BWL für Nichtökonomen 2012

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Skript zur Vorlesung Betriebswirtschaftslehre für Nichtökonomen Fassung vom April 2012 Prof. Dr. Stefan Winter Lehrstuhl für Human Resource Management Ruhr-Universität Bochum http://www.ruhr-uni-bochum.de/hrm/

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Skript zur Vorlesung

Betriebswirtschaftslehre für Nichtökonomen

Fassung vom April 2012

Prof. Dr. Stefan Winter

Lehrstuhl für Human Resource Management Ruhr-Universität Bochum

http://www.ruhr-uni-bochum.de/hrm/

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Gliederung

1. Was ist Betriebswirtschaftslehre? ................................................................................... 4 Lit.: Neus, Kapitel 1

2. Das Menschenbild in der Betriebswirtschaftslehre ..................................................... 16 Lit.: Neus, Kapitel 1,2 und S. 436-437, 452-461

3. Optimale Entscheidungen in der Betriebswirtschaftslehre ........................................ 54 Lit.: Neus, Kapitel 2 und S. 467-483

4. Kooperationsvorteile ....................................................................................................... 72 Lit.: Neus, S. 55-70

5. Koordination über Märkte ............................................................................................. 99 Lit.: Neus, S. 70-85

(plus feiwillig: jedes Einführungslehrbuch in die Mikroökonomik, Abschnitt über Allg. Gleichgewichtstheorie)

6. Marktfehler .................................................................................................................... 131 Lit.: Neus, Kap. 4

7. Koordination in Unternehmen ..................................................................................... 164 Lit.: Neus, S. 118-130, 169-174

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Literatur: Neus, Werner (2005): Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 4. Auflage,

Mohr Siebeck, Tübingen

Die zu den einzelnen Kapiteln angegebenen Abschnitte aus Neus sind klausurrelevante

Pflichtliteratur!

Hinweis:

Relevante Informationen zu der Veranstaltung werden ausschließlich über das System „Blackboard“ der RUB

kommuniziert. Teilnehmer der Veranstaltung werden daher gebeten, sich im Blackboard für diese Veranstaltung

anzumelden!

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1. Was ist Betriebswirtschaftslehre?

1.1. Das Abgrenzungsproblem

Es ist unklar, ob man „den“ Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre mehrheitsfähig

abgrenzen kann:

Betriebswirte befassen sich mit den unterschiedlichsten Dingen.

Sie haben sehr unterschiedliche Sichtweisen und arbeiten mit verschiedensten Methoden.

Die Grundfragen der Disziplin werden sehr kontrovers diskutiert (Fragen der

Wissenschaftstheorie).

Lehrbücher sind oft auch nicht hilfreich für die Abgrenzung der BWL, da sie häufig nur

kritiklos zusammenfassen, was je von Betriebswirten diskutiert wurde.

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Als erster Eindruck ergibt sich also:

Die BWL ist sehr vielfältig, fast chaotisch!

Verzweifelter (dummer) Ausweg einer Definition:

Betriebswirtschaftslehre ist, was Betriebswirte tun!

Probleme dieser Definition:

Was ist mit dem Nasebohren eines BWL-Professors?!

Was sind Betriebswirte? (etwa diejenigen, die Betriebswirtschaftslehre betreiben?)

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1.2. Definitionsversuch

Frage:

Helfen die Begriffe „Betrieb“ und „Wirtschaft“ bei der Definition von

„Betriebswirtschaftslehre“?

Definitionen:

„Wirtschaft ist der Inbegriff aller planvollen menschlichen Tätigkeiten, die unter

Beachtung des ökonomischen Prinzips mit dem Zweck erfolgen, die -an den

Bedürfnissen der Menschen gemessen- bestehende Knappheit der Güter zu verringern.“

„Der Betrieb ist eine planvoll organisierte Wirtschaftseinheit, in der Sachgüter und

Dienstleistungen erstellt und abgesetzt werden.“

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Um diese Definitionen mit Leben zu erfüllen, müssen noch folgende Fragen geklärt werden:

o Was sind planvolle menschliche Tätigkeiten?

o Was ist das ökonomische Prinzip?

o Was sind Bedürfnisse?

o Was versteht man unter der Knappheit von Gütern?

o Was ist eine Wirtschaftseinheit?

o Was versteht man unter Erstellung und Absatz von Sachgütern und Dienstleistungen?

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Zu a) Planvolle menschliche Tätigkeiten

Wichtige Aspekte:

Menschliches Handeln ist Gegenstand der BWL. BWL ist also eine

Verhaltenswissenschaft.

Es soll planvoll sein, d.h. der Erreichung von Zielen dienen.

Es beruht auf bewussten Entscheidungen.

Anmerkung:

Entscheidungen sollen bestimmte Zustände in der Zukunft herbeiführen. Da in der realen

Welt die Zukunft zumindest nicht vollständig voraussehbar ist, ist auch nicht völlig klar,

welche Auswirkungen Entscheidungen haben werden.

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Folge:

Planvolles Entscheiden umfasst auch den Umgang mit der unsicheren Zukunft.

Zu b) Das ökonomische Prinzip

Formulierungsalternativen:

Ein vorgegebenes Ziel soll mit minimalem Mitteleinsatz erreicht werden.

Mit einem vorgegebenen Mitteleinsatz soll ein möglichst hoher Zielerreichungsgrad

realisiert werden.

Werturteil hinter diesen Forderungen:

Verschwendung soll vermieden werden!

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Zu c) Bedürfnis

Bedürfnis:

Wunsch eines Menschen, dessen Erfüllung für ihn zu einer Steigerung des Wohlbefindens

führt.

Zu d) Knappheit

Knappheit eines Gutes liegt vor, wenn eine nicht mit einer Gegenleistung verbundene

Erhöhung der verfügbaren Menge des Gutes zu einer Steigerung des Nutzens führen würde.

„Übliche“ Annahme:

Für jeden Menschen existieren Güter, die er als knapp empfindet!

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Aber:

Nicht alle Güter sind immer für jeden knapp!

Zu e) Wirtschaftseinheit

Definition:

Wirtschaftseinheit ist in der Regel ein Zusammenschluss von mehreren Individuen zur

gemeinsamen Erreichung wirtschaftlicher Ziele.

Aber:

Auch wenn Wirtschaftseinheiten gebildet werden, um individuelle Ziele gemeinsam besser

erreichen zu können, kann es für jedes beteiligte Individuum sinnvoll sein, innerhalb der

Wirtschaftseinheit (Betrieb?, Unternehmen?) eigene Interessen zu verfolgen, auch wenn die

anderen Individuen dadurch geschädigt werden.

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Frage also:

Wie sollten Wirtschaftseinheiten gestaltet werden, damit möglichst alle Beteiligten

Individuen einen Anreiz haben, sich für einen möglichst großen gemeinsamen Vorteil

einzusetzen?

Anmerkungen:

Wirtschaftseinheiten (Unternehmen) haben keine eigenen Ziele, sie können nicht

handeln, fühlen oder entscheiden!

Entscheidungen werden stets von Individuen getroffen. Diese benutzen

Wirtschaftseinheiten lediglich, um individuelle Ziele besser erreichen zu können.

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Zu f) Erstellung und Absatz von Sachgütern und Dienstleistungen

Wirtschaftseinheiten sind Mittel zum Zweck. Sie sollen dazu beitragen, die Ziele der

beteiligten Individuen zu erreichen. Die Wirtschaftseinheiten erstellen (produzieren) dazu

materielle Güter (Sachgüter) oder immaterielle Güter (Dienstleistungen). Hierbei soll das

ökonomische Prinzip beachtet werden!

Die erstellten Güter oder Dienstleistungen werden anschließend abgesetzt. Sie werden also

eingetauscht bzw. verkauft! Der Erlös geht dann an die an der Wirtschaftseinheit beteiligten

Individuen. Diese benutzen die Erlöse, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen.

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1.3. Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre

Gegenstand der BWL ist die Untersuchung:

von individuellen, das Einkommen betreffenden Entscheidungen von Individuen.

des Umgangs dieser Individuen mit Unsicherheit bei der Entscheidungsfindung.

der Koordination der Aktivitäten mehrerer Individuen zur gemeinsamen Verbesserung

ihrer wirtschaftlichen Situation.

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1.4. Ziele der Betriebswirtschaftslehre

Das kognitive Ziel:

Vermehrung des Wissens über wirtschaftliches Handeln. (vereinfacht)

Das praktische Wissenschaftsziel:

Herleitung von zielgerichteten Gestaltungs- bzw. Handlungsempfehlungen.

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2. Das Menschenbild in der Betriebswirtschaftslehre

Ausgangslage:

Jede Verhaltenswissenschaft braucht eine Annahme darüber, was das Verhalten von

Menschen bestimmt.

Beispiele (vereinfachend):

Psychologie: Menschliches Verhalten ist triebgesteuert.

Soziologie: Menschliches Verhalten wird durch das soziale

Umfeld gesteuert

Frage:

Welche Annahme wird in der Ökonomie getroffen?

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Erste Antwort:

Es wird planvolles, bewusstes und auf die Erreichung wirtschaftlicher Ziele gerichtetes

Verhalten unterstellt!

Aber:

Andere Aspekte menschlichen Verhaltens werden nicht verneint, sie werden lediglich aus

der Analyse ausgeklammert und an andere Verhaltenswissenschaften verwiesen!

Frage:

Was ist planvolles, bewusstes und zielorientiertes Verhalten?

Antwort:

Das hängt davon ab, für wie „intelligent“ und für wie gut informiert man Menschen hält!

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2.1. Der Mensch als Optimierungsmaschine (homo oeconomicus)

Annahmen:

Jeder Mensch kennt seine Ziele exakt.

Jeder Mensch kennt alle seine Handlungsalternativen.

Jeder Mensch kennt alle Folgen seiner Handlungen.

Jeder Mensch kann immer die beste Handlungsalternative ermitteln.

Jeder Mensch wählt immer die beste Handlungsalternative.

Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, spricht man auch vom „homo oeconomicus“. Das

Verhalten des homo oeconomicus wird als „rational“ bezeichnet.

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2.2. Der Mensch als Optimierungsmaschine mit Fehlern

Wenn mindestens eine der Annahmen aus 2.1. verletzt ist, kann sich der Mensch nicht mehr

rational verhalten!

2.2.1. Begrenzte Rationalität

Abgeschwächte Annahme:

Der Mensch versucht, sich so gut wie möglich rational zu verhalten. Das Verhalten wird als

„begrenzt rational“ bezeichnet.

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Mögliche Ursachen für begrenzte Rationalität (Beispiele):

Nicht alle Handlungsalternativen sind bekannt.

Die Folgen von Handlungen können nicht genau eingeschätzt werden.

Die optimale Entscheidung kann nicht berechnet werden, da die Berechnung zu

kompliziert ist.

Für die weitere Vorlesung:

Menschliches Verhalten wird als begrenzt rational angenommen!

Um die jeweils beste Handlungsalternative herausfinden zu können, muss ein Mensch seine

Ziele definieren und seine Handlungsalternativen ermitteln. Danach muss herausgefunden

werden, welche Handlungsalternative den höchsten Zielerreichungsgrad ermöglicht. Diese

Handlungsalternative sollte gewählt werden!

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Diese Vorgehensweise wird in der Betriebswirtschaftslehre üblicherweise mittels sog.

Nutzenfunktionen U (engl. „Utility) dargestellt. Solche Funktionen messen das Wohlergehen

eines Menschen. Hierbei wird zunächst ermittelt, welche Handlungsergebnisse nXX ...,,1 aus

den verschiedenen Handlungsalternativen des Individuums resultieren würden. Danach wird

ermittelt, wie sich diese Handlungsergebnisse auf den Nutzen auswirken würden. Es wird

dann diejenige Handlung gewählt, die zu Handlungsergebnissen führt, die ihrerseits den

Nutzen maximieren.

Formal:

Der Nutzen wird dargestellt als Funktion der Handlungsergebnisse, d.h. ),...,( 1 nXXUU

Jedes Handlungsergebnis wird dargestellt als Funktion der Handlung e, d.h. )(eXX ii

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Folge:

Die Nutzenfunktion hängt, allerdings indirekt, von der Handlung e ab, da ))(),...,((),...,( 11 eXeXUXXUU nn

Um die optimale Handlung e zu bestimmen, kann also die Nutzenfunktion bezüglich der

Handlung maximiert werden, auch wenn die Nutzenfunktion nicht direkt von der Handlung

abhängt, sondern nur von den Handlungsergebnissen.

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2.2.2. Egoismus und Opportunismus

Wichtige Frage:

Beeinflusst das „Wohlergehen“ von anderen den eigenen Nutzen?

Vorläufige Antwort:

Nein!

Konsequenz:

Menschen werden als egoistisch angenommen.

Frage:

Wie weit geht der angenommene Egoismus?

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Antwort:

Es wird angenommen, dass Menschen auch die Schädigung von anderen bewusst in Kauf

nehmen, so lange es ihnen selbst nutzt. Diese Verhaltenstendenz wird auch als

Opportunismus bezeichnet.

Frage:

Hat die Schädigung von anderen einen Nutzen an sich, d.h. werden Menschen als neidisch

angenommen?

Antwort:

Nein, es wird angenommen, dass andere nur dann geschädigt werden, wenn es dem

Schädiger selbst einen direkten Vorteil bringt.

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Frage:

Ist die Annahme von begrenzter Rationalität und Opportunismus eine Behauptung über die

reale Welt?

Antwort:

Nein. Diese Annahmen werden lediglich getroffen, um mögliche Konfliktsituationen

besonders deutlich hervorzuheben und die rein wirtschaftlichen Vorteilsüberlegungen

herauszustellen. Es wird damit keineswegs behauptet, dass Menschen z.B. ständig

Freundschaft oder Liebe ignorieren, wenn sich ihnen dadurch wirtschaftliche Vorteile böten!

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Zwischenfazit:

Die Annahmen über begrenzte Rationalität, Egoismus und Opportunismus kennzeichnen das

Forschungsprogramm der sog. Neue Institutionenökonomik.

Diese versucht, Handlungsempfehlungen für den Fall abzugeben, dass sich der Entscheider

nicht sicher sein, ob sich Vertragspartner am gemeinsamen Wohlergehen oder an „nur“ an

ihrem individuellen Wohlergehen orientieren.

Folge:

Die Neue Institutionenökonomik liefert Handlungsanweisungen, die auf Vorsicht gegenüber

„unfeinem“ Verhalten von Vertragspartnern beruhen!

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2.3. Komponenten von Nutzenfunktionen

Die in der Ökonomie verwendeten Nutzenfunktionen unterscheiden sich lediglich dadurch,

welche Handlungsfolgen bei der Nutzenberechnung berücksichtigt werden!

2.3.1. Konsummöglichkeiten

Vereinfachende Annahme:

Jeder Mensch möchte möglichst viel von allen Gütern konsumieren.

Bezeichnungen:

iX : Menge des Gutes i, die zum Konsum zur Verfügung steht.

( iX könnte auch Geld sein!)

jU (.): Nutzenfunktion des Individuums j.

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Mögliche Beispiele für Nutzenfunktionen:

iij XXU 2)(

iij XXU 2)(

2)( iij XXU

Nutzenfunktionen

0

5

10

15

20

25

0 1 2 3 4 5

2)( iij XXU

iij XXU 2)(

iij XXU 2)(

iX

jU

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2.3.2. Arbeitsleid

Annahme:

Güter sind nicht einfach vorhanden.

Folge:

Güter müssen erst produziert werden. Die Menge der verfügbaren Güter hängt also davon

ab, wie viel Arbeit zu ihrer Erstellung aufgewendet wird.

Formal: )(eXX ii

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In Worten:

Die verfügbare Menge des Gutes i ist eine Funktion der eingesetzten Arbeitsmenge e (engl.

für effort). Die „Arbeitsmenge“ könnte bspw. als Arbeitsstunden interpretiert werden.

Beispiele: eeXX ii 4)(

22)( eeXX ii

eeXX ii 3)(

Anmerkung:

Derartige Funktionen werden auch als Produktionsfunktionen bezeichnet.

Produktionsfunktionen beschreiben den Zusammenhang zwischen der Menge eines oder

mehrerer Einsatzfaktoren (hier: Arbeitszeit) und der Menge des damit produzierten Gutes.

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Produktionsfunktionen können außer der Arbeitsmenge z.B. auch die Menge des

Materialverbrauchs enthalten.

Übliche Annahme in der Ökonomie:

Menschen arbeiten ungern!

Formale Darstellung:

Arbeit verursacht Arbeitsleid, welches z.B. durch eine Arbeitsleidfunktion C=C(e)

dargestellt werden kann. Das Arbeitsleid ist die unmittelbare Handlungsfolge des Arbeitens.

Folge:

Das Arbeitsleid steigt mit steigender Arbeitsmenge und der Nutzen sinkt bei steigendem

Arbeitsleid. Daher fällt der Nutzen mit steigender Arbeitsmenge.

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Beispiele für mögliche Arbeitsleidfunktionen: eeC 3)(

eeC 2)( 2)( eeC

Sei z.B. die Nutzenfunktion in Abhängigkeit vom Arbeitsleid einfach )())(( eCeCU j , so

ergäben sich aus den oben genannten Beispielen für Arbeitsleidfunktionen die folgenden

Nutzenfunktionen: eeCU j 3))((

eeCU j 2))(( 2))(( eeCU j

Werden nun die erstellten Güter berücksichtigt, so hängt die Nutzenfunktion von zwei

Variablen ab.

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Beispiele für Nutzenfunktionen in Abhängigkeit von der Güter- und Arbeitsmenge: 2)(2))();(( eeXeCeXU iij

eeXeCeXU iij 3)(2))();((

eeXeCeXU iij 4)())();(( 2

In diese Nutzenfunktionen können jetzt noch die Produktionsfunktionen )(eX i eingesetzt

werden. Man erhält dann für eeXX ii 4)( z.B. die Nutzenfunktion:

ee

ee

eeXeCeXU iij

34

342

3)(2))();((

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Wenn die Nutzenfunktion des Individuums derart präzise beschrieben ist, kann ermittelt

werden, wie hoch die optimale Arbeitsmenge ist. Dazu wird das Maximum der

Nutzenfunktion bezüglich der Arbeitsmenge gesucht. Das Maximum ist dadurch bestimmt,

dass die erste Ableitung der Nutzenfunktion den Wert Null annimmt und die zweite

Ableitung an der gefundenen Stelle negativ ist.

Gegeben sei die Nutzenfunktion:

eeeCeXU ij 34))();((

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Stellt man diese Nutzenfunktion grafisch dar, so ergibt sich:

Nutzenfunktion

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

1,4

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7Arbeitsmenge e

Nut

zen

Es ergibt sich als erste Ableitung:

032

ededU j

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Diese Gleichung ist für 23/2e erfüllt.

Bildet man nun noch die zweite Ableitung, so ergibt sich:

5,12

2 1ede

Ud j

Der Wert dieser Ableitung ist für 23/2e negativ. Es handelt sich bei 23/2e also

tatsächlich um ein Maximum der Nutzenfunktion.

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2.3.3. Risiko

Ausgangslage:

In den bisherigen Überlegungen zu Nutzenfunktionen wurde angenommen, dass die Menge

der Güter feststeht.

Annahme jetzt:

Die Menge der Güter hängt von zufälligen Ereignissen ab.

Beispiele:

Ein Unwetter zerstört Robinsons Lebensmittellager.

Ein LKW verunglückt.

Gutes Wetter ermöglicht eine hohe Ernte.

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Frage:

Wie können diese Risiken gemessen werden?

1. Schritt

Berechnung des sog. Erwartungswertes )(XE .

(Der Erwartungswert wird üblicherweise auch mit dem griechischen Buchstaben - sprich:

„mü“ - bezeichnet.)

Der Erwartungswert gibt an, mit wie vielen Gütern man im Durchschnitt rechnen kann. Der

Erwartungswert wird berechnet, indem die jeweils mögliche Menge des Gutes mit der

Wahrscheinlichkeit multipliziert wird, mit der diese Menge realisiert wird. Diese Produkte

aus Mengen und Wahrscheinlichkeiten werden über alle möglichen Mengen aufaddiert.

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Beispiel:

Es sei kX die verfügbare Menge des Gutes X, wenn der Umweltzustand k eintritt. Wenn das

Wetter gut ist, beträgt die Erntemenge 1001 X . Wenn das Wetter schlecht ist, beträgt die

Erntemenge hingegen lediglich 502 X . Die Wahrscheinlichkeit für die verschiedenen

Umweltzustände sei mit kp bezeichnet. Die Wahrscheinlichkeit für gutes Wetter sei 3,01 p

und die Wahrscheinlichkeit für schlechtes Wetter sei 7,02 p .

Der Erwartungswert beträgt dann:

657,0503,0100

2211

2

1

pXpX

pXk

kk

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40

Allgemein gilt für jede diskrete Zufallsvariable X, die n verschiedene Werte annehmen kann:

n

kkk pX

1

Hinweis:

Die Variable X muss nicht unbedingt eine Menge an Gütern sein. Es kann z.B. auch um die

Anzahl Augen beim Würfeln handeln.

2. Schritt

Berechnung der Varianz )(XVar . Die Varianz wird häufig auch als 2 - sprich: „Sigma

quadrat“ - bezeichnet.

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Die Varianz misst, um wie viel die einzelnen Werte von X im Durchschnitt vom

Erwartungswert abweichen. Dabei wird nicht die einfache Abweichung genommen, sondern

das Quadrat der Abweichungen.

Berechnung:

k

n

kk pX

1

22 )(

Im Erntebeispiel:

5257,0)6550(3,0)65100(

)()(

)(

222

221

21

2

1

22

pXpX

pX kk

k

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Hinweis:

Häufig wird statt der Varianz auch die sog. Standardabweichung verwendet. Hierbei

handelt es sich einfach um die Wurzel aus der Varianz. Die Standardabweichung hat den

Vorteil, dass sie die gleiche Maßeinheit besitzt wie die Variable X selbst.

Die Varianz (bzw. Standardabweichung) wird nun als Risikomaß interpretiert:

Je höher die Varianz (Standardabweichung), desto höher ist das Risiko

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Folgendes Beispiel möge dies verdeutlichen. Verglichen werden drei Zufallsvariablen X , Y

und Z , die alle den selben Erwartungswert, jedoch sehr unterschiedliche Varianzen haben:

kX kY kZ

Zustand 1 5,01 p 100 200 1000

Zustand 2 5,02 p 100 0 -800

100 100 100

2 0 10.000 810.000

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Gedankenexperiment:

Nehmen Sie an, Sie haben die Wahl an einem der drei Glücksspiele kX , kY oder kZ

teilzunehmen. Hierbei wird jeweils eine Münze geworfen. Wenn die Münze auf „Kopf“ fällt

(Zustand 1) erhalten Sie den jeweils angegebenen Betrag in Euro. Fällt hingegen Zahl

(Zustand 2) erhalten Sie den jeweils anderen Betrag in Euro. Negative Beträge bedeuten,

dass Sie den Betrag bezahlen müssen.

Frage:

An welchem der drei Glücksspiele würden Sie am liebsten teilnehmen?

Folgerung:

Wenn es Ihnen nicht egal ist, an welchem der drei Glücksspiele Sie teilnehmen, dann ist die

Varianz (und damit das Risiko) für Sie offensichtlich entscheidungsrelevant!

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Exkurs: Risikoneigungen

Individuen können verschieden auf Risiken reagieren. Sie können bestrebt sein, Risiken

möglichst zu vermeiden, Risiken können ihnen gleichgültig sein oder sie können Risiken

mögen.

Formale Darstellung:

Die Risikoeinstellung eines Individuums kann direkt anhand der Nutzenfunktion gemessen

werden. Es gelten folgende Definitionen:

])[()]([ XUEXEU Das Individuum ist risikoavers

])[()]([ XUEXEU Das Individuum ist risikoneutral

])[()]([ XUEXEU Das Individuum ist risikofreudig

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Definition:

Wenn X ein Geldbetrag ist, dann ist das sog. Sicherheitsäquivalent S definiert über die

Beziehung: ])[(][ XUESU

Interpretation:

Wenn X ein unsicherer Geldbetrag ist, dann ist auch der Nutzen ][XU eine Zufallsvariable.

Mann kann sich dann ][XU als eine Art Lotterie vorstellen. In diesem Fall lässt sich das

Sicherheitsäquivalent S auffassen als Lospreis, den man bereit wäre, für die Teilnahme an

der Lotterie ][XU zu bezahlen.

Page 47: BWL für Nichtökonomen 2012

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Beispiel:

Sei XXU ][ . Ferner sei angenommen, X könne nur die Ausprägungen 01 x oder

1002 x annehmen, wobei beide Ausprägungen gleich wahrscheinlich seien, d.h.

5,021 pp

Folge:

5105,005,0][][])[( 2211 xUpxUpXUE

Wegen ])[(][ XUESU folgt also 5][ SU bzw. 5S

Auflösen nach S ergibt:

25S

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Interpretation:

Ein Akteur mit der Nutzenfunktion XXU ][ wäre also bereit, einen Lospreis von 25 zu

bezahlen, wenn 01 x und 1002 x jeweils mit der Wahrscheinlichkeit von 0,5 ausgelost

würden.

Definition:

Die Risikoprämie RP ist definiert als Differenz zwischen dem Erwartungswert von X, d.h.

)(XE und dem Sicherheitsäquivalent S, d.h.:

SXERP )(

Es gilt:

0RP der Akteur ist risikoavers

0RP der Akteur ist risikoneutral

0RP der Akteur ist risikofreudig

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Beispiele:

Beispiel 1: Ein risikoaverser Akteur mit der Nutzenfunktion: XXU 3)( k kX kp kk pX )( kXU kk pXU )(

1 200 0,5 100 42,4 21,2

2 0 0,5 0 0 0

100)( XE 2,21])[( XUE Wegen der Nutzenfunktion XXU 3)( gilt 30)(3)]([ XEXEU Folgerung: Es gilt also ])[()]([ XUEXEU , d.h. der Akteur ist risikoavers.

Das gleiche Ergebnis erhält man natürlich über die Ermittlung der Risikoprämie. Wegen

])[(2,213)( XUESSU erhält man 94,49S . Somit ist die Risikoprämie:

094,49100 RP

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Beispiel 2:

Ein risikoneutraler Akteur

Nutzenfunktion: XXU 2)(

k kX kp kk pX )( kXU kk pXU )(

1 200 0,5 100 400 200

2 0 0,5 0 0 0

100)( XE 200])[( XUE

Wegen der Nutzenfunktion XXU 2)( gilt 200)(2)]([ XEXEU

Folgerung:

Es gilt also ])[()]([ XUEXEU , d.h. der Akteur ist risikoneutral.

Page 51: BWL für Nichtökonomen 2012

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Beispiel 3: Ein risikofreudiger Akteur Nutzenfunktion: 201,0)( XXU k kX kp kk pX )( kXU kk pXU )(

1 200 0,5 100 400 200

2 0 0,5 0 0 0

100)( XE 200])[( XUE

Wegen der Nutzenfunktion 201,0)( XXU gilt 100)(01,0)]([ 2 XEXEU

Folgerung:

Es gilt also ])[()]([ XUEXEU , d.h. der Akteur ist risikofreudig.

Ende Exkurs Risikoneigungen

Page 52: BWL für Nichtökonomen 2012

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Typische Annahme:

Üblicherweise wird in der Ökonomie angenommen, dass Akteure risikoavers sind.

Um den Umgang mit Risiken bei der Analyse zu vereinfachen, werden oft ganz bestimmte

Nutzenfunktionen angenommen. Da ferner unterstellt wird, dass Menschen versuchen, ihren

erwarteten Nutzen zu maximieren, benötigt man letztlich nur die

Erwartungsnutzenfunktionen.

Typische Erwartungsnutzenfunktion: 2)()( crXEUE

Hierbei bezeichnet E(X) den Erwartungswert der Zufallsvariable X, 2 bezeichnet die

Varianz dieser Zufallsvariable, c eine positive Konstante und r bezeichnet den Grad der

Risikoaversion.

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Es gilt:

0r : Der Akteur ist risikoavers

0r : Der Akteur ist risikoneutral

0r : Der Akteur ist risikofreudig

Spielt darüber hinaus auch die Arbeitsleistung des Individuums eine Rolle, so wird häufig

angenommen, dass die Arbeitsleistung e individuelle Kosten verursacht, die z.B. durch eine

„Kostenfunktion“ )(eC gemessen werden können. In diesem Fall könnte die

Erwartungsnutzenfunktion z.B. folgendes Aussehen haben:

)()()( 2 eCcrXEUE

(Hinweis: Von dieser Art von Erwartungsnutzenfunktion wird z.B. im Abschnitt 7.2.

Gebrauch gemacht)

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3. Optimale Entscheidungen in der Betriebswirtschaftslehre

3.1. Dominanz und Effizienz

Definition:

Eine Alternative (Handlungsalternative) A dominiert eine andere Alternative B, wenn A

hinsichtlich aller Kriterien nicht schlechter beurteilt wird als B, hinsichtlich mindestens eines

Kriteriums aber für besser gehalten wird.

Ergänzung:

Wenn A die Alternative B dominiert, wird A auch als dominierende und B als dominierte

Alternative bezeichnet.

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Definition:

Eine Alternative A ist effizient, wenn es keine andere Alternative gibt, die hinsichtlich aller

Beurteilungskriterien nicht schlechter und hinsichtlich mindestens eines Kriteriums besser ist

als A.

Alternative Definition:

Eine Alternative A ist effizient, wenn sie von keiner anderen Alternative dominiert wird.

Thesen:

Wenn es eine Alternative A gibt, die alle anderen Alternativen dominiert, dann wird diese

Alternaive gewählt, unabhängig von der Nutzenfunktion des Akteurs.

Jedes Individuum wählt unabhängig von seiner Nutzenfunktion grundsätzlich nur unter den

effizienten Alternativen.

Page 56: BWL für Nichtökonomen 2012

56

3.2. Entscheidungen in Einpersonensituationen

Entscheidungen in Einpersonensituationen sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Akteur

allein Entscheidungen trifft, deren Ausgang nicht davon abhängt, was andere Akteure tun.

Lediglich der Zufall kann eine Rolle spielen.

Beispiel 1:

Ein Akteur kann sich zwischen den Alternativen A und B entscheiden.

Zustände

Alternative 1 )1,0( 1 p 2 )2,0( 1 p 3 )5,0( 1 p 4 )2,0( 1 p

A 20 70 40 200

B 20 60 0 200

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57

Anmerkung:

Werte in der Tabelle geben die verfügbare Menge eines Gutes X an.

Lösung:

Jeder Akteur würde die Alternative A wählen, da diese die Alternative B dominiert. Denn A

ist in jedem Zustand mindestens genau so gut wie B und in mindestens einem Zustand (hier

sogar in den zwei Zuständen 2 und 3) besser als B.

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58

Beispiel 2:

Ein Akteur kann sich zwischen den Alternativen A, B, C und D entscheiden.

Zustände

Alternative 1 )1,0( 1 p 2 )2,0( 1 p 3 )5,0( 1 p 4 )2,0( 1 p

A 20 70 40 200

B 20 60 0 200

C 30 50 90 70

D 10 40 80 60

Lösung:

Die Alternative B wird von A dominiert. B kann daher gestrichen werden. Alternative D

wird von C dominiert. D kann ebenfalls gestrichen werden.

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59

Es verbleibt folgendes Entscheidungsproblem:

Zustände

Alternative 1 )1,0( 1 p 2 )2,0( 1 p 3 )5,0( 1 p 4 )2,0( 1 p

A 20 70 40 200

C 30 50 90 70

Lösung:

Keine dieser Alternativen dominiert die andere.

Also:

Beide Alternativen sind effizient.

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60

Frage:

Welche Alternative wird der Akteur nun wählen?

Antwort:

Das kommt auf seine Nutzenfunktion bzw. seine Erwartungsnutzenfunktion an!

Annahme:

Der Akteur hat die Erwartungsnutzenfunktion 22 01,0)()];([ XEXUE

Dann ergibt sich für Alternative A:

762,02005,0402,0701,020)( XE

40442,0)76200(5,0)7640(

2,0)7670(1,0)7620(22

222

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61

Somit hat die Erwartungsnutzenfunktion einen Wert von

56,35404401,07601,0)()];([ 22

XEXUE

Für Alternative C ergibt sich hingegen:

722,0705,0902,0501,030)( XE

4362,0)7270(5,0)7290(

2,0)7250(1,0)7230(22

222

Somit hat die Erwartungsnutzenfunktion einen Wert von

Page 62: BWL für Nichtökonomen 2012

62

64,6743601,07201,0)()];([ 22

XEXUE

Folgerung:

Ein Akteur mit der Erwartungsnutzenfunktion 22 01,0)()];([ XEXUE würde die

Alternative C wählen.

3.3. Entscheidungen in Mehrpersonensituationen

Entscheidungen in Mehrpersonensituationen sind dadurch gekennzeichnet, dass mehrere

Akteure gleichzeitig oder nacheinander Entscheidungen treffen. Für jeden Akteur hängt der

Ausgang seiner Entscheidung davon ab, was alle Akteure entschieden haben. Zusätzlich

kann der Ausgang noch vom Zufall beeinflusst werden.

Page 63: BWL für Nichtökonomen 2012

63

These:

Wenn die Akteure bindende Verträge miteinander schließen können, werden sie die

Entscheidungsalternativen wählen, die zu dem größten gemeinsamen Ergebnis führen. Sie

müssen dann lediglich über die Aufteilung des Gesamtergebnisses verhandeln.

Interessante Frage:

Was sollten die Akteure tun, wenn sie keine bindenden Verträge schließen können?

Antwort:

Sie werden sich so verhalten, dass ihr Verhalten ein sog. Gleichgewicht (auch: Nash-

Gleichgewicht) bildet.

Page 64: BWL für Nichtökonomen 2012

64

Definition:

Eine Strategie ist eine (bedingte) Handlungsanweisung für den Akteur, die ihm sagt, was er

in jeder möglichen Situation, in die er kommen könnte, tun soll.

Definition:

Eine Strategiekombination ist eine Menge von Strategien, die für jeden Akteur dessen

Strategie enthält. Bei 2 Akteuren mit jeweils 2 Strategien existieren also bspw. 4

verschiedene Strategiekombinationen.

Definition:

Ein Gleichgewicht ist eine Strategiekombination, in der sich kein Akteur individuell durch

die Wahl einer anderen Strategie besser stellen kann, wenn alle anderen Akteure bei ihren

Strategien bleiben.

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65

These:

In Mehrpersonenentscheidungssituationen ist die Wahl von Strategiekombinationen optimal,

die ein Gleichgewicht bilden.

3.3.1. Das Gleichgewicht dominanter Strategien

Definition:

Eine dominante Strategie ist eine Handlungsanweisung, die für den Akteur immer das beste

Ergebnis bringt, unabhängig davon, was die anderen Akteure tun.

These:

Wenn ein Akteur eine dominante Strategie besitzt, dann sollte er diese Strategie wählen.

Page 66: BWL für Nichtökonomen 2012

66

Beispiel:

Das Gefangenendilemma

Situation:

Zwei Verdächtige A und B werden von der Polizei verhört. Sie können ein schweres

Verbrechen leugnen oder gestehen. Wenn beide leugnen, dann werden sie für ein

minderschweres Vergehen jeweils ein Jahr eingesperrt. Wenn beide gestehen, werden sie für

das schwere Verbrechen 8 Jahre ins Gefängnis gehen. Wenn nur einer gesteht, kann er die

Kronzeugenregelung in Anspruch nehmen und wird sofort entlassen. Der Andere muss dann

für 10 Jahre ins Gefängnis.

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67

Die Anzahl der Jahre im Gefängnis in Abhängigkeit von den Strategien ist der folgenden

Tabelle zu entnehmen, wobei die jeweils erste Zahl die Anzahl der Jahre im Gefängnis für

den Verdächtigen A angibt:

B

A Gestehen Leugnen

Gestehen -8; -8 0; -10

Leugnen -10; 0 -1; -1

Lösung:

Für den Verdächtigen A ist es immer besser, zu gestehen. Er sitzt dann 8 oder 0 Jahre im

Gefängnis. Würde er leugnen, säße er 10 oder 1 Jahr im Gefängnis.

Für den Verdächtigen B gilt das analog.

Page 68: BWL für Nichtökonomen 2012

68

Folge:

Beide werden gestehen!

Die Strategiekombination (Gestehen; Gestehen) bildet ein Gleichgewicht dominanter

Strategien.

Page 69: BWL für Nichtökonomen 2012

69

3.3.2. Das Nash-Gleichgewicht

Problem:

In vielen Situationen haben die Akteure keine dominanten Strategien.

Frage:

Was sollten die Akteure tun, wenn sie keine dominanten Strategien besitzen?

Antwort:

Sie sollten ihre sog. „besten Antworten“ wählen!

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70

Definition:

Eine beste Antwort iA ist eine Strategie des Spielers A auf eine gegebene Strategie jB des

Spielers B, wenn iA unter der Voraussetzung jB für den Spieler A das beste Ergebnis

erbringt.

Eine Strategiekombination ist ein Nash-Gleichgewicht, wenn die Strategien aller Akteure

gleichzeitig jeweils beste Antworten aufeinander sind.

Beispiel:

1B 2B

1A 2; 3 6; 8

2A 7; 5 4; 6

3A 3; 6 5; 3

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71

Folgerungen:

Kein Spieler besitzt eine dominante Strategie.

Die Strategiekombination );( 21 BA bildet ein Nash-Gleichgewicht. Wenn die Akteure diese

Strategiekombination wählen würden, würde keiner von beiden individuell nachträglich

etwas anderes wählen wollen!

Anmerkungen:

Viele Probleme wurden bisher ausgeklammert:

Was passiert, wenn die Akteure nacheinander ihre Strategien auswählen?

Was passiert, wenn kein Nash-Gleichgewicht in der obigen Form existiert?

....

Bei Interesse:

Hauptstudiumsvorlesungen in „Spieltheorie“

Page 72: BWL für Nichtökonomen 2012

72

4. Kooperationsvorteile

These:

In vielen Situationen können Akteure ihre individuelle Situation durch Kooperation mit

anderen verbessern.

Frage:

Unter welchen Bedingungen kooperieren Menschen (freiwillig)?

Antwort:

Sie kooperieren immer dann, wenn sich die Kooperationen für mindestens einen

Kooperationspartner „lohnt“ und kein Kooperationspartner schlechter gestellt wird.

Page 73: BWL für Nichtökonomen 2012

73

Frage:

Worin könnten die Vorteile der Kooperation begründet sein?

Ursachen für Kooperationsvorteile:

a) unterschiedliche Güterausstattungen (bzw. Faktorausstattungen)

b) unterschiedliche Produktionstechniken

c) Risikoteilung

d) Teamproduktion

Page 74: BWL für Nichtökonomen 2012

74

4.1. Unterschiedliche Güterausstattungen

Annahmen:

Güterverbrauch (Konsum) stiftet Nutzen

Mehr Konsum stiftet mehr Nutzen

Zusatznutzen jeder weiteren konsumierten Gütereinheit nimmt ab

Beispiel:

Nutzenfunktion U X Xi iA iB

U = Nutzen

i = Index zur Bezeichnung des Individuums

X = Menge

A, B = Indizes zur Bezeichnung der Güter A und B

Page 75: BWL für Nichtökonomen 2012

75

Typischer Verlauf einer Nutzenfunktion

0

10

20

30

40

500 20 40 60 80 100

120

140

160

180

Konsumierte Menge XiA

Nut

zen

U

In der Graphik: U X X Xi iA iB iA 10

Für die graphische Darstellung: Menge von B konstant gehalten (10 Einheiten)

Page 76: BWL für Nichtökonomen 2012

76

Anfängliche Güterausstattungen der Individuen:

Individuum

Gut 1 2 gesamt

A 80 50 130

B 30 60 90

Nutzen1 48,99 54,77 103,76

1 Annahme: Beide Individuen haben die oben beschriebene Nutzenfunktion.

Page 77: BWL für Nichtökonomen 2012

77

Güterausstattungen der Individuen nach Tausch z.B.:

Individuum

Gut 1 2 gesamt

A 50 80 130

B 50 40 90

Nutzen 50 56,57 106,57

Fazit: Tausch kann das Nutzenniveau beider Individuen steigern!

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78

4.2. Unterschiedliche Produktionstechniken

4.2.1. Absolute Kostenvorteile

Beispiel:

Beide Individuen besitzen eine vorgegebene Menge Qi (=40) eines Produktionsfaktors, der

zu den Produkten A und B verarbeitet werden kann. Die Verbrauchsmengen seien:

Individuum

Gut 1 2

A 2 1

B 1 2

Page 79: BWL für Nichtökonomen 2012

79

Ohne Abstimmung der Produktion und ohne Tausch maximieren die Individuen ihren

Nutzen unter der Nebenbedingung, dass sie jeweils nicht mehr als 40 Einheiten ihres

Produktionsfaktors verbrauchen.

Für Individuum 1 ergibt sich formal also das Problem:

X XA B X XA B1 1

1 1

max !,

Nebenbedingung:

2 401 1X XA B

Page 80: BWL für Nichtökonomen 2012

80

Die Maximierung beider Individuen ergibt Produktionsmengen (=konsumierbare Mengen)

und Nutzen gemäß:

Individuum

Gut 1 2 gesamt

A 10 20 30

B 20 10 30

Nutzen 14,14 14,14 28,28

Page 81: BWL für Nichtökonomen 2012

81

Wenn die Individuen die Produktion abstimmen und anschließend tauschen, ist z.B. folgende

Situation möglich:

Individuum

Gut 1 2 gesamt

A 20 20 40

B 20 20 40

Nutzen 20 20 40

Fazit: Abgestimmte Produktion kann das Nutzenniveau beider Individuen steigern!

Page 82: BWL für Nichtökonomen 2012

82

4.2.2. Komparative Kostenvorteile

Beispiel:

Beide Individuen besitzen eine vorgegebene Menge Qi (=40) eines Produktionsfaktors, der

zu den Produkten A und B verarbeitet werden kann. Die Verbrauchsmengen seien nun aber:

Individuum

Gut 1 2

A 2 10

B 1 2

Page 83: BWL für Nichtökonomen 2012

83

Anmerkung:

Im Vergleich zum Fall mit absoluten Kostenvorteilen liegt hier der Fall vor, dass das

Individuum 2 beide Güter nur „teurer“, d.h. mit mehr Verbrauch, produzieren kann. Das

Individuum 2 hat aber sog. komparative Kostenvorteile beim Gut B: Um eine Mengeneinheit

des Gutes B zu produzieren, muss es nur auf 0,2 Mengeneinheiten des Gutes A verzichten.

Wenn Individuum 1 hingegen eine Mengeneinheit des Gutes B mehr produzieren wollte,

müsste es auf 0,5 Mengeneinheiten des Gutes A verzichten.

Ohne Abstimmung der Produktion und ohne Tausch maximieren die Individuen ihren

Nutzen unter der Nebenbedingung, dass sie jeweils nicht mehr als 40 Einheiten ihres

Produktionsfaktors verbrauchen.

Page 84: BWL für Nichtökonomen 2012

84

Für Individuum 1 ergibt sich formal also das Problem:

X XA B X XA B

1 11 1

max !,

Nebenbedingung:

2 401 1X XA B

Die Maximierung beider Individuen ergibt Produktionsmengen (=konsumierbare Mengen)

und Nutzen gemäß:

Individuum

Gut 1 2 gesamt

A 10 2 12

B 20 10 30

Nutzen 14,14 4,47 18,61

Page 85: BWL für Nichtökonomen 2012

85

Wenn die Individuen die Produktion abstimmen und anschließend tauschen, sind zwei Fälle

denkbar:

1. Fall:

Individuum 2 produziert gar nicht mehr. Es überträgt seine Faktorausstattung komplett an

Individuum 2 und erhält im Tausch dafür nach der Produktion die fertigen Güter A und B.

Es ist dann z.B. folgende Situation möglich:

Individuum

Gut 1 2 gesamt

A 10 10 20

B 20 20 40

Nutzen 14,14 14,14 28,28

Page 86: BWL für Nichtökonomen 2012

86

2. Fall:

Die Faktorausstattung kann nicht übertragen werden (z.B. kann ein Mensch nicht seine

Arbeitsleistung auf einen anderen übertragen und in der Zwischenzeit schlafen gehen!)

Folge:

Es ist wieder abgestimmte Produktion und Tausch notwendig.

Wenn jedes Individuum nur jeweils dasjenige Gut herstellt, bei dem es komparative

Kostenvorteile hat, dann kann Individuum 1 20 Mengeneinheiten des Gutes A und

Individuum 2 20 Mengeneinheiten des Gutes B herstellen.

Page 87: BWL für Nichtökonomen 2012

87

Sie könnten dann z.B. folgende Aufteilung wählen:

Individuum

Gut 1 2 gesamt

A 15 5 20

B 15 5 20

Nutzen 15 5 20

Fazit: Bei komparativen Kostenvorteilen kann die abgestimmte Produktion das

Nutzenniveau beider Individuen steigern, auch wenn die eigentlich optimale

Faktorübertragung nicht möglich ist!

Page 88: BWL für Nichtökonomen 2012

88

4.2.3. Kostenvorteile durch Spezialisierung

„Erfahrungskurveneffekt“: Die Stückkosten sinken mit der kumulierten Produktionsmenge.

Erfahrungskurveneffekt

020406080

100120

0 50 100 150 200 250 300 350

Kumulierte Produktionsmenge

Stüc

kkos

ten

Page 89: BWL für Nichtökonomen 2012

89

Die Verbrauchsmengen könnten für beide Individuen z.B. gegeben sein als:

Individuum

Gut 1 2

A 60/(60 + XA) 60/(60 + XA)

B 80/(40 + XB) 80/(40 + XB)

Ohne Abstimmung lautet das Maximierungsproblem für Individuum 1:

X XA B X XA B1 1

1 1

max !,

Nebenbedingung: 60

6080

4040

11

11( ) ( )

X

XX

XA

AB

B

Page 90: BWL für Nichtökonomen 2012

90

Als Lösung ergibt sich

Individuum

Gut 1 2 gesamt

A 34,79 34,79 69,58

B 11,60 11,60 23,2

Nutzen 20,08 20,08 40,18

Page 91: BWL für Nichtökonomen 2012

91

Bei abgestimmter Produktion produziert einer nur Produkt A, der andere nur Produkt B.

Daraus folgen Gesamtmengen in Höhe von X A 120 und XB 40. Nach Tausch ist z.B.

möglich:

Individuum

Gut 1 2 gesamt

A 60 60 120

B 20 20 40

Nutzen 34,64 34,64 69,28

Page 92: BWL für Nichtökonomen 2012

92

4.3. Risikoteilung

Risiko(umver)teilung kann dann zu einem Kooperationsvorteil führen, wenn Individuen

unterschiedliche Risikoneigungen haben oder unterschiedlichen Risiken ausgesetzt sind.

Definitionen:

ijX = (künftige) Konsummöglichkeit des Individuums i, falls der Um-

weltzustand j eintreten sollte

jp = Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Umweltzustandes j

n = Anzahl möglicher Umweltzustände

Page 93: BWL für Nichtökonomen 2012

93

Beispiel:

Erwartungsnutzenfunktionen beider Individuen identisch: 21,0)()( iii XEUE

Situation ohne Risikoteilung:

Umweltzustand

Indivi-

duum

1

5,01 p 2

5,02 p

)( iXE i2 Ui

1 15 25 20 25 17,5

2 20 20 20 0 20

gesamt 35 45 40 25 37,5

Page 94: BWL für Nichtökonomen 2012

94

Situation mit Risikoteilung z.B.:

Individuum 2 verspricht Individuum 1 eine Zahlung (gemessen in Konsumeinheiten) in

Höhe von 5, falls Umweltzustand 1 eintritt und eine Zahlung von 0, falls Umweltzustand 2

eintritt. Dafür verlangt er vorab eine Zahlung von 3,5 (Versicherungsprämie!). Neue

Situation:

Umweltzustand

Indivi-

duum

1

5,01 p 2

5,02 p

)( iXE i2 Ui

1 16,5 21,5 19 6,25 18,375

2 18,5 23,5 21 6,25 20,375

gesamt 35 45 40 12,5 38,75

Fazit: Risikoumverteilung kann zu Nutzensteigerung für beide Individuen führen!

Page 95: BWL für Nichtökonomen 2012

95

4.4. Teamproduktion

Gemeinsame Arbeit kann den Nutzen erhöhen, wenn sich die Arbeitseinsätze gegenseitig

ergänzen.

Ausgangssituation:

Zwei Individuen 1 und 2 können jeweils maximal 100 Stunden arbeiten. Sie produzieren mit

ihrem Arbeitseinsatz ie das Gut X. Jeder von beiden kann maximal 50ie Arbeitseinheiten

(z.B. Arbeitsstunden) aufbringen.

Arbeitet jeder allein, so lautet die Produktionsfunktion jeweils:

ii eeX 2)(

Page 96: BWL für Nichtökonomen 2012

96

Arbeiten beide gemeinsam, so lautet die Produktionsfunktion:

212121 22),( eeeeeeX

Wenn beide mit dem maximalen Arbeitseinsatz arbeiten, dann können sie allein jeweils

1002)( ii eeX Mengeneinheiten des Gutes produzieren, zusammen also 200

Mengeneinheiten.

Arbeiten sie gemeinsam, so können sie maximal 25022),( 212121 eeeeeeX

Mengeneinheiten produzieren.

Die gemeinsame Produktion ermöglicht also einen Kooperationsvorteil!

Page 97: BWL für Nichtökonomen 2012

97

4.5. Fazit

Bisherige Schlussfolgerung:

Kooperation kann sich lohnen.

Voraussetzung:

Um Kooperationsvorteile zu erreichen, müssen die Akteure tauschen und/oder sie müssen

sonstige Aktivitäten aufeinander abstimmen (man sagt auch: sie müssen sich koordinieren).

Page 98: BWL für Nichtökonomen 2012

98

Frage also:

Wie soll die Koordination erreicht werden?

Probleme dabei:

In welchem Verhältnis sollten sie die verschiedenen Güter gegeneinander tauschen?

Was passiert, wenn es sehr „teuer“ ist, einen Kooperationspartner zu finden?

Was passiert, wenn der Wert eines Gutes vor dem Tausch nicht genau festgestellt werden

kann?

Page 99: BWL für Nichtökonomen 2012

99

5. Koordination über Märkte

Ausgangslage:

Kooperation kann Vorteile erbringen.

Problem:

Die Aktivitäten (z.B. Produktionsentscheidungen) müssen aufeinander abgestimmt werden

und das Austauschverhältnis der Güter untereinander muss festgelegt werden.

Vor allem die Festlegung des Austauschverhältnisses ist dabei besonders konfliktträchtig,

wie oben bereits gezeigt wurde.

Frage:

Wie kann dieser Konflikt entschärft werden?

Page 100: BWL für Nichtökonomen 2012

100

Antwort:

Das kommt darauf an, welche Ausweichmöglichkeiten auf andere Kooperationspartner die

Individuen haben.

A) Keine Ausweichmöglichkeiten

Die Individuen sind gegenseitig aufeinander angewiesen. Dadurch sind sie gezwungen, eine

Lösung des Verteilungskonfliktes individuell auszuhandeln. (Es wird im Folgenden davon

ausgegangen, dass das Verhandlungsergebnis verbindlich ist und nicht einseitig

aufgekündigt werden kann)

Hilfreich:

In dieser Situation wäre es hilfreich, wenn die Individuen verbindliche Verhandlungsregeln

vereinbaren würden, deren Befolgung die Aufteilung dann regelt.

Page 101: BWL für Nichtökonomen 2012

101

Mögliche Verhandlungsregeln:

A1) Die egalitäre Lösung

Gemäß der egalitären Lösung soll die Aufteilung so erfolgen, dass jeder Akteur den gleichen

Nutzenzuwachs erzielt.

Beispiel:

Rockefeller und ein Bettler sollen 1000$ unter sich aufteilen. Beide haben die

Nutzenfunktion XxU )( , wobei X das jeweilige Anfangsvermögen der Akteure darstellt.

Es sei y der Geldbetrag, den Rockefeller erhält und somit 1000-y der Geldbetrag, den der

Bettler erhält. Man nehme an, Rockefeller besitze ein Anfangsvermögen von 900 Mio. $ und

der Bettler ein Anfangsvermögen von 144 $.

Page 102: BWL für Nichtökonomen 2012

102

Frage:

Wer bekommt gemäß der egalitären Lösung wie viel von den 1000$?

Lösungsansatz:

Nutzenzuwachs Rockefeller = Nutzenzuwachs Bettler

144)1000(144000.000.900000.000.900 yy

Die numerische Lösung ergibt 60,999y , d.h. Rockefeller bekommt 999,60 $ und der

Bettler 40 Cent!

A2) Die utilitaristische Lösung

Gemäß der utilitaristischen Lösung soll das Geld so aufgeteilt werden, dass die Summe der

Nutzen maximiert wird.

Page 103: BWL für Nichtökonomen 2012

103

Für das Rockefellerbeispiel ergibt sich:

yyy max!)1000(144000.000.900

Nebenbedinung: 10000 y

Die Nebenbedingung stellt sicher, dass nichts von dem Ausgangsvermögen umverteilt wird.

Die Lösung lautet hier: 0y , d.h. Rockefeller bekommt nichts, der Bettler die vollen 1000$!

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104

A3) Axiomatische Lösungen

Axiomatische Lösungen gehen von „Vernunftsprinzipien“ aus und leiten aus diesen eine

Lösung her. Die bekannteste ist die Lösung von Nash. Danach wird der folgende Ausdruck

maximiert:

max!))(( 2211 UUUU

Nebenbedingungen:

11 UU

22 UU

21,UU zulässig

Hierbei bezeichnet iU einen Mindestnutzen, den der Verhandlungspartner i auch ohne den

anderen Verhandlungspartner erreichen kann.

Page 105: BWL für Nichtökonomen 2012

105

Im Rockefeller-Beispiel:

!max144)1000(144000.000.900000.000.900y

yy

Die Lösung lautet hier y=571,20, d.h. Rockefeller erhält 571,20$ und der Bettler erhält

428,80$!

A4) Zwischenfazit

Wenn keine Ausweichmöglichkeiten bestehen, dann ist es zweckmäßig, sich auf

Verhandlungsregeln zu einigen.

Page 106: BWL für Nichtökonomen 2012

106

Aber:

Tatsächlich können Verteilungskonflikte mit den oben beschriebenen Regeln häufig nicht

gelöst werden. Der Streit verlagert sich nur auf das Auffinden der akzeptierten

Verhandlungsregeln. Ein weiteres Problem besteht darin, dass zum Auffinden der Lösungen

die Nutzenfunktionen bekannt sein müssen. Da diese aber einen Einfluss auf die Lösung

haben, haben die Akteure einen Anreiz, bezüglich ihrer Nutzenfunktionen zu lügen!

B) (Fast) Unbegrenzte Ausweichmöglichkeiten

Wenn jeweils sehr viele Akteure als Tauschpartner zur Verfügung stehen, dann kann jeder

Akteur versuchen, auf einen anderen Tauschpartner auszuweichen, der bessere

Tauschbedingungen bietet. Es kommt also zu Konkurrenz unter den Tauschpartnern. In

diesem Fall kann die Koordination über „Märkte“ erfolgen. Es gibt für die einzelnen

Marktteilnehmer in dieser Situation auch keinen Anreiz und keine sinnvolle Möglichkeit

mehr, seine Nutzenfunktion falsch darzustellen.

Page 107: BWL für Nichtökonomen 2012

107

Diese Koordination über Märkte soll im Folgenden vertieft dargestellt werden.

Komponenten von Märkten:

Unternehmen, d.h. Akteure, die die Güter produzieren

Haushalte, d.h. Akteure, die die Güter konsumieren möchten

Preismechanismus, d.h. Regel, nach der das Austauschverhältnis der Güter bestimmt

wird.

Page 108: BWL für Nichtökonomen 2012

108

Zielsetzungen der Akteure:

Unternehmen maximieren Gewinne

Haushalte maximieren Nutzen

Bezeichnungen:

xi Menge des Gutes i

pi Preis des Gutes i C xj ij( ) Kosten des Unternehmens j, wenn es die Menge xi produziert. G x p Cj ij i j( ; ; ) Gewinnfunktion des Unternehmens j. Vereinfachende Annahme: Jedes

Unternehmen produziert nur ein Gut.

U x xk n( ,..., )1 Nutzenfunktion des Haushaltes k

Bk Budgetrestriktion des Haushaltes k

Page 109: BWL für Nichtökonomen 2012

109

Ausgangslage:

Kein Akteur ist bedeutend genug, um das Marktergebnis, d.h. den Preis, zu beeinflussen.

Alle Akteure passen ihre Entscheidungen an den gegebenen (bzw. erwarteten) Marktpreis

an, handeln also als sog. „Mengenanpasser“.

Page 110: BWL für Nichtökonomen 2012

110

5.1. Unternehmen

Die Zielfunktionen der Unternehmen lauten:

G x p C xj ij i j

ij( , , ) max

Beispiel: pC x

i

j ij

100 2 2,

Folgerung: G x xj ij ij 10 0 2 2,

Page 111: BWL für Nichtökonomen 2012

111

Gewinnmaximierung führt zu der Bedingung: dGdx xj

ijij 10 0 4 0,

Bei einem Preis von pi 10 beträgt die optimale Produktionsmenge also:

xij* 25

Bei dieser Produktionsmenge haben die Grenzkosten einen Wert von

dCdx

j

ij xij

0 4 25 10,

Die Grenzkosten stimmen also mit dem Preis überein. Dies gilt allgemein für das optimale

Angebot aller Unternehmen:

Page 112: BWL für Nichtökonomen 2012

112

Sie bieten immer diejenige Menge an, bei der die Grenzkosten dem Preis entsprechen!

Wegen der Kostenfunktion 22,0 ijj xC lautet die Grenzkostenfunktion:

ijij

j xdxdC

4,0

Da die Grenzkosten bei optimaler Angebotsmenge gleich dem Preis ist, muss für jedes

Unternehmen also gelten:

iijij

j pxdxdC

4,0

Page 113: BWL für Nichtökonomen 2012

113

Auflösen nach der optimalen Angebotsmenge des Unternehmens j in Abhängigkeit vom

Preis ergibt:

x pij i

* , 2 5

Mit steigendem Preis kommt es also zu einem höheren Angebot des Unternehmens.

Wenn nun insgesamt J homogene Unternehmen das Produkt xi anbieten, so beträgt das

Gesamtangebot Ai des Produktes i:

A x

pJ p

i ijj

J

ij

J

i

*

,,

1

12 52 5

Page 114: BWL für Nichtökonomen 2012

114

5.2. Haushalte

Haushalte maximieren ihren Nutzen bezüglich der zu erwerbenden Güter xik . Die Nutzen und

Grenznutzen aller Güter sind annahmegemäß positiv.

Folge:

Haushalte möchten unendlich viele Einheiten jedes Gutes erwerben.

Aber:

Jeder Haushalt k sieht sich einer Budgetbeschränkung Bk gegenüber. Diese begrenzt die

Maximalmenge der zu erwerbenden Güter.

Page 115: BWL für Nichtökonomen 2012

115

Beispiel:

Der Nutzen des Haushaltes k hänge von nur zwei Gütern xi, i 1 2, ab. Speziell gelte:

U x xk k k 1 2

Die Preise der Güter betragen p1 10 und p2 20 .

Ferner hat der Haushalt k die Budgetrestriktion Bk 100 zu beachten, d.h. für seine

Konsumausgaben muss gelten p x p x Bk k k1 1 2 2 , bzw.:

10 20 1001 2x xk k

Page 116: BWL für Nichtökonomen 2012

116

Die Zielfunktion des Haushaltes lässt sich demnach beschreiben als:

U x x x xk k kk k

1 21 2max,

Unter der Nebenbedingung:

10 20 1001 2x xk k

Lösung:

Man überlegt sich leicht, dass die Budgetrestriktion voll ausgeschöpft wird. Denn Geld

zurückzuhalten stiftet laut Nutzenfunktion keinen eigenen Nutzen. Die Nichtausschöpfung

der Budgetrestriktion bedeutet aber einen Rückgang des Konsums, mithin eine

Nutzeneinbuße.

Page 117: BWL für Nichtökonomen 2012

117

Folge:

10 20 1001 2x xk k

Diese Gleichung kann man umstellen, um die Konsummenge von Produkt 1 in Abhängigkeit

vom Konsum des Produktes 2 darzustellen:

x xk k1 210 2

Diese Mengenbeziehung kann nun direkt in die Nutzenfunktion eingesetzt werden:

U x xx x

k k k

k k

1 2

2 210 2( )

Page 118: BWL für Nichtökonomen 2012

118

Die Nutzenmaximierung ergibt nun als Bedingung erster Ordnung:

dUdx

xx x

k

k

k

k k2

2

2 2

10 42 10 2

0

( )

Hieraus folgt die optimale Nachfragemenge:

x k2 2 5* ,

Und wegen der Budgetgleichung x xk k1 210 2 ergibt sich:

x xk k1 210 2

5* *

Page 119: BWL für Nichtökonomen 2012

119

Allgemein gilt für die Budgetrestriktion in Abhängigkeit von den Preisen p x p xk k1 1 2 2 100

oder umgeformt:

x ppp xk k1

1

2

12

100

Daraus folgt für die Nutzenfunktion:

U x x

ppp x x

k k k

k k

1 2

1

2

12 2

100

Page 120: BWL für Nichtökonomen 2012

120

Die Maximierung führt somit zu der Bedingung erster Ordnung:

01002

2100

221

2

1

21

2

1

2

kk

k

k

k

xxpp

p

xpp

pdxdU

Diese Bedingung ist genau dann erfüllt, wenn

100 2 0

1

2

12p

pp x k

gilt. Hieraus folgt schließlich die optimale Nachfragemenge:

x pk22

50*

Page 121: BWL für Nichtökonomen 2012

121

Nimmt man an, dass alle Haushalte homogen sind, d.h. die gleiche Nutzenfunktion und

Budgetrestriktion haben, dann ergibt sich bei K Haushalten eine aggregierte

Gesamtnachfrage nach dem Gut 2 in Höhe von

N x

p

K p

kk

K

k

K2 21

21

2

50

50

*

Page 122: BWL für Nichtökonomen 2012

122

5.3. Preismechanismus

Wenn Angebot und Nachfrage so gebildet werden wie in 5.1. und 5.2. beschrieben, dann

existiert ein Preis, bei dem Angebot und Nachfrage gleich hoch sind. In diesem Fall spricht

man vom Marktgleichgewicht. Es werden genau so viele Güter produziert, wie auch

nachgefragt werden.

Im Marktgleichgewicht gilt:

Angebot = Nachfrage, d.h. für alle Güter i gilt: A Ni i .

Page 123: BWL für Nichtökonomen 2012

123

Für die aggregierten Angbots- und Nachfragefunktionen des Gutes 2 ergab sich aus den

vorangehenden Abschnitten:

22 5,2 pJA

22

50p

KN

Bei z.B. J 40 Unternehmen und K 20 000. Haushalten ergeben sich also die

Gesamtangebotsfunktion 222 1005,2 ppJA und die Gesamtnachfragefunktion

222

000.000.150pp

KN .

Page 124: BWL für Nichtökonomen 2012

124

Der Gleichgewichtspreis p2* löst also die Gleichung:

*2

*2

22

000.000.1100p

p

NA

Es ergibt sich daher ein Gleichgewichtspreis in Höhe von:

p2 100*

Eigenschaften des Gleichgewichtes:

Kein Akteur möchte bei den gegebenen Preisen seine Entscheidungen revidieren, d.h. das

Marktgleichgewicht ist ein Nash-Gleichgewicht.

Das Marktergebnis ist Pareto-effizient, d.h. man kann keinen Akteur besser stellen, ohne

einen anderen schlechter zu stellen.

Page 125: BWL für Nichtökonomen 2012

125

Dieses Modell der marktlichen Koordination wird auch als Allgemeine

Gleichgewichtstheorie bezeichnet.

Page 126: BWL für Nichtökonomen 2012

126

5.4. Voraussetzungen der Koordination über Märkte

Frage:

Wann können alle wirtschaftlichen Aktivitäten über Märkte koordiniert werden?

Antwort:

Wenn die folgenden Annahmen erfüllt sind:

Annahme U: Universalität von Märkten!

Für jedes relevante Gut, welches ein Akteur handeln möchte, existiert ein Markt. Auf diesem

Markt herrscht ein Preis, der allen Akteuren bekannt ist. Alle Akteure handeln als

Mengenanpasser.

Page 127: BWL für Nichtökonomen 2012

127

Annahme K: Konvexität!

Sämtliche Nutzenindifferenzkurven der Haushalte und sämtliche Ertragsisoquanten sind

konvex zum Ursprung.

Implikationen:

Annahme U: Alle Handlungen der Akteure werden erfolgsrelevant. Es existieren keine

Transaktionskosten.

Annahme K: Die Produzenten produzieren mit abnehmender Grenzproduktivität bzw. mit

steigenden Grenzkosten. Die Haushalte konsumieren mit abnehmendem Grenznutzen.

Zwischenergebnis:

Gelten die Annahmen U und K, so können alle Aktivitäten über Märkte koordiniert werden.

Sämtliche Kooperationsvorteile können durch diese Koordination gesichert werden.

Page 128: BWL für Nichtökonomen 2012

128

Frage:

Welche Rolle spielen Unternehmen in dieser Betrachtung?

Antwort:

Sie sind reduziert auf „Produktionsfunktionen“!

Folge:

Die Existenz realer Erscheinungsformen von Unternehmen als auf Dauer angelegter

Kooperationsform von Akteuren kann nicht erklärt werden.

In der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie existiert kein Platz für die interne Komplexität

von Unternehmen!

Page 129: BWL für Nichtökonomen 2012

129

Frage also:

Ist BWL überflüssige Disziplin?

Antwort:

Nicht, wenn die Bedingungen der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie zumindest in

Teilbereichen verletzt wären.

Page 130: BWL für Nichtökonomen 2012

130

5.5. Verletzungen der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie

Probleme der AGT:

Bei Verletzung von Annahme U: Für bestimmte „Güter“ existiert kein Markt. In diesem Fall

können evtl. Vorteile aus koordiniertem Verhalten nicht erreicht werden.

Bei Verletzung der Annahme K:

Produzieren die Produzenten mit steigender Grenzproduktivität, so existiert kein

Gleichgewichtspreis.

Page 131: BWL für Nichtökonomen 2012

131

6. Marktfehler

Ausgangslage:

Wenn die Voraussetzungen der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie nicht erfüllt sind, kann

es dazu kommen, dass keine Koordination über Märkte erreicht werden kann.

Zu beachten fünf Punkte:

(a) Gleichgewichte mit den angesprochenen Eigenschaften existieren

nicht immer: MARKTFEHLER bzw. MARKTVERSAGEN

Koordinationsaufgaben können von anderen Agenten übernommen werden (z.B. durch

„Staat“ oder „Unternehmen“)

Page 132: BWL für Nichtökonomen 2012

132

(b) Wenn man weiß, das ein Preissystem p* möglicherweise existiert, dann weiß man noch

nicht, wie es von einer Ökonomie erreicht wird.

Die AGT ist keine gute Prozesstheorie.

Alternative bzw. ergänzende Idee: Unternehmer nützen

Ungleichgewichte am Markt aus, um daran zu verdienen

(ARBITRAGE), sorgen damit aber auch für Effizienz!

Oder: Unternehmer versuchen bestehende Gleichgewichte

zu zerstören (SCHUMPETER -> der Unternehmer als "Revolutionär"),

etwa durch neue Produkte.

Page 133: BWL für Nichtökonomen 2012

133

(c) Das Gesamtbild, das die AGT von der Gesellschaft zeichnet, ist sehr individualistisch:

Wirtschaftseinheiten bestehen aus einer Person bzw. aus einer fiktiven Person

"Innen" geschieht kaum etwas Interessantes.

(d) Kritisch: Info-Annahme

Wie kommen die Wirtschaftseinheiten zu Informationen über Preise und andere Daten?

Kostenlos ?

Page 134: BWL für Nichtökonomen 2012

134

(e) Noch kritischer: Info-Verteilung

Was passiert eigentlich, wenn eine Marktseite etwas weiß, was

die andere Marktseite nicht weiß?

Bsp.: Gebrauchtwagen (AKERLOF)

Bsp.: Ein Unternehmen sucht Facharbeiternachwuchs

(-> dauerhafte Beschäftigung -> aber hohe Ausbildungsinvestitionen)

Bsp.: Nichtbeobachtbarkeiten:

Ein Eigentümer stellt einen Geschäftsführer ein.

Der soll das Unternehmen führen. Aber wie kann man

sicher sein, dass der auch was tut? Er könnte ja auch Golf

spielen und ansonsten einfach Glück haben.

Page 135: BWL für Nichtökonomen 2012

135

Alle fünf Punkte spielen heute eine gewisse Rolle in der BWL.

Wohl wichtigste Diskussion

Punkt (d): Informationsannahme

und Informationskosten

Punkt (e): Info-Verteilung

Page 136: BWL für Nichtökonomen 2012

136

6.1. Informationskosten und Informationsverteilung

Trivial:

Wenn es einzelnen Akteuren nicht bzw. nur zu prohibitiven Kosten möglich ist, die

entscheidungsrelevanten Informationen zu bekommen, dann können sie evtl. nicht am

Marktgeschehen teilnehmen.

Interessantere Frage:

Was passiert, wenn einzelne Akteure besser informiert sind als andere?

Grund:

Falls Informationen nicht kostenlos verfügbar sind, müssen diese beschafft werden.

Page 137: BWL für Nichtökonomen 2012

137

Folge:

Evtl. nicht alle Individuen sind nach Infobeschaffung auf gleichem Infostand, weil sie z.B.

unterschiedliche Informationsbeschaffungskosten haben (Spezialisierungsvorteil!).

Ergebnis also:

Informationsasymmetrie

Wichtige Begriffe:

Beobachtbarkeit: Individuen haben gleiche Informationen.

Verifizierbarkeit: Informationen sind gegenüber Dritten beweisbar.

Page 138: BWL für Nichtökonomen 2012

138

Formen der Informationsasymmetrie:

Verhaltensunsicherheit (Hidden Action): Die Aktivitäten eines Vertragspartners nach

Vertragsabschluss sind nicht beobachtbar (bzw. verifizierbar).

Qualitätsunsicherheit (Hidden characteristics): Qualitätsmerkmale des

„Vertragsgegenstandes“ oder des Vertragspartners sind nicht beobachtbar (bzw.

verifizierbar).

Beispiele:

Arbeitgeber stellt Arbeitnehmer ein, kann anschließend aber nicht beobachten, wie

sorgfältig dieser seine Aufgabe erledigt (Verhaltensunsicherheit)

Krankenversicherer versichert neuen Versicherungsnehmer, kann aber dessen

Gesundheitszustand nicht beurteilen (Qualitätsunsicherheit)

Page 139: BWL für Nichtökonomen 2012

139

Frage:

Zieht der besser Informierte immer Vorteile aus seinem Informationsvorsprung?

Antwort:

Nein! Der schlechter Informierte ist evtl. uninformiert, aber nicht naiv! Er wird nur solche

Kooperationsformen akzeptieren, die ihn vor nachträglicher Ausbeutung schützen.

Beispiel Gebrauchtwagenmarkt:

Annahmen:

Nur Verkäufer kennt wahren Wert seines Wagens.

Käufer kennt nur die Verteilung der wahren Werte, kann einen einzelnen Wagen aber nicht

beurteilen.

Page 140: BWL für Nichtökonomen 2012

140

Qualitätsklasse Wahrer Wert Anz. angebotener Wagen Anteil der Qualitätsklasse

1 12.000 1.000 0,25

2 10.000 1.000 0,25

3 8.000 1.000 0,25

4 6.000 1.000 0,25

Durchschnittlicher Wert aller Wagen: 9.000

9 000 0 25 12 000 0 25 10 000 0 25 8 000 0 25 6 000. , . , . , . , .

Frage:

Was passiert, wenn Käufer nur den durchschnittlichen wahren Wert von 9.000 als Preis

bezahlen wollen?

Page 141: BWL für Nichtökonomen 2012

141

Antwort:

Nur Wagen der Qualitätsklassen 3 und 4 würden zu diesem Preis angeboten.

Dies antizipieren die Käufer (Rationale Erwartung!).

Sie bieten also keine 9.000 für einen Wagen sondern weniger.

Folge:

Schließlich werden nur Wagen der geringsten Qualitätsklasse gehandelt (sog. Adverse

Selektion). Im Bsp.: Nur 25% aller Wagen wechseln den Eigentümer! Bei noch stärkerer

Streuung geht der Anteil der gehandelten Wagen gegen Null, d.h. der Markt bricht

zusammen!

Weiterer Befund:

Die besser informierten Verkäufer profitieren nicht von ihrem überlegenen Wissen! (Hier:

Verkäufer hoher Qualitäten kommen nicht Zug!)

Page 142: BWL für Nichtökonomen 2012

142

Erstes Fazit:

Märkte können bei Informationsasymmetrien versagen!

Folge:

Bei Informationsasymmetrien kann es dazu kommen, dass Kooperationsvorteile nicht über

Märkte gesichert werden können.

Einschränkender Hinweis:

Es wurden bisher keine Mechanismen zur Beseitigung der Informationsasymmetrie

berücksichtigt. Daher: Unzureichende Beschreibung der Realität.

Page 143: BWL für Nichtökonomen 2012

143

Wichtig also:

Suche nach Mechanismen zur Beseitigung der negativen Folgen der

Informationsasymmetrie.

Möglichkeiten:

Einführung von Informations- bzw. Kontrollsystemen:

- Möglichst genau.

- Möglichst kostengünstig

Gestaltung von Vertragsformen:

- Anreizverträglich (d.h. Vertragserfüllung muss auch nach Vertragsabschluss individuell

optimal sein)

Page 144: BWL für Nichtökonomen 2012

144

6.2. Externe Effekte

„Externer Effekt“:

Bestimmte Leistungen werden nicht durch vertragliche Gegenleistungen kompensiert.

Folge:

Private Kosten (Erträge) stimmen nicht mit sozialen Kosten (Erträgen) überein.

Bsp.:

Umweltverschmutzung durch Produktion (negative externe Effekte)

Imkereien (positive externe Effekte)

Page 145: BWL für Nichtökonomen 2012

145

Beispiel:

Rinderbauer (RB): Optimiert bezüglich Herdengröße.

Getreidebauer: Erleidet pro Rind proportionalen Ernteausfall.

Anzahl Rinder Privater Ertrag RB Private Kosten RB Privater Gewinn RB

1 75 30 45

2 145 65 80

3 210 105 105

4 270 150 120

5 325 200 125

6 375 255 120

7 420 315 105

8 460 380 80

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146

Anzahl Rinder Privater Gewinn RB Minderernte Getreidebauer Sozialer Gewinn

1 45 10 35

2 80 20 60

3 105 30 75

4 120 40 80

5 125 50 75

6 120 60 60

7 105 70 35

8 80 80 0

Page 147: BWL für Nichtökonomen 2012

147

Bei individueller Optimierung wählt Rinderbauer zu hohe Herdengröße. Sein privater

zusätzlicher Gewinn aus dem 5. Rind ist 5 während die nicht von ihm zu tragenden sozialen

Kosten 10 betragen.

Erstes Fazit:

Externe Effekte können dazu führen, dass Märkte als Koordinationsinstrument versagen.

Denn der Nutznießer muss bei Vorliegen von externen Effekten keinen Preis für sein

Nutzungsrecht bezahlen.

Aber auch hier:

Externe Effekte müssen in der Regel nicht als unvermeidliches Übel angesehen werden.

Vielmehr werden die Individuen bestrebt sein, die möglichen Wohlfahrtsgewinne durch

Zusatzvereinbarungen zu erreichen.

Page 148: BWL für Nichtökonomen 2012

148

Lösung des Problems:

„Internalisierung“: Zusatzvereinbarungen, durch die externe Kosten oder Erträge dem

Verursacher zugerechnet werden.

Im Beispiel:

Rinderbauer wird vertraglich verpflichtet, den Minderertrag des Getreidebauern zu bezahlen.

Aber:

Sind solche Verträge immer möglich?

Existieren verschiedene Vertragsformen?

Voraussetzung:

Genaue Ausgestaltung der Vertragsmöglichkeiten hängt ab von den Rechten und Pflichten,

die den Individuen durch die Rechtsordnung zugewiesen werden.

Page 149: BWL für Nichtökonomen 2012

149

Zunächst zu klären:

Welche Rechte (sog. Verfügungsrechte) an Gütern können unterschieden werden?

6.3. Verfügungsrechte (Property Rights)

Ausgangslage:

Nicht die Güter selbst stiften nutzen, sondern die Rechte an der Nutzung der Güter!

Frage:

Welche Rechte (sog. Verfügungsrechte) an Gütern können unterschieden werden?

Page 150: BWL für Nichtökonomen 2012

150

Antwort:

Es lassen sich folgende Rechte unterscheiden:

- Recht zum Gebrauch

- Recht zur Aneignung von Erträgen

- Recht der Veränderung

- Recht des Verkaufs

Prinzipiell gilt:

Jedes einzelne Recht kann einen eigenen Wert haben. Die einzelnen Rechte könnten damit

prinzipiell auch einzeln gehandelt werden.

Beispiel:

Ein Mietvertrag kann interpretiert werden als ein Kaufvertrag über das Recht „Gebrauch“.

Das Recht auf Verkauf des Mietgegenstandes verbleibt jedoch beim Vermieter.

Page 151: BWL für Nichtökonomen 2012

151

Die Verfügungsrechte können gebündelt in einer Hand liegen oder auf verschiedene

Personen verteilt sein.

Wichtige Eigenschaften von Verfügungsrechten:

a) Exklusiv oder nicht-exklusiv.

b) Veräußerbar oder nicht veräußerbar.

Zu a)

„Exklusivität“: Verfügungsrechte sind einem Individuum zugeordnet

„Nicht-Exklusivität“: Verfügungsrechte sind mehreren Personen zugeordnet.

Bsp. nicht-exklusiver Verfügungsrechte:

Öffentliche Güter (innere und äußere Sicherheit, nicht schützbare Informationen)

Gemeinschaftseigentum (Offene Handelsgesellschaft)

Page 152: BWL für Nichtökonomen 2012

152

Problem nicht-exklusiver Verfügungsrechte:

Externe Effekte möglich oder zwingend.

Bsp. Innere Sicherheit:

Wenn Polizei zum Schutz der inneren Sicherheit aufgebaut ist, kommt diese allen

Gesellschaftsmitgliedern zugute. Einzelne Individuen können nicht ausgeschlossen werden.

Zu b)

„Veräußerbarkeit“: Verfügungsrecht kann ohne Beschränkungen verkauft werden.

Veräußerbarkeit beeinflusst die Möglichkeit zur Internalisierung von externen Effekten.

Page 153: BWL für Nichtökonomen 2012

153

Bsp. Rinderbauer/Getreidebauer:

Wenn Getreidebauer sein Feld an Rinderbauer verkauft, wird Rinderbauer die sozial

optimale Herdengröße wählen, da er nun die sozialen Kosten der Ernteminderung durch die

Rinder selbst zu tragen hat.

Falls Veräußerbarkeit beschränkt, drohen mögliche Effizienzverluste!

Bsp.:

Gesetzlicher Mieterschutz

Gesetzlicher Kündigungsschutz

Page 154: BWL für Nichtökonomen 2012

154

Falls Verfügungsrechte unbeschränkt handelbar sind, gilt Coase-Theorem:

Ex-ante-Verteilung von Verfügungsrechten ist belanglos für faktische Verteilung der

Verfügungsrechte.

Die faktische Verteilung ist stets effizient.

Durch geeignete Umverteilung von Verfügungsrechten lassen sich externe Effekte

internalisieren.

Begründung:

Falls externe Effekte Ineffizienzen verursachen, können diese durch Umverteilung der

Verfügungsrechte beseitigt werden.

Folge:

Wohlfahrtsgewinn!

Page 155: BWL für Nichtökonomen 2012

155

Daher:

Umverteilung bis alle Ineffizienzen beseitigt sind.

Folgerung:

Effizienz sollte möglichst durch private Verträge sichergestellt werden.

Suche nach geeigneten Verträgen ist wichtige betriebswirtschaftliche Fragestellung.

Einschränkende Voraussetzungen des Coase-Theorems:

Handel und Durchsetzung ohne Transaktionskosten.

Ex-ante-Verteilung ist vollständig spezifiziert.

Handel ist nicht beschränkt.

Keine finanziellen Restriktionen.

Page 156: BWL für Nichtökonomen 2012

156

Erstes Fazit:

Wenn die Übertragung von Verfügungsrechten behindert ist, können Märkte als

Koordinationsinstrument versagen, weil für bestimmte Verfügungsrechte kein Markt

existieren könnte.

Page 157: BWL für Nichtökonomen 2012

157

6.4. Transaktionskosten

Definition:

Eine Transaktion ist die Übertragung eines Verfügungsrechts von einem Akteur auf einen

anderen.

These:

Transaktionen können mit Kosten verbunden sein, die nichts mit dem Wert des übertragenen

Verfügungsrechtes selbst zu tun haben.

Page 158: BWL für Nichtökonomen 2012

158

Beispiele:

Es soll ein Transaktionspartner gefunden werden. Hierfür muss eine teure

Zeitungsannonce aufgegeben werden.

Das übertragene Verfügungsrecht hat nicht den versprochenen Wert. Es muss ein

Anwalt zur Vertragsdurchsetzung eingeschaltet werden.

Arten von Transaktionskosten:

- Anbahnung

- Vereinbarung

- Kontrolle

- Anpassung

- Durchsetzung

Page 159: BWL für Nichtökonomen 2012

159

Gedankenexperiment:

(1) Ausgangslage

Ein einzelner Unternehmer muss laufend Transaktionen durchführen. Dabei erfährt er,

dass die externen TAK, also TAK zwischen rechtlich selbständigen

Wirtschaftseinheiten, hoch sein können.

Dass gilt vor allem dann, wenn er

(a) bestimmte Transaktionen häufig durchführt

(b) große Probleme bei der Qualitätskontrolle hat

(c) wegen Unsicherheit "komplexe" Verträge abschließen muss

(d) spezifische Investitionen tätigen muss

(z.B. Spezialmaschinen anschaffen: „Erpressbarkeit“)

Page 160: BWL für Nichtökonomen 2012

160

(2) Folgerung:

Die Nutzung des Marktes als Koordinationsmechanismus kann teuer werden.

Beispiel:

Ein Unternehmer benötigt dauerhaft 10000 Arbeitskräfte, um Autos zu produzieren. Er

könnte jeden Tag zusammen mit anderen Unternehmern auf den Marktplatz gehen, und den

dort anwesenden Arbeitssuchenden Arbeit anbieten.

Problem:

Extrem hohe Transaktionskosten.

Page 161: BWL für Nichtökonomen 2012

161

Denn:

Was passiert, wenn nicht genügend Arbeitnehmer dort sind?

Was passiert, wenn nicht alle Arbeitnehmer ausreichend qualifiziert sind?

Wie kann überhaupt festgestellt werden, ob ein Arbeitnehmer ausreichend qualifiziert ist?

Erstes Fazit:

Märkte können bei sehr hohen Transaktionskosten versagen!

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162

6.5. Fazit

Märkte können also versagen, wenn:

Informationen teuer und/oder asymmetrisch verteilt sind

Externe Effekte vorliegen

Verfügungsrechte nicht gehandelt werden können

Transaktionen über Märkte sehr teuer sind

Frage:

Besteht eine Möglichkeit, Kooperationsvorteile auch ohne Märkte zu sichern?

Antwort:

Ja, nämlich durch die Schaffung von „komplexen“ Unternehmen.

Page 163: BWL für Nichtökonomen 2012

163

Ausgangslage:

In der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie sind Unternehmen lediglich

Produktionsfunktionen, die ausschließlich wie eine Optimierungsmaschine funktionieren.

Sie handeln wie ein Akteur. Kompliziertere Prozesse im Innenverhältnis von Unternehmen

werden nicht diskutiert.

Im Folgenden:

Unternehmen werden interpretiert als alternative Mechanismen zur Sicherung von

Kooperationsvorteilen bei Marktversagen.

Frage:

Wie müssten derart definierte Unternehmen funktionieren, damit sie erfolgreich

Kooperationsvorteile sichern können?

Page 164: BWL für Nichtökonomen 2012

164

7. Koordination in Unternehmen

Frage:

Wie sieht ein idealtypisches Unternehmen aus?

Antwort:

Ein Unternehmen ist ein freiwilliger Zusammenschluss mehrerer Akteure zur Sicherung von

Kooperationsvorteilen. Sie legen ihre Rechte und Pflichten vertraglich fest. Dabei sind die

Verträge oft langfristiger Natur und bleiben häufig zumindest in Teilbereichen

unspezifiziert. Die Koordination innerhalb des Unternehmens erfolgt nicht über Marktpreise.

Frage:

Wie lässt sich begründen, dass Unternehmen Vorteile bei der Sicherung von

Kooperationsvorteilen haben?

Page 165: BWL für Nichtökonomen 2012

165

Eine mögliche Antwort:

Siehe den folgenden Abschnitt 7.1.

Frage:

Welche neuen Probleme bei der Sicherung von Kooperationsvorteilen treten in Unternehmen

auf und wie können diese gelöst werden?

Eine mögliche Antwort:

Siehe Abschnitt 7.2.

Page 166: BWL für Nichtökonomen 2012

166

7.1. Teamproduktion

These:

Unternehmen sichern Kooperationsvorteile durch die Trennung von ausführenden

Tätigkeiten und Kontrolle.

Beispiel:

Sicherung von effizienter Teamarbeit durch Einschaltung eines Kontrolleurs.

Definition:

„Teamproduktion“: Erhöhung eines Produktionsfaktors erhöht Produktivität der anderen

Faktoren.

Page 167: BWL für Nichtökonomen 2012

167

Bezeichnungen:

ri: eingesetzte Menge des Faktors i

x: Ertrag

Bsp. für Teamproduktion:

x r r 1 2

x r r r r 1 2 1 20 3( ) ,

Formales Kennzeichen der Teamproduktion:

xr

ri

j

0 für i j

Page 168: BWL für Nichtökonomen 2012

168

Mögliche Problemsituation:

Faktormengen können nicht unmittelbar gehandelt werden.

Faktormengen können nicht unmittelbar beobachtet werden.

Einbringung von Faktoren verursacht individuelle Kosten.

Ertrag wird nach vorher festgelegter Regel geteilt.

Bsp.:

Arbeitseinsatz (ri) von Mitglied i eines Arbeitsteams.

Kosten des Faktors: „Arbeitsleid“ ( ri).

Zwei Teammitglieder i = 1,2.

Ertrag: x r r 120 1 20 25( ) , .

Teilungsregel: Jedes Teammitglied erhält die Hälfte des Ertrages.

Page 169: BWL für Nichtökonomen 2012

169

Also:

„Gewinn“ je Teammitglied

G x ri i 0 5,

Wohlfahrtsoptimum = Maximum der Summe der Einzelgewinne:

G G G r r r r 1 2 1 20 25

1 2120( ) ( ),

Bedingungen für Wohlfahrtsoptimum: Gdr1

0 und Gdr2

0

Page 170: BWL für Nichtökonomen 2012

170

Es ergibt sich:

Gdr r r r

12 1 2

0 7530 1 0 ( ) ,

Gdr r r r

21 1 2

0 7530 1 0 ( ) ,

Da beide Gleichungen Null ergeben, kann man sie gleichsetzen:

Gdr r r r r r r G

dr12 1 2

0 751 1 2

0 75

230 1 0 30 1 ( ) ( ), ,

Page 171: BWL für Nichtökonomen 2012

171

Kürzen ergibt unmittelbar:

r r1 2

Setzt man dieses Ergebnis in eine der Ableitungen ein, ergibt sich

Gdr r r r

r r rr r

r

21 1 2

0 75

1 1 10 75

1 11 5

10 5

30 130 130 130 1 0

( )( )( )

,

,

,

,

Page 172: BWL für Nichtökonomen 2012

172

Durch Umstellen erhält man schließlich:

r10 5 30, bzw. r1 900

Damit folgt wegen r r1 2 auch r2 900 .

Einsetzen in Ertragsfunktion ergibt:

x r r

120120 900 9003600

1 20 25

0 25( )( )

,

,

Page 173: BWL für Nichtökonomen 2012

173

Als individuelle Gewinne ergeben sich somit

G x ri i

0 50 5 3600 900900

,,

Frage:

Werden sich die Teammitglieder so verhalten und wirklich 900 Einheiten Arbeit einsetzen?

Antwort:

Nein!

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174

Begründung:

Nachdem die Teilungsregel festgelegt ist, maximiert jedes Teammitglied den eigenen

Gewinn!

G r r r1 1 20 25

10 5 120 , ( ) ,

G r r r2 1 20 25

20 5 120 , ( ) ,

Dies führt zu den individuellen Optimalitätsbedingungen:

Gr r r r1

12 1 2

0 7515 1 0 ( ) ,

Gr r r r2

21 1 2

0 7515 1 0 ( ) ,

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175

Auflösen nach den Arbeitseinsätzen ergibt die sog. Reaktionsfunktionen R:

R1: r r1 23 50625 oder: r r

213

50625

bzw.

R2: r r2 13 50625

Die Funktionen R heißen Reaktionsfunktionen, da sie zum Ausdruck bringen, wie

Teammitglied i auf den Arbeitseinsatz des Teammitglieds j in optimaler Weise reagieren

sollte. Alternative Bezeichnung: „Beste-Antwort-Funktionen“.

Frage:

Welche Arbeitseinsätze werden die Teammitglieder nun tatsächlich wählen?

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Antwort:

Sie werden ihre Arbeitseinsätze so wählen, dass beide Reaktionsfunktionsgleichungen

gleichzeitig erfüllt sind, d.h. der Arbeitseinsatz jedes Teammitgliedes optimal ist für den

Arbeitseinsatz des jeweils anderen Teammitgliedes (Nash-Gleichgewicht).

Lösung hier: Arbeitseinsätze:

r r1 2 225

Ertrag: x r r

120120 225 2251800

1 20,25

0,25( )( )

Gewinne:

G G1 2 675

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177

Reaktionsfunktionen und Nash-Gleichgewicht

0

225

450

0 225

Reaktionsfunktion 1

Reaktionsfunktion 2Nash-Gleichgewicht

Arbeitseinsatz 1

Arbeitseinsatz 2

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178

Folgerung:

Beide Teammitglieder stehen schlechter da, als wenn sie sich verbindlich auf den zuerst

ermittelten Arbeitseinsatz von jeweils ri 900 einigen könnten!

Konsequenz:

Suche nach Mechanismen zur verbindlichen Festlegung des Arbeitseinsatzes sinnvoll!

1. Möglichkeit: Kontrolle

Teammitglieder heuern Kontrolleur an, der die tatsächlichen Arbeitseinsätze überwacht.

Teammitglieder unterwerfen sich vorab der Entscheidung des Kontrolleurs.

Frage:

Was passiert, wenn Kontrolleur festen Betrag für die Durchführung der Kontrolle erhält?

Page 179: BWL für Nichtökonomen 2012

179

Antwort:

Falls Kontrolle selbst nicht beobachtbar: Kontrolleur steckt Vergütung für Kontrolle ein,

kontrolliert aber nicht!

Also: Wer kontrolliert die Kontrolleure?

Alternative:

Kontrolleur erhält nicht fixen Betrag für Kontrolle, sondern gesamten Ertrag.

Teammitglieder erhalten Vergütung vom Kontrolleur.

Zusätzliche Annahme:

Vor Gericht verifizierbare Kontrolle kostet den Kontrolleur 250.

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180

Neue Bezeichnungen:

GK: Gewinn des Kontrolleurs

L1: Lohn für Teammitglied 1

L2: Lohn für Teammitglied 2

Entscheidungsproblem des Kontrolleurs:

Maximiere den Ertrag abzüglich der Lohn- und Kontrollkosten!

Formal:

G r r L LKr r L L

120 2501 20 25

1 21 2 1 2

( ) max !,

, , ,

Aber:

Löhne können nicht beliebig reduziert werden.

Page 181: BWL für Nichtökonomen 2012

181

Teammitglieder akzeptieren Vertrag mit Kontrolleur nur, wenn ihr Gewinn mindestens so

hoch ist wie ohne Kontrolle und ohne Kontrolleur.

Nebenbedingung bei Gewinnmaximierung des Kontrolleurs also:

G L r1 1 1 675

G L r2 2 2 675

Tatsächlich wird Kontrolleur den Lohn so niedrig ansetzen, dass die Gleichheitsrelation

erfüllt ist! (Warum?)

Lösung:

L L1 2 1575 r r1 2 900 G G1 2 675

x 3600 Gk 200

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182

Lösungsweg: Hausaufgabe!

Interpretation/Fazit:

Teammitglieder ordnen sich einem Kontrolleur unter, ohne ihre Situation zu

verschlechtern.

Kontrolleur ist Inhaber des Residualanspruchs.

Entspricht: Unternehmen!!!

2. Möglichkeit: Anreizverträge

Was passiert, wenn sich beide Teammitglieder auf folgenden Entlohnungsvertrag einigen?

Lxxi

1800 36000 3600

wennwenn

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183

Inhaltlich:

Wenn Ertrag groß genug ist, erhält jedes Teammitglied die Vergütung 1800, andernfalls

wird der Ertrag vernichtet (bzw. verschenkt) und es wird kein Lohn gezahlt.

Frage:

Funktioniert dieser Vertrag?

Antwort:

Nein!

Begründung:

Wenn die Teammitglieder nach Einbringung ihrer Arbeitsleistung einen Ertrag unterhalb von

3600 feststellen, ist es im Nachhinein nicht mehr rational, den dann geringeren Ertrag auch

noch zu vernichten!

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184

Wiederum notwendig:

Dritte Partei, die das Recht erhält, sich den Ertrag anzueignen. (Hier: falls

Optimalitätsbedingung x = 3600 verletzt ist)

Vergleich der Möglichkeiten 1 und 2:

Anreizvertrag im gewählten Beispiel besser, da keine (Kontroll-) Kosten anfallen!

Aber:

Nicht immer sind Anreizverträge besser als Kontrollverfahren!

(später mehr dazu)

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185

7.2. Das Delegationsproblem

Ausgangsfrage:

Welche Probleme stellen sich in Unternehmen, wenn sie versuchen, Kooperationsvorteile zu

sichern?

Ein wichtiges Detailproblem:

Welche Konsequenzen können sich ergeben, wenn Entscheidungen (Handlungen) delegiert

werden?

Theorie zur Analyse des Delegationsproblems:

Principal-Agent-Theorie (oder kurz: Agencytheorie)

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Agencytheorie analysiert folgende Situation:

Ein Agent (agent) A wählt eine Handlung (a = „action“ oder e = „effort“) aus einer Menge

möglicher Handlungsalternativen.

Durch die Handlung wird ein Handlungsergebnis x bewirkt.

Das Handlungsergebnis x hängt zusätzlich von einem Zufallseinfluss (u oder ) ab, d.h.

x f e u ( , ).

Das Handlungsergebnis x beeinflusst die Wohlfahrt einer zweiten Person P (Prinzipal,

principal).

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Beispiele:

Prinzipal Agent Handlung

Eigentümer Manager Unternehmensführung

Patient Arzt Heilbehandlung

Autobesitzer Automechaniker Reparatur

Studenten Professoren Lehre

Zielsetzung der Agencytheorie:

Bestimmung eines „optimalen“ (Vergütungs-)Vertrages y(x), der für jedes mögliche

Handlungsergebnis x eine Zahlung y(x) des Prinzipals an den Agenten vorsieht.

„Optimal“ ist der Vertrag dann, wenn der Nutzen des Prinzipals maximiert wird.

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7.2.1. Annahmen des Grundmodells der Agencytheorie

7.2.1.1. Risikoneigungen

Der Prinzipal ist risikoneutral.

Der Agent ist risikoavers.

Begründung:

Prinzipal ist risikoneutral durch seine Diversifikationsmöglichkeit.

Agent ist risikoavers wegen fehlender Diversifikationsmöglichkeit.

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Gilt z.B. für Eigentümer/Manager-Beziehung:

Eigentümer kann sich an verschiedenen Unternehmen beteiligen. Risiko des einzelnen

Unternehmens ist daher weniger wichtig.

Manager kann nur bei einem Unternehmen arbeiten. Risiko des Unternehmens ist sehr

wichtig (z.B. Gefahr des Arbeitsplatzverlustes)

Frage:

Ist die Annahme über die Risikoneigungen immer gerechtfertigt?

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7.2.1.2. Erwartungen

Prinzipal und Agent haben die gleichen Erwartungen bezüglich der

Eintrittswahrscheinlichkeiten und Ausprägungen der möglichen Umweltzustände. Konkret:

Beide gehen von der gleichen Wahrscheinlichkeitsverteilung bezüglich der Umweltzustände

aus.

Konkretes Beispiel:

Manager und Unternehmer haben die gleichen Schätzungen für Wahrscheinlichkeiten eines

Konjunkturaufschwunges oder einer Flaute.

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191

7.2.1.3. Handlungsergebnis

Prinzipal und Agent können das Handlungsergebnis zweifelsfrei beobachten. Beide kennen

außerdem den genauen Verlauf der Funktion x f e u ( , ). Das Ergebnis x ist in Geldeinheiten

gemessen

7.2.1.4. Informationsverteilung

Prinzipal und Agent sind asymmetrisch über den Umweltzustand und die Handlung des

Agenten informiert. Der Prinzipal kann weder die Handlung des Agenten noch den

eingetretenen Umweltzustand beobachten. Der Agent kann die eigene Handlung

„beobachten“ und daraus (nach Ermittlung des Handlungsergebnisses x) mit Sicherheit auf

den eingetretenen Umweltzustand schließen.

Prinzipal und Agent kennen jeweils beide Nutzenfunktionen.

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7.2.1.5. Zeithorizont

Es wird nur eine Periode der Zusammenarbeit geplant.

7.2.1.6. Verhaltensannahmen

Prinzipal und Agent sind opportunistisch, d.h. sie würden „lügen und betrügen“, wenn es

Ihnen jeweils nützt. Sie sind jedoch nicht „neidisch“, d.h. unter sonst gleichen Bedingungen

ziehen sie Handlungsalternativen vor, die dem jeweiligen Gegenüber einen möglichst hohen

Nutzen belassen.

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7.2.1.7. Handlung

Die Handlung des Agenten ist (metrisch) messbar, d.h. durch Zahlenwerte beschreibbar. Ein

höherer Wert der Handlung bedeutet gegenüber einem geringeren Wert c.p. eine aus Sicht

des Prinzipals wünschenswertere Handlung. Der Agent zieht c.p. einen geringeren Wert der

Handlung vor, d.h. er empfindet Arbeitsleid.

Folge:

Interessenkonflikt zwischen Prinzipal und Agent.

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7.2.1.8. Teilnahmebedingung

Der Agent akzeptiert einen Vertrag mit dem Prinzipal nur dann, wenn er einem

Mindestnutzen aus dem Vertrag erwarten kann.

Begründung:

Agent hat die Möglichkeit, alternativen Beschäftigungen nachzugehen. Der Vertrag mit dem

Prinzipal muss also die Opportunitätskosten decken.

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7.2.2. Grundmodell der Agencytheorie

7.2.2.1. Einführung:

Gesucht wird ein Vertrag y(x), der den Nutzen des Prinzipals maximiert.

Vereinfachung:

Annahme einer „einfachen“ Nutzenfunktion des Agenten

Beschränkung auf lineare Vergütungsverträge

Page 196: BWL für Nichtökonomen 2012

196

7.2.2.2. Modellbeschreibung

(Handlungs-)Ergebnis:

x e u u : Umweltzustand (misst Glück oder Pech); normalverteilt mit E[u]=0 und Var u( ) 2

Vergütungsvertrag: sxFy

F : Fixgehalt

s : „Erfolgsbeteiligungsquote“

Allgemeine Definition der Erwartungsnutzenfunktion des Vertragspartners i, PAi , :

)()()( 2iiiiiii eCvrczEUE

Page 197: BWL für Nichtökonomen 2012

197

Hierbei bezeichnet iz das Einkommen bzw. die Vergütung des Vertragspartners i, ic ist eine

Konstante, ir ist der Grad der Risikoaversion des Vertragspartners i, 2iv ist die Varianz der

Vergütung des Vertragspartners i, und )( ii eC ist sein Arbeitsleid in Abhängigkeit von seiner

Arbeitsleistung ie .

Wie sieht die Erwartungsnutzenfunktion des Prinzipals aus?

Es wird angenommen, dass der Prinzipal risikoneutral ist, also 0Pr .

Es wird angenommen, dass der Prinzipal nicht arbeitet, also 0Pe . Daher sei auch

angenommen 0)0()( PPP CeC .

Es wird angenommen, dass dem Prinzipal das Ergebnis x gehört. Er muss dem Agenten

aber noch dessen Vergütung y bezahlen. Daher ist das Einkommen des Prinzipals yxzP

Page 198: BWL für Nichtökonomen 2012

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Setzt man dies in die allgemeine Erwartungsnutzenfunktion ein, so ergibt sich:

)()0(0)(

)()()(2

2

yxECvcyxE

eCvrczEUE

PPP

PPPPPPP

Die Differenz zwischen x und y bezeichnet man auch als Residualeinkommen (Residuum:

„Das, was übrig bleibt“). Es ist nämlich dasjenige Einkommen, was nach Abzug der

Vergütung für den Agenten übrig bleibt. Es soll im Folgenden mit R bezeichnet werden.

Daher lautet die Erwartungsnutzenfunktion des Prinzipals letztlich: E(R)

Damit können im Folgenden die Indizes an den Variablen weggelassen werden, da sich R

auf den Prinzipal bezieht, x und y eindeutig definiert sind und alle anderen Variablen sich

nur noch auf den Agenten beziehen können.

Page 199: BWL für Nichtökonomen 2012

199

Wie sieht die Erwartungsnutzenfunktion des Agenten aus?

Es wird angenommen, dass er eine quadratische Arbeitsleidfunktion hat, d.h. C e ke( ) , 0 5 2.

Hierbei ist k ein „Arbeitsleidparameter“: Hohes k impliziert also hohes Arbeitsleid.

Für die Konstante c wird ein Wert von 0,5 angenommen. (Dieser Wert lässt sich aus einer

komplizierteren Theorie herleiten, was hier aber nicht interessieren soll)

Die Vergütung des Agenten ist y, d.h. yz .

Also lautet die Erwartungsnutzenfunktion des Agenten

22

2

5,05,0)(

)()()(

kervyE

eCcrvzEUE

Page 200: BWL für Nichtökonomen 2012

200

Zur Erinnerung:

r > 0: Agent ist risikoavers

r = 0: Agent ist risikoneutral

r < 0: Agent ist risikofreudig

Welche Entscheidungen sollten die Vertragspartner treffen?

Das Entscheidungsproblem des Prinzipals:

Der Prinzipal will sein erwartetes Residualeinkommen maximieren. Er wählt dazu die für

ihn günstigsten Vertragsparameter F und s.

Formal:

][max,

REsF

Page 201: BWL für Nichtökonomen 2012

201

Genauer also:

Maximiere die erwartete Differenz zwischen Handlungsergebnis und der an den Agenten zu

zahlenden Vergütung bezüglich des Fixgehaltes F und der Erfolgsbeteiligungsquote s.

Das Entscheidungsproblem des Agenten:

Der Agent bekommt einen Vergütungsvertrag angeboten, der durch die Vertragsparameter F

und s bestimmt ist. Er muss nun entscheiden, ob er diesen Vertrag annimmt oder nicht.

Wenn er ihn annimmt, muss er anschließend entscheiden, wie viel er arbeiten sollte.

Formal:

)(max UEe

Page 202: BWL für Nichtökonomen 2012

202

Nebenbedingung (Teilnahmebedingung):

Der Agent wird den Vertrag nur dann annehmen, wenn er durch die Vertragsannahme einen

bestimmten Mindesterwartungsnutzen erzielen kann.

Formal: UUE )(

U : Gefordertes Mindestniveau des Erwartungsnutzens

Erläuterung:

Dieses Mindestniveau U kann interpretiert werden als derjenige Erwartungsnutzen, den der

Agent bekommen könnte, wenn er einen anderen Vertrag mit einem anderen Prinzipal

abschließen würde.

Page 203: BWL für Nichtökonomen 2012

203

Zusammenfassung des bisherigen Modells:

Beschreibung Formal Gleichung

Handlungsergebnis x e u (1)

Erwartungswert des Umweltzustandes E[u]=0 (2)

Varianz des Umweltzustandes Var u( ) 2 (3)

Vergütung

suseFuesF

sxFy

)(

(4)

Erwartungswert der Vergütung seFyE ][ (5)

Page 204: BWL für Nichtökonomen 2012

204

Fortsetzung Varianz der Vergütung

22

2

)())((

)()(

s

suVaruesFVar

sxFVarvyVar

(6)

Residualeinkommen des Prinzipals

FuesFxs

sxFxyxR

))(1()1(

)(

(7)

Erwartungswert des Residualeinkommens Fes

FuesERE

)1(

]))(1[(][ (8)

Erwartungsnutzen des Agenten 222 5,05,0

)()(5,0][)(kersseFeCyrVaryEUE

(9)

Mindestniveau des Erwartungsnutzens UUE )( (10)

Page 205: BWL für Nichtökonomen 2012

205

7.2.2.3. Die First-Best-Lösung

Annahme jetzt doch zunächst:

Leistung des Agenten ist beobachtbar (bzw. verifizierbar!).

Optimalitätsbedingung dann:

Vertrag ist optimal, wenn erwartete Differenz zwischen sozialem Ertrag der Leistung und

sozialen Kosten der Leistung maximiert wird.

Erwartete Differenz D ist gegeben durch:

E D E x C ee ke

[ ] ( ),

0 5 2 (11)

Page 206: BWL für Nichtökonomen 2012

206

Die „sozial“ optimale Leistung ergibt sich demnach aus der Bedingung:

dDde ke 1 0 (12)

Die soziale Optimalleistung beträgt also:

e ksoz*

1 (13)

Der Agent wird mittels eines sog. „Forcing Contracts“ bezahlt, der die Optimalität sichert:

sonst )( Erschießen

falls21 **

*sozee

kUF

y (14)

Page 207: BWL für Nichtökonomen 2012

207

D.h. der Agent erhält lediglich ein Fixgehalt in Höhe seines Mindestnutzens zuzüglich einer

Erstattung seiner Kosten.

Anmerkung:

Wenn das Gehalt des Agenten )2/(1* kUFy beträgt und er eine Leistung in Höhe von

ke soz /1* erbringt, dann nimmt wegen 0s seine Erwartungsnutzenfunktion den Wert:

Uk

kk

U

ekrsseF

eCrvyEUE

2

2*22**

2

15,021

)(5,05,0

)(5,0][)(

an. Nur die Vergütung von )2/(1* kUay führt also dazu, dass er den Vertrag

akzeptieren würde.

Page 208: BWL für Nichtökonomen 2012

208

Das optimale erwartete Residualeinkommen des Prinzipals beträgt:

E R E x y

e y

k U k

k U

soz

* * *

* *[ ] [ ]

1 12

12

(15)

Page 209: BWL für Nichtökonomen 2012

209

7.2.2.4. Die Second-Best-Lösung

Annahme jetzt:

Leistung des Agenten ist nicht beobachtbar (bzw. verifizierbar!).

Die Lösung des Problems:

Der Prinzipal maximiert sein Residualeinkommen bezüglich der Vertragsparameter F

(Fixgehalt) und s („Erfolgsbeteiligungsquote“).

Hierbei hat er zu bedenken, dass der Agent seinerseits auf die Wahl der Vertragsparameter

reagiert. Daher analysiert der Prinzipal das Entscheidungsverhalten des Agenten als erstes.

Aus Gleichung (9) erhält man als Maximierungsbedingung erster Ordnung für den Agenten:

0)( kes

deUdE (16)

Page 210: BWL für Nichtökonomen 2012

210

Hieraus folgt eine Optimalleistung des Agenten in Höhe von:

esk

* (17)

Setzt man dieses Ergebnis in Gleichung (9) ein, so erhält man:

kkrsF

ksrs

ksFUE

2)1(

5,05,0)(

22

222

2

(18)

Wegen Gleichung (10) gilt ferner:

UkkrsFUE

2)1()(

22 (19)

Page 211: BWL für Nichtökonomen 2012

211

Dies kann umgeformt werden zu:

kkrsUF

2)1( 22

(20)

Merke: F bezeichnet des Fixgehalt. Der Prinzipal wird das Fixgehalt gerade so festlegen,

dass der Agent genau seinen Mindestnutzen U erhält. Ungleichung (20) gilt damit als

Gleichung und gibt das optimale Fixgehalt an:

kkrsUF

2)1( 22

* (21)

Page 212: BWL für Nichtökonomen 2012

212

Mit der Kenntnis der Gleichungen (17) und (21) kann der Prinzipal nun sein

Maximierungsproblem lösen. Gemäß Gleichung (8) beträgt das erwartete

Residualeinkommen des Prinzipals unter Berücksichtigung der bisher ermittelten

Optimalwerte:

kkrsU

kss

FesRE

2)1()1(

)1(][22

**

(22)

Die Maximierung des Residualeinkommens des Prinzipals ergibt nun als Bedingung erster

Ordnung:

dE R

dss

ks kr

k[ ] ( )

1 2 2 1

2 02 (23)

Page 213: BWL für Nichtökonomen 2012

213

Auflösen nach s ergibt den Optimalwert:

s kr*

11 2 (24)

Nun kann schließlich durch Einsetzen von (24) in (22) das erwartete Residualeinkommen

des Prinzipals berechnet werden:

E R k kr U*[ ] ( ) 1

2 1 2 (25)

Page 214: BWL für Nichtökonomen 2012

214

7.2.2.5. Vertragsvergleich

Parameter Second-Best-Vertrag First-Best-Vertrag

e* sk k kr*

( ) 1

1 2 1k

*F U krk kr

( )( )1

2 12

2 2 U k

12

s* 11 2 kr 0

E R*[ ] 12 1 2k kr U( ) 1

2k U

)(* UE U U

Page 215: BWL für Nichtökonomen 2012

215

Wesentliche Folgerungen:

Der Second-Best-Vertrag ist immer echt schlechter als der First-Best-Vertrag, wenn der

Agent risikoavers ist und der Umweltzustand nicht sicher ist.

Der Second-Best-Vertrag führt gegenüber dem First-Best-Vertrag zu einer ungünstigeren

Risikoallokation, da der risikoneutrale Prinzipal den risikoaversen Agenten aus

Anreizgründen am Risiko beteiligen muß (s > 0).

Nur Umweltunsicherheit, Risikoaversion und nicht beobachtbare Leistung zusammen führen

zu einem Wohlfahrtsverlust gegenüber dem Fall mit Sicherheit oder Risikoneutralität oder

beobachtbarer Leistung.

Page 216: BWL für Nichtökonomen 2012

216

Bei risikoaversem Agenten sinkt das erwartete Residualeinkommen des Prinzipals mit

steigender Umweltunsicherheit (d.h. steigendem 2).

Beispiel:

r = 1; k = 1; U 0

Erwartetes Residualeinkommen

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0

0,2

0,4

0,6

0,8 1

1,2

1,4

1,6

1,8 2

Varianz des Umweltzustandes

Gel

dein

heite

n

First BestSecond Best

Page 217: BWL für Nichtökonomen 2012

217

Ist der Agent risikoneutral, kann der Prinzipal immer das erwartete Residualeinkommen des

First-Best-Vertrages realisieren, unabhängig vom Grad der Umweltunsicherheit. Der

optimale Vertrag bürdet alles Risiko dem Agenten auf.

Bei Umweltunsicherheit sinkt das erwartete Residualeinkommen des Prinzipals mit

steigendem Grad der Risikoaversion des Agenten (d.h. mit steigendem r)

Page 218: BWL für Nichtökonomen 2012

218

Beispiel

2 1 ; k = 1; U 0

Erwartetes Residualeinkommen

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0

0,2

0,4

0,6

0,8 1

1,2

1,4

1,6

1,8 2

Grad der Risikoaversion r

Gel

dein

heite

n

First BestSecond Best

Mit steigendem Arbeitsleid des Agenten sinkt das erwartete Residualeinkommen des

Prinzipals sowohl im First-Best- als auch im Second-Best-Vertrag

Page 219: BWL für Nichtökonomen 2012

219

Beispiel:

2 1 ; r = 1; U 0

Erwartetes Residualeinkommen

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

0,5

0,7

0,9

1,1

1,3

1,5

1,7

1,9

2,1

2,3

2,5

Arbeitsleid k

Gel

dein

heite

n First BestSecond Best

Page 220: BWL für Nichtökonomen 2012

220

Frage:

Wenn der Prinzipal zwischen verschiedenen Agenten mit unterschiedlichen Eigenschaften

wählen könnte, worauf würde er achten bzw. welchem Agenten würde er einen Vertrag

anbieten?

Antwort:

Agenten mit geringem Arbeitsleid und/oder niedriger Risikoaversion!

(Achtung: Gilt nur, falls auch die Mindestnutzenforderungen der unterschiedlichen Agenten

gleich sind! Ist das realistisch?)

Page 221: BWL für Nichtökonomen 2012

221

7.2.3. Erweiterungen/Schlussfolgerungen

Langfristige Verträge verringern das Anreizproblem.

(Schlechte Ergebnisse sind nur kurzfristig mit „Pech“ zu begründen)

Bei langfristigen Verträgen sind unter Umständen keine direkten ergebnisabhängigen

Zahlungen notwendig! (Alternative: Karriere!)

Evtl. lohnen sich Investitionen in Informationssysteme (internes Rechnungswesen,

Personalbeurteilung)

Page 222: BWL für Nichtökonomen 2012

222

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!