BYPASS-DIODEN: ZUVERLÄSSIGKEIT (UND FEHLERDETEKTION) - … · © Fraunhofer ISE 2 Ausgangslage &...

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© Fraunhofer ISE BYPASS-DIODEN: ZUVERLÄSSIGKEIT (UND FEHLERDETEKTION) (VERSION MIT ERGÄNZENDEN ERLÄUTERUNGEN) Heribert Schmidt Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE 12. Workshop „PV-Modultechnik“ TÜV Rhld., 13.11.2015 www.ise.fraunhofer.de

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BYPASS-DIODEN: ZUVERLÄSSIGKEIT (UND FEHLERDETEKTION)

(VERSION MIT ERGÄNZENDEN ERLÄUTERUNGEN)

Heribert Schmidt

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

12. Workshop „PV-Modultechnik“

TÜV Rhld., 13.11.2015

www.ise.fraunhofer.de

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Ausgangslage & Fragestellungen

z. Zt. weltweit ca. 200 GWp PV installiert

das sind ca. 1 Mrd. Module

das sind ca. 60 Mrd. Solarzellen

das sind ca. 300 Mrd. Lötstellen

das sind ca. 3 Mrd. Bypass-Dioden

es gibt offene Bypass-Dioden

es gibt kurzgeschlossene Bypass-Dioden

es gibt „angeknackste“ Bypass-Dioden

was sind die Ausfallursachen?

wie können die Fehler gefunden werden?

wie kann die Ausfallrate vermindert werden? Quelle: FhG ISE

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Fehlerstatistik (Ergänzung zum Vortrag)Guter Überblick z. B. in:

http://www.schruefer-messtechnik.de/Buch_Zuverlassigkeit/4_Ausfallraten_von_Bauelementen.pdf

Im Bereich der Ausfallstatistik werden zur Beschreibung der statistischen Ausfälle, also solche, die nicht durch bestimmte Ereignisse wie z. B. Überspannungen hervorgerufen werden, mit den Maßzahlen FIT (Failure in Time) oder auch der MTBF (Mean Time Between Failures) beschrieben.

https://de.wikipedia.org/wiki/Failure_In_Time

https://de.wikipedia.org/wiki/Mean_Time_Between_Failures

Eine spezielle Einheit für die Ausfallrate ist FIT Failure In Time mit der Einheit „Ausfälle pro 109

Stunden“. Die FIT-Rate ist abhängig von den Betriebsbedingungen, für Dioden wird in der oben angeführten Quelle ein Anhaltswert von „1“ genannt. Das bedeutet, das bei derzeit 3*109

installierten Bypass-Dioden pro Stunde 3 Stück ausfallen, pro Jahr also rund 26.000 Stück. Dies entspräche einer jährlichen Ausfallrate von ca. 0,03 ‰. Über eine Lebensdauer der PV-Anlage von 25 Jahren lässt sich daraus eine Ausfallrate von ca. 0,7 ‰ abschätzen.

Zu diesen statistischen Ausfällen kommen noch die durch Überspannungen etc. hervorgerufenen Ausfälle hinzu.

Leider fehlen bislang aussagekräftige Statistiken, um diese grobe Abschätzung zu bestätigen.

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Fehlerstatistik / 1

weltweit bislang keine umfassende Fehlerstatistik zu Bypass-Dioden

insbesondere keine nach Ausfallursachen differenzierte Fehlerstatistik

zwei Beispiele:KATO: mit 47 % untypisch hochM-Versich.: Bezugsgröße fehlt

Quelle: KATO

Schadensursache bei 642 Modulen (Auszug):

101 x Versagen, technisch 15,8% 66 x Überspannung (m. Blitz) 10,4 % 20 x Überspannung (o. Blitz) 3,2 %

Quelle: KOHLENBERG, Mannheimer Versicherung

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Fehlerstatistik / 2

wahrscheinlich große „Grauzone“ (unentdeckte Fehler, Austausch-aktionen bei Serienfehlern, etc. etc.)

viele Literaturstellen zum Thema „Reliability of Bypass-Diodes“

einige Diskussionsforen im Internet, insb. zu Reparaturmöglichkeiten

erste Ansätze zu differenzierter Fehlerstatistik z. B. bei IEA PVPS (U. Jahn et al.), NREL (J. Wohlgemuth et al.) oder FSEC (N. Dhere et al. )

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Aufgaben und Betriebsbedingungen von Bypass-Dioden(Ergänzung zum Vortrag)Wesentlich erscheint die Anmerkung, dass sich der Strom durch die Bypass-Diode aus der Differenz zwischen Strangstrom und dem noch möglichen Strom der abgeschatteten Zelle ergibt. Abhängig von der Abschattung liegt er somit zwischen 0 und 100 % des Strangstromes. Bei einer Unterbrechung im Modul entspricht er immer zu 100 % dem Strangstrom:

IBypass = IStrang - IZelle ≈ 0 … 100 % (IStrang)

In vielen Veröffentlichungen wird immer vom „worst case“ einer vollständigen Abschattung oder einer Unterbrechung ausgegangen, was die Erklärung vereinfacht und auch für die Auslegung der Bauteile sinnvoll ist.

In vielen Abschattungssituationen (siehe Beispiele weiter hinten) liegt die Verschattungsursache aber weit von den Solarzellen entfernt, so dass diese immer noch den diffusen Anteil der Einstrahlung erhalten. Dieser liegt auch bei klarem Wetter zwischen 10 und etwa 30 % der Einstrahlung, und somit der Bypass-Strom bei etwa 70 … 90 % des Strangstroms.

Quelle: Konrad Mertens „Photovoltaik – Lehrbuch zu Grundlagen, Technologie und Praxis“, Seite 288 ff

http://www.hanser-fachbuch.de/buch/Photovoltaik/9783446442320

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Aufgaben und Betriebsbedingungen von Bypass-Dioden

Vermeidung großer Sperrspannungen der Solarzelle (Hot Spots)

Vorbeileiten des Generatorstroms (Bypass)

Normal- / Sperr-Betrieb (bei 20 Zellen):

U‘Sperr = 20 * U‘Zelle ≈ 20 * 0,5 … 0,75 V = 10 …15 V

I‘Sperr , bei niedrigen Temperaturen vernachlässigbar

P‘Sperr wenige Milliwatt

Bypass- / Durchlass-Betrieb:

IBypass = IStrang - IZelle ≈ 0 … 100 % (IStrang)

UFluss ≈ wenige mV … 700 mV

PBypass = UFluss * Ibypass

PBypass im Bereich von 0 … ca. 5 Watt

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Welche Optionen für Bypass-Dioden gibt es?

p-n-Diode Schottky Aktive Dioden

Sperrspannung

Durchlass-Spannung @ TJ = 125 °C, ID = 10 A

Sperrstrom @ TJ = 125 °C, UR = 15 V

Stoßstrom- und ESD-Widerstandsfähigkeit

Grundprinzip

200 – 1000 V 40 – 70 V 30 – 40 V

0,5 - > 1 V 0,3 - 0,5 V 0,05 - 0,1 V

μA mA - A nA - μA

uni-direkt. uni-direkt. bi-direktional

Preis / Stück 0,2 - 0,5 € 0,2 - 0,5 € 1,0 - 1,5 €

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Statistisches Ausfallverhalten von Bypass-Dioden

Phase 1: Frühausfälle

Materialfehler (Halbleiter etc.)

Produktionsfehler (Lötung Chip etc.)

Montagefehler (mech. Stress etc.)

Phase 2: Nutzphase

statistische Ausfälle

siehe folgende Folien

und weitere Ursachen

Phase 3: Verschleißausfälle

z. B. Materialermüdung Badewannen-Kurve

Quelle: FAHRENBRUCH

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Was schädigt Bypass-Dioden?

Fertigungs- und Montagemängel

Überspannung

Überstrom

Erhöhte Temperatur / Temperaturzyklen

Thermal Runaway

Übergangswiderstände / Oxidation

Partikelstrahlung

weitere Ursachen?

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Überspannung durch „Electrostatic Discharge ESD“ (Ergänzungen zum Vortrag)Bei den im Folgenden beschriebenen Ausfallursachen „ESD“, „induzierte Spannungen durch Blitze“ sowie „Selbstinduktion“ ist wesentlich, dass die Überspannungen direkt an den gefährdeten Bypass-Dioden entstehen resp. bei ESD dort eingeprägt werden.

So entstehen z. B. die genannten Induktionsspannungen in den von den Solarzellen aufgespann-ten Leiterschleifen innerhalb des Moduls. Ein globaler Blitzschutz an den äußeren Klemmen eines Modul-Strings oder eines Generators ist also gegen derartige im Inneren induzierte Spannungen wirkungslos!

Da die Strom-/Spannungsrichtung abhängig ist von der Richtung des Blitzstroms und auch den geometrischen Verhältnissen und somit beide Richtungen einnehmen kann, ist ein bi-direktio-naler Schutz direkt am oder im Bauteil elementar. Konventionelle Dioden können in Durchlass-richtung impulsmäßig ein Vielfaches des Nennstroms führen und sind daher in Durchlassrichtung unkritisch. In Sperrrichtung hingegen sind sie sehr empfindlich, insbesondere Schottky-Dioden. Sie können z. B. durch die Parallelschaltung einer Überspannungs-Schutzdiode (TVS-Diode) geschützt werden.

Bei Aktiven Bypass-Dioden ist der Schutz in Durchlassrichtung durch die inhärent vorhandene Body-Diode des MOSFET gegeben. Bei Überspannungen in Sperrrichtung wird der MOSFET durch spezielle Schaltungsanordnungen aktiviert und begrenzt dadurch die Spannung auf zulässige Werte.

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Überspannung durch „Electrostatic Discharge ESD“ / 1

Entladung statischer Aufladungen

z.B. bei Montage der Anschlussdose

z.B. beim Auspacken des Moduls

z.B. durch Wind (lt. Fa. VISHAY) (???)

sehr hohe Spannungen ( > 25 kV)

Spitzenströme Ipeak > 20 A

Anstiegszeit tr < 1 ns

Pulsdauer ca. 100 ns

Energie im mJ-Bereich

Quelle: BAAK typische ESD-Pulsform

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Überspannung durch „Electrostatic Discharge ESD“ / 2

Dioden-Chip oft nur „angeknackst“

Kennlinie im Durchlassbereich fast normal

in Sperrrichtung sehr hohe Ströme

dadurch nachfolgend Überhitzung im Normalbetrieb

verbrannte Dioden / Anschlussdosen

- 2

6

4

- 1 1

- 6

- 4

- 2

2

UD / V

ID / A

Si-Schottky

Si-p/n

- 2

6

4

- 1 1

- 6

- 4

- 2

2

UD / V

ID / A

Si-Schottky

Si-p/n

Picture 2A and 2B: Burn track on the Schottky chip caused by ESD

Quelle: VISHAY

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Überspannung durch „Electrostatic Discharge ESD“ / 3

Was hilft gegen ESD-Schäden?

durchgängiger ESD-Schutz in der Produktion!

ggf. ESD-Schutz bei der Montage (???)

Entwicklung von ESD-Prüfnormen

für einzelne Dioden

für die Kombination Diode / Modul

Einsatz ESD-resistenter Bypass-Dioden

Schottky- parallel mit TVS-Diode

„Protectifier“ (Fa. DIOTEC)

Aktive Bypass-Dioden mit bi-direktionalem ESD-Schutz

Picture 13 Vishay TVS- (Transient Voltage Suppressordevices in parallel to each bypass diode

Quelle: VISHAY

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Überspannung durch Blitze / 1

Entladung statischer Aufladungen

Spannungen von einigen MV

Ströme bis zu einigen Hundert kA

Dauer mehrere Hundert μs

keine Chance bei direktem Einschlag!

Quelle: BERGERBeispiel für Negativ-Blitz

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Überspannung durch Blitze / 2

Stromgradienten di/dt von bis zu mehreren 100 kA/μs

kann auch bei Ferneinschlägen hohe Spannungen / Ströme im Zell-String (!) und im PV-System induzieren

beide Stromrichtungen möglich

defekte Dioden sehen typischerweise äußerlich „normal“ aus

zumeist perfekter Kurzschluss (siehe Folie 13, blaue Gerade)

teilweise aber auch nur „angeknackst“

dann nachfolgend thermische Über-lastung im Normalbetrieb

dadurch verbrannte Dioden / Anschluss-dosen

Quelle: HÄBERLIN, DWD

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Überspannung durch Blitze / 3

Was tun gegen Blitzschäden?

Normen zu Blitzschutzkomponenten

Test mit Surge-Normpulsen IEC 6100-4-5

8 / 20-Puls, (Stirnzeit 8 μs, Rücken-Halbwertszeit 20 μs)

Spannung bis 1 kV

Spitzenstrom Ipeak bis 500 A

Einsatz Surge-resistenter Bypass-Dioden

Schottky-D. parallel mit TVS-Diode

„Protectifier“ (Fa. DIOTEC)

Aktive Bypass-Dioden mit bi-direktionalem Surge-Schutz

8 / 20 -Surge Puls

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Überspannung durch Selbstinduktion

war angeblich Problem bei SHELL-Modulen(???)

Leiterschleifen im Modul (Zell-Strings)(ca. 1,5 m * 0,15 m) bilden Induktivitäten im μH-Bereich

bei Stromfluss wird Energie gespeichert

bei schnellem Abschalten (z. B. beim „Bruzzeln“ der Drahtenden) entsteht hohe Selbstinduktionsspannung

kann im Bereich > 100 V liegen

damit Durchbruch und Schädigung bei Schottky-Dioden vergleichbar zu ESD-Schäden prinzipiell möglich

seriöse Untersuchungen erforderlich!!!

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Überstrom

Solarmodule prinzipiell strombegrenzt

Woher kann Überstrom kommen?

Blitzereignisse (siehe vorne)

verpolte Batterie

verpolter Strang (Parallelschaltung)

verpolte Batterie verpolter Strang

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Erhöhte Temperatur / Temperaturzyklen (Ergänzungen zum Vortrag) Erhöhte Temperaturen führen gemäß dem Arrhenius-Gesetz zu einer exponentiell ansteigenden Ausfallrate. Es ist daher immer ein niedriges Temperaturniveau anzustreben.

Zur Erklärung des thermischen Verhaltens sollen die Grafiken auf der Folie 24 herangezogen werden. Die von der Sperrschicht abgeführte (Kühl-) Leistung ist proportional zur Temperatur-differenz zwischen der Sperrschicht und der Umgebung und umgekehrt proportional zum Wärme-Übergangswiderstand zwischen Sperrschicht und Umgebung. Dieser Zusammenhang wird im unteren Bild durch die blaue Gerade dargestellt.

PKühl = 1/Rth_J-A * (TJunc - TAmb).

Die Wärmeleistung der Bypass-Diode im Bypass-Betrieb (Durchlassrichtung) beträgt

PBypass = UFluss * IBypass

und hat - bei konstantem IBypass - wegen des negativen Temperaturkoeffizienten der Flussspannung ebenfalls einen negativen Temperaturkoeffizienten. Am Schnittpunkt der beiden Geraden besteht ein Gleichgewicht zwischen Wärmeerzeugung und -abfuhr. Letztlich ergibt sich daraus die bekannte Gleichung für die stationäre Sperrschichttemperatur

TJunc = TAmb + Rth_J-A * (UFluss * IBypass)

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Erhöhte Temperatur / Temperaturzyklen (Ergänzungen zum Vortrag) Temperaturzyklen haben einen starken Einfluss auf die Lebensdauer von Bauteilen, da es aufgrund unterschiedlicher Temperaturkoeffizienten zu mechanischen Spannungen innerhalb der Bauteile kommt.

Je nach Abschattungssituation tritt z. B. ein täglicher Zyklus auf, der als unkritisch anzusehen ist. Kritischer sind jedoch periodische Abschattungen mit niedriger Frequenz, wie sie z. B. durch den Schatten eines Windrades verursacht werden können. Bei einer Wiederholfrequenz von z. B. 1 Hz können die Temperaturänderungen an der Diode aufgrund deren geringer thermischen Masse erheblich sein, verbunden mit erhöhten Ausfallraten.

Quelle:

http://www.uni-kassel.de/upress/online/frei/978-3-89958-718-0.volltext.frei.pdf (Seite 23 ff)

Quelle:http://www.erneuerbareenergien.de/kaum-verschattung-durch-windtuerme/150/436/62186/

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Erhöhte Temperatur / Temperaturzyklen(Ergänzungen zum Vortrag) Guter Überblick z. B. in:

http://www.schruefer-messtechnik.de/Buch_Zuverlassigkeit/4_Ausfallraten_von_Bauelementen.pdf

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Erhöhte Temperatur / Temperaturzyklen / 1

Hohe Temperaturen und Temperaturzyklen der Bypass-Dioden

belasten die Dioden und deren Gehäuse

zermürben die Lötstellen

schädigen auf Dauer alle umgebenden Materialien

Arrhenius-Gesetz:

Pro 10 K Temperaturerhö-hung Verdopplung der Reaktionsgeschwindigkeit von Zersetzungsvorgängen

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Erhöhte Temperatur / Temperaturzyklen /2

Sperrschichttemperatur:

TJunc = TAmb + Rth_J-A * (UFluss * IBypass)

Höchste Sperrschicht-Temperatur, wenn gleichzeitig vorliegen:

eine hohe Umgebungstemperatur

ein hoher thermischer Widerstand

eine hohe Durchlass-Spannung

ein hoher Bypass-Strom

eine hohe Einstrahlung

MPP- oder Kurzschluss-Betrieb

eine hohe Abschattung oder

eine Unterbrechung im String

wie groß ist die Wahrscheinlichkeit?

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Beispiele zu Abschattungs-Situationen(Ergänzung zum Vortrag)

TAmb Rth-J-A ESolar IBypass Häufigkeit Gefährdung

Die nachfolgenden Bilder von typischen Abschattungs-Situationen sollen ein Gefühl für die Gefährdung von Bypass-Dioden und die umgebenden Materialien aufgrund von erhöhten Temperaturen vermitteln.

Es wird dabei von mitteleuropäischen Umgebungstemperaturen ausgegangen – extreme Temperaturen wie an Wüstenstandorten müssen entsprechend berücksichtigt werden.

Der thermische Widerstand wir bei Freiflächen-Anlagen als ideal angenommen. Bei Dachanlagen kann er erhöht sein, bei Gebäudeintegration tritt häufig ein erhöhter Wärmewiderstand auf verbunden mit einem „Wärmestau“ und deutlich überhöhten Temperaturen.

Die Einstrahlung kann je nach Situation zwischen gering (grün) und voll (rot) liegen.

Der Bypass-Strom ist von der Höhe der Einstrahlung und der Art der Abschattung abhängig.

Der Bypass-Strom kann sporadisch oder regelmäßig auftreten.

Aus den genannten Randbedingungen ergibt sich letztlich die Gefährdung der Bypass-Diode nebst umgebender Materialien aufgrund erhöhter Temperaturen.

Die hier vorgenommene Klassierung ist recht grob und könnte durch eine reguläre FMEA-Analyse verfeinert werden!

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Idealfall, immer abschattungsfrei, keine Modulfehler

TAmb Rth-J-A ESolar IBypass Häufigkeit Gefährdung

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Große Schatten, kleine Einstrahlung, regelmäßig

TAmb Rth-J-A ESolar IBypass Häufigkeit Gefährdung

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TAmb Rth-J-A ESolar IBypass Häufigkeit Gefährdung

Kleine, harte Schatten, regelmäßig

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Große Schatten bei mittlerer Einstrahlung, regelmäßig

TAmb Rth-J-A ESolar IBypass Häufigkeit Gefährdung

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TAmb Rth-J-A ESolar IBypass Häufigkeit Gefährdung

Großer, harter Schatten durch Blätter oder Kot

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TAmb Rth-J-A ESolar IBypass Häufigkeit Gefährdung

Große Schatten, volle Einstrahlung, regelmäßig

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Großer harter Schatten, regelmäßig, bei Wind variabel

TAmb Rth-J-A ESolar IBypass Häufigkeit Gefährdung

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Große harte Schatten, regelmäßig, thermisch ungünstig

TAmb Rth-J-A ESolar IBypass Häufigkeit Gefährdung

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Vollständiger Zell- oder Verbinderbruch im Modul

TAmb Rth-J-A ESolar IBypass Häufigkeit Gefährdung

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Übertemperatur / Temperatur-Zyklen /3

Wie kann man Übertemperatur vermeiden?

niedrige Umgebungstemperatur

niedriger thermischer Widerstand

z. B. Alu-Dosen / Kühlkörper (???)

kein Wärmestau (BIPV!!!)

kleiner Bypass-Strom

z. B. halbe oder viertel Zellen (???)

niedrige Durchlass-Spannung

Schottky-Dioden (kaum Verbesserungs-Potenzial)

Aktive Bypass-Dioden

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Thermal Runaway bei Schottky-Dioden (Ergänzungen zum Vortrag)Thermal Runaway tritt bei Bypass-Dioden nur bei Schottky-Dioden auf, da diese im Vergleich zu normalen p-n-Dioden oder auch Aktiven Dioden einen sehr hohen Sperrstrom aufweisen (siehe hierzu auch Folie 8).

Zur Erklärung soll zunächst die untere Grafik auf der Folie 39 herangezogen werden. Die von der Sperrschicht abgeführte (Kühl-) Leistung ist proportional zur Temperaturdifferenz zwischen der Sperrschicht und der Umgebung und umgekehrt proportional zum Wärme-Übergangswiderstand zwischen Sperrschicht und Umgebung. Dieser Zusammenhang wird durch die blaue Gerade dargestellt.

PKühl = 1/Rth_J-A * (TJunc - TAmb).

Die Wärmeleistung der Bypass-Diode im Bypass-Betrieb (Durchlassrichtung) beträgt

PBypass = UFluss * IBypass

und hat - bei konstantem IBypass - wegen des negativen Temperaturkoeffizienten der Flussspannung ebenfalls einen negativen Temperaturkoeffizienten. Es kommt daher zu einem Schnittpunkt der beiden Geraden. Bei der zugehörigen stationären Temperaturdifferenz besteht ein Gleichgewicht zwischen Wärmeerzeugung und -abfuhr. Letztlich ergibt sich daraus die bekannte Gleichung für die Sperrschichttemperatur

TJunc = TAmb + Rth_J-A * (UFluss * IBypass)

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Thermal Runaway bei Schottky-Dioden (Ergänzungen zum Vortrag)Die Wärmeleistung der Bypass-Diode im Normal-Betrieb (Sperrrichtung) beträgt

PNormal = USperr * ISperr

Sie hat - bei konstanter Sperrspannung - einen positiven Temperaturkoeffizienten, da der Sperrstrom exponentiell mit der Temperatur zunimmt. Dieser Zusammenhang ist anhand der violetten Kennlinie dargestellt.

Bei niedrigen Temperaturen stellt sich der stabile Arbeitspunkt links unten ein, da rechts davon die Kühlleistung höher ist als die Heizleistung. Bei Erhöhung der Sperrschichttemperatur oder auch der Umgebungstemperatur wird eine bestimmte kritische Temperatur erreicht, bei welcher sich die violette und die blaue Kurve erneut schneiden - ab hier ist die Heizleistung größer als die Kühlleistung, und die Sperrschichttempera-tur erhöht sich weiter. Aufgrund des positiven Temperaturkoeffizienten des Sperrstroms (und somit der Heizleistung) ist dieser Vorgang selbstverstärkend -Thermal Runaway.

Es ist zu erkennen, dass der instabile Bereich bereits vor dem Erreichen der stationären Temperatur beginnen kann - dies ist bei dynamischen Abschattungen (bewegte Bäume, ggf. Rotorblätter von Windkraftanlagen etc. ) zu berücksichtigen.

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Thermal Runaway bei Schottky-Dioden (Ergänzungen zum Vortrag)Eine andere Darstellung des Thermal Runaway wird in der oberen Grafik der Folie 39 gezeigt.

Hier ist zum leichteren Verständnis der Extremfall eines Umschaltens vom Kurzschluss in den Leerlauf bei vollständiger Abschattung / Unterbrechung einer Zelle dargestellt. Vergleichbar, aber praxisnäher ist ggf. die Umschaltung in den MPP-Betrieb.

Im Bypass-Betrieb fließt nahezu der volle Kurzschlussstrom durch die Bypass-Diode (rote Kennlinie), woraus sich der Arbeitspunkt links oben mit der zur Leistung proportionalen rot schraffierten Fläche ergibt. Die Diode heizt sich z. B. bis zur stationären Temperatur auf, wodurch ihr Sperrstrom stark zunimmt.

Nach dem Umschalten in den Leerlauf bleibt der Sperrstrom zunächst auf seinem hohen Niveau, so dass sich der rechts gezeigte Arbeitspunkt nahe bei der Leerlaufspannung ergibt. Ist die sich ergebende Leistung (violett schraffierte Fläche) größer als vor dem Umschalten (rot schraffierte Fläche), so tritt Thermal Runaway auf.

Dieser Übergang von einem stabilen stationären Arbeitspunkt in einen instabilen ist auch in der unteren Grafik anhand des Pfeiles dargestellt.

Thermal Runaway ist bei p-n-Dioden und Aktiven Bypass-Dioden aufgrund der niedrigen Sperrströme ausgeschlossen.

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Thermal Runaway bei Schottky-Dioden / 1 Diode heizt sich im Bypass-Betrieb auf

Sperrstrom steigt exponentiell mit TJunc

bei Schottky-Dioden auf >> 100 mA

schneller Übergang zu Normal-Betrieb

Entfernen der Abschattung oder

Umschalten auf Leerlauf

instabil, wenn PNormal > PKühl oder

wenn Leistung nach Umschalten größer ist als vor Umschalten

im Labor einfach herbeizuführen

Thermal Runaway als Ausfallursache in der Praxis schwer nachweisbar

in einem Fall evtl. bei extremer Regelschwingung des MPPT(???)

Worst case: Umschaltung Kurzschluss - Leerlauf

Quellen: ROOS, UCHIDA

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Thermal Runaway bei Schottky-Dioden / 2

Wie kann man Thermal Runaway vermeiden?

niedriges Temperaturniveau anstreben

niedrige Umgebungstemperaturen

kleiner thermischer Widerstand

kleine Durchlassspannung

kleinen Sperrstrom anstreben

p-n-Dioden verwenden (nicht sinnvoll, da UFluss hoch!)

Schottky-Dioden mit niedriger Durchlassspannung und niedrigem Sperrstrom verwenden (steht jedoch im Widerspruch!)

Aktive Bypass-Dioden verwenden

Worst case: Umschaltung Kurzschluss - Leerlauf

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Hohe Übergangswiderstände

Konstruktionsfehler

unzulässiger Verguss

falsche Materialen

lösende Schraubkontakte

etc.

Fertigungs- oder Montagefehler

unvollständige / verpolte Steckung

mangelndes Anzugsmoment

etc.

Oxidation

undichte Dosen

Kondensation

etc.

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Kosmische Strahlung

Partikelstrahlung schädigt Halbleiter

großes Problem in Raumfahrt

kann auch terrestrische Anlagen schädigen, insbesondere in Höhenlagen(Peter Zacharias, SOL 2013)

vornehmlich bei komplexen Halbleiter-Strukturen oder solchen mit hohen Sperrspannungen

betrifft aber auch niedrigsperrende Bauteile wie Bypass-Dioden

Offene Frage: Gibt es eine Korrelation zwischen Ausfallrate und Höhenlage???

Quellen: ZACHARIAS, BUSATTO

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Zusammenfassung

derzeit etwa 3 Mrd. Bypass-Dioden weltweit im Einsatz

Zuwachsraten 1… 1,5 Mrd. Stück/a

keine seriöse Statistik zur Ausfallwahrscheinlichkeit / -ursachen

Wahrnehmung:Bypass-Dioden haben eine relevante Ausfallrate durch

statistische Ausfälle

Überspannung (ESD, direkte und indirekte Blitzeinschläge)

Übertemperatur (Abschattung bei hoher Einstrahlung, BIPV)

Konstruktions- und Fertigungsmängel

unklar: Thermal Runaway & Partikelstrahlung

Möglichkeiten zur Verbesserung

Einsatz von ESD- / Surge-resistenten Bauteilen (TVS, Aktive Dioden)

aufwändigere Kühlung (Alu-Dosen, Kühlkörper etc.)

Verringerung der Wärmeentwicklung (Aktive Bypass-Dioden)

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

Heribert Schmidt

www.ise.fraunhofer.de

[email protected]

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Quellenangaben / 1

KATO, K. : http://www1.eere.energy.gov/solar/pdfs/pvmrw12_tuesam_aist_kato.pdf

Seite 3

DHERE, N.G. : http://spie.org/Publications/Proceedings/Paper/10.1117/12.2026782

KOHLENBERG, R. : Photovoltaik im Wandel der Zeit, Sonnenenergie 4/2015

Seite 4

WOHLGEMUT, J. : http://www.nrel.gov/docs/fy13osti/58225.pdf

IEA-PVPS: http://iea-pvps.org/index.php?id=275

Seite 6

FAHRENBRUCH, S. : http://www.all-electronics.de/wp-content/uploads/migrated/article-pdf/86561/541ag1010-microsemi.pdf

MICROSEMI: LX2410A http://www.microsemi.com/document-portal/doc_view/135254-lx2410a

SCHMIDT, H. : A NOVEL DIODE-LESS BYPASS TECHNOLOGY FOR HIGH PERFORMANCE PV MODULES, Proceedings EU-PVSEC Valencia, 2007

TEXAS INSTRUMENTS : https://www.youtube.com/watch?v=fp1DB30WEpU

STmicroelectronics : http://www.stmicroelectronics.com.cn/web/en/press/cn/p3328

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Quellenangaben / 2

BAAK: http://www.baak.de/esd

Seite 9

Seite 10

VISHAY: http://www.vishay.com/docs/89398/solarcell.pdf

Seite 12

HÄBERLIN, H. :Photovoltaik, VDE-Verlag 2010, ISBN 978-3-8007-3205-0, Seiten 393 ff

BERGER, K. UND E. VOGELSÄNGER: Messung und Resultate der Blitzforschung der Jahre1955 bis 1963 auf dem Monte San Salvatore, Bull. SEV Bd. 56, Nr.1, S.1 – 22, Jan. 1965

Seite 13

Seite 29

ROOS, M. : http://www.tuv.com/media/germany/10_industrialservices/pv_modulworkshop/pv_modulworkshop_2014/61_Roos_Betriebsbedingungen_fuer_Bypass-Dioden_in_BIPV.pdf

UCHIDA: http://energy.gov/sites/prod/files/2014/01/f7/pvmrw13_diodes_intertek_robusto.pdf

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Quellenangaben / 3

ZACHARIAS, P. : Was hat kosmische Strahlung mit der Lösung des 50,2 Hz-Problems und der Blindleistungsbereitstellung der Photovoltaik zu tun? 28. Symp. PV-Solarenergie, Bad Staffelstein 2013, Seite 166 ff

Seite 32

BUSATTO, G. : http://www-g.eng.cam.ac.uk/robuspic/pub_present/ISPSD06/02_Busatto.pdf