BWL für Nichtökonomen 2012
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Skript zur Vorlesung
Betriebswirtschaftslehre für Nichtökonomen
Fassung vom April 2012
Prof. Dr. Stefan Winter
Lehrstuhl für Human Resource Management Ruhr-Universität Bochum
http://www.ruhr-uni-bochum.de/hrm/
2
Gliederung
1. Was ist Betriebswirtschaftslehre? ................................................................................... 4 Lit.: Neus, Kapitel 1
2. Das Menschenbild in der Betriebswirtschaftslehre ..................................................... 16 Lit.: Neus, Kapitel 1,2 und S. 436-437, 452-461
3. Optimale Entscheidungen in der Betriebswirtschaftslehre ........................................ 54 Lit.: Neus, Kapitel 2 und S. 467-483
4. Kooperationsvorteile ....................................................................................................... 72 Lit.: Neus, S. 55-70
5. Koordination über Märkte ............................................................................................. 99 Lit.: Neus, S. 70-85
(plus feiwillig: jedes Einführungslehrbuch in die Mikroökonomik, Abschnitt über Allg. Gleichgewichtstheorie)
6. Marktfehler .................................................................................................................... 131 Lit.: Neus, Kap. 4
7. Koordination in Unternehmen ..................................................................................... 164 Lit.: Neus, S. 118-130, 169-174
3
Literatur: Neus, Werner (2005): Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 4. Auflage,
Mohr Siebeck, Tübingen
Die zu den einzelnen Kapiteln angegebenen Abschnitte aus Neus sind klausurrelevante
Pflichtliteratur!
Hinweis:
Relevante Informationen zu der Veranstaltung werden ausschließlich über das System „Blackboard“ der RUB
kommuniziert. Teilnehmer der Veranstaltung werden daher gebeten, sich im Blackboard für diese Veranstaltung
anzumelden!
4
1. Was ist Betriebswirtschaftslehre?
1.1. Das Abgrenzungsproblem
Es ist unklar, ob man „den“ Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre mehrheitsfähig
abgrenzen kann:
Betriebswirte befassen sich mit den unterschiedlichsten Dingen.
Sie haben sehr unterschiedliche Sichtweisen und arbeiten mit verschiedensten Methoden.
Die Grundfragen der Disziplin werden sehr kontrovers diskutiert (Fragen der
Wissenschaftstheorie).
Lehrbücher sind oft auch nicht hilfreich für die Abgrenzung der BWL, da sie häufig nur
kritiklos zusammenfassen, was je von Betriebswirten diskutiert wurde.
5
Als erster Eindruck ergibt sich also:
Die BWL ist sehr vielfältig, fast chaotisch!
Verzweifelter (dummer) Ausweg einer Definition:
Betriebswirtschaftslehre ist, was Betriebswirte tun!
Probleme dieser Definition:
Was ist mit dem Nasebohren eines BWL-Professors?!
Was sind Betriebswirte? (etwa diejenigen, die Betriebswirtschaftslehre betreiben?)
6
1.2. Definitionsversuch
Frage:
Helfen die Begriffe „Betrieb“ und „Wirtschaft“ bei der Definition von
„Betriebswirtschaftslehre“?
Definitionen:
„Wirtschaft ist der Inbegriff aller planvollen menschlichen Tätigkeiten, die unter
Beachtung des ökonomischen Prinzips mit dem Zweck erfolgen, die -an den
Bedürfnissen der Menschen gemessen- bestehende Knappheit der Güter zu verringern.“
„Der Betrieb ist eine planvoll organisierte Wirtschaftseinheit, in der Sachgüter und
Dienstleistungen erstellt und abgesetzt werden.“
7
Um diese Definitionen mit Leben zu erfüllen, müssen noch folgende Fragen geklärt werden:
o Was sind planvolle menschliche Tätigkeiten?
o Was ist das ökonomische Prinzip?
o Was sind Bedürfnisse?
o Was versteht man unter der Knappheit von Gütern?
o Was ist eine Wirtschaftseinheit?
o Was versteht man unter Erstellung und Absatz von Sachgütern und Dienstleistungen?
8
Zu a) Planvolle menschliche Tätigkeiten
Wichtige Aspekte:
Menschliches Handeln ist Gegenstand der BWL. BWL ist also eine
Verhaltenswissenschaft.
Es soll planvoll sein, d.h. der Erreichung von Zielen dienen.
Es beruht auf bewussten Entscheidungen.
Anmerkung:
Entscheidungen sollen bestimmte Zustände in der Zukunft herbeiführen. Da in der realen
Welt die Zukunft zumindest nicht vollständig voraussehbar ist, ist auch nicht völlig klar,
welche Auswirkungen Entscheidungen haben werden.
9
Folge:
Planvolles Entscheiden umfasst auch den Umgang mit der unsicheren Zukunft.
Zu b) Das ökonomische Prinzip
Formulierungsalternativen:
Ein vorgegebenes Ziel soll mit minimalem Mitteleinsatz erreicht werden.
Mit einem vorgegebenen Mitteleinsatz soll ein möglichst hoher Zielerreichungsgrad
realisiert werden.
Werturteil hinter diesen Forderungen:
Verschwendung soll vermieden werden!
10
Zu c) Bedürfnis
Bedürfnis:
Wunsch eines Menschen, dessen Erfüllung für ihn zu einer Steigerung des Wohlbefindens
führt.
Zu d) Knappheit
Knappheit eines Gutes liegt vor, wenn eine nicht mit einer Gegenleistung verbundene
Erhöhung der verfügbaren Menge des Gutes zu einer Steigerung des Nutzens führen würde.
„Übliche“ Annahme:
Für jeden Menschen existieren Güter, die er als knapp empfindet!
11
Aber:
Nicht alle Güter sind immer für jeden knapp!
Zu e) Wirtschaftseinheit
Definition:
Wirtschaftseinheit ist in der Regel ein Zusammenschluss von mehreren Individuen zur
gemeinsamen Erreichung wirtschaftlicher Ziele.
Aber:
Auch wenn Wirtschaftseinheiten gebildet werden, um individuelle Ziele gemeinsam besser
erreichen zu können, kann es für jedes beteiligte Individuum sinnvoll sein, innerhalb der
Wirtschaftseinheit (Betrieb?, Unternehmen?) eigene Interessen zu verfolgen, auch wenn die
anderen Individuen dadurch geschädigt werden.
12
Frage also:
Wie sollten Wirtschaftseinheiten gestaltet werden, damit möglichst alle Beteiligten
Individuen einen Anreiz haben, sich für einen möglichst großen gemeinsamen Vorteil
einzusetzen?
Anmerkungen:
Wirtschaftseinheiten (Unternehmen) haben keine eigenen Ziele, sie können nicht
handeln, fühlen oder entscheiden!
Entscheidungen werden stets von Individuen getroffen. Diese benutzen
Wirtschaftseinheiten lediglich, um individuelle Ziele besser erreichen zu können.
13
Zu f) Erstellung und Absatz von Sachgütern und Dienstleistungen
Wirtschaftseinheiten sind Mittel zum Zweck. Sie sollen dazu beitragen, die Ziele der
beteiligten Individuen zu erreichen. Die Wirtschaftseinheiten erstellen (produzieren) dazu
materielle Güter (Sachgüter) oder immaterielle Güter (Dienstleistungen). Hierbei soll das
ökonomische Prinzip beachtet werden!
Die erstellten Güter oder Dienstleistungen werden anschließend abgesetzt. Sie werden also
eingetauscht bzw. verkauft! Der Erlös geht dann an die an der Wirtschaftseinheit beteiligten
Individuen. Diese benutzen die Erlöse, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen.
14
1.3. Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre
Gegenstand der BWL ist die Untersuchung:
von individuellen, das Einkommen betreffenden Entscheidungen von Individuen.
des Umgangs dieser Individuen mit Unsicherheit bei der Entscheidungsfindung.
der Koordination der Aktivitäten mehrerer Individuen zur gemeinsamen Verbesserung
ihrer wirtschaftlichen Situation.
15
1.4. Ziele der Betriebswirtschaftslehre
Das kognitive Ziel:
Vermehrung des Wissens über wirtschaftliches Handeln. (vereinfacht)
Das praktische Wissenschaftsziel:
Herleitung von zielgerichteten Gestaltungs- bzw. Handlungsempfehlungen.
16
2. Das Menschenbild in der Betriebswirtschaftslehre
Ausgangslage:
Jede Verhaltenswissenschaft braucht eine Annahme darüber, was das Verhalten von
Menschen bestimmt.
Beispiele (vereinfachend):
Psychologie: Menschliches Verhalten ist triebgesteuert.
Soziologie: Menschliches Verhalten wird durch das soziale
Umfeld gesteuert
Frage:
Welche Annahme wird in der Ökonomie getroffen?
17
Erste Antwort:
Es wird planvolles, bewusstes und auf die Erreichung wirtschaftlicher Ziele gerichtetes
Verhalten unterstellt!
Aber:
Andere Aspekte menschlichen Verhaltens werden nicht verneint, sie werden lediglich aus
der Analyse ausgeklammert und an andere Verhaltenswissenschaften verwiesen!
Frage:
Was ist planvolles, bewusstes und zielorientiertes Verhalten?
Antwort:
Das hängt davon ab, für wie „intelligent“ und für wie gut informiert man Menschen hält!
18
2.1. Der Mensch als Optimierungsmaschine (homo oeconomicus)
Annahmen:
Jeder Mensch kennt seine Ziele exakt.
Jeder Mensch kennt alle seine Handlungsalternativen.
Jeder Mensch kennt alle Folgen seiner Handlungen.
Jeder Mensch kann immer die beste Handlungsalternative ermitteln.
Jeder Mensch wählt immer die beste Handlungsalternative.
Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, spricht man auch vom „homo oeconomicus“. Das
Verhalten des homo oeconomicus wird als „rational“ bezeichnet.
19
2.2. Der Mensch als Optimierungsmaschine mit Fehlern
Wenn mindestens eine der Annahmen aus 2.1. verletzt ist, kann sich der Mensch nicht mehr
rational verhalten!
2.2.1. Begrenzte Rationalität
Abgeschwächte Annahme:
Der Mensch versucht, sich so gut wie möglich rational zu verhalten. Das Verhalten wird als
„begrenzt rational“ bezeichnet.
20
Mögliche Ursachen für begrenzte Rationalität (Beispiele):
Nicht alle Handlungsalternativen sind bekannt.
Die Folgen von Handlungen können nicht genau eingeschätzt werden.
Die optimale Entscheidung kann nicht berechnet werden, da die Berechnung zu
kompliziert ist.
Für die weitere Vorlesung:
Menschliches Verhalten wird als begrenzt rational angenommen!
Um die jeweils beste Handlungsalternative herausfinden zu können, muss ein Mensch seine
Ziele definieren und seine Handlungsalternativen ermitteln. Danach muss herausgefunden
werden, welche Handlungsalternative den höchsten Zielerreichungsgrad ermöglicht. Diese
Handlungsalternative sollte gewählt werden!
21
Diese Vorgehensweise wird in der Betriebswirtschaftslehre üblicherweise mittels sog.
Nutzenfunktionen U (engl. „Utility) dargestellt. Solche Funktionen messen das Wohlergehen
eines Menschen. Hierbei wird zunächst ermittelt, welche Handlungsergebnisse nXX ...,,1 aus
den verschiedenen Handlungsalternativen des Individuums resultieren würden. Danach wird
ermittelt, wie sich diese Handlungsergebnisse auf den Nutzen auswirken würden. Es wird
dann diejenige Handlung gewählt, die zu Handlungsergebnissen führt, die ihrerseits den
Nutzen maximieren.
Formal:
Der Nutzen wird dargestellt als Funktion der Handlungsergebnisse, d.h. ),...,( 1 nXXUU
Jedes Handlungsergebnis wird dargestellt als Funktion der Handlung e, d.h. )(eXX ii
22
Folge:
Die Nutzenfunktion hängt, allerdings indirekt, von der Handlung e ab, da ))(),...,((),...,( 11 eXeXUXXUU nn
Um die optimale Handlung e zu bestimmen, kann also die Nutzenfunktion bezüglich der
Handlung maximiert werden, auch wenn die Nutzenfunktion nicht direkt von der Handlung
abhängt, sondern nur von den Handlungsergebnissen.
23
2.2.2. Egoismus und Opportunismus
Wichtige Frage:
Beeinflusst das „Wohlergehen“ von anderen den eigenen Nutzen?
Vorläufige Antwort:
Nein!
Konsequenz:
Menschen werden als egoistisch angenommen.
Frage:
Wie weit geht der angenommene Egoismus?
24
Antwort:
Es wird angenommen, dass Menschen auch die Schädigung von anderen bewusst in Kauf
nehmen, so lange es ihnen selbst nutzt. Diese Verhaltenstendenz wird auch als
Opportunismus bezeichnet.
Frage:
Hat die Schädigung von anderen einen Nutzen an sich, d.h. werden Menschen als neidisch
angenommen?
Antwort:
Nein, es wird angenommen, dass andere nur dann geschädigt werden, wenn es dem
Schädiger selbst einen direkten Vorteil bringt.
25
Frage:
Ist die Annahme von begrenzter Rationalität und Opportunismus eine Behauptung über die
reale Welt?
Antwort:
Nein. Diese Annahmen werden lediglich getroffen, um mögliche Konfliktsituationen
besonders deutlich hervorzuheben und die rein wirtschaftlichen Vorteilsüberlegungen
herauszustellen. Es wird damit keineswegs behauptet, dass Menschen z.B. ständig
Freundschaft oder Liebe ignorieren, wenn sich ihnen dadurch wirtschaftliche Vorteile böten!
26
Zwischenfazit:
Die Annahmen über begrenzte Rationalität, Egoismus und Opportunismus kennzeichnen das
Forschungsprogramm der sog. Neue Institutionenökonomik.
Diese versucht, Handlungsempfehlungen für den Fall abzugeben, dass sich der Entscheider
nicht sicher sein, ob sich Vertragspartner am gemeinsamen Wohlergehen oder an „nur“ an
ihrem individuellen Wohlergehen orientieren.
Folge:
Die Neue Institutionenökonomik liefert Handlungsanweisungen, die auf Vorsicht gegenüber
„unfeinem“ Verhalten von Vertragspartnern beruhen!
27
2.3. Komponenten von Nutzenfunktionen
Die in der Ökonomie verwendeten Nutzenfunktionen unterscheiden sich lediglich dadurch,
welche Handlungsfolgen bei der Nutzenberechnung berücksichtigt werden!
2.3.1. Konsummöglichkeiten
Vereinfachende Annahme:
Jeder Mensch möchte möglichst viel von allen Gütern konsumieren.
Bezeichnungen:
iX : Menge des Gutes i, die zum Konsum zur Verfügung steht.
( iX könnte auch Geld sein!)
jU (.): Nutzenfunktion des Individuums j.
28
Mögliche Beispiele für Nutzenfunktionen:
iij XXU 2)(
iij XXU 2)(
2)( iij XXU
Nutzenfunktionen
0
5
10
15
20
25
0 1 2 3 4 5
2)( iij XXU
iij XXU 2)(
iij XXU 2)(
iX
jU
29
2.3.2. Arbeitsleid
Annahme:
Güter sind nicht einfach vorhanden.
Folge:
Güter müssen erst produziert werden. Die Menge der verfügbaren Güter hängt also davon
ab, wie viel Arbeit zu ihrer Erstellung aufgewendet wird.
Formal: )(eXX ii
30
In Worten:
Die verfügbare Menge des Gutes i ist eine Funktion der eingesetzten Arbeitsmenge e (engl.
für effort). Die „Arbeitsmenge“ könnte bspw. als Arbeitsstunden interpretiert werden.
Beispiele: eeXX ii 4)(
22)( eeXX ii
eeXX ii 3)(
Anmerkung:
Derartige Funktionen werden auch als Produktionsfunktionen bezeichnet.
Produktionsfunktionen beschreiben den Zusammenhang zwischen der Menge eines oder
mehrerer Einsatzfaktoren (hier: Arbeitszeit) und der Menge des damit produzierten Gutes.
31
Produktionsfunktionen können außer der Arbeitsmenge z.B. auch die Menge des
Materialverbrauchs enthalten.
Übliche Annahme in der Ökonomie:
Menschen arbeiten ungern!
Formale Darstellung:
Arbeit verursacht Arbeitsleid, welches z.B. durch eine Arbeitsleidfunktion C=C(e)
dargestellt werden kann. Das Arbeitsleid ist die unmittelbare Handlungsfolge des Arbeitens.
Folge:
Das Arbeitsleid steigt mit steigender Arbeitsmenge und der Nutzen sinkt bei steigendem
Arbeitsleid. Daher fällt der Nutzen mit steigender Arbeitsmenge.
32
Beispiele für mögliche Arbeitsleidfunktionen: eeC 3)(
eeC 2)( 2)( eeC
Sei z.B. die Nutzenfunktion in Abhängigkeit vom Arbeitsleid einfach )())(( eCeCU j , so
ergäben sich aus den oben genannten Beispielen für Arbeitsleidfunktionen die folgenden
Nutzenfunktionen: eeCU j 3))((
eeCU j 2))(( 2))(( eeCU j
Werden nun die erstellten Güter berücksichtigt, so hängt die Nutzenfunktion von zwei
Variablen ab.
33
Beispiele für Nutzenfunktionen in Abhängigkeit von der Güter- und Arbeitsmenge: 2)(2))();(( eeXeCeXU iij
eeXeCeXU iij 3)(2))();((
eeXeCeXU iij 4)())();(( 2
In diese Nutzenfunktionen können jetzt noch die Produktionsfunktionen )(eX i eingesetzt
werden. Man erhält dann für eeXX ii 4)( z.B. die Nutzenfunktion:
ee
ee
eeXeCeXU iij
34
342
3)(2))();((
34
Wenn die Nutzenfunktion des Individuums derart präzise beschrieben ist, kann ermittelt
werden, wie hoch die optimale Arbeitsmenge ist. Dazu wird das Maximum der
Nutzenfunktion bezüglich der Arbeitsmenge gesucht. Das Maximum ist dadurch bestimmt,
dass die erste Ableitung der Nutzenfunktion den Wert Null annimmt und die zweite
Ableitung an der gefundenen Stelle negativ ist.
Gegeben sei die Nutzenfunktion:
eeeCeXU ij 34))();((
35
Stellt man diese Nutzenfunktion grafisch dar, so ergibt sich:
Nutzenfunktion
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
1,4
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7Arbeitsmenge e
Nut
zen
Es ergibt sich als erste Ableitung:
032
ededU j
36
Diese Gleichung ist für 23/2e erfüllt.
Bildet man nun noch die zweite Ableitung, so ergibt sich:
5,12
2 1ede
Ud j
Der Wert dieser Ableitung ist für 23/2e negativ. Es handelt sich bei 23/2e also
tatsächlich um ein Maximum der Nutzenfunktion.
37
2.3.3. Risiko
Ausgangslage:
In den bisherigen Überlegungen zu Nutzenfunktionen wurde angenommen, dass die Menge
der Güter feststeht.
Annahme jetzt:
Die Menge der Güter hängt von zufälligen Ereignissen ab.
Beispiele:
Ein Unwetter zerstört Robinsons Lebensmittellager.
Ein LKW verunglückt.
Gutes Wetter ermöglicht eine hohe Ernte.
38
Frage:
Wie können diese Risiken gemessen werden?
1. Schritt
Berechnung des sog. Erwartungswertes )(XE .
(Der Erwartungswert wird üblicherweise auch mit dem griechischen Buchstaben - sprich:
„mü“ - bezeichnet.)
Der Erwartungswert gibt an, mit wie vielen Gütern man im Durchschnitt rechnen kann. Der
Erwartungswert wird berechnet, indem die jeweils mögliche Menge des Gutes mit der
Wahrscheinlichkeit multipliziert wird, mit der diese Menge realisiert wird. Diese Produkte
aus Mengen und Wahrscheinlichkeiten werden über alle möglichen Mengen aufaddiert.
39
Beispiel:
Es sei kX die verfügbare Menge des Gutes X, wenn der Umweltzustand k eintritt. Wenn das
Wetter gut ist, beträgt die Erntemenge 1001 X . Wenn das Wetter schlecht ist, beträgt die
Erntemenge hingegen lediglich 502 X . Die Wahrscheinlichkeit für die verschiedenen
Umweltzustände sei mit kp bezeichnet. Die Wahrscheinlichkeit für gutes Wetter sei 3,01 p
und die Wahrscheinlichkeit für schlechtes Wetter sei 7,02 p .
Der Erwartungswert beträgt dann:
657,0503,0100
2211
2
1
pXpX
pXk
kk
40
Allgemein gilt für jede diskrete Zufallsvariable X, die n verschiedene Werte annehmen kann:
n
kkk pX
1
Hinweis:
Die Variable X muss nicht unbedingt eine Menge an Gütern sein. Es kann z.B. auch um die
Anzahl Augen beim Würfeln handeln.
2. Schritt
Berechnung der Varianz )(XVar . Die Varianz wird häufig auch als 2 - sprich: „Sigma
quadrat“ - bezeichnet.
41
Die Varianz misst, um wie viel die einzelnen Werte von X im Durchschnitt vom
Erwartungswert abweichen. Dabei wird nicht die einfache Abweichung genommen, sondern
das Quadrat der Abweichungen.
Berechnung:
k
n
kk pX
1
22 )(
Im Erntebeispiel:
5257,0)6550(3,0)65100(
)()(
)(
222
221
21
2
1
22
pXpX
pX kk
k
42
Hinweis:
Häufig wird statt der Varianz auch die sog. Standardabweichung verwendet. Hierbei
handelt es sich einfach um die Wurzel aus der Varianz. Die Standardabweichung hat den
Vorteil, dass sie die gleiche Maßeinheit besitzt wie die Variable X selbst.
Die Varianz (bzw. Standardabweichung) wird nun als Risikomaß interpretiert:
Je höher die Varianz (Standardabweichung), desto höher ist das Risiko
43
Folgendes Beispiel möge dies verdeutlichen. Verglichen werden drei Zufallsvariablen X , Y
und Z , die alle den selben Erwartungswert, jedoch sehr unterschiedliche Varianzen haben:
kX kY kZ
Zustand 1 5,01 p 100 200 1000
Zustand 2 5,02 p 100 0 -800
100 100 100
2 0 10.000 810.000
44
Gedankenexperiment:
Nehmen Sie an, Sie haben die Wahl an einem der drei Glücksspiele kX , kY oder kZ
teilzunehmen. Hierbei wird jeweils eine Münze geworfen. Wenn die Münze auf „Kopf“ fällt
(Zustand 1) erhalten Sie den jeweils angegebenen Betrag in Euro. Fällt hingegen Zahl
(Zustand 2) erhalten Sie den jeweils anderen Betrag in Euro. Negative Beträge bedeuten,
dass Sie den Betrag bezahlen müssen.
Frage:
An welchem der drei Glücksspiele würden Sie am liebsten teilnehmen?
Folgerung:
Wenn es Ihnen nicht egal ist, an welchem der drei Glücksspiele Sie teilnehmen, dann ist die
Varianz (und damit das Risiko) für Sie offensichtlich entscheidungsrelevant!
45
Exkurs: Risikoneigungen
Individuen können verschieden auf Risiken reagieren. Sie können bestrebt sein, Risiken
möglichst zu vermeiden, Risiken können ihnen gleichgültig sein oder sie können Risiken
mögen.
Formale Darstellung:
Die Risikoeinstellung eines Individuums kann direkt anhand der Nutzenfunktion gemessen
werden. Es gelten folgende Definitionen:
])[()]([ XUEXEU Das Individuum ist risikoavers
])[()]([ XUEXEU Das Individuum ist risikoneutral
])[()]([ XUEXEU Das Individuum ist risikofreudig
46
Definition:
Wenn X ein Geldbetrag ist, dann ist das sog. Sicherheitsäquivalent S definiert über die
Beziehung: ])[(][ XUESU
Interpretation:
Wenn X ein unsicherer Geldbetrag ist, dann ist auch der Nutzen ][XU eine Zufallsvariable.
Mann kann sich dann ][XU als eine Art Lotterie vorstellen. In diesem Fall lässt sich das
Sicherheitsäquivalent S auffassen als Lospreis, den man bereit wäre, für die Teilnahme an
der Lotterie ][XU zu bezahlen.
47
Beispiel:
Sei XXU ][ . Ferner sei angenommen, X könne nur die Ausprägungen 01 x oder
1002 x annehmen, wobei beide Ausprägungen gleich wahrscheinlich seien, d.h.
5,021 pp
Folge:
5105,005,0][][])[( 2211 xUpxUpXUE
Wegen ])[(][ XUESU folgt also 5][ SU bzw. 5S
Auflösen nach S ergibt:
25S
48
Interpretation:
Ein Akteur mit der Nutzenfunktion XXU ][ wäre also bereit, einen Lospreis von 25 zu
bezahlen, wenn 01 x und 1002 x jeweils mit der Wahrscheinlichkeit von 0,5 ausgelost
würden.
Definition:
Die Risikoprämie RP ist definiert als Differenz zwischen dem Erwartungswert von X, d.h.
)(XE und dem Sicherheitsäquivalent S, d.h.:
SXERP )(
Es gilt:
0RP der Akteur ist risikoavers
0RP der Akteur ist risikoneutral
0RP der Akteur ist risikofreudig
49
Beispiele:
Beispiel 1: Ein risikoaverser Akteur mit der Nutzenfunktion: XXU 3)( k kX kp kk pX )( kXU kk pXU )(
1 200 0,5 100 42,4 21,2
2 0 0,5 0 0 0
100)( XE 2,21])[( XUE Wegen der Nutzenfunktion XXU 3)( gilt 30)(3)]([ XEXEU Folgerung: Es gilt also ])[()]([ XUEXEU , d.h. der Akteur ist risikoavers.
Das gleiche Ergebnis erhält man natürlich über die Ermittlung der Risikoprämie. Wegen
])[(2,213)( XUESSU erhält man 94,49S . Somit ist die Risikoprämie:
094,49100 RP
50
Beispiel 2:
Ein risikoneutraler Akteur
Nutzenfunktion: XXU 2)(
k kX kp kk pX )( kXU kk pXU )(
1 200 0,5 100 400 200
2 0 0,5 0 0 0
100)( XE 200])[( XUE
Wegen der Nutzenfunktion XXU 2)( gilt 200)(2)]([ XEXEU
Folgerung:
Es gilt also ])[()]([ XUEXEU , d.h. der Akteur ist risikoneutral.
51
Beispiel 3: Ein risikofreudiger Akteur Nutzenfunktion: 201,0)( XXU k kX kp kk pX )( kXU kk pXU )(
1 200 0,5 100 400 200
2 0 0,5 0 0 0
100)( XE 200])[( XUE
Wegen der Nutzenfunktion 201,0)( XXU gilt 100)(01,0)]([ 2 XEXEU
Folgerung:
Es gilt also ])[()]([ XUEXEU , d.h. der Akteur ist risikofreudig.
Ende Exkurs Risikoneigungen
52
Typische Annahme:
Üblicherweise wird in der Ökonomie angenommen, dass Akteure risikoavers sind.
Um den Umgang mit Risiken bei der Analyse zu vereinfachen, werden oft ganz bestimmte
Nutzenfunktionen angenommen. Da ferner unterstellt wird, dass Menschen versuchen, ihren
erwarteten Nutzen zu maximieren, benötigt man letztlich nur die
Erwartungsnutzenfunktionen.
Typische Erwartungsnutzenfunktion: 2)()( crXEUE
Hierbei bezeichnet E(X) den Erwartungswert der Zufallsvariable X, 2 bezeichnet die
Varianz dieser Zufallsvariable, c eine positive Konstante und r bezeichnet den Grad der
Risikoaversion.
53
Es gilt:
0r : Der Akteur ist risikoavers
0r : Der Akteur ist risikoneutral
0r : Der Akteur ist risikofreudig
Spielt darüber hinaus auch die Arbeitsleistung des Individuums eine Rolle, so wird häufig
angenommen, dass die Arbeitsleistung e individuelle Kosten verursacht, die z.B. durch eine
„Kostenfunktion“ )(eC gemessen werden können. In diesem Fall könnte die
Erwartungsnutzenfunktion z.B. folgendes Aussehen haben:
)()()( 2 eCcrXEUE
(Hinweis: Von dieser Art von Erwartungsnutzenfunktion wird z.B. im Abschnitt 7.2.
Gebrauch gemacht)
54
3. Optimale Entscheidungen in der Betriebswirtschaftslehre
3.1. Dominanz und Effizienz
Definition:
Eine Alternative (Handlungsalternative) A dominiert eine andere Alternative B, wenn A
hinsichtlich aller Kriterien nicht schlechter beurteilt wird als B, hinsichtlich mindestens eines
Kriteriums aber für besser gehalten wird.
Ergänzung:
Wenn A die Alternative B dominiert, wird A auch als dominierende und B als dominierte
Alternative bezeichnet.
55
Definition:
Eine Alternative A ist effizient, wenn es keine andere Alternative gibt, die hinsichtlich aller
Beurteilungskriterien nicht schlechter und hinsichtlich mindestens eines Kriteriums besser ist
als A.
Alternative Definition:
Eine Alternative A ist effizient, wenn sie von keiner anderen Alternative dominiert wird.
Thesen:
Wenn es eine Alternative A gibt, die alle anderen Alternativen dominiert, dann wird diese
Alternaive gewählt, unabhängig von der Nutzenfunktion des Akteurs.
Jedes Individuum wählt unabhängig von seiner Nutzenfunktion grundsätzlich nur unter den
effizienten Alternativen.
56
3.2. Entscheidungen in Einpersonensituationen
Entscheidungen in Einpersonensituationen sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Akteur
allein Entscheidungen trifft, deren Ausgang nicht davon abhängt, was andere Akteure tun.
Lediglich der Zufall kann eine Rolle spielen.
Beispiel 1:
Ein Akteur kann sich zwischen den Alternativen A und B entscheiden.
Zustände
Alternative 1 )1,0( 1 p 2 )2,0( 1 p 3 )5,0( 1 p 4 )2,0( 1 p
A 20 70 40 200
B 20 60 0 200
57
Anmerkung:
Werte in der Tabelle geben die verfügbare Menge eines Gutes X an.
Lösung:
Jeder Akteur würde die Alternative A wählen, da diese die Alternative B dominiert. Denn A
ist in jedem Zustand mindestens genau so gut wie B und in mindestens einem Zustand (hier
sogar in den zwei Zuständen 2 und 3) besser als B.
58
Beispiel 2:
Ein Akteur kann sich zwischen den Alternativen A, B, C und D entscheiden.
Zustände
Alternative 1 )1,0( 1 p 2 )2,0( 1 p 3 )5,0( 1 p 4 )2,0( 1 p
A 20 70 40 200
B 20 60 0 200
C 30 50 90 70
D 10 40 80 60
Lösung:
Die Alternative B wird von A dominiert. B kann daher gestrichen werden. Alternative D
wird von C dominiert. D kann ebenfalls gestrichen werden.
59
Es verbleibt folgendes Entscheidungsproblem:
Zustände
Alternative 1 )1,0( 1 p 2 )2,0( 1 p 3 )5,0( 1 p 4 )2,0( 1 p
A 20 70 40 200
C 30 50 90 70
Lösung:
Keine dieser Alternativen dominiert die andere.
Also:
Beide Alternativen sind effizient.
60
Frage:
Welche Alternative wird der Akteur nun wählen?
Antwort:
Das kommt auf seine Nutzenfunktion bzw. seine Erwartungsnutzenfunktion an!
Annahme:
Der Akteur hat die Erwartungsnutzenfunktion 22 01,0)()];([ XEXUE
Dann ergibt sich für Alternative A:
762,02005,0402,0701,020)( XE
40442,0)76200(5,0)7640(
2,0)7670(1,0)7620(22
222
61
Somit hat die Erwartungsnutzenfunktion einen Wert von
56,35404401,07601,0)()];([ 22
XEXUE
Für Alternative C ergibt sich hingegen:
722,0705,0902,0501,030)( XE
4362,0)7270(5,0)7290(
2,0)7250(1,0)7230(22
222
Somit hat die Erwartungsnutzenfunktion einen Wert von
62
64,6743601,07201,0)()];([ 22
XEXUE
Folgerung:
Ein Akteur mit der Erwartungsnutzenfunktion 22 01,0)()];([ XEXUE würde die
Alternative C wählen.
3.3. Entscheidungen in Mehrpersonensituationen
Entscheidungen in Mehrpersonensituationen sind dadurch gekennzeichnet, dass mehrere
Akteure gleichzeitig oder nacheinander Entscheidungen treffen. Für jeden Akteur hängt der
Ausgang seiner Entscheidung davon ab, was alle Akteure entschieden haben. Zusätzlich
kann der Ausgang noch vom Zufall beeinflusst werden.
63
These:
Wenn die Akteure bindende Verträge miteinander schließen können, werden sie die
Entscheidungsalternativen wählen, die zu dem größten gemeinsamen Ergebnis führen. Sie
müssen dann lediglich über die Aufteilung des Gesamtergebnisses verhandeln.
Interessante Frage:
Was sollten die Akteure tun, wenn sie keine bindenden Verträge schließen können?
Antwort:
Sie werden sich so verhalten, dass ihr Verhalten ein sog. Gleichgewicht (auch: Nash-
Gleichgewicht) bildet.
64
Definition:
Eine Strategie ist eine (bedingte) Handlungsanweisung für den Akteur, die ihm sagt, was er
in jeder möglichen Situation, in die er kommen könnte, tun soll.
Definition:
Eine Strategiekombination ist eine Menge von Strategien, die für jeden Akteur dessen
Strategie enthält. Bei 2 Akteuren mit jeweils 2 Strategien existieren also bspw. 4
verschiedene Strategiekombinationen.
Definition:
Ein Gleichgewicht ist eine Strategiekombination, in der sich kein Akteur individuell durch
die Wahl einer anderen Strategie besser stellen kann, wenn alle anderen Akteure bei ihren
Strategien bleiben.
65
These:
In Mehrpersonenentscheidungssituationen ist die Wahl von Strategiekombinationen optimal,
die ein Gleichgewicht bilden.
3.3.1. Das Gleichgewicht dominanter Strategien
Definition:
Eine dominante Strategie ist eine Handlungsanweisung, die für den Akteur immer das beste
Ergebnis bringt, unabhängig davon, was die anderen Akteure tun.
These:
Wenn ein Akteur eine dominante Strategie besitzt, dann sollte er diese Strategie wählen.
66
Beispiel:
Das Gefangenendilemma
Situation:
Zwei Verdächtige A und B werden von der Polizei verhört. Sie können ein schweres
Verbrechen leugnen oder gestehen. Wenn beide leugnen, dann werden sie für ein
minderschweres Vergehen jeweils ein Jahr eingesperrt. Wenn beide gestehen, werden sie für
das schwere Verbrechen 8 Jahre ins Gefängnis gehen. Wenn nur einer gesteht, kann er die
Kronzeugenregelung in Anspruch nehmen und wird sofort entlassen. Der Andere muss dann
für 10 Jahre ins Gefängnis.
67
Die Anzahl der Jahre im Gefängnis in Abhängigkeit von den Strategien ist der folgenden
Tabelle zu entnehmen, wobei die jeweils erste Zahl die Anzahl der Jahre im Gefängnis für
den Verdächtigen A angibt:
B
A Gestehen Leugnen
Gestehen -8; -8 0; -10
Leugnen -10; 0 -1; -1
Lösung:
Für den Verdächtigen A ist es immer besser, zu gestehen. Er sitzt dann 8 oder 0 Jahre im
Gefängnis. Würde er leugnen, säße er 10 oder 1 Jahr im Gefängnis.
Für den Verdächtigen B gilt das analog.
68
Folge:
Beide werden gestehen!
Die Strategiekombination (Gestehen; Gestehen) bildet ein Gleichgewicht dominanter
Strategien.
69
3.3.2. Das Nash-Gleichgewicht
Problem:
In vielen Situationen haben die Akteure keine dominanten Strategien.
Frage:
Was sollten die Akteure tun, wenn sie keine dominanten Strategien besitzen?
Antwort:
Sie sollten ihre sog. „besten Antworten“ wählen!
70
Definition:
Eine beste Antwort iA ist eine Strategie des Spielers A auf eine gegebene Strategie jB des
Spielers B, wenn iA unter der Voraussetzung jB für den Spieler A das beste Ergebnis
erbringt.
Eine Strategiekombination ist ein Nash-Gleichgewicht, wenn die Strategien aller Akteure
gleichzeitig jeweils beste Antworten aufeinander sind.
Beispiel:
1B 2B
1A 2; 3 6; 8
2A 7; 5 4; 6
3A 3; 6 5; 3
71
Folgerungen:
Kein Spieler besitzt eine dominante Strategie.
Die Strategiekombination );( 21 BA bildet ein Nash-Gleichgewicht. Wenn die Akteure diese
Strategiekombination wählen würden, würde keiner von beiden individuell nachträglich
etwas anderes wählen wollen!
Anmerkungen:
Viele Probleme wurden bisher ausgeklammert:
Was passiert, wenn die Akteure nacheinander ihre Strategien auswählen?
Was passiert, wenn kein Nash-Gleichgewicht in der obigen Form existiert?
....
Bei Interesse:
Hauptstudiumsvorlesungen in „Spieltheorie“
72
4. Kooperationsvorteile
These:
In vielen Situationen können Akteure ihre individuelle Situation durch Kooperation mit
anderen verbessern.
Frage:
Unter welchen Bedingungen kooperieren Menschen (freiwillig)?
Antwort:
Sie kooperieren immer dann, wenn sich die Kooperationen für mindestens einen
Kooperationspartner „lohnt“ und kein Kooperationspartner schlechter gestellt wird.
73
Frage:
Worin könnten die Vorteile der Kooperation begründet sein?
Ursachen für Kooperationsvorteile:
a) unterschiedliche Güterausstattungen (bzw. Faktorausstattungen)
b) unterschiedliche Produktionstechniken
c) Risikoteilung
d) Teamproduktion
74
4.1. Unterschiedliche Güterausstattungen
Annahmen:
Güterverbrauch (Konsum) stiftet Nutzen
Mehr Konsum stiftet mehr Nutzen
Zusatznutzen jeder weiteren konsumierten Gütereinheit nimmt ab
Beispiel:
Nutzenfunktion U X Xi iA iB
U = Nutzen
i = Index zur Bezeichnung des Individuums
X = Menge
A, B = Indizes zur Bezeichnung der Güter A und B
75
Typischer Verlauf einer Nutzenfunktion
0
10
20
30
40
500 20 40 60 80 100
120
140
160
180
Konsumierte Menge XiA
Nut
zen
U
In der Graphik: U X X Xi iA iB iA 10
Für die graphische Darstellung: Menge von B konstant gehalten (10 Einheiten)
76
Anfängliche Güterausstattungen der Individuen:
Individuum
Gut 1 2 gesamt
A 80 50 130
B 30 60 90
Nutzen1 48,99 54,77 103,76
1 Annahme: Beide Individuen haben die oben beschriebene Nutzenfunktion.
77
Güterausstattungen der Individuen nach Tausch z.B.:
Individuum
Gut 1 2 gesamt
A 50 80 130
B 50 40 90
Nutzen 50 56,57 106,57
Fazit: Tausch kann das Nutzenniveau beider Individuen steigern!
78
4.2. Unterschiedliche Produktionstechniken
4.2.1. Absolute Kostenvorteile
Beispiel:
Beide Individuen besitzen eine vorgegebene Menge Qi (=40) eines Produktionsfaktors, der
zu den Produkten A und B verarbeitet werden kann. Die Verbrauchsmengen seien:
Individuum
Gut 1 2
A 2 1
B 1 2
79
Ohne Abstimmung der Produktion und ohne Tausch maximieren die Individuen ihren
Nutzen unter der Nebenbedingung, dass sie jeweils nicht mehr als 40 Einheiten ihres
Produktionsfaktors verbrauchen.
Für Individuum 1 ergibt sich formal also das Problem:
X XA B X XA B1 1
1 1
max !,
Nebenbedingung:
2 401 1X XA B
80
Die Maximierung beider Individuen ergibt Produktionsmengen (=konsumierbare Mengen)
und Nutzen gemäß:
Individuum
Gut 1 2 gesamt
A 10 20 30
B 20 10 30
Nutzen 14,14 14,14 28,28
81
Wenn die Individuen die Produktion abstimmen und anschließend tauschen, ist z.B. folgende
Situation möglich:
Individuum
Gut 1 2 gesamt
A 20 20 40
B 20 20 40
Nutzen 20 20 40
Fazit: Abgestimmte Produktion kann das Nutzenniveau beider Individuen steigern!
82
4.2.2. Komparative Kostenvorteile
Beispiel:
Beide Individuen besitzen eine vorgegebene Menge Qi (=40) eines Produktionsfaktors, der
zu den Produkten A und B verarbeitet werden kann. Die Verbrauchsmengen seien nun aber:
Individuum
Gut 1 2
A 2 10
B 1 2
83
Anmerkung:
Im Vergleich zum Fall mit absoluten Kostenvorteilen liegt hier der Fall vor, dass das
Individuum 2 beide Güter nur „teurer“, d.h. mit mehr Verbrauch, produzieren kann. Das
Individuum 2 hat aber sog. komparative Kostenvorteile beim Gut B: Um eine Mengeneinheit
des Gutes B zu produzieren, muss es nur auf 0,2 Mengeneinheiten des Gutes A verzichten.
Wenn Individuum 1 hingegen eine Mengeneinheit des Gutes B mehr produzieren wollte,
müsste es auf 0,5 Mengeneinheiten des Gutes A verzichten.
Ohne Abstimmung der Produktion und ohne Tausch maximieren die Individuen ihren
Nutzen unter der Nebenbedingung, dass sie jeweils nicht mehr als 40 Einheiten ihres
Produktionsfaktors verbrauchen.
84
Für Individuum 1 ergibt sich formal also das Problem:
X XA B X XA B
1 11 1
max !,
Nebenbedingung:
2 401 1X XA B
Die Maximierung beider Individuen ergibt Produktionsmengen (=konsumierbare Mengen)
und Nutzen gemäß:
Individuum
Gut 1 2 gesamt
A 10 2 12
B 20 10 30
Nutzen 14,14 4,47 18,61
85
Wenn die Individuen die Produktion abstimmen und anschließend tauschen, sind zwei Fälle
denkbar:
1. Fall:
Individuum 2 produziert gar nicht mehr. Es überträgt seine Faktorausstattung komplett an
Individuum 2 und erhält im Tausch dafür nach der Produktion die fertigen Güter A und B.
Es ist dann z.B. folgende Situation möglich:
Individuum
Gut 1 2 gesamt
A 10 10 20
B 20 20 40
Nutzen 14,14 14,14 28,28
86
2. Fall:
Die Faktorausstattung kann nicht übertragen werden (z.B. kann ein Mensch nicht seine
Arbeitsleistung auf einen anderen übertragen und in der Zwischenzeit schlafen gehen!)
Folge:
Es ist wieder abgestimmte Produktion und Tausch notwendig.
Wenn jedes Individuum nur jeweils dasjenige Gut herstellt, bei dem es komparative
Kostenvorteile hat, dann kann Individuum 1 20 Mengeneinheiten des Gutes A und
Individuum 2 20 Mengeneinheiten des Gutes B herstellen.
87
Sie könnten dann z.B. folgende Aufteilung wählen:
Individuum
Gut 1 2 gesamt
A 15 5 20
B 15 5 20
Nutzen 15 5 20
Fazit: Bei komparativen Kostenvorteilen kann die abgestimmte Produktion das
Nutzenniveau beider Individuen steigern, auch wenn die eigentlich optimale
Faktorübertragung nicht möglich ist!
88
4.2.3. Kostenvorteile durch Spezialisierung
„Erfahrungskurveneffekt“: Die Stückkosten sinken mit der kumulierten Produktionsmenge.
Erfahrungskurveneffekt
020406080
100120
0 50 100 150 200 250 300 350
Kumulierte Produktionsmenge
Stüc
kkos
ten
89
Die Verbrauchsmengen könnten für beide Individuen z.B. gegeben sein als:
Individuum
Gut 1 2
A 60/(60 + XA) 60/(60 + XA)
B 80/(40 + XB) 80/(40 + XB)
Ohne Abstimmung lautet das Maximierungsproblem für Individuum 1:
X XA B X XA B1 1
1 1
max !,
Nebenbedingung: 60
6080
4040
11
11( ) ( )
X
XX
XA
AB
B
90
Als Lösung ergibt sich
Individuum
Gut 1 2 gesamt
A 34,79 34,79 69,58
B 11,60 11,60 23,2
Nutzen 20,08 20,08 40,18
91
Bei abgestimmter Produktion produziert einer nur Produkt A, der andere nur Produkt B.
Daraus folgen Gesamtmengen in Höhe von X A 120 und XB 40. Nach Tausch ist z.B.
möglich:
Individuum
Gut 1 2 gesamt
A 60 60 120
B 20 20 40
Nutzen 34,64 34,64 69,28
92
4.3. Risikoteilung
Risiko(umver)teilung kann dann zu einem Kooperationsvorteil führen, wenn Individuen
unterschiedliche Risikoneigungen haben oder unterschiedlichen Risiken ausgesetzt sind.
Definitionen:
ijX = (künftige) Konsummöglichkeit des Individuums i, falls der Um-
weltzustand j eintreten sollte
jp = Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Umweltzustandes j
n = Anzahl möglicher Umweltzustände
93
Beispiel:
Erwartungsnutzenfunktionen beider Individuen identisch: 21,0)()( iii XEUE
Situation ohne Risikoteilung:
Umweltzustand
Indivi-
duum
1
5,01 p 2
5,02 p
)( iXE i2 Ui
1 15 25 20 25 17,5
2 20 20 20 0 20
gesamt 35 45 40 25 37,5
94
Situation mit Risikoteilung z.B.:
Individuum 2 verspricht Individuum 1 eine Zahlung (gemessen in Konsumeinheiten) in
Höhe von 5, falls Umweltzustand 1 eintritt und eine Zahlung von 0, falls Umweltzustand 2
eintritt. Dafür verlangt er vorab eine Zahlung von 3,5 (Versicherungsprämie!). Neue
Situation:
Umweltzustand
Indivi-
duum
1
5,01 p 2
5,02 p
)( iXE i2 Ui
1 16,5 21,5 19 6,25 18,375
2 18,5 23,5 21 6,25 20,375
gesamt 35 45 40 12,5 38,75
Fazit: Risikoumverteilung kann zu Nutzensteigerung für beide Individuen führen!
95
4.4. Teamproduktion
Gemeinsame Arbeit kann den Nutzen erhöhen, wenn sich die Arbeitseinsätze gegenseitig
ergänzen.
Ausgangssituation:
Zwei Individuen 1 und 2 können jeweils maximal 100 Stunden arbeiten. Sie produzieren mit
ihrem Arbeitseinsatz ie das Gut X. Jeder von beiden kann maximal 50ie Arbeitseinheiten
(z.B. Arbeitsstunden) aufbringen.
Arbeitet jeder allein, so lautet die Produktionsfunktion jeweils:
ii eeX 2)(
96
Arbeiten beide gemeinsam, so lautet die Produktionsfunktion:
212121 22),( eeeeeeX
Wenn beide mit dem maximalen Arbeitseinsatz arbeiten, dann können sie allein jeweils
1002)( ii eeX Mengeneinheiten des Gutes produzieren, zusammen also 200
Mengeneinheiten.
Arbeiten sie gemeinsam, so können sie maximal 25022),( 212121 eeeeeeX
Mengeneinheiten produzieren.
Die gemeinsame Produktion ermöglicht also einen Kooperationsvorteil!
97
4.5. Fazit
Bisherige Schlussfolgerung:
Kooperation kann sich lohnen.
Voraussetzung:
Um Kooperationsvorteile zu erreichen, müssen die Akteure tauschen und/oder sie müssen
sonstige Aktivitäten aufeinander abstimmen (man sagt auch: sie müssen sich koordinieren).
98
Frage also:
Wie soll die Koordination erreicht werden?
Probleme dabei:
In welchem Verhältnis sollten sie die verschiedenen Güter gegeneinander tauschen?
Was passiert, wenn es sehr „teuer“ ist, einen Kooperationspartner zu finden?
Was passiert, wenn der Wert eines Gutes vor dem Tausch nicht genau festgestellt werden
kann?
99
5. Koordination über Märkte
Ausgangslage:
Kooperation kann Vorteile erbringen.
Problem:
Die Aktivitäten (z.B. Produktionsentscheidungen) müssen aufeinander abgestimmt werden
und das Austauschverhältnis der Güter untereinander muss festgelegt werden.
Vor allem die Festlegung des Austauschverhältnisses ist dabei besonders konfliktträchtig,
wie oben bereits gezeigt wurde.
Frage:
Wie kann dieser Konflikt entschärft werden?
100
Antwort:
Das kommt darauf an, welche Ausweichmöglichkeiten auf andere Kooperationspartner die
Individuen haben.
A) Keine Ausweichmöglichkeiten
Die Individuen sind gegenseitig aufeinander angewiesen. Dadurch sind sie gezwungen, eine
Lösung des Verteilungskonfliktes individuell auszuhandeln. (Es wird im Folgenden davon
ausgegangen, dass das Verhandlungsergebnis verbindlich ist und nicht einseitig
aufgekündigt werden kann)
Hilfreich:
In dieser Situation wäre es hilfreich, wenn die Individuen verbindliche Verhandlungsregeln
vereinbaren würden, deren Befolgung die Aufteilung dann regelt.
101
Mögliche Verhandlungsregeln:
A1) Die egalitäre Lösung
Gemäß der egalitären Lösung soll die Aufteilung so erfolgen, dass jeder Akteur den gleichen
Nutzenzuwachs erzielt.
Beispiel:
Rockefeller und ein Bettler sollen 1000$ unter sich aufteilen. Beide haben die
Nutzenfunktion XxU )( , wobei X das jeweilige Anfangsvermögen der Akteure darstellt.
Es sei y der Geldbetrag, den Rockefeller erhält und somit 1000-y der Geldbetrag, den der
Bettler erhält. Man nehme an, Rockefeller besitze ein Anfangsvermögen von 900 Mio. $ und
der Bettler ein Anfangsvermögen von 144 $.
102
Frage:
Wer bekommt gemäß der egalitären Lösung wie viel von den 1000$?
Lösungsansatz:
Nutzenzuwachs Rockefeller = Nutzenzuwachs Bettler
144)1000(144000.000.900000.000.900 yy
Die numerische Lösung ergibt 60,999y , d.h. Rockefeller bekommt 999,60 $ und der
Bettler 40 Cent!
A2) Die utilitaristische Lösung
Gemäß der utilitaristischen Lösung soll das Geld so aufgeteilt werden, dass die Summe der
Nutzen maximiert wird.
103
Für das Rockefellerbeispiel ergibt sich:
yyy max!)1000(144000.000.900
Nebenbedinung: 10000 y
Die Nebenbedingung stellt sicher, dass nichts von dem Ausgangsvermögen umverteilt wird.
Die Lösung lautet hier: 0y , d.h. Rockefeller bekommt nichts, der Bettler die vollen 1000$!
104
A3) Axiomatische Lösungen
Axiomatische Lösungen gehen von „Vernunftsprinzipien“ aus und leiten aus diesen eine
Lösung her. Die bekannteste ist die Lösung von Nash. Danach wird der folgende Ausdruck
maximiert:
max!))(( 2211 UUUU
Nebenbedingungen:
11 UU
22 UU
21,UU zulässig
Hierbei bezeichnet iU einen Mindestnutzen, den der Verhandlungspartner i auch ohne den
anderen Verhandlungspartner erreichen kann.
105
Im Rockefeller-Beispiel:
!max144)1000(144000.000.900000.000.900y
yy
Die Lösung lautet hier y=571,20, d.h. Rockefeller erhält 571,20$ und der Bettler erhält
428,80$!
A4) Zwischenfazit
Wenn keine Ausweichmöglichkeiten bestehen, dann ist es zweckmäßig, sich auf
Verhandlungsregeln zu einigen.
106
Aber:
Tatsächlich können Verteilungskonflikte mit den oben beschriebenen Regeln häufig nicht
gelöst werden. Der Streit verlagert sich nur auf das Auffinden der akzeptierten
Verhandlungsregeln. Ein weiteres Problem besteht darin, dass zum Auffinden der Lösungen
die Nutzenfunktionen bekannt sein müssen. Da diese aber einen Einfluss auf die Lösung
haben, haben die Akteure einen Anreiz, bezüglich ihrer Nutzenfunktionen zu lügen!
B) (Fast) Unbegrenzte Ausweichmöglichkeiten
Wenn jeweils sehr viele Akteure als Tauschpartner zur Verfügung stehen, dann kann jeder
Akteur versuchen, auf einen anderen Tauschpartner auszuweichen, der bessere
Tauschbedingungen bietet. Es kommt also zu Konkurrenz unter den Tauschpartnern. In
diesem Fall kann die Koordination über „Märkte“ erfolgen. Es gibt für die einzelnen
Marktteilnehmer in dieser Situation auch keinen Anreiz und keine sinnvolle Möglichkeit
mehr, seine Nutzenfunktion falsch darzustellen.
107
Diese Koordination über Märkte soll im Folgenden vertieft dargestellt werden.
Komponenten von Märkten:
Unternehmen, d.h. Akteure, die die Güter produzieren
Haushalte, d.h. Akteure, die die Güter konsumieren möchten
Preismechanismus, d.h. Regel, nach der das Austauschverhältnis der Güter bestimmt
wird.
108
Zielsetzungen der Akteure:
Unternehmen maximieren Gewinne
Haushalte maximieren Nutzen
Bezeichnungen:
xi Menge des Gutes i
pi Preis des Gutes i C xj ij( ) Kosten des Unternehmens j, wenn es die Menge xi produziert. G x p Cj ij i j( ; ; ) Gewinnfunktion des Unternehmens j. Vereinfachende Annahme: Jedes
Unternehmen produziert nur ein Gut.
U x xk n( ,..., )1 Nutzenfunktion des Haushaltes k
Bk Budgetrestriktion des Haushaltes k
109
Ausgangslage:
Kein Akteur ist bedeutend genug, um das Marktergebnis, d.h. den Preis, zu beeinflussen.
Alle Akteure passen ihre Entscheidungen an den gegebenen (bzw. erwarteten) Marktpreis
an, handeln also als sog. „Mengenanpasser“.
110
5.1. Unternehmen
Die Zielfunktionen der Unternehmen lauten:
G x p C xj ij i j
ij( , , ) max
Beispiel: pC x
i
j ij
100 2 2,
Folgerung: G x xj ij ij 10 0 2 2,
111
Gewinnmaximierung führt zu der Bedingung: dGdx xj
ijij 10 0 4 0,
Bei einem Preis von pi 10 beträgt die optimale Produktionsmenge also:
xij* 25
Bei dieser Produktionsmenge haben die Grenzkosten einen Wert von
dCdx
j
ij xij
0 4 25 10,
Die Grenzkosten stimmen also mit dem Preis überein. Dies gilt allgemein für das optimale
Angebot aller Unternehmen:
112
Sie bieten immer diejenige Menge an, bei der die Grenzkosten dem Preis entsprechen!
Wegen der Kostenfunktion 22,0 ijj xC lautet die Grenzkostenfunktion:
ijij
j xdxdC
4,0
Da die Grenzkosten bei optimaler Angebotsmenge gleich dem Preis ist, muss für jedes
Unternehmen also gelten:
iijij
j pxdxdC
4,0
113
Auflösen nach der optimalen Angebotsmenge des Unternehmens j in Abhängigkeit vom
Preis ergibt:
x pij i
* , 2 5
Mit steigendem Preis kommt es also zu einem höheren Angebot des Unternehmens.
Wenn nun insgesamt J homogene Unternehmen das Produkt xi anbieten, so beträgt das
Gesamtangebot Ai des Produktes i:
A x
pJ p
i ijj
J
ij
J
i
*
,,
1
12 52 5
114
5.2. Haushalte
Haushalte maximieren ihren Nutzen bezüglich der zu erwerbenden Güter xik . Die Nutzen und
Grenznutzen aller Güter sind annahmegemäß positiv.
Folge:
Haushalte möchten unendlich viele Einheiten jedes Gutes erwerben.
Aber:
Jeder Haushalt k sieht sich einer Budgetbeschränkung Bk gegenüber. Diese begrenzt die
Maximalmenge der zu erwerbenden Güter.
115
Beispiel:
Der Nutzen des Haushaltes k hänge von nur zwei Gütern xi, i 1 2, ab. Speziell gelte:
U x xk k k 1 2
Die Preise der Güter betragen p1 10 und p2 20 .
Ferner hat der Haushalt k die Budgetrestriktion Bk 100 zu beachten, d.h. für seine
Konsumausgaben muss gelten p x p x Bk k k1 1 2 2 , bzw.:
10 20 1001 2x xk k
116
Die Zielfunktion des Haushaltes lässt sich demnach beschreiben als:
U x x x xk k kk k
1 21 2max,
Unter der Nebenbedingung:
10 20 1001 2x xk k
Lösung:
Man überlegt sich leicht, dass die Budgetrestriktion voll ausgeschöpft wird. Denn Geld
zurückzuhalten stiftet laut Nutzenfunktion keinen eigenen Nutzen. Die Nichtausschöpfung
der Budgetrestriktion bedeutet aber einen Rückgang des Konsums, mithin eine
Nutzeneinbuße.
117
Folge:
10 20 1001 2x xk k
Diese Gleichung kann man umstellen, um die Konsummenge von Produkt 1 in Abhängigkeit
vom Konsum des Produktes 2 darzustellen:
x xk k1 210 2
Diese Mengenbeziehung kann nun direkt in die Nutzenfunktion eingesetzt werden:
U x xx x
k k k
k k
1 2
2 210 2( )
118
Die Nutzenmaximierung ergibt nun als Bedingung erster Ordnung:
dUdx
xx x
k
k
k
k k2
2
2 2
10 42 10 2
0
( )
Hieraus folgt die optimale Nachfragemenge:
x k2 2 5* ,
Und wegen der Budgetgleichung x xk k1 210 2 ergibt sich:
x xk k1 210 2
5* *
119
Allgemein gilt für die Budgetrestriktion in Abhängigkeit von den Preisen p x p xk k1 1 2 2 100
oder umgeformt:
x ppp xk k1
1
2
12
100
Daraus folgt für die Nutzenfunktion:
U x x
ppp x x
k k k
k k
1 2
1
2
12 2
100
120
Die Maximierung führt somit zu der Bedingung erster Ordnung:
01002
2100
221
2
1
21
2
1
2
kk
k
k
k
xxpp
p
xpp
pdxdU
Diese Bedingung ist genau dann erfüllt, wenn
100 2 0
1
2
12p
pp x k
gilt. Hieraus folgt schließlich die optimale Nachfragemenge:
x pk22
50*
121
Nimmt man an, dass alle Haushalte homogen sind, d.h. die gleiche Nutzenfunktion und
Budgetrestriktion haben, dann ergibt sich bei K Haushalten eine aggregierte
Gesamtnachfrage nach dem Gut 2 in Höhe von
N x
p
K p
kk
K
k
K2 21
21
2
50
50
*
122
5.3. Preismechanismus
Wenn Angebot und Nachfrage so gebildet werden wie in 5.1. und 5.2. beschrieben, dann
existiert ein Preis, bei dem Angebot und Nachfrage gleich hoch sind. In diesem Fall spricht
man vom Marktgleichgewicht. Es werden genau so viele Güter produziert, wie auch
nachgefragt werden.
Im Marktgleichgewicht gilt:
Angebot = Nachfrage, d.h. für alle Güter i gilt: A Ni i .
123
Für die aggregierten Angbots- und Nachfragefunktionen des Gutes 2 ergab sich aus den
vorangehenden Abschnitten:
22 5,2 pJA
22
50p
KN
Bei z.B. J 40 Unternehmen und K 20 000. Haushalten ergeben sich also die
Gesamtangebotsfunktion 222 1005,2 ppJA und die Gesamtnachfragefunktion
222
000.000.150pp
KN .
124
Der Gleichgewichtspreis p2* löst also die Gleichung:
*2
*2
22
000.000.1100p
p
NA
Es ergibt sich daher ein Gleichgewichtspreis in Höhe von:
p2 100*
Eigenschaften des Gleichgewichtes:
Kein Akteur möchte bei den gegebenen Preisen seine Entscheidungen revidieren, d.h. das
Marktgleichgewicht ist ein Nash-Gleichgewicht.
Das Marktergebnis ist Pareto-effizient, d.h. man kann keinen Akteur besser stellen, ohne
einen anderen schlechter zu stellen.
125
Dieses Modell der marktlichen Koordination wird auch als Allgemeine
Gleichgewichtstheorie bezeichnet.
126
5.4. Voraussetzungen der Koordination über Märkte
Frage:
Wann können alle wirtschaftlichen Aktivitäten über Märkte koordiniert werden?
Antwort:
Wenn die folgenden Annahmen erfüllt sind:
Annahme U: Universalität von Märkten!
Für jedes relevante Gut, welches ein Akteur handeln möchte, existiert ein Markt. Auf diesem
Markt herrscht ein Preis, der allen Akteuren bekannt ist. Alle Akteure handeln als
Mengenanpasser.
127
Annahme K: Konvexität!
Sämtliche Nutzenindifferenzkurven der Haushalte und sämtliche Ertragsisoquanten sind
konvex zum Ursprung.
Implikationen:
Annahme U: Alle Handlungen der Akteure werden erfolgsrelevant. Es existieren keine
Transaktionskosten.
Annahme K: Die Produzenten produzieren mit abnehmender Grenzproduktivität bzw. mit
steigenden Grenzkosten. Die Haushalte konsumieren mit abnehmendem Grenznutzen.
Zwischenergebnis:
Gelten die Annahmen U und K, so können alle Aktivitäten über Märkte koordiniert werden.
Sämtliche Kooperationsvorteile können durch diese Koordination gesichert werden.
128
Frage:
Welche Rolle spielen Unternehmen in dieser Betrachtung?
Antwort:
Sie sind reduziert auf „Produktionsfunktionen“!
Folge:
Die Existenz realer Erscheinungsformen von Unternehmen als auf Dauer angelegter
Kooperationsform von Akteuren kann nicht erklärt werden.
In der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie existiert kein Platz für die interne Komplexität
von Unternehmen!
129
Frage also:
Ist BWL überflüssige Disziplin?
Antwort:
Nicht, wenn die Bedingungen der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie zumindest in
Teilbereichen verletzt wären.
130
5.5. Verletzungen der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie
Probleme der AGT:
Bei Verletzung von Annahme U: Für bestimmte „Güter“ existiert kein Markt. In diesem Fall
können evtl. Vorteile aus koordiniertem Verhalten nicht erreicht werden.
Bei Verletzung der Annahme K:
Produzieren die Produzenten mit steigender Grenzproduktivität, so existiert kein
Gleichgewichtspreis.
131
6. Marktfehler
Ausgangslage:
Wenn die Voraussetzungen der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie nicht erfüllt sind, kann
es dazu kommen, dass keine Koordination über Märkte erreicht werden kann.
Zu beachten fünf Punkte:
(a) Gleichgewichte mit den angesprochenen Eigenschaften existieren
nicht immer: MARKTFEHLER bzw. MARKTVERSAGEN
Koordinationsaufgaben können von anderen Agenten übernommen werden (z.B. durch
„Staat“ oder „Unternehmen“)
132
(b) Wenn man weiß, das ein Preissystem p* möglicherweise existiert, dann weiß man noch
nicht, wie es von einer Ökonomie erreicht wird.
Die AGT ist keine gute Prozesstheorie.
Alternative bzw. ergänzende Idee: Unternehmer nützen
Ungleichgewichte am Markt aus, um daran zu verdienen
(ARBITRAGE), sorgen damit aber auch für Effizienz!
Oder: Unternehmer versuchen bestehende Gleichgewichte
zu zerstören (SCHUMPETER -> der Unternehmer als "Revolutionär"),
etwa durch neue Produkte.
133
(c) Das Gesamtbild, das die AGT von der Gesellschaft zeichnet, ist sehr individualistisch:
Wirtschaftseinheiten bestehen aus einer Person bzw. aus einer fiktiven Person
"Innen" geschieht kaum etwas Interessantes.
(d) Kritisch: Info-Annahme
Wie kommen die Wirtschaftseinheiten zu Informationen über Preise und andere Daten?
Kostenlos ?
134
(e) Noch kritischer: Info-Verteilung
Was passiert eigentlich, wenn eine Marktseite etwas weiß, was
die andere Marktseite nicht weiß?
Bsp.: Gebrauchtwagen (AKERLOF)
Bsp.: Ein Unternehmen sucht Facharbeiternachwuchs
(-> dauerhafte Beschäftigung -> aber hohe Ausbildungsinvestitionen)
Bsp.: Nichtbeobachtbarkeiten:
Ein Eigentümer stellt einen Geschäftsführer ein.
Der soll das Unternehmen führen. Aber wie kann man
sicher sein, dass der auch was tut? Er könnte ja auch Golf
spielen und ansonsten einfach Glück haben.
135
Alle fünf Punkte spielen heute eine gewisse Rolle in der BWL.
Wohl wichtigste Diskussion
Punkt (d): Informationsannahme
und Informationskosten
Punkt (e): Info-Verteilung
136
6.1. Informationskosten und Informationsverteilung
Trivial:
Wenn es einzelnen Akteuren nicht bzw. nur zu prohibitiven Kosten möglich ist, die
entscheidungsrelevanten Informationen zu bekommen, dann können sie evtl. nicht am
Marktgeschehen teilnehmen.
Interessantere Frage:
Was passiert, wenn einzelne Akteure besser informiert sind als andere?
Grund:
Falls Informationen nicht kostenlos verfügbar sind, müssen diese beschafft werden.
137
Folge:
Evtl. nicht alle Individuen sind nach Infobeschaffung auf gleichem Infostand, weil sie z.B.
unterschiedliche Informationsbeschaffungskosten haben (Spezialisierungsvorteil!).
Ergebnis also:
Informationsasymmetrie
Wichtige Begriffe:
Beobachtbarkeit: Individuen haben gleiche Informationen.
Verifizierbarkeit: Informationen sind gegenüber Dritten beweisbar.
138
Formen der Informationsasymmetrie:
Verhaltensunsicherheit (Hidden Action): Die Aktivitäten eines Vertragspartners nach
Vertragsabschluss sind nicht beobachtbar (bzw. verifizierbar).
Qualitätsunsicherheit (Hidden characteristics): Qualitätsmerkmale des
„Vertragsgegenstandes“ oder des Vertragspartners sind nicht beobachtbar (bzw.
verifizierbar).
Beispiele:
Arbeitgeber stellt Arbeitnehmer ein, kann anschließend aber nicht beobachten, wie
sorgfältig dieser seine Aufgabe erledigt (Verhaltensunsicherheit)
Krankenversicherer versichert neuen Versicherungsnehmer, kann aber dessen
Gesundheitszustand nicht beurteilen (Qualitätsunsicherheit)
139
Frage:
Zieht der besser Informierte immer Vorteile aus seinem Informationsvorsprung?
Antwort:
Nein! Der schlechter Informierte ist evtl. uninformiert, aber nicht naiv! Er wird nur solche
Kooperationsformen akzeptieren, die ihn vor nachträglicher Ausbeutung schützen.
Beispiel Gebrauchtwagenmarkt:
Annahmen:
Nur Verkäufer kennt wahren Wert seines Wagens.
Käufer kennt nur die Verteilung der wahren Werte, kann einen einzelnen Wagen aber nicht
beurteilen.
140
Qualitätsklasse Wahrer Wert Anz. angebotener Wagen Anteil der Qualitätsklasse
1 12.000 1.000 0,25
2 10.000 1.000 0,25
3 8.000 1.000 0,25
4 6.000 1.000 0,25
Durchschnittlicher Wert aller Wagen: 9.000
9 000 0 25 12 000 0 25 10 000 0 25 8 000 0 25 6 000. , . , . , . , .
Frage:
Was passiert, wenn Käufer nur den durchschnittlichen wahren Wert von 9.000 als Preis
bezahlen wollen?
141
Antwort:
Nur Wagen der Qualitätsklassen 3 und 4 würden zu diesem Preis angeboten.
Dies antizipieren die Käufer (Rationale Erwartung!).
Sie bieten also keine 9.000 für einen Wagen sondern weniger.
Folge:
Schließlich werden nur Wagen der geringsten Qualitätsklasse gehandelt (sog. Adverse
Selektion). Im Bsp.: Nur 25% aller Wagen wechseln den Eigentümer! Bei noch stärkerer
Streuung geht der Anteil der gehandelten Wagen gegen Null, d.h. der Markt bricht
zusammen!
Weiterer Befund:
Die besser informierten Verkäufer profitieren nicht von ihrem überlegenen Wissen! (Hier:
Verkäufer hoher Qualitäten kommen nicht Zug!)
142
Erstes Fazit:
Märkte können bei Informationsasymmetrien versagen!
Folge:
Bei Informationsasymmetrien kann es dazu kommen, dass Kooperationsvorteile nicht über
Märkte gesichert werden können.
Einschränkender Hinweis:
Es wurden bisher keine Mechanismen zur Beseitigung der Informationsasymmetrie
berücksichtigt. Daher: Unzureichende Beschreibung der Realität.
143
Wichtig also:
Suche nach Mechanismen zur Beseitigung der negativen Folgen der
Informationsasymmetrie.
Möglichkeiten:
Einführung von Informations- bzw. Kontrollsystemen:
- Möglichst genau.
- Möglichst kostengünstig
Gestaltung von Vertragsformen:
- Anreizverträglich (d.h. Vertragserfüllung muss auch nach Vertragsabschluss individuell
optimal sein)
144
6.2. Externe Effekte
„Externer Effekt“:
Bestimmte Leistungen werden nicht durch vertragliche Gegenleistungen kompensiert.
Folge:
Private Kosten (Erträge) stimmen nicht mit sozialen Kosten (Erträgen) überein.
Bsp.:
Umweltverschmutzung durch Produktion (negative externe Effekte)
Imkereien (positive externe Effekte)
145
Beispiel:
Rinderbauer (RB): Optimiert bezüglich Herdengröße.
Getreidebauer: Erleidet pro Rind proportionalen Ernteausfall.
Anzahl Rinder Privater Ertrag RB Private Kosten RB Privater Gewinn RB
1 75 30 45
2 145 65 80
3 210 105 105
4 270 150 120
5 325 200 125
6 375 255 120
7 420 315 105
8 460 380 80
146
Anzahl Rinder Privater Gewinn RB Minderernte Getreidebauer Sozialer Gewinn
1 45 10 35
2 80 20 60
3 105 30 75
4 120 40 80
5 125 50 75
6 120 60 60
7 105 70 35
8 80 80 0
147
Bei individueller Optimierung wählt Rinderbauer zu hohe Herdengröße. Sein privater
zusätzlicher Gewinn aus dem 5. Rind ist 5 während die nicht von ihm zu tragenden sozialen
Kosten 10 betragen.
Erstes Fazit:
Externe Effekte können dazu führen, dass Märkte als Koordinationsinstrument versagen.
Denn der Nutznießer muss bei Vorliegen von externen Effekten keinen Preis für sein
Nutzungsrecht bezahlen.
Aber auch hier:
Externe Effekte müssen in der Regel nicht als unvermeidliches Übel angesehen werden.
Vielmehr werden die Individuen bestrebt sein, die möglichen Wohlfahrtsgewinne durch
Zusatzvereinbarungen zu erreichen.
148
Lösung des Problems:
„Internalisierung“: Zusatzvereinbarungen, durch die externe Kosten oder Erträge dem
Verursacher zugerechnet werden.
Im Beispiel:
Rinderbauer wird vertraglich verpflichtet, den Minderertrag des Getreidebauern zu bezahlen.
Aber:
Sind solche Verträge immer möglich?
Existieren verschiedene Vertragsformen?
Voraussetzung:
Genaue Ausgestaltung der Vertragsmöglichkeiten hängt ab von den Rechten und Pflichten,
die den Individuen durch die Rechtsordnung zugewiesen werden.
149
Zunächst zu klären:
Welche Rechte (sog. Verfügungsrechte) an Gütern können unterschieden werden?
6.3. Verfügungsrechte (Property Rights)
Ausgangslage:
Nicht die Güter selbst stiften nutzen, sondern die Rechte an der Nutzung der Güter!
Frage:
Welche Rechte (sog. Verfügungsrechte) an Gütern können unterschieden werden?
150
Antwort:
Es lassen sich folgende Rechte unterscheiden:
- Recht zum Gebrauch
- Recht zur Aneignung von Erträgen
- Recht der Veränderung
- Recht des Verkaufs
Prinzipiell gilt:
Jedes einzelne Recht kann einen eigenen Wert haben. Die einzelnen Rechte könnten damit
prinzipiell auch einzeln gehandelt werden.
Beispiel:
Ein Mietvertrag kann interpretiert werden als ein Kaufvertrag über das Recht „Gebrauch“.
Das Recht auf Verkauf des Mietgegenstandes verbleibt jedoch beim Vermieter.
151
Die Verfügungsrechte können gebündelt in einer Hand liegen oder auf verschiedene
Personen verteilt sein.
Wichtige Eigenschaften von Verfügungsrechten:
a) Exklusiv oder nicht-exklusiv.
b) Veräußerbar oder nicht veräußerbar.
Zu a)
„Exklusivität“: Verfügungsrechte sind einem Individuum zugeordnet
„Nicht-Exklusivität“: Verfügungsrechte sind mehreren Personen zugeordnet.
Bsp. nicht-exklusiver Verfügungsrechte:
Öffentliche Güter (innere und äußere Sicherheit, nicht schützbare Informationen)
Gemeinschaftseigentum (Offene Handelsgesellschaft)
152
Problem nicht-exklusiver Verfügungsrechte:
Externe Effekte möglich oder zwingend.
Bsp. Innere Sicherheit:
Wenn Polizei zum Schutz der inneren Sicherheit aufgebaut ist, kommt diese allen
Gesellschaftsmitgliedern zugute. Einzelne Individuen können nicht ausgeschlossen werden.
Zu b)
„Veräußerbarkeit“: Verfügungsrecht kann ohne Beschränkungen verkauft werden.
Veräußerbarkeit beeinflusst die Möglichkeit zur Internalisierung von externen Effekten.
153
Bsp. Rinderbauer/Getreidebauer:
Wenn Getreidebauer sein Feld an Rinderbauer verkauft, wird Rinderbauer die sozial
optimale Herdengröße wählen, da er nun die sozialen Kosten der Ernteminderung durch die
Rinder selbst zu tragen hat.
Falls Veräußerbarkeit beschränkt, drohen mögliche Effizienzverluste!
Bsp.:
Gesetzlicher Mieterschutz
Gesetzlicher Kündigungsschutz
154
Falls Verfügungsrechte unbeschränkt handelbar sind, gilt Coase-Theorem:
Ex-ante-Verteilung von Verfügungsrechten ist belanglos für faktische Verteilung der
Verfügungsrechte.
Die faktische Verteilung ist stets effizient.
Durch geeignete Umverteilung von Verfügungsrechten lassen sich externe Effekte
internalisieren.
Begründung:
Falls externe Effekte Ineffizienzen verursachen, können diese durch Umverteilung der
Verfügungsrechte beseitigt werden.
Folge:
Wohlfahrtsgewinn!
155
Daher:
Umverteilung bis alle Ineffizienzen beseitigt sind.
Folgerung:
Effizienz sollte möglichst durch private Verträge sichergestellt werden.
Suche nach geeigneten Verträgen ist wichtige betriebswirtschaftliche Fragestellung.
Einschränkende Voraussetzungen des Coase-Theorems:
Handel und Durchsetzung ohne Transaktionskosten.
Ex-ante-Verteilung ist vollständig spezifiziert.
Handel ist nicht beschränkt.
Keine finanziellen Restriktionen.
156
Erstes Fazit:
Wenn die Übertragung von Verfügungsrechten behindert ist, können Märkte als
Koordinationsinstrument versagen, weil für bestimmte Verfügungsrechte kein Markt
existieren könnte.
157
6.4. Transaktionskosten
Definition:
Eine Transaktion ist die Übertragung eines Verfügungsrechts von einem Akteur auf einen
anderen.
These:
Transaktionen können mit Kosten verbunden sein, die nichts mit dem Wert des übertragenen
Verfügungsrechtes selbst zu tun haben.
158
Beispiele:
Es soll ein Transaktionspartner gefunden werden. Hierfür muss eine teure
Zeitungsannonce aufgegeben werden.
Das übertragene Verfügungsrecht hat nicht den versprochenen Wert. Es muss ein
Anwalt zur Vertragsdurchsetzung eingeschaltet werden.
Arten von Transaktionskosten:
- Anbahnung
- Vereinbarung
- Kontrolle
- Anpassung
- Durchsetzung
159
Gedankenexperiment:
(1) Ausgangslage
Ein einzelner Unternehmer muss laufend Transaktionen durchführen. Dabei erfährt er,
dass die externen TAK, also TAK zwischen rechtlich selbständigen
Wirtschaftseinheiten, hoch sein können.
Dass gilt vor allem dann, wenn er
(a) bestimmte Transaktionen häufig durchführt
(b) große Probleme bei der Qualitätskontrolle hat
(c) wegen Unsicherheit "komplexe" Verträge abschließen muss
(d) spezifische Investitionen tätigen muss
(z.B. Spezialmaschinen anschaffen: „Erpressbarkeit“)
160
(2) Folgerung:
Die Nutzung des Marktes als Koordinationsmechanismus kann teuer werden.
Beispiel:
Ein Unternehmer benötigt dauerhaft 10000 Arbeitskräfte, um Autos zu produzieren. Er
könnte jeden Tag zusammen mit anderen Unternehmern auf den Marktplatz gehen, und den
dort anwesenden Arbeitssuchenden Arbeit anbieten.
Problem:
Extrem hohe Transaktionskosten.
161
Denn:
Was passiert, wenn nicht genügend Arbeitnehmer dort sind?
Was passiert, wenn nicht alle Arbeitnehmer ausreichend qualifiziert sind?
Wie kann überhaupt festgestellt werden, ob ein Arbeitnehmer ausreichend qualifiziert ist?
Erstes Fazit:
Märkte können bei sehr hohen Transaktionskosten versagen!
162
6.5. Fazit
Märkte können also versagen, wenn:
Informationen teuer und/oder asymmetrisch verteilt sind
Externe Effekte vorliegen
Verfügungsrechte nicht gehandelt werden können
Transaktionen über Märkte sehr teuer sind
Frage:
Besteht eine Möglichkeit, Kooperationsvorteile auch ohne Märkte zu sichern?
Antwort:
Ja, nämlich durch die Schaffung von „komplexen“ Unternehmen.
163
Ausgangslage:
In der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie sind Unternehmen lediglich
Produktionsfunktionen, die ausschließlich wie eine Optimierungsmaschine funktionieren.
Sie handeln wie ein Akteur. Kompliziertere Prozesse im Innenverhältnis von Unternehmen
werden nicht diskutiert.
Im Folgenden:
Unternehmen werden interpretiert als alternative Mechanismen zur Sicherung von
Kooperationsvorteilen bei Marktversagen.
Frage:
Wie müssten derart definierte Unternehmen funktionieren, damit sie erfolgreich
Kooperationsvorteile sichern können?
164
7. Koordination in Unternehmen
Frage:
Wie sieht ein idealtypisches Unternehmen aus?
Antwort:
Ein Unternehmen ist ein freiwilliger Zusammenschluss mehrerer Akteure zur Sicherung von
Kooperationsvorteilen. Sie legen ihre Rechte und Pflichten vertraglich fest. Dabei sind die
Verträge oft langfristiger Natur und bleiben häufig zumindest in Teilbereichen
unspezifiziert. Die Koordination innerhalb des Unternehmens erfolgt nicht über Marktpreise.
Frage:
Wie lässt sich begründen, dass Unternehmen Vorteile bei der Sicherung von
Kooperationsvorteilen haben?
165
Eine mögliche Antwort:
Siehe den folgenden Abschnitt 7.1.
Frage:
Welche neuen Probleme bei der Sicherung von Kooperationsvorteilen treten in Unternehmen
auf und wie können diese gelöst werden?
Eine mögliche Antwort:
Siehe Abschnitt 7.2.
166
7.1. Teamproduktion
These:
Unternehmen sichern Kooperationsvorteile durch die Trennung von ausführenden
Tätigkeiten und Kontrolle.
Beispiel:
Sicherung von effizienter Teamarbeit durch Einschaltung eines Kontrolleurs.
Definition:
„Teamproduktion“: Erhöhung eines Produktionsfaktors erhöht Produktivität der anderen
Faktoren.
167
Bezeichnungen:
ri: eingesetzte Menge des Faktors i
x: Ertrag
Bsp. für Teamproduktion:
x r r 1 2
x r r r r 1 2 1 20 3( ) ,
Formales Kennzeichen der Teamproduktion:
xr
ri
j
0 für i j
168
Mögliche Problemsituation:
Faktormengen können nicht unmittelbar gehandelt werden.
Faktormengen können nicht unmittelbar beobachtet werden.
Einbringung von Faktoren verursacht individuelle Kosten.
Ertrag wird nach vorher festgelegter Regel geteilt.
Bsp.:
Arbeitseinsatz (ri) von Mitglied i eines Arbeitsteams.
Kosten des Faktors: „Arbeitsleid“ ( ri).
Zwei Teammitglieder i = 1,2.
Ertrag: x r r 120 1 20 25( ) , .
Teilungsregel: Jedes Teammitglied erhält die Hälfte des Ertrages.
169
Also:
„Gewinn“ je Teammitglied
G x ri i 0 5,
Wohlfahrtsoptimum = Maximum der Summe der Einzelgewinne:
G G G r r r r 1 2 1 20 25
1 2120( ) ( ),
Bedingungen für Wohlfahrtsoptimum: Gdr1
0 und Gdr2
0
170
Es ergibt sich:
Gdr r r r
12 1 2
0 7530 1 0 ( ) ,
Gdr r r r
21 1 2
0 7530 1 0 ( ) ,
Da beide Gleichungen Null ergeben, kann man sie gleichsetzen:
Gdr r r r r r r G
dr12 1 2
0 751 1 2
0 75
230 1 0 30 1 ( ) ( ), ,
171
Kürzen ergibt unmittelbar:
r r1 2
Setzt man dieses Ergebnis in eine der Ableitungen ein, ergibt sich
Gdr r r r
r r rr r
r
21 1 2
0 75
1 1 10 75
1 11 5
10 5
30 130 130 130 1 0
( )( )( )
,
,
,
,
172
Durch Umstellen erhält man schließlich:
r10 5 30, bzw. r1 900
Damit folgt wegen r r1 2 auch r2 900 .
Einsetzen in Ertragsfunktion ergibt:
x r r
120120 900 9003600
1 20 25
0 25( )( )
,
,
173
Als individuelle Gewinne ergeben sich somit
G x ri i
0 50 5 3600 900900
,,
Frage:
Werden sich die Teammitglieder so verhalten und wirklich 900 Einheiten Arbeit einsetzen?
Antwort:
Nein!
174
Begründung:
Nachdem die Teilungsregel festgelegt ist, maximiert jedes Teammitglied den eigenen
Gewinn!
G r r r1 1 20 25
10 5 120 , ( ) ,
G r r r2 1 20 25
20 5 120 , ( ) ,
Dies führt zu den individuellen Optimalitätsbedingungen:
Gr r r r1
12 1 2
0 7515 1 0 ( ) ,
Gr r r r2
21 1 2
0 7515 1 0 ( ) ,
175
Auflösen nach den Arbeitseinsätzen ergibt die sog. Reaktionsfunktionen R:
R1: r r1 23 50625 oder: r r
213
50625
bzw.
R2: r r2 13 50625
Die Funktionen R heißen Reaktionsfunktionen, da sie zum Ausdruck bringen, wie
Teammitglied i auf den Arbeitseinsatz des Teammitglieds j in optimaler Weise reagieren
sollte. Alternative Bezeichnung: „Beste-Antwort-Funktionen“.
Frage:
Welche Arbeitseinsätze werden die Teammitglieder nun tatsächlich wählen?
176
Antwort:
Sie werden ihre Arbeitseinsätze so wählen, dass beide Reaktionsfunktionsgleichungen
gleichzeitig erfüllt sind, d.h. der Arbeitseinsatz jedes Teammitgliedes optimal ist für den
Arbeitseinsatz des jeweils anderen Teammitgliedes (Nash-Gleichgewicht).
Lösung hier: Arbeitseinsätze:
r r1 2 225
Ertrag: x r r
120120 225 2251800
1 20,25
0,25( )( )
Gewinne:
G G1 2 675
177
Reaktionsfunktionen und Nash-Gleichgewicht
0
225
450
0 225
Reaktionsfunktion 1
Reaktionsfunktion 2Nash-Gleichgewicht
Arbeitseinsatz 1
Arbeitseinsatz 2
178
Folgerung:
Beide Teammitglieder stehen schlechter da, als wenn sie sich verbindlich auf den zuerst
ermittelten Arbeitseinsatz von jeweils ri 900 einigen könnten!
Konsequenz:
Suche nach Mechanismen zur verbindlichen Festlegung des Arbeitseinsatzes sinnvoll!
1. Möglichkeit: Kontrolle
Teammitglieder heuern Kontrolleur an, der die tatsächlichen Arbeitseinsätze überwacht.
Teammitglieder unterwerfen sich vorab der Entscheidung des Kontrolleurs.
Frage:
Was passiert, wenn Kontrolleur festen Betrag für die Durchführung der Kontrolle erhält?
179
Antwort:
Falls Kontrolle selbst nicht beobachtbar: Kontrolleur steckt Vergütung für Kontrolle ein,
kontrolliert aber nicht!
Also: Wer kontrolliert die Kontrolleure?
Alternative:
Kontrolleur erhält nicht fixen Betrag für Kontrolle, sondern gesamten Ertrag.
Teammitglieder erhalten Vergütung vom Kontrolleur.
Zusätzliche Annahme:
Vor Gericht verifizierbare Kontrolle kostet den Kontrolleur 250.
180
Neue Bezeichnungen:
GK: Gewinn des Kontrolleurs
L1: Lohn für Teammitglied 1
L2: Lohn für Teammitglied 2
Entscheidungsproblem des Kontrolleurs:
Maximiere den Ertrag abzüglich der Lohn- und Kontrollkosten!
Formal:
G r r L LKr r L L
120 2501 20 25
1 21 2 1 2
( ) max !,
, , ,
Aber:
Löhne können nicht beliebig reduziert werden.
181
Teammitglieder akzeptieren Vertrag mit Kontrolleur nur, wenn ihr Gewinn mindestens so
hoch ist wie ohne Kontrolle und ohne Kontrolleur.
Nebenbedingung bei Gewinnmaximierung des Kontrolleurs also:
G L r1 1 1 675
G L r2 2 2 675
Tatsächlich wird Kontrolleur den Lohn so niedrig ansetzen, dass die Gleichheitsrelation
erfüllt ist! (Warum?)
Lösung:
L L1 2 1575 r r1 2 900 G G1 2 675
x 3600 Gk 200
182
Lösungsweg: Hausaufgabe!
Interpretation/Fazit:
Teammitglieder ordnen sich einem Kontrolleur unter, ohne ihre Situation zu
verschlechtern.
Kontrolleur ist Inhaber des Residualanspruchs.
Entspricht: Unternehmen!!!
2. Möglichkeit: Anreizverträge
Was passiert, wenn sich beide Teammitglieder auf folgenden Entlohnungsvertrag einigen?
Lxxi
1800 36000 3600
wennwenn
183
Inhaltlich:
Wenn Ertrag groß genug ist, erhält jedes Teammitglied die Vergütung 1800, andernfalls
wird der Ertrag vernichtet (bzw. verschenkt) und es wird kein Lohn gezahlt.
Frage:
Funktioniert dieser Vertrag?
Antwort:
Nein!
Begründung:
Wenn die Teammitglieder nach Einbringung ihrer Arbeitsleistung einen Ertrag unterhalb von
3600 feststellen, ist es im Nachhinein nicht mehr rational, den dann geringeren Ertrag auch
noch zu vernichten!
184
Wiederum notwendig:
Dritte Partei, die das Recht erhält, sich den Ertrag anzueignen. (Hier: falls
Optimalitätsbedingung x = 3600 verletzt ist)
Vergleich der Möglichkeiten 1 und 2:
Anreizvertrag im gewählten Beispiel besser, da keine (Kontroll-) Kosten anfallen!
Aber:
Nicht immer sind Anreizverträge besser als Kontrollverfahren!
(später mehr dazu)
185
7.2. Das Delegationsproblem
Ausgangsfrage:
Welche Probleme stellen sich in Unternehmen, wenn sie versuchen, Kooperationsvorteile zu
sichern?
Ein wichtiges Detailproblem:
Welche Konsequenzen können sich ergeben, wenn Entscheidungen (Handlungen) delegiert
werden?
Theorie zur Analyse des Delegationsproblems:
Principal-Agent-Theorie (oder kurz: Agencytheorie)
186
Agencytheorie analysiert folgende Situation:
Ein Agent (agent) A wählt eine Handlung (a = „action“ oder e = „effort“) aus einer Menge
möglicher Handlungsalternativen.
Durch die Handlung wird ein Handlungsergebnis x bewirkt.
Das Handlungsergebnis x hängt zusätzlich von einem Zufallseinfluss (u oder ) ab, d.h.
x f e u ( , ).
Das Handlungsergebnis x beeinflusst die Wohlfahrt einer zweiten Person P (Prinzipal,
principal).
187
Beispiele:
Prinzipal Agent Handlung
Eigentümer Manager Unternehmensführung
Patient Arzt Heilbehandlung
Autobesitzer Automechaniker Reparatur
Studenten Professoren Lehre
Zielsetzung der Agencytheorie:
Bestimmung eines „optimalen“ (Vergütungs-)Vertrages y(x), der für jedes mögliche
Handlungsergebnis x eine Zahlung y(x) des Prinzipals an den Agenten vorsieht.
„Optimal“ ist der Vertrag dann, wenn der Nutzen des Prinzipals maximiert wird.
188
7.2.1. Annahmen des Grundmodells der Agencytheorie
7.2.1.1. Risikoneigungen
Der Prinzipal ist risikoneutral.
Der Agent ist risikoavers.
Begründung:
Prinzipal ist risikoneutral durch seine Diversifikationsmöglichkeit.
Agent ist risikoavers wegen fehlender Diversifikationsmöglichkeit.
189
Gilt z.B. für Eigentümer/Manager-Beziehung:
Eigentümer kann sich an verschiedenen Unternehmen beteiligen. Risiko des einzelnen
Unternehmens ist daher weniger wichtig.
Manager kann nur bei einem Unternehmen arbeiten. Risiko des Unternehmens ist sehr
wichtig (z.B. Gefahr des Arbeitsplatzverlustes)
Frage:
Ist die Annahme über die Risikoneigungen immer gerechtfertigt?
190
7.2.1.2. Erwartungen
Prinzipal und Agent haben die gleichen Erwartungen bezüglich der
Eintrittswahrscheinlichkeiten und Ausprägungen der möglichen Umweltzustände. Konkret:
Beide gehen von der gleichen Wahrscheinlichkeitsverteilung bezüglich der Umweltzustände
aus.
Konkretes Beispiel:
Manager und Unternehmer haben die gleichen Schätzungen für Wahrscheinlichkeiten eines
Konjunkturaufschwunges oder einer Flaute.
191
7.2.1.3. Handlungsergebnis
Prinzipal und Agent können das Handlungsergebnis zweifelsfrei beobachten. Beide kennen
außerdem den genauen Verlauf der Funktion x f e u ( , ). Das Ergebnis x ist in Geldeinheiten
gemessen
7.2.1.4. Informationsverteilung
Prinzipal und Agent sind asymmetrisch über den Umweltzustand und die Handlung des
Agenten informiert. Der Prinzipal kann weder die Handlung des Agenten noch den
eingetretenen Umweltzustand beobachten. Der Agent kann die eigene Handlung
„beobachten“ und daraus (nach Ermittlung des Handlungsergebnisses x) mit Sicherheit auf
den eingetretenen Umweltzustand schließen.
Prinzipal und Agent kennen jeweils beide Nutzenfunktionen.
192
7.2.1.5. Zeithorizont
Es wird nur eine Periode der Zusammenarbeit geplant.
7.2.1.6. Verhaltensannahmen
Prinzipal und Agent sind opportunistisch, d.h. sie würden „lügen und betrügen“, wenn es
Ihnen jeweils nützt. Sie sind jedoch nicht „neidisch“, d.h. unter sonst gleichen Bedingungen
ziehen sie Handlungsalternativen vor, die dem jeweiligen Gegenüber einen möglichst hohen
Nutzen belassen.
193
7.2.1.7. Handlung
Die Handlung des Agenten ist (metrisch) messbar, d.h. durch Zahlenwerte beschreibbar. Ein
höherer Wert der Handlung bedeutet gegenüber einem geringeren Wert c.p. eine aus Sicht
des Prinzipals wünschenswertere Handlung. Der Agent zieht c.p. einen geringeren Wert der
Handlung vor, d.h. er empfindet Arbeitsleid.
Folge:
Interessenkonflikt zwischen Prinzipal und Agent.
194
7.2.1.8. Teilnahmebedingung
Der Agent akzeptiert einen Vertrag mit dem Prinzipal nur dann, wenn er einem
Mindestnutzen aus dem Vertrag erwarten kann.
Begründung:
Agent hat die Möglichkeit, alternativen Beschäftigungen nachzugehen. Der Vertrag mit dem
Prinzipal muss also die Opportunitätskosten decken.
195
7.2.2. Grundmodell der Agencytheorie
7.2.2.1. Einführung:
Gesucht wird ein Vertrag y(x), der den Nutzen des Prinzipals maximiert.
Vereinfachung:
Annahme einer „einfachen“ Nutzenfunktion des Agenten
Beschränkung auf lineare Vergütungsverträge
196
7.2.2.2. Modellbeschreibung
(Handlungs-)Ergebnis:
x e u u : Umweltzustand (misst Glück oder Pech); normalverteilt mit E[u]=0 und Var u( ) 2
Vergütungsvertrag: sxFy
F : Fixgehalt
s : „Erfolgsbeteiligungsquote“
Allgemeine Definition der Erwartungsnutzenfunktion des Vertragspartners i, PAi , :
)()()( 2iiiiiii eCvrczEUE
197
Hierbei bezeichnet iz das Einkommen bzw. die Vergütung des Vertragspartners i, ic ist eine
Konstante, ir ist der Grad der Risikoaversion des Vertragspartners i, 2iv ist die Varianz der
Vergütung des Vertragspartners i, und )( ii eC ist sein Arbeitsleid in Abhängigkeit von seiner
Arbeitsleistung ie .
Wie sieht die Erwartungsnutzenfunktion des Prinzipals aus?
Es wird angenommen, dass der Prinzipal risikoneutral ist, also 0Pr .
Es wird angenommen, dass der Prinzipal nicht arbeitet, also 0Pe . Daher sei auch
angenommen 0)0()( PPP CeC .
Es wird angenommen, dass dem Prinzipal das Ergebnis x gehört. Er muss dem Agenten
aber noch dessen Vergütung y bezahlen. Daher ist das Einkommen des Prinzipals yxzP
198
Setzt man dies in die allgemeine Erwartungsnutzenfunktion ein, so ergibt sich:
)()0(0)(
)()()(2
2
yxECvcyxE
eCvrczEUE
PPP
PPPPPPP
Die Differenz zwischen x und y bezeichnet man auch als Residualeinkommen (Residuum:
„Das, was übrig bleibt“). Es ist nämlich dasjenige Einkommen, was nach Abzug der
Vergütung für den Agenten übrig bleibt. Es soll im Folgenden mit R bezeichnet werden.
Daher lautet die Erwartungsnutzenfunktion des Prinzipals letztlich: E(R)
Damit können im Folgenden die Indizes an den Variablen weggelassen werden, da sich R
auf den Prinzipal bezieht, x und y eindeutig definiert sind und alle anderen Variablen sich
nur noch auf den Agenten beziehen können.
199
Wie sieht die Erwartungsnutzenfunktion des Agenten aus?
Es wird angenommen, dass er eine quadratische Arbeitsleidfunktion hat, d.h. C e ke( ) , 0 5 2.
Hierbei ist k ein „Arbeitsleidparameter“: Hohes k impliziert also hohes Arbeitsleid.
Für die Konstante c wird ein Wert von 0,5 angenommen. (Dieser Wert lässt sich aus einer
komplizierteren Theorie herleiten, was hier aber nicht interessieren soll)
Die Vergütung des Agenten ist y, d.h. yz .
Also lautet die Erwartungsnutzenfunktion des Agenten
22
2
5,05,0)(
)()()(
kervyE
eCcrvzEUE
200
Zur Erinnerung:
r > 0: Agent ist risikoavers
r = 0: Agent ist risikoneutral
r < 0: Agent ist risikofreudig
Welche Entscheidungen sollten die Vertragspartner treffen?
Das Entscheidungsproblem des Prinzipals:
Der Prinzipal will sein erwartetes Residualeinkommen maximieren. Er wählt dazu die für
ihn günstigsten Vertragsparameter F und s.
Formal:
][max,
REsF
201
Genauer also:
Maximiere die erwartete Differenz zwischen Handlungsergebnis und der an den Agenten zu
zahlenden Vergütung bezüglich des Fixgehaltes F und der Erfolgsbeteiligungsquote s.
Das Entscheidungsproblem des Agenten:
Der Agent bekommt einen Vergütungsvertrag angeboten, der durch die Vertragsparameter F
und s bestimmt ist. Er muss nun entscheiden, ob er diesen Vertrag annimmt oder nicht.
Wenn er ihn annimmt, muss er anschließend entscheiden, wie viel er arbeiten sollte.
Formal:
)(max UEe
202
Nebenbedingung (Teilnahmebedingung):
Der Agent wird den Vertrag nur dann annehmen, wenn er durch die Vertragsannahme einen
bestimmten Mindesterwartungsnutzen erzielen kann.
Formal: UUE )(
U : Gefordertes Mindestniveau des Erwartungsnutzens
Erläuterung:
Dieses Mindestniveau U kann interpretiert werden als derjenige Erwartungsnutzen, den der
Agent bekommen könnte, wenn er einen anderen Vertrag mit einem anderen Prinzipal
abschließen würde.
203
Zusammenfassung des bisherigen Modells:
Beschreibung Formal Gleichung
Handlungsergebnis x e u (1)
Erwartungswert des Umweltzustandes E[u]=0 (2)
Varianz des Umweltzustandes Var u( ) 2 (3)
Vergütung
suseFuesF
sxFy
)(
(4)
Erwartungswert der Vergütung seFyE ][ (5)
204
Fortsetzung Varianz der Vergütung
22
2
)())((
)()(
s
suVaruesFVar
sxFVarvyVar
(6)
Residualeinkommen des Prinzipals
FuesFxs
sxFxyxR
))(1()1(
)(
(7)
Erwartungswert des Residualeinkommens Fes
FuesERE
)1(
]))(1[(][ (8)
Erwartungsnutzen des Agenten 222 5,05,0
)()(5,0][)(kersseFeCyrVaryEUE
(9)
Mindestniveau des Erwartungsnutzens UUE )( (10)
205
7.2.2.3. Die First-Best-Lösung
Annahme jetzt doch zunächst:
Leistung des Agenten ist beobachtbar (bzw. verifizierbar!).
Optimalitätsbedingung dann:
Vertrag ist optimal, wenn erwartete Differenz zwischen sozialem Ertrag der Leistung und
sozialen Kosten der Leistung maximiert wird.
Erwartete Differenz D ist gegeben durch:
E D E x C ee ke
[ ] ( ),
0 5 2 (11)
206
Die „sozial“ optimale Leistung ergibt sich demnach aus der Bedingung:
dDde ke 1 0 (12)
Die soziale Optimalleistung beträgt also:
e ksoz*
1 (13)
Der Agent wird mittels eines sog. „Forcing Contracts“ bezahlt, der die Optimalität sichert:
sonst )( Erschießen
falls21 **
*sozee
kUF
y (14)
207
D.h. der Agent erhält lediglich ein Fixgehalt in Höhe seines Mindestnutzens zuzüglich einer
Erstattung seiner Kosten.
Anmerkung:
Wenn das Gehalt des Agenten )2/(1* kUFy beträgt und er eine Leistung in Höhe von
ke soz /1* erbringt, dann nimmt wegen 0s seine Erwartungsnutzenfunktion den Wert:
Uk
kk
U
ekrsseF
eCrvyEUE
2
2*22**
2
15,021
)(5,05,0
)(5,0][)(
an. Nur die Vergütung von )2/(1* kUay führt also dazu, dass er den Vertrag
akzeptieren würde.
208
Das optimale erwartete Residualeinkommen des Prinzipals beträgt:
E R E x y
e y
k U k
k U
soz
* * *
* *[ ] [ ]
1 12
12
(15)
209
7.2.2.4. Die Second-Best-Lösung
Annahme jetzt:
Leistung des Agenten ist nicht beobachtbar (bzw. verifizierbar!).
Die Lösung des Problems:
Der Prinzipal maximiert sein Residualeinkommen bezüglich der Vertragsparameter F
(Fixgehalt) und s („Erfolgsbeteiligungsquote“).
Hierbei hat er zu bedenken, dass der Agent seinerseits auf die Wahl der Vertragsparameter
reagiert. Daher analysiert der Prinzipal das Entscheidungsverhalten des Agenten als erstes.
Aus Gleichung (9) erhält man als Maximierungsbedingung erster Ordnung für den Agenten:
0)( kes
deUdE (16)
210
Hieraus folgt eine Optimalleistung des Agenten in Höhe von:
esk
* (17)
Setzt man dieses Ergebnis in Gleichung (9) ein, so erhält man:
kkrsF
ksrs
ksFUE
2)1(
5,05,0)(
22
222
2
(18)
Wegen Gleichung (10) gilt ferner:
UkkrsFUE
2)1()(
22 (19)
211
Dies kann umgeformt werden zu:
kkrsUF
2)1( 22
(20)
Merke: F bezeichnet des Fixgehalt. Der Prinzipal wird das Fixgehalt gerade so festlegen,
dass der Agent genau seinen Mindestnutzen U erhält. Ungleichung (20) gilt damit als
Gleichung und gibt das optimale Fixgehalt an:
kkrsUF
2)1( 22
* (21)
212
Mit der Kenntnis der Gleichungen (17) und (21) kann der Prinzipal nun sein
Maximierungsproblem lösen. Gemäß Gleichung (8) beträgt das erwartete
Residualeinkommen des Prinzipals unter Berücksichtigung der bisher ermittelten
Optimalwerte:
kkrsU
kss
FesRE
2)1()1(
)1(][22
**
(22)
Die Maximierung des Residualeinkommens des Prinzipals ergibt nun als Bedingung erster
Ordnung:
dE R
dss
ks kr
k[ ] ( )
1 2 2 1
2 02 (23)
213
Auflösen nach s ergibt den Optimalwert:
s kr*
11 2 (24)
Nun kann schließlich durch Einsetzen von (24) in (22) das erwartete Residualeinkommen
des Prinzipals berechnet werden:
E R k kr U*[ ] ( ) 1
2 1 2 (25)
214
7.2.2.5. Vertragsvergleich
Parameter Second-Best-Vertrag First-Best-Vertrag
e* sk k kr*
( ) 1
1 2 1k
*F U krk kr
( )( )1
2 12
2 2 U k
12
s* 11 2 kr 0
E R*[ ] 12 1 2k kr U( ) 1
2k U
)(* UE U U
215
Wesentliche Folgerungen:
Der Second-Best-Vertrag ist immer echt schlechter als der First-Best-Vertrag, wenn der
Agent risikoavers ist und der Umweltzustand nicht sicher ist.
Der Second-Best-Vertrag führt gegenüber dem First-Best-Vertrag zu einer ungünstigeren
Risikoallokation, da der risikoneutrale Prinzipal den risikoaversen Agenten aus
Anreizgründen am Risiko beteiligen muß (s > 0).
Nur Umweltunsicherheit, Risikoaversion und nicht beobachtbare Leistung zusammen führen
zu einem Wohlfahrtsverlust gegenüber dem Fall mit Sicherheit oder Risikoneutralität oder
beobachtbarer Leistung.
216
Bei risikoaversem Agenten sinkt das erwartete Residualeinkommen des Prinzipals mit
steigender Umweltunsicherheit (d.h. steigendem 2).
Beispiel:
r = 1; k = 1; U 0
Erwartetes Residualeinkommen
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0
0,2
0,4
0,6
0,8 1
1,2
1,4
1,6
1,8 2
Varianz des Umweltzustandes
Gel
dein
heite
n
First BestSecond Best
217
Ist der Agent risikoneutral, kann der Prinzipal immer das erwartete Residualeinkommen des
First-Best-Vertrages realisieren, unabhängig vom Grad der Umweltunsicherheit. Der
optimale Vertrag bürdet alles Risiko dem Agenten auf.
Bei Umweltunsicherheit sinkt das erwartete Residualeinkommen des Prinzipals mit
steigendem Grad der Risikoaversion des Agenten (d.h. mit steigendem r)
218
Beispiel
2 1 ; k = 1; U 0
Erwartetes Residualeinkommen
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0
0,2
0,4
0,6
0,8 1
1,2
1,4
1,6
1,8 2
Grad der Risikoaversion r
Gel
dein
heite
n
First BestSecond Best
Mit steigendem Arbeitsleid des Agenten sinkt das erwartete Residualeinkommen des
Prinzipals sowohl im First-Best- als auch im Second-Best-Vertrag
219
Beispiel:
2 1 ; r = 1; U 0
Erwartetes Residualeinkommen
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
0,5
0,7
0,9
1,1
1,3
1,5
1,7
1,9
2,1
2,3
2,5
Arbeitsleid k
Gel
dein
heite
n First BestSecond Best
220
Frage:
Wenn der Prinzipal zwischen verschiedenen Agenten mit unterschiedlichen Eigenschaften
wählen könnte, worauf würde er achten bzw. welchem Agenten würde er einen Vertrag
anbieten?
Antwort:
Agenten mit geringem Arbeitsleid und/oder niedriger Risikoaversion!
(Achtung: Gilt nur, falls auch die Mindestnutzenforderungen der unterschiedlichen Agenten
gleich sind! Ist das realistisch?)
221
7.2.3. Erweiterungen/Schlussfolgerungen
Langfristige Verträge verringern das Anreizproblem.
(Schlechte Ergebnisse sind nur kurzfristig mit „Pech“ zu begründen)
Bei langfristigen Verträgen sind unter Umständen keine direkten ergebnisabhängigen
Zahlungen notwendig! (Alternative: Karriere!)
Evtl. lohnen sich Investitionen in Informationssysteme (internes Rechnungswesen,
Personalbeurteilung)
222
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!