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  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort DeutschlandDie neue Fhrungsrolle der Logistik in der Informationstechnologie

    Positionspapier

    Michael ten HompelJakob RehofFrauke Heistermann

  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort Deutschland2

    Vorwort ....................................................................................................................................................................... 3

    Zwlf Thesen im berblick ................................................................................................................................... 4

    1. Logistik und IT zusammendenken ....................................................................................................... 6

    2. Informationslogistik als eigenstndige Disziplin .............................................................................. 7

    3. Megatrends und Innovationstreiber ................................................................................................... 8

    4. E-Commerce und M-Commerce .......................................................................................................... 9

    5. Komplexitt ............................................................................................................................................. 10

    6. Transparenz .............................................................................................................................................. 11

    7. Collaboration ........................................................................................................................................... 12

    8. Normung & Standards .......................................................................................................................... 13

    9. Digitale Infrastruktur ............................................................................................................................. 14

    10. Sicherheit .................................................................................................................................................. 15

    11. Industrie 4.0 ............................................................................................................................................. 16

    12. Mensch und IT in Zeiten der 4. Industriellen Revolution .............................................................. 17

    Exkurs: Forschung versus Entwicklung ............................................................................................................. 18

    Anhang: acatech-Position .................................................................................................................................... 19

    Anhang: Glossar ...................................................................................................................................................... 22

    Impressum .............................................................................................................................................................. 23

    Inhalt

  • Positionspapier 3

    Vor der Jahrtausendwende wurde die Logistik zumeist als reine Diensterbringung im Sinne des klassischen Dreiklangs Lagern, Umschlagen und Transportieren wahrgenommen. Heute hat sich dieses Bild gewandelt. Logistik etabliert sich zunehmend als gesell-schaftlich und wissenschaftlich relevante Disziplin. Themen wie Demografischer Wandel, Klimawandel, Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz werden in erheblichem Mae der Logistik und deren gesellschaftlicher Verantwortung zugeordnet: Sei es bei der Globalisierung der Warenflsse, bei der effizienten Nutzung in-frastruktureller Ressourcen oder beim Erhalt der Mobilitt immer spielt die Logistik eine entscheidende Rolle.

    Ausgelst durch die Individualisierung von Produktion und Dienst-leistung ebenso wie durch die Globalisierung steigt der logistische Aufwand berproportional. Die korrespondierende Bedeutung der Logistik beim Erhalt und bei der konomisch und kologisch sinn-vollen Steigerung der Effizienz folgt diesem Trend.

    Es ist daher an der Zeit, die Welt vom Standpunkt der Logistik aus zu betrachten und logistische Lsungen fr zuknftige Herausfor-derungen zu suchen. Dies erfordert ein neues, selbstbewussteres (Selbst)Verstndnis als noch junge Wissenschaftsdisziplin ebenso wie als wirtschaftliche und gesellschaftliche Aufgabe.

    Zugleich muss sich die Logistik von der rein reaktiv bewegenden zur aktiv fhrenden Instanz entwickeln. Dies gilt auch und in be-sonderer Weise fr die Verbindung von Logistik und Informatik. Informatik ist die wichtigste Disziplin, wenn es darum geht, Logistik in die Tat umzusetzen. Zugleich ist sie die wichtigste Basisdisziplin und ein wesentlicher Treiber der Logistik und des Supply Chain Managements.

    Nichts geht mehr ohne Soft- und Hardware. Umso dringlicher ist es, die Informatik vom Standpunkt der Logistik aus zu betrachten. Dies ist Gegenstand des vorliegenden Positionspapiers. Es ist ge-richtet an Entscheider in der Politik ebenso wie in der Wirtschaft und Wissenschaft und unternimmt den Versuch, die Chancen und Risiken einer neuen Informationslogistik zu ergrnden.

    Im Herbst 2014

    Vorwort

    Prof. Dr. Michael ten Hompel Lehrstuhl fr Frder- und Lagerwesen FLW der TU Dortmund, Institutsleiter der Fraunhofer-Institute Materialfluss und Logistik IML (gf.), Software und Systemtechnik ISST, Dortmund,Mitglied des Vorstands, BVL

    Prof. Dr. Jakob RehofLehrstuhl fr Softwareengineering der TU Dortmund,Institutsleiter des Fraunhofer-InstitutesSoftware und Systemtechnik ISST (gf.),Dortmund,Mitglied der BVL

    Frauke Heistermann AXIT AG, Mitglied der Geschftsleitung,Frankenthal,Mitglied des Vorstands, BVL

    Autoren

    Mitglieder der Arbeitsgruppe

    Prof. Dr. Robert Blackburn BASF SE,President Information Services and Supply Chain Operations,Ludwigshafen,Mitglied des Vorstands, BVL

    Dr. Karl-Friedrich Rausch DB Mobility Logistics AG,Vorstand Transport und Logistik,Berlin, Mitglied des Vorstands, BVL

    Frank Wiemer REWE-Zentral AG und REWE-Zentralfinanz eG,Mitglied des Vorstands, Kln,Mitglied des Vorstands, BVL

    Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer BVL,Vorsitzender der Geschftsfhrung

    Prof. Dr.-Ing. Stefan Wolff 4flow AG, Vorsitzender des Vorstands, Berlin, Mitglied des Vorstands, BVL

  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort Deutschland4

    Zwlf Thesen im berblick

    Die Verbindung zwischen Informationstechnologie (IT) und Lo-gistik birgt das grte Potenzial fr die Zukunftsfhigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Es muss daher der zentrale strategische Anspruch der Logistikwirtschaft und -wissenschaft sein, eine taktgebende Fhrungsrolle in der Informatik und bei der Entwicklung von Informationstechnologien zu bernehmen.

    These 1Logistik und IT zusammendenken

    Nur Lnder mit eigener Technologieentwicklung werden einen signifikanten Wettbewerbsvorsprung halten knnen. Politik und Wirtschaft sind gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen und Manahmen zu ergreifen, um softwaretechnologische Innovation zu ermglichen. Die Informationslogistik muss als eigenstndiges Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsumfeld begriffen werden mit dem Ziel, Software zu produzieren wie Autos. Um Logistik und IT als Wissenschaft zu etablieren, mssen in Deutschland 100 neue Logistiklehrsthle und viele davon mit IT-Bezug geschaffen werden.

    These 2Informationslogistik als eigenstndige Disziplin

    Die deutsche IT-Forschung und Innovation muss bewusst be-schleunigt werden, indem die Standortvorteile genutzt und gestrkt werden. Die grte strategische Chance besteht darin, die vertikale Integration von Logistik und IT voranzutreiben, ver-bunden mit den Standortvorteilen in der Logistik und in der Pro-duktion. Der Informationslogistik als Bindeglied zwischen IT und Produktion kommt eine Schlsselrolle sowohl beim Management als auch beim Design der Systeme zu.

    These 3Megatrends und Innovationstreiber

    Erfolgreiche Zustellsysteme im E-Commerce und M-Commerce ba-sieren auf einer umfassenden Logistik- und IT-Kompetenz. Unterneh-men, die nicht auf die Verbindung von IT und Logistik fokussieren, werden mittelfristig aus dem Wettbewerb ausscheiden.

    These 4E-Commerce und M-Commerce

    Komplexitt und Dynamik wachsen in der Logistik berproporti-onal. Die grte strategische Chance besteht aus deutscher Sicht in einer schnellen innovativen Entwicklung branchenspezifischer IT-Werkzeuge in der Logistik. Dies muss jetzt passieren, da der Markt innerhalb weniger Jahre besetzt werden wird.

    These 5Komplexitt

    Transparenz und Rckverfolgbarkeit sind die Grundlage des lo-gistischen Managements und Garanten fr die Sicherheit und Zuverlssigkeit von Supply Chains. Dies sicherzustellen, erfordert die Entwicklung und konsequente Einfhrung neuer Informations-technologien.

    These 6Transparenz

  • Positionspapier 5

    Logistik ist ein internationales Geschft. IT-Lsungen, die eine IT-gesttzte, unternehmensbergreifende Zusammenarbeit im Sinne von Collaboration und einen schnellen, automatisierten Datenaustausch ermglichen, sind ein wesentliches Differenzie-rungsmerkmal der Unternehmen im internationalen Wettbewerb. Bestehende Lsungen und Forschungsvorhaben hierzu mssen von Entscheidungstrgern in Wirtschaft und Politik untersttzt werden.

    These 7Collaboration

    Die Entwicklungsgeschwindigkeit der Informationslogistik fhrt zunehmend zu De-facto-Standards. Die notwendige Geschwin-digkeit und Tiefe der Standardisierung und Normung zu gewhr-leisten, ist eine internationale Aufgabe, die auch auf nationaler Ebene untersttzt und aktiv gefrdert werden muss. Dies trgt zur Standortsicherung Deutschlands bei und vermeidet die Abhngig-keit von Monopolen. Internationale Standards sind anzustreben.

    These 8Normung & Standards

    Die Datenmenge in der Logistik vertausendfacht sich alle zehn Jahre. Investitionen des Bundes in breitbandige und mobile Da-tennetze mssen zur Wettbewerbssicherung des Standortes und zur Sicherstellung eines schnellen und sicheren Datenaustausches erhht werden.

    These 9Digitale Infrastruktur

    Rechtssicherheit auf Basis klarer, transparenter Regeln und lnde-rbergreifende Lsungen und Vereinbarungen sind fr die Logistik essenziell. Die Schaffung einer sicheren German Cloud ist ebenso notwendig wie chancenreich.

    These 10Sicherheit

    Die 4. Industrielle Revolution und konkret die Soft- und Hard-ware-Entwicklungen sowie die korrespondierende Algorithmik und deren Anwendung in der Logistik mssen von den Entscheidungs-trgern in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft vorangetrieben werden.

    These 11Industrie 4.0

    Die Logistik in Deutschland beschftigt ber 2,8 Millionen Men-schen. Sie ist auch in Zeiten einer Industrie 4.0 auf menschliche Flexibilitt, Kreativitt und Schaffenskraft angewiesen. Es gilt, insbesondere Entwicklungen im Bereich der Informationstechno-logien in den Dienst einer Social Logistics zu stellen, die die Ver-netzung des Menschen in den Social Networks einer Industrie 4.0 propagiert und ihn zugleich als soziales Individuum adressiert.

    These 12Mensch und IT in Zeiten der 4. Industriellen Revolution

  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort Deutschland6

    These 1Die Verbindung zwischen Informationstechnologie (IT) und Logistik birgt das grte Potenzial fr die Zukunftsfhigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Es muss daher der zentrale strate-gische Anspruch der Logistikwirtschaft und -wissenschaft sein, eine taktgebende Fhrungsrolle in der Informatik und bei der Entwicklung von Informationstechnologien zu bernehmen.

    Die Informatik ist die wichtigste wissen-schaftliche Basisdisziplin und zentraler Erfolgsfaktor moderner Logistik. Zuknfti-ge Effizienzsteigerung ist vorrangig in der informationslogistischen Vernetzung zu verorten. Um die Wertschpfungspoten-ziale neuer, IT-basierter Geschftsmodelle zu heben, bedarf es eines umfangreichen Engagements deutscher Logistik-Firmen und -Forschung.

    Bereits in der Definition der Logistik ist diese grundstzliche Verbindung zwischen Logistik und IT verankert:Logistik ist die ganzheit-liche Planung, Steuerung, Ko-ordination, Durchfhrung und Kontrolle aller unternehmens- internen und unternehmens-bergreifenden Informations- und Gterflsse1.Die zentrale Aufgabe der Logistik besteht in der vernnftigen Gestaltung materieller Bewegung in logistischen Netzwerken. Die Logistik identifiziert und benennt hierzu die Dinge, Waren und Gter und gibt ihnen eine virtuelle (digitale) Identitt. Die Orga-nisation und Steuerung der Logistik erfolgt vorrangig ber ihre digitale Abbildung.

    Logistik und IT zusammendenken

    Die Informationslogistik hat zum Ziel, geeignete (richtige) Informationen auf elektronischem Wege und abhngig von Zeit, Ort und Raum zur Verfgung zu stel-len. Von der Modellierung von Geschfts-prozessen ber Verfahren der Operation Research bis zur Regelungstechnik oder Simulation bedient sich die Informations-logistik einer Vielzahl IT-gesttzter Metho-den und Systeme.

    Logistik ist jedoch nicht mehr nur Anwen-der von IT. Technologische Megatrends wie das Internet der Dinge, Cloud Computing, Big Data und Industrie 4.0 sind informa- tionstechnologische Innovationsfelder, auf denen die Wettbewerbsfhigkeit der deut-schen Produktions- und Handelsunterneh-men entschieden wird. Als Bindeglied zwi-schen Information, Produktion und Handel spielt die Logistik dabei eine zentrale Rolle. Sie ist getrieben durch IT, wird selbst zum Treiber von IT und ist als Branche gefordert, Informationstechnologien zu entwickeln.

    Diese Verbindung, mehr noch die Wech-selwirkung zwischen Logistik und IT geht damit weit ber die reine Optimierungs-funktion logistischer Einzelprozesse durch Softwareeinsatz hinaus: Die Verbindung von Logistik und IT wird zum entschei-denden Faktor fr die Spitzenposition des Wirtschaftsstandortes Deutschland.

    Neben der Frderung des bewussten, auch wissenschaftlichen, Zusammendenkens von Logistik und IT mssen die Voraus-setzungen in besonders wichtigen Hand-lungsfeldern geschaffen werden: Rechts- und Datensicherheit (Security)

    sind Voraussetzung fr das Vertrauen aller Nutzer in eine zuknftige Informa-tionslogistik.

    Eine flchendeckende digitale Hochleis-tungs-Infrastruktur ist die physische Voraussetzung fr die Wirtschaft.

    Interoperabilitt durch Normung und Standards ist Voraussetzung fr eine bergreifende Vernetzung und breite Akzeptanz.

    Erweiterung der IT-Infrastrukturen bis in die Ebenen von Softwareanwen-dungen und -diensten ist die Voraus-setzung, um das Potenzial logistischer Planung und Steuerung fr Nachhaltig-keit, Effizienz und Komplexittsbeherr-schung zu heben.

    1) Logistik verbindet nachhaltig: Impulse, Ideen, Innovationen. Thesen und Handlungsempfehlungen der Bundesvereinigung Logistik an die Regierung der 18. Legislaturperiode. BVL 2014

  • Positionspapier 7

    Informationslogistik als eigenstndige Disziplin

    These 2

    In der Informatik existiert keine nennens-werte Initiative, dezidiert Logistiksoft- und -hardware zu schaffen. Auch daraus leitet sich die Chance und Notwendigkeit ab, Logistik und IT als eigenstndiges For-schungs- und Handlungsfeld sowie als strategische Entwicklungslinie fr Wirt-schaft und Politik zu definieren und Inno-vationen gezielt zu frdern.

    Der Innovation folgt die Produktion: Lnder mit eigener Technologieentwicklung sind im Wettbewerb taktgebend und im Vorteil. Sie bilden ein Kompetenzzentrum, woraus sich schneller erfolgreiche Geschftsmo-delle entwickeln.

    Lnder ohne Technologieentwicklung sind dagegen von vornherein fremdbestimmt, mit fortschreitender Komplexitt zuneh-mend abhngig und im Wettbewerb be-nachteiligt.

    Eine akute Bedrohung fr den Wirtschafts-standort Deutschland besteht darin, dass informationstechnologische Innovationen heute hauptschlich auerhalb Deutsch-lands stattfinden. IT und Informatik wer-den berwiegend in den USA erforscht und entwickelt. Fr den Standort Deutschland droht angesichts rasant fortschreitender Megatrends wie Internet der Dinge, Cloud Computing, Industrie 4.0 oder Big Data ein Kompetenzrckstand oder gar -verlust in strategisch bedeutsamen Zukunftstechno-logien.

    Eine Frderung des bewussten wissen-schaftlichen Zusammendenkens von Lo-gistik und IT dagegen erffnet realistische Chancen auf Technologiefhrerschaft in ei-ner wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schlsselfunktion.

    Jedoch: In Deutschland existieren fast 1.000 universitre Informatik-Professuren. Demgegenber gibt es nur circa 60 univer-sitre Professuren mit Logistikbezug.2 Die wenigsten davon sind fachlich geeignet, informationslogistische Fragestellungen zu bearbeiten.

    2) EffizienzCluster LogistikRuhr 2012

    Es gibt grundstzlich zwei Prinzipien der strategischen Orientie-rung in der IT-Innovation, denen man angesichts der aktuellen Ent-wicklung folgen muss: Vertikalisierung und Virtualisierung.

    Vertikalisierung ist die branchen- und domnenspezifische Ent-wicklung informationstechnologischer Innovation. Im Gegensatz zu generischen Technologien sind vertikale Technologien von spezifischen Anwendungsfeldern abhngig, informiert und be-reichert. Aus deutscher Sicht ist die strategische Chance in der vertikalen Innovation entlang der Strken des Landes als Produkti-

    onsstandort zu verorten. Logistik und IT als Bindeglied zwischen Information und Produktion ist der Name dieses Ortes.

    Virtualisierung ist die Digitalisierung physischer und sozialer Sys-teme. Die Virtualisierung von Wirtschaft und Gesellschaft in Form bergreifender Vernetzung von Dingen, Diensten und Menschen ist das ausgezeichnete Innovationsumfeld, wo der Wettbewerb in der IT noch am offensten ist. Informationslogistik ist der Name dieses Umfelds.

    Exkurs:

    Nur Lnder mit eigener Technologieentwicklung werden einen signifikanten Wettbewerbsvorsprung halten knnen. Politik und Wirtschaft sind gefordert, Rahmenbedingungen zu schaf-fen und Manahmen zu ergreifen, um softwaretechnologische Innovation zu ermglichen. Die Informationslogistik muss als eigenstndiges Forschungs-, Entwicklungs- und Innovations-umfeld begriffen werden mit dem Ziel, Software zu produzie-ren wie Autos. Um Logistik und IT als Wissenschaft zu etablie-ren, mssen in Deutschland 100 neue Logistiklehrsthle und viele davon mit IT-Bezug geschaffen werden.

  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort Deutschland8

    These 3Die deutsche IT-Forschung und Innovation muss bewusst beschleunigt werden, indem die Standort-vorteile genutzt und gestrkt werden. Die grte strategische Chance besteht darin, die vertikale Integration von Logistik und IT voranzutreiben, verbunden mit den Standortvorteilen in der Logistik und in der Produktion. Der Informationslogistik als Bindeglied zwischen IT und Produktion kommt eine Schlsselrolle sowohl beim Management als auch beim Design der Systeme zu.

    BeschreibungDie IT-basierten Innovationstreiber der nheren Zukunft, die mit der Logistik be-sonders eng verbunden sind, umfassen folgende Megatrends: Internet der Dinge, Cloud Computing, Industrie 4.0 und Big Data. Logistische Zukunftsszenarien gehen davon aus, dass aus innovativen Verbin-dungen zwischen diesen Technologieberei-chen entscheidende Entwicklungssprnge resultieren werden. Somit stellen sie einen technologischen Mglichkeitsraum von ungeheurer Komplexitt dar, die eine ganzheitliche und integrale Betrachtung fordert. Ermglicht wird dies durch das neue wissenschaftliche Zusammendenken und praktische Zusammenarbeiten von IT und Logistik.

    Chance und BedrohungOb Produktion, Dienstleistung oder Ver-kehr, die Digitalisierung wird das Gesicht der Gesellschaft und Wirtschaft verndern. Ein derartiges wirtschaftlich-technologi-sches Potenzial stellt immer auch gleichzei-tig einen Faktor der Strung (Disruption) und eine Bedrohung dar. Denn wer nicht hinreichend schnell, kreativ und entschie-den das Potenzial versteht und umsetzt, der wird im Wettbewerb verlieren. Wer dagegen die IT-basierte Innovation in der Logistik systematisch als eigenstndigen Innovationsbereich versteht und frdert, wird das Potenzial nutzen knnen.

    Sowohl Cloud Computing als auch Big Data werden heute vorrangig von US-ame-rikanischen Unternehmen entwickelt. Gleiches gilt in wichtigen Bereichen der Hardwareplattform, zum Beispiel in der Prozessortechnologie. Google, Microsoft,

    Megatrends und Innovationstreiber

    Intel oder Amazon sind nur die berhmtes-ten Namen; vor- und nachgelagert existiert eine ganze Softwareindustrie, die auf einer IT-freundlichen Wirtschaftspolitik fut. Fr den Standort Deutschland besteht die akute Bedrohung, in den Schlsseltechno-logien der Zukunft durch technologische Fremdbestimmtheit und Abhngigkeit Nachteile in Kauf nehmen zu mssen.

    Die benannten Megatrends bieten zahlrei-che Mglichkeiten fr neue Geschftsmo-delle auch im Hinblick auf eine German Cloud.

    Beispiel MiniaturisierungDie Miniaturisierung der IT (Beispiel: Rasp-berry Pi und Intel Edison) fhrt dazu, dass physische Objekte sich zu intelligenten Objekten wandeln knnen. Eingebettete Systeme (Embedded Systems) mit Multi- Core-Prozessoren, mehreren Gigabyte Speicherkapazitt, einer Vielzahl an Sen-soren und integrierten Kommunikations-schnittstellen fr Bluetooth und WLAN haben die gleichen Leistungsmerkmale wie Smartphones, Tablet-PCs oder Desk-top-PCs. Hochintegrierte Sensorik bietet heute bereits Informationen ber Blue- tooth oder RFID-Schnittstellen an, sodass in vielen Fllen eine hardwarenahe Integra-tion entfllt. Damit sind die Voraussetzun-gen fr ein homogenes Internet der Dinge auf der Design- und Implementierungsebe-ne grundstzlich gegeben. Intelligente Ob-jekte sind damit nicht nur als Datenquellen oder Aktuatoren zu sehen, sondern sind auch in der Lage, komplexere Middleware zu nutzen bis hin zur Ausfhrung von Pro-zessmodellfragmenten.

    Beispiel Cloud Computing Cloud Computing birgt das Potenzial fr eine nahezu grenzenlose Virtualisierung. IT-Ressourcen werden auch fr mittelstn-dische Unternehmen in einem bisher nicht bekannten Umfang zugnglich. Auch als IT-Plattform fr das Internet der Dinge und Industrie 4.0 sind ihre Mglichkeiten nicht annhernd ausgeschpft. Cloud Com-puting ermglicht zudem neue Formen der Einbindung des Krpers (Sensorik, Aktorik), etwa eines Transportbehlters, einer Maschine oder eines Menschen, in eine globale, bergreifende IT-Infrastruktur (anytime, anybody, anywhere). Eine auf Cloud Computing basierende Software- und Geschftsmodellentwicklung wird sowohl IT-Anbieter als auch Logistikdienst-leister herausfordern, doch die Vision der Industrie 4.0 ist ohne eine neue Generation von wandlungsfhigen, autonomen und dezentralen logistischen IT-Systemen in der Produktion und Logistik undenkbar.

    Beispiel Big DataBig Data ist fr die Logistik essenziell. Mit-hilfe einer datenanalytischbasierten Echt-zeit-Prognostik knnen Unternehmen ihre Prozesse und Wertschpfungsketten an unvorhersehbare Ereignisse anpassen und laufend optimieren. So kann zum Beispiel ein Hafen im Fall einer Naturkatastrophe bereits im Voraus vernderte Verkehrsmen-gen und Lieferzeiten planen und dadurch Staubildungen vermeiden. Die Entwicklung wird von datenanalytischen Verfahren in einer Spirale beschleunigt, indem neue Da-tenquellen (zum Beispiel Sensorik) immer mehr Daten erzeugen, die wiederum neue Anwendungen ermglichen.

  • Positionspapier 9

    E-Commerce und M-Commerce

    These 4Erfolgreiche Zustellsysteme im E-Commerce und M-Commerce basieren auf einer umfassenden Logistik- und IT-Kompetenz. Unternehmen, die nicht auf die Verbindung von IT und Logistik fo-kussieren, werden mittelfristig aus dem Wettbewerb ausscheiden.

    Beschreibung Die IT-getriebenen Entwicklungen in den Bereichen E-Commerce und M-Commerce fhren zur weiteren Dynamisierung und Atomisierung der Warenstrme. Waren werden in immer kleineren Mengen bei im-mer mehr Anbietern per Knopfdruck vom Verbraucher zu beliebigen Zeitpunkten, an beliebigen Orten, zu beliebigen Zielen bestellt. Um wettbewerbsfhig zu bleiben, mssen knftige Zustellmodelle dieser zunehmenden Geschwindigkeit und Men-ge virtualisierter Bestellvorgnge gerecht werden. Die daraus resultierenden Anfor-derungen an die Gestaltung von kono-misch, kologisch und sozial sinnvollen und wettbewerbsfhigen Zustellmodellen sind immens. Dabei sind die gesellschaftlichen Auswirkungen auf Verkehrsstrme und Infrastruktur heute kaum abzuschtzen.

    Chance und Bedrohung Der Wettbewerb wird durch die ber-greifende Natur des E-Commerce weiter globalisiert. Die Fhigkeit, in der Welt der E-Commerce und M-Commerce neue Zustellmodelle der Logistik zu entwickeln und mit informationslogistischer Intel-ligenz zu kombinieren, wird zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor fr die Unternehmen entlang der Supply Chain. Wer dagegen Ware nicht in einem wettbewerbsfhigen konomischen und zeitlichen Rahmen bewegen kann, wird aus dem Markt verdrngt. Ein Anschau-ungsbeispiel liefert die Digitalisierung des Handels durch E-Commerce-Anbieter wie Amazon. Ihr Markterfolg basiert auf einer umfassenden Logistik- und IT-Kompetenz, hat die Umwlzung des klassischen Buch-handels ausgelst und bedroht jetzt die Verlagswirtschaft.

    Mittels IT-Innovationen, die aus der Ver-bindung von IT und Logistik entwickelt werden, lassen sich sowohl die Chancen des E-Commerce effektiv nutzen als auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Her-ausforderungen bewltigen. So wird zum Beispiel eine durch Software und Algorith-mik abgebildete neue Stufe der intelligen-ten Informationslogistik die Voraussetzung dafr sein, dass eine berbelastung der Infrastruktur und ein Verkehrschaos in ur-banen Ballungsgebieten trotz zunehmend individualisierter und atomisierter Waren-verteilung vermeidbar sind.

    Beispiel Letzte MeileHeute wickelt jeder Online-Shop die Lie-ferung ber einen Logistikdienstleister ab, der eigene Konzepte fr die letzte Meile umsetzt. Kunden mssen nicht selten mehrere Stationen abfahren, um ihre Be-stellungen einzusammeln, mit der Folge, dass neben dem Lieferverkehr zustzlich Abholverkehre initiiert werden. Durch eine dienstleisterbergreifende Konsolidierung der letzten Meile mithilfe von Lieferanten- Management-Software (Vendor Relation- ship Management) lieen sich viele Bestel-lungen auf wenige Stopps zusammenfassen.

    Beispiel Digitales BezahlenDer Boom des E-Commerce rckt die Verbreitung digitaler Bezahl- und Ab-rechnungsvorgnge in den Fokus. Mit der Digitalisierung von Geschftsprozessen werden sich absehbar neue Formen ko-nomischer Transaktion entwickeln, wie beispielsweise die hochkomplexen, auto-matisierten Echtzeit-Auktionen im Bereich der Online-Werbung (Online Ad Auctions, Real-Time Bidding). Der Handel wird in neue Bereiche vorstoen, die mit dem algo-rithmischen Handel an den Finanzmrkten vergleichbar sind (zum Beispiel Hochfre-quenz-Aktienhandel). Das algorithmische Abrechnen und Auktionieren wird pers-pektivisch Bestandteil einer zuknftigen Informationslogistik, die sowohl die in Echtzeit (algorithmisch) gehandelte Ware oder Dienstleistung als auch deren Preis, deren Zustellung und mglicherweise auch deren Herstellung beinhaltet.

  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort Deutschland10

    These 5Komplexitt und Dynamik wachsen in der Logistik berproportional. Die grte strategische Chance besteht aus deutscher Sicht in einer schnellen innovativen Entwicklung branchenspezi-fischer IT-Werkzeuge in der Logistik. Dies muss jetzt passieren, da der Markt innerhalb weniger Jahre besetzt werden wird.

    BeschreibungDie Komplexitt in der Logistik steigt. Indi-vidualisierung von Produkten, Krzung von Produktlebenszyklen und Dynamisierung von Produktion und Handel (siehe E-Com-merce und M-Commerce) fhren zu atomi-sierten und zunehmend volatilen Waren- und Gterstrmen. Daraus entsteht die Forderung an die Logistik, bei steigender Komplexitt und gleichzeitig reduzierter Reaktions- und Planungszeit immer dyna-mischer und flexibler zu agieren. Die Lcke zwischen verfgbarer und bentigter Zeit zur Reaktion kann nur durch verbesserte IT-gesttzte Werkzeuge und proaktive Pla-nungsprozesse geschlossen werden.

    Komplexitt

    Chance und Bedrohung Im datenanalytischen Bereich existiert auch in der Forschung ein intensiver in-ternationaler Wettbewerb. Insbesondere die fhrende Position von Google muss als massiv und bedrohlich begriffen werden. Es ist gegenwrtig ein dominanter Entwick-lungstrend in Richtung datenanalytischer Technologien festzustellen, der in neue, vertikale Bereiche bertragen werden knnte (Google Car, autonome Roboter etc.).

    Beispiel PlanungEin groes Potenzial besteht in der weite-ren automatisierten Verzahnung zwischen: der klassischen fachlichen Planung ei-

    nerseits (typischerweise in Form von quantitati-ven Entscheidungsuntersttzungs-Me-thoden sowie bei Optimierung, Zeit- ablaufsteuerung, konomischer Steue-rung, Ressourcenplanung usw.)

    und dem IT-gesttzten Workflow ande-rerseits (die effiziente, IT-gesttzte Organisa-tion und Automatisierung der Arbeits-prozesse und des Informationsmanage-ments, sowohl in der Planungsphase als auch in der Umsetzungsphase).

    Dokumente und Produkte der fachlichen Planung liegen oft in he-terogener und nur teilformalisierter Form vor (Spreadsheets, tech- nische Dokumente, nicht-elektronische Dokumente etc.). Heute existiert keine hinreichend automatisierte Informationslogistik, welche die fachliche Planung mit Workflows verbindet.

    Zum anderen bieten sich aktuell in Deutschland das Know-how und die Mglichkeit, eine neue Generation von IT-Systemen zur

    Entscheidungsuntersttzung, Prognostizierung und Planung her-vorzubringen. Dies insbesondere durch Verwendung datenanaly-tischer Algorithmen aus den Bereichen des maschinellen Lernens und des Datamining, die sich in den letzten 20 Jahren rasant entwickelt haben (Stichwort: Big Data). Allerdings werden neue Algorithmen bentigt beziehungsweise auch schon bekannte Al-gorithmik fachspezifisch fr logistische Fragestellungen angepasst werden mssen.

    Exkurs:

  • Positionspapier 11

    Transparenz

    These 6Transparenz und Rckverfolgbarkeit sind die Grundlage des logistischen Managements und Ga-ranten fr die Sicherheit und Zuverlssigkeit von Supply Chains. Dies sicherzustellen, erfordert die Entwicklung und konsequente Einfhrung neuer Informationstechnologien.

    Beschreibung Transparenz bedeutet die bedarfsgerechte und nahtlose Bereitstellung von Informa-tionen, die notwendig sind, um ein Objekt, eine Situation oder einen Prozess nachzu-vollziehen. In einem transparenten Prozess ist es zum Beispiel mglich, zu einem belie-bigen Zeitpunkt Antworten auf die folgen-de Fragen zu bekommen: Wo und von wem wurde diese Ware hergestellt? Welche In-haltsstoffe finden sich in der Verpackung? Wem gehrt der Container? Wo soll er hin? Knnen die Eintrefftermine eingehalten werden? Transparenz ist wichtig fr sichere und zuverlssige Supply Chains und rei-bungslose Lieferprozesse. Sie ist die wich-tigste Voraussetzung fr eine kooperative Zusammenarbeit im Sinne von Collabora-tion die eng verzahnte Zusammenarbeit ber die Unternehmensgrenzen hinaus.

    Chance und BedrohungEine notwendige Voraussetzung fr die technologisch mgliche Innovation in diesem Bereich ist eine verbesserte recht-liche Klarheit, beispielsweise im Bereich der Kennzeichnung von Inhaltsstoffen auf Verpackungen: Welcher Akteur in der Kette ist fr welche Inhaltsstoffe zustndig? Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die Entwicklung neuer Technologien und Geschftsmodelle innerhalb eines geeigne-ten rechtlichen Rahmens zu ermglichen.

    Unternehmensbergreifende Tracking- und Tracing-Prozesse sind heute technologisch mglich, unter anderem mittels Transpon-dertechnologien (Radio Frequency Identi-fication, RFID) und der Nutzung zentraler IT-Plattformen durch die Beteiligten. Die Hardwaretechnologie befindet sich jedoch in stndiger Entwicklung, was zu neuen technologischen Mglichkeiten fhrt. Die Nutzung dieser Hardwareplattformen in

    Softwareanwendungen und -diensten muss deswegen als ein permanentes Innovationsthema begriffen werden. Zum Beispiel ist die weitere Entwicklung von Ortungsalgorithmen ein zentrales Forschungsthema fr Logistik und IT. Ein weiterer Entwicklungsschwerpunkt ist die informationslogistische Integration von Tracking und Tracing in komplexen fachli-chen Geschftsprozessen.

    Beispiel Food Chain ManagementIm Juli 2013 unternahmen die beiden Zeit-Redakteure Marcus Rohwetter und Urs Willmann den Versuch, alle Informationen ber eine Salamipizza der Firma Wagner zusammenzutragen, die ber Internet verfgbar waren. Ausgangspunkt war der auf die Pizza-Schachtel gedruckte Barcode.3 Die ungeheure Menge an Informationen, die mit einer Pizza verbunden ist (s. Bild unten), zeigt deutlich, vor welchen Heraus-forderungen die Informationslogistik heute steht. Zugleich wird deutlich, dass all diese Informationen entlang der Lieferkette

    3) Der Pizza-Code. In: Zeit Online Wirtschaft; www.zeit.de/2013/31/lebensmittelindustrie-der-pizza-code (July 25th, 2013), accessed on August 8th, 2013

    4) Grafik: Otto, Boris; basierend auf: Der Pizza-Code. In: Zeit Online Wirtschaft; www.zeit.de/2013/31/lebensmittelindustrie-der-pizza-code (July 25th, 2013), accessed on August 8th, 2013; Foto: Joe Gough Fotolia.com

    online und in einem globalen Kontext zur Verfgung stehen. Die zuverlssige Rck-verfolgbarkeit und das zugrunde liegende Tracking und Tracing ist in Zeiten von Gammelfleisch und Lebensmittelskanda-len eine essenzielle informationslogistische Funktion fr die Produktion ebenso wie fr den Handel.

    Die Autoren stellten fest: Transparenz und Rckverfolgbarkeit sind mglich, dank moderner Informationstechnik bis in den letzten Winkel der Erde. Wer sagt, er wisse etwas nicht, der lgt, ist schlecht organi-siert oder kriminell.

    Der Pizza-Code: Was der Code auf der Pizzaschachtel verrt4

    Wheat flour(Pfalzmhle Mannheim,

    Germany)

    Wheat(Field in Hochborn,

    Germany)

    Baking mixture(Germany)

    Whole milk powder

    Soya lecithin(Brazil)

    Edam cheese

    Beta-carotene

    Milk(Farms in Bayreuth,

    Germany)

    Tomato sauce

    Tomatoes(Emilia-

    Romagna and Latium, Italy)

    Herbs and spice mixture(Germany)

    Pepper(Muntok, Indonesia)

    Garlic(Shandong, China)

    Chili(Muntok,Indonesia)

    Oregano(Turkey)

    Rosemary(Morocco)

    Basil(Cairo, Egypt)

    Thyme(Aschersleben,Germany)

    Smoked salami

    Beech wood clogs(Germany)

    Salami(Germany)

    Salt

    Half pig(Belgium, Denmark, France, [Vital-Fleisch] Germany,

    Netherlands)

    Bacon

    Sodium nitrate

    Maltodextrin(EU, USA)

    Spices(China, Germany,

    Thailand)

    Ascorbic acid(China, Germany,

    Thailand)

    Beech trees(Westerwald, Germany)

    Pig(Belgium, Denmark, France, Germany, Netherlands)

    Working conditions

    Animal husbandry

    Application of pesticides

    (Bayernland, Germany) (Haas, Germany)

    Hygiene regulations

    Dough

    L30827017F10647

  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort Deutschland12

    These 7Logistik ist ein internationales Geschft. IT-Lsungen, die eine IT-gesttzte, unternehmensber-greifende Zusammenarbeit im Sinne von Collaboration und einen schnellen, automatisierten Datenaustausch ermglichen, sind ein wesentliches Differenzierungsmerkmal der Unternehmen im internationalen Wettbewerb. Bestehende Lsungen und Forschungsvorhaben hierzu mssen von Entscheidungstrgern in Wirtschaft und Politik untersttzt werden.

    BeschreibungDie Logistik gestaltet komplexe Prozesse, die nur durch Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Akteuren und Prozess-eignern entlang der Logistikketten reali-siert werden knnen. Unternehmensber-greifende Zusammenarbeit entlang der Supply Chain und durchgngige Workflows entlang multimodaler Transportketten sind Bereiche, in denen die Informationslogistik in Form von kollaborativen elektronischen Geschftsprozessen (IT-abgebildete Work-flows und Informationsmanagement) eine wichtige Rolle spielt, um neue Stufen der Effizienz und der Komplexittsbeherr-schung zu erreichen.

    Collaboration

    Chance und BedrohungDie Skepsis europischer Unternehmen gegenber neuen IT-Lsungen fhrt dazu, dass solche Lsungen in anderen Lndern, allen voran den USA, erfolgreich wachsen und sich so zu Standards entwickeln, die spter von europischen Unternehmen alternativlos genutzt werden mssen. Es gilt ein innovationsfreundlicheres Klima zu schaffen sowohl fr die Forschung als auch fr die Nutzung von innovativen L-sungen in der Praxis. Nur so lsst sich dau-erhaft die Abhngigkeit von importiertem IT-Know-how vermeiden.

    Beispiel Supply Chain-Planung Vom Auftrag ber den Transport und Umschlag bis zur letzten Meile lsst sich die Logistik elektronisch gestalten, um notwendige Informationen und Doku-mente bedarfsgerecht am richtigen Ort zur richtigen Zeit den richtigen Akteuren zur Verfgung zu stellen. Hierzu mssen bergreifende Wertschpfungsketten und Workflows abgebildet werden und anpass-bar sein, weil unvorhersehbare Strungen und Vernderungen entlang der Logistik-kette auftreten knnen, etwa wenn ein Lkw durch einen Stau spter als erwartet ankommt.

    Idealerweise wrden Planungs- und Workflow-Systeme anhand von Echtzeitinformationen dynamisch neu planen und sich gem entsprechenden Vorgaben selbst anpassen. Das Innovationspo-tenzial in der Entwicklung dynamisch anpassbarer Informations-logistik (Ad-hoc-Workflow) und integrierter Planungs- und Work-flow-Systeme (siehe Komplexitt) ist erheblich. Allerdings bedarf

    die Automatisierung solcher bergreifender informationslogisti-scher Prozesse der Interoperabilitt unterschiedlicher Informati- onssysteme, was wiederum eine weitere Standardisierung von Schnittstellen und Datenmodellen voraussetzt (siehe Normung & Standards).

    Exkurs:

  • Positionspapier 13

    Normung & Standards

    These 8

    Beschreibung Standards reduzieren Komplexitt. Sie hel-fen den Unternehmen, Prozesse einfacher und reibungsloser zu gestalten und sind notwendig, um interoperable Workflows und komplexe, informationslogistische Ketten abzubilden. Auch wenn die voll-stndige Standardisierung kompletter logistischer Prozessketten in vielen Fllen nicht realisierbar sein wird, knnen ent-scheidende Fortschritte durch stetig voran-schreitende Standardisierung von einherge-henden Datenformaten, Schnittstellen und Business-Objekten erreicht werden.

    Einen wesentlichen Beitrag zur Beschleuni-gung und Akzeptanz von Standards knnen Plattformen und Netzwerke leisten. Ein erfolgreiches Beispiel stellt das internatio-nale Netzwerk Global Standards One kurz GS1 dar. In mehr als 110 Lndern gibt es GS1 Member Organisations, also z.B. GS1 Ger-many, die an der Entwicklung von global gltigen Standards wie der Globalen Arti-

    kelnummer GTIN arbeiten, um Waren- und Datenflsse grenzberschreitend transpa-renter und sicherer zu machen.

    Obwohl die Herausforderung seit lngerer Zeit auch in der IT bekannt ist, gibt es ab-sehbar keine umfassenden Lsungen. Es bleibt daher alternativlos, weiterhin kon-tinuierlich an Standardisierung und Nor-mung zu forschen und zu arbeiten.

    Chance und BedrohungWer die technischen Standards setzt, pro-fitiert von einem Wettbewerbsvorteil, bis hin zur Monopolisierung.5 Forschung und Lsungen im Bereich der Standardisierung und Normung, wie sie zum Beispiel vom Deutschen Institut fr Normung (DIN) angeboten werden, mssen daher unter-sttzt und gefrdert werden. Dies trgt zur Standortsicherung Deutschlands bei und vermeidet die Abhngigkeit von Monopo-len, die entstehen knnen (z.B. in den USA).

    Beispiel BezahlverfahrenElektronische Bezahlverfahren sind ein Bei-spiel dafr, welche konomische Tragweite eine IT-basierte Standardisierung in kurzer Zeit erreichen kann. Automatisierte Be-zahlverfahren haben sich im E-Commerce seit dem Jahr 2000 rasant entwickelt. Aus deutscher Sicht kann die Informations-logistik entscheidend zur Entwicklung eigener Standards beitragen. Zum Beispiel durch Bezahlverfahren, die zusammen mit Banken gestaltet und von den Unter-nehmen selbst betrieben werden knnen. Eine bis dato nicht absehbare Perspektive entsteht, wenn in Zukunft cyber-physische Systeme autonom verhandeln und auto-matisch bezahlen.

    5) Vgl.: Kurmann, F.; Asche, S.: Mein Smartphone hats passend, VDI Nachrichten, Ausgabe 31, 1. August 2014

    Die Entwicklungsgeschwindigkeit der Informationslogistik fhrt zunehmend zu De-facto-Stan-dards. Die notwendige Geschwindigkeit und Tiefe der Standardisierung und Normung zu ge-whrleisten, ist eine internationale Aufgabe, die auch auf nationaler Ebene untersttzt und aktiv gefrdert werden muss. Dies trgt zur Standortsicherung Deutschlands bei und vermeidet die Abhngigkeit von Monopolen. Internationale Standards sind anzustreben.

  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort Deutschland14

    Digitale Infrastruktur

    These 9

    Beschreibung Die flchendeckende Digitalisierung aller wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Be-reiche ist ein unaufhaltsamer Trend in allen technisch hochentwickelten Lndern.

    Die Datennetze und die gesamte digitale Infrastruktur eines Landes sind eine grund-stzliche Bedingung und ein kritischer Fak-tor fr die wettbewerbsfhige Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft und somit auch fr Deutschland als Wirtschafts-standort.

    Chance und BedrohungEs ist seit Langem bekannt, dass der be-schleunigte Ausbau flchendeckender Breitbandversorgung ein kritischer Faktor ist. Aber auch mobile Netze und ein mo-biles Internet, die durch leistungsstarke Mobilfunktechnologien (wie LTE, UMTS, HSPA) ermglicht werden, sind zunehmend kritisch. Dies machen auch neueste Studien deutlich (siehe zum Beispiel die Studie der Initiative D21 zur mobilen Internetnut-zung). Nicht nur die private Nutzung des mobilen Internets steigt rasant (bereits 53

    Prozent aller Internetnutzer gehen mobil ins Netz), sondern auch die wirtschaftliche Nutzung mobiler Breitbandtechnologien wchst. Die Logistik liegt hier in vorderster Linie. Die informationslogistische Vernet-zung von IT-Systemen der Unternehmen mit Anwendungen und Diensten auf mobilen Endgerten gewinnt ebenso an Bedeutung wie Anwendungen in den Berei-chen Industrie4.0 und Internet der Dinge. Beides sind wichtige Faktoren fr das In-novations- und Wettbewerbsumfeld einer wirtschaftlichen Digitalisierung.

    Beispiel Transportmanagement und TelematikDer Transport wird nicht dadurch effizi-enter, dass die Maximalgeschwindigkeit von Lkw erhht wird, sondern dadurch, dass Fahrzeuge intelligenter disponiert, ausgelastet und gelenkt werden. Die dabei bentigte Intelligenz zum Managen von Transportnetzen ist fast immer in Soft-ware abgebildet oder wird durch Software untersttzt. Die Informationstechnologie sorgt hier fr effizienten Transport sowie

    eine zuverlssige und stabile Lieferkette und vermeidet Fehler, indem sie Transpa-renz schafft.

    Die Vorteile von Navigationssystemen sind lngst bekannt. Eine zuknftige Effizienz-steigerung ist allgemein in der informati-onslogistischen Vernetzung zu verorten. Vernetzung von Fahrzeugen ist in einigen Fllen bereits gelebte Praxis, eine weiterge-hende Vernetzung wrde den Ausbau der dafr notwendigen Telematik-Infrastruktu-ren erfordern.

    In weitergehenden Stufen geht es um verkehrstrgerbergreifende und inter-modale Transportkonzepte. Aus IT-Sicht bedeutet dies die Vernetzung aller Akteure (Fahrzeuge, Gerte, Unternehmen und Personen) entlang ganzheitlicher, trans-modaler Logistikketten. Das sich dabei auf-spannende Potenzialfeld umfasst mchtige Herausforderungen fr die Informations-logistik und die zugrunde liegende digitale Infrastruktur insbesondere im Bereich der mobilen Netzwerke.

    Die steigende Leistungsfhigkeit mobiler Endgerte fhrt dazu, dass immer mehr Funktionalitt auf mobilen Gerten vollstndig oder zum Teil ausgefhrt werden kann, zum Beispiel in Form echt-zeitnaher Datenanalytik ber leistungsfhige Middleware bis zum Geschftsprozessmanagement.

    Eine Konsequenz ist, dass informationslogistische Architekturen neu gedacht werden mssen, zum Beispiel in Richtung des dezen-tralen Rechnens und des Rechnens am Rande als topologisches Paradigma (Edge Computing, Mesh Computing, Peer-to-Peer Com-puting, Autonomic Self-Healing Computing).

    Exkurs:

    Die Datenmenge in der Logistik vertausendfacht sich alle zehn Jahre. Investitionen des Bundes in breitbandige und mobile Datennetze mssen zur Wettbewerbssicherung des Standortes und zur Sicherstellung eines schnellen und sicheren Datenaustausches erhht werden.

  • Positionspapier 15

    Sicherheit

    These 10Rechtssicherheit auf Basis klarer, transparenter Regeln und lnderbergreifende Lsungen und Vereinbarungen sind fr die Logistik essenziell. Die Schaffung einer sicheren German Cloud ist ebenso notwendig wie chancenreich.

    Beschreibung Notwendige Voraussetzung fr den Einsatz von IT als Erfolgsfaktor fr Logistik und Mobilitt ist die Sicherheit der verwen-deten IT-Systeme. Gleichzeitig bietet die Erfllung von IT-Sicherheits- und Daten-schutzanforderungen die Gelegenheit fr das Angebot von Produkten mit Alleinstel-lungsmerkmalen gegenber Konkurrenz-produkten aus dem Ausland und somit einen potenziellen Wettbewerbsvorteil fr die deutsche IT und Logistik.

    Daten- und Rechtssicherheit mssen vorrangig von der Politik untersttzt und gefrdert werden, um die Marke Made in Germany auch durch die Produktaspekte IT-Sicherheit und Compliance weiter zu verstrken.

    Konkret mssen Regelungen fr den Ein-satz von Clouds definiert werden, die Klar-heit und Transparenz zu Geltungsberei-chen der bestehenden Datenschutzgesetze schaffen. Insbesondere betrifft dies die Frage, welches Recht bei einem konkreten Einsatz von Clouds jeweils Geltung hat (beispielsweise hinsichtlich der nationalen Regulierungen in der EU und den USA). Nur so lassen sich Rechtsunsicherheiten beseitigen. Die hohen Standards im Bereich Datenschutz in Deutschland drfen dabei nicht dazu fhren, dass virtuelle Grenzen aufgebaut werden, die zu Geschftser-schwernissen fr global agierende Unter-nehmen fhren knnten. Die Schaffung von lnderbergreifenden Lsungen und Vereinbarungen ist deshalb eine zwingen-de Voraussetzung.

    Weiterhin ist es wnschenswert, dass seitens der Politik selbst Cloud-Lsungen Made in Germany zum Einsatz kommen, um durch die Vorbildfunktion der Politik die Marke Made in Germany zu strken. Erste Schritte in dieser Richtung wurden bereits unternommen, wie zum Beispiel das Technologieprogramm Trusted Cloud im BMWi sowie weitere national oder re-gional gefrderte Projekte (beispielsweise die durch BMBF bzw. IKT.NRW gefrderten Projekte SecureClouds und ClouDAT). Auf-grund der groen verbleibenden Heraus-forderungen und der Bedeutung fr den Standort Deutschland sind hier weitere Anstrengungen notwendig.

    Chance und BedrohungDie NSA-Spionageaffre hat gezeigt, wel-che Auswirkungen eine Technologieabhn-gigkeit haben kann (Bezahlung von Soft-ware-Unternehmen durch den Staat fr den Einbau von Zugriffsmglichkeiten auf Daten). Mit der Einfhrung von IPv6 (Inter-net Protocol Version 6) wren alle Gerte direkt adressierbar. Es kann durchaus als Bedrohungsszenario angesehen werden, dass alle mobilen Gerte eines deutschen TOP10-Logistikers aufgrund eines entspre-chenden Hardware- oder Software-Fea- tures ausfallen wrden.

    Beispiel SendungsverfolgungEin Beispiel ist der Einsatz IT-gesttzter Systeme, die eine Warenverfolgung rea-lisieren sollen, etwa im Bereich Lebens-mittelsicherheit oder Gesundheit. Solche Systeme knnen nur verlsslich betrieben werden, wenn die relevanten IT-Sicher-heitsanforderungen nachvollziehbar um-gesetzt sind. Anbieter im Logistik-Bereich zeichnen nicht nur fr den sicheren Trans-port physikalischer Gter, sondern auch fr den sicheren Transport der zugehrigen Daten zustndig.

    Beispiel German CloudEin weiteres Beispiel sind die hohen Stan-dards seitens des deutschen Datenschutz-gesetzes. Dieses bietet beispielsweise Cloud-basierten Infrastrukturen, die in Deutschland betrieben werden (German Cloud), ber das Produktmerkmal Stand-ort Deutschland einen Wettbewerbsvor-teil gegenber Clouds im auereuropi-schen Ausland. Vor dem Hintergrund der geheimdienstlichen berwachung von ffentlichen IT-Infrastrukturen durch die National Security Agency (NSA) gewinnen solche Aspekte zunehmend an Bedeutung. Dabei ist insbesondere relevant, dass ein aktuell signifikanter Teil der IT-Kommuni-kation im deutschen Raum (beispielsweise in Form von E-Mails) ber Server durch-gefhrt wird, die in den USA betrieben werden. Heutige IT-Systeme sind dadurch gekennzeichnet, dass Hardware, Basissoft-ware und Middleware weitestgehend von auerhalb Europas importiert wird.

  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort Deutschland16

    Industrie 4.0

    These 11Die 4. Industrielle Revolution und konkret die Soft- und Hardware-Entwicklungen sowie die korrespondierende Algorithmik und deren Anwendung in der Logistik mssen von den Ent- scheidungstrgern in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft vorangetrieben werden.

    Beschreibung Nach der Mechanisierung im 19. Jahrhun-dert, der Elektrifizierung Anfang des 20. Jahrhunderts und der Automatisierung der 70er-Jahre steht die 4. Industrielle Revolution bevor. Sie schliet unter der berschrift Autonomisierung nahtlos an die vorausgegangenen drei Industriellen Revolutionen an.

    Noch ist diese 4. Industrielle Revolution nicht eingetreten und die Logistik befindet sich in einem vorindustriellen Stadium. Der Weg scheint jedoch vorgezeichnet. Es gilt in wesentlichen Teilen der deutschen Wissenschaft als gesicherte Erkenntnis, dass sich die Komplexitt und Dynamik logistischer Netzwerke in Zukunft mit den Konzepten und Technologien einer Logistik 4.0 deutlich effizienter gestalten und ma-nagen lsst.

    Vorausgesetzt, dass sich Industrie und Lo-gistik in dem skizzierten Sinne entwickeln, sieht die deutsche Wirtschaft einer umwlzenden technischen Erneu-

    erung der Produktion und Logistik, einer erheblichen Vernderung des

    Arbeitsangebotes und damit einherge-hend einer erheblichen Steigerung der Produktivitt,

    einer Vernderung der industriellen, soziotechnischen Umgebung und

    einem grundlegenden Wandel des in-dustriellen Managements

    entgegen. Die Logistik als bewegende In-stanz der Wirtschaft gilt hierbei zugleich als Vorreiter und als wichtigste Anwen-dungsdomne.

    Chance und BedrohungDie 4. Industrielle Revolution wurde in Deutschland ausgerufen. Es wird entschei-dend sein, die notwendigen Soft- und Hardware-Entwicklungen ebenso wie die Entwicklung der korrespondierenden Algo-rithmik mit ihren grundlegenden Rechen- und Planungsmethoden und deren Logik sowie deren Anwendung in der Logistik voranzutreiben. Andernfalls wird die Spit-zenposition, welche die deutsche Logistik im internationalen Kontext hat, verloren gehen.

    Beispiel Von Ameisen lernen Zellulare Transportsysteme6

    Wenn sich die Dinge in Bewegung setzen, kommen zuknftig Zellulare Transport-systeme zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um Schwrme autonomer Fahrzeuge, die mit ihren Laserscannern die Umgebung erfassen und sich autonom zum Ziel bewe-gen. Wie ein Ameisenschwarm agieren die 50 Shuttles des Zellularen Transportsys-tems am Fraunhofer IML. Ein Regal dient dort als virtueller Ameisenhaufen, in dem die Behlter lagern. Davor stehen Arbeits-stationen, welche die Shuttles mit dem Material aus diesen Behltern versorgen.

    Hierzu verhandeln sie Transportauftrge untereinander und bilden Ameisenstra-en zu den jeweiligen Zielen. Sie verhan-deln Vorfahrtsregeln und erzhlen sich, wo sie welchen Kollegen getroffen haben, um die Position des Schwarms zu bestim-men. Da jedes Shuttle seine Informationen dezentral verarbeitet und seinen Weg selbststndig findet, ist die Komplexitt des Gesamtsystems auf viele virtuelle Schultern verteilt. Treten Strungen auf, reagiert der Schwarm aktiv und stellt die Ordnung untereinander wieder her.7 Cyber-physische Systeme wie die zellularen Transportfahrzeuge verbinden sich unter-einander und mit dem Internet. Es entsteht das Internet der Dinge.

    Die 4. Industrielle Revolution ist techno- logisch betrachtet verbunden mit der Ein-fhrung cyber-physischer Systeme (CPS), die im Sinne der Vision eines Internet der Dinge in Zukunft wesentliche Teile der operativen Logistik selbst steuern und or-ganisieren werden. Intelligente Behlter und Konzepte Zellularer Transportsys-teme, die sich zuknftig in Schwrmen durch die Lger und Produktionssttten be-wegen, sind typische Vertreter cyber-physi-scher Systeme einer Logistik 4.0.

    Die hochgradige Dezentralisierung und Migration cyber-physischer Systeme auf der operativen Ebene ist mit der Virtualisie-rung und Transformation der normativen (Management-)Ebene in Richtung eines In-ternet der Daten und Dienste verbunden. Die Vision eines Internet der Dinge, Daten und Dienste, in dem Schwrme cyber-phy-sischer Systeme sich mit vielen Clouds in den globalen logistischen Netzwerken verbinden, ist sehr weitreichend vielleicht allumfassend.

    Exkurs:

    6) Zellulare Transportsysteme wurden vom Land NRW gefrdert und sind ein assoziiertes Projekt des EffizienzCluster LogistikRuhr (BMBF Spitzencluster)

    7) Bauernhansl; T., Beyerer; J., ten Hompel, M.: Innovative Informationstechnik revolutioniert die Industrie. In: Fraunhofer Jahresbericht 2013, S. 64-69

  • Positionspapier 17

    Mensch und IT in Zeiten der 4. Industriellen Revolution

    These 12Die Logistik in Deutschland beschftigt ber 2,8 Millionen Menschen. Sie ist auch in Zeiten einer Industrie 4.0 auf menschliche Flexibilitt, Kreativitt und Schaffenskraft angewiesen. Es gilt, insbesondere Entwicklungen im Bereich der Informationstechnologien in den Dienst einer Social Logistics zu stellen, die die Vernetzung des Menschen in den Social Networks einer Industrie 4.0 propagiert und ihn zugleich als soziales Individuum adressiert.

    Beschreibung Der Paradigmenwechsel, den die 4. Indust-rielle Revolution und der Einsatz cyber-phy-sischer Systeme auf die Logistik mit sich bringen, hat fundamentalen Einfluss auf das Verstndnis der Rolle des Menschen im soziotechnischen Kontext. Wie sieht die Rolle des arbeitenden Menschen in einer Zukunftsvision von autonom agierenden Maschinen aus, die untereinander kommu-nizieren und selbststndig ihre Aufgaben verteilen? Wie sieht die Aufgabe eines Con-trollers aus, der ein System berwachen soll, das so komplex ist, dass es sich selbst organisieren muss?

    Diese Fragen zeigen unmissverstndlich die Notwendigkeit eines Neudenkens des zuknftigen Verstndnisses logistischer Arbeit auf. Finale Antworten existieren auf diese Fragen nicht, doch zeichnen sich im Kontext der Vision einer Logistik 4.0 immer klarer Facetten zuknftiger Lsungen ab.8

    Der arbeitende Mensch wird auch nach der 4. Industriellen Revolution eine entschei-dende Rolle spielen. Es mssen ihm neue Mglichkeiten erffnet werden, am techno-logischen Fortschritt einer Logistik 4.0 zu partizipieren. Neue Formen sozialer Netz-werke bieten vielfltige Mglichkeiten, die Zusammenarbeit von Menschen und Ma-schinen partnerschaftlich zu gestalten.

    Unter dem Rubrum Social Manufacturing and Logistics finden sich diese Gedanken auch in der Diskussion um das Knowledge and Innovation Centre KIC der europi-schen Gemeinschaft.

    Chance und BedrohungEinmal mehr kommen die meistdiskutierten technischen Lsungen aus den USA. Nicht selten verharren deutsche Soft- und Hard-ware-Unternehmen in stiller Erwartung, welche Entwicklungen denn aus den USA oder Asien kommen und wie anschlieend die Tablets, Smartphones und Datenbrillen einschlgiger Hersteller in die Produktions- und Logistikprozesse integriert werden kn-nen, die originr fr den Consumer-Markt entwickelt wurden. Mit Industrie 4.0 besteht die Chance, menschengerechte L-sungen zu entwickeln, die sich sinnvoll in der Produktion und Logistik verwenden lassen. Hierzu mssen aber vollstndige Hard- und Software-Applikationen geschaffen werden, die den Einsatz dieser neuen Technologie ebenso einfach wie leistungsfhig gestalten.

    8) (eingereicht) ten Hompel, M.; Kerner, S.: Logistik 4.0, Informatik Spektrum, Band 37, Springer 2014

    9) www.plattform-i40.de

    10) Quelle: Neue Chancen fr unsere Produktion 17 Thesen des wissenschaftlichen BeiratS der nationalen Plattform Industrie 4.0; Akademie der Technikwissenschaften acatech 2014

    Beispiel DatenbrillenDie unmittelbarste Vernetzung zwischen Menschen und den Social Networks einer Industrie 4.0 stellen Datenbrillen dar, wie sie von Unternehmen wie Vusix und Google an-geboten werden. Insbesondere fr die Intra-logistik sind Applikationen in Vorbereitung, die den Menschen diese neue Form der Kommunikation erschlieen. Ein kurzer Blick auf ein Fahrzeug und schon wird ein Kom-munikationspfad geffnet und man ruft das Fahrzeug im wahrsten Sinne des Wortes heran. Ein Blick auf einen Artikel und schon wird angezeigt, was die Informationslogistik an Daten bereitstellt und was zu tun ist.

    Die ersten vier Thesen des wissenschaftli-chen Beirats der nationalen Plattform In-dustrie 4.09 spiegeln die Notwendigkeit, die Zukunft der Arbeitswelt neu zu denken10: 1. Vielfltige Mglichkeiten fr eine hu-

    manorientierte Gestaltung der Arbeits-organisation werden entstehen, auch im Sinne von Selbstorganisation und Autonomie. Insbesondere erffnen sich Chancen fr eine alterns- und alters- gerechte Arbeitsgestaltung.

    2. Industrie 4.0 ist als soziotechnisches System zu verstehen, und bietet die Chance, das Aufgabenspektrum der

    Exkurs:Mitarbeiter zu erweitern, ihre Qualifi-kationen und Handlungsspielrume zu erhhen sowie ihren Zugang zu Wissen deutlich zu verbessern.

    3. Lernfrderliche Arbeitsmittel (Learn- struments) und kommunizierbare Arbeitsformen (Community of Practice) erhhen die Lehr- und Lernproduktivitt, neue Ausbildungsinhalte mit einem zunehmend hohen Anteil an IT-Kompe-tenzen entstehen.

    4. Lernzeuge gebrauchstaugliche, lern-frderliche Artefakte vermitteln dem Nutzer ihre Funktionalitt automatisch.

  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort Deutschland18

    Exkurs: Forschung versus Entwicklung

    Wir erlauben uns einen kurzen und per-snlichen Exkurs zum Thema software-technischer und logistischer Forschung. Es existiert ein Unterschied zwischen Anwen-dungsorientierung und Anwendungsbe-stimmtheit der Forschung. Anwendungs- orientierung bedeutet, dass man sich fr die Perspektiven der Anwendbarkeit oder fr die Anwendungen von Forschungsakti-vitten interessiert.

    Anwendungsbestimmtheit bedeutet, dass man Forschungsaktivitten einseitig aus Anwendungsanforderungen ableitet und sie auf die Vorgabe einer operativen Um-setzung inhaltlich reduziert.

    Anwendungsorientierung ist interessant fr die Forschung, als Quelle grundstz-licher Fragen, als Richtlinie der Suche, als Ziel der Lsungen oder als Bewhrungsins-tanz bei der Prfung von Theorien oder In-strumenten. Nicht so die Anwendungsbe-stimmtheit. Interessante Forschung lsst sich nicht als reines Plumbing betreiben. Die Implementierung einer konkreten Lsung kann ein sinnvolles Entwicklungs-vorhaben sein, jedoch kein Forschungs-vorhaben. Anwendungsbestimmtheit ist nicht ideal, um neue kognitive Fortschritte zu frdern, und kann auch keine begabten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Forschung motivieren.

    Das Problem mit einigen radikalen Mani-festationen der querschnittstechnologi-schen Auffassung der Logistik ebenso wie der Softwaretechnik ist nicht, dass sie kei-ne Querschnittstechnologien wren das sind sie nmlich ohne Zweifel. Das Problem ist, dass diese Auffassung mittlerweile an einigen Stellen, auch in der Forschungsfr-derung, Gefahr luft, in eine reine Anwen-dungsbestimmtheit abzugleiten. Diese Ein-stellung befrdert die Entwicklung einer Kultur, die eben nicht imstande ist, gerade das Anwendungs- und Geschftspotenzial logistischer wie softwaretechnischer Inno-vationen zu erkennen.

    Entwicklungen wie das Internet der Dinge und Dienste, die Logistics Cloud oder Industrie 4.0 zeigen einerseits die the-matische Verbundenheit softwaretechni-scher und logistischer Forschung, anderer-seits die Notwendigkeit anwendungsori-entierter Forschung, denn die Entwicklung der Logistik und Softwareproduktionstech-nik ist keineswegs abgeschlossen. Das In-ternet der Dinge erscheint wie das Web oder Linux zu einer US-amerikanischen Entwicklung zu mutieren, obwohl wesent- liche Grundlagen wie das logistische Internet-der-Dinge-Paradigma in Europa und insbesondere in Deutschland erschaf-fen wurden.

    Dies birgt die Gefahr, dass die Abwande-rung von Softwareentwicklung ein stra-tegisches und wirtschaftliches Problem darstellen kann, da die Innovation der Produktion (und damit der Logistik) folgt. Wir riskieren den Kontrollverlust ber ein zukunftstrchtiges Produktionsmedium.

    Logistikwirtschaft und -wissenschaft sind aufgefordert, anwendungsorientierte Forschung in der Logistik und Software-technik zu betreiben und die vorhandenen Potenziale zu heben.

    Hierzu bedarf es einer neuen Verortung der Logistik als Wissenschaft.

    Prof. Rdiger Bretzke

    Prof. Werner Delfmann

    Prof. Michael ten Hompel

    Prof. Jakob Rehof

  • Positionspapier 19

    Anhang: acatech-Position

    Menschen und Gter bewegenIntegrative Entwicklung von Mobilitt und Logistik fr mehr Lebensqualitt und Wohlstand. acatech-Position Kurzfassung und Empfehlungen

    Mobilitt ist ein menschliches Grundbe-drfnis. Sie ermglicht Unabhngigkeit und Individualitt und lsst die Menschen am gesellschaftlichen Leben und sozialen Miteinander teilhaben. Sie ist zum Beispiel notwendig, um Einkufe zu ttigen, und ist damit die Voraussetzung fr den Handel und die Versorgung der Menschen mit Wa-ren. Der Gteraustausch wird durch logisti-sche Prozesse ermglicht. Leistungsfhige Logistiknetze sichern das Wirtschafts-wachstum und ermglichen der Export-nation Deutschland, am internationalen Markt teilzunehmen. Die Logistik ist mit einem Marktvolumen von 222 Milliarden Euro und 2,8 Millionen Beschftigten der drittstrkste Wirtschaftszweig in Deutsch-land. Gleichzeitig ist die Logistik eine Hochtechnologie mit groen nationalen wie internationalen Marktchancen.

    Mobilitt und Logistik schaffen Wohlstand und LebensqualittMobilitt ist die Gewhrleistung physischer Ortsvernderungen von Personen. Logistik umfasst die Planung, Steuerung und Opti-mierung sowie die Ausfhrung von Mate-rial-, Energie- und Informationsflssen in Systemen, Netzen und Prozessen zur Ver- und Entsorgung von Produktionsanlagen gleichermaen wie zur Warenverteilung in Handel und Dienstleistung. Zu den logis-tischen Dienstleistungen werden neben dem Transport, dem Umschlag und der Lagerung von Gtern, Waren und Informa-tionen zunehmend logistische Mehrwert-dienste wie kundenspezifische Verpackung, Montage oder Informationsmanagement gezhlt.

    Herausforderung: Nachhaltiger, effizienter und reibungsloser VerkehrAls physische Realisierung von Mobilitt und Gteraustausch ist ein reibungslo-ser Verkehr wichtig. Der Personen- und Gterverkehr in Deutschland nimmt seit Jahren zu. Grnde hierfr sind Trends wie die Urbanisierung, aber auch der wachsen-de globale Handel. Der stark vermehrte elektronische Handel resultiert zudem in einem immensen Transportaufkommen individueller Warenlieferungen und stellt die Logistik vor neue Anforderungen. Scho-nung der Ressourcen, Energieeffizienz und Klimaschutz verndern des Weiteren die Rahmenbedingungen, denen der Gter- und Personenverkehr heute gerecht wer-den muss.

    Die Mobilitts- und Logistikangebote sowie die Verkehrsinfrastrukturen mssen sich an den gesellschaftlichen Ansprchen messen lassen. Die Qualitt der Leistungen, die Zu-verlssigkeit der Leistungserbringung auch bei stark belasteten Infrastrukturen oder unter Strungseinflssen, die Effizienz der Leistungserbringung, Nachhaltigkeit und Umwelt- und Raumvertrglichkeit sind die Kriterien, nach denen die Menschen die Leistungen bewerten. Um auch in Zukunft eine zuverlssige und nachhaltige Versor-gung und Mobilitt der Menschen sicher-zustellen, besteht sowohl technologischer als auch politischer Handlungsbedarf.

    Ausreichende und zuverlssige Verkehrsin-frastrukturen sind fr die Lebensqualitt der Menschen wie auch funktionieren-de Wirtschaftsprozesse unverzichtbar. Notwendige Investitionen in Erhalt und Ausbau sind deshalb Voraussetzungen fr die Weiterentwicklung von Mobilitt und Logistik.

    Technologischer HandlungsbedarfIndividuelle Leistungen und die wirtschaft-lichen Vorteile von Bndelungs- und Skalen- effekten drfen sich nicht ausschlieen, sie werden vielmehr aus Grnden des Um-welt- und Ressourcenschutzes erforderlich. Die Prinzipien des Internets der Dinge und der Dienste sind einer der Schlssel, um die Effizienz in der Abwicklung individueller Auftrge, Lieferbeziehungen und Mobili-ttsangebote zu erwirken.

    Es entstehen deshalb zunehmend kleinteilig vernetzte Systeme einer smart logistics bzw. einer smart mobility, die die effi-ziente und zuverlssige Organisation der Transportvorgnge zwischen Ttigkeits-standorten (von Haustr zu Haustr) und ber den Lebenszyklus von Gtern hinweg (Produktion-Transport-Lagerung-Verwen-dung-Entsorgung) ermglichen.

    Die Abkehr von zentral gesteuerten Prozes-sen und die Hinwendung zu dezentralisier-ten Strukturen mit darauf abgestimmten, ebenfalls dezentralisierten Ablufen befhigen dazu, zunehmend grere und komplexere Systeme in der Logistik und insbesondere auch im Individual- und Wirtschaftsverkehr zu steuern. Sie mssen mit neuen ressourcenschonenden Trans-porttechnologien, wie dem elektromobilen Verkehr im urbanen Raum, kombiniert werden, um Logistik und Mobilitt effizi-enter zu gestalten. Weitere Ansatzpunkte sind die gemeinschaftliche Nutzung von Verkehrs- und Logistikinfrastrukturen (zum Beispiel Umschlagflchen, Verteilverkehre, Warenbergabesysteme) durch Unterneh-men und Dienstleister sowie eine effekti-vere Verkehrslenkung. All dies bedingt die operative Vernetzung aller Beteiligten auf der Prozessebene ebenso wie kollaborative Geschftsprozesse.

  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort Deutschland20

    Weiter muss einerseits die Robustheit der Logistik- und Verkehrssysteme gegenber Strungseffekten und andererseits ihre mittel- bis langfristige Wandelbarkeit erhht werden. Echtzeitfhige Systeme mit ihren Mglichkeiten zur Ereignis- und Zustandserfassung ber AutoID- und Sensortechnologien bilden die Grundlage, um systemseitige Strung frhzeitig zu erfassen, zu lokalisieren und darauf zu reagieren. Wandelbare Logistikinfrastruk-turen knnen mithilfe flexibel skalierbarer Frder- und Lagertechnik gebildet werden.

    Politischer HandlungsbedarfEine nachhaltige Entwicklung von Mobilitt und Logistik, von Personen- und Gterver-kehr muss in enger Abstimmung mit der Stadt- und Raumentwicklung sowie der Standortentwicklung von Industrie, Ge-werbe, Handel, Freizeitanlagen und Einrich-tungen der sozialen Infrastruktur erfolgen. Nur so knnen Teilhabemglichkeiten der Menschen und wirtschaftliche Austausch-prozesse mit reduzierten Ressourcenbe-anspruchungen und Umweltbelastungen gesichert werden.

    Auch bei Planung und Betrieb von Ver-kehrsinfrastrukturen ist eine gemeinsame Betrachtung von Personen- und Gterver-kehrsanforderungen unverzichtbar. Fr eine zukunftssichere Verkehrsplanung sind also ganzheitliche Modelle notwendig, die sowohl Personen- als auch Gterverkehr abbilden. Die teilweise sehr langfristigen Planungsvorgehen sind an neue Anfor-derungen der Brgerbeteiligung und ffentlich-privater Gestaltungsprozesse anzupassen.

    Anhang: acatech-Position

    Unterschiedliche rumliche Strukturen er-fordern unterschiedliche logistische Syste-me, Dienstleistungen und Infrastrukturen. Deshalb sind die Versorgungsqualitt, das logistische Dienstleistungsangebot, die Mobilittsangebote sowie die Infrastruk-turen der Logistik und des Verkehrs stand-ortbezogen zu analysieren und notwendige Gestaltungsoptionen zu erkennen. Fr diesen Zweck fehlt eine ffentlich zugng-liche oder zumindest ffentlich verwaltete Datenplattform als Grundlage fr den Gestaltungsprozess von Logistik- und Mo-bilittsstrukturen. Eine solche digitale Da-tenplattform bentigt gleichermaen f-fentliche Organe wie private Anbieter oder Investoren im Bereich Logistik und Mobili-tt. Deshalb regt acatech die Entwicklung eines neuen Erhebungs- und Analyseinstru-mentariums zur ganzheitlichen Bewertung der Logistik und Mobilitt in Stdten und Regionen an. Kernbestandteil eines solchen Analyse- und Steuerungsinstruments sollte ein digitaler Logistik- und Mobilittsatlas sein. Dieser ist als ein umfassendes System von Einzelindikatoren zu verstehen, auf deren Basis die Voraussetzungen, der Zu-stand und die Wirkungen logistischer und mobilittsbezogener Leistungsangebote raumbezogen erfasst werden knnen.

    Auf einen Blick Qualitt, Zuverlssigkeit, Effizienz und

    Umwelt- und Raumvertrglichkeit sind die zentralen Zielgren fr die Weiter-entwicklung von Mobilitt und Logistik.

    Bei Planung, Dimensionierung, Betrieb und Steuerung von Verkehrsinfrastruk-turen mssen Personen- und Gterver-kehrsanforderungen integrativ betrach-tet werden.

    Um Ziele und Strategien fr die regio-nale Verkehrsentwicklung festzulegen, empfiehlt acatech die Logistik- und G-terverkehrsentwicklung in die Landes- und Raumplanung einzubeziehen.

    acatech empfiehlt die Einfhrung eines digitalen Logistik- und Mobilittsatlas.

    Logistikunternehmen sollten verstrkt in interne und externe Forschung und Entwicklung investieren.

  • Positionspapier 21

    HandlungsempfehlungenVerbesserung der Planungsinstrumente1. Die spezifischen Kapazitten fr den

    Personen- und Gterverkehr mssen optimiert werden. Dies gilt insbesonde-re fr den Schienenverkehr.

    2. Die technischen, ordnungsrechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen sollten verkehrstrgerbergreifend gestaltet werden, um die derzeit unter-schiedliche Behandlung der Verkehrs- trger anzugleichen.

    3. Neben dem Personenverkehr sollte die regionale Verkehrsentwicklungspla-nung den Logistik- und Gterverkehr bercksichtigen.

    4. Zuknftige verkehrspolitische Manah-menplne sollten um Anreize zur An-wendung von Innovationen in Mobilitt und Logistik ergnzt werden.

    5. ffentliche und privatwirtschaftliche Entscheidungstrger in Mobilitt und Logistik mssen sich besser vernetzen, um zukunftsfhige Lsungsstrategien wie ffentliche Warenbergabestatio-nen zu verwirklichen.

    6. acatech empfiehlt die Einfhrung eines digitalen Logistik- und Mobilittsatlas fr Stdte und Regionen. Die Bundesre-gierung sollte die Konzeption und Ent-wicklung eines derartigen Instrumenta-riums untersttzen und die institutio-nellen sowie finanziellen Voraussetzun-gen fr die flchendeckende Datener-hebung, zum Beispiel durch Grndung einer Interessengemeinschaft unter Beteiligung von Industrieunternehmen, schaffen. Die Initiative fr einen digi-talen Logistik- und Mobilittsatlas ist mit bestehenden Initiativen wie dem Netzwerk Gterverkehr und Logistik oder dem Beirat fr Raumentwicklung zu vernetzen.

    Markt / Geschftsmodelle7. Kollaborative Geschftsprozesse und

    Kooperationsplattformen mssen durch Anreizsysteme oder Modellpro-jekte gefrdert werden.

    8. Kommunen, Lnder und Bund sollten Steuerungsinstrumente fr die zgige Umsetzung innovativer Lsungen in Stdten und Gemeinden (beispielsweise autonome Fahrzeuge oder unterirdi-scher Transport) einrichten.

    9. Der europische und weltweite Export von Logistiktechnologien und -dienst-leistungen, Verkehrssystemlsungen und Verkehrsmanagementstrategien sollte gefrdert werden.

    Forschungsfrderung und Technologieentwicklung10. Unternehmen der Logistikwirtschaft

    sollten einen wesentlichen und mess-baren Beitrag zur internen und exter-nen Forschung und Entwicklung leisten und eine aktive Forschungs- und Ent-wicklungsstrategie verfolgen.

    11. Smart logistics und smart mobility sollten in der staatlichen Forschungs-frderung strkere Bercksichtigung finden. Notwendig sind die zgige Entwicklung der Schlsseltechnologien, der Integrations- und Interoperabilitts-standards sowie die Qualifizierung der erforderlichen Fach- und Fhrungs- krfte.

    12. Die Entwicklung und Harmonisierung von Standards fr Informations- und Kommunikationsprozesse sowie Nor-mung technischer Komponenten in Logistik- und Reiseketten ist voranzu-treiben.

    13. Modellprojekte fr innovative Lsungen in der Logistik und Mobilitt mit hoher Strahlkraft sollten initiiert werden.

    Quelle:acatech DEUTSCHE AKADEMIE DER TECHNIKWISSENSCHAFTEN, Juli 2012

    Diese Kurzfassung entstand auf Grundlage von: acatech (Hrsg.): Menschen und Gter bewegen. Integrative Entwicklung von Mobilitt und Logistik fr mehr Lebensqualitt und Wohlstand (acatech-Position), Heidelberg u.a.: Springer Verlag 2012. Projektleitung: Prof. Dr. Michael ten Hompel, Fraunhofer-Institut fr Materialfluss und Logistik IML. Die Originalversion dieser Publikation ist erhltlich unter www.springer.com oder www.acatech.de

    Auch acatech hat das Zusammenwirken von Logistik und IT in einem Positions- papier aufgegriffen. Die dort zusammen- gestellten Erkenntnisse sind in die Diskussi-onen der BVL-Arbeitsgruppe eingeflossen.

    acatech ist ein Ort des Austauschs zwi-schen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und ffentlichkeit. Die Mitglieder kommen aus den Ingenieurwissenschaften und den angewandten Naturwissenschaften,

    aber auch aus den Geistes- und Sozialwis-senschaften. Sie arbeiten mit externen Wissenschaftlern in Projekten disziplin-bergreifend zusammen und ziehen dabei praktische Expertise aus Wirtschaft und Gesellschaft hinzu. acatech trgt durch Studien und Empfehlungen dazu bei, gesellschaftlich relevante und technikbe-zogene Zukunftsfragen faktenbasiert und sachorientiert zu diskutieren sowie Chan-cen und Risiken abzuwgen.

    Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften acatech

  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort Deutschland22

    Anhang: Glossar

    AlgorithmikBezeichnet Rechenablufe, die bspw. Erkenntnisse oder Nutzerverhalten aus groen Datenmengen herausfiltern und/oder Abweichungen von normalen (Produk-tions-) Prozessen automatisch erkennen, daraus lernen und sich weiter optimieren.

    Big DataBezeichnung fr Konzepte, Methoden, Technologien und IT-Architekturen, mit denen qualitativ vielfltige Datenvolumina gewonnen und ausgewertet werden. Es handelt sich um Datenmengen, die auf-grund ihres Umfangs, Unterschiedlichkeit oder ihrer Schnelllebigkeit nur schwer von Hand oder durch klassische Datenbanksys-teme verarbeitet werden knnen. Die Big Data liefert wichtige Informationen fr wirtschaftliche Entscheidungen in Organi-sationen.

    Cloud ComputingDas dynamisch an den Bedarf angepasste Anbieten, Nutzen sowie Abrechnen von IT-Dienstleistungen ber ein Netz. Die Spannbreite der Dienstleistungen erstreckt sich ber das komplette Spektrum der Informationstechnik und beinhaltet unter anderem Infrastruktur (z.B. Rechenleistung, Speicherplatz), Anwendungen und Dienste, Plattformen und Software.

    De-facto-StandardsStandards, die nicht von einer offiziellen Standardisierungsorganisation definiert sind, sondern ber langzeitige Nutzung in der Praxis sich als sinnvoll erweisen. Viele De-facto-Standards werden spter in of-fizielle Standards (De-jure-Standards oder Normen) berfhrt.

    Dezentrales RechnenDistributed Computing, oder auch als verteiltes Rechnen genannt, steht fr den Datenverkehr und Rechenarbeit ber meh-rere unabhngige Rechner und nicht ber einen zentralen Server.

    E-CommerceKurzform fr Electronic Commerce: Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistun-gen ber elektronische Verbindungen so-wie elektronisch abgewickelte Geschfts-prozesse.

    Industrie 4.0Umschreibt die 4. Industrielle Revoluti-on, in der sich Werkstcke weitgehend selbststndig durch einen Produktions-prozess bewegen. Damit wird eine Indivi-dualisierung sogar in der Serienfertigung oder auch eine Kopplung von Produktion und Dienstleistung sowie die Integration von Kunden und Geschftspartnern in Geschfts- und Wertschpfungsprozesse. Inbegriffen sind Systeme sowie (teil-)auto-nome Maschinen, die sich ohne menschli-che Steuerung bewegen und eigenstndig Entscheidungen treffen.

    Internet der DingeDie Vernetzung von Gegenstnden mit dem Internet, bei der diese eigenstndig ber das Internet kommunizieren und so verschiedene Aufgaben fr den Besitzer er-ledigen knnen. Die Objekte werden durch Programmierbarkeit, Speichervermgen, Sensoren und Kommunikationsfhigkei-ten intelligent. Der Anwendungsbereich erstreckt sich dabei von allgemeiner In-formationsversorgung ber automatische Bestellungen bis hin zu Warn- und Notfall-funktionen.

    M-CommerceMobile Commerce: Spezialform des E-Com-merce. Elektronisch gesttzte Abwicklung von Geschftstransaktionen (Leistungs-anbahnung, Leistungsvereinbarung oder Leistungserbringung) auf Basis der Nut-zung drahtloser Kommunikation (wie z.B. Mobilfunk, Wireless LAN oder Bluetooth) in Verbindung mit mobilen Endgerten wie z.B. Smartphones oder Tablet-Computer.

    MiddlewareSoftware, die ber Standardschnittstellen Kommunikationsdienste fr den Datenaus-tausch zwischen Anwendungsprogrammen bereitstellt, die unter verschiedenen Be-triebssystemen oder in heterogenen Net-zen arbeiten. Somit knnen Anwendungen miteinander Daten austauschen, die sich sonst nicht verstehen.

    Online Ad AuctionsAuktionsverfahren im Onlinemarketing, bei dem Werbetreibende ein Gebot fr eine Werbeflche abgeben. Dabei werden be-reits vor Kampagnenstart generelle Gebote abgegeben.

    Real-Time BiddingDynamische Variante der Online Ad Auc-tions, bei der Online-Werbeflchen in Echt-zeit versteigert werden.

    RFIDRadio Frequency Identification: eine weit verbreitete Hochfrequenz-Identifikations-technik neben Magnetkarte und Barcode. Es handelt sich um eine Technologie fr Sender-Empfnger-Systeme, mit der Ob-jekte mit Hilfe von hochfrequenten Wellen automatisch und berhrungslos identi-fiziert bzw. lokalisiert werden knnen. Zugleich kann eine Verknpfung von Infor-mationen mit diesen Objekten erfolgen. Im Zusammenhang mit dieser Technologie werden oft auch Begriffe wie Transponder, Electronic Tagging oder Smartlabel ver-wendet.

    SpreadsheetsArbeitsbltter eines Tabellenkalkulations-programms wie z.B. Microsoft Excel.

    WorkflowEin arbeitsteiliger, oft auch wiederkehren-der Geschftsprozess. In einem Workflow werden Aufgaben, Verarbeitungseinheiten und deren Bezug zueinander innerhalb von Prozessen (z.B. Arbeitsablauf und Daten-fluss) festgelegt.

  • Positionspapier 23

    HerausgeberBundesvereinigung Logistik (BVL) e.V.Schlachte 31, 28195 BremenTel.: 0421 / 173 84 0Fax: 0421 / 16 78 [email protected]

    AutorenProf. Dr. Michael ten HompelProf. Dr. Jakob RehofFrauke Heistermann

    Impressum

    Die Logistik von morgen mit 75 Prozent der Ressourcen von heute.

    Software produzieren wie Autos.

    Die Verbindung zwischen IT und Logistik birgt das grte Potenzial fr die Zukunftsfhig-keit des Wirtschaftsstandortes Deutschland.

    ArbeitsgruppeProf. Dr. Robert BlackburnFrauke HeistermannProf. Dr. Michael ten Hompel Dr. Karl-Friedrich RauschProf. Dr. Jakob RehofFrank WiemerProf. Dr.-Ing. Thomas Wimmer Prof. Dr.-Ing. Stefan Wolff

    RedaktionAnita Wrmser

  • Logistik und IT als Innovationstreiber fr den Wirtschaftsstandort Deutschland24

    Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V.

    Schlachte 31, 28195 Bremen

    Tel.: 0421 / 173 84 0

    Fax: 0421 / 16 78 00

    [email protected]

    www.bvl.de

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