C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang...

16
Stefan Irmer zu Gast bei Rossinis Christian Lindberg Solist, Dirigent und Komponist Musica Alta Ripa Telemann-Edition Musikkollegium Winterthur Frank Martins „Cornet“ Julia Fischer Brahms in Vollendung Georg Friedrich Händel Wiederentdeckung einer Oper 100 Jahre Beethoven Orchester Bonn CLASS AKTUELL 2007/2 CLASS aktuell Association of Classical Independents in Germany

Transcript of C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang...

Page 1: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

Stefan Irmer zu Gast bei Rossinis

Christian LindbergSolist, Dirigent und Komponist

Musica Alta RipaTelemann-Edition

MusikkollegiumWinterthurFrank Martins

„Cornet“

Julia FischerBrahms

in Vollendung

Georg Friedrich Händel

Wiederentdeckung einer Oper

100 Jahre Beethoven Orchester Bonn

CLA

SS

A

KT

UE

LL

20

07

/2 CLASSa k t u e l lA s s o c i a t i o n o f C l a s s i c a l I n d e p e n d e n t s i n G e r m a n y

C2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1

Page 2: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt

anspruchsvoller Musik. Stehen die drei C’s doch für

Classical, CrossCulture and Contemporary Music.

Diese Begriffe sieht Ulli A. Rützel, Gründer und künst-

lerischer Leiter des Labels CCn’C, allerdings nicht als

kategorische Schubladen, sondern als dynamische Pro-

zesse, die sich grenzüberschreitend mit anderen Gen-

res wie Weltmusik, Jazz, progressivem Rock, Elektro-

nischer Musik oder Akustischer Kunst verbinden.

Der Titel von Kristjan Järvis neuem Album mit

dem Symphony Orchestra of Norrlands Opera, „To

The New World And Beyond“, steht dabei gleichsam

programmatisch für den weitgefächerten Anspruch

von CCn’C. Thematisieren hier doch die europäischen

Komponisten Igor Strawinsky und Paul Hindemith ihre

neue Heimat Amerika, interpretiert von dem Weltbürger

Kristjan Järvi mit einem schwedischen Spitzenorchester,

aufgenommen in audiophiler 5.1-Multichannel-Klang-

qualität und präsentiert als hochwertige Hybrid-SACD.

CLASSICALCROSSCULTURE ‘n‘CONTEMPORARY MUSICKRISTJAN JÄRVI mit dem Symphony Orchestra Of Norrlands Opera

To The New World And Beyond

LEE JOHNSONEvery Matter Under Heaven

Art. Nr. 04602Being And Nothingness In Kostabi’s AtelierSiiri Sisask - Peeter Vähi-Art Rock-

Art. Nr. 04605Cubic YelloLuigi Archetti, Hubl Greiner, Dieter Möbius-Elektronik-

Art. Nr. 02962 | SACD Hybrid

Mit elektrisierender Hochspannung inter-pretiert Järvi Werke von Strawinsky und Hindemith.

Musik u. hist. Filmauf-nahmen polarisieren

mit Texten von J.F. Kennedy, NASA,

Harry S. Truman, Atomwissenschaftlern, Militärführern und dem

Buch Prediger. Das grossorchestrale Werk

ist ein sinfonisches Plädoyer für das Leben

und den Frieden.

Art. Nr. 02862 | DVD + CD

OPUS POSTH. - TATIANA GRINDENKOTemenos – Stabat Mater und Requiem

Vladimir Martynovs Requiem stimmt nicht traurig, sondern öffnet sich der Freude über die Begegnung mit dem Licht.

Art. Nr. 4601

MICHAEL FAHRESDoors

Die Soundscapes „Doors“ sind

auf vielen Reisen des Künstlers

entstanden, u.a. in Neuseeland und am

Amazonas.

Art. Nr. 4604

Art. Nr. 04603Athos-Montana SacraArsenije Jovanovic-Soundscape/Klangkunst-

Art. Nr. 03162GalaxiesUrmas Sisask-zeitgen. Klaviermusik-

WEITERE NEUHEITEN ALS DOWNLOADS

Kruppstr. 7 · 49356 Diepholz · Tel.: 05441/9869-0 · Fax: 05441/986966Vertrieb: Capriccio

Mehr Informationen und Podcasts des Labels unter:

www.ccnc.de

AUSSCHLIESSLICH ALS DOWNLOAD ERHÄLTLICH

NEU

NEU

N

In reizvollem Kontrast zu diesen elektrisierenden

Meisterwerken der klassischen Moderne steht die von

einem DVD-Video begleitete CD „Every Matter Under

Heaven“, ein großorchestrales Opus für Chor und

Orchester des zeitgenössischen US-Komponisten Lee

Johnson. Virtuos inszeniert als atemberaubende Collage

klug ausgewählter

Texte und bewegend

opulenter Klangfarben,

beeindruckend visuali-

siert mit historischem

Filmmaterial – ein

kraftvolles sinfonisches

Plädoyer für das Leben

und den Frieden.

Ein besonderes Au-

genmerk legt das

Label auf die nicht-

physische Distribution avancierter Klänge durch ein

umfassendes Internet-Angebot (www.ccnc.de).

Dieses bietet Musikliebhabern die Chance, schnell

und unkompliziert neue Künstler und neue Werke

kennenzulernen. Dazu stehen auf der CCn’C-Webseite

neben Webradio und Podcasts auch Sound-Samples

zum kostenlosen Probehören sowie der gesamte Kata-

log des Labels als Downloads in exzellenter Klangqua-

lität bereit – u.a. mit preisgekrönten CDs des Turtle

Island String Quartet, der schwedischen Vokalgruppe

Amanda und des Absolute Ensemble aus New York.

Außerdem veröffentlicht CCn’C viele anspruchs-

volle Produktionen ausschliesslich im Internet. Dieses

Angebot reicht vom Art Rock eines Hulu Projects über

zeitgenössische geistliche Kammermusik mit Tatiana

Grindenko und ihrem Ensemble Opus Posth. bis hin zu

Soundscape-Projekten von Michael Fahres.

So unterschiedlich diese Künstler in ihrem Aus-

druck auch sein mögen, eines haben sie alle gemeinsam:

Ihre Musik ist originär und authentisch.

(Sven Thielmann)

*) feiner/strahlender/wohltönender Dreiklang

EIN LOB DEM DREIFACHEN C

Lee Johnson

Amanda

Kristjan Jaervi

Fo

tos:

© C

Cn

’C R

ec

ord

s

C2_07_s02-1_CC'nC 01.05.2007 22:24 Uhr Seite 14

Page 3: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

Grafik: Ottilie Gaigl

AssociationofClass

ical

Ind

epen

dents in Germany

3 AUSGABE 2007/2

CLASS a k t u e l l

Wer einsam ist, der hat es gut,Weil keiner da, der ihm was tut,

Ihn stört in seinem LustrevierKein Mensch, kein Tier und kein Klavier…Dies reimte sich vor annähernd 140 Jahren Wilhelm Busch zusammen, an dessen 175. Geburtstag wir uns gerade erinnern. Unnachahmlich und vor allem zeitlos aktuell vermochte er mit spitzem Stiftund scharfer Feder die kleinen menschlichen Sünden, Streiche und Schwächen zu skizzieren.

Kaum anzunehmen, dass der volksnahe Harzer Urahn aller Comicfiguren jenen italienischen Volksheldenkannte, der in der selbst gewählten französischen Emigration ausgerechnet dem Klavier seine ebensoscharf gewürzten wie pointierten „Alterssünden“ anvertraute: vor 140 Jahren starb Rossini in Paris.

Mit noch mehr Geräusch seines selbstgebauten Orchestrions „Das Publikum war entsetzt darüber,sonst war es gut…“ scheiterte eine Tournee des noch völlig unbekannten aber hochmusikalischen CarlValentin, und er beschloss („Fremd ist der Fremde nur in der Fremde“) endgültig in seiner MünchnerHeimatstadt seinen 125. Jahrestag vorzubereiten.

Und keinesfalls übergehen wollen wir Henry Wadsworth Longfellow, der vor 200 Jahren das Licht dieser Welt erblickte, die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor zwar ohneüberliefertes kompositorisches Gesamtwerk aber mit einer zeitlos aktuellen Weisheit verlassen sollte:„Musik ist die gemeinsame Sprache der Menschheit“

Welche anderen Jubiläen uns zur Zeit beschäftigen, können Sie unschwer anhand der (stillen) Lektüredieses CLASS aktuell erfahren, das in leiser und selbst gewählter Bescheidenheit sein neunjährigesJubiläum ausdrücklich nicht feiert, Ihnen dafür umso lieber Anregungen bietet für die einsame Inselund Ihr ganz persönliches „Lustrevier“.

Dies meint Ihr

Werner DabringhausMusikproduktion Dabringhaus und Grimm

4 Ein Orchester feiert Geburtstag 100 Jahre Beethoven Orchester Bonn

6 Telemann - Lust am luxuriösen KlangMusica Alta Ripa legt Volume 5 seiner Telemann-Edition vor

7 Giove in ArgoHändels vergessene Oper in Ersteinspielung

8 Frank Martins „Cornet“ Eine Neueinspielung vom Musikkol-legium Winterthur und Jac van Steen

9 Gioacchino Rossini „Péchés de Vieillesse“Stefan Irmer schließt die Gesamt-einspielung ab

10 Brennende Tränen im Lachen Julia Fischer und Daniel Müller-Schott spielen Brahms

11 Christian LindbergEin Mann für alle Fälle aus dem hohen Norden

12 Carlo TessariniEin Wegbereiter der Symphonie

13 Dietrich Buxtehude „Das Jüngste Gericht“

14 Im Blickpunkt Aktuelle Neuerscheinungen

CLASS aktuell 2 /2007Inhalt

WERGO

Fordern Sie unseren Katalog an!

WERGOWeihergarten 5 · D-55116 Mainz E-Mail: [email protected] Internet: www.wergo.de

Die inzwischen über 80-jährige Michiko Hirayama, die Giacinto Scelsizu seinem 20-teiligen Zyklus „Canti delCapricorno“ inspiriert hatte, ist bis aufden heutigen Tag die herausragendeInterpretin dieses spirituellen und zu-gleich hoch energetischen Werks fürStimme solo (nur an wenigen Stellendurch Instrumente begleitet).

In einer mehr als einstündigenKonzertperformance hat sie den ge-samten Zyklus im Mai 2006 realisiert –ein vokales Kraftwerk, das MichikoHirayamas wirkliches Alter vergessenließ. Jetzt ist die CD erschienen – einDokument gelebter, unmittelbarerMusik von höchster Intensität.

Michiko Hirayama: Stimme (sowie Gong und Blockflöte) / Ulrich Krieger: Saxofon / Matthias Bauer: Kontrabass / Jürgen Grözinger und Roland Neffe:Percussion WER 66862 (CD)

VertriebeDeutschland: Note 1, 06221/720351 · [email protected]Österreich: Lotus Records, 06272/73175 ·

[email protected]: Tudor, 044/4052646 · [email protected]

Giacinto ScelsiGesänge des Steinbocks

CLASS Association of Classical Independents in Germany e.V.Bachstraße 35, 32756 Detmoldwww.class-germany.de · [email protected]

C2_07_s03_vorwort-inhalt 02.05.2007 1:29 Uhr Seite 3

Page 4: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

Jubiläumskonzerte: Beethovenorchester Bonn

12. 08. 2007 Marktplatz, Bonn21. 09. 2007 Beethovenhalle02. 10. 2007 Festkonzert 14. 10. 2007 Jubiläumsfest 16. 12. 2007 Beethovennacht

www.beethoven-orchester.de

die Preußen der Stadt akademische Würden, dieBonn mit neuem Selbstbewusstsein stärkten.

Ludwig van Beethoven wurde 1770 als Sohneines Musikers der Kurkölnischen Hofkapellegeboren. Zwar verließ er 1792 die Stadt in Rich-

tung Wien, um „Mozarts Geistaus Haydns Händen“ zu er-halten, wie sein Gönner GrafWaldstein ihm mit auf denWeg gab, doch die innereVerbindung Beethovens zuseiner Geburtsstadt bliebbestehen: „Dich verstehich, Du sprichst Bönnsch“soll Beethoven begeistertausgerufen haben, alsder Bonner Gartenar-chitekt Peter JosephLenné den bereitsschwerhörigen Künst-ler in Wien besuchte.

Wechselvoll war die GeschichteBonns verlaufen seit den letztenJahren des 18. Jahrhunderts: Kur-köln war inzwischen ein Teil des

Königreichs Preußen geworden. Damit wareiner der mächtigsten geistlichen Staaten desalten heiligen Römischen Reiches deutscherNation unversehens zur westlichen RandprovinzPreußens geworden, der neuen starken Macht

im zersplitterten Deutschland des 19. Jahrhun-derts. Bonn, die ehemalige Residenzstadt derKölner Kurfürsten, drohte zu einer Provinzstadtam Rande des Mittelrheins degradiert zu wer-den. Durch die Gründung einer Universität inden Räumen jenes Schlosses, dessen Bauden vorletzten Kurfürsten anden Rand des finanziellenRuins gebracht hatte, verliehen

100 Jahre Beethoven Orchester Bonn Seinen 100. Geburtstag kann das Beethoven Orchester Bonn in diesem Jahr begehen:

Am 1. Oktober 1907 nahm die Stadt Bonn das 10 Jahre zuvor gegründete „Philharmonische Orchester Koblenz“ unter seinem Kapellmeister Heinrich Sauer als „Städtisches Orchester Bonn“

in ihre Dienste. Damit erhielt die rheinische Universitätsstadt nach 113 Jahren endlich wieder ein eigenes Orchester, seitdem 1794 die Kurkölnische Hofkapelle aufgelöst worden war.

4 AUSGABE 2007/2

Jan Krenz Martin Turnovsky

Fo

tos:

Sta

dta

rch

iv B

on

n

Innenansicht der alten Beethovenhalle in Bonn und das Plakat des ersten dort aufgeführten Symphonie-Konzertes des Städtischen Orchesters

C2_07_s04-5_Titel-Story_1 01.05.2007 22:15 Uhr Seite 4

Page 5: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

2. Weltkrieg zerstört. Unverdrossen begannindes nach dem Krieg mit 51 Musikern der Wie-deraufbau des Orchesters, das mittlerweile mit106 Musikern zur Elite der deutschen Orchestergehört. In den letzten 50 Jahren prägten VolkerWangenheim, Jan Krenz, Martin Turnovsky,Gustav Kuhn, Dennis Russell Davies sowie Marc Soustrot das Orchester. Das BeethovenOrchester Bonn bekennt sich zu dieser Ge-schichte und hat seine „Ehemaligen“ immerwieder und auch besonders jetzt anlässlich desJubiläums zu Gastdirigaten eingeladen. Seit derSaison 2003/2004 ist Roman Kofman als Gene-ralmusikdirektor der Bundesstadt Bonn für denKlangkörper künstlerisch verantwortlich. Gast-spiele in aller Welt machten das Orchester indiesem halben Jahrhundert international be-kannt. Seit 2003 führt das Orchester den NamenBeethoven Orchester Bonn und bekennt sich soauch offiziell zu dem größten Sohn der Stadt.

Seit 10 Jahren ist das Detmolder Label Mu-sikproduktion Dabringhaus und Grimm Partnerbei den CD-Einspielungen des Beethoven Or-chesters Bonn. Die Produktionen dieser frucht-baren Gemeinschaft haben auf dem CD-MarktFurore gemacht: Die „Leonore 1806“ – einespezielle Frühfassung von Beethovens Oper„Fidelio“, die in Zusammenarbeit mit demBeethoven-Archiv Bonn erstmals beim 35. Beet-hovenfest 1997 aufgeführt und produziert wurde,die „Lukas-Passion“ von Krzysztof Pendereckiund Ernst Kreneks „Karl V.“ (erstmals in derungekürzten Gesamtfassung) wurden von derKritik ebenso begeistert aufgenommen wie auchProduktionen mit Werken von Debussy undRavel oder der „Missa solemnis“ von Ludwig vanBeethoven. Bis Ende der Spielzeit 2005/2006erarbeitete das Orchester unter der Leitung sei-nes Generalmusikdirektors Roman Kofmansämtliche Sinfonien von Dmitri Schostakowitschin einer 2+2+2-Mehrkanal-Gesamtaufnahme.Aus dieser Reihe wählte der internationalrenommierte „Penguin Guide to Compact Discs“die Aufnahme der 7. Sinfonie als „Key recor-ding“ (Einspielung mit Referenzcharakter) ausund bezeichnete sie als eine „in jeder Beziehungherausragende Aufführung und Aufnahme“.

So kann das Beethoven Orchester Bonn alseines der Spitzenorchester der deutschen Kultur-landschaft und bestens betreut von einer kom-petenten Schallplattenfirma mit Zuversicht indas zweite Jahrhundert seines Bestehens gehen.

Detmar Huchting

1845, zum 75. Geburtstag Beethovens, fanddas erste Beethovenfest in Bonn statt. Preußen-könig Friedrich Wilhelm IV. nebst Gemahlinsowie die englische Königin Viktoria mit Prinz-gemahl Albert verliehen dem Ereignis royalenGlanz, in dessen Rahmen das Beethoven-Denkmal enthüllt wurde. Es schmückt bis heute den Bonner Münsterplatz.

CLASS a k t u e l l

Aktuelle Einspielungen:

Franz Liszt: Christus Oratorium für Soli, Chor, Orchester u. OrgelSolisten,Tschechischer Philharmonischer Chor Brno,Christoph Anselm Noll, OrgelBeethoven Orchester BonnRoman Kofman, Ltg.3 SACDs: MDG 937 1366-6

Ludwig van Beethoven: Leonore (1806) Solisten, Rundfunkchor KölnOrchester der Beethovenhalle BonnMarc Soustrot, Ltg.2 CDs: MDG 337 0826-2

Ernst Krenek: Karl V.Solisten Tschechischer Philharmonischer Chor Brno Orchester der Beethovenhalle BonnMarc Soustrot, Ltg.2 CDs: MDG 337 1082-2

Claude Debussy / Maurice Ravel OrchesterwerkeOrchester der Beethovenhalle BonnMarc Soustrot, Ltg.CD: MDG 337 1099-2DVD-Audio: MDG 937 1099-5

Ludwig van Beethoven: Missa solemnis op. 123Solisten Tschechischer Philharmonischer Chor Brno Orchester der Beethovenhalle BonnMarc Soustrot, Ltg.2 CDs: MDG 337 1128-2

Dmitry SchostakowitschSämtliche Sinfonien

Vol. 1: Sinfonie Nr. 10CD: MDG 337 1201-2 DVD-A: MDG 937 1201-5

Vol. 2: Sinfonie Nr. 5 & 9CD: MDG 337 1202-2 DVD-A: MDG 937 1202-5

Vol. 3: Sinfonie Nr. 7CD: MDG 337 1203-2 SACD: MDG 937 1203-6

Vol. 4: Sinfonie Nr. 8 CD: MDG 337 1204-2 SACD: MDG 937 1204-6

Vol. 5: Sinfonie Nr. 13CD: MDG 337 1205-2 SACD: MDG 937 1205-6

Vol. 6: Sinfonie Nr. 2 & 12CD: MDG 337 1206-2SACD: MDG 937 1206-6

Vol. 7: Sinfonie Nr. 1 & 6 CD: MDG 337 1207-2SACD: MDG 937 1207-6

Mit der Übernahme des Koblenzer Orches-ters in die Dienste der Stadt Bonn begann einneuer Abschnitt in der Musikkultur der Stadt:Schon im Gründungsjahr 1907 dirigierte RichardStrauss erstmals eigene Werke in Bonn; Max Reger,Siegfried Wagner, Fritz Busch und Max Bruchsetzten sich gleichfalls früh für den Klangkörperein. Paul Hindemith, Hans Pfitzner, Erich Kleiber,

Joseph Keilberth, Karl Böhm, RudolfKempe, Sergiu Celibidache, GünterWand und Sir Malcolm Sargentsetzten die Reihe bedeutender Di-rigenten fort, mit denen das Or-chester zusammenarbeiten durfte.

Die Beethovenhalle, die Heim-stätte des Orchesters, wurde im

AUSGABE 2007/2 5

Dennis Russell Davies Marc Soustrot Roman Kofman

Fo

to:

A.

Ba

lon

Fo

to:

Kla

us

Le

fèb

ure

Fo

to:

Mic

ha

el

So

nd

erm

an

n

C2_07_s04-5_Titel-Story_1 01.05.2007 22:15 Uhr Seite 5

Page 6: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

eigens für diese Aufnahme spartierte Werke, z.B.die große Ouvertüre g-Moll für 2 Soloviolinen,Ripieni und Basso continuo (Vol. 5). Jedes Volumewird von einem Streicherconcerto vermutlich ausTelemanns Eisenacher Zeit eröffnet. Diese sinddeutlich an italienischen Vorbildern orientiert,übertreffen die meisten allerdings bei weitem anGestenreichtum und atmosphärischer Dichte.

Drei der Ouvertüren (Vol. 2, Vol. 4, Vol. 5)beschäftigen konzertierende Instrumente. DieserKunstgriff erzeugt eine besonders reizvolle Span-nung zwischen instrumentaler Virtuosität undtänzerischer Eleganz in einer ähnlichen Absicht,die auch J.S. Bach bei der Komposition z.B. sei-ner h-Moll-Suite verfolgte.

Der Reichtum der Kompositionen fordert beiden Musikern instrumentale Virtuosität, interpre-tatorische Sensibilität und Fantasie in der Präsen-tation musikalischer Rhetorik heraus. Vor allemaber ist es die Lust am luxuriösen Klang, mit derMusica Alta Ripa die überschäumende Variations-breite der Telemann'schen Ideen in außerordent-licher Plastizität erscheinen lässt: „Suchtgefahr“diagnostizierte ein Kritiker bereits bei Volume 1.In der Tat, so ist es! Hanno Bernward

1733 präsentiert sich Georg PhilippTelemann mit der Veröffentlichung

seiner Musique de table, partagées en TroisProductions als souveräner Meister aller da-mals gängigen Kompositionsklassen in jederformalen, stilistischen und instrumentations-technischen Sparte. Gerade in der Gegenüber-stellung französisch und italienisch geprägterWerke, in der unmittelbaren Begegnung suiten-gebundener oder konzertanter, kammermusika-lischer oder orchestraler Kompositionen zeigtsich seine unglaubliche Fantasie.

Jetzt erschien die fünfte Folge des Instru-mentalmusik-Zyklus’, mit dem Musica Alta Ripadie größte zusammenhängende Werkschau deskaum übersehbaren Schaffens Telemann aufTonträger vorlegt.

Raffinierterweise bedienen sich die hanno-verschen Musiker im Aufbau ihrer Produktionenähnlicher Kriterien, wie sie Telemann selbst beider Struktur der Tafelmusik anwandte: Schwer-punkte bilden Ouvertüren und Konzerte. Diesenorchestralen Werken stehen kammermusikali-sche Kostbarkeiten gegenüber. Immer variiertdie Besetzung, nie schwankt die kompositorischeKlasse. Und so entsteht innerhalb dieses außer-gewöhnlichen Zyklus’ fünfmal das Bild eines inseiner Mannigfaltigkeit einzigartigen Komponisten.Neben bekannten und berühmten Kompositionen –wie z.B. dem Bratschenkonzert G-Dur (Vol. 1) –stehen auf gleichem kompositorischem Niveau

Georg Philipp TelemannKonzerte und KammermusikMusica Alta RipaVol. 1: MDG 309 1189-2Vol. 2: MDG 309 1250-2Vol. 3: MDG 309 1314-2Vol. 4: MDG 309 1384-2Vol. 5: MDG 309 1450-2

6 AUSGABE 2007/2

Künstlerisches Niveau undAttraktivität des Repertoireshaben Musica Alta Ripa in dieWeltspitze aufsteigen lassen.Mit ihren CD-Produktionensetzt das Ensemble seit 1991Akzente, deren Erfolg für sichspricht: Leclairs Triosonatenop. 4 (MDG 309 0428-2) wur-den mit dem französischenDiapason d’or, Müthels Kon-zerte und Kammermusik (MDG325 0452-2) mit dem Preis derdeutschen Schallplattenkritikausgezeichnet. Den CannesClassical Award erhielt Vol. 2von J. S. Bachs Solokonzer-ten (MDG 309 0682-2). Für die Kammermusik von J. G.Goldberg (MDG 309 0709-2)und Telemann Vol. 1 wurdeMusica Alta Ripa mit demEcho Klassik als bestes Kam-mermusikensemble des Jahres geehrt.www.musica-alta-ripa.de

Lust an luxuriösem Klang

AN 2

9119

AN 2

9922

AN 2

9918

AN 2

9925

Graupner: Frühling & Winter Partiten für Cembalo Vol. 6

Geneviève Soly

”Graupner couldn't ask for a finer interpreter than Soly“ 10/10

Classics Today

Verlaine: Symbolist Poets and the French Melodie

Jean-François Lapointe | Bariton Louise-Andrée Baril | Klavier

Kompositionen von Hahn, Faure, Debussy & Mathieu

Music & Sweet Poetry Agree Englische Musik

des 16. & 17. JahrhundertsByrd, Morley, Campion, Dowland & Purcell

Matthew White | Countertenor

Gryphon Trio Christos Hatzis: Constantinople

CCooddaaeexx DDeeuuttsscchhllaanndd GGmmbbHH LLaannddssbbeerrggeerr SSttrraassssee 449922 8811224411 MMüünncchheenn iinnffooddee@@ccooddaaeexx..ccoomm

C2_07_s06-7_AltaRipa-musicaphon 02.05.2007 1:28 Uhr Seite 6

Page 7: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

Auch der kompositorische Nachlass vonKomponisten, von denen man annimmt,es sei mittlerweile auch noch der letzteHosenknopf entweder aufgeführt oder

auf CD veröffentlicht worden, bietet doch immerwieder Überraschungen. So gelang es im Septem-ber vergangenen Jahres, eine bislang völlig unbe-kannte Oper des Komponisten Georg FriedrichHändel auf die Bühne zu bringen. Im historischenMarkgräflichen Theater Bayreuth wurde nachmehr als 260 Jahren die Oper „Giove in Argo“erstmals wieder aufgeführt, von deren Existenzbislang nur ausgesprochene Händel-Experteneine Vorstellung hatten. Möglich wurde dieseInszenierung durch die musikwissenschaftlicheArbeit der beiden Musikhistoriker Steffen Voss(Hamburg) und Thomas Synofzik (Köln/Zwickau),die anhand der Quellen aus dem vorliegendenTextbuch diese Oper rekonstruiert haben, derenUraufführung 1739 in London stattfand.

Bei „Giove in Argo“ handelt es sich um einsogenanntes „Pasticcio“ (italienisch: Pastete), eineOper, in der Arien aus älteren Stücken zu einemneuen Ganzen zusammengestellt wurden. Diese uns heute befremdlich anmutende Praxis war im

18. Jahrhundert gang und gäbe. Es galt übrigens indiesem Zusammenhang keinesfalls als unfein, sichauch aus Werken von Kollegen zu bedienen, imGegenteil. Man nahm einfach den Text einer älterenOper und fügte an die Stelle der originalen Ariensolche Stücke ein, die für die aktuelle Sängerbeset-zung am besten passten und durch die der größt-mögliche Publikumserfolg erzielt werden konnte.So war es möglich, an einem Opernabend Musikvon zahlreichen verschiedenen Komponisten zuhören. Auch Georg Friedrich Händel versuchte inLondon mehrfach, solche Pasticci neben seinenOriginalkompositionen anzubieten. Während er in

Händel-Oper wiederentdecktden meisten Fällen erfolgreiche Werke italienischerKomponisten für die Londoner Verhältnisse adap-tierte, gibt es auch drei Pasticci, in denen der Kom-ponist fast ausschließlich eigene Musik aus älterenStücken wiederverwertete. Das dritte und letzte dieser Stücke, „Giove in Argo“, nimmt eine ganzbesondere Stellung ein. Was es von den übrigenHändel-Pasticci unterscheidet, ist die Tatsache, dasser hier neben älteren Stücken einige Texte auch neukomponierte, so dass bei der modernen Erstauf-führung von „Giove in Argo“ tatsächlich Musik vonHändel erklang, die wohl noch nie in moderner Zeitaufgeführt worden ist. Die meiste Musik des „Giovein Argo“ musste mit Hilfe des erhaltenen Librettosaus den bekannten Opern Händels ergänzt werden,aus denen die einzelnen übernommenen Arienstammen, die Originalkompositionen Händels sinddagegen in Sammelhandschriften überliefert. Diefehlenden Rezitative des zweiten und dritten Akteswurden für die Inszenierung durch behutsame Neu-vertonungen im Stile Händels ergänzt, wobei manzum Teil auf die Musik von Lottis Originalversionzurückgreifen konnte. Als Ersatz für die fehlendeOuverture dient ein selten gespieltes Stück Händels,die einzeln überlieferte Ouverture F-Dur HWV 342,

die mit ihrem satten Hörnerklang nahtlos in den dasWerk eröffnenden Chor überleitet.

Mehrere Dinge lassen das Werk ungewöhnlicherscheinen: Es ist Händels einzige italienischeOper, in der nur tiefe Männerstimmen (ein Tenor,zwei Bässe) mitwirken, also keine Kastraten- oderHosenrollen vorkommen, und „Giove in Argo“ istHändels Oper mit den meisten und umfangreichs-ten Chorsätzen. Dies hat einen besonderen Grund:Als eines der letzten musikdramatischen WerkeHändels entstand es zu einer Zeit, als das Interes-se an italienischen Opern in London stark nachge-lassen hatte. Es ist ein bewusst kurzes Stück, das

CLASS a k t u e l l

durch seinen pastoralen Charakter an Werke wie dieenglisch-italienische Serenata „Acis and Galatea“und die Hochzeitsoper „Atalanta“ erinnert. Mitden zum Teil ausgedehnten und virtuosen Chören,zum Teil mit prächtigen Partien für zwei Hörner,wollte Händel vermutlich auch an den Erfolg sei-ner ersten englischen Oratorien anknüpfen.

Das Libretto der Oper stammt von dem vene-zianischen Dichter Antonio Maria Lucchini, der esfür eine Vertonung durch Antonio Lotti in Dresden1717 verfasste. Die amourösen Verwicklungen desGöttervaters Jupiter mit zwei seiner sterblichenGeliebten, lo und Kallisto, werden hier zu einerverwickelten Intrigenhandlung zusammengefügt,die wenig mit den altgriechischen Mythen zu tun hat.Hinter der mythologischen Handlung verbirgt sichvermutlich eine heute schwer nachvollziehbareHuldigung des Mätressenwesens von Lottis Auf-traggeber, August des Starken. Händel wird LottisOper auf seinem Besuch in Dresden 1719 gehörthaben, dort sang der berühmte Senesino selbst die

Rolle des Jupiter. Vermutlich nahm Händel einExemplar des Librettos mit nach England und erin-nerte sich 1739 an das „Melodrama pastorale“, alser nach einem geeigneten Stück für eine kurzePasticcio-Oper mit drei weiblichen Rollen suchte.

Concert Royal Köln hat nun zusammen mitnamhaften Solisten und dem Würzburger Kam-merchor das Werk in dieser rekonstruierten Formfür Musicaphon auf SACD aufgenommen. LassenSie sich überraschen und verzaubern von einemtypisch Händelschen musikalischen Feuerwerk!

Steffen Voss/A. Rainer

M56

891

AUSGABE 2007/2 7

C2_07_s06-7_AltaRipa-musicaphon 02.05.2007 1:28 Uhr Seite 7

Page 8: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

Für Frank Martin war es Liebe auf denersten Blick. Als der Komponist 1942 aufder Suche nach einem Text für einenLiedzyklus mit Klavier war, machte ihn

seine Frau mit dem Rilke-Gedicht aus dem Jahr1899 bekannt. Die Handlung spielt zur Zeit derTürkenkriege und enthält raue Heerlager, ade-lige Militärführer, rüdes Lagerleben, Schlacht-getümmel, prächtige Schlossfeste mit amourösenAbenteuern und gipfelt in den Traumvorstellun-gen des Fähnrichs (Cornet). „Es ist mein innig-ster Wunsch, dass ein paar Menschen in meinerMusik etwas von dem finden mögen, was Rilkemir gegeben hat.“

Martin bewahrt die 23 Lieder in ihrer ur-sprünglichen Form und lässt das knapp besetzteKammerorchester mit Bläsern, Harfe, Celesta,Klavier und Schlagzeug die verschiedenen ton-

Das Orchester Musikkollegium Winter-thur ist das älteste Orchester derSchweiz und hat u.a. mit Dirigenten-persönlichkeiten wie Hermann Scher-chen, Joseph Keilberth, Franz Welser-Möst und Heinrich Schiff ein ganzeigenständiges Profil entwickelt. Seit2001 ist Jac van Steen Chefdirigent.

malerischen Ebenen raffiniert gestalten. Auffälligist die Verwendung der Basler Trommeln, welcheeinen altertümlich, bedrohlichen Klang in diemilitärischen Szenerien bringen. Der Rilke-Textmusste sich von Kritikern lange Pathos vorwerfenlassen. Die Musik jedoch besagt genau das Gegen-teil, weshalb Rilke – der die verschiedensten Ver-

Aktuelle Einspielungen:

„Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ für tiefe Frauenstimme und Orchester(1942/43) nach dem Gedicht von Rainer Maria RilkeOrchester Musikkollegium WinterthurChristianne Stotijn, Alt / Jac van Steen, Ltg.CD: MDG 601 1444-2Hybrid-SACD: MDG 901 1444-6

Frank Martin (1890-1974)Konzert für sieben Blasinstrumente,Pauke, Schlagzeug & StreichorchesterKonzert für Violine und Orchester„Danse de la peur“ für zwei Klaviereund kleines OrchesterMichael Erxleben, ViolineKlavierduo Adrienne Soós und Ivo HaagOrchester Musikkollegium WinterthurJac van Steen, Ltg.CD: MDG 601 1280-2Hybrid-SACD: MDG 901 1280-6

„Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ gehörtzum zentralen Werk des Schweizer Komponisten Frank Martin. Es ist die erfolgreiche musikalische Umsetzung des populären Gedichtsvon Rainer Maria Rilke, das die Geschichte des Fahnenträgers vomMarschbefehl bis zu dessen Tod beschreibt. Mit dieser Suite von mehrals 20 Liedern, die erstmals auf einer Mehrkanal-Super-Audio-CDerscheint, setzt das Orchester Musikkollegium Winterthur unter derLeitung von Jac van Steen die Martin-Werkschau bei MDG fort.

Seid stolz, ich trage die Fahne… Frank Martins „Cornet“ in einer Neuaufnahme des

Orchester Musikkollegium Winterthur

tonungen seines „Cornet“ im Grunde ablehnte –Frank Martins Fassung sicher geschätzt hätte.

Zuerst machte Christianne Stotjin eine Aus-bildung als Geigerin, dann startete sie ihre Ge-sangskarriere. Seit sie mit dem ECHO „Rising Star“

ausgezeichnet wurde, ist die Niederlän-derin in allen bedeutenden Konzertsälenzu Hause. Diese zweite Aufnahme mitWerken Martins präsentiert wieder einglänzend aufgelegtes MusikkollegiumWinterthur, das den komplexen und oft sozerbrechlichen Nuancen in Stotjins Text-wiedergabe den erforderlichen Klang-zauber unterlegt. Welch faszinierendeGefühlswelten eröffnen sich in dieserWiedergabe! Thomas Trappmann

Aktuelle Konzerte: Orchester Musikkollegium Winterthur

Live Konzert zum Feuerwerk: Zürichsee 06. 07. 2007

„Il barbiere di Siviglia“: Winterthur, Theater 06. / 08. / 12. / 14. / 16. 09. 2007

„Don Quixote“: Zürich, Opernhaus 07. / 09. / 11. / 13. 09. 2007

„Hänsel und Gretel“: Zürich, Opernhaus 15. / 19. / 27. 09. 2007

„Die Schöpfung“: Winterthur, Stadtkirche 23. 09. 2007

www.musikkollegium.ch

8 AUSGABE 2007/2

C2_07_s08-9_Winter-Irmer 02.05.2007 10:21 Uhr Seite 8

Page 9: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

CLASS a k t u e l l

AUSGABE 2007/2 9

Muzio Clementi: Klavierwerke Stefan Irmer, PianoVol. 1: op. 40 MDG 618 0651-2 Vol. 2: op. 50 MDG 618 0652-2 Vol. 3: opp. 25, 33 MDG 618 0653-2

(Geheim-) Botschaften im Notentext oder formaleExperimente kennzeichnen diese pianistischenAlterssünden, deren Titel schon einiges erwartenlassen, wie etwa das „Prélude convulsif“ (einmusikalischer Schluckauf), die „Étude Asthma-tique“, ein „gefolterer“ Walzer oder die lautma-lende Bahnfahrt, die selbstverständlich mit derEntgleisung und mit Erbstreitigkeiten zwischenden Hinterbliebenen endet…

Auch sportliche Übungen seiner Mitbewer-ber nimmt Rossini aufs Korn: „Spreizgymnastik“ist eine Etüde, welche die Dehnungsfähigkeit derFinger bei gleichzeitig rasender Höchstgeschwin-digkeit zu trainieren trachtet. Die „Fehlgeburteiner Polka-Mazurka“ oder die „Kostprobe melo-dischen Quatsches der rechten Hand auf denschwarzen Tasten“ sind ebenso handfeste Späße,die aber zugleich Rossinis frappierende Wendig-keit in allen musikalischen Dingen belegen. EineFaszination, die nicht nur Pianisten abschreckt,sondern auch Komponisten zur „Entnahme“ an-regte: Wer Respighis „Rossiniana“ genau kennt,weiß jetzt woher die Melodien stammen.

Nicht zuletzt an Zwischenmenschliches hatder Komponist gedacht. Zwar schuf er nur eineeinzige Komposition zu vier Händen, doch für

Erst am Ende seines Lebens erwachteRossinis Phantasie wieder, und er ludregelmäßig Freunde zu sich nach Hauseein, um sie musikalisch kulinarisch zu

verwöhnen. Man höre nur die „Quatre Mendiants”:Seiner Frau bereitet der Hausherr getrockneteFeigen und Wienerwalzer-Mandeln, seinemPapageien frisch-freche Rosinen-Portionen, undseinem Hündchen reicht der FeinschmeckerHaselnüsse ... Als Digestif empfiehlt der Maîtreein verdauungsförderndes Quantum Rizinusöl,leicht unter den Walzer gehoben.

Bei diesen „Samedi Soir”-Veranstaltungen inseiner Pariser Wohnung erklangen über 100 pia-nistische Alterssünden zur Unterhaltung der Gäste.Der „Pianist 4. Klasse – ohne Konkurrenz“, wieer sich selbst bezeichnete, tobte sich aus. Scho-nungslose Ironie, scharfsinnige Titel, gewitzte

deren Ausführung hatte er genaue Vorstellungen:Monsieur sitzt links, Madame sitzt rechts. Dochdamit nicht genug: „Ich bitte meine kleine Fan-fare mit Liebe – sowohl der Hände wie auch derKnie – ausführen zu wollen“. Wie Stefan Irmerund seine Partnerin Jang-Eun Bae diese Anwei-sung befolgten, kann beim Finale seiner Rossini-Edition erlebt werden...

Stefan Irmer gilt als einer der prominentes-ten Interpreten, die sich abseits der Repertoire-pfade bewegen: Der gefragte Liedbegleiter undDozent an der Musikhochschule Köln setzt sichmit zyklischen Aufführungen nachhaltig für dasWerk Muzio Clementis ein und erhielt für RossiniBestnoten. Die Zusammenarbeit mit MDG zeitigtebereits phänomenale Kritiken und kulminierte im französischen Schallplattenpreis CHOC, denIrmer für seine Einspielung mit den wichtigstenSonatenzyklen Clementis erhielt.

Fazit: Zu der sympathischen Gesamteinspielungvon Rossinis „Alterssünden“ kann man nur gratu-lieren. Sie schließt eine Lücke im Schallplatten-repertoire, und Irmers verblüffende Virtuositätund sein ausgeprägter Klangsinn garantieren einpianistisches Amüsement höchster Qualität.

Joachim Thalmann

Aktuelle Konzerte: Stefan Irmer

23. 05. 2007 Max Ernst Museum Brühl

01. 06. 2007 Straßenbahnmuseum Thielenbruch

03. 06. 2007 Kölner Philharmonie

06. 06. 2007 St. Mariä Himmelfahrt

Gioacchino Rossini, das Nationalheiligtum der Italiener, als muntererbis tiefgründiger Salonkomponist, wer hätte das gedacht? Diese„Alterssünden“ stehen dem Opernkomponisten gut zu Gesicht. Rossinis Rückzug aus der Opernwelt markierte – entgegen landläufigerMeinungen – nicht den Tausch des Notenpapiers mit dem Kochlöffel,sondern rührte von zahlreichen Krankheiten und Depressionen her,die ihm die Arbeit für fast 30 Jahre schwer machte. Stefan Irmer serviert die seit etwa 100 Jahren in den Schubladen verstaubtenPreziosen erstmals vollständig im Rahmen seiner Gesamteinspielung.

Zu Gast bei Rossinis…

Gioacchino Rossini: „Péchés de Vieillesse“Stefan Irmer, KlavierVol. 1: MDG 618 0654-2Vol. 2: MDG 618 0918-2Vol. 3: MDG 618 1108-2Vol. 4: MDG 618 1260-2Vol. 5: MDG 618 1353-2Vol. 6: MDG 618 1386-2Vol. 7: MDG 618 1426-2Vol. 8: MDG 618 1448-2

C2_07_s08-9_Winter-Irmer 01.05.2007 20:12 Uhr Seite 9

Page 10: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

10 AUSGABE 2007/2

Dutzende Aufnahmen gibt es vom Violin-konzert op. 77 in D-Dur von JohannesBrahms, wozu noch eine weitere? Die Frage ist durchaus berechtigt. Wer

jedoch die neue Einspielung von Julia Fischer und dem Netherlands Philharmonic OrchestraAmsterdam unter Yakov Kreizberg gehört hat,die nun bei „PentaTone classics“ erschienen ist(Super-Audio CD im Mehrkanal-Surround-SoundPTC 5186 066), wird sie nicht stellen. Was nämlich aus den Lautsprechern strömt, ergreiftund berührt. Denn Julia Fischers Spiel bleibtnicht steriler Schönklang oder hohle Virtuosität,sondern offenbart vielschichtige Deutungen: Sieinterpretiert, ist ehrlich und aufrichtig.

Da ist etwa der berühmt-berüchtigte Ausspruchdes Wiener Geigers Joseph Hellmesberger, der unteranderem Fritz Kreisler unterrichtet hat: 1880 soll ererklärt haben, Brahms’ Violinkonzert von 1878 seinicht für, sondern gegen die Violine geschrieben,weshalb es bald in Vergessenheit gerate. VonBrahms selbst stammt übrigens folgende nüchterneund zugleich selbstsichere Feststellung: „Ich weiß,dass das Violinkonzert seinen wahren Platz einneh-men wird, aber es wird wenigstens 50 Jahre dauern.“Er sollte Recht behalten. Dass indes das Violinkon-zert von Brahms ein Werk gegen die Violine sei, istdurchaus eine bemerkenswerte Aussage.

Die Polemik ausklammernd, wird tatsächlichhiermit zumindest die musikalische Dramaturgiedes Kopfsatzes auf dem Punkt gebracht. Denn überweite Strecken fechten Violine und OrchesterKämpfe aus: Orchestrale Aufwärtsbewegungenstellen sich den Stürzen der Solovioline aushöchsten Lagen entgegen, schon inmitten desersten Soloeinsatzes fährt es wild aus demOrchester heraus. Ein Konzert gegen die Violineeben, genau hier setzt die eingespielte Deutungan. Mit ungeheurer Expressivität und fast schondiabolischer Konsequenz treibt Julia Fischer dieKonflikte bis an die Grenzen des Machbaren.

In diesem Sinne kämpft sie um jede Note,obwohl ihr selbst die spieltechnisch tückischstenWendungen mühelos, ganz nebenbei über dieSaiten gehen. Julia Fischer weiß von der Musik,die sie spielt, ist sich ihr bewusst – das ist heutenicht selbstverständlich. Sodann breitet sich imzweiten Satz das melancholische Liedchen aus,

Johannes BrahmsViolin Concerto in D, Op. 77 Double Concerto in A minor, Op. 102Julia Fischer, Daniel Müller-Schott Netherlands Philharmonic Orchestra Amsterdam /Yakov Kreizberg Hybrid SACD: PTC 5186 066 / Codaex

Brennende Tränen im Lachen Julia Fischer und Daniel Müller-Schott spielen Brahms

in das sich Aufbegehren mischt. Der Finalsatzschließlich wird bei Julia Fischer zum Ungari-schen Tanz, bei dem im stolzen Frohsinn dieTraurigkeit im Auge brennt – Brahms’ Affinitätzur osteuropäischen Seele ist kein Geheimnis.

Nicht minder packend gestalten Julia Fischerund Daniel Müller-Schott das Konzert für Violine und

Fo

tos:

Ka

sska

ra (

J.

Fis

ch

er)

, To

m S

pe

ch

t (D

. M

ülle

r-S

ch

ott

)Violoncello op. 102 in a-moll. 1887 hat Brahmsdieses Doppelkonzert geschrieben – ein „Versöh-nungswerk“, so Clara Schumann. In der Tat warensich Joseph Joachim und Brahms in die Haare ge-raten, Grund war das Scheidungsverfahren zwischendem berühmten Geiger und seiner Ehefrau AmalieJoachim: Sie soll fremdgegangen sein, was Brahmsallerdings in einem Brief bezweifelte. Joseph Joachim fühlte sich von seinem Freund verraten undbrach den Kontakt ab – bis zum Doppelkonzert.

Natürlich ist die Komposition nicht nur ein „Ver-söhnungswerk“. Tatsächlich fällt der fast schonkammermusikalische Gestus auf, zudem werdendie Themen mehrheitlich vom Solocello eingeführt.Vom Virtuosentum ist das Doppelkonzert weit ent-fernt, weshalb es bis heute zuweilen als sperrig gilt.Nicht so diese Deutung: Mit zügigen Tempi wirdinsbesondere im Kopfsatz ungewohnte Lebendig-keit herausgekitzelt, die Brahms’sche Dramatikwird hier nicht zur schweren Kost. Weit singt hin-gegen das Lied des zweiten Satzes hinaus, ohne –wie so häufig – weinerlich zu schleppen. Mit unge-heurer Energie stolziert der Finalsatz, ohne dass dieWerkstruktur verschüttet bliebe. Aus dieser Deu-tung erwächst ein geist- und herzreiches Hör-ereignis, Solisten und Orchester vereinen sich zuvollendeter orchestraler Kammermusik. Eine neueSicht auf ein allzu häufig missverstandenes Werk istgeglückt, die in keiner CD-Sammlung fehlen darf.

Florian Olters

C2_07_s10-11_Fischer-bis 01.05.2007 19:44 Uhr Seite 10

Page 11: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

AUSGABE 2007/2 11

Wieder einmal eine neue CD mit Christian Lindberg: Posaunenkon-zerte von Luciano Berio, IannisXenakis und Mark-Anthony Turnage

hat er mit dem philharmonischen Orchester Oslounter Leitung von Peter Rundel für sein HauslabelBIS aufgenommen (BIS-SACD-1638).

Unter den rund 35 Aufnahmen, die der Aus-nahmeposaunist seit 1983 für BIS gemacht hat,wird dies ohne Frage eine der wichtigsten sein. Siepräsentiert drei von mehr als achtzig Posaunenkon-zerten, die Lindberg während seiner beispiellosenKarriere gewidmet worden sind – sozusagen dieSpitze des Eisbergs. Hinter jedem dieser Werke ver-birgt sich eine Geschichte, und mit offensichtlichemVergnügen berichtet Lindberg im Booklet darüber,wie es zu dem jeweiligen Kompositionsauftrag kam,aber auch, welchen Einfluss er als Interpret, für denes keine instrumententechnischen Schwierigkeiten

Die Spitze desEisbergs

zu geben scheint, auf die Gestalt der Kompositionenselbst nehmen konnte.

Besondere Freude machte Lindberg das Werkvon Turnage; er sagt, dies sei „eines der elektrisie-rendsten Werke, die ich je gespielt habe.“ Eine Ein-schätzung, die der Kritiker der Financial Times nachder Londoner Premiere des Werkes teilte: „Lind-berg ist ein Interpret, der Musik auch dann entzün-den kann, wenn sie nur halb so viel brennbaresMaterial wie dieses extrem angereicherte Turnage-Stück enthält. Auf der Verpackung hätte stehen sol-len: Vorsicht – leicht entflammbar!“

Bereits bei Lindbergs Debüt im Jahr 1982äußerte sich der prominente schwedische KritikerLeif Aare geradezu prophetisch, als er sagte: „Einerderart direkten musikalischen Kommunikation

kann sich nichts in den Weg stellen“.Er sollte recht behalten. So war Lind-berg der erste schwedische Instru-mentalist, der je mit den BerlinerPhilharmonikern und dem ChicagoSymphony Orchestra gespielt hat. ImJahr 2000 wurde Lindberg nebenLouis Armstrong, Miles Davis, DennisBrain und Maurice André zu einemder fünf größten Blechbläser des 20.Jahrhunderts gewählt. Neben der Kar-riere als Posaunist ist Lindberg seitdem Jahr 2000 aber auch als Dirigentin Erscheinung getreten; das NordicChamber Orchestra und das SwedishWind Ensemble haben ihn zwischen-zeitlich zu ihrem Chefdirigentengewählt. Und Lindbergs drittes Stand-bein sollte man nicht vergessen: seit1996 komponiert er auch selbst. U. a.von Chicago Symphony Orchestra,Swedish Chamber Orchestra und demschwedischen Rundfunkchor hat erbereits Aufträge erhalten.

Von oben genanntem Eisbergwird er seinem begeisterten Publikumin den nächsten Jahren ohne Fragenoch so manche Spitze vorführen.

A. Rainer

BIS

-SA

CD

-163

8

CLASS a k t u e l l

C2_07_s10-11_Fischer-bis 01.05.2007 19:44 Uhr Seite 11

Page 12: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

Die Zahl seiner erhaltenenWerke ist imponierend: Rund70 Symphonien aus seiner Handsind erhalten, dazu 90 Konzerteund 140 Kammermusikwerke.Seine Kompositionen warenüber ganz Europa verbreitet(sie erschienen oft gleichzeitigim Druck in Urbino, Paris,Amsterdam und London) undhatten daher überall Einflussauf die Ausbildung des neuen,frühklassischen Stils. Übrigensist es möglich, dass Johann

Stamitz, einer der Führer der MannheimerSchule und damit Wegbereiter des klassischenStils in Deutschland, in seiner Jugend SchülerTessarinis gewesen ist. So kann man mit Fugund Recht annehmen, dass Tessarini ein wich-tiges Bindeglied in dem Prozess ist, der vomvenezianischen „vivaldischen“ Stil zur neuen,klassizistischen Musiksprache führt.

Wie vielfältig und bunt sich die Symphonienaus Tessarinis Feder anhören, kann man an den„12 Introducioni a 4, op. 11“ studieren, die dasin historischer Aufführungspraxis musizierendeEnsemble Aura Musicale unter Leitung vonBalázs Máté jetzt in Ersteinspielung auf Hunga-roton vorgelegt hat (HCD 32303). Ungeachtetdes Titels handelt es sich um regelrechte drei-sätzige Symphonien, die teilweise noch an Vivaldioder Händel erinnern, in der Mehrzahl aberbereits an Gluck und Haydn. Demnach ist ertatsächlich einer der Großväter der Symphoniegewesen, wie sie uns in erster Formvollendungin den Werken Haydns, Mozarts und Beethovensam Ende des Jahrhunderts begegnet.

A. Rainer

Die musikalische Nach-welt verehrt zu RechtJoseph Haydn als denVater der Symphonie.

Tatsächlich sind die Sympho-nien von Haydn die ersten Meis-terwerke in der Geschichte dieses Genres, mit denen die„Symphonie“ tatsächlich alseigene Gattung gelten kann. Eswäre aber falsch, anzunehmen,dass Haydn diese Großtat als„einsamer Held“ durchgeführthat. Vielmehr war er Vollendereines Prozesses, der mit der Emanzipation derInstrumentalmusik im Barock bereits in Ganggekommen war. Die entscheidende Rolle spieltendabei die komponierenden italienischen Geigen-virtuosen. Während „sinfonia“ im Frühbarocknoch jede Art von Instrumentalstück oder -satzbezeichnen kann, bildet sich im 18. Jahrhundertunter dem Einfluß der Italiener die dreisätzigeForm heraus. Stilistisch stehen Mitte des Jahr-hunderts barocke Instrumentalwerke und früh-klassische Symphonie bereits nebeneinander.

Eine bedeutende Figur dieser spannenden Epoche ist Carlo Tessarini. Berichte über den um1690 in Rimini geborenen Musiker setzen um1720 ein; da wirkte er als Geiger am Markusdomin Venedig. Daneben ist er Lehrer und Konzertmeis-ter am Ospedaletto, einem Waisenhaus, das zu-gleich ein berühmtes Musikinstitut ist. Später dienteTessarini als Hofmusikdirektor des ErzbischofsWolfgang Hannibal Schrattenbach von Brünn. Kon-zertreisen führten ihn u.a. nach Rom, Paris, Frank-furt und in die Niederlande. Der letzte Bericht überihn stammt aus dem Jahr 1766, da gab er ein Kon-zert in Arnheim, danach verschwindet er spurlos.

Der Großvater der Symphonie

12 AUSGABE 2007/2

Ensemble Aura Musicale

HC

D 3

2303

C2_07_s12-13_hunga-Ambitus 01.05.2007 13:01 Uhr Seite 12

Page 13: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

CLASS a k t u e l l

AUSGABE 2007/2 13

Buxtehude stammt. Einiges sprichtdafür, und rein gefühlsmäßig möchtewohl keiner, der dieses durchausmonströse Werk kennt, den Gedan-ken an Buxtehudes Urheberschaftfreiwillig aufgeben. In der „Alte-Mu-sik-Szene“ jedenfalls wird es schonlänger als Geheimtipp gehandelt:Großartige Musik in ständig wech-selnden Besetzungen, und auch derText hat es in sich. So unverblümt undsaftig ist dem Sünder schon lang nichtmehr der Kopf gewaschen worden.

Nun sind erstaunlicherweisegleich vier Einspielungen auf denMarkt gekommen, alle höchst unterschiedlichim Interpretationsansatz, sowohl hinsichtlich derBesetzung als auch der Länge (musste eben aufeine CD passen).

Die vorliegende Aufnahme der Capella Can-torum Berlin unter der Leitung von Klaus Eichhorn zeichnet sich durch eine besondersradikale Machart aus. Abgesehen von der Neben-sächlichkeit der Gesamtwerk-Ersteinspielungund basierend auf der aus dem originalen Quel-lenmaterial rekonstruierten Fassung hebt sie sichin einem gravierenden Punkt von allen anderenEinspielungen und auch von heutzutage üblicherPraxis und Konvention ab: sie verzichtet grund-sätzlich auf den Einsatz von Frauenstimmen undfavorisiert so die als historisch selbstverständ-lich angesehene Verwendung von Knaben- undMännerstimmen bis hinauf in den Altus.

Den jahrhundertealten Irrtum in der Ausle-gung eines Paulus-Briefes, wonach die Frau in derKirche zu schweigen habe, wird heute wohl nie-mand mehr aufrecht erhalten. Aber er führt unsbei der Frage, wie es zu Buxtehudes Zeiten ge-klungen haben mag, auf den mühsamen unddornigen Weg der Arbeit mit Knabenstimmen,der sich als geradezu aberwitzig zeitraubend,bisweilen frustrierend erweisen kann. Dazugehört schon eine ziemliche Portion Überzeu-gungstäterschaft, wie sie sich auch in der nun-mehr mehr als 25-jährigen Arbeit der CapellaCantorum immer wieder manifestierte.

Dieses Jahr 2007 ist Buxtehude-Jahr, vor300 Jahren starb der Kantor der Lü-becker Marienkirche. Er war zu seinerZeit ein berühmtes Vorbild für seine

Kirchenmusiker-Kollegen, heute ist seine Musikbis auf das Orgelwerk den meisten Menschenunbekannt. Nur die Wenigsten wissen etwas überdie außerordentlichen Qualitäten seiner Vokal-musik, die ebenso wie die Orgelkompositionenihre Wirkung auf andere Komponisten gehabt hat,frühe Kantaten von J.S. Bach gehören sicher dazu.

Das Interesse an diesen im besten Sinne volks-nahen Stücken, die weitgehend auf den Melo-dien der gebräuchlichen Kirchenchoräle basieren,ist in den letzten Jahren sowohl bei den aus-führenden Musikern als auch den Konsumentenin erfreulicher Weise gestiegen. BuxtehudesMusik ist farbig, voller genialer Melodik, dabeifrei von irgendwelcher vertrackten Zahlensym-bolik oder verstiegenen Fugenkonstruktionen,Dingen, die einem zu ungetrübter Erbauung undFreude manchmal doch im Wege sind.

Einer der Höhepunkte dieses Schaffens ist,quantitativ allemal, das einzige überlieferte Ora-torium „Wacht! Euch zum Streit gefasset macht“,auch „Das Jüngste Gericht“ genannt. Leider istnicht einwandfrei sicher, dass es wirklich von

Es versteht sich von selbst, dass natürlichmit Barock-Instrumentarium musiziert wird,Streicher mit Violinen, Bratschen, Cello undViolone, interpretierend hinzugefügt Bläser mitzwei Zinken, zwei Posaunen und Dulzian aufStadtpfeifer-Art als colla-parte-Verstärkung imVokaltutti. Das Continuo ist besonders reich mit Gedackt 8’-Positiv, Cembalo, Regal und Chitarrone als Fundament sowie Cello und Dulzian als Ornament ausgestattet.

Eine absolute Besonderheit dieser Aufnah-me stellt die Einbeziehung einer großen, histo-rischen Kirchenorgel (hier die Joachim-Wagner-Orgel von 1742/Angermünde mit ihrem leichthöheren Stimmton in ihrem mitteltönig-nahenStimmsystem) dar, wann immer der volle Appa-rat zum Einsatz kommt. So bekommt das Klang-bild auch „unten rum“ noch eine zusätzlicheFülle und Wärme, die jedem, der je auf dieseWeise musiziert hat oder es hört, als unverzicht-bar und selbstverständlich erscheint.

Alledem liegt die zutiefst empfundene Über-zeugung zu Grunde, dass die Mittel der Entste-hungszeit eines beliebigen Stückes a priori dengrundlegendsten Zugang zu ihm ermöglichen.

Wer darüber mehr erfahren möchte, sei aufdie ausführlichen Informationen im CD-Bookletverwiesen. Das Hörerlebnis jedenfalls ist höchstbemerkenswert und wird jedem, der dafür em-pfänglich ist, viel Neues über die Musik dieserZeit vermitteln. Kalle Kroll

Dietrich BuxtehudeDas Jüngste Gericht / OratoriumCapella Cantorum Berlin / Klaus Eichhornamb 96 886 / ambitus

Im Fachhandel (Vertrieb MusikWelt Münster)oder direkt im Internet unter:www.ambitus.de

Buxtehude 2007

„Jüngstes Gericht“ mit Knaben?

Aktuelle Konzerte: Capella Cantorum Berlin

18. 05. 2007 Berlin19. 05. 2007 Naumburg22. 06. 2007 Berlin24. 06. 2007 Wetzlar22. 09. 2007 Berlin23. 09. 2007 Freiberg (Sachsen)

C2_07_s12-13_hunga-Ambitus 01.05.2007 13:01 Uhr Seite 13

Page 14: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

Jean-Baptiste Singelée (1812-1875) Fantaisies, Concerts et Solospour Saxophones Soprano, Alto,Tenor, Baryton et PianoQuartetto di Sassofoni AccademiaBruno Canino, Piano CDS 541 / Dynamic

In Musikgeschichtsbüchern kommter nur selten vor, dabei war der BelgierJean-Baptiste Singelée (1812-1875) zuseiner Zeit ein herausragender Geigerund Komponist. Angestellt war er alsSologeiger am königlichen Theater inBrüssel. Aber seine Liebe galt auch denHolzblasinstrumenten. Mit Adolphe Sax,dem Erfinder des nach ihm benanntenInstruments, war er befreundet undermutigte Sax, das Instrument für alleTonlagen zu bauen. Als einer der erstenKomponisten überhaupt nahm Singeléedas Saxophon als Ausdrucksmittel derklassischen Musik ernst. Er hinterließnicht weniger als 25 Werke für Saxophone(vom Sopran bis zum Bariton) und Klavier,die stilistisch das Tor zum Saxophon-repertoire des 20. Jahrhunderts öffnen.

PionierarbeitBei Dynamic erschien jetzt eine CD,

die den kompositionstechnischen wiemusikalischen Wert der Werke Singeléesin einer exzellenten Interpretation deut-lich macht. Es spielt das Quartetto diSassofoni Accademia mit Bruno Caninoam Klavier. Interpretiert werden Fanta-sien, Konzerte und Solos (also Saxophonmit Klavier) durch die verschiedenenHöhenlagen der Instrumentenfamilie.

Im Blickpunkt

14 AUSGABE 2007/2

Ludwig van Beethoven: Sämtliche Streichquartette op. 130 und 133 Leipziger StreichquartettMDG 307 0851-2

Der Beethoven-Zyklus des LeipzigerStreichquartetts ist vollendet: Eines dergefragtesten und zugleich vielseitigstenEnsembles unserer Zeit präsentiert imZieleinlauf ein Werk des Bonner Kompo-nisten, dessen Geschichte äußerst ver-wickelt ist. Opus 130 ist innerhalb von 13 Monaten gleich zweimal mit unter-schiedlichen Schlusssätzen uraufgeführtworden… weil es der Verleger so wollte.

MonumentDie erste Fassung endete mit einer

Fuge, die selbst Beethoven-Intimus KarlHolz für ein Streichquartett als „schwerfasslich“ charakterisierte. Der Wegge-fährte in den letzten Lebensjahren desMeisters überredete Beethoven, die Fugeals eigenständiges Kunstwerk (op. 133)zu platzieren und dem Opus 130 einneues Finale hinzuzufügen. In den Ohrenvon Verleger und Publikum schien esgefälliger, gleichwohl fiel es komposi-torisch nicht weniger anspruchsvoll aus.

Seit Beginn seiner Karriere hat sichdas Leipziger Streichquartett mit Beet-hoven auseinandergesetzt. Über zwölfJahre sind vergangen, bis auch die neunte und letzte CD dieses Zyklus reif für die Studioproduktion war. DasWarten hat sich gelohnt, denn die Leipziger servieren einen ebenso bril-lanten wie tiefgründigen Beethoven,verschmähen weder die weitgespanntenorchestralen Klangwirkungen, noch die intimsten und feinsten Ausdrucks-momente und vermögen „ihrem“Zyklus einen ganz persönlichen un-verrückbaren Stellenwert in der Disko-grafie zu sichern.

Kammermusik Tastenmusik

Gioacchino RossiniFlavio Ponzi,auf Rossinis eigenem Pleyel-FlügelCDS 547 / Dynamic

Nur selten haben wir das Glück,Instrumente, die Komponisten einstbenutzten, nicht nur zweifelsfrei zuord-nen, sondern auch heute noch hören zukönnen. Es hat nicht nur etwas sensatio-nelles, die Musik so aufzunehmen, wie sieseinerzeit ihr Schöpfer hörte, sondern esergeben sich auch Erkenntnisse zu Stilund Komposition sowie Interpretationvon unschätzbarem Wert. Ein solcherGlücksfall wird uns mit dieser Aufnahmevorgestellt: Klaviermusik (Auszüge ausden „Péchés de vieillesse“) von Gioacchi-no Rossini, von Flavio Ponzi auf Rossiniseigenem Pleyel-Flügel eingespielt.

AuthentischDas hier vorgestellte Klavier kaufte

Rossini im August 1846 während seinesAufenthaltes in Bologna. Ein typischromantisch intonierter Pleyel, den Rossini zunehmend nutzte und schätzte.Die Hämmer verraten noch heute eineBelederung mit Unterfilz, die typisch istfür eine Zeit, in der sich das Klangidealzu mehr Volumen und Weichheit desTons wandelte. Klanglich ist diesesInstrument das perfekte Wiedergabe-medium für Rossinis theatralischen Stil.Ponzi setzt noch eins drauf, indem erzwei der Werke in zwei verschiedenenInterpretationen zum Vergleich an-bietet. Er selbst hat den Flügel in den Jahren 1997 bis 1999 restauriert –Flavio Ponzi muss heute als einer dergrößten Experten für Klaviere derRomantik gelten.

Mit dieser CD ist ein hoch interes-santes Dokument entstanden, das jedeman der Geschichte der KlaviermusikInteressierten wärmstens empfohlen sei.

Georg Friedrich Händel Johann Sigismund Weiss Verschlungene Pfade Sämtliche Oboensonaten Concert Royal KölnM 56889 / Musicaphon

Warum wohl sollte es in der Musik-geschichte gerechter zugehen als an-derswo? Auch hier ist die Wand, die zwischen Weltruhm und unbekanntemVerdämmern liegt, eine sehr dünne undaußerdem ziemlich willkürlich gezo-gene. Die Komponisten, deren sämtlicheSonaten für Oboe und Basso continuo wirauf einer Neueinspielung bei Musicaphonfinden, interpretiert von Concert RoyalKöln, sind das beste Beispiel dafür. Zum einen Georg Friedrich Händel, derweltgewandte, weithin berühmte Kom-ponist und Kapellmeister Seiner Majes-tät, des Königs von England und Direktorder Royal Academy of Music, über dennoch etwas zu sagen Eulen nach Athentragen hieße, und andererseits JohannSigismund Weiss. Wer?

Zu Weiss fällt einem eigentlich nurSylvius Leopold ein, der berühmte Lau-tenist am Dresdner Hof, mit Bach be-kannt – das war der ältere Bruder unseresWeiss. Auch er Musiker von Beruf, und,wie seine Werke ausweisen, ein seinemBruder, aber auch Händel durchaus eben-bürtiger – aber berühmt wurde er nicht.

UngerechtUm 1690 wurde er in Breslau geboren,

und er starb 1737 in Mannheim. Über seinLeben und Wirken wissen wir kaum etwas.Von 1708 bis 1718 war er kurpfälzischerLautenist der Hofkapelle in Düsseldorf,danach – bis 1723 – bekleidete er densel-ben Posten in Mannheim. Dort stieg erdann zum Musikdirektor des Hofes auf.Doch seine Wege sollten sich mit denenHändels kreuzen.

Interessant wäre es, die SACD imBlindflug zu testen. Schließen Sie dieAugen, und entscheiden Sie jeweils: Händel oder Weiss? Wer weiß...

C2_07_s14-15_Blickpunkte 01.05.2007 19:42 Uhr Seite 14

Page 15: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

AUSGABE 2007/2 15

Jean-Marie LondeixPortraitKonzerte, Kammermusik und SolowerkeJean-Marie Londeix, SaxophonMDG 642 1416-2 (4 CDs)

Kein anderer Musiker hat im 20. Jahr-hundert die internationale Saxophon-gemeinschaft so nachhaltig geprägt wieJean-Marie Londeix. Als Referenz zum 75. Geburtstag des Virtuosen aus Frank-reich präsentiert Dabringhaus & Grimmin seiner Reihe Archive ein Portrait dieser lebenden Legende bestehend aus vier prallgefüllten CDs mit histo-rischen Aufnahmen aus den Jahren 1957 bis 1995. Die Sammlung bieteteinen repräsentativen Querschnitt eineserfüllten Künstlerlebens und einenÜberblick wichtiger Saxophonliteraturdieser Zeit.

Saxophon Legende

Zu erleben sind sowohl Einspielun-gen des jungen Jean-Marie Londeix imAlter von 25 Jahren, aber auch solche,die er noch mit 63 Jahren aufgenommenhat. Den gut zwei Dutzend außerge-wöhnlichen Werken gemeinsam ist eine höchst einfühlsame und immerprägnante Darbietung. Die Aufnahmendieser CD stammen aus dem Privatarchivdes Künstlers, viele bislang unveröffent-licht, andere von längst verschollenenalten Tonträgern abgelauscht. Jetzt erfahren die Interpretationen dieses Ausnahmemusikers ihre längst fälligeakustische Wiedergeburt.

Marcel Dupré (1886-1971)Orgelwerke Vol. 8 / Suite op. 39Offrande à la Vierge op. 40Triptyque op. 51/Chorales op. 45, 1-8Ben van OostenBeuchet-Debierre-Orgel in AngoulêmeMDG 316 1290-2

Nach Stippvisiten in Kanada und denUSA – dicht auf den Spuren von MarcelDupré – ist Ben van Oosten nach Frank-reich zurückgekehrt. Mit vier gewichtigenStücken aus der mittleren Schaffenspe-riode stellt uns der Spezialist für franzö-sische Orgelmusik in Vol. 8 sämtlicherOrgelwerke Duprés die Beuchet-Debierre-Orgel in Angoulême (Charante) vor.

Bereits im Alter von 20 Jahren warJeanne Demessieux eine phänomenaleOrgelspielerin. Ihre Technik weiter zu ver-vollkommnen, inspirierte Dupré zu faszi-nierenden „Orgelstudien“, die er später alsSuite op. 39 veröffentlichte. Bis heute sindsie ein Prüfstein echter Virtuosität. „Ich woll-te das Wimmeln des Lebens sehen, fürchteaber, dass es vielleicht nur Aufregung ist“,kommentierte Dupré seine Skizzen.

Weitere Orgelstudien aus dieser Serienutzte Dupré, um sie später als op. 40der Heiligen Jungfrau zu widmen. Zuerstspiegelt er ihre mütterliche Zärtlichkeitwider, dann ihre Klagen und ihre Ver-zweiflung und schließlich – in einerAtmosphäre von himmlischem Frieden –die Beschwörung der Jungfrau als Mittle-rin des Gebets. Ergänzt werden dieseWerke durch acht kleine Präludien übergregorianische Melodien (op. 45) unddurch ein virtuoses Triptychon (op. 51).

Die Beuchet-Debierre-Orgel in der imJahr 1128 vollendeten Kathedrale Saint-Pierre geht auf ein Vorgänger-Instrumentaus dem 18. Jahrhundert zurück. Nachmehreren Umbauten und Ergänzungenwurde es 1965 auf seinen heutigenUmfang mit 55 Registern auf drei Manua-len und Pedal mit elektro-pneumatischerSpiel- und Registertraktur erweitert – einklangstarker Spielplatz für einen Ausnah-mevirtuosen wie Ben van Oosten.

CLASS a k t u e l l

Historisch

Wolfgang Fortner (1907-1987)ViolinkonzertMax Bruch (1838-1920)Violinkonzert op. 26Hans Pfitzner (1869-1949)Violinkonzert op. 34Gerhard Taschner, ViolineMDG 642 1443-2

MDG hat sich wiederholt dem Wirkendes Wundergeigers Gerhard Taschnergewidmet, der bereits als 13-Jähriger dasWiener Publikum faszinierte und späterjüngster Konzertmeister von WilhelmFurtwänglers Berliner Philharmonikernwurde. Leider ist nur ein Teil der Tonauf-nahmen Taschners erhalten geblieben,darunter die Violinkonzerte von Bruch,Pfitzner und Fortner, die in exquisiter Qua-lität auf dieser neuen CD zu hören sind.

Spielkind Nur ganz selten arbeiten Komponist

und Interpret beim Entstehen eines Werkeseng zusammen. Wolfgang Fortner hatteTaschner in den Nachkriegswirren 1946samt Familie im Haus des RüdesheimerMusikmäzens Carl Jung untergebracht.Obwohl Taschner lieber mit der Modellei-senbahn der Kinder spielte als mit Fortnerzu arbeiten, gelang ihm eine wunderbareAufführung dieses mit geigerischen Fines-sen nur so gespickten Konzerts. Nebender hier dokumentierten Aufnahme mitdem SWF-Orchester unter der Leitung vonHans Rosbaud gestattet ein Konzertmit-schnitt der Berliner Philharmoniker unterWilhelm Furtwängler (veröffentlicht aufMDG 642 1113-2) einen höchst interes-santen Interpretationsvergleich.

Wer das RIAS-Sinfonieorchester unterRudolf Kempe am 17. April 1955 bei derAufführung des Violinkonzerts von HansPfitzner live im Radio gehört hat, der spür-te, dass er einem ganz besonderen Ereignisbeiwohnte. Selbst der Rezensent der „Welt“lobte, wie Taschner „mit fast propagandis-tischer Verve für Pfitzner plädierte“. Scha-de, dass der Komponist diese Aufführungnicht mehr selbst erleben durfte…

Lehrer und Schüler der 2. Wiener SchuleArnold Schönberg: WienSteffen Schleiermacher, Klavier MDG 613 1433-2

Deutliche Wirkungen hat die LehreArnold Schönbergs bei allen ausgelöst,die in Wien an seinen Lippen klebten.Zwar wurde nicht jeder seiner Schülerspäter selbst ein Lehrstuhlinhaber „füratonale Harmonielehre und Komposition“wie einst Józef Koffler, doch ist in allenWerken der Geist des großen Vorbildesspürbar. Steffen Schleiermacher, einerder wichtigsten Neue-Musik-Interpretenunserer Zeit, ist dem Einfluss Schön-bergs für Teil 2 seiner Reihe „Lehrer undSchüler der Wiener Schule“ anhand vonKlavierkompositionen nachgegangen.

VirtuosenpfefferSchönberg selbst war gar kein Pianist,

und doch waren es ausgerechnet seine„Drei Klavierstücke op. 11“, in denen ererstmals seine Musik ohne Bindung andas tonale Harmoniesystem veröffent-lichte – ein Wendepunkt in der Musik-historie. Natürlich handelte es sich hierbei nicht um Futter für Virtuosen.Das lieferte kurz darauf Ferruccio Busoni. Er schuf aus tiefer Verehrung zuSchönberg eine „konzertmäßige Inter-pretation“ von op. 11, wie er Schönbergbeichtete. Beide Werke kann man aufdieser CD miteinander vergleichen.

Wie ein Magnet zog Schönberg dieeuropäischen Nachwuchskomponistenan: Egon Wellesz, Hanns Eisler, RobertoGerhard, Victor Ullmann und Hans Jelinek besuchten seine Seminare. PerFernstudium profitierte offenbar sogarder polnisch-ukrainische KomponistJózef Koffler von seiner Lehre.

Genügend Stoff also für eine der spannendsten Serien der Klaviermusikdes 20. Jahrhunderts, für die man Steffen Schleiermacher nur beglück-wünschen kann.

C2_07_s14-15_Blickpunkte 01.05.2007 19:42 Uhr Seite 15

Page 16: C2 07 s01 Titel AC2_07_s01_Titel_A 02.05.2007 16:37 Uhr Seite 1. CCn’C – ein starker*) Dreiklang in der Welt ... die er 75 Jahre später als gestandener Harward-Literaturprofessor

la_anzeige_class_hinten.qxd 02.05.2007 11:17 Seite 1