Bunte Götter Katalog

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Die Farbigkeit antiker Skulptur, die farbenfrohe Welt der alten Griechen

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VORWORT

Die Idee zu dieser Ausstellung wurde schon vor 15 Jahren geboren. Ausgangs-punkt waren die Ergebnisse eines Forschungsunternehmens - 1982 von dem Archäologen Volkmar von Graeve, damals an der Münchner Ludwig-Maximili-ans-Universität angestoßen-, das sich mit der Bemalung antiker Skulpturen aus-einandersetzte. Dabei konnten in Zusammenarbeit mit dem Doerner- lnstitut der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen neue Untersuchungsmethoden entwi-ckelt werden, die auch minimalste Spuren ehemaliger Färbungen an antiker Skulptur erkennen lassen. Die aufwändigen Untersuchungen in vielen Museen der Weit wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt.

Die Idee, die neuen Erkenntnisse nicht nur in Fachpublikationen, sondern auch einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen, indem man Rekonstruktionen in Originalgröße erstellt, ist nahe liegend, aber auch nicht ganz unproblematisch . Ein großer Gewinn dieser Versuche ist, dass man bei der Herstellung dieser farbig gefassten Skulpturen die eigenen Erkenntnisse überprüfen, etwaige Fehler aus-merzen und ungelöste Probleme erkennen kann . Der Nachteil solcher Rekon-struktionen liegt aber darin, dass man sich bei fraglichen Punkten für eine bestimmte Lösung entscheiden muss, damit eine farbige Gesamtwirkung ent-steht. Die falsche Wahl einer Farbe kann die ästhetische Wirkung der gesamten Figur beeinflussen. Diese Problematik war uns bewusst. Die Wiederherstellungen erforderten eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Restauratoren .

Die Vatikanischen Museen erarbeiteten eine farbige Rekonstruktion der be-rühmten Statue des Augustus von Prima Porta. Die meisten übrigen Farbrekon-struktionen führte Ulrike Koch-Brinkmann aus.

Das Ausstellungsprojekt erbrachte auch für die Kenntnis antiker Bronzeskulp-tur, für die Altphilologie und für die Bauforschung neue Ergebnisse. Hansgeorg Bankel entwickelte ein farbiges Modell des Aphaia-Tempels .

Die Ny Carlsberg Glyptotek und die Vatikanischen Museen haben für diese Ausstellung einen wichtigen Beitrag geleistet. ln leicht veränderter Form wird die Ausstellung im Frühjahr 2004 in Kopenhagen und im Herbst 2004 in Rom zu

sehen sein . Die Realisierung dieser Ausstellung wurde durch private Spender, der Katalog

durch den Verein der Freunde und Förderer der Glyptothek und der Antiken-

sammlungen München e.V. unterstützt. Die Ausstellung wäre nicht möglich gewesen ohne die Großzügigkeit der Leih-

geber, dem großen Engagement der Katalogautoren und den im Impressum genannten Mitarbeitern . Ihnen allen gilt unser Dank.

Vinzenz Brinkmann Raimund Wünsche

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DIE FARBE KEHRT ZURÜCK Raimund Wünsche

»Was ich gewollt ist wirklich erfolgt: Überraschende Pracht des ganzen Ein -druckes hat die Seele des Betrachters feyerlich gestimmt und nur emfenglicher gemacht für die Schönheiten der alten Kunst«, so schrieb 1827 Leo von Klenze, der Architekt der Glyptothek, an seinen Bauherrn, den Kronprinzen und späteren l<önig Ludwig I. Diese prachtvolle Ausstattung der Glyptotheksräume ist im letz-ten Krieg zugrunde gegangen. Es gibt zwar zahlreiche Schwarzweißfotografien, Zeichnungen und Stiche, aber keine einzige Farbfotografie der Räume. Umso wertvoller sind daher einige 1938 von dem Zeichenprofessor Wilhelm August Hahn (1883-1966) gemalte Aquarelle, die etwas von dem ursprünglichen farb-liehen Glanz der Räume erahnen lassen . Der Blick durch den Westflügel (Abb. 1) zeigt im Hintergrund den ehemaligen Äginetensaal und davor die beiden Räume der »klassischen Kunstblüthe «. Die Wände sind bis zum Gesims mit gefärbtem und auf Glanz poliertem Stuckmarmor bedeckt. Zu der gewissen Einheitlichkeit der Wandfärbung kontrastiert die bunte Farbigkeit der kunstvoll verlegten Mar-morfußböden. Die Figuren stehen auf roten Marmorsockeln. Die Schildwände, Gurtbögen und Raumgewölbe sind mit Stuckdekor verziert. Farben, meist Blau und Rot, sind hier nur noch sparsam und zur Hervorhebung der einzelnen Orna-mente eingesetzt. Es dominiert neben dem blendenden Weiß des Stucks der helle Schimmer der überreichen Vergoldung. Gegenüber dieser farbigen Pracht konn -ten sich die oft angewitterten, grauweißen oder gelblich patinierten Marmor-skulpturen nur schwer behaupten. Und das ist kein Eindruck, der aus der Ästhetik unserer heutigen schmucklosen Zeit zu erklären ist. Schon seit der Planung der Glyptothek (errichtet 1816- 1830) gab es viele kritische Stimmen zu dieser Museumskonzeption, und sie sind später immer zahlreicher geworden. Der schärfste Widersacher Klenzes war Martin von Wagner, Ludwigs Kunstagent, der für die Glyptothek die meisten Antiken erwarb. Dem Maler und Bildhauer Wag-ner erschien eine prachtvolle und farbige Ausstattung der Räume als ein Gräuel, da sie nach seiner Meinung die Wirkung der Antiken beeinträchtigte. Er plädierte für einfache, sandfarben getönte Wände, für monochrome Fußböden und schlichte Sockel. Umsonst. Klenzes Vorstellung von einem prachtvollen Kunst-tempel entsprach mehr Ludwigs Repräsentationsbedürfnis . Und gegen eine Far-bigkeit der Wände konnte Wagner nicht wettern, denn es war ja gerade er, der Ludwig wenig zuvor aufgeklärt hatte, dass die griechischen Tempel innen und außen mit kräftigen Farben bemalt waren. Für ein Gebäude in »reinstem antiken Styl «, wie Ludwig sich die Glyptothek wünschte, konnte also eine farbi ge Innen-ausstattung nicht falsch sein. Wagner hatte seine Erkenntnisse zur Farbigkeit in Griechenland gewonnen, wohin er im Auftrag Ludwigs gereist war, um auf einer Auktion (1 . November 1812) die kurz zuvor aufgefundenen Giebelskulpturen des Aphaia-Tempels von Ägina zu erwerben . Nachdem er endlich im August 1815 die Ägineten nach Rom bringen konnte, verfasste er im Winter 1815/16 eine Beschreibung der Skulpturen, die ein Jahr später von Friedrich Wilhelm Schelling mit eigenen Kommentaren versehen herausgegeben wurde. Wie schon die Aus-

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1 Glyptothek , Blick durch den West-~!ügel, im Hintergrund der damalige Aginetensaal. Aquarell (1938) von Wilhelm August Hahn (1883-1966) .

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2 Athena und Repräsentanten der Bildhauerkunst ; im Giebeleck sitzend der Figurenmaler, der eine Statuette im Typus einer äginetischen Akroter-figur bemalt. Rechte Hälfte des Gie-bels der Glyptothek.

3 Porträtstatue des John Gibson (1 790- 1866), H 2, 35 m. Modell von Friedrich Brugger, Ostfassade der Glyptothek.

gräber der Ägineten sahen, waren an einigen Figuren noch Reste der ursprüng-lichen Bemalung vorhanden . Weiterhin erschloss Wagner aus der unterschied-lichen Oberflächenverwitterung scharfsinnig, dass einige Farben besser, andere schlechter der Witterung widerstanden haben. Und er arbeitete auch schon mit dem Prinzip der Darstellungslogik. So heißt es zur Athena: »Unter den Füßen bemerkt man Sohlen, doch ohne Anzeige von Bändern und Riemen, welche sie an dem Fuße befestigten .. . ich vermuthe daher, daß diese Bänder farbig angegeben waren .« Es sind die ersten und für lange Zeit die besten Beobachtungen, die über die Polychromie griechischer Skulptur gemacht wurden. Mit der ihm eigenen Nüchternheit resümiert er: »Es mag uns nach unserm heutigen Geschmack und neuern Ansichten wohl auffallend und sonderbar vorkommen, Statuen zu erbli-cken , welche bey ihrer vollkommenen Ausführung in Marmor auch noch zum Theil bemalt waren ... Wir wundern uns über diesen scheinbar bizarren Ge-schmack, und beurteilen ihn als eine barbarische Sitte und ein Überbleibsel aus früheren, rohen Zeiten. « Wagner, obwohl selbst tätiger Künstler, stand der Kunst-anschauung und den Kunstwerken seiner Zeit erstaunlich kritisch gegenüber und fügt hinzu : »Allein wie es scheint, geht es uns nicht anders, als jenem im Evange-lium, der mit dem Balken im eigenen Auge dem anderen den Splitter herauszie-hen wollte .« Dem folgt noch ein Seitenhieb auf die Antiquare und Kunstkenner: »Hätten wir vorerst unsere Augen rein und vorurtheilsfrey und das Glück zugleich, einen dieser griechischen Tempel in seiner ursprünglichen Vollkommenheit zu sehen, ich wette, wir würden unser voreiliges Urtheil gern wieder zurücknehmen , und preisen, was wir jetzt zu verdammen herausgenommen. « Als Wagner dies schrieb, kannte er nicht die kurz zuvor erschienene Schrift von Quatremere de Quincy, der anhand antiker Schriftquellen die Farbigkeit der antiken Kunst nach-

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wies. An der heftigen Diskussion, die dieses Werk auslöste, beteiligte sich Wagner nicht. Er war ein Praktiker. Schon im Januar 1816, also ein Jahr vor Erscheinen sei-ner Schrift über die Ägineten, schlug er Ludwig vor, Modelle beider Giebel und ihrer darin aufgestellten Skulpturen anfertigen zu lassen . Und setzt hinzu : »Auch würde ich sowohl dem Fronton (Giebel) selbst, wie auch den Figuren, ihre ursprünglichen Farben und Verzierungen geben«. Klenze hat später in einer stark reduzierten Form diese Idee umgesetzt. Klenze schlug auch schon 1818 vor, im Giebel der Glyptotheksfassade die Repräsentanten aller Arten der Bildhauerkunst, wie Stein-, Holzbildhauer, Erzgießer usf. darzustellen . Unter ihnen ist auch der cir­cumlitor, der Skulpturenbemaler, der Wachs bzw. Farbe auf den Marmor aufträgt. Wagner lieferte die Entwurfszeichnung, nach der später der Giebel ausgeführt wurde (Abb. 2). Der >Circumlitor< wird dargestellt, wie er gerade eine der weib-lichen Akroterfiguren des Westgiebels von Ägina bemalt.

Wagners Erkenntnis der ursprünglichen Farbigkeit antiker Architektur und Skulptur wurde für Ludwig besonders interessant, da Schelling aus dem Fehlen der Farbigkeit in der zeitgenössischen Architektur und Skulptur ein Zeichen ihres Verfalls erschloss. Schelling pries die »Herrlichkeit eines griechischen Tempels, die durch die Vereinigung und Zusammenwirkung von Form und Farbe entstand. « Dies leuchtete Ludwig ein. Er wurde nicht nur die treibende Kraft zur Wiederbe-lebung der farbig gefassten Architektur, er versuchte auch, in seinen Repräsenta-tionsbauten die verschiedenen Kunstgattungen wieder zu vereinigen. Schon 1822, also bevor Jakob lgnaz Hittorff seine epochalen Erkenntnisse zur griechi-schen Architektur-Polychromie in Ausstellungen und Publikationen vorstellte, äußerte Ludwig dem Architekten Klenze gegenüber den Gedanken, »einen poly-chromen Tempel im Englischen Garten oder auf dem Gasteigberge erbauen zu las-sen«. Wenn auch Klenze zu der jetzt aufblühenden Forschung der antiken Archi-tektur-Polychromie nur wenig Neues beitrug, war er jedoch der erste, der polychrome Architektur verwirklichte. 1836 war das kleine, farbig gefasste Rund-tempelchen im Englischen Garten vollendet. Auf Wunsch Ludwigs, wurde auch die Fassade des Nationaltheaters von Klenze farbig gefasst. Nicht ohne Witz titu-lierte sich Klenze dem König gegenüber als »Euer Majestät polychromatischer Sekretär«. Vieles, was damals der »polychromatische König« und sein Sekretär anstrebten, musste Stückwerk bleiben . Trotz intensiver Forschungen und zahlrei-cher Versuche gelang es nicht, ein Bindemittel zu entwickeln, das dem Münchner Wetter widerstand. Sehr schnell blätterte die Farbe vom Stein wieder ab. Die intendierten farbigen Fassungen auch der Aussenfassaden der Walhalla und der Propyläen musste unterbleiben . Wie bahnbrechend Ludwigs und Klenzes Poly -chromiebestrebungenfür die damalige Zeit waren, beweisen diesbezügliche zeit-genössische Äußerungen, wie z. B. des berühmten englischen Architekten Char-les Robert Cockerell, Mitausgräber der Ägineten, und vor allem des englischen Bildhauers John Gibson (Abb. 3). Er war ein großer Bewunderer der Glyptothek. Über ihre farbige Innenausstattung schrieb er 1833 an einen Freund :» ... all these colours have been discovered on the ancient Greek buildings- here you see this ancient taste most minutely restored. « Gibson verfolgte die archäologischen For-schungen zur antiken Polychromie. Er wurde bekannt, da er als erster eine Mar-morfigur vollständig >fasste<. Bei dieser berühmten » Tinted Venus « (Abb. 4) sind nicht nur Augen, Lippen, Haare und Gewand, sondern auch die Haut getönt. Er bediente sich dabei der Technik der Wachsmalerei, die aus der Antike überliefert ist, wobei man nicht genau weiß, was darunter zu verstehen ist. Die vollkomme-ne Tönung der antiken Skulptur wurde damals von einem Teil der archäologischen Forschung vertreten . Andere Forscher glaubten, dass die Figuren nur teilweise

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4 » Tinted Venus « von John Gibsan (gefertigt 1851- 56). Liverpool , Walker Art Gallery.

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5 Blick in die Walhalla mit farbig gefassten Figuren von Ludwig Schwanthaler, vor 1842.

bemalt waren . Bei seiner einige Jahre zuvor entstandenen Porträtstatue der Köni-gin Viktoria (vollendet 1847) wählte Gibsan diese Lösung. Obwohl er nur einige Partien der Figur, wie Gewandteile, Diadem usf., farbig fasste, war es durchaus kühn, solch ein Experiment gerade an dem Porträt der englischen Königin zum ersten Mal zu wagen . Die Aufnahme des Werkes in England war gemischt, aber Viktoria gefiel es. Gibson, ein Schüler Canovas und Thorwaldsens und seit 1817 in Rom lebend, hat bis zu dieser Statue der Viktoria nie eine Marmorfigur bemalt. Er erzählte zwar, dass schon 1839, als er die Marmorstatue eines Eros fertigte, ihm im Traum der griechische Bildhauer Praxiteles erschienen sei, mit der Bitte, Gibsan möge seinen Eros ebenfalls bemalen, da ja er, Praxiteles, es vor Jahrhunderten schon getan habe. Gibsan traute jedoch der Traumerscheinung nicht. Der Eros blieb weiß. Sein >farbiges Damaskus< erlebte Gibsan in München, das er im Som-mer 1846 besuchte, gerade als die Marmorarbeiten seiner Porträtstatue der Vik-toria vor ihrem Abschluss standen . Gibsan besichtigte in München den gerade vollendeten Festsaalbau der Residenz, ein Werk Klenzes. Ihn charakterisiert Gib-san in einem Brief an einen Freund als »a man with a truly Greek soul, whatever the Greeks did is a law with him so that he has painted all the architectural orna-ments, blue, red and gold. « Im so genannten Ballsaal der Residenz sah Gibsan lebensgroße Statuen (Karyatiden) »with the skin of very faint flesh colour, the hair gold, the eyes painted, tunic white, upper dress purple gray and ornaments at the edge of their draperies «. Er bewunderte die dortigen Reliefs von Ludwig Schwan-

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thaler, » ... all painted, the ground blue, flesh colour skin and draperies all coloured but so delicate and harmonious is the effect of the whole, you have no idea«, und endet mit dem Seitenhieb auf sein Heimatland, »John Bull dams all this because he has very little Greek feeling «. Unter dem Eindruck des in München Gesehenem bemalte Gibson, kaum nach Rom zurückgekehrt, seine Statue der Königin Vikto-ria. Von ihrer Färbung, das gilt fast für alle polychrom gefassten Werke des 19. Jahrhunderts, ist heute nur noch wenig zu sehen. Noch weniger kann man heute das »Greek feeling«, die absolute Vorreiterrolle Münchens bei der Wiedererwe-ckung der >antiken< Polychromie erahnen . Der Festsaalbau wurde im Krieg schwer getroffen . Was übrig blieb, fand in der Nachkriegszeit ästhetisch keine Gnade und wurde abgeräumt. Nur in der Walhalla sieht man, wie damals Figuren bemalt wur-den und wie sie vor farbigen Wänden wirken (Abb. 5). Und John Gibson, dessen Augen, wie er sagte, keine unbemalten Figuren mehr sehen wollten, steht noch heute als Nischenfigur in der Ostfassade der Glyptothek. Eingereiht unter die gro-ßen klassizistischen Künstler, beginnend mit Canova, der selbst schon bei seinen späten Werken mit Farbfassungen experimentierte, und endend mit Schwan-thaler, dessen farbige Skulpturen Gibson so sehr inspiriert haben. Als die Porträt-statue Gibsons 1859 an der Ostfassade der Glyptothek aufgestellt wurde (s. Abb. 3), war dieser noch immer ein gefeierter Marmorbildhauer, der seinen Figuren, wie 1859 ein Kunstjournal schrieb, mit Farbe »animation and expression-in fact, a soul « gibt. ln München interessierte zu dieser Zeit das Thema >Farbige Skulptur< kaum noch jemanden.

in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird Dresden zum Zentrum der Aus-einandersetzung mit der antiken Polychromie. Georg Treu , Direktor der Dresdner Skulpturensammlung, war ein glühender Verfechter der vollkommenen farbigen Fassung antiker Skulptur (Abb. 6). Er ließ von Künstlern Gipsabgüsse antiker Skulpturen bemalen, wobei an den betreffenden Originalen meist keinerlei Farb-reste mehr vorhanden waren . Die Maler mussten sich, unter Treus Anleitung, in der Tönung an farbig gefassten antiken Terrakotten bzw. an den Farbresten, die sich auf anderen antiken Marmorskulpturen fanden, orientieren. ln einem Wort: Es sind keine Rekonstruktionen, sondern freie künstlerische Erfindungen, die natürlich den Kunstgeschmack ihrer Entstehungszeit deutlich offenbaren. Ande-rerseits ist man erstaunt, wie diese sicherlich routinierten, aber nicht gerade bedeutenden Maler des späten 19. Jahrhunderts dem stumpfen Gips durch geschickte Kolorierung viel an lebendigem Reiz verleihen konnten (Abb . 7-8). Wie viel eindrucksvoller, so ahnt man seufzend, müssen erst die griechischen Ori-ginale dieser Zeit gewirkt haben, deren glänzenden Marmor ein griechisches Malergenie durch Farbe zum Leben erweckt hat. Welche Fülle malerischer Mög-lichkeiten, welche Raffinesse des Kolorits diesen antiken Figurenbemalern zur Verfügung standen, können wir, wie ich glaube, uns nicht vorstellen, da in der Geschichte der abendländischen Malerei die Kunst der Marmorbemalung nur sel-ten geübt wurde und keine lange Tradition hatte.

Solch eine Tradition wollte Treu aufbauen. ln seiner Schrift »Sollen wir unsere Statuen bemalen? « plädiert er vehement für eine Farbigkeit der modernen Plas-tik. Er meint, »eine wahrhaft populäre Kunst, wie es im Altertum und Mittelalter war, kann unserer Überzeugung die Bildhauerei erst wieder werden, wenn sie dem Drang der Neuzeit nach Wahrheit, Leben und Farbe voll nachgibt und es erneut mit der Polychromie versucht. « Treu veranstaltete Ausstellungen in Dres-den und Berlin, wo neben künstlerischen farbigen Rekonstruktionen antiker Skulpturen vor allem auch farbige Bildwerke zeitgenössischer Künstler ausgestellt waren . Er kaufte auch solche Skulpturen für sein Museum. Ihn verband ein enger

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6 Bildnis des Georg Treu, von Leon Pohle (1901 ). Dresden , Staatliche Kunstsammlungen .

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Kontakt mit dem Bildhauer Max Klinger, von dem er persönlich das bemalte ori-ginale Gipsmodell der Salome für die Dresdner Sammlungen erwarb (Abb . 9). Und sicherlich haben auch entsprechende Ausführungen Treus über die kühnen Mate-rialverbindungen bei antiken Kunstwerken den Dresdner Bildhauer Richard König zu dem eigenwilligen Bildnis einer Muse mit Eisenhaaren inspiriert (Abb. 1 0) . Natürlich versuchte Treu, auch antike Bildwerke zu erwerben, die noch Reste ursprünglicher Bemalung zeigen. So konnte er 1891 eine griechische Asklepios-Statuette hellenistischer Zeit kaufen, an deren Mantel noch reiche Spuren von roter Farbe erhalten waren, und deren genaue Tönung er in einem Aquarell fest-halten ließ (Abb. 11 ).

Zusammenfassend kann man sagen: Treu gelang es, nicht nur die Kenntnis von der farbigen Fassung antiker Skulptur zu vertiefen und bekannt zu machen, son-dern auch ein breiteres Verständnis dafür zu wecken . Farbig gefasste Gipsabgüs-se antiker Skulpturen waren um die Jahrhundertwende sowohl bei Künstlern als auch in Bürgerhäusern nichts Ungewöhnliches (Abb. 12).

Um die Jahrhundertwende wurde nicht mehr diskutiert, ob, sondern nur noch wie die antike Skulptur bemalt war. Zu dieser Frage hat Adolf Furtwängler, der damalige Direktor der Glyptothek, grundlegende Erkenntnisse gewonnen . Seine speziellen Forschungen zum Ägina-Tempel und seinen Skulpturen ließ er in einem fein gearbeiteten und delikat farbig gefassten Modell der Westfassade des Aphaia-Tempels darstellen. Damit war im Äginetensaal der Glyptothek unter der

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11 Aquarell einer hellenisti schen M armorstatue eines Asklepios, von Ludwig Otto (1 895) . Dresden, Staatliche Kunstsammlungen.

12 Musikraum der Vill a Stuck mit einem farbig gefassten Abguss einer griechischen Figur. München.

Vorhergehende Seite: 7 Aphrodite, röm ische Kopie nach einem griechi schen Original (4. Jh . v. Chr.), Gipsabguss bemalt von Robert Diez (1883). Dresden Staatliche Kunstsammlungen, Skulpturen-sammlung.

8 Aphrodite, sog. Psyche von Capua, römische Kopie nach einem hellenistischen Werk (um 100 v. Chr.), Gipsabguss bemalt von Ernst Sattler, um 1893. Dresden Skulpturensammlung.

9 Die >> Neue Salome« von M ax Klinger, farbi ges Originalmodell, Gips (1 887 /88) . Dresden Skulpturen-sammlung.

10 Büste einer Muse von Richard König (1901 ), Haare aus geschmie-detem Eisen, H 47 cm . Dresden Skulptu rensammlung.

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13 Glyptothek, Ägyptischer Saal, Aquarell von W. A . Hahn (1938) . Heute Saal der frühgri echischen Jünglinge.

14 Glyptothek, Bl ick vom Römersaal in den nördlichen Ecksaal, Aquarell von W. A. Hahn (1938). Heute Saal des Alexander.

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15 Göttersaal der Glyptothek, Archivaufnahme, Fresken von Peter Cornelius im Krieg ze rstört. Heute Saal des W estgiebels der Ägineten.

farbig gefassten Tempelansicht Klenzes (ausgeführt von Ohlmüller) eine zweite farbige Rekonstruktion desselben Baus aufgestellt. An ihnen ließen sich auch die Erkenntnisfortschritte in der Polychromiefrage ablesen .

Nach dem Ersten Weltkrieg verlor sich das Interesse an diesem Thema. Dazu hat sicherlich beigetragen, dass jetzt in der Architektur und Bildhauerei neue Stil-tendenzen zum Durchbruch kamen, die im Laufe ihrer Entwicklung immer mehr jegliche Farbigkeit von Architektur und Skulptur ablehnten . Das neue ästhetische Dogma traf auch die Glyptothek: Die Buntheit der Räume fand immer weniger Gefallen . Ein weiteres kam hinzu : Innengestaltung und Aufstellung der Skulptu-ren folgten in der Glyptothek einem festen Programm . Beim Durchschreiten der Säle sollten dem Besucher- ganz im Sinne von Johann Joachim Winckelmann, dem Vater der Kunstarchäologie- Ursprung, Wachstum, Niedergang und Wieder-geburt der Antike gezeigt werden. Es begann mit dem Saal der ägyptischen Werke (Abb . 13); ihm folgte der Raum der frühgriechischen Kunst, dann der Ägineten-saal und drei weitere Räume mit »Werken der griechischen Kunstblüthe « (Abb. 1 ). Dann folgten drei Festräume, deren Hochwände und Decken mit Fresken von Peter Cornelius dekoriert waren (Abb . 15). Ludwig wünschte solche Räume für Abendempfänge und ähnliche Anlässe. Der Rundgang führte über den Heroen-saal in den tiefer liegenden Römersaal (Abb. 14). Er war der am prächtigsten aus-gestattete Saal der Glyptothek. Daran schloss sich ein Saal der farbigen Bildwerke an, in denen Bronzen und Skulpturen aus buntem Marmor ausgestellt waren. Und endete schließlich im Saal der Neueren, wo Werke von Canova, Thorwaldsen und anderen klassizistischen Bildhauern aufgestellt waren, die zur Wiedergeburt der

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16 Kampf um die Leiche des Patrok-los, Fresko im Heroensaal der Glypto-thek .von Peter Cornelius (1826-30), ArchJvaufnahme, Fresko im Krieg zers~.ört. Heute Saal des Ostgiebels der Agineten .

17 Kopf eines Kriegers, erhaltenes Freskofragment aus dem Heroensaal von Peter Cornelius. Glyptothek.

neuen, wahren Kunst b · t h b · d elge ragen a en. D1ese chronologische Anordnung er Skulpturen die Kle · t " d' . ' nze ln s an 1ger Auseinandersetzung mit Ludwig und Wagner era:beltet hatte, bestach durch ihre Folgerichtigkeit und Einfachheit. Die chrono-logische Ordnung der Skulpturen wurde durch die unterschiedliche Gestaltung und Dek?ration der Säle hervorgehoben. Fußböden und Deckendekorationen waren mit Bezug auf Stil und Entstehungszeit der aufgestellten Werke gestaltet worden . So zeigte der Saal d f .. h · h · h k .. ft' er ru gnec 1sc en (archaischen) Kunst einen ra 1g dunkelroten Wandto d d' f " h . . .. n, a 1e ru gnech1sche Kunst, wie Klenze bemerkt, »zur Verstarkung ihrer sin 1· h w· k n IC en 1r ung auch die bunteste Bemalung anzuwenden pflegte.« Aus der intensiven Färbung der Wand sollte der Besucher auf die ehe-mals k "ft' ra. lge Bemalung der hier ausgestellten Skulpturen schließen .

.Ludwlg und Klenze waren anfangs überzeugt dass in der Glyptothek künftig k~me Veränderungen nötig seien. Doch die Kenn~nis von der Antike wuchs durch d1e zahlreichen Ausg b h · h G b . ra ungen sc nell . Ganze Gattungen, wie z. B. griech1sc e

~~ r~llefs, fehlten in der Glyptothek vollständig. Die Lücken konnten durch gluckilche Neuerwerbungen geschlossen werden. Noch schneller wuchs der Bestand an » neuerer« Skulptur. Allein zwischen 1887 bis 1910 hat sich der Besta~d a~ moderner Plastik mehr als verdoppelt. Fürall diese Neuerwerbungen war- Im ~.mne der Klenzeschen Konzeption- kein Platz. Sie mussten zum Teil in den Festsalen die .. 1· h 11 , ursprung 1c von Skulpturen frei bleiben sollten aufgeste t werden (Abb 15) D rt t d . ' . . · · o s an en unter Corneilus' Fresken des trojanischen Kneges antike Statuen, wie ein Torso des Marsyas und die Leda mit dem Schwan, und ein Athlet von Franz von Stuck einträchtig nebeneinander. Ein unhaltbarer Zustand. Nach dem Ersten Weltk · h · neg na m man d1e Sammlung der neuzeitlichen Skulptu-ren aus der Glyptothek heraus und fügte sie der Neuen Pinakothek ein. in der ~lypt~thek wurde jetzt viel umgestellt. Das geniale Klenzesche Museumskonzept loste s1ch auf.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden die Antiken an sichere Orte ausge-lagert. Von dem Museumsbau gingen in den Bombenangriffen der Jahre 1944/45

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der erste Saal des Rundganges und der große, prachtvolle Römersaal zugrunde. Der Dachstuhl des ganzen Gebäudes brannte ab, so drangen bald Regen und Frost in die Gemäuer ein. Die Feuchtigkeit zerstörte die Stuckverkleidung der Wände. Als man Anfang der 50er Jahre einen provisorischen Dachstuhl aufsetz-te, war es schon zu spät. Über 90 Prozent der kostbaren Innenausstattung, dar-unter die berühmten Fresken von Peter Cornelius, waren unwiederbringlich ver-loren (Abb. 16-18). Zerstört war eines der schönsten klassizistischen Museen, der erste Museumsbau Deutschlands, ja sogar der erste Museumsbau der Weit, der für antike Kunst konzipiert war.

Als es um den Wiederaufbau ging, machte man es sich nicht leicht. Einig war man sich nur, das Äußere des Gebäudes in der ursprünglichen Form wiederher-zustellen, während es in der Frage nach der Innengestaltung der Räume bald divergierende Meinungen gab. Sie reichten von der völligen Rekonstruktion der ursprünglichen Innenausstattung, über eine reduzierte >klassizistische< Ausstat-tung bis hin zum völligen Umbau der Glyptothek mit modernen horizontalen Dächern. Auch eine Überdeckung des Innenhofes mit einem Glasdach oder ein Neubau eines Museums für die Antiken wurden erörtert. Die Glyptothek sollte in diesem Fall als >Museum eines Museums< in originaler Form wiederhergestellt werden und zum größten Teil nur noch Abgüsse der Antiken beinhalten. Die Ent-scheidung fiel schwer. Mit Vorträgen, Erstellung von Gutachten, Gegengutach-ten, Einrichtung von Probesälen , Probestuck rauf- Probestuck runter, vergingen die Jahre. Spötter sprachen »vom längsten Bauvorhaben Bayerns nach 1945«.

Der Architekt Josef Wiedemann und Dieter Ohly, der damalige Direktor der Glyptothek, haben die heutige architektonische Gestaltung der Glyptothek erar-beitet und trotzerheblicher Widerstände schließlich durchgesetzt. Sie ist deshalb so bestechend, weil sie im Gegensatz zu jeder Kompromisslösung, die eine teil-weise oder reduzierte Wiederherstellung des Dekors versucht hätte, das Fehlen der ursprünglichen klassizistischen Innenausstattung nicht als Verlust wahrneh-men lässt. Durch die kompromisslose Reduktion auf die architektonische Grund -substanz, die man weitgehend unangetastet ließ, in Verbindung mit dem gedeck-ten Farbton von Wand und Bodenbelag bekamen nämlich die Räume eine so klare und monumentale Sprache, dass sich bei den meisten Besuchern Assoziationen mit klassizistischen Bauten gar nicht einstellen, sondern sie sich eher an die Rui -nen antiker Thermen oder an Pläne französischer Revolutionsarchitektur um 1800 erinnert fühlen. Der rötlich-weiße Wandton des mit dünnem Kalkschl icker über-zogenen Ziegelmauerwerks bildet, in Verbindung mit dem Blau -Grau des Kalk-steinfußbodens und der Figurensockel, einen sehr zurückhaltenden Hintergrund für die antiken Marmorskulpturen (Abb. 19-20) . Es ist in etwa die lnnengestal-tung, die vor fast 200 Jahren Martin von Wagner dem König vorgeschlagen hatte. Auf dessen Urteil haben sich natürlich die Befürworter der jetzigen Gestaltung immer wieder berufen .

Die geringen Farbkontraste und die freie Aufstellung der Figuren, die man umschreiten kann, fördern die plastische Wirkung der weißen Marmorfiguren . Die neue Gestaltung der Glyptothek hat sich bewährt, und sie wurde inzwischen zum Vorbild für Neubauten bzw. Neugestaltungen anderer Museen. Sogar noch heute, über 30 Jahre nach ihre~ Wiedereröffnung, wirkt sie nicht veraltet. Eines jedoch kann die heutige Glyptothek nicht leisten : in diesen farblieh so fein abge-stimmten Räumen kann sich niemand vorstellen, dass die antiken Skulpturen einst bunt bemalt waren.

Es klingt fast paradox: Gerade in dieser Glyptothek wird jetzt ein große Ausstel -lung über die Farbigkeit antiker Skulptur gezeigt. Es ist seit über 100 Jahren die

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18 Eros mit Kerberos, erhaltenes Freskofragment aus dem Gewölbe des Göttersaals von Peter Cornelius. Glyptothek.

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19 Glyptothek, Blick durch den Westflügel.

20 Glyptothek, Blick vom Römersaal in den nördlichen Ecksaal, sog. Saal des Alexander.

erste große Ausstellung zu diesem Thema. Grund dafür sind neue Forschungs-ergebnisse. Dass diese nicht an kleinen Modellen gezeigt werden, erklärt sich aus den Ergebnissen selbst, die nur im Originalformat darstellbar sind. Die farbigen Rekonstruktionen direkt neben den Originalen aufzustellen, ist nicht ganz unpro-blematisch. Das Auge reagiert irritiert auf die ungewohnte Buntheit. ln der Glyp-tothek wird diese Wirkung durch die durchgehend zurückhaltende Tönung der Räume noch verstärkt. ln der Natur, vor blauem griechischen Himmel oder vor far-bigen Wänden, wo in der Antike die bemalten Figuren standen, würden dieselben Farben weit weniger sprechend wirken. Dies lässt sich ganz gut im Pompejanum von Aschaffenburg, einem Zweigmuseum unserer Sammlungen, beobachten (Abb. 21 ): Die intensive Tönung des aus farbigem Marmor gemeißelten Satyrs verspielt sich vor der Farbenpracht der pompejanisch bemalten Wände. ln der Glyptothek hingegen aufgestellt, würde die Farbe des Marmors viel stärker her-ausstechen.

Das Hauptproblem ist jedoch ein anderes: Trotz vieler neuer und sicherer Erkenntnisse musste man sich bei der Fertigung dieser farbigen Rekonstruktionen nicht selten auf Analogieschlüsse und Hypothesen stützen . Wie man sich bei solch fraglichen Punkten entschied, ist von großer Bedeutung für das Aussehen der Figur. Jeder Fehler in der Farbwahl, in der lntensi~ät eines Farbtones hat natürlich eine große Auswirkung auf das gesamte Erscheinungsbild der Figur. Bei solchen Fragen nützt keine Diskussion . Einer muss entscheiden, muss im wörtlichen Sinn »Farbe bekennen« . Selbst wenn die Farben nicht immer exakt getroffen sein soll-ten, wird dennoch- wohl die wichtigste Aussage dieser Ausstellung- ein erstaun-liches Phänomen der griechischen Skulptur offensichtlich, nämlich die für unsere

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Augen ungewohnte Verbindung von vollendeter plastischer Form mit re.icher, detailverliebter malerischer Verzierung. Dies konnte nur durch Rekonstruktionen im Originalformat dargestellt werden. .

Abgesehen von der Rekonstruktion der Statue des Augustu.s von Pnmap?rta und des Bronzekopfes, sind beinahe alle hier ausgestellten, farb1g gefasst~~ Fl.gu-ren von Vinzenz Brinkmann rekonstruiert worden . Es ist die Frucht langJah~~ger Forschungen. Die Ergebnisse gründen, die Erkenntnisse früh~r~r Forscher beruck-sichtigend, vor allem auf eigene Untersuchungen an den O.ngmale~ . ..

ln der Gegenüberstellung dieserneuen Farbrekonstruktl.~nen ~1t den Be~u­hungen früherer Forschergenerationen zu diesem :rhema dru~ke~ s1ch Fo~tsc~ntt, und auch alle Schwierigkeiten und Unwägbarkelten aus, d1e d1esem Wichtigen und faszinierenden, aber in vieler Hinsicht ebenso schwer lösbaren Problem der antiken Statuen-Polychromie innewohnen.

DIE FARBE KEHRT ZURÜCK ... · 23

21 Originalstatue eines Satyrs aus farbigem M armor vor pompejanisch bemalter Wand. Pompejanum, Aschaffenburg.

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30-31 uv k

-Aufnah re onstrukt· me und Fa b · IOn VO r -emer Ma·· d h m rechten A .. c enfi rmel Athen Akropolis ~~~-um 490 v. Chr.,

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34 . v· mzenz 8 . k nn mann

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49 Sphinx von Abb 50 .. spuren der F d . . , Verwrtterungs-

e ern rm Streiflicht

50 Sphinx, um 520 v. Chr Ath Akro 1· ·• en po rs 632 (Rekonstrukt' Schuchhardt 1940). ron von

42 . Vinzenz Brinkmann

Das eindrucksvolle Löwenpaar aus Lautraki bei Karinth, das sich heute in der Ny Carlsberg Glyptotek befindet, ist aus Kalkstein gearbeitet (Abb. 51. 53). Die Verwitterungsspuren der ehemaligen Bemalung sind heute noch sehr gut sichtbar. Auch haben sich noch einige Pigmentreste finden lassen . Sorgfältig gestaltete Punktreihen geben die Fellzeichnung im Gesicht wieder. Hier sitzen die Bart- und Augenhaare der Raubkatze an (Abb. 52).

Die Bemalung charakterisierte aber nicht nur die Fellzeichnung, insbesondere der Panther, sondern auch die Schuppenfedern der Vogelwesen . Die kurzen schuppenförmigen Federn >kleiden< in der Natur Brust und Nacken der Vögel. Sie liegen dicht auf dem Körper auf und richten sich zu den langen Federn der Flügel hin aus. Dieses Baugesetz der Natur hat die archaische Kunst offensichtlich bei ihren Bildern der Vögel und der geflügelten Mischwesen verwendet. So bedecken Schuppenfedern nicht nur die Körper der Vögel, sondern auch verwandte Berei-che der Mischwesen (Abb. 49) .

Die farbige Fassung dieser Schuppen erfolgt immer nach einem rhythmischen Plan . Die Fläche der Feder selbst kann hierbei in zwei oder vier sich senkrecht oder diagonal abwechselnden Farbwerten (Blau und Rot) gestaltet sein. Während die kleinen Federkeile immer im Gegensinne gefasst sind, also die Farbe der Nachbar-feder erhalten, sind die Federn stets durch eine feine, meistens ockergelbe Linie voneinander getrennt.

Die Kombination von vier oder fünf Farben, in denen Schuppen gemalt sind, kann ganz unterschiedlich sein. Unmittelbare Vergleiche lassen sich in der ägypti-schen Kunst finden: Die Schuppen der Seitenflächen der Throne von Osiris und

DIE FARBEN DER ARCHAISCHEN UND FRÜHKLASSISCHEN SKULPTUR · 43

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53 Löwe aus Lautraki, Farbrekonstruktion .

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58 Spuren eines gemalten Gewands im UV-Licht, Oberkörper der Grab-figur eines Reiters, um 510 v. Chr., Athen Kerameikosmuseum P1 051 .

59 Rekonstruktionszeichnung zu Abb. 58

60 Gewandsaum im UV-Licht, Rücken des Reiters von Abb. 58.

61 Umzeichnung zu 60.

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