch-Arabische Dschamahirija, Litauen, Luxemburg, Madagaskar, Malawi, Malaysia, Malediven, Mali,Malta, Marokko, Mauretanien, Mexiko, Monaco, Mongolei, Mosambik, Nepal, Neuseeland(einschließlich Cook-Inseln und Niue), Nicaragua, Niederlande (einschließlich Niederländische Antillen),Niger, Nigeria, Norwegen, Oman, Pakistan, Panama, Paraguay, Peru, Philippinen, Polen, Portugal,Rumänien, Rußland, Salomonen, Sambia, San Marino, Saudi-Arabien, Schweden, Schweiz, Senegal,Seychellen, Simbabwe, Spanien, Sri Lanka, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, Sudan, Syrien, Tadschikistan,Tansania, Thailand, ehemalige Tschechoslowakei, Tunesien, Türkei, Uganda, Ukraine, Ungarn, Uruguay,Venezuela, Vereinigte Staaten, Vereinigtes Königreich (einschließlich Gibraltar, Insel Man, Anguilla,Bermuda, Britische Jungferninseln, Ducie- und Oeno-Inseln, Falklandinseln und abhängige Gebiete,Henderson, Hongkong, Caymaninseln, Montserrat, Pitcairn, St. Helena und abhängige Gebiete, Turks-und Caicosinseln, Souveräne Stützpunkte Akrotiri und Dhekelia auf der Insel Zypern), Vietnam, Zaire,Zentralafrikanische Republik, Zypern.

Folgende Staaten haben anläßlich der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oderBeitrittsurkunde gemäß Art. 16 Abs. 2 des Übereinkommens erklärt, sich nicht an die Bestimmungen desArt. 16 Abs. 1 gebunden zu erachten:

Brasilien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Heiliger Stuhl, Oman, Vereinigte Staaten.

Vranitzky

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