Bundessozialgericht - 30.Okt. 2013 keine Kürzung AsylbLG Ehrenerklärung

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Bundessozialgericht BUNDESSOZIALGERICHT - Pressestelle - Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel Tel. (0561) 3107-1, Durchwahl -460, Fax -474 e-mail: [email protected] Internet: http://www.bundessozialgericht.de 30. Oktober 2013 Medieninformation Nr. 30/13 Kürzung der Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz kann nicht auf die Weigerung zur Abgabe einer sogenannten "Ehrenerklärung" gestützt werden Die 1964 geborene Klägerin, eine malische Staatsangehörige, war im November 1997 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist; ihr Asylantrag blieb erfolglos, und ihr Aufenthalt war danach lediglich geduldet. Ab Februar 1999 erhielt sie Grundleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz, die unter anderem im streitbefangenen Zeitraum monatlich um 40,90 Euro "gekürzt" wurden, weil sich die Klägerin im Rahmen von Vorführungen an die Botschaft von Mali geweigert hatte, eine sogenannte "Ehrenerklärung" abzugeben. Diese hatte folgenden Inhalt: "Ehrenerklärung Ich bin malischer Staatsangehöriger, und ich möchte freiwillig in mein Heimatland zurückkehren. Ich versichere hiermit, nicht nach Deutschland zurückzukehren, es sei denn unter den Bedingungen der deutschen Einwanderungsgesetze. Erklärt gegenüber der Botschaft Mali und dem Bundesgrenzschutz Name, Vorname, Geburtsdatum, Unterschrift." Weder die Gewährung niedrigerer Grundleistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz noch die Ablehnung von AnalogLeistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (Leistungen entsprechend dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch Sozialhilfe bei Vorbezug von mindestens 36 Monaten Grundleistungen) kann mit der Weigerung zur Abgabe der geforderten Ehrenerklärung begründet werden, wenn der Hilfebedürftige die Bundesrepublik Deutschland eigentlich nicht verlassen möchte; niemand kann gezwungen werden, eine in der Sache falsche Erklärung abzugeben, selbst wenn er verpflichtet ist auszureisen. Der Hilfebedürftige handelt weder rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 2 Asylbewerberleistungsgesetz, noch hat er im Sinne des § 1a Asylbewerberleistungsgesetz zu vertreten, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Dies hat der 7. Senat des Bundessozialgerichts am Mittwoch, dem 30. Oktober 2013 aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden. Die Sache wurde jedoch zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen, weil es ansonsten an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen für eine endgültige Entscheidung über einen höheren Anspruch der Klägerin mangelte. Bei dieser Sachlage bedurfte es noch keiner Entscheidung darüber, ob die Leistungskürzung um den gesamten Betrag für persönliche Bedürfnisse verfassungsrechtlich zulässig war. Az.: B 7 AY 7/12 R D.D. ./. Salzlandkreis http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.p... 1 of 2 02.11.2013 15:00

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30. Oktober 2013

Medieninformation Nr. 30/13

Kürzung der Grundleistungen nach dem Asylbewerberlei stungsgesetz kann nichtauf die Weigerung zur Abgabe einer sogenannten "Ehre nerklärung" gestützt

werden

Die 1964 geborene Klägerin, eine malische Staatsangehörige, war im November 1997 in dieBundesrepublik Deutschland eingereist; ihr Asylantrag blieb erfolglos, und ihr Aufenthalt war danachlediglich geduldet. Ab Februar 1999 erhielt sie Grundleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltsnach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz, die unter anderem im streitbefangenen Zeitraum monatlich um40,90 Euro "gekürzt" wurden, weil sich die Klägerin im Rahmen von Vorführungen an die Botschaft vonMali geweigert hatte, eine sogenannte "Ehrenerklärung" abzugeben. Diese hatte folgenden Inhalt: "Ehrenerklärung Ich bin malischer Staatsangehöriger, und ich möchte freiwillig in mein Heimatland zurückkehren. Ichversichere hiermit, nicht nach Deutschland zurückzukehren, es sei denn unter den Bedingungen derdeutschen Einwanderungsgesetze. Erklärt gegenüber der Botschaft Mali und dem Bundesgrenzschutz Name, Vorname, Geburtsdatum, Unterschrift." Weder die Gewährung niedrigerer Grundleistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz noch dieAblehnung von Analog‑Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (Leistungen entsprechenddem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch ‑ Sozialhilfe ‑ bei Vorbezug von mindestens 36 MonatenGrundleistungen) kann mit der Weigerung zur Abgabe der geforderten Ehrenerklärung begründetwerden, wenn der Hilfebedürftige die Bundesrepublik Deutschland eigentlich nicht verlassen möchte;niemand kann gezwungen werden, eine in der Sache falsche Erklärung abzugeben, selbst wenn erverpflichtet ist auszureisen. Der Hilfebedürftige handelt weder rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 2Asylbewerberleistungsgesetz, noch hat er im Sinne des § 1a Asylbewerberleistungsgesetz zu vertreten,dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Dies hat der 7. Senat des Bundessozialgerichts am Mittwoch, dem 30. Oktober 2013 aufgrundmündlicher Verhandlung entschieden. Die Sache wurde jedoch zur erneuten Verhandlung undEntscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen, weil es ansonsten an ausreichendentatsächlichen Feststellungen für eine endgültige Entscheidung über einen höheren Anspruch derKlägerin mangelte. Bei dieser Sachlage bedurfte es noch keiner Entscheidung darüber, ob dieLeistungskürzung um den gesamten Betrag für persönliche Bedürfnisse verfassungsrechtlich zulässigwar. Az.: B 7 AY 7/12 R D.D. ./. Salzlandkreis

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