CCCDebatte05 Ein Angebot Oder Ein Angriff 2010

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  • 7/31/2019 CCCDebatte05 Ein Angebot Oder Ein Angriff 2010

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    herausgegeben vom

    CCCDCentrum fr Corporate Citizenship Deutschland

    EIN ANGEBOT ODER EIN ANGRIFF?

    Wie der Non-Profit-Sektor auf das zunehmende

    soziale Engagement von Unternehmen

    reagieren kann

    Bea Boccalandro

    ebatte05

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    ber die Autorin:

    Bea Boccalandro gehrt zur Fakultt des Boston Center for Corporate Citizenship (USA), einem Institut mit rund 350 Mit-gliedsunternehmen. Sie ist Prsidentin von Vera Works, einer internationalen Beratungsagentur, die Unternehmen hilft, Pro-

    gramme fr gesellschaftliches Engagement zu entwerfen, umzusetzen und zu evaluieren.

    Bea Boccalandro hat zahlreiche global ttige Unternehmen wie Bank of America, Levi Strauss, Aetna und Walt Disney

    Company bei der Entwicklung ihrer Corporate-Citizenship-Programme untersttzt. Sie war Leiterin eines umfnglichen

    Volunteering-Forschungsprojekts bei Fortune-500-Unternehmen und hat die Ergebnisse unter dem Titel verffentlicht:

    Mapping Success in Employee Volunteering The Drivers of Effectiveness for Employee Volunteering and Giving Pro-

    grams.

    2

    ber das CCCD:

    Das CCCD ist eine gemeinntzige Organisation an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. In

    Kooperation mit fhrenden Unternehmen, wissenschaftlichen Instituten und zivilgesellschaftlichen Organisationen im In-

    und Ausland arbeitet das CCCD als Think Space und Kompetenzzentrum sowie als Dialogplattform, Impuls- und Gastge-

    ber fr Good Corporate Citizens und diejenigen, die es werden wollen. So organisiert das CCCD Foren fr den fachli-

    chen Austausch zwischen Corporate Citizens sowie zwischen Unternehmen, Wissenschaft, Politik und Brgergesellschaft,

    frdert und betreibt anwendungsorientierte Forschung, ermglicht Lernprozesse durch Diskussions- und Fortbildungsan-

    gebote und untersttzt die Zusammenarbeit von Unternehmen mit Partnern aus Brgergesellschaft, Wissenschaft

    und/oder Politik. Mit Workshops, Publikationen und ffentlichen Veranstaltungen gibt das CCCD darber hinaus gezielteImpulse fr den Diskurs zu Corporate Citizenship in Deutschland sowie fr die Praxis gesellschaftlich engagierter Unterneh-

    men.

    Das CCCD ist der deutsche Partner des Boston College Center fr Corporate Citizenship, USA, Teil des GERN Global

    Education and Research Network und des CSR 360-Global Partner Network von Business in the Community, UK.

    Kontakt:

    CCCD Centrum fr Corporate Citizenship Deutschland

    Kollwitzstr. 73

    D-10435 Berlin+49 (0)30 41 71 72 21

    [email protected]

    www.cccdeutschland.org

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    Editorial

    Executive Summary

    I. ZUM IGNORIOEREN ZU GUT

    Das neue Geschft der Geschftswelt

    Non-Profit und Profit

    Warum sich mit Untermehmen einlassen?

    II. STRATEGIEN FR ERFOLGREICHE ALLIANZEN MIT UNTERNEHMEN

    Dem Unternehmen ntzen

    Auf Geld verzichten Fhrungsqaulitten beweisen

    Effektiv managen

    Sich selbst treu bleiben

    III. SCHLUSSFOLGERUNGEN

    Inhalt

    5

    6

    7

    7

    7

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    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

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    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    Leben Unternehmen und gemeinntzige Organisationen

    wirklich in ein und derselben Welt? Die Welt der Unterneh-

    men ist bestimmt von den Gesetzen des Marktes, von har-tem Wettbewerb, von scharf kalkulierendem Gewinnstre-

    ben, von Aktienmrkten und Quartalszahlen. Die gemein-

    ntzigen Organisationen hingegen gehren in eine Sph-

    re, die geprgt ist - oder jedenfalls sein sollte? von zivil-

    gesellschaftlichen Orientierungen wie Solidaritt und

    Respekt, Selbstbestimmung und Selbstorganisation.

    Beim gesellschaftlichen Engagement von Unternehmen

    und in sektorenbergreifenden Partnerschaften zwischen

    Non- und For-Profit-Organisationen treffen die Sphren

    aufeinander. Um zu lernen, dass die stereotypen Vorurtei-

    le ber die "anderen" nicht zutreffen und auch nicht wei-terhelfen. Und um zu erfahren, dass man miteinander

    mehr bewirken kann als allein und obendrein viel vonein-

    ander lernen kann. Schon 2005 haben wir im Rahmen

    einer europaweiten Untersuchung ber Partnerschaften

    zwischen Unternehmen und Non-Profits herausgefunden,

    dass neben dem Interesse an Reputationsgewinn seitens

    der Unternehmen und materieller Ressourcenausstattung

    seitens der zivilgesellschaftlichen Organisationen ein

    gleichrangiges, gemeinsames Motiv bestimmend war:

    die berzeugung, gemeinsam mit dem Partner aus der

    "anderen Welt" die selbst gesetzte Aufgabe besser erfllenzu knnen als allein. Der "Nebeneffekt" ist eine Umgebung

    fr soziales Lernen und Innovationen eigener Art, die

    beide Seiten aus ihrer Comfort Zone herausfhrt: Sekto-

    renbergreifende Partnerschaften sind immer auch ein

    Ringen um die beste Lsung, ein Prozess des Interessen-

    ausgleichs und des Verhandelns zwischen Parteien, die

    hufig nicht dieselbe Sprache sprechen. Auch und gera-

    de aus dieser Reibung entstehen Energie und Innovation.

    Bea Boccalandro beschreibt in ihrem Beitrag fr die

    CCCDebatte, illustriert durch zahlreiche Beispiele, wie sich

    die Kooperationen zwischen Unternehmen und gemein-

    ntzigen Organisationen in den USA in den letzten Jahr-

    zehnten entwickelt haben: von der traditionellen Scheck-

    buch-Philanthropie zu strategischen Partnerschaften zwi-

    schen Unternehmen und NGO's. "Wenn Unternehmen vor

    100 Jahren so etwas wie Erbtanten fr gemeinntzige

    Organisationen waren, dann sind sie heute mehr etwas

    wie Ehepartner zumindest manche von ihnen". Damit istfreilich nicht gesagt, dass es sich um glckliche Ehen

    handelt. Wichtig ist jedoch eine neue Qualitt von Nhe

    zwischen den Akteuren und damit auch zwischen den

    Sektoren. Die Mglichkeiten, die in Partnerschaften liegen,

    sind enorm und sollten genutzt werden. Und es gibt Stra-

    tegien und Regeln, die zum Erfolg fhren oder ihn jeden-

    falls befrdern.

    Dabei schreibt Bea Boccalandro als ebenso renommier-

    te wie erfahrene Expertin fr Corporate Citizenship vor

    allem aus der Perspektive gesellschaftlich engagierter

    Unternehmen. Was sie beschreibt, wird sich jedoch frbeide Seiten, Unternehmen wie Zivilgesellschaft (und

    auch fr den bislang oft bersehenen Dritten: den Staat)

    als hilfreich und ntzlich erweisen: Wichtig bei der partner-

    schaftlichen Zusammenarbeit ist, darauf zu achten, was

    allen Partnern ntzt, sich nicht allein auf Geld zu fixieren,

    Leadership zu zeigen und sich bei aller Kooperationsbe-

    reitschaft selbst treu zu bleiben.

    Wie immer ist die CCCDebatte zugleich ein Beitrag und

    eine Einladung zur Diskussion: ber das gesellschaftliche

    Engagement von Unternehmen und ber die Chancenund Risiken sektorenbergreifender Partnerschaften. Fr

    diejenigen, die sich mit eigenen Gedanken und Erfahrun-

    gen in die Debatte ber Partnerschaften zwischen Unter-

    nehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen einmi-

    schen mchten, gibt es auf www.cccdeutschland.org/

    cccdebatte Raum und Gelegenheit fr eigene Beitrge.

    Lesen Sie selbst und teilen Sie Ihre Gedanken mit uns!

    Ihre

    - geschftsfhrendes Vorstandsmitglied -

    Editorial

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    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    In the past few generations, corporate involvement in the

    social sector has gone from fantastical, imprudent and

    in many countries illegal, to ubiquitous, strategic and

    expected. Businesses new interest in the public goodrepresents an opportunity to direct immense resources,

    including some very sophisticated resources, toward alle-

    viating drug addiction, poverty, child abuse, obesity and

    all other social ills we face. The power of businesses

    dwarfs all efforts we have, thus far, dedicated to promo-

    ting the social good. Unfortunately, most nonprofit mana-

    gers are not engaging businesses productively and, thus,

    this opportunity for greatly augmented social sector pro-

    gress remains largely untapped.

    Because nonprofit managers are unaccustomed to acorporate presence, nonprofitbusiness partnerships

    remain notoriously difficult. Still, there is no question that

    there are ways to succeed and that success often takes

    nonprofits to previously unimagined levels of impact.

    Indeed, there are enough successes (and failures) to

    identify five strategies that help ensure, not only that part-

    nerships will not fall apart, but that they truly magnify the

    social sector impact:

    Serve the Business. Nonprofits will serve their interests

    better by pursuing win-win partnerships where compa-

    nies do well by doing good. Partnerships can help

    companies increase employee morale, learn about

    new markets or strengthen the corporate brand, for

    example.

    Spare the Cash. Nonprofits with highly effective busi-

    ness partnerships do not request cash donations.

    These nonprofits focus on helping businesses leverage

    their full complement of resources from employee

    skills to transportation fleets to technology platforms

    toward accomplishing the nonprofits social agenda.

    Lead the Way. Business leaders are as uncomfortable

    as nonprofit leaders with the convergence of the busi-

    ness and nonprofit sectors. A clear vision and firm

    direction from the nonprofit partner will facilitate a

    high-impact nonprofit-business partnership.

    Manage Impeccably Well. Philosophical divisions or

    clashes of values dont typically undermine nonprofit-

    business partnerships. Instead, research finds that the

    most common culprits of failed partnerships are mun-

    dane project management weaknesses, such as lack

    of shared goals, unclear roles and responsibilities, mis-

    communications and parties not having the capacity

    to deliver what they committed. As trite as it might

    sound, strong project management is one of the keysto fully tapping into the benefits of corporate involve-

    ment in the social sector.

    Stay True. Successful nonprofit-business partnerships

    generate an unequivocal net positive public good. It

    is the responsibility of nonprofit managers to be ste-

    wards of this public good. Because businesses can be

    a force for harm almost as easily as they can be a

    force for good, this stewardship role includes thorny

    decisions that have both efficiency and ethical

    dimensions.

    A handful of nonprofit leaders, including Billy Shore from

    Share Our Strength, Alan Khazei from City Year and Fred

    Krupp from Environmental Defense Fund, have applied

    the above strategies and revealed the tantalizing possibi-

    lity that business partnerships might multiply the good that

    the nonprofit sector does several times over.

    Its not surprising that many other nonprofit managers,

    however, are torn between resisting or accepting busines-

    ses entrance into their territory. They are unsure if its a

    hijacking or a helping hand. Indeed, the jury is still out on

    the social value of corporate community involvement

    and the debate will, and should, rage on.

    What many nonprofit managers dont realize, however, is

    that their individual actions matter and that their collecti-

    ve actions will likely define the future of corporate com-

    munity involvement. Whether or not corporate communi-

    ty involvement ends up elevating the collective lot of

    humanity is likely up to the leadership that nonprofit

    managers exert in this area in this generation.

    If the past is any indication, in time, the global nonprofit

    sector will steer corporate involvement in the community

    on to a path that is unquestionably productive for the

    public good. After all, this is the sector that Harvards Rosa-

    beth Moss Kanter labeled the beta site of innovation.

    This is the sector that time and time again has seized

    opportunities to make a difference, from eradicating

    diseases to preserving culture. Certainly, the nonprofit sec-

    tor can and will find a way to serve humanity better than

    ever, possibly better than we dare imagine, by harnessing

    the greatest man-made force to date: capitalism.

    Executive Summary

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    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    Das neue Geschft der Geschftswelt

    Das erfolgreiche Unternehmen Old Colony Railroad spen-

    dete im Jahr 1881 einen bescheidenen gemeinntzigenBetrag an das World's Peace Jubilee and International

    Music Festival. Die Folge war ein Gerichtsprozess gegen

    das Unternehmen.1 Gemeinntzige Spenden, so dachte

    man damals, wrden den Interessen der Aktionre zuwi-

    derlaufen.

    Und heute? Probieren Sie einmal, am Msli-Regal ihres

    Supermarkts vorbeizulaufen, ohne dabei auf Corporate

    Charity zu stoen. Versuchen Sie, ein einziges Unterneh-

    men in der Fortune-Liste der 500 umsatzstrksten Firmen

    zu finden, das sich nicht gemeinntzig engagiert. Die Dia-gnose der Wissenschaft verwundert also nicht, wonach

    sich kaum eine andere institutionelle Praxis derart rasant

    verndert hat wie die karitativen Bestrebungen von Unter-

    nehmen.2

    Studien zufolge erkennen neun von zehn Wirtschaftsfh-

    rern eine unternehmerische Verantwortung, dass erwirt-

    schaftete Renditen auch dem Gemeinwohl zugute kom-

    men.3 hnlich das Ergebnis einer Befragung des Econo-

    mist: Nur vier Prozent der weltweit befragten Wirtschafts-

    fhrer teilen heute jene Ansicht, die noch vor 40 Jahren

    vorherrschte und die der Wirtschaftsnobelpreistrger Mil-

    ton Friedman 1970 in einem Artikel fr dasNew York Times

    Magazine prominent vertrat: dass nmlich das Verhalten

    von Unternehmen allein auf das Streben nach Gewinnen

    ausgerichtet sein soll.4

    Binnen dreier Generationen hat sich das Verstndnis vom

    unternehmerischen Engagement im sozialen Sektor

    grundlegend verndert von skurril, unklug und illegal hin

    zu allgegenwrtig, strategisch wichtig und von der Gesell-

    schaft erwartet. Eine Analyse der Hauptfaktoren fr diesen

    drastischen Wandel des gesellschaftlichen Konsensesliegt jenseits des Rahmens fr diesen Artikel (Interessierte

    finden ausgezeichnetes Material zu diesem Thema5). Ich

    will mit diesem Beitrag vielmehr darauf hinweisen, dass

    jene Krfte, welche die Rolle von Unternehmen in der

    Gesellschaft verndert haben, immer noch wirken und

    immer noch bentigt werden. Ein Abklingen des unter-

    nehmerischen Engagements im Non-Profit-Sektor ist nicht

    in Sicht.

    Unternehmen haben heute eine neue Verantwortung in

    Sachen Gemeinwohl egal, ob man sie nun Corporate

    Social Responsibility, Unternehmensverantwortung, Corpo-

    rate Citizenship, nachhaltiges Wirtschaften oder ganz

    anders nennt. Was frher allein Angelegenheit der staatli-

    chen Institutionen und Non-Profit-Organisationen war, fin-

    det man heute im Msli-Regal, an den Fliebndern und

    in den Vorstandsetagen. Tatschlich bertreffen Unterneh-

    men einander heute gegenseitig in einer frher in den

    USA und vielen anderen Lndern illegalen Ttigkeit: demEngagement fr gemeinntzige Zwecke.

    Der Aufstieg von Corporate Citizenship hat naturgem

    zu Bndnissen zwischen Unternehmen und dem Non-Pro-

    fit-Bereich gefhrt. Firmen brauchen gemeinntzige Orga-

    nisationen, um ihr brgerschaftliches Engagement wirk-

    sam werden zu lassen. Das Boston College Center for

    Corporate Citizenship zhlt Beziehungen zwischen Unter-

    nehmen und Stakeholdern, bei denen die Stakeholder

    meist Non-Profit-Partner sind, sogar zu den sieben definie-

    renden Merkmalen von Corporate Citizenship.6

    Dasbedeutet mit anderen Worten, dass die Partnerschaft mit

    gemeinntzigen Organisationen fr Corporate Citizenship

    wesentlich ist und dass Corporate Citizenship fr die Unter-

    nehmen mehr und mehr zu einem wesentlichen Faktor

    wird. Daraus folgt, dass auch die Partnerschaft mit Non-

    Profit-Organisationen fr die Unternehmen zu einem

    wesentlichen Faktor wird.

    Non-Profit und Profit

    Ob einem nun wohl bei dem Gedanken ist oder nicht: Fir-

    men sind im Bereich des Non-Profit-Sektors angelangt.

    Und die Non-Profits selbst befinden sich lngst im Bereich

    von Unternehmen. Die gewinnorientierte Unternehmens-

    welt gehrt zum Ttigkeitsfeld eines Non-Profit-Managers

    im frhen 21. Jahrhundert. Und wenn das heute noch

    merkwrdig klingt, dann ist das kaum berraschend. Denn

    es handelt sich um eine neue, ziemlich radikale Wende in

    den blichen Zustndigkeiten von Non-Profit-Managern.

    Clara Barton hat sich nicht um das unternehmerische

    Amerika gekmmert, als sie 1881 das Amerikanische Rote

    Kreuz gegrndet hat; Ernest Coulter htte es als lcherlich

    abgetan, dem privaten Sektor eine Rolle in der Entwick-lung seiner Idee einzurumen, aus der sich spter das

    Mentorenprogramm Big Brothers Big Sisters of America

    entwickelte; und Tom Richards htte es vielleicht fr ketze-

    risch gehalten, mit Unternehmen zusammenzuarbeiten,

    I. ZUM IGNORIEREN ZU GUT

    1 Sharfman, Mark. Changing Institutional Rules: The Evolution of Corpo-

    rate. Business Society 1994; 33; 233; S. 243-244

    2 Ebd.; S. 237f.

    3 Blowfield, Michael, and Bradley K. Googins. Step Up: A Call for Business

    Leadership in Society Chestnut Hill, MA: Boston College Center for Corpo-

    rate Citizenship, 2006; McKinsey, 2006. Global Survey of Business Execu-

    tives. McKinsey.

    4 Economist Intelligence. Global Business Barometer.www.economist.com, 2008

    5 Googins, Bradley K., Philip H Mirvis and Steven A. Rochlin. Beyond Good

    Company. New York: Palgrave Macmillan, 2007.

    6 Vgl. ebd.

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    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    als er im Jahr 1965 Prsident der Naturschutzorganisation

    The Nature Conservancywurde.

    In der amerikanischen Geschichte hat es sehr lange Zeit

    keine regelmige Zusammenarbeit zwischen gemein-

    ntzigen Organisationen und Unternehmen gegeben.

    Jene wenigen Non-Profit-Organisationen, die Unterneh-

    men als Partner hatten, sahen in ihnen eher so etwas wie

    das institutionelle quivalent zu einer spendablen Gro-

    tante. Die Unternehmen wurden selten angesprochen,

    und wenn, dann ging es nur um einen Scheck fr die

    Finanzierung eines speziellen Events. Fr das Tagesge-

    schft von Non-Profits waren kommerzielle Firmen vllig

    irrelevant.

    Das war einmal. Jene Organisationen, die Barton, Coulter

    und Richards geleitet haben, ohne sich gro um die

    Unternehmen in ihrer Umgebung zu kmmern, habenheute substanzielle Beziehungen mit Firmen. Das Amerika-

    nische Rote Kreuz unterhlt Partnerschaften mit hunderten

    Unternehmen, darunter ein Lizenzabkommen mit Produ-

    zenten und Hndlern von Rot-Kreuz-Markenprodukten wie

    Notfunkgerten oder Latexhandschuhen. Dieses Abkom-

    men ermglicht es dem Roten Kreuz, Konsumenten mit

    den Produkten und den mit der Organisation verbunde-

    nen Botschaften zu erreichen. Big Brothers Big Sisters of

    America unterhlt mehr als ein dutzend Unternehmens-

    partnerschaften, darunter eine Kooperation mit dem

    Magazin Glamour, die der gemeinntzigen Organisation

    eine Spende von einem Dollar garantiert, wann immer

    einer der Glamour Reel Moment-Kurzfilme heruntergela-

    den wird. Mit diesem Projekt versucht Glamour, die Karrie-

    ren von angehenden Regisseurinnen durch Promotion fr

    ihre Kurzfilme zu untersttzen. Auch The Nature Conser-

    vancyunterhlt solide Partnerschaften mit Firmen, darun-

    ter die Bank of America, welche den Waldnaturschutz

    untersttzt, indem sie einen Dollar fr jeden Kunden spen-

    det, der Online-Kontoauszge statt der Papiervariante

    nutzt.

    Die Bndnisse zwischen Unternehmen und gemeinntzi-gen Organisationen haben sich so rasant entwickelt, dass

    es heute geradezu nach Engagement light klingt, wohl-

    ttige Zwecke blo mit dem Scheckbuch zu untersttzen.

    Ein gutes Beispiel ist Girls, Inc. eine gemeinntzige ameri-

    kanische Jugendorganisation, die Mdchen dabei hilft,

    stark, klug und mutig zu sein. Girls, Inc. veranstaltet ein

    Sommerlager, das ohne das Kosmetikunternehmen Lan-

    cme nicht funktionieren wrde. Das Unternehmens-

    camp bringt die Mdchen mit dem betrieblichen Umfeld

    von Lancme in Kontakt. Die Teilnehmerinnen, meist aus

    unterprivilegierten Alleinerziehenden-Haushalten, httenohne diese Camps womglich niemals die Mglichkeiten

    kennen gelernt, die sich fr Frauen in diesem Geschfts-

    feld bieten. Sie htten sich nie an etwas wie Produktent-

    wicklung versuchen knnen, htten nie Untersttzung und

    Beratung von weiblichen Fhrungskrften bekommen.

    Lancme und Girls, Inc. haben zudem eine Partnerschaft

    geschlossen, die ein spezielles Lipgloss-Produkt betrifft.

    Lancme bewirbt es mit einer Benefiz-Kampagne, in der

    Girls, Inc. eine Rolle spielt und spendet 20 Prozent des

    Gewinns an Girls, Inc.

    Girls, Inc. und Lancme sind ein Art von Bndnis einge-

    gangen, die James Austin, Professor an der Harvard Busi-

    ness School als integrativ beschrieben hat, weil die bei-

    den Organisationen nah genug zusammenarbeiten, um

    sich gegenseitig in gewissen Aspekten entscheidend zu

    beeinflussen. Wenn Lancme oder Girls, Inc. je in einen

    Skandal verwickelt sein sollten, wrde das automatisch

    auf die jeweils andere Organisation durchschlagen. Sol-

    che Partnerschaften zeichnen sich durch hohes Engage-

    ment, einen groen Umfang gemeinsamer Ttigkeiten,

    strategische Relevanz und eine starke Verbindung zumeigenen Auftrag aus. Das gilt sowohl fr das Unternehmen

    als auch fr die gemeinntzige Organisation.7

    Wenn Unternehmen vor hundert Jahren so etwas wie

    Grotanten fr gemeinntzige Organisationen waren,

    dann sind sie heute mehr etwas wie Ehepartner zumin-

    dest manche von ihnen. Allein die Aussicht auf eine rele-

    vante und ernstzunehmende Partnerschaft mit einem

    Unternehmen bringt jedes Non-Profit-Management in die

    Situation, sich auf die Standards unternehmerischen

    Managements einlassen zu mssen. Wenn Sie im

    Moment nicht ber Unternehmenspartnerschaften nach-

    denken, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis ein Vor-

    standsmitglied, ein Unternehmen oder ein anderer wichti-

    ger Stakeholder Sie dazu bringt, darber nachzudenken.

    Lancme knnte Sie heute anrufen, genau wie es das

    2001 bei Girls, Inc. tat. Htten Sie eine Antwort parat?

    Warum sich mit Unternehmen einlassen?

    Warum kann man den Trend hin zu Unternehmenspartner-

    schaften mit Non-Profits nicht getrost ignorieren? Warum

    nicht einfach Nein, danke sagen, wenn Lancmeanruft? Schlielich hat der Non-Profit-Sektor lange Zeit

    ohne das gesteigerte Interesse der Unternehmen ber-

    lebt. Man konnte unabhngig von den Firmen seiner

    Arbeit nachgehen.

    Der Hauptgrund dafr, Unternehmenspartnerschaften in

    Erwgung zu ziehen, lsst sich mit einem Wort zusammen-

    fassen: Einfluss. Es steht nicht weniger auf dem Spiel als

    das Ausma des Nutzens, den der Non-Profit-Sektor erbrin-

    gen kann. Das derzeitige Engagement von Unternehmen

    im sozialen Bereich ist nur ein kleines Rinnsal an Unterstt-zung aus einem gewaltigen Fluss. Wenn der Non-Profit-

    7 Austin, James. The Collaboration Challenge: How Non-Profits a Business-

    es Succeed Through Strategic Alliances. San Francisco: Jossey Bass, 2000.

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    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    Sektor diesen reienden Strom aus Energie und Ressour-

    cen, der den Unternehmen zur Verfgung steht, nur richtig

    anzapft, knnte der Einfluss verhundertfacht, ja vielleicht

    vertausendfacht werden. Er knnte Millionen Menschen

    mehr dienen, knnte Gesellschaften verndern und Lei-

    stungen bringen, die derzeit noch ins Reich der Fantasie

    gehren.

    Vielleicht klingt es naiv, solche unbndigen Hoffnungen in

    Partnerschaften zwischen Unternehmen und Non-Profits zu

    setzen. Aber es ergibt sich schon aus der Arithmetik: Selbst

    ein kleiner prozentualer Zuwachs kann bei einer riesigen

    Zahl einen sehr groen realen Zuwachs bedeuten. Und

    der Unternehmenssektor ist kolossal. Jener der USA ist drei

    bis fnf mal so gro wie der gesamte Non-Profit-Sektor

    einschlielich smtlicher Verwaltungsbehrden auf

    Gemeinde-, Bundesstaats- und nationaler Ebene. Der

    Unternehmenssektor beherrscht die Weltwirtschaft, er ist inpraktisch jedem Land ein substantieller Faktor. Und dieser

    kolossal groe Bereich knnte viel mehr fr Non-Profit-

    Zwecke aufbringen, als er das derzeit tut. Amerikanische

    Unternehmen spenden nur den Bruchteil eines Prozents

    ihrer Gesamtumstze fr gemeinntzige Zwecke. Beim

    Gewinn vor Steuern ist es etwa ein Prozent.8 Die Unterneh-

    men teilen auch nur wenige zahlungsunwirksame Res-

    sourcen wie Sach- oder Personalleistungen mit dem

    sozialen Sektor. Ihre Angestellten, ihre Gebude, Fahrzeu-

    ge und die Flle an anderen Ressourcen arbeiten zum

    Groteil ausschlielich fr die Unternehmensziele.

    Es gibt ein Projekt, welches das enorme Potenzial von

    unternehmerischem Engagement im sozialen Sektor

    besonders gut illustriert. Ein einziges Unternehmen, IBM,

    hat zu seiner Entstehung beigetragen: Das World Com-

    munity Griderschafft das weltweit grte Netz fr Verteil-

    tes Rechnen, um Projekte zum Nutzen des Gemeinwohls

    voranzubringen, die hohe Rechenleistungen bentigen.

    Das World Community Gridbaut auf Privatpersonen und

    Unternehmen, welche die berschssige Rechenleistung

    ihrer Computer zur Verfgung stellen, whrend sie etwa

    gerade den Arbeitsplatz verlassen um sich eine Tasse Kaf-fee zu holen. Von dem so geschaffenen Gemeinschafts-

    Computer profitieren etwa Projekte zur Krebs- oder AIDS-

    Forschung oder zur Steigerung der Reisernteertrge. Viel-

    leicht wre das World Community Grid auch ohne IBM

    mglich gewesen, doch der durchschlagende Erfolg des

    Projekts wre nur schwer denkbar ohne einen internatio-

    nalen Konzern, der die ntigen Server einrichtet, die Hard-

    und Software zur Verfgung stellt, fr die technische War-

    tung und Expertise sorgt, seine globalen Marketingkanle

    gezielt dafr einsetzt, Spender zu werben und der auf tau-

    sende Mitarbeiter als Frsprecher des Projekts zurckgrei-fen kann. All das tat IBM, ohne die Sorge haben zu ms-

    sen, sich damit zu bernehmen. Und das World Commu-

    nity Grid ist nur eines in einer ganzen Reihe von groen

    gemeinntzigen Projekten, fr die IBM sich engagiert.

    Ein hnliches Beispiel liefert das Kosmetikunternehmen

    Avon. Das Thema Brustkrebs lag vllig im Dunkeln, es war

    tabuisiert und die Forschung darber grob unterfinanziert,

    bevor sich Avon der Sache in den Achtziger Jahren

    annahm. Heute fllt es schwer, sich den Kampf gegen

    Brustkrebs ohne Avon und die zahlreichen spteren Part-

    ner vorzustellen, mit all ihren pinkfarbenen Produkten, von

    den Socken bis zum Stabmixer.

    Leiter von Non-Profit-Organisationen erkennen zuneh-

    mend die schlummernde Kraft, die Partnerschaften mit

    Unternehmen innewohnt. Bill Shore hat eine der grten

    Hungerhilfe-Organisationen der USA gegrndet und auf-

    gebaut: Share Our Strength (SOS). Shore hat sich nie mit

    dem wie er es ausdrckte Rest des Reichtums9 zufrie-

    den gegeben, jenem winzigen Anteil aus dem unterneh-

    merischen Universum, der damals fr gemeinntzige Pro-

    jekte zur Verfgung stand. Er erkannte, dass ein Bemhenum Spenden von Unternehmen (aus denen sich 90 Pro-

    zent der gesamten Non-Profit-Mittel speisen) nur dazu fh-

    ren wrde, dass das von ihm gesammelte Geld einem

    anderen, bereits existierenden Non-Profit fehlen wrde.

    Der tatschliche Effekt auf den Hunger wre unerheblich.

    Shore wusste auerdem um die zahlreichen brachliegen-

    den Ressourcen viele davon in den Unternehmen die

    nur darauf warteten, erschlossen zu werden. Einer von

    Shores Erfolgen ist es, dass er in den frhen Neunziger Jah-

    ren American Express fr das Charge Against Hunger-

    Programm angeworben hat zu einer Zeit also, zu der

    Benefizmarketing noch nicht allgegenwrtig war und von

    der Gesellschaft erwartet wurde. American Express spen-

    dete fr jede Kreditkartentransaktion drei Cent an SOS.

    Eine weitere Mglichkeit, die Ressourcen von Unterneh-

    men zu erschlieen, fand SOS in der Aktion Great Ameri-

    can Dine Out: Die teilnehmenden Restaurants spenden

    einen Anteil ihres Umsatzes an SOS, den sie in einer vorher

    festgelegten Dine Out-Woche erzielen.

    Aktuelle Studien sttzen die Annahme, dass Partnerschaf-

    ten zwischen Unternehmen und Non-Profit-Organisationen

    den Einfluss der Non-Profits betrchtlich steigern. Eineaktuelle Untersuchung zu den einflussreichsten Non-Profits

    in den USA definiert eine der sechs Methoden, die bei den

    untersuchten Organisationen zum Erfolg gefhrt haben

    wie folgt: Die Non-Profits haben Wege gefunden, gemein-

    sam mit und mit Hilfe der Unternehmen zu arbeiten, um

    mehr sozialen Einfluss zu gewinnen.10

    8 Committee to Encourage Corporate Philanthropy. Giving in Numbers.

    New York, NY: Committee to Encourage Corporate Philanthropy, 2007.

    9 Originalzitat: settling for that tiny margin of the financial universe that

    consists of leftover wealth; aus: Shore, Bill. Revolution of the Heart. NewYork, NY: Riverhead Books, 1995. S. 77.

    10 Originalzitat: found ways to work with, and through, business to

    achieve more social impact; aus: Cruthfield, Leslie and Heather McLeod

    Grant. Forces for Good: The Six Practices of High-Impact Non-Profits. San

    Francisco, CA: Josse-Bass, 2008.

  • 7/31/2019 CCCDebatte05 Ein Angebot Oder Ein Angriff 2010

    10/2010

    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    Die schiere Macht der Unternehmen stellt die gesamte

    Macht unserer Anstrengungen in den Schatten, mit denen

    wir versuchen, unsere gemeinntzigen Ziele voranzubrin-

    gen. Es wre aberwitzig, dies nicht fr den guten Zweck

    nutzen zu wollen. Es erscheint engstirnig, den Kampf

    gegen Verbrechen, Drogenabhngigkeit, Armut, Kindes-

    missbrauch, Fettleibigkeit und die ernchternd lange Liste

    an anderen beln fortzusetzen und dabei nur ein Viertel

    jener Kraft einzusetzen, die uns gemeinsam zur Verfgung

    stnde. Eben das tun aber jene Non-Profit-Organisatio-

    nen, die lediglich auf einzelne Spenden von Einzelperso-

    nen, Stiftungen oder der Regierung warten. Die derzeiti-

    gen Strategien, mit denen versucht wird, die verfgbaren

    Ressourcen zu nutzen, um die drngendsten Probleme

    unserer Gesellschaft zu lsen, sind grob ineffizient.

  • 7/31/2019 CCCDebatte05 Ein Angebot Oder Ein Angriff 2010

    11/2011

    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    Dass Unternehmen im sozialen Sektor prsent sind, kann

    immer noch als einschneidende gesellschaftliche Vern-

    derung gesehen werden. Daher scheint es wenig berra-

    schend, dass es in den Partnerschaften zwischen Unter-nehmen und Non-Profits notorische Schwierigkeiten gibt.

    Eine von der Hitachi-Stiftung finanzierte Studie kommt zu

    dem Schluss, dass diese neuen Ventures besonders her-

    ausfordernd sind. Die Studie nennt sie sogar hazardous,

    also riskant, geradezu gefhrlich.11 Viele der Unterneh-

    mensvertreter, die am Boston College Center for Corpo-

    rate Citizenship das Seminar ber Partnerschaften mit

    Non-Profits belegen, bringen Geschichten ber Enttu-

    schungen mit. Gleichzeitig haben auch viele meiner Non-

    Profit-Leadership-Studenten an der Georgetown University

    frustrierende Erfahrungen mit Unternehmenspartnerngemacht. Steckengebliebene Projekte, negativer Einfluss

    auf die Reputation oder unrentable Investments gehren

    zu den Risiken dieser Partnerschaften.

    Es gibt aber auch Strategien, die zum Erfolg fhren, auch

    wenn sie noch nirgendwo festgeschrieben wurden. Oft-

    mals bringen diese Erfolge fr die Non-Profits Einflussmg-

    lichkeiten neuer Qualitt mit sich, die davor undenkbar

    gewesen wren. Ein Beispiel ist das Jugend-Leadership-

    Programm City Year: Ohne seine Partnerschaften mit

    Unternehmen knnte es nur ein Schatten des erfolgrei-

    chen, preisgekrnten Projektes sein, das es heute darstellt.

    Das Schuh- und Bekleidungsunternehmen Timberland

    stellt nicht nur Kleidung zur Verfgung, sondern auch die

    freiwillige Arbeitskraft seiner Angestellten und Fhrungs-

    Know-How in Form des Timberland-CEO als Vertreter im

    City-Year-Board. Mehrere Krebsforschungsinstitute und Kli-

    niken wrden vielleicht nicht einmal existieren, wenn nicht

    das Unternehmen Avon sich nicht an Aufklrungskampa-

    gnen, Events oder der Finanzierung beteiligt htte.

    Inzwischen hat es gengend Erfolge (und Fehlschlge)

    gegeben, um fnf Strategien auszumachen, die einer-seits sicherstellen knnen, dass Partnerschaften mit Unter-

    nehmen nicht fehlschlagen, und andererseits den Einfluss

    des sozialen Sektors tatschlich vergrern:

    Dem Unternehmen ntzen

    Auf Geld verzichten

    Fhrungsqualitten beweisen

    Effektiv managen

    Sich selbst treu bleiben

    Dem Unternehmen ntzen

    Unternehmen verfgen wie oben ausgefhrt ber

    zahlreiche Ressourcen. Natrlich kann man der Auffas-

    sung sein, dass diese Ressourcen fr Non-Profit-Unterneh-

    men nicht erreichbar sind. Schlielich nutzen die Firmen

    ihre Ressourcen beispielweise dazu, Mitarbeiter zu bezah-

    len, Produkte herzustellen, Anlagen anzuschaffen und ihre

    Geschfte zu betreiben. Viele haben vielleicht die Erfah-rung gemacht, dass Unternehmen nur schwer zu Spen-

    den zu bewegen sind.

    Diese Auffassung hat sich historisch gesehen als korrekt

    erwiesen. Wohlttiges Engagement von Firmen war und

    ist hufig darauf beschrnkt, dass Unternehmen Geld aus

    der Hand geben, das Sie nicht brauchen. Spenden fr

    gemeinntzige Zwecke haben in wirtschaftlich profitablen

    Jahren zugenommen wenn mehr Geld herumliegt, dass

    nicht gebraucht wird, steigt das Spendenaufkommen.

    So lange wir jedoch die Spendenbereitschaft von Unter-nehmen so behandeln, als sei sie von deren berschssi-

    gen Gewinnen abhngig, werden die Ressourcen der

    Unternehmen auerhalb des Einflusses der Non-Profits

    bleiben.

    Wenn Non-Profit-Manager die Ressourcen von Unterneh-

    men sinnvoll anzapfen wollen, mssen sie damit aufh-

    ren, um Barmherzigkeit zu bitten. Fragen Sie Unterneh-

    mensvertreter nicht, ob sie Ihnen bei einer dringenden

    Sache aushelfen, einer schlimmen Situation oder einer

    herzzerreienden Tragdie. Prsentieren Sie ihnen statt-

    dessen ein Konzept, das ihren ureigenen Geschftsinter-

    essen entgegenkommt; etwas, das ihre Sensibilitt frs

    Gemeinwohl anspricht. Anders gesagt: Sorgen Sie dafr,

    dass die Untersttzung eines Unternehmen fr ein

    gemeinntziges Projekt gleichzeitig dem Unternehmen

    selbst ntzt.

    Obwohl das Konzept des unternehmerischen Einsatzes fr

    das Gemeinwesen zum Nutzen beider Seiten erst wenige

    Jahrzehnte alt ist, geniet es mittlerweile den Respekt eini-

    ger der grten konomischen Denker, wie etwa den von

    Michael Porter, Wirtschaftsprofessor an der Harvard Busi-ness School und Experte fr strategisches Management.

    Porter meint, dass gesellschaftliche Unternehmensverant-

    wortung (CSR) viel mehr sein kann als nur Kosten, Ein-

    schrnkungen, gemeinntzige Handlungen es kann

    eine Quelle fr Mglichkeiten, Innovation und Wettbe-

    werbsvorteile sein.12

    II. STRATEGIEN FR ERFOLGREICHE ALLIANZEN MIT UNTERNEHMEN

    11 The Center for Youth and Communities, Heller School for Social Policy

    and Management, Brandeis University. Learning from Business-Community

    Partnerships: A Cluster Evaluation Report. Waltham, MA: Brandeis University.

    12 Porter, Michael and Mark Kramer. The Competitive Advantage of Cor-

    porate Philanthropy in Harvard Business Review, December, 2002 sowie

    Porter, Michael E., and Mark R. Kramer. Strategy and Society: The Link

    Between Competitive Advantage and Corporate Social Responsibility.

    Harvard Business Review. December, 2006. Reprint R0612D. S. 1

  • 7/31/2019 CCCDebatte05 Ein Angebot Oder Ein Angriff 2010

    12/20

    Nachstehend zhle ich fnf einfache Mglichkeiten auf,

    wie Unternehmen von der Untersttzung gemeinwohlori-

    entierter Zwecke profitieren knnen.

    1. Moral und Engagement der MitarbeiterUntersttzung fr einen gemeinntzigen Zweck kann

    die Arbeitsplatzkultur verbessern besonders dann,

    wenn sich viele Mitarbeiter daran beteiligen. Sie kann

    dazu fhren, dass Mitarbeiter ein greres Interesse an

    ihrer Arbeit entwickeln, dass sie mehr Gefallen an ihrer

    Ttigkeit finden und strker an ihr Unternehmen

    gebunden werden. Mehrere Studien besttigen das.

    Eine davon, an der das Unternehmen Deloitte beteiligt

    war, ergab, dass 62 Prozent der Befragten einen

    Arbeitgeber bevorzugen, der seinen Angestellten die

    Mglichkeit gibt, ihre Fhigkeiten und Kenntnisse

    zugunsten von gemeinntzigen Organisationen einzu-

    setzen.13

    hnlich das Ergebnis einer Studie unter ange-henden Absolventen der fhrenden Wirtschaftshoch-

    schulen: 97 Prozent wrden finanzielle Abstriche in

    Kauf nehmen, um fr ein Unternehmen zu arbeiten,

    das verantwortlich handelt.14 Mehrere Unternehmen,

    darunter Aetna und Bank of America, haben auer-

    dem eine statistisch signifikante Korrelation festgestellt

    zwischen der Beteiligung (und dem Bewusstsein) der

    Mitarbeiter am gesellschaftlichen Engagement ihres

    Unternehmens und einem gut ausgebauten, intern

    entwickelten Ma an Moral.

    2. Kompetenzgewinn

    Corporate-Community-Engagement ist eine gute

    Mglichkeit fr ein Unternehmen, Expertise zu entwik-

    keln. Es erlaubt den Firmen Ttigkeiten, die sie sonst nie

    entfaltet htten daraus entstehen Kompetenzen, die

    ansonsten nicht entstanden wren.

    Mehrere Management-Experten haben darauf hinge-

    wiesen, dass Unternehmen durch das Engagement in

    Non-Profit-Belangen wichtige Kernkompetenzen wie

    Innovation oder Beweglichkeit entwickeln knnen.15

    Zum Beispiel haben die Partnerschaften von IBM mitSchulen im Rahmen der Initiative Reinventing Educa-

    tion dem Unternehmen geholfen, bahnbrechende

    technische Lsungen zu entwickeln.

    Die Umwelt-NGO Environmental Defense Fund baut

    auf ihre Fhigkeit, Unternehmen beim Kompetenzauf-

    bau zu helfen. Sie untersttzt Firmen dabei, kologisch

    nachhaltig zu wirtschaften und gleichzeitig Kosten zu

    senken und sich Marketing-Vorteile zu erschlieen. Im

    Gegenzug behlt der Environmental Defense Fund

    die Rechte an den gemeinsam entwickelten Techno-logien und versucht, sie auch bei anderen Unterneh-

    men zu verbreiten. Das Resultat besteht darin, dass

    die Unternehmen neue Kompetenzen fr nachhalti-

    ges, kostensenkendes und imagefrderndes Wirt-

    schaften gewinnen, vom Gewinn fr den Planeten ein-

    mal ganz abgesehen.

    Die Untersttzung von Non-Profits durch Wissen und

    Erfahrung, also durch fachlich qualifizierte ehrenamtli-

    che Arbeit, ist fr Unternehmen der direkteste Weg, Kom-

    petenzen durch soziales Engagement zu gewinnen.

    Eine Umfrage bei Personalmanagern ergab, dass 91

    Prozent die fachlich qualifizierte ehrenamtliche Arbeit

    als Aufwertung fr die Aus- und Weiterbildung sehen

    sie frdere Wirtschafts- und Fhrungskompetenz.16

    Immer mehr Firmen, darunter Ernst & Young, UPS und

    Wells Fargo bieten ihren Angestellten Sabbaticals, bei

    denen gute Nachwuchskrfte Fhrungskompetenzen

    entwickeln, indem sie mehrere Wochen oder Monate

    freiwillig fr eine gemeinntzige Sache arbeiten wh-

    rend ihr Gehalt weiterhin bezahlt wird. Ganz hnlichbei Aetna: Auch bei der Firma Aetna gehrt ehren-

    amtliches Engagement von Mitarbeitern als Teil der

    Personalentwicklungsplanung zur Taktik des Kompe-

    tenzgewinns fr das Unternehmen. Aetna-Mitarbeiter,

    die fr ihr Unternehmen Fhrungskompetenzen aus-

    bauen mchten, bekommen das Angebot, dies mit-

    tels einer ehrenamtlichen Position zu tun. Der vielleicht

    berzeugendste Beweis dafr, dass fachlich qualifizier-

    te Freiwilligenarbeit im Mainstream angekommen ist,

    liegt in einer Erwhnung im Wall Street Journalals wn-

    schenswerte Praxis.17 Fazit: Der Aufbau von eigenen

    Kompetenzen ist ein verlockender Grund fr Unterneh-

    men, sich mit Non-Profits zu verpartnern.

    3. Wettbewerb

    Die Partnerschaft mit einem Non-Profit kann die ue-

    ren Umstnde verndern, unter denen Unternehmen

    arbeiten und kann eine Firma konkurrenzfhiger

    machen. Ein naheliegendes Beispiel: Ein Unterneh-

    men untersttzt die Ausbildung von Arbeitskrften, um

    sicherzustellen, dass adquate Leute zur Verfgung

    stehen. Exxon-Mobile etwa untersttzt die mathemati-

    sche und wissenschaftliche Ausbildung, um daszuknftige Arbeitsmarktangebot an Ingeneuren und

    Wissenschaftlern sicherzustellen. Der Pharmakonzern

    12

    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    13 Deloitte. 2007 Volunteer IMPACT Survey. 2007. www.deloitte.com

    14 Montgomery, David B. and Catherine A. Ramus?Calibrating MBA Job

    Preferences, working paper, 2008.

    15 Kanter, Rosabeth Moss. "From Spare Change to Real Change: The

    Social Sector as a Beta Site for Business Innovation". Harvard Business

    Review. May 1, 1999; Porter, Michael E., and Mark R. Kramer. Strategy and

    Society: The Link Between Competitive Advantage and Corporate Social

    Responsibility. Harvard Business Review. December, 2006. Reprint

    R0612D. p.

    16 Deloitte. 2008 Deloitte Volunteer IMPACT Survey. 2008.

    www.deloitte.com

    17 Needleman, Sarah E. The Latest Office Perk: Getting Paid to Volunteer

    The Wall Street Journal. April 29, 2008.

  • 7/31/2019 CCCDebatte05 Ein Angebot Oder Ein Angriff 2010

    13/20

    Aetna strkt sein wirtschaftliches Umfeld in anderer

    Weise: Er untersttzt massiv die lokale Kunstszene, um

    den eigenen Standort in Hartford fr knftige Angestell-

    te attraktiver zu machen.

    4. Verkauf

    Partnerschaften zwischen Unternehmen und Non-Pro-

    fits knnen die Verkaufszahlen eines Unternehmens

    direkt verbessern, und zwar auf zwei verschiedenen

    Wegen. Der erste ist das Benefizmarketing: Ein kom-

    merzielles Produkt wird in Verbindung mit der Unterstt-

    zung fr einen gemeinntzigen Zweck beworben.

    American Express initiierte 1987 den Trend zum Bene-

    fizmarketing, indem es anbot, fr jede Benutzung einer

    American-Express-Kreditkarte eine Spende fr die

    Renovierung der Freiheitsstatue zu leisten. Die Zahl der

    Kreditkartentransaktionen stieg daraufhin um 30 Pro-

    zent, und die Freiheitsstatue erhielt dadurch dringendbentigte Mittel. Das Benefizmarketing ist seither die

    am schnellsten wachsende Werbeform.

    Die zweite Mglichkeit, mit der Unternehmen ihre Ver-

    kaufszahlen durch Non-Profit-Partnerschaften steigern

    knnen, ist der Vorsto in unerschlossene Mrkte. Als

    zum Beispiel die NGO Share our Strength Restaurants

    dazu eingeladen hat, bei den Taste of the Nation-

    Events Essen zu servieren, hat es damit fr diese

    Restaurants eine neue Kundenschicht erschlossen, zu

    der sie sonst vielleicht nie Zugang gehabt htten.

    5. Reputation

    Studien zeigen, dass 87 Prozent der Amerikaner bei

    gleicher Qualitt und gleichem Preis Produkte einer

    Marke bevorzugen wrden, wenn diese mit einem

    guten Zweck in Zusammenhang steht (eine Steigerung

    von 31 Prozent seit 1993). Auerdem schtzen es 92

    Prozent, wenn Firmen soziale Angelegenheiten unter-

    sttzen 83 Prozent sagen, dass Unternehmen die

    Pflicht dazu haben.18

    Fairerweise muss gesagt werden, dass das sozialeEngagement eines Unternehmens im Vergleich zu

    Preis und Qualitt der Produkte eine untergeordnete

    Rolle fr die Kaufentscheidung der Kunden spielt.

    Doch es trgt immerhin zur Kaufentscheidung bei

    und in einem wettbewerbsintensiven Umfeld kann

    schon ein kleiner Vorteil unterm Strich einen groen

    Unterschied machen. Forscher haben zum Beispiel

    herausgefunden, dass Firmen mit starkem Engage-

    ment fr soziale Zwecke selbst wenn sie Schwchen

    bei Produktinnovationen zeigen in ihrer Gesamtper-

    formance besser abschneiden als ihre Konkurrentenmit schwachem Engagement fr soziale Zwecke.19

    Avon und seine Verbindung mit dem Thema Brustkrebs

    illustrieren den starken Effekt, den gesellschaftliche

    Unternehmensverantwortung (CSR) auf eine Marke

    haben kann. Ein hnliches Beispiel: Einer der Grnde,

    warum Girls, Inc. so gut zu Lancme passt, liegt darin,

    dass die Partnerschaft der Firma hilft, sich als Unterstt-

    zer der Strkung von Frauen zu positionieren.

    Eine Strkung der Reputation und der eigenen Marke

    sind jene Vorteile der CSR, die von der Publikumspres-

    se am hufigsten angepriesen werden. Wenn es um

    den Aufbau einer sinnvollen Partnerschaft mit groer

    Wirkung geht, sind sie jedoch die schwchsten Vortei-

    le. Eine Zusammenarbeit mit einem Non-Profit, nur aus

    dem Grund, weil es den Ruf verbessert? Eine auf diese

    Art geschlossene Partnerschaft kann nur oberflchlich

    sein; der dadurch erzielte Effekt ist fragwrdig; und

    dass die Strategie fehlschlgt, ist wahrscheinlich. Eine

    solche Partnerschaft ist oberflchlich, weil sie wahr-

    scheinlich zu jener fruchtlosen Situation fhrt, die ein-mal als faustischer Handel beschrieben wurde, bei

    dem die Unternehmen Geld spenden, ohne darauf zu

    achten, dass gesellschaftliche Probleme gelst wer-

    den, und die Non-Profits die Grozgigkeit der Geld-

    geber schtzen, ohne auf deren Geschfte einzuwir-

    ken.20 Der Effekt einer solchen Partnerschaft ist deswe-

    gen fragwrdig, weil sie von den Unternehmen nichts

    anderes verlangt als einen Scheck. Und die Strategie,

    CSR alleine auf der Reputation aufzubauen, wird des-

    wegen fehlschlagen, weil sie in letzter Konsequenz nur

    auf die Maximierung der eigenen Sichtbarkeit abzielt

    und nicht etwa auf das Erreichen von sozialen Zielen.

    Das fhrt direkt in die Situation, in der sich einst Phillip

    Morris befand, als ihn mehrere Wirtschaftsaufsichtsor-

    ganisationen dafr kritisierten, dass seine Firma mehr

    Geld fr die PR-Kampagne ber ihr gemeinntziges

    Engagement ausgibt als fr das Engagement selbst.21

    Der Chef eines in der Fortune-500-Liste vertretenen

    Unternehmens hat mir einmal gesagt, dass eine gute

    Reputation nie ein Ziel der gemeinntzigen Anstren-

    gungen seiner Firma war. Er sah in der PR etwas, das

    passiert, wenn die wahren Ziele bereits erreicht sind wie etwa das Verschwinden der Obdachlosigkeit oder

    das Bewusstsein der eigenen Mitarbeiter, Teil der

    13

    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    18 Conc, Inc. 2007 Cone Cause Evolution & Environmental Survey. Boston,

    MA: Cone, Inc., 2007. P. 7

    19 Hull, Clyde Eirikur and Sandra Rothernberg. Firm Performance: The

    Interactions of Corporate Social Performance with Innovation and Industry

    Differentiation. Strategic Management Journal. 29, 2008.

    20 Originalzitat: a Faustian bargain in which companies donate money

    without demanding that social problems be solved, and Non-Profits hon-

    or corporations for their generosity without interfering in their businesses;

    aus: Kramer, Mark and John Kania. Changing the Game: Leading corpo-

    rations switch from defense to offense in solving global problems. Stan-ford Social Innovation Review. Spring, 2006. P. 24.

    21 Join Together. Critics: Philip Morris Spends More on PR than Charity

    November 28, 2000. http://www.jointogether.org/news/headlines/inthe-

    news/2000/critics-philip-morris-spends.html

  • 7/31/2019 CCCDebatte05 Ein Angebot Oder Ein Angriff 2010

    14/2014

    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    Lsung zu sein. Das ist die Sichtweise eines Menschen,

    der die Grenzen einer reinen Fokussierung der

    gemeinntzigen Unternehmensttigkeiten auf die PR

    erkannt hat und es ist zugleich ein guter Ratschlag.

    Aus der Perspektive eines Non-Profit-Partners betrach-

    tet ist es ein kluger Zug, dem Unternehmen dabei zu

    helfen, die Partnerschaft fr PR-Zwecke zu nutzen. Aber

    es ist idealerweise ein Bonus, und nicht der Grund fr

    die Zusammenarbeit. Die strksten und dauerhafte-

    sten Grnde, sich mit Unternehmen zu verbnden,

    sind bereits genannt worden.

    Anders ausgedrckt ist der ,Sweet Spot fr engagierte

    Unternehmen nichts anderes als aufgeklrtes Eigeninter-

    esse. Jene Non-Profit-Manager, die erfolgreich Unterneh-

    men in ihre Sache einbinden, sind Meister darin, diesen

    hohen moralischen Weg zum Eigeninteresse aufzuzeigenund die Unternehmen auf ihm zu begleiten.

    Betrachten wir den Fall von Operation Hope, einer Orga-

    nisation zum Kampf gegen die Armut. Als die Union Bank

    of California ankndigte, in einer einkommensschwachen

    Gegend ein so genanntes Check Cashing Office zu

    erffnen, war Operation Hope darber unglcklich und

    besorgt die umstrittenen Check-Cashing-Angebote

    befrdern den Armutskreislauf. Operation Hope hat nicht

    gegen die Bank of California demonstriert, sie hat nicht

    versucht, den Prsidenten der Bank anzuschwrzen, weil

    er nicht aus purer Nchstenliebe heraus agierte. Stattdes-

    sen hat Operation Hope eine Alternative prsentiert, mit

    welcher die Bank Teil der Lsung des Armutsproblems sein

    konnte und die gleichzeitig ihren Geschftsinteressen ent-

    gegen kam. Heute bietet dieselbe Bankfiliale das gesam-

    te Spektrum an Leistungen an trotz der ursprnglichen

    Analyse, wonach dies finanziell unrentabel wre. Und

    Operation Hope verfgt ber ein Vor-Ort-Bro, um den

    Anwohnern finanzielle Grundbildung zu vermitteln. Das

    bekmpft die Armut und bringt den Anwohnern bei, mit

    Spar- und Anlagekonten umzugehen welche die Bank

    of California zunchst gar nicht erst anbieten wollte. Undes sorgt fr Laufkundschaft in der Bank.

    Die bereinstimmung des Engagements mit den eigenen

    kommerziellen Interessen befreit die Unternehmensvertre-

    ter von den Grenzen der offiziellen Wohlttigkeits-Bud-

    gets. Es erlaubt ihnen, die wirklich groen Budgets zu

    erschlieen wie etwa fr Corporate Communications

    oder Personal. Manche Non-Profit-Partner von Unterneh-

    men, wie etwaHabitat for Humanity, Partner von Kaboom!,

    das Spielpltze baut, haben diese Lektion gelernt. Sie wis-

    sen, wie man ein Unternehmen untersttzt bis in die klein-sten Details indem man etwa dafr Sorge trgt, dass die

    eigenen Freiwilligen-Programme tatschlich die Teamf-

    higkeit der Unternehmensmitarbeiter frdern, oder indem

    man Pressemitteilungen fr den Partner schreibt.

    Fazit: Der Win-Win-Ansatz bei Partnerschaften zwischen Fir-

    men und Non-Profits, der darauf abzielt, dass es den

    Unternehmen gut geht, weil sie Gutes tun, macht die

    unternehmerischen Ressourcen, von denen oben die

    Rede war, fr Non-Profit-Projekte erst zugnglich.

    Auf Geld verzichten

    Normalerweise sieht die Beziehung zwischen Unterneh-

    men und Non-Profits etwa so aus: Unternehmen machen

    Geld, sie spenden Geld an die Non-Profits, die wiederum

    dieses Geld in Personal, Ausstattung oder hnliches

    umwandeln wodurch sie ein kleines Stck mehr von der

    eigenen Mission erreichen.

    Das ist ein guter Weg, um schwache Ergebnisse zu erzie-

    len. Er ist mit zwei Problemen verbunden. Erstens setzt er

    voraus, dass Unternehmen jene Ressource abgeben, diesie am ntigsten haben: Geld. Eine Firma kann Geld in

    fast all das umwandeln, was sie braucht: mehr Broru-

    me, hhere Arbeitsmoral, zufriedenere Aktionre, bessere

    Ausstattung. Zu glauben, das gemeinntzige Engage-

    ment wrde ber all dem stehen, wre vermessen. Das

    erklrt, warum es so gut wie kein Unternehmen gibt, das

    mehr als fnf Prozent seines Gewinns vor Steuern spendet.

    Whrend Geld also immer gebraucht wird, kann es

    durchaus sein, dass die Lastwgen an einem Wochenen-

    de ohnehin still stehen, dass die Parkpltze vor der Firmen-

    zentrale halbleer sind, dass die Innenrevisoren auch mal

    eine eher ruhige Phase erleben, dass in der Cafeteria

    berschssiges Essen liegen bleibt. Die Liste verfgbarer

    Ressourcen ist geradezu atemberaubend. Diese Ressour-

    cen knnten so viel Gutes bewirken, und die Unterneh-

    men knnten sich problemlos von ihnen trennen.

    Die Heilsarmee von Milwaukee hat vor einigen Jahren

    erlebt, dass viele Unterernhrte nicht an den fr sie entwik-

    kelten Essensprogrammen teilnahmen sie fanden die

    angebotene Cafeteria nicht attraktiv, weil sie lieber mit

    ihren Enkelkindern, mit ihrer Familie, mit ihren Freunden

    essen wollten. Die Heilsarmee hat daraufhin nicht beiUnternehmen um mehr Geld fr eine bessere Cafeteria

    gebettelt. Man besann sich auf die Frage, die hinter dem

    Finanziellen liegt: Was brauchen wir wirklich? Die Verant-

    wortlichen erkannten, dass sie Partner brauchten, die mit-

    halfen, die Zielgruppe zu ernhren. Die Lsung war eine

    Partnerschaft mitBills Restaurant: Gemeinsam stellten die

    neuen Partner ein Men aus gesunden Produkten zusam-

    men, das die betroffene Gruppe gratis bestellen konnte,

    um anschlieend ein Essen in Restaurant-Qualitt mit

    Familien und Freunden zu genieen.

    Eine andere Strategie verfolgt derEnvironmental Defense

    Fund: Auch diese NGO scheut davor zurck, reine Geld-

    spenden von Unternehmen entgegenzunehmen. Um die

    Umwelt zu schtzen, bittet sie Firmen nicht um Unterstt-

  • 7/31/2019 CCCDebatte05 Ein Angebot Oder Ein Angriff 2010

    15/2015

    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    zung in Form von gemeinntzigen Gagen. Stattdessen

    fragt der Fund die Unternehmen, ob er ihnen dabei hel-

    fen darf, die Betriebsprozesse kologisch nachhaltiger zu

    gestalten. Dabei behlt die NGO die Rechte auf alle

    Innovationen, die entwickelt werden und trgt diese wie-

    derum zu anderen Firmen. Auf diese Weise hat der Fund

    das Verpackungsmaterial bei McDonalds reduziert, die

    FedEx-Flotte umweltfreundlicher gemacht und Wegmans

    dabei geholfen, umweltfreundlich gezchtete Meeres-

    frchte ins Sortiment aufzunehmen.

    Mit den Strategien der Heilsarmee und desEnvironmental

    Defense Fund lassen sich die Unternehmens-Ressourcen

    besser und effizienter nutzen als mit der Taktik, von den

    Unternehmen Geld zu holen und damit zu versuchen,

    den ersehnten Wandel herbeizufhren. Mit Geld allein

    htten die Geschftspartner in beiden Beispielen niemals

    das auslsen knnen, was sie mit geldloser Untersttzunggeschafft haben.

    Das hergebrachte System, von den Unternehmen Geld zu

    besorgen und es fr den eigenen gemeinntzigen Zweck

    einzusetzen, hat noch ein zweites Problem: Der Berh-

    rungspunkt zwischen den Partnern ist sehr oberflchlich.

    Ein Unternehmensvertreter, der einen Scheck ausstellt, tut

    sehr wenig dafr, dass die Menschen im Unternehmen

    sich mit dem gemeinntzigen Anliegen identifizieren. Die-

    ses System prolongiert nur die Grotantensituation, in der

    Menschenfreundlichkeit der Unternehmen mit dem

    Scheckbuch demonstriert wird daraus entstehen keine

    Synergien zwischen Unternehmen und Non-Profits.

    Fazit: In effizienten Partnerschaften drfen die Non-Profits

    ihre Unternehmenspartner nicht mehr nach Spenden fra-

    gen, sie mssen damit anfangen, die Unternehmen mit-

    zureien, damit diese ihre Ressourcen nutzen, um die Pro-

    jekte des Non-Profits voranzubringen.

    Fhrungsqualitten beweisen

    Die Firmenchefs brauchen Hilfe. Eine weltweite Studieunter Wirtschaftsfhrern ergab, dass diese oft unsicher,

    verwirrt und ngstlich sind, wenn es um das Engagement

    fr soziale Zwecke auerhalb des eigenen Geschftsbe-

    reichs geht.22 Angesichts ihrer wenig beneidenswerten

    Situation berrascht dieser Zustand kaum. Die Gesell-

    schaft erwartet von Unternehmen mehr denn je, dass sie

    sozial verantwortlich handeln, und sie bestraft hin und wie-

    der jene, die es nicht tun. Firmenchefs wissen auerdem,

    dass soziales Engagement, welches sich unterm Strich

    nicht positiv auswirkt, gleichbedeutend ist mit Geldver-

    schwendung. Sie werden dafr bezahlt, Quoten zu erfl-len, Kosten zu reduzieren, Produkte zu verkaufen und das

    Ergebnis eines Unternehmens zu verbessern. In einer Zeit,

    in der schon kleinste Fehler vom wettbewerbsintensiven

    globalen Markt bestraft werden, knnen unproduktive

    CSR-Manahmen im groen Stil geradezu fatal sein.

    Dass kein Konsens darber besteht, was CSR ist oder was

    die Unternehmensverantwortlichen in diesem Bereich tun

    sollen, macht die Sache noch komplizierter gerade

    angesichts des Rummels, der um CSR-Themen herrscht.

    Wie bereits viele festgestellt haben, ist Corporate Social

    Responsibility weniger eine Disziplin als vielmehr ein

    gemeinsames Herantasten an ein Ideal.23

    Das Forschungsergebnis des Boston College Center for

    Corporate Citizenship berrascht daher nicht: Es verlangt

    schieren Mut von den Firmenchefs, ihre Unternehmen tat-

    schlich auf Ziele des sozialen Sektors zu verpflichten.24

    Anstatt wesentliche Ressourcen in ihrem Unternehmen fr

    das Erreichen dieser Ziele zu verwenden, basteln die mei-

    sten Firmenchefs an den Rndern herum: Sie haben

    Angst, wegen Unttigkeit angegriffen zu werden, aberihnen ist auch nicht wohl dabei, einen mutigen Schritt zu

    setzen. Also betreiben sie soziales Engagement als preis-

    werte Schaufensterdekoration. Das macht die Firmen

    zwar zu einem winzig kleinen Teil der Lsung, allerdings

    kaum zu einem wesentlichen, und schon gar nicht zu

    einer Kraft zum Wohl der Gesellschaft, die sie eigentlich

    sein knnten.

    Fhrungsqualitt bedeutet in einer Partnerschaft nicht

    etwa, berzeugende Argumente zu liefern warum eine

    Spende an eine Organisation der guten Sache dient. Das

    ist nur die Hlfte des Jobs, die einfache Hlfte. Fhrungs-

    qualitt in einer Partnerschaft bedeutet vor allem, dem

    Unternehmen zu zeigen, wie sein Engagement den eige-

    nen Zwecken dient. Das hat Bill Shore von Share Our

    Strength getan, um die Untersttzung von American

    Express zu bekommen; Alan Khazei von City Yearhat es

    getan, um die Timberland-Untersttzung zu bekommen;

    Viele andere Non-Profit-Manager knnten genau das tun,

    um das Beste in Unternehmen zu wecken.

    Effektiv managen

    Partnerschaften zwischen Unternehmen und Non-Profits

    bentigen mehr Aufmerksamkeit im Management als

    andere Unterfangen. Solche Partnerschaften sind bestens

    geeignet, die besten Manager aus der Fassung zu brin-

    gen. So gut wie alles daran ist schwierig. Sie sind eine

    Neuheit das macht sie unbehaglich. Sie sind bereichs-

    bergreifend, organisationsbergreifend, multi-program-

    22 Blowfield, Michael, and Bradley K. Googins. Step Up: A Call for Business

    Leadership in Society. Chestnut Hill, MA: Boston College Center for Corpo-

    rate Citizenship, 2006, p. 30

    23 Davis, Gerald F., Marina V.N. Whitman and Mayer N. Zald. The respon-

    sibility Paradox! in Stanford Social Innovation Review.

    24 Blowfield, Michael, and Bradley K. Googins. Step Up: A Call for Business

    Leadership in Society. Chestnut Hill, MA: Boston College Center for Corpo-

    rate Citizenship, 2006, p. 30

  • 7/31/2019 CCCDebatte05 Ein Angebot Oder Ein Angriff 2010

    16/2016

    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    matisch das schafft Kommunikationsprobleme. Dass

    sich oftmals ein so groer Teil der Macht auf den

    geschftlichen Partner konzentriert, fhrt zu merkwrdigen

    Beziehungen.

    Jedoch ist keine der genannten Herausforderungen

    unberwindlich. Im Gegenteil: Starkes, bedachtes Projekt-

    management berwindet alle Probleme! Die meisten Stu-

    dien kommen zu dem Ergebnis, dass gescheiterte Part-

    nerschaften auf simple Schwchen im Projektmanage-

    ment zurckzufhren sind, wie etwa das Fehlen gemein-

    samer Zeile, Unklarheiten in der Rollen- und Verantwor-

    tungsverteilung, Fehlkommunikation und Partner, die nicht

    die Kapazitten haben, das Vereinbarte zu erbringen.25

    Anders gesagt: Es sind keine auergewhnlichen Aktivit-

    ten notwendig, eine Partnerschaft zwischen Unternehmen

    und Non-Profits zu managen. Die naturgemen Schwie-rigkeiten an ihrem Ausgangspunkt fhren lediglich dazu,

    dass sie auerordentlich anfllig auf die kleinsten

    Managementfehler sind. Ein paar Fehltritte, und diese Alli-

    anzen knnen sich augenblicklich auflsen oft zur Ver-

    blffung aller Beteiligten.

    Der Weg zum Erfolg in Partnerschaften zwischen Unterneh-

    men und Non-Profits fhrt ber ein sorgsam ausgearbeite-

    tes effektives Projektmanagement. Die Belohnung fr die-

    sen Zusatzaufwand ist gro. Ein Beispiel: Die meisten

    Unternehmen haben sich lange Zeit geweigert, ber-

    schssige Nahrungsmittel zu spenden, weil nicht klarge-

    stellt war, dass sachgerecht mit der Nahrung umgegan-

    gen wird. Sie hatten Angst vor Gerichtsprozessen, davor,

    dass die vergebene Nahrung danach am kommerziellen

    Markt weiterverkauft wird, vor PR-Desastern, falls die Nah-

    rungsmittel nicht korrekt gelagert oder transportiert wr-

    den. Anders gesagt: Eine groartige unternehmerische

    Ressource konnte nur deshalb ein soziales Problem nicht

    lindern, weil es am entsprechenden Management-System

    fehlte. Dann kam Feeding America (frher: Americas

    Second Harvest The Nations Food Bank Network) ins

    Spiel. Einer der grten Erfolge der Organisation war es,klare Abmachungen zu schaffen, ein Netz aus Nahrungs-

    mittel-Banken aufzubauen und andere Bausteine fr ein

    angemessenes Management dieser Unternehmensbei-

    trge zu entwickeln. Das Ergebnis ist, dass heute mehr als

    25 Millionen Menschen in Not Untersttzung durch Nah-

    rungsmittel erhalten.26

    Es gibt zahlreiche Assets im Umfeld des Unternehmenssek-

    tors: Cafeterias, die warme Mahlzeiten an Obdachlose

    ausgeben knnen; klimatisierte Gebude, die lteren

    Menschen als Rckzugsraum bei groer Hitze dienen kn-nen; Security-Personal, das Sicherheitsschulungen geben

    kann. Diese Liste knnte endlos fortgesetzt werden. Wie

    viele dieser Ressourcen knnten zugnglich gemacht

    werden, wenn Non-Profits ein System entwickeln wrden,

    ihren Einsatz fr gemeinntzige Zwecke effektiv zu mana-

    gen? So abgedroschen es auch klingen mag: Schlechtes

    Projektmanagement ist wahrscheinlich eine der grten

    Hrden dafr, all die Vorteile zu erschlieen, die einer

    Beteiligung der Unternehmen im sozialen Sektor innewoh-

    nen.

    Sich selbst treu bleiben

    Der Grund, sich in Partnerschaften mit Unternehmen zu

    engagieren, muss eigentlich darin liegen, die Arbeit der

    eigenen Non-Profit-Organisation voranzubringen. Sich von

    diesem Zweck zu entfernen ist kontraproduktiv. Das mag

    zwar naheliegend klingen. Dennoch bringen Unterneh-

    menspartnerschaften die Non-Profits oft von ihrer guten

    Arbeit ab und behindern sie in ihrer Mission.

    Erstens: Fr Non-Profits ist es oftmals verlockend, Aktivittenabseits der eigenen Mission zu entfalten, um alle Vorteile

    der unternehmerischen Untersttzung einzustreichen. Zum

    Beispiel knnte sich ein Kunstmuseum pltzlich in der

    Situation finden, auf Wunsch eines Unternehmens ein

    ffentlichkeitswirksames Event fr ehrenamtliche Mitarbei-

    ter zum Thema Gesundheit zu organisieren, und zwar aus

    Anlass des Grndungsjubilums des Unternehmens. Sol-

    che Anstrengungen abseits des eigentlichen Organisati-

    onszwecks zu unternehmen, ist zunchst einmal inkonse-

    quent. Es kann aber auch zu einer kostenintensiven Ablen-

    kung werden, welche die Effektivitt der eigenen Organi-

    sation entscheidend schwcht. Diese Anstrengungen lie-

    gen nicht im Kompetenzbereich des Non-Profits, viel

    wahrscheinlicher fhren sie zu Schwierigkeiten und gefhr-

    den jene Allianz, die sie eigentlich strken sollten. Durch

    eine geschwchte Allianz entsteht wahrscheinlich mehr

    Schaden als durch eine Absage an organisationsferne

    Projekte.

    Anders gesagt: Den Wnschen eines Unternehmens zuzu-

    stimmen, nur um nicht in die Hand zu beien, die einen

    fttert, ist auf lange Sicht keine produktive Strategie. Im

    Gegenteil scheinen die anspruchsvollsten Non-Profitsgleichzeitig die Effektivsten im Sammeln von unternehme-

    rischer Untersttzung zu sein. City Year, eine Organisation,

    die jedes Jahr Millionen Dollar an unternehmerischer

    Untersttzung erhlt, hat ein Angebot von T-Mobile fr ein

    gemeinsames Projekt ablehnt, weil City Yearzu der ber-

    zeugung gelangte, das Projekt wrde die Jugend im Rah-

    men des eigenen Programms nicht effektiv genug fr-

    dern. Diese Ablehnung schien die langfristige Partner-

    schaft der beiden nicht zu behindern denn City Year ist

    25 Boston College Center for Corporate Citizenship, 2002, Enduring Part-nerships: Resilience, Innovation, Success. Chestnut Hill, MA: Boston Col-

    lege Center for Corporate Citizenship, 2002.

    26 Cruthfield, Leslie and Heather McLeod Grant. Forces for Good: The Six

    Practices of High-Impact Non-Profits. San Francisco, CA: Josse-Bass, 2008.

    Pp. 65-67.

  • 7/31/2019 CCCDebatte05 Ein Angebot Oder Ein Angriff 2010

    17/2017

    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    einer von zwei landesweiten Non-Profit-Partnern von T-

    Mobile.

    Auch Girls, Inc.war skeptisch gegenber dem Kosmetik-

    unternehmen Lancme und berhufte es mit Fragen,

    bevor man bei Girls, Inc. berhaupt darber nachdach-

    te, eine Partnerschaft einzugehen. Zuerst musste klarge-

    stellt sein, dass die Allianz tatschlich dem Motto der

    Organisation entsprach, dass Mdchen das Recht dazu

    haben, sich auf interessante Arbeitsmglichkeiten und

    wirtschaftliche Unabhngigkeit vorzubereiten. Glckli-

    cherweise bestand Lancme den Test wegen seiner

    groen Zahl an weiblichen Fhrungskrften, seiner Grund-

    stze am Arbeitsplatz und seiner Bereitschaft, die Werte

    von Girls, Inc. ernst zu nehmen.

    Der zweite Grund, warum Unternehmensallianzen Non-

    Profits dazu bringen knnen, abseits oder sogar gegendie eigene Mission zu arbeiten, ist noch tckischer: Es ist

    das unbeabsichtigte Befrdern einer unternehmerischen

    Agenda, die dem angestrebten sozialen Zweck zuwider-

    luft. So zuversichtlich wir gegenber Corporate Citizen-

    ship auch sind, die Flle von Enron, Arthur Anderson, Tyco

    und unzhligen anderen lassen keinen Zweifel daran,

    dass Wohlwollen nicht immer zur Agenda der Konzerne

    gehrt. Das geht soweit, dass die Partnerschaft mit einem

    Non-Profit fr Unternehmen eine Mglichkeit sein kann, die

    eigenen Gewinne zu maximieren, ohne auf die sozialen

    Ziele zu achten.

    Dass auch das Best-Practice-Modell einer Partnerschaft zu

    geschftlichen Vorteilen fr die Unternehmen fhrt, mag

    in diesem Zusammenhang verwirrend klingen. Wenn die

    Unternehmen aber Vorteile aus einer Partnerschaft mit

    einem Non-Profit ziehen sollen, kann es ihnen nicht ange-

    lastet werden, wenn sie ihre Verkaufszahlen oder ihr

    Image durch die Allianz steigern. Die wirklich wichtige

    Frage ist, ob die Allianz ihrem primren Zweck dient: die

    soziale Sache voranzubringen. Wenn das der Fall ist, sind

    die Vorteile fr die Unternehmen nebenschlich.

    Doch es ist natrlich nicht einfach, den positiven Nettoef-

    fekt einer Partnerschaft zu bestimmen. Das Aufwiegen des

    Ntzlichen gegen das Schdliche ist voll von Komplikatio-

    nen und Widersprchen. Nehmen wir nur den Fall des

    Columbus Childrens Hospital. Als das Krankenhaus

    zustimmte, als Gegenleistung fr eine 10-Millionen-Dollar-

    Spende eine neue Notfallstation und ein Trauma-Zentrum

    nach dem regionalen Einzelhndler Abercrombie & Fitch

    zu benennen, wurde es von vielen Seiten kritisiert. Es wurde

    argumentiert, dass die Benennung des Zentrums nach

    Abercrombie & Fitch bekannt fr sein sexualisiertes Mar-

    keting, das auf Teenager und Pre-Teens ausgerichtet ist

    eine vllig falsche Botschaft aussenden wrde. Die Frage

    lautet, was den langfristigen Interessen der Kinder mehr

    dient: Die neue Notfallstation oder der Schutz vor negati-

    vem Marketing? Diese Faktoren gegeneinander aufzu-

    rechnen ist unmglich. Ein grundstzlicher Einwand ver-

    kompliziert die Sache noch: Viele sind aus ethischen

    Grnden dagegen, einem bsen Unternehmen irgend-

    wie zu helfen, egal, wie viel Gutes fr die Gesellschaft aus

    einer Allianz entsteht.

    Fazit: Aufgabe der Non-Profit-Manager ist es, Allianzen zuwhlen und zu managen, die der sozialen Sache so gut

    wie mglich dienen. Manche Organisationen, wie etwa

    derEnvironmental Defense Fund, gehen bei der Akquise

    von Unternehmensspenden sehr berlegt und selektiv vor,

    um sicherzustellen, dass sie nur Rat und Frsprache

    anbieten, die man mit Geld nicht kaufen kann. Der Fund

    akzeptiert keine Spenden von jenen Unternehmen, die er

    selbst kologisch bert, und er beschrnkt die Unterneh-

    mensspenden auf drei Prozent seines Budgets. Andere

    Organisationen, wie etwa Campaign for a Commercial-

    Free Childhood, die sich fr die Begrenzung des Einflusses

    der Kommerzkultur auf Kinder einsetzt, verzichten auf jeg-

    liche unternehmerische Untersttzung. Wieder andere,

    wie dieAmerican Heart Association, kooperiert mit jedem

    Unternehmen, auch mit solchen, deren Produkte eher

    schdlich fr das menschliche Herz sind, wenn sie der

    Organisation nur erlauben, die Herzgesundheit der eige-

    nen Angestellten zu verbessern.

    Der Kern einer erfolgreichen Partnerschaft zwischen einem

    Unternehmen und einem Non-Profit ist die Untersttzung

    eines sozialen Zwecks. Dieser soziale Zweck muss im Zen-

    trum der Arbeit des Non-Profit-Managers stehen. Da eseine offene Frage ist, ob die Macht eines Unternehmens

    tatschlich im Sinne eines gesellschaftlichen Gewinns

    agiert, ist die Arbeit des Non-Profit-Managers oft mit

    schwierigen Entscheidungen verbunden, die sowohl wirt-

    schaftliche als auch ethische Dimensionen haben.

  • 7/31/2019 CCCDebatte05 Ein Angebot Oder Ein Angriff 2010

    18/2018

    Bea Boccalandro Ein Angebot oder ein Angriff?

    ber die Zeiten hinweg hat die Gesellschaft die Interpre-

    tation von Gemeinwohlorientierung immer wieder vern-

    dert. Lange Zeit oblag es dem Adel und den Kirchen, die

    Kranken zu pflegen, die Kultur zu erhalten, die Humanittzu schtzen und sich um das Allgemeinwohl zu kmmern.

    Erst in den vergangenen Jahrhunderten haben moderne

    Regierungen und der neu entstandene Non-Profit-Sektor

    diese Aufgaben bernommen und groe Fortschritte

    darin gemacht, die Wohlfahrt in der Gesellschaft zu stei-

    gern.

    Dass nun auch Unternehmen im sozialen Sektor ankom-

    men, markiert den Beginn einer weiteren weitreichenden

    Transformation in der Gestaltung des Gemeinwohls. Einige

    findige Leiter von Non-Profit-Organisationen haben bereitsdie Mglichkeiten erkannt, die in dieser Entwicklung lie-

    gen. Sie sind ausgezeichnete Beispiele dafr, was die

    Anthropologin Margaret Mead mit ihrer Bemerkung mein-

    te, dass eine kleine Gruppe umsichtiger und engagierter

    Brger die Welt verndern knne.

    Eine kleine Gruppe von Non-Profit-Reprsentanten, etwa

    Billy Shore von Share Our Strength, Alan Khazei von City

    Year und Fred Krupp vom Environmental Defense Fund

    haben das sich abzeichnende Verstndnis von Partner-

    schaften zwischen Unternehmen und Non-Profits geformt.

    Was sie begonnen haben, ist vielversprechend. In Zusam-

    menarbeit mit couragierten Wirtschaftsfhrern haben sie

    aufgezeigt, dass Unternehmen in vllig neuartiger Weise

    fr die Lsung gesellschaftlicher Probleme arbeiten kn-

    nen. Sie haben uns die Mglichkeit gezeigt, dass die Ein-

    beziehung von Unternehmen die positiven Effekte verviel-

    fachen kann, die der soziale Sektor tglich produziert.

    Dennoch bleiben wichtige Fragen offen. Besonders her-

    ausfordernd ist die folgende: Wie knnen Non-Profit-

    Manager unternehmerische Ressourcen fr das Gemein-

    wohl nutzen, ohne dass Unternehmen gemeinwohlorien-

    tierte Projekte fr ihre eigenen, kommerziellen Ziele instru-

    mentalisieren? Kein Wunder, dass viele Non-Profits hin und

    her gerissen sind zwischen Widerstand und Akzeptanzgegenber dem Eintritt von Unternehmen in den sozialen

    Sektor. Sie sind noch unsicher, ob es sich um einen Angriff

    oder ein Angebot handelt.

    Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen die Debatte

    wird weitergehen. Ob Corporate Citizenship letzten Endes

    als gute Sache stehen bleibt, wird sich zeigen. Doch das

    heit nicht, dass wir die Zeit bis dahin mit Abwarten ver-

    bringen mssen ich sehe darin vielmehr eine Chance

    zur Gestaltung. Ob Corporate Citizenship am Ende dazu

    beitrgt, die Welt ein Stck menschlicher zu gestalten,liegt wahrscheinlich in den Hnden der Non-Profit-Mana-

    ger und an ihrem Geschick.

    Ich bin davon berzeugt, dass der weltweite Non-Profit-

    Sektor Corporate Citizenship auf einen fr das Gemein-

    wohl produktiven Weg fhren wird. Es ist schlielich jener

    Sektor, den die Harvard-Professorin Rosabeth Moss Kanter

    als die Beta-Site der Innovation beschrieben hat.27 Es ist

    jener Sektor, der es ermglicht hat, dass jeder, der irgend-

    wo in den Vereinigten Staaten einen medizinischen Notfall

    erleidet, durch den 911-Notruf Zugang zu schneller Hilfe

    hat; der jedem Kind in den USA durch ffentliche Biblio-

    theken Zugang zur Literatur verschafft hat; der dafr

    gesorgt hat, dass sicheres Autofahren heute auch nch-

    ternes Autofahren bedeutet. Es ist jener Sektor, der immer

    wieder Mglichkeiten fr gesellschaftliche Vernderung

    aufgezeigt hat. Sicherlich wird der Non-Profit-Sektor immer

    wieder neue Wege zu Humanitt und Wohlfahrt erschlie-

    en; vielleicht besser, als wir uns das heute vorzustellen

    wagen; vielleicht dadurch, dass er die grte menschen-

    gemachte Kraft fr seine Zwecke einspannt: den Kapita-

    lismus.

    III. SCHLUSSFOLGERUNGEN

    27 Kanter, Rosabeth Moss. "From Spare Change to Real Change: The

    Social Sector as a Beta Site for Business Innovation". Harvard Business

    Review. May 1, 1999.

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    Verantwortlich

    CCCD - Centrum fr Corporate Citizenship Deutschland

    Kollwitzstr. 73

    10435 Berlin

    Lektorat: Serge Embacher

    bersetzung aus dem Englischen:Wolfgang Luef

    Gestaltung

    Nepenthes Digital Media Services

    www.nepenthes.biz

    Auflage: 1.500

    Berlin 2010

    gefrdert vom: