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Cäcilie Kowald Das deutschsprachige Oratorienlibretto 1945-2000 Literaturwissenschaftliche Annäherung an eine vernachlässigte Gattung

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Cäcilie Kowald

Das deutschsprachige Oratorienlibretto 1945-2000 Literaturwissenschaftliche Annäherung an eine vernachlässigte Gattung

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Das deutschsprachige Oratorienlibretto 1945-2000

vorgelegt von Cäcilie Kowald aus Wiesloch

von der Fakultät I – Geisteswissenschaften der Technischen Universität Berlin

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktorin der Philosophie - Dr. phil. -

genehmigte Dissertation

Promotionsausschuss: Vorsitzender: Prof. Dr. Friedhelm Schütte

Berichter: Prof. Dr. Norbert Miller Berichter: Prof. Dr. Hans-Dieter Zimmermann

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 25. Januar 2007

Berlin 2007

D 83

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DANKSAGUNG

Mein Dank gilt allen, die diese Arbeit möglich gemacht und unterstützt haben:

Marion Schulz-Reese und Albertus Magoley, weil sie nicht nur gegen eine promovierende

Teilzeitkraft nichts einzuwenden hatten, sondern dies auch durch entsprechende organi-

satorische Mitwirkung und Entlastungsangebote förderten, sowie allen Kolleginnen und

Kollegen, die akzeptierten, dass ich nicht uneingeschränkt zur Verfügung stand,

meiner Familie und meinen Freunde, die verstanden, dass ich nicht zwei Tage die Woche

„frei“ hatte, sondern in dieser Zeit eine zwar unbezahlte, aber ebenso ernstzunehmende

Arbeit hatte wie den Broterwerb,

Herrn Prof. Norbert Miller für die spontane Bereitschaft, eine eigenwillige und eigen-

sinnige Arbeit anzunehmen und ein zügiges Promotionsverfahren zu ermöglichen, Herrn

Prof. Hans-Dieter Zimmermann für die Erstellung des Zweitgutachtens sowie Herrn

Friedhelm Schütte für einen überaus netten Prüfungsvorsitz,

allen Komponisten und Verlagen, die mir bereitwillig Texte, Noten und Aufnahmen zur

Verfügung stellten,

allen Korrekturleser/inne/n und Testprüfer/inne/n: Bruder Simeon OSB Alexander

Friedrich, Birgit Breunig, Christa Stoll, Christian Jung, Bettina Meltzer, Christian W.

Schaefer, Gabriele Biernath, Holger Schütt, Jens Breitschwerdt, Sabine Diederichs,

Viktoria Balensiefen, Volker Nebel,

und nicht zuletzt Holger für all seine Unterstützung und Anteilnahme.

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EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Hiermit versichere ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit mit dem Titel DAS

DEUTSCHSPRACHIGE ORATORIENLIBRETTO 1945-2000 selbstständig, ohne fremde Hilfe und ohne

Benutzung anderer als der angegebenen Quellen und Hilfsmittel angefertigt habe. Alle

Ausführungen, die wörtlich oder sinngemäß übernommen wurden, sind als solche

gekennzeichnet und mit Quellenangaben nach den fachüblichen Richtlinien versehen.

Diese Arbeit wurde bisher weder vollständig noch in Teilen veröffentlicht.

Diese Arbeit ist oder war nicht Gegenstand eines anderen Prüfungs- oder Promotions-

verfahrens. Ich habe zuvor noch keinen Doktorgrad erlangt oder zu erlangen versucht.

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ABSTRACT

Anders als das Opernlibretto hat das Oratorienlibretto bisher in der literaturwissen-

schaftlichen Forschung keine Beachtung gefunden. Dabei spielt der Text im Oratorium

oft eine wichtigere Rolle als in der Oper. Die vorliegende Arbeit unternimmt deshalb den

Versuch, das Oratorium als (auch) literarische Gattung anhand des Textes genauer zu

beschreiben. Da das Oratorium insgesamt eine recht offene Gattung ist, die zudem im

Laufe der Zeit und regional sehr unterschiedliche Ausprägungen erfahren hat, wurde die

Untersuchung auf zwischen 1945 und 2000 entstandene überwiegend deutschsprachige

Libretti beschränkt.

Zunächst werden die kulturgeschichtlichen Voraussetzungen der zeitgenössischen

Oratorienproduktion und die derzeitige Forschungslage beleuchtet. Im zweiten Teil folgt

die Untersuchung inhaltlicher Aspekte, wie die Wahl von Titeln und Sujets, sowie darauf

aufbauend der Bedeutung der Bibel bei der Texterstellung und -gestaltung.

Im dritten Teil wird schließlich die spezifische mehrlagige Erzählstruktur des Oratoriums

herausgearbeitet, die sich aus verschiedenen, in Zeit und Perspektive voneinander

unabhängigen Ebenen konstituiert.

In contrast to the opera libretto, which is an established topic of research on literature,

until now the oratorio has not yet been taken even into consideration. But in an oratorio,

the text often plays an even more vital role than in an opera. Therefore, this study aims

to describe oratorio as a literary genre by examining its text. As oratorio in general is a

rather indefinite genre that contains many different historical and regional occurrences,

the analysis has been restricted to librettos written between 1945 and 2000 in the

German language.

The study begins by investigating the cultural conditions of contemporary oratorio

production and the current state of research. The second part deals with the content of

the oratorio and its presentation, considering titles, subjects and the treatment of the

bible.

Finally, the third part works out the specific multi-layered structure of the oratorio

libretto. This structure is constituted by several independent narrative levels differing in

time and perspective.

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INHALT

Danksagung 3

Eidesstattliche Erklärung 4

Abstract 5

EINLEITUNG 8

1 KULTURGESCHICHTLICHER KONTEXT 12

1.1 Das Oratorium zwischen Gattungskrise und Gattungstradition 13

1.1.1 Probleme der Begriffsbestimmung 13 1.1.2 Gattungen und Gattungskategorie im 20. Jahrhundert 14 1.1.3 Das Oratorium als literarische Gattung: Eine Annäherung über den Text 20

1.2 Musikalische und literarische Rahmenbedingungen 24

1.2.1 Musikgeschichtliche Voraussetzungen: Die Zeit vor 1945 24 1.2.2 Zwischen Neuer Musik und Tradition: Oratorium nach 1945 26 1.2.3 Einflüsse populärer Musik 30 1.2.4 Literaturgeschichtliche Voraussetzungen 33

1.3 Forschung zum Oratorienlibretto 36

1.3.1 Musikwissenschaftliche Forschung 36 1.3.2 Literaturwissenschaftliche Librettologie 38 1.3.3 Forschung zur literarischen Bibelrezeption 40

1.4 Der Materialbestand 41

1.4.1 Erscheinungsformen des Librettos 41 1.4.2 Untersuchte Oratorienlibretti 1945-2000 43

2 INHALTLICHE AUSGESTALTUNG 46

2.1 Elemente und Funktionen des Titels 47

2.1.1 Nennung der Hauptperson 48 2.1.2 Referenzen auf Bibelepisoden und Nennung des Aufführungsanlasses 50 2.1.3 Christliche Symbolik 51 2.1.4 Verwendung von Fremdsprachen 52 2.1.5 Fazit: christlich-biblische Bezüge im Titel 54

2.2 Variationen der Gattungsbezeichnung 56

2.2.1 Kammeroratorium 56 2.2.2 Rock-, Pop-, NGL-Oratorium 56 2.2.3 Szenisches Oratorium und Oratorische Szenen 57 2.2.4 Individuelle Bezeichnungen 58 2.2.5 Fazit: Untergattungen des zeitgenössischen Oratoriums 58

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2.3 Sujets des Oratoriums früher und heute 60

2.3.1 Stoffe des Neuen Testaments 63 2.3.2 Stoffe des Alten Testaments 68 2.3.3 Nicht-biblische Stoffe 70 2.3.4 Das „weltliche“ Oratorium: Zur Problematik eines Begriffs 74

2.4 Die Frage nach dem Warum oder: Sinnsuche als thematische Konstante 76

2.4.1 „Schweig nicht, wenn ich nach dir frage“: Theodizee 77 2.4.2 „Ecce: homo homini lupus“: Das Leid des Menschen durch den Menschen 79 2.4.3 „Schöpfung hinter Gittern“: Entfremdung zwischen Gott, Welt und Mensch 81 2.4.4 „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“: Mensch, Welt und Ewigkeit 84 2.4.5 „Geh und lege seine Spur von morgen“: Christliche Nachfolge heute 90

2.5 Bibelrezeption im Oratorium: Zwischen Spurensuche und Verkündigung 93

2.5.1 Funktionen des Oratoriums 93 2.5.2 Das Oratorium als spezielle Form der Bibelrezeption 94 2.5.3 Intertextuelle Verfahren im Oratorienlibretto 98

3 STRUKTUREN DES ORATORIENLIBRETTOS 102

3.1 Zeitbehandlung im Oratorium 103

3.1.1 Textlänge und Aufführungsdauer 103 3.1.2 Zeit- und Handlungsstruktur 104

3.2 Die Ebenenstruktur des Oratorienlibrettos 110

3.2.1 Vielschichtigkeit als Gattungsmerkmal 110 3.2.2 Die Ebene des Geschehens 111 3.2.3 Reflexions- und Kommentarebenen 113

3.3 Strukturformen des Oratoriums 119

3.3.1 Erzählen und zeigen: der Bericht 119 3.3.2 Beschreiben und deuten: der Kommentierte Bericht 120 3.3.3 Ein Sonderfall: der Gerahmte Bericht 123 3.3.4 Von allen Seiten betrachtet: die Befragung 124 3.3.5 Gegenseitige Ergänzung: der Dialog 126

3.4 Paradigmatische Strukturen 130

3.4.1 Antithetische Struktur 130 3.4.2 Kontrastierende Gegenüberstellung 133 3.4.3 Motivische und thematische Bezüge 135 3.4.4 Hinweise im Nebentext 137

3.5 Fazit: Die strukturelle Fortsetzung der Gattungstradition 140

ZUSAMMENFASSUNG: MERKMALE DES ORATORIUMS NACH 1945 143

ANHÄNGE 148

Verzeichnis der Oratorien 1945 - 2003 149

Alphabetisch nach Komponisten 150 Jahresverzeichnis 184

Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 192

Literaturverzeichnis 193

Index der Komponisten und Librettisten 208

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EINLEITUNG

„Deutschsprachige Oratorien nach 1945 – gibt es da überhaupt welche?“ Das war die

übliche Reaktion, wenn ich von meinem Promotionsvorhaben erzählte. Selbst an der

Gattung interessierte Kirchenmusiker wussten in der Regel nur einige wenige Beispiele

zu nennen – und alle waren überrascht, wenn ich die Zahl von nahezu 170 Werken in

meiner Datenbank nannte.

Dies spiegelt die Situation, in der sich das Oratorium heute befindet. Die quantitativ wie

qualitativ durchaus ernstzunehmende Produktion ist im kulturellen Leben und im

Bewusstsein der musikalischen Öffentlichkeit kaum präsent. Dabei ist es nicht einmal

so, dass das Oratorium ein Nischendasein im Umfeld der Kirchenmusik führt. Auch

„weltliche“ Komponisten sehen das Oratorium als Prüfstein ihres Könnens, nicht

unbedingt in musikalischer, umso mehr aber in konzeptioneller und weltanschaulicher

Hinsicht.

Für die geringe Bekanntheit zeitgenössischer Oratorien mögen andere Umstände

verantwortlich sein. Zum einen ist das in Konzerten gegenwärtige Oratorienrepertoire

mehr noch als bei anderen Gattungen von den Kassenschlagern aus Barock, Klassik und

Romantik geprägt. Auch die Zwitterstellung des Oratoriums als Gattung „zwischen

Kirche, Bühne und Konzertsaal“1 mag eine Rolle spielen: für die Kirche sind moderne

Oratorien oft zu weltlich, für die bürgerlichen Aufführungsinstitutionen wiederum zu

stark weltanschaulich-religiös geprägt. Zum anderen dürfte jedoch die überaus große

Vielfalt der Stile und Ausprägungen eine Wahrnehmung als einheitliche Gattungsgruppe

1 So der Untertitel einer Monographie zu großformatigen Vokalwerken des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts, vgl. Steiner 2001.

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erschweren. Avantgardistische Werke, deren Aufführung selbst an Profis hohe Anfor-

derungen stellt, sind ebenso vertreten wie Werke für Laienchöre, gemäßigt postserielle

Experimente ebenso wie neoromantische Klänge. Und nicht zuletzt bildet das von

populären geistlichen Musikbewegungen getragene Oratorium einen eigenen Bereich,

der, wie die Sacro-Pop- und NGL2-Bewegung insgesamt, von den Institutionen der so

genannten „ernsten“ Musik ohnehin nicht als gleichwertig angesehen und dement-

sprechend im bürgerlichen kulturellen Bewusstsein weitgehend ausgeblendet wird.

Wenn man alle Strömungen zusammenfasst, ergibt sich ein ungeheuer vielfältiges und

lebendiges Bild des zeitgenössischen Oratoriums. Bei den Komponisten finden sich

bekannte Namen wie César Bresgen, Hans Ulrich Engelmann, Bertold Hummel oder

Hans Werner Henze. Mit Oskar Gottlieb Blarr, Otfried Büsing, Heinz Martin Lonquich

sind praxiserfahrene Kirchenmusiker vertreten, außerdem Szene-Stars wie der Lieder-

macher Siegfried Fietz oder der vom christlichen Schlager kommende Klaus Heizmann.

Auch bei den Librettisten finden sich – neben zahlreichen Pfarrern und Theologen –

durchaus bedeutende Schriftsteller, wie Ernst Schnabel, Ingeborg Drewitz und Christa

Wolf. Für Komponisten wie Librettisten gilt jedoch, dass häufig entweder ihre Oratorien

als innerhalb des Gesamtwerks nebensächlich wahrgenommen oder aber ihr gesamtes

Schaffen als tendenziös und epigonal abgetan wird.

Natürlich gibt es unter den nachweisbaren Oratorien zahlreiche tendenziöse Werke,

Auftragskompositionen, deren Bedeutung über den ursprünglichen Kompositions- und

Aufführungsanlass nicht hinausweist. Doch finden sich auch Stücke, deren weltan-

schauliche, sprachliche und musikalische Ausarbeitung fasziniert und das künstlerische

Potenzial der Gattung verrät.

Die künstlerische Bewertung des zeitgenössischen Oratoriums steht jedoch in dieser

Arbeit im Hintergrund – nicht zuletzt aufgrund der stilistischen Heterogenität und der

daraus resultierenden mangelnden Vergleichbarkeit der Werke. Ziel ist vielmehr, die

Charakteristika des Oratoriums im 20. Jahrhundert, die zeitgenössische Ausprägung

dieser alten Gattung in ihren aktuellen spezifischen Merkmalen zu erfassen. Der Blick-

winkel ist dabei ein literaturwissenschaftlicher. Denn einerseits gibt es von musikwissen-

schaftlicher Seite bereits zahlreiche Untersuchungen zum Oratorium, auch gattungs-

theoretischer Art; andererseits haben diese bisher keine befriedigende Antwort auf die

Frage nach den Besonderheiten der Gattung im 20. Jahrhundert geben können. Der

Versuch, bei einer vokalmusikalischen Gattung den Weg über den Text zu gehen, ist –

2 NGL steht für „Neues Geistliches Lied“. Mehr dazu in Abschnitt 1.2.3, S. 30ff.

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gerade angesichts der sehr viel weiter fortgeschrittenen gattungstheoretischen Forschung

und Theoriebildung in der Literaturwissenschaft – zumindest vielversprechend.

Dass dabei in methodischer Hinsicht vielfach Neuland betreten werden muss, liegt auf

der Hand. Zwar gibt es eine inzwischen durchaus umfangreiche und fundierte

Forschungsliteratur zum Opernlibretto. Auf das Oratorienlibretto jedoch lassen sich

deren Methoden und Denkansätze nicht ohne weiteres übertragen. Zu sehr spielen

besondere Bedingungen, wie weltanschaulich-religiöse Fragen und die spezielle Stellung

im Spannungsfeld zwischen Kirchen- und Konzertmusik, eine Rolle. Insofern greift die

vorliegende Arbeit vielfach auf musikwissenschaftliche Arbeiten zurück; auch theolo-

gische Ansätze kommen zur Berücksichtigung. Literaturwissenschaftliche Ansätze und

Methoden helfen überwiegend bei grundsätzlichen Fragen wie der Gattungsbestimmung

und der Strukturanalyse weiter.

Der erste Teil der vorliegenden Arbeit dient dazu, zunächst den Rahmen der Unter-

suchung abzustecken. Dazu gehört ein Blick auf die kulturgeschichtlichen Voraus-

setzungen der zeitgenössischen Oratorienproduktion ebenso wie einige theoretische

Überlegungen und eine Zusammenschau der derzeitige Forschungslage. Eine wichtige

Aufgabe des ersten Teils ist darüber hinaus, die Frage zu klären, inwiefern die Kategorien

„Gattung“ und „Oratorium“ im 20. Jahrhundert überhaupt noch Anwendung finden

können.

Der zweite Teil untersucht die inhaltliche Ausgestaltung der zwischen 1945 und dem

Jahr 2000 entstandenen deutschsprachigen Oratorien. Bereits beim Überblick über die

Titelangaben wird deutlich, wie stark die Bindung des Oratoriums an die biblisch-

christliche Tradition immer noch ist. Dieser Befund wird durch die Auswertung der

verwendeten Stoffe bestätigt. Dass das zeitgenössische Oratorium eine ganz eigene

Rezeptionsform biblischer, literarischer oder mythologischer Quellen darstellt, zeigen

nicht nur die wichtigsten thematisch-motivischen Elemente, sondern auch die heraus-

ragende Bedeutung intertextueller Verfahren für die Textkonstitution.

Teil 3 wendet sich schließlich der Struktur des Oratoriums zu. Ausgehend von Erkennt-

nissen aus der Forschung zum Opernlibretto werden einige typische Merkmale der Zeit-

und Handlungsstruktur herausgearbeitet. Anhand dieser lässt sich ein allgemeines

Strukturmodell der Gattung entwickeln, das sich in wesentlichen Punkten auch mit

historische Ausprägungen des Oratoriums in Übereinstimmung bringen lässt.

Die Untersuchung umfasst die deutschsprachige Oratorienproduktion aus den Jahren

von 1945 bis 2000. Werke aus Österreich und der Schweiz wurden ebenso aufgenommen

wie solche aus den beiden deutschen Staaten, vorausgesetzt, der Text ist zumindest

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überwiegend deutsch. Nicht berücksichtigt wurde das Oratorium sozialistischer Prägung

aus der DDR, da sich seine kulturellen und ästhetischen Voraussetzungen erheblich von

den übrigen unterscheiden. Diese angemessen zu berücksichtigen, hätte den Rahmen

dieser Arbeit gesprengt. Die sich daraus von vorneherein ergebende thematische Ver-

engung ist insofern gerechtfertigt, als dass das Oratorium sozialistischer Prägung

zusammen mit den politischen Systemen, die sein Entstehen förderten, wieder

verschwunden ist. Innerhalb der Gattungsgeschichte darf damit das sozialistische

Oratorium als kleiner Seitenzweig angesehen werden, der wenig Spuren außerhalb

seines unmittelbaren Wirkungsbereichs hinterlassen hat.

Die Zäsur, die das Ende des Zweiten Weltkriegs in der Geschichte und Kulturgeschichte

Europas darstellt, markiert den Beginn des Untersuchungszeitraums. Das Ende ist mit

dem Jahr 2000 durchaus willkürlich gewählt und allein der verbreiteten Neigung

geschuldet, Kulturgeschichte in Jahrhunderten zu betrachten. Es wurde bewusst nicht

auf das Jahr 1989 gelegt, um die neueren Entwicklungen nach dem Ende des Ost-West-

Konflikts und nach der deutschen Wiedervereinigung noch mit zu erfassen. Dass der

Untersuchungszeitraum nicht weiter ausgedehnt wurde, ist nur der pragmatischen

Notwendigkeit geschuldet, die Materialsammlung irgendwann abschließen zu können.

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1 KULTURGESCHICHT-LICHER KONTEXT

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1.1 DAS ORATORIUM ZWISCHEN GATTUNGSKRISE UND GATTUNGSTRADITION

1.1.1 Probleme der Begriffsbestimmung

Auf den ersten Blick scheint klar zu sein, was ein Oratorium ist: ein abendfüllendes

Vokalwerk für Soli, Chor und Orchester zu einem geistlichen Thema. So versteht es das

Konzertpublikum, das Feuilleton, und so versteht es im Wesentlichen auch die musik-

wissenschaftliche Forschung. Und doch ist diese vorläufige Definition ungenügend:

ebenso wie auf das Oratorium trifft sie nämlich auch auf die Messe und das Requiem zu.

Im Gegensatz zum Oratorium aber vertonen Messe und Requiem traditionell einen

kanonischen liturgischen Text, nämlich das lateinische ORDINARIUM MISSAE bzw. die

Totenmesse MISSA PRO DEFUNCTIS. Die meisten stören sich an diesem Unterschied wenig

und fassen alles unter dem Begriff „Oratorium“ zusammen.

Tatsächlich fällt vor dem Hintergrund einer wechselhaften Gattungsgeschichte, in der

das Oratorium vielfache Veränderungen und Umdeutungen erfahren hat, eine Ein-

grenzung nicht leicht; eine Gattungseigenschaft des Oratoriums scheint gerade seine

Offenheit in Form und Inhalt zu sein.3 Um dieser Offenheit gerecht zu werden, wird in

der musikwissenschaftlichen Forschungsliteratur der Begriff „Oratorium“ in der Regel

sehr weit gefasst. Das erlaubt es den jeweiligen Autoren, alle Werke in Betracht zu

ziehen, die ihrer Einschätzung nach Oratorien sein könnten, ohne mit genauen Aus-

wahlkriterien voreilige Grenzziehungen vorzunehmen. Einige Publikationen verzichten

deshalb sogar ausdrücklich auf eine genauere Gattungseingrenzung, so z. B. der

Oratorienführer von Silke Leopold und Ullrich Scheideler:

Wir haben versucht, dieses Problem pragmatisch anzugehen und allen Werken den Weg in dieses Lexikon zu ebnen, die in den vierhundert Jahren Oratoriengeschichte irgendwann einmal als Oratorium gegolten haben oder gelten – nicht nur im Sinne der Gattungs-, sondern auch der Aufführungsgeschichte.4

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Howard Smither in seiner History of the Oratorio, der

neuesten und umfassendsten Publikation zur Geschichte des Oratoriums:

For the purpose of the present study, works called oratorios by their composers are included, as are those not so called that are long concert pieces with narrative or dramatic texts set to music for soloists, chorus, and orchestra. A religious subject is not a criterion.5

3 Zum Gattungsbegriff „Oratorium“ und seinem Bedeutungswandel vgl. insbesondere Reimer 1972.

4 Leopold/Scheideler 2000, S. IX.

5 Smither 2000, S. 631.

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Es lässt sich dabei jedoch beobachten, dass die Einordnung eines Werkes als Oratorium

und die Aufnahme in die eigene wissenschaftliche Betrachtung meist auch ein Werturteil

birgt. So stammt der größte Teil der in der musikwissenschaftlichen Forschungsliteratur

erwähnten Oratorien von anerkannten Komponisten, und umgekehrt werden Vokalwerke

anerkannter Komponisten in Rezensionen und Forschungsarbeiten in der Regel sehr

bereitwillig als Oratorien tituliert.6 Demgegenüber viel seltener erwähnt werden die

zahlreichen Oratorien, die aus der kirchenmusikalischen Praxis kommen und sich nicht

in erster Hinsicht an ein Konzertpublikum richten, die beispielsweise zu bestimmten

kirchlichen Anlässen, Jubiläen oder Feiertagen geschrieben wurden. Der Bereich des

Rock-, Pop- oder NGL-Oratoriums schließlich wird in allen mir bekannten musik-

wissenschaftlichen Publikationen vollständig ausgeblendet und allenfalls in religions-

pädagogischen Schriften unter dem Stichwort „Pop und Spiritualität“ erwähnt. Die

grundsätzliche Offenheit von Definitionen wie den oben zitierten wird also durch die

konkret vorgenommene Auswahl deutlich zurückgenommen. Ein großer Teil der

vorhandenen Literatur ist somit keine zuverlässige Grundlage für eine umfassende

gattungssystematische Untersuchung, da die tatsächlichen Selektionskriterien in der

Regel nicht offengelegt werden.

Für die hier vorliegende Untersuchung soll deshalb eine Definition anhand objektiver

Kriterien getroffen werden, die einerseits eine ausreichende Trennschärfe gegenüber

anderen großformatigen Vokalgattungen besitzt und sich andererseits offen gegenüber

möglicherweise voreiligen Selektionen der bisherigen Forschung zeigt. Dabei stellt sich

jedoch für den gewählten Untersuchungszeitraum, und hier vor allem für die 1960er und

70er Jahre, ein weiteres Problem: die Fragwürdigkeit der Kategorie Gattung insgesamt.

1.1.2 Gattungen und Gattungskategorie im 20. Jahrhundert

In der Blütezeit einer Gattung ist die Gattungsbestimmung einfach, vor allem, wenn die

Rezeption von theoretischen Reflexionen und gattungspoetischen Arbeiten begleitet wird.

Beispielsweise waren für die Entstehung des deutschen protestantischen Oratoriums die

poetologischen Regeln, die der römische Librettodichter Arcangelo Spagna im 17. Jahr-

hundert aufstellte, von so weit reichender Bedeutung, dass seine Forderungen nahezu

6 Beispielsweise werden in der Forschungsliteratur immer wieder Werke von Klaus Huber oder Wolfgang Fortner als Oratorien eingestuft, obwohl sich diese Gattungsbezeichnung bei den Komponisten selbst nie findet. Verschiedentlich werden sogar Werke als Oratorium bezeichnet, für die der Komponist selbst eine andere Gattungsbezeichnung gewählt hat: Conrad Beck Der Tod zu Basel. Ein großes Miserere (vgl. Massenkeil 1970), Paul Dessau Deutsches Miserere (vgl. Leopold/Scheideler 2000), Johann Nepomuk David Requiem chorale (vgl. Leopold/Scheideler 2000), Johannes Driessler Ikarus. Eine Chorsymphonie (vgl. Reischert 2001), Wilfried Hiller Ijob. Monodram (vgl. Pahlen 1985) und viele andere mehr.

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vollständig mit der tatsächlichen Gattungsausprägung des frühen Oratoriums in

Deutschland übereinstimmen.7

Schwieriger ist die Gattungseingrenzung in Zeiten, in denen bestehende Gattungen und

Gattungssysteme stärker in Frage gestellt werden, in denen neue Gattungen entstehen

und ihren Platz neben den alten Gattungen suchen. Das 20. Jahrhundert ist eine Zeit, in

der nicht nur Gattungskonventionen und Regelpoetiken ihre Gültigkeit abgesprochen

wird, sondern sogar die Kategorie Gattung an sich in Frage gestellt wird. Die dieser

Arbeit zugrunde liegende Prämisse, dass es auch für den Zeitraum nach dem Zweiten

Weltkrieg tatsächlich sinnvoll ist, den Zugang zur Gattung Oratorium zu suchen, mehr

noch: zu einer literarischen Gattung Oratorium, bedarf also weiterer Rechtfertigung.

Dabei ist zunächst auf einen wichtigen Unterschied in der Geschichte literarischer und

musikalischer Gattungen hinzuweisen, der in der unterschiedlichen Medialität von

Musik und Literatur begründet ist:

In der Regel wird Musik gehört; um sie ‚lesen‘ zu können, sind besondere Kenntnisse erforderlich, die im neuzeitlichen Europa stets nur eine kleine Minderheit besessen hat, im übrigen ist die Lektüre meist Vorbereitung auf (und nur selten Ersatz für) eine Aufführung. Mit Sprache, und speziell mit Literatur, verhält es sich anders ... lediglich für die dramatischen Gattungen ist die Aufführung auch heute noch der Regelfall.8

Während sich das literarische Werk in seiner schriftlichen Form vollständig realisiert, ist

das Notenbild eines musikalischen Werkes nur ein Behelf, eine Annäherung. Wenn

musikalische Kompositionsweisen und Stile veralten und durch Neues abgelöst werden,

schwindet mit ihrer Präsenz im Konzertleben auch das Wissen um ihre tatsächlichen

Erscheinungsformen (wie Gestaltung, Aufführungspraxis, institutionelle Rahmen-

bedingungen), weil sie anhand des Notentextes nicht bzw. nur unzureichend

rekonstruierbar sind.

In der Literaturgeschichte sind und waren Gattungen und Werke früherer Zeiten stets

präsent und stellen einen ebenso wichtigen Bezugsrahmen dar wie die zeitgenössische

Produktion. Vorbildlich empfundene Werke und die Auseinandersetzungen mit gattungs-

poetischen Abhandlungen früherer Epochen bis hin zu den Poetiken der Antike spielen

7 Vgl. Artikel „Oratorium“, in Dahlhaus/Eggebrecht 1989, S. 239-241.

8 Albert Gier: Musik in der Literatur. Einflüsse und Analogien, in Zima 1995, S. 11.

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eine den aktuellen literarische Strömungen und die Diskussionen in den Feuilletons

keineswegs untergeordnete Rolle.9

Dagegen bildete in der Musikgeschichte stets das Gattungssystem der jeweiligen Zeit den

primären Bezugsrahmen. Zwar hat es auch in der Musikgeschichte während Gattungs-

krisen oder in Erneuerungs- oder Renaissancebewegungen immer wieder Rückgriffe auf

ältere historische Formen gegeben. Doch blieb der primäre Bezugsrahmen bis in das

20. Jahrhundert hinein das aktuell gültige Gattungssystem: weniger die Entwicklungs-

geschichte einer Gattung bestimmte ihre jeweils aktuelle Ausprägung, sondern ihr

Entwicklungspotenzial und ihr Verhältnis zu anderen Gattungen.10

In der Geschichte der musikalischen Gattungen bahnt sich ein literarischen

Bedingungen vergleichbares Bezugssystem erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts an.

Durch die historisierenden Bewegungen der Romantik, insbesondere die Bach- und

Händel-Renaissance und die Alte-Musik-Bewegung, verlagert sich der Programm-

schwerpunkt des Konzertbetriebs von überwiegend zeitgenössischen Werken auf Altes

und Bewährtes. Zudem verändern sich im 20. Jahrhundert die Voraussetzungen für die

mediale Präsenz älterer Musik. Die Möglichkeiten der Tonaufzeichnung und -wiedergabe

ermöglichen eine breite Rezeption von Werken früherer Epochen auch außerhalb der

Institutionen des bürgerlichen Konzertwesens:

Für die Kompositionsgeschichte musikalischer Gattungen bedeutet dies, dass der Gattungshorizont im 19. und vollends im 20. Jh. nicht allein durch die unmittel-bare Vorgeschichte eines jeweiligen historischen Momentes (diachroner Aspekt) und durch die Relation zu weiteren Gattungen innerhalb eines bestimmten Gattungs-systems (synchroner Aspekt) charakterisiert ist, sondern dass er in wachsendem Maße durch die Präsenz der jeweiligen Gattungsgeschichte insgesamt geprägt scheint, so dass zumal im 20. Jh. die Geschichtlichkeit der Gattungen sich ebenso sehr durch Rückgriffe auf frühere Phasen der Gattung als durch neue Entwürfe darstellt.11

Diese nie da gewesene gleichzeitige Präsenz verschiedener musikalischer Gattungs-

konzepte und -ausprägungen bildet den Hintergrund, vor dem sich die so genannte Krise

der Gattungen überhaupt erst entwickeln konnte.

9 Nur vor diesem Hintergrund sind Aussagen wie die von Jörg-Ulrich Fechner überhaupt möglich: „Literarische Werke werden produziert und existieren als Einzelwerke. Als solche gehören sie einer Gattung an, die gegebenenfalls von ihnen selbst begründet wird. Mit der Geschichtlichkeit ist in jedem literarischen Werk zugleich die Tradition der Literatur und das heißt auch die Tradition der bestehenden Gattungen gegeben. ... Die literarische Entwicklung folgt dem Schema einer permanenten Mutation der Tradition.“ vgl. Jörg-Ulrich Fechner: Permanente Mutation. Betrachtungen zu einer ‚offenen‘ Gattungspoetik, in Rüdiger 1974, S. 11.

10 Wie viel stärker die Bedeutung des aktuellen Gattungssystems als die Gattungsgeschichte war, lässt sich auch an den zahlreichen Kontroversen ablesen, die es in der Geschichte des Oratoriums um seine Abgrenzung zur Oper gegeben hat, vgl. z. B. Kirsch 1986.

11 Herrmann Danuser: Artikel „Gattung“, in MGG(neu), Bd. 3 (1995), Sp. 1064.

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17

Der Beginn des 20. Jahrhunderts war in allen Künsten geprägt von einer Krise der

traditionellen Formen und Ausdrucksweisen. In der Literatur äußert sie sich über-

wiegend als allgemeine Sprachkrise, der Hugo von Hofmannsthal in seinem Epoche

machenden Brief des Lord Chandos Ausdruck verlieh. Die tradierten Gattungen wurden

weniger genutzt und durch individuelle, freie Formen ergänzt; aber nicht grundsätzlich

in Frage gestellt:; „Nur noch prinzipieller wirkt sich in ihnen die Initiative oder Willkür

einzelner Individuen und Schriftstellergenerationen oder gesellschaftlicher Ordnungen

aus.“ 12 Statt des Endes der Gattungen wird eher das Ende der „Erzählbarkeit der Welt“

postuliert.

In der Musik wirkte sich die Traditionskrise umfassender aus. Schon seit der Jahr-

hundertwende löste sich das funktionsharmonischen System zunehmend auf. Diese

Entwicklung mündete unter anderem in die Erfindung der Zwölftonmusik und die

Schablonentechnik Stravinskijs. Dabei hielten die Komponisten vor dem Zweiten

Weltkrieg grundsätzlich noch am Konzept des autonomen Kunstwerks fest und

versuchten innerhalb der tradierten Formen Tonsprache und Kompositionsweise zu

erneuern. Erst die Neue Musik der Nachkriegszeit stellte das Kunstwerk an sich und das

Form- und Gattungssystem selbst in Frage. Avantgardistische Experimente, die sich der

so genannten „Entkunstung der Kunst“ verschrieben, und die Entwicklung serieller

Kompositionsverfahren machten Gattungen als „Typen musikalischer Komposition, die

an bestimmte Zwecke, an bestimmte Verwendungsweisen, bestimmte Texte oder

bestimmte Aufführungspraktiken geknüpft sind“, die „ihrem Gebrauchszweck, ihrer

Kategorie von literarischen Texten, ihrer typischen Besetzungsweise usw. verhaftet“

sind,13 zunehmend fragwürdig.

Daraus jedoch den Schluss zu ziehen, dass „die Kategorie der musikalischen Gattung,

die einst die Komposition ebenso wie die Rezeption bestimmt hatte ... ihre konstitutive

Funktion in unserer Zeit [einbüßte]“14, wäre voreilig. Denn diese Sichtweise missachtet

vollständig die Tatsache, dass die avantgardistischen Werke in der musikalischen

Produktion des 20. Jahrhunderts letztlich die Minderheit bilden. Zum einen sind

populäre Formen wie Pop- und Filmmusik in Produktion und Rezeption schon lange

vorherrschend, zum anderen gibt es innerhalb der so genannten E-Musik einen großen

Bereich kompositorischen Schaffens, der eher traditionell geprägt ist – sei es nun in

12 Zoltan Kravar: Artikel „Gattung“, in Borchmeyer/Zmegac 1994, S. 175.

13 Friedrich Blume: Artikel „Form“, in MGG, Bd. 5 (1955), Sp. 525.

14 Danuser 1984, S. 3.

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konservativer Fortführung des Alten oder durch bewusstes Wieder-Anknüpfen an eine

frühere Tradition.

Dazu kommt die stärkere mediale Präsenz von Musik früherer Epochen, die den Bezugs-

rahmen zeitgenössischer Produktion immer mehr überlagert. Die dadurch wachsende

Präsenz historischer Erscheinungsformen einer Gattung stärkt die Bedeutung der

Gattungskategorie für die Rezeption. Die Gattungsvorstellungen des Publikums, der

Kritik und der Verlage sind ohnehin tendenziell konservativer als die der Komponisten –

und sie üben einen erheblichen Einfluss auf die Produktions- und Rezeptionsbedin-

gungen von Musik aus. Der Gattungszuweisung bei der Rezeption kann sich kein

Kunstwerk, sei es nun avantgardistisch oder traditionell, vollständig entziehen, denn

„der Rezeptionsvorgang verlangt danach, die textuellen Gegebenheiten in ihrer nicht

selten unübersichtlichen Fülle übergreifenden und damit den Akt des Lesens steuernden

Konzepten einzuordnen.“15 So birgt selbst die Gattungsverweigerung der Avantgarde

letztlich eine Affirmation der Gattung:

Wenn nämlich die Gattungskategorie strikt funktional-pragmatisch gedacht wird, dann tritt sie als eine Prämisse künstlerischen Verstehens überall dort in Kraft, wo Kunst nach intersubjektiv akzeptierten Kommunikationsmaßstäben existiert. Das gilt nun aber für die Avantgarde nicht minder als für die Traditionen artifizieller Kunstmusik. Auch in der Kultur der Avantgarde kann es ein einzelnes Werk oder Anti-Werk, das völlig isoliert künstlerischen Sinn oder auch dunklen Gegen-Sinn stiftete, nicht geben. Dort ganz besonders weist das einzelne Experiment über seinen Kontext hinaus.16

Wenn man nun Gattungen nicht als Regelsysteme auffasst, sondern als Referenz-

systeme, als „offene Systeme von Form- und Funktionsmerkmalen ..., an denen die

einzelnen Werke in unterschiedlichem Maße partizipieren“17, so erweist sich die „Krise

der Gattungen“ auch in der Musik als höchst relativ. Tatsächlich bahnt sich im Bereich

der Komposition etwa seit dem Ende der 1970er Jahre, nur kurz nach der vermeint-

lichen „fast völligen Abdankung ... der hergebrachten Gattungen“18 ein Wandel an.

Nachdem die Avantgarde die experimentelle Überschreitung der Gattungsgrenzen

ausgereizt hat und im Begriff ist, eine eigene Tradition zu begründen, greifen Kompo-

nisten wieder verstärkt auf überlieferte Formen und Besetzungen zurück. Gattung wird

15 Corbineau-Hoffmann 2000, S. 138.

16 Hermann Danuser: Artikel „Gattung“, in MGG(neu), Bd. 3 (1995), Sp. 1066.

17 Corbineau-Hoffmann 2000, S. 139.

18 Danuser, a. a. O., Sp. 1065.

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dabei jedoch nicht als normativer Anspruch verstanden, sondern als Referenzsystem, in

dem das einzelne Werk seinen eigenen, neu geschaffenen Platz sucht.19

Für das Oratorium ist außerdem die Sonderstellung der Gattung zwischen Kirchenmusik

und bürgerlichem Konzertwesen zu beachten.20 Auch wenn das Oratorium im 19. Jahr-

hundert sich weitgehend zu „eine[r] Sache der Musikfeste des bürgerlichen Musik-

lebens“21 entwickelte, so hat es doch seine Wurzeln nie ganz hinter sich gelassen. Mit der

kirchenmusikalischen Erneuerungsbewegung und dem Interesse an der Wiederbelebung

alter Gattungen war das Bemühen verbunden, das Oratorium in die Kirche zurückzu-

holen – eine Entwicklung, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg noch verstärkte,

vermutlich auch begünstigt durch die immer weiter um sich greifende Säkularisierung

der Gesellschaft und des öffentlichen Lebens. Dabei war das Oratorium zunächst von der

Krise der Gattungen besonders betroffen: „Sein traditionelles Wesen als Kunstform

geistlichen Charakters wird von vielen Komponisten zum Teil radikal in Frage gestellt,

während ... das öffentliche Konzertleben fast nur von den Klassikern der Gattung

Kenntnis nimmt.“22 Gleichzeitig zeigen jedoch kirchenmusikalisch ambitionierte Kompo-

nisten eine größere Bereitschaft, traditionelle Gattungen weiterzuführen und mit neuem

Leben zu füllen. Dabei bedeutet der Rückgriff auf die Tradition des Oratoriums jedoch

zunehmend,

dass nun die Gattung nicht mehr generell das religions- und frömmigkeits-geschichtliche Umfeld, sondern immer mehr die weltlich-geistige und politische Situation und die persönliche Befindlichkeit jedes einzelnen Komponisten reflektiert. 23

Insgesamt ergibt sich im 20. Jahrhundert nicht nur für das Oratorium, aber auch dort,

eine große Diversität von gattungstreuen Werken und solchen, die keine Gattungs-

strategie befolgen oder sie bewusst unterlaufen. Im letzten Drittel des Jahrhunderts

schließlich lässt sich

eine bemerkenswerte Validität der Gattungskategorie beobachten, und zwar sowohl aufgrund ihrer breiten Historizität, die im postmodernen Zugriff immer wieder neu

19 vgl. Danuser, a. a. O., Sp. 1066.

20 Dies mag der Grund sein, weshalb das Oratorium in Friedrich Blumes Geschichte der evangelischen Kirchenmusik nur am Rande behandelt wird, vgl. Georg Feder, „Verfall und Restauration“, in Blume u. a. 1965. In den entsprechenden katholischen Darstellungen (vgl. Fellerer 1976) wird das Oratorium nicht einmal erwähnt.

21 Georg Feder, „Verfall und Restauration“, in Blume u. a. 1965, S. 244.

22 Massenkeil 1999, S. 14.

23 Massenkeil 1999, S. 296.

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als Referenzfundus benutzt wird, als auch aufgrund ihrer prinzipiellen Flexibilität als Rahmenkategorie für künstlerisches Schaffen überhaupt.24

Insofern ist eine Untersuchung einzelner Gattungen im 20. Jahrhundert durchaus

gerechtfertigt. Sie muss jedoch berücksichtigen, dass die Ausgangslage sich von der

früherer Jahrhunderte unterscheidet. Literatur und Musik sind vielfältiger in ihren

Erscheinungen, sie sind stärker von verschiedenen poetologischen, ästhetischen oder

programmatischen Strömungen geprägt, die gleichzeitig nebeneinander existieren und

unterschiedliche Gattungsvorstellungen haben.

Wenn wir uns also wieder der eingangs formulierten Frage zuwenden: Was ist eigentlich

ein Oratorium?, so soll die Suche nach der Antwort einem produktionsästhetischen,

deskriptiven Ansatz folgen. Zuvor ist das Arbeitsfeld noch genauer einzugrenzen.

1.1.3 Das Oratorium als literarische Gattung: Eine Annäherung über den Text

Bei der Bestimmung musikalischer Gattungen spielen neben musikalischen Kriterien wie

Form und Besetzung stets auch außermusikalische Kriterien wie beispielsweise Ent-

stehungs- und Aufführungsbedingungen oder die (gesellschaftliche, liturgische etc.)

Funktion eine Rolle. Vor allem aber ist der Text ein wichtiges Gattungskriterium: man

denke beispielsweise an die Messe, die sich seit ihrer Etablierung als musikalische

Gattung ausschlaggebend über den gleich bleibenden Text, das lateinische ORDINARIUM

MISSAE, definiert. Während bei Vokalwerken mit feststehendem oder liturgischem Text –

neben Messe und Requiem gehören dazu viele andere geistliche Formen wie Te Deum,

Stabat Mater – der Text als Gegenstand einer literaturwissenschaftlichen Studie

allerdings wenig ergiebig ist (allenfalls unter theologisch-hermeneutischen Gesichts-

punkten), verhält sich die Sache bei Werken anders, für die ein eigener Text erstellt wird.

Wenn wir nun die Definitionen des Oratoriums in der musikwissenschaftlichen Literatur

betrachten, können wir feststellen, dass sie alle auf den „geistlichen, seltener welt-

lichen“25, nicht-liturgischen, bisweilen sogar „eigens dafür geschaffenen“26 Text

hinweisen. Die aktuelle Ausgabe von MGG beispielsweise definiert:

24 Herrmann Danuser: Artikel „Gattung“, in MGG(neu), Bd. 3 (1995), Sp. 1066.

25 Carl Dahlhaus: Artikel „Oratorium“, in Dahlhaus/Eggebrecht, S. 240.

26 Vgl. Günther Massenkeil: „Zur Terminologie und Vorgeschichte“, in Artikel „Oratorium“, MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 741.

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Als Gattungsbegriff bezeichnet Oratorium allgemein die zu nichtszenischer Aufführung bestimmte Vertonung eines eigens dafür geschaffenen, meist umfangreichen und in der Regel nichtliturgischen Textes....27

Daneben wird angeführt, dass der Text in der Vertonung auf „mehrere Personen oder

Personengruppen verteilt ist“ und das Werk „abendfüllend“ ist.28 Somit sind fünf

Kriterien genannt, die sich auf den Text beziehen.

Das Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft liefert sogar eine ausschließlich

textbasierte Definition des Oratoriums:

Das Oratorium ist eine Mischgattung, die epische Textteile (biblischer oder weltlicher Bericht in Rezitativform) sowie lyrische (betrachtende Arien) und dialogische Textteile miteinander verbindet. Im Gegensatz zu der szenischen Darstellung der Oper wählt das Oratorium zur Wiedergabe seiner Stoffe die neutralere Form der Erzählvermittlung.29

Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass auch die Komponisten von Oratorien davon

ausgehen, dass der Text – beispielsweise als CD-Booklet oder Programmheft – zumindest

ergänzend oder sogar simultan zur musikalischen Aufführung mit rezipiert wird. Dies

zeigen z. B. die mehrsprachigen Texte Oskar Gottlieb Blarrs, deren hebräische und

aramäische Passagen ohne die Übersetzung im Programmheft sich vom Zuhörer wohl

kaum in einen Sinnzusammenhang zu den deutschsprachigen Teilen bringen ließen.

Viele Librettisten und Komponisten verwenden Zwischenüberschriften30 oder stellen

sogar ihrem Werk ein nicht vertontes Motto voran, das ausschließlich in der Textausgabe

rezipiert werden kann31.

In dieser Arbeit wird deshalb der Versuch unternommen, anhand des Textes gattungs-

typische Merkmale des Oratoriums herauszuarbeiten. Dabei geht es nicht darum, eine

präskriptive Poetik des Oratoriums für das 20. Jahrhundert zu entwickeln; vielmehr wird

ein deskriptiver Ansatz verfolgt, der die Merkmale der Gattung Oratorium in ihrer

historischen Ausprägung nach dem Zweiten Weltkrieg zu bestimmen versucht. Wenn

sich mit literaturwissenschaftlichen Methoden typische Formen und Strukturen des

Oratorienlibrettos erarbeiten lassen, kann dies ein fruchtbringender Beitrag zur

Eingrenzung der musiko-literarischen und damit auch der musikalischen Gattung

Oratorium sein.

27 Vgl. Massenkeil, a. a. O., Sp. 741ff.

28 Massenkeil, a. a. O., Sp. 741.

29 Christoph F. Lorenz: Artikel „Oratorium“, in RDLW, Bd. 2, S. 763.

30 So beispielsweise César Bresgen: De tempore, Karl Schiske: Vom Tode, Helmut Jost u.a.: Ewigkeit fällt in die Zeit, vgl. auch Kapitel 3.1, S. 103ff.

31 Z. B. Henning Frederichs: Petrus.

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Wie bei jedem Versuch, sich einer Gattung deskriptiv zu nähern, entsteht zunächst ein

methodisches Dilemma: Wie soll man den Textkorpus auswählen, anhand dessen man

die Kriterien der Gattung herausarbeitet, wenn doch gerade diese Kriterien für die Aus-

wahl relevant sind? Dieses Dilemma ist im Kern unauflösbar. Das übliche Vorgehen ist

ein hermeneutischer Zirkel, indem ein aufgrund vorausgesetzter Kriterien ausgewählter

Textkorpus zum Ausgangspunkt genommen und dann mit Hilfe der Untersuchungs-

ergebnisse überprüft und gegebenenfalls revidiert wird.

Die naheliegende Möglichkeit, als Auswahlkriterium die musikwissenschaftliche

Zuordnung des vertonten Librettos zur musikalischen Gattung Oratorium zugrunde zu

legen, erweist sich dabei als wenig glücklich. Bezüglich der rein musikalischen Kriterien

Form oder Besetzung gleicht das Oratorium ohnehin den benachbarten Gattungen Oper

und Kantate. Auch die bereits genannten Kriterien, die sich auf den Text beziehen, sind

unscharf und treffen auch auf etliche andere Gattungen zu. Die Forderung nach einem

„in der Regel nichtliturgischen Text“ verbessert immerhin die Abgrenzung zu Messe und

Requiem; eine große Grauzone stellen jedoch all die Mess- und Requiemkompositionen

dar, die – angefangen mit Brahms’ DEUTSCHEM REQUIEM und Schuberts DEUTSCHER MESSE –

statt des herkömmlichen liturgischen einen eigens angefertigten Text vertonen.

Dass Howard Smither und Silke Leopold von einer nur vagen Definition ausgehen, wurde

bereits erwähnt.32 Angesichts der Tatsache, dass die von ihnen behandelten Werke aus

der ganzen, sich über mehrere Jahrhunderte erstreckenden Geschichte des Oratoriums

stammen, ist dies verständlich und durchaus im Sinne einer pragmatischen Heran-

gehensweise. Günther Massenkeil äußert sich in seiner Monographie zu Passion und

Oratorium ähnlich unverbindlich:

Was das Oratorium angeht, dürfte die Definition ausreichen, dass es allgemein die zu nichtszenischer Aufführung bestimmte Vertonung eines eigens dafür geschaffenen, meist umfangreichen geistlichen, in der Regel nichtliturgischen Textes ist, der einen den Inhalt bezeichnenden Titel trägt und auf mehrere Personen oder Personengruppen verteilt ist. Im einzelnen gibt es jedoch einerseits Oratorien, die nicht alle diese Merkmale aufweisen (szenische Oratorien, weltliche Oratorien); andererseits zählt die Fachwelt auch die große Zahl solcher Werke zur Gattung, die im Untertitel nicht die – eher seltene – Bezeichnung Oratorium tragen, sondern bestimmte andere Begriffe mit einer dem Wortsinn entsprechenden typologischen oder inhaltlichen Konnotation.33

Nun würde es den Rahmen dieser Arbeit sprengen, alle Vokalwerke des 20. Jahr-

hunderts mit nicht-kanonischem Text in einen hermeneutischen Zirkel aus Gattungs-

32 Siehe oben, S. 13.

33 Massenkeil 1998, S. 5.

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bestimmung und -prüfung einzubeziehen. Um die Ausgangsmenge der Werke ein-

zugrenzen, verfolgt diese Arbeit einen produktionsästhetischen Ansatz. Dem liegt der

Gedanke zugrunde, dass die Gattung Oratorium in verschiedenen historischen

Ausprägungen in der aktuellen Rezeption präsent ist.34 Wir können deshalb davon

ausgehen, dass ein Komponist oder Librettist, der sein Werk mit der Bezeichnung

„Oratorium“35 versieht, aus gutem Grund sein Werk in die Gattungstradition stellt, um

so die Rezeption des Werkes zu lenken:

Ein Gattungsname aber, ‚Kantate‘ oder ‚Symphonie‘, ist ein Zeichen, das den Traditionszusammenhang andeutet, in den ein Werk gehört. Dass es als Exemplar einer Gattung zu verstehen ist, bedeutet, dass es von dem Hintergrund einer Gruppe von Werken abgehoben werden soll, deren Kenntnis der Komponist implizit voraussetzt.36

Wie nun genau die Vorstellung des Librettisten oder Komponisten von der Gattung

Oratorium aussieht, ist an dieser Stelle unerheblich. Entscheidend ist – und davon gehe

ich aus – dass sich seine Gattungsvorstellung in der Textgestaltung niederschlägt. Dies

können bewusste Formkonzeptionen ebenso sein wie die unbewusste Nachahmung von

Vorbildern und Adaption verschiedener musikalischer und literarischer Einflüsse.

Meine Vorgehensweise war nicht empirisch in dem Sinne, dass ich Komponisten und

Librettisten zu ihren Vorstellungen befragt hätte, um die Antworten hinsichtlich einer

Gattungsdefinition auszuwerten – das liefe auf eine präskriptive poetologische

Beschreibung hinaus. Mein Ansinnen ist, anhand der Texte formale und strukturelle

Merkmale und daraus resultierend mögliche Gattungskriterien herauszuarbeiten.

Die so gefundenen Kriterien sind zunächst natürlich nicht distinktiv in dem Sinne, dass

sie ausschließlich auf Werke zutreffen, die den Titel „Oratorium“ tragen. In einem

weiteren Schritt wäre zu prüfen, welche anderen Werke diese Kriterien ebenfalls erfüllen,

und wie sich dies auf die Abgrenzung zu anderen Gattungen auswirkt. Dies würde den

Rahmen dieser Arbeit sprengen und kann deshalb nur angedeutet werden. Die Ergeb-

nisse dieser Arbeit können jedoch als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen zum

Oratorium und verwandten Gattungen im 20. Jahrhundert dienen.

34 Siehe oben, S. 18

35 Dazu zählen auch Untertitel und Varianten der Gattungsbezeichnung, die einen Bezug zum Oratorium herstellen (wie „Oratorische Szene“, „Kammeroratorium“ u. ä.).

36 Carl Dahlhaus: Zur Problematik der musikalischen Gattungen im 19. Jahrhundert, in Arlt u. a. 1973, S. 842.

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1.2 MUSIKALISCHE UND LITERARISCHE RAHMENBEDINGUNGEN

Die Kulturgeschichte des 20. Jahrhundert zeichnet sich dadurch aus, dass (in der

Literatur ebenso wie in der Musik) nicht mehr von Epochen und Perioden gesprochen

werden kann, innerhalb derer sich das künstlerische Schaffen in seinen Voraussetzun-

gen und Prinzipien weitgehend homogen zeigt. Vielmehr spaltet sich die künstlerische

Produktion in verschiedene Strömungen, die gleichzeitig nebeneinander existieren und

die jeweils eigene Programme, Ausdrucksweisen und Traditionen entwickeln.

Das Oratorium erlebt im 20. Jahrhundert alles andere als eine Blütezeit; es ist eher eine

Randerscheinung. Im Bewusstsein der Fachöffentlichkeit am präsentesten sind die

experimentellen Werke der Avantgarde, die sich in der Regel einer Gattungszuordnung

verweigern. Und während Musikliebhaber neuere Instrumentalwerke oder kleinformatige

Chormusik zumindest noch namentlich kennen, sind zeitgenössische Oratorien selbst

Interessierten nur vereinzelt bekannt.

Doch bei genauerem Hinsehen finden sich überraschend viele Komponisten, und bei

weitem nicht nur Kirchenmusiker, die sich mit der Gattung auseinandergesetzt haben.

Dabei sieht sich das Oratorium den unterschiedlichsten Einflüssen verschiedener

musikalischer Strömungen ausgesetzt: von der Erneuerungsbewegung der Kirchenmusik

und der Wiederentdeckung der Alten Musik durch die Jugendbewegung zu Beginn des

Jahrhunderts, über die durch die avantgardistischen Bewegungen der Neuen Musik

ausgelösten viel zitierten „Krise der Gattungen“, bis hin zum verstärkten Eindringen der

Popmusik in die Kirchenmusik im letzten Drittel des Jahrhunderts.

Literarische Entwicklungen haben demgegenüber nur schwachen Einfluss, wie über-

haupt das Oratorienlibretto für die literarische Produktion eine nur geringe, selbst

gegenüber seiner Schwester, dem Opernlibretto, geradezu verschwindende Rolle spielt.

1.2.1 Musikgeschichtliche Voraussetzungen: Die Zeit vor 1945

Zu Beginn des Jahrhunderts schien das Oratorium seine kirchenmusikalische Relevanz

eingebüßt zu haben. Indem im Laufe der Romantik immer weniger christlich-geistliche,

und statt dessen mehr weltliche Sujets wie Märchen, literarische Vorlagen37, Biographien

oder Heldengeschichten38 behandelt wurden, entfernte es sich weiter aus dem kirchen-

37 z. B. Robert Schumann Das Paradies und die Peri, Andreas Romberg Das Lied von der Glocke, Max Bruch Das Lied von der Glocke u. a.

38 z. B. Max Bruch Achilleus, Odysseus, Arminius u. a.

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musikalischen Bezugsrahmen und etablierte sich endgültig als Gattung des bürgerlichen

Konzertwesens. Diese inhaltliche „Entgrenzung“39 ging einher mit einer Ausweitung der

Formen: Weltanschauliche und geistliche Texte wurden zunehmend in sinfonischen

Werken vertont (zu nennen sind beispielsweise etliche Sinfonien Gustav Mahlers oder

Arnold Schönbergs GURRELIEDER); „an einer Handlung entlangkomponierte Werke gelten

zunehmend als altmodisch und kleinlich.“40

Die kirchenmusikalische Erneuerungsbewegung, die nach dem Ersten Weltkrieg

einsetzte, erfasste zunächst weniger das Oratorium als die Passion: zu weit hatte sich

das Oratorium bereits aus dem kirchlichen und gottesdienstlichen Rahmen entfernt. Im

Rückgriff auf vor- und frühbarocke Traditionen, insbesondere unter Berufung auf

Heinrich Schütz, entstanden eher an älteren Gattungen orientierte Werke, jedoch kaum

Oratorien. Durch die Beschäftigung mit der Tradition stieg aber die Sensibilität für die

Verwendung des Bibelworts und die Einbeziehung in den gottesdienstlichen und

kirchlichen Rahmen. Zwar sollten Werke wie die A-cappella-Oratorien von Kurt Thomas

oder Hugo Distlers Choralpassion, die nach dem Vorbild barocker responsorialer

Passionsvertonungen entstand, ohne unmittelbare Nachfolger bleiben. Nach dem Zweiten

Weltkrieg jedoch stellten sie für die junge Komponistengeneration, die auf der Suche

nach unbelasteten Vorbildern war, wichtige Anknüpfungspunkte dar.

Andere Komponisten schlossen sich der Erneuerungsbewegung nicht an; sie setzten die

Kompositionsweise der Romantik weitgehend fort und übernahmen Neuerungen nur

vorsichtig. So entstanden nach dem Ersten Weltkrieg eine Reihe von Oratorien eher

traditioneller Machart, z. B. von Conrad Beck und Joseph Haas.41

Zwar gab es in der Schweiz und in Frankreich in der Zwischenkriegszeit verschiedene

Ansätze, das Oratorium zu erneuern: Arthur Honegger beispielsweise führte unter dem

Einfluss von Brechts epischem Theater einen Sprecher in seine Oratorien ein, und Igor

Stravinskij versuchte mit seinem (von ihm so bezeichneten) Opéra-Oratorio OEDIPUS REX

die Nähe zur Oper fruchtbar zu nutzen. Doch scheint sich das Oratorium offenbar

aufgrund seines weltanschaulichen Gehalts, seiner Textgebundenheit und seines

Verkündigungsanspruchs gegen weitergehende avantgardistische Experimente zu

sperren. So ist es nicht verwunderlich, dass diejenigen Komponisten, die sich von dem

Erbe der Romantik zu lösen versuchten, es schließlich weitgehend ignorierten und sich

39 Massenkeil 1999, S. 284.

40 vgl. Ulrich Leisinger, Martin Geck: „Das deutsche Oratorium“, in Artikel „Oratorium“, MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 775

41 vgl. Massenkeil 1999, S. 261

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statt dessen dem Musiktheater zuwandten, das ein geeigneteres Experimentierfeld zu

bieten schien. Ein Beispiel hierfür bietet Arnold Schönberg, der sich entschloss, sein

großes, unvollendet gebliebenes geistlich-weltanschauliches Werk MOSES UND ARON als

geistliche Oper und nicht, wie in ersten Versuchen, als Oratorium zu gestalten.

Zu neuer Blüte gelangte das Oratorium in Deutschland erst in den 1930er Jahren. Den

Grund dafür legte die „repräsentative Seite der Gattung“42 und ihre Eignung als Verkün-

digungsmedium ideologischer Propaganda. Nirgendwo sonst entstanden in den 1930er

Jahren so viele Oratorien wie im deutschen Sprachgebiet,43 viele davon traditionell-

volkstümelnd, etliche deutlich von der faschistischen Ideologie geprägt.44 Avantgar-

distische Werke wie Ernst Kreneks SIMEON DER STYLIT (1935/36, mit einem Libretto des

Dadaisten Hugo Ball) sind nur vereinzelt zu finden, zumal sich avantgardistische

Komponisten in Deutschland der Ächtung und Verfolgung ausgesetzt sahen.

Während des Zweiten Weltkriegs kam das kompositorische Schaffen und damit die

Oratorienproduktion in Deutschland weitgehend zum Erliegen. Im deutschen Sprach-

raum brachten nur Komponisten in der Schweiz, wie Arthur Honegger, Willi Burkhard

und Frank Martin, noch beachtenswerte Werke hervor, die jedoch in Deutschland und

Österreich erst verzögert, nach Ende des Zweiten Weltkriegs, bekannt und rezipiert

wurden.45

1.2.2 Zwischen Neuer Musik und Tradition: Oratorium nach 1945

Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war geprägt von einer zunehmenden Spaltung

der Musikkultur.46 Diese begann damit, dass sich die so genannte Neue Musik von der

etablierten bürgerlichen Musikkultur und ihren tradierten Formen und Institutionen

42 vgl. Lucinde Lauer, Christian Thorau: „Das Oratorium im 20. Jahrhundert“, in Artikel „Oratorium“, MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 795

43 vgl. Massenkeil 1999, S. 267

44 Exemplarisch ist Das Lied von der Mutter von Joseph Haas aus dem Jahre 1939, das deutlich einer Blut-und-Boden-Ideologie huldigt und das „Heldentum der Mutter“ und den „Opfertod“ ihres Sohnes im Krieg verherrlicht. Volkstümlich-unverfänglich geben sich viele Oratorien, die den Jahreskreis behandeln, wie z.B. Armin Knab, Das gesegnete Jahr (1935-43), oder Hermann Reutter, Der große Kalender (1933), die jedoch, indem sie ein anachronistisch verklärtes Bild ländlichen Lebens zeichnen, sicherlich auch ideologisch gewirkt haben dürften.

45 vgl. Massenkeil 1999, S. 274f.

46 vgl. dazu Danuser 1984, S. 350: „Als mit der Uraufführung von Igor Stravinskis The Rake’s Progress ... die Epoche des Neoklassizismus zu einem glanzvollen Ende gekommen war, begann eine Zeit, die für die Oper als musikalische Gattung so ungünstig war wie selten zuvor. Unter den Voraussetzungen einer Musikkultur, die sich in zwei Bereiche – ‚Neue Musik‘ und ‚Tradition‘ – spaltete, blieb, wer Opern schrieb, vom Kern der Neuen Musik ausgeschlossen. Umgekehrt mochte, wer zur Avantgarde gehören wollte, unter den tradierten Gattungen sich am allerwenigsten auf die Oper einlassen.“

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löste und sich mit den Darmstädter Ferienkursen und den Donaueschinger Festspielen

ihre eigenen Institutionen und ein eigenes Publikum schuf. Die dadurch ausgelöste

Auffächerung des musikalischen Spektrums wurde durch die Entwicklung der Rock-

und Popmusik noch verstärkt. Sich als Komponist zu etablieren war damit nicht mehr

an die althergebrachten Institutionen gebunden. Vielmehr entwickelten die verschie-

denen Stile und Richtungen ihre Nischen, ein eigenes Publikum, eigene Aufführungs-

und Publikationsorte.

So entstand neben der Neuen Musik, die in der Öffentlichkeit einiges Aufsehen zu

erregen verstand, eine rege, aber außerhalb des christlich-engagierten Umfelds wenig

bekannte Kirchenmusik-Szene. Die Rockmusik folgt ohnehin ganz anderen kulturellen

und kommerziellen Bedingungen; eine eigene Nische hat sich die christliche Rockmusik

geschaffen. Doch auch im Konzertleben lässt sich eine immense Vielfalt beobachten:

Sinfonien, die den traditionellen Vorgaben in Form, Besetzung und Tonsprache weit-

gehend folgen, erleben ebenso ihre Uraufführung wie multimediale Konzeptkunst, die

den Rahmen des Musikalischen sprengt.

Daraus lassen sich im Wesentlichen vier Strömungen identifizieren, die für das Ora-

torium von Bedeutung sind: die Neue Musik, die mit avantgardistischem Anspruch

auftritt, die traditionsverhaftete geistliche Musik (die an die Romantik einerseits, an alte

kirchenmusikalische Traditionen andererseits anknüpft), kirchenmusikalische Er-

neuerungsbewegungen (man denke beispielsweise an das Neue Geistliche Lied) und

schließlich die christliche Popularmusik.

Der Einfluss der Neuen Musik auf das Oratorium war in der ersten Nachkriegszeit

gering; später machte er sich eher indirekt bemerkbar. Ideologisch war das Oratorium

belastet durch die Vereinnahmung im Nationalsozialismus, kompositorisch dem Erbe der

Romantik verhaftet – auf die junge, aufstrebende Komponistengeneration übte es

deshalb nach dem Krieg wenig Anziehungskraft aus. Diese begab sich statt dessen auf

eine „fieberhafte Suche nach neuen Klängen, die von der Vergangenheit unbelastet

waren, ... mit der Absicht, ganz von vorne ein neues Musikverständnis aufzubauen“47.

Dabei wurde nun – verspätet – die bis dato in Deutschland weitgehend unbekannten

zeitgenössischen Werke des Auslands rezipiert, wie die Musik Arthur Honeggers, Darius

Milhauds, Claude Debussys und Igor Stravinskijs. Zum anderen entsprangen der

Wiederanknüpfung an die Zweite Wiener Schule und insbesondere der (Wieder-)

Entdeckung der Musik Alban Bergs immer radikalere avantgardistische Ansätze. Der

experimentelle Umgang mit dem musikalischen Material, der in den folgenden Jahr-

47 vgl. Ludwig Finscher: „20. Jahrhundert“, in Artikel „Deutschland“, MGG(neu), Bd. 2 (1995), Sp. 1193

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zehnten über serielle Konzeptionen bis zur „Entkunstung der Kunst“ führte, löste die

Suche nach einer individuellen Musiksprache und geeigneten Gattungsformen ab. Je

mehr jedoch nicht nur musikalische, sondern auch außermusikalische Elemente wie der

Text von seriellen Techniken erfasst wurden, desto stärker wirkte sich die „Un-

vereinbarkeit serieller Techniken mit der Ausdrucksgebundenheit der oratorischen

Gattung“48 aus.

Das bedeutet nicht, dass die Neue Musik nicht auch Traditionen des Oratoriums auf-

gegriffen und verarbeitet hätte. 49 Zahlreiche großformatige Vokalwerke der 1960er und

70er Jahre, z. B. von Karl-Heinz Stockhausen, Dieter Schnebel und Klaus Huber, setzen

sich produktiv mit der Divergenz von Tradition und neuen Techniken auseinander. Sie

stehen dem Oratorium durchaus nahe und werden in der musikwissenschaftlichen

Literatur gerne als Oratorien bezeichnet: Klaus Hubers HIOB 19 und BEATI PAUPERES, Dieter

Schnebels TOTENTANZ, Karl-Heinz Stockhausens DER GESANG DER JÜNGLINGE IM FEUEROFEN und

andere mehr. Doch findet sich in dieser Zeit kaum ein Werk eines avantgardistischen

Komponisten, das sich selbst eine traditionelle Gattungsbezeichnung gibt, schon gar

nicht die des Oratoriums.

Andererseits fanden Erfindungen der Neuen Musik, wie Lautkompositionen oder der

Einsatz von Elektronik und Tonbandeinspielungen, seit den 1970er Jahren ihren Weg

ins Repertoire auch der traditionelleren Komponisten. Auch am Oratorium gingen diese

Experimente nicht spurlos vorüber.

Dabei darf nicht vergessen werden, dass bei allem Wirbel, den die Vertreter der Neuen

Musik in der musikalischen Öffentlichkeit verursachten, diese selbst in ihrer Blütezeit in

den 1960er und 1970er Jahren nur einen Teilbereich der musikalischen Produktion aus-

machte. Die ältere Komponistengeneration – dazu sind beispielsweise Wolfgang Fortner,

Günter Bialas, Carl Orff und Johannes Driessler zu rechnen – stellte ihre bisherigen

Kompositionsweisen und stilistischen Mittel nicht grundsätzlich in Frage. Sie setzte die

musikalischen Traditionen, darunter auch die Gattungstradition des Oratoriums, weit-

gehend bruchlos fort. Die Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit und mit

den neuen musikalischen Strömungen erfolgte auf individuelle Weise und führte nur

vereinzelt zu eher gemäßigten Experimenten.50

48 vgl. Lucinde Lauer, Christian Thorau: „Das Oratorium im 20. Jahrhundert“, in Artikel „Oratorium“, MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 798

49 vgl. auch Massenkeil 1999, S. 284

50 vgl. Lucinde Lauer, Christian Thorau: „Das Oratorium im 20. Jahrhundert“, in Artikel „Oratorium“, MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 798

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Zu dem Bereich traditionell geprägten musikalischen Schaffens sind auch große Teile der

Kirchenmusik zu rechnen, die sich im Laufe des 20. Jahrhunderts immer wieder um eine

Erneuerung innerhalb der von ihr begründeten Traditionen bemüht. Vor allem in der

protestantischen Kirchenmusik fand man ein Vorbild in der kirchenmusikalischen

Erneuerungsbewegung der Zwischenkriegszeit. Nach dem Beispiel der Werke Hugo

Distlers und Kurt Thomas’ entstanden in den ersten zwei Nachkriegsjahrzehnten über 60

Vokalwerke, die sich an ältere Gattungsformen und Vorläufer des Oratoriums (wie die

Historie oder die motettische Passion) anlehnten, z. B. von Rudolf Mauersberger, Ernst

Pepping, Hans Micheelsen, Kurt Fiebig, Eberhard Wenzel, Helmut Degen u. a.51 Die

Rückbesinnung auf alte Traditionsstränge und auf das A-cappella-Ideal ging einher mit

der Suche nach neuen textlichen Ausdrucksformen: Die Kirchenmusik sollte von der

Ausdrucksüberladenheit und dem Pathos der Romantik befreit, wieder stärker in den

Dienst des Bibelworts gestellt und aus sich heraus erneuert werden.52

Die traditionellen künstlerischen Ausdrucksformen bekamen mit der so genannten

„Krise der Moderne“ neuen Zulauf, als gegen Ende der 1970er Jahre „der Grundsatz,

Kunst müsse neu sein, um als authentisch gelten zu können, aufgelöst oder gar in sein

Gegenteil verkehrt wurde“53. Zwei Strömungen sind zu beobachten, die beide eine

Gegenbewegung zu der in die Sackgasse geratenen Neuen Musik darstellen: einerseits

die „neue Innerlichkeit“ als Entwurf einer Kunst mit elitärem Absolutheitsanspruch,

andererseits eine Popularisierung und Hinwendung zu einem breiteren, nicht-elitären

Publikum. Beide Bewegungen gingen einher mit einem verstärkten Rückgriff auf

traditionelle, dem Publikum vertraute und beliebte Gattungen. Dabei wird die Wahl der

Gattung nicht mehr als Erfüllung einer poetischen oder musikalischen Gattungsnorm,

sondern als Teil des individuellen Werkkonzepts begriffen, als Ausdruck des eigenen

weltanschaulichen und ästhetischen Standpunkts.54

Im Gegensatz zur Funktion der Gattungen im Neoklassizismus, einen Weg aus den Aporien expressionistischer Freiheit zu weisen und die kompositorische Subjek-tivität zu ‚entlasten‘, handelt es sich hier nicht um die Restitution bestimmter historischer Form- und Satzmodelle. Es geht vielmehr darum, unter Aufsprengung des Kanons des Verbotenen zu jener allein von der kompositorischen Subjektivität verantworteten Freiheit zu gelangen....55

51 vgl. hierzu und zum folgenden Massenkeil 1999, S. 276f.

52 vgl. hierzu auch Adam Adrio, „Erneuerung und Wiederbelebung“, in Blume u. a. 1965, S. 279f.

53 Danuser 1984, S. 400

54 vgl. Reimer 1972, S. 9 sowie Massenkeil 1999, S. 296

55 Danuser 1984, S. 400

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Gleichzeitig mit der Konzertmusik bemühte sich auch die Kirchenmusik, breitere

Publikumsschichten zu erreichen. Dadurch wurde eine Öffnung gegenüber musikali-

schen Einflüssen außerhalb des europäischen Kanons in Gang gesetzt. In der weltlichen

Musik wurden vor allem der Jazz und andere außereuropäische Musikstile rezipiert (so

führte z. B. bei Philip Glass die Beschäftigung mit indischer Musik zur Entwicklung der

Minimal Music), während die Kirchenmusik, vor allem die protestantische, Rockmusik

und Schlager als Mittel der Verkündigung entdeckte.

1.2.3 Einflüsse populärer Musik

Der Einfluss populärer Musikrichtungen, der Rock- und Popmusik, des Jazz und des

Gospels nach dem Zweiten Weltkrieg ist nicht wirklich neu – schon 1930 komponierte

Erwin Schulhoff sein „Jazz-Oratorium“ H.M.S. ROYAL OAK. Neu ist jedoch, dass sich parallel

zur althergebrachten Kirchenmusik eine populäre Kirchenmusikkultur entwickelt: Jazz-

und Gospelchöre in den Gemeinden, christliche Bands und Musicals, eine breite kompo-

sitorische Tätigkeit von religiösen Liedermachern und Bandleadern. In der zweiten Hälfte

des 20. Jahrhunderts bildeten sich vielfältige Subkulturen und Szenen heraus, die –

ähnlich wie die avantgardistische Neue Musik – eigene Formen und Inhalte, eigene

Aufführungsorte, Verlage und Rezeptionsweisen vorweisen können. Das Oratorium als

inhaltlich wenig festgelegte, flexible Großform übt dabei offensichtlich eine nicht geringe

Anziehungskraft aus. Jedenfalls finden sich im 20. Jahrhundert zahlreiche Oratorien von

Komponisten populärer christlicher Musik. Doch sind auch hier die Grenzen fließend: zu

offenen Formen der Popmusik und zum christlichen Musical, auf der anderen Seite aber

auch zur „E-Musik“, die sich ihrerseits dem Einfluss populärer Musikstile ausgesetzt

sieht.

In der Rezeption des breiten Publikums spielen popularmusikalische oratorische Formen

sicherlich eine größere Rolle als avantgardistische Werke der Neuen Musik. Dennoch

werden sie in der musikwissenschaftlichen Literatur zum Oratorium nicht einmal

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erwähnt, 56 obwohl sich etliche Werke selbst als „Pop-Oratorium“ oder „NGL-Oratorium“

bezeichnen und deutlich in die Gattungstradition stellen (und sicherlich hoffen, dadurch

eine gewisse Aufwertung zu erfahren, die ihnen von dem etablierten Feuilleton und der

traditionellen Kirchenmusik immer noch verwehrt bleibt).

Die christliche Popmusik, das populäre Oratorium gibt es nicht. Vielmehr weist die

christliche Musikszene eine Vielzahl von Strömungen auf, die in unterschiedlichem Maße

auf verschiedene Wurzeln zurückgehen. Peter Bubmann57 nennt als wichtigste Wurzeln

erstens die Jazz- und Rockmusik und den Gospel, zweitens den religiösen Schlager und

drittens das Neue Geistliche Lied (NGL).

Elemente des Jazz und Rock ’n’ Roll sowie des Spirituals finden sich seit der Mitte der

1950er Jahre in Gottesdienstmusik und Mess-Kompositionen. In Assisi fand 1957 ein

„Festival des neuen Gesangs“ statt; gleichzeitig verbreiteten sich in Deutschland

deutsche Fassungen amerikanischer religiöser Schlager. Ein Preisausschreiben der

Evangelischen Akademie Tutzing löste 1960 einen regelrechten Boom religiöser Schlager

aus; das Siegerlied „Danke“ des Kirchenmusikers Martin G. Schneider gelangte sogar in

die Hitparaden und wurde ein Evergreen der Gemeindemusik. Gleichzeitig verbreiteten

sich das christliche Musical (z. B. Helmut Barbe: HALLELUJAH BILLY, 1956) sowie Rock-,

Pop-, Beat- und Jazzmessen (z. B. Peter Janssens JAZZ-MESSE von 1963).

In den 1960er und 1970er Jahren etablierte sich die christliche Pop- und Schlagerszene:

Sendeplätze im Hörfunk wurden eingerichtet, große Festivals veranstaltet, erste christ-

liche Schallplattenlabels entstanden, und zahlreiche Bands und Gruppierungen konnten

sich einen festen Platz im christlichen Musikleben sichern. Auch die Kirchentage boten

ein immer wichtigeres Forum für populäre Formen musikalischer Verkündigung.

Im Gegensatz zu dem aus den Quellen des Rock und des Schlagers gespeisten „Sacro-

pop“ entsprang das Neue Geistliche Lied dem bereits erwähnten Impuls, die Kirchen-

musik aus sich heraus zu erneuern. Wichtige Vorbilder waren wieder einmal die Sing-

56 Nicht nur von musikwissenschaftlicher Seite, sondern insgesamt ist die Literatur zu populärer christlicher Musik sehr spärlich. In MGG wird man gar nicht fündig: selbst der Artikel „Kirchenlied“ erwähnt das Neue Geistliche Lied nur mit zwei Sätzen. Christliche Popmusik wird in der Forschung überwiegend im Rahmen der praktischen Theologie unter dem Stichwort Jugendarbeit behandelt, wobei hier der Schwerpunkt meist auf Fragen der theologisch motivierten Didaktik und Pädagogik liegt. Die wenigen mir bekannten Publikationen, die sich systematisch mit christlicher Popularmusik beschäftigen (vgl. insbesondere Bubmann 1990), stammen ebenfalls aus dem Umfeld der Theologie und nicht der Musikwissenschaft. Diese vermutlich von Werturteilen geleitete Ignoranz der musikwissenschaftlichen Forschung nicht nur gegenüber christlicher Popmusik, sondern gegenüber Rock- und Popmusik insgesamt verwundert angesichts der Tatsache, dass diese inzwischen einen großen Teil der gesamten Musikproduktion ausmacht.

57 vgl. hierzu und zum folgenden Bubmann o. J.

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bewegung und die kirchenmusikalische Erneuerungsbewegung der Zwischenkriegszeit.58

Das Neue Geistliche Lied orientiert sich bewusst am reformatorischen Choral und dem

Volkslied, „verbunden mit einem Schuss Rhythmik“59. Dabei spielt auch der Einfluss der

einfachen liturgischen, meditativen Gesänge der Kommunität von Taizé eine Rolle. Seit

den 1970er Jahren fand das NGL – ebenfalls mit Hilfe der Kirchentage – seinen Weg in

weite Bereiche der Gemeindearbeit bis hin in den Gottesdienst. Ab Mitte der 1970er

Jahre wurden immer mehr Notenhefte und Liederbücher verlegt, und spätestens mit der

Einführung des neuen Evangelischen Gesangbuchs Anfang der 1990er Jahre erhielten

zahlreiche NGL einen Platz im offiziellen Standardrepertoire des Kirchengesangs und der

Gemeindemusik. Auf katholischer Seite bleibt noch abzuwarten, was die derzeitig

laufende Überarbeitung und Neuentwicklung des Gotteslobs ergeben wird.

Mit dem zunehmenden Erfolg und der Etablierung des Sacropop und des NGL wuchs bei

christlichen Komponisten populärer Musik das Interesse an musikalischen Großformen,

vor allem an Messe, Musical und Oratorium. Der Schlagersänger Siegfried Fietz

produzierte in den 1970er und 1980er Jahren zahlreiche Oratorien, angefangen mit

PAULUS von 1972. Peter Janssens und Ludger Edelkötter, führende Köpfe der Sacropop-

Szene, machten mit christlichen Musicals auf sich aufmerksam. Eine wichtige Rolle

spielten auch die großen Jugendchöre, wie der 1968 gegründete Schalom-Chor oder

Klaus Heizmanns Jugend-für-Christus-Chor, die Evangelisationsveranstaltungen

musikalisch gestalteten.

Diesem Umfeld entstammt das populäre christliche Oratorium. Es ist stärker missio-

narisch ausgerichtet als die herkömmlichen Oratorien, die eher eine individuelle Aus-

einandersetzung mit dem Glauben artikulieren, und zielt auf ein kollektives religiöses

Erlebnis. Deswegen wird üblicherweise eine bewusst einfache, eingängige textliche und

musikalische Sprache gewählt, die zum Mitsingen einlädt.

Auf der anderen Seite kamen durch das NGL und die Rückbesinnung auf kirchen-

musikalische Traditionen im Sacropop- und NGL-Oratorium stärker als in anderen

Formen christlicher Popularmusik wieder überlieferte Formen und Ausdrucksweisen ins

Spiel. Zahlreiche Komponisten, vor allem die jüngere Generation von Kirchenmusikern

und Komponisten (Stefan Heucke, Stefan Jänke u. a.), lassen sich ohnehin nicht ein-

deutig der „populären“ oder der „ernsthaften“ Musik zuordnen; sie schöpfen in ihren

Werken aus der gesamten musikalischen Vielfalt, die sich ihnen bietet, von der alten

Musik bis zum modernen Schlager.

58 vgl. Abschnitt 1.2.1

59 Bubmann o. J.

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1.2.4 Literaturgeschichtliche Voraussetzungen

Anders als das Opernlibretto hat das Oratorienlibretto im 20. Jahrhundert die Schrift-

steller wenig herausgefordert. Das mag seinen Grund in der bisweilen bitter beklagten

allgemeinen „Kirchenfeindlichkeit neuzeitlicher Schriftsteller“ haben.60 Vielleicht liegt es

aber auch daran, dass experimentierfreudige und avantgardistische Autoren zwar nicht

so sehr den traditionellen Gattungen ablehnend gegenüber stehen, zumindest sehr viel

weniger als ihre komponierenden Kollegen, wohl aber den funktionalen Gattungen. In

der Oper des 20. Jahrhunderts macht sich dies weniger bemerkbar, weil ihr die kompo-

sitorischen Experimente des neuen Musiktheaters, aber auch der Einfluss des absurden

und des Brecht’schen epischen Theaters zugute kamen. Auch zeigt das Opernlibretto

eine gewisse Verwandtschaft zu literarischen Gattungen wie dem Drama oder dem

Hörspiel und übt vielleicht dadurch noch einen stärkeren Reiz aus als das Oratorium.

Wo jedoch die Auseinandersetzung mit Gott gesucht und betrieben wird, wählen zeit-

genössische Autoren eher rein literarische Gattungen, die mehr intellektuelle Analysen,

Differenzierungen und Darstellung von Zwischentönen erlauben, als musiko-literarische

Gattungen, die zu einer Personenreduktion und einer kontrastierenden, tendenziell

schwarz-weiß-malenden Darstellung zwingen.

Anders als bei den Opernlibrettisten finden sich bei den Oratorienlibrettisten nur wenige

bekannte Schriftsteller. Andererseits werden Oratorienlibretti auch anerkannter Autoren

oft nicht als relevant innerhalb ihres Gesamtwerks angesehen. Wenn Albert Gier über

das Opernlibretto sagt: „Natürlich sind die Libretti namhafter Dichter und Schriftsteller

in den kritischen Ausgaben ihrer Werke enthalten“61, so trifft das für Oratorienlibretti

keineswegs zu!62 Mit dieser mangelnden Wertschätzung hängt wohl zusammen, dass sich

auf der Seite der Oratorienlibrettisten vor allem Autoren finden, für die das Oratorium

als Medium der Verkündigung eine Rolle spielt: Pfarrer, Kirchenmusiker, Verfasser

religiöser Gebrauchsliteratur.

Avantgardistische Experimente auf der Textebene fanden freilich statt: In den ersten

Nachkriegsjahrzehnten machte die Sprach- bzw. Lautkomposition, die sich im Musik-

theater vor allem dort durchsetzte, wo ein „moderner Literatur entsprechende[r]

Kunstanspruch“ auch auf Textebene angestrebt ist,63 ihren Einfluss auch auf das

60 vgl. z. B. die heftige Polemik von Hans Bänzinger (Bänziger 1992, S. 112)

61 Gier 2000, S. 54

62 Beispielsweise fehlt in jeder Ausgabe der Werke von Stephan Hermlin sein Mansfelder Oratorium (vertont von Ernst Herrmann Meyer). Vgl. Stefan Bodo Würfel: „Verkündigung als literarische Form“, in Schmidinger 1999 Bd. 2, Fn. S. 219

63 Danuser 1984, S. 364

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Oratorium geltend. Jedoch wurden diese Werke nur selten von den Autoren bzw.

Komponisten als Oratorium betitelt, sondern tragen meist gar keine oder eine eigens

geschaffene, oft hybride Gattungsbezeichnung (bekannte Beispiele sind die Werke von

Klaus Huber und Dieter Schnebel)64.

Als sich dann seit den 1980er Jahren die Versuche mehrten, innerhalb der Gattung

sprachliche Möglichkeiten und Grenzen auszuloten, zeigte das Oratorium eine gewisse

Anziehungskraft als Medium für eine individuelle Auseinandersetzung mit existenziellen

Sinnfragen ohne Einschränkungen durch literarische Gattungskonventionen. Sicherlich

spielte dabei auch die emotionale Verdichtung durch die Musik eine Rolle und die Aus-

sicht, ein Publikum außerhalb der Leserschaft religiös motivierter Literatur zu erreichen.

Oratorienlibretti namhafter Schriftsteller blieben zwar selten, doch lassen sich viele

Librettisten zumindest als professionelle Autoren bezeichnen – etwa der Kölner Lyriker

Klaus Lüchtefeld (AUF DEM RAND DER MAUER für Heinz-Martin Lonquich) oder der publika-

tionsfreudige Pfarrer Gerhard Engelsberger (SCHÖPFUNG für Krzysztof Meyer).

Einen erheblichen Teil der Librettisten machen Geistliche aus: beispielsweise der bereits

erwähnte Pfarrer Gerhard Engelsberger, der Benediktiner-Mönch Martin Uhlenbrock65

und der Pfarrer und ehemalige sächsische Superintendent Dietrich Mendt66. Andere sind

Religionspädagogen oder in der Wissenschaft tätige Theologen, beispielsweise der Sozial-

arbeiter und Pfarrer Eugen Eckert67 oder Claus-Peter März68, Professor für Exegese und

Theologie des Neuen Testaments an der Universität Erfurt. Die Oratorien dieser Librettis-

ten sind stark dem kirchlich-geistlichen Umfeld verhaftet, dem sie entstammen; die

Verkündigung hat in vielen Fällen Priorität vor dem literarisch-künstlerischen Anspruch.

Etliche Librettisten stammen aus Bewegungen im Umfeld christlicher Popularmusik und

haben sich im Bereich des Neuen Geistlichen Lieds einen Namen gemacht, wie die schon

erwähnten Autoren Claus-Peter März, Eugen Eckert, Klaus Lüchtefeld.

Zu einem erheblichen Teil erstellen die Komponisten selbst den Text, wobei sie dann

zumeist auf Werke anerkannter Dichter und Denker zurückgreifen.69 Bei etlichen

64 siehe auch oben, Abschnitt 1.2.1, S. 28f.

65 Oratorium Benedictum (Komposition: Matthias Bonitz)

66 Von den Mühen der Heimkehr, Weihnachtsoratorium (Komposition: Matthias Drude)

67 Hiob (Komposition: Jürgen Blume), Daniel (Komposition: Thomas Gabriel), Emmaus (Komposition: Thomas Gabriel)

68 Aufstand der Worte (Komposition: Kurt Grahl)

69 Eine beliebte Begründung von Komponisten, den Text selbst zu erstellen, ist der nach wie vor oft gehörte Vorwurf, es gäbe zu wenig qualitativ zufriedenstellende Libretti. Ob diesem Mangel tatsächlich abgeholfen wird, wenn literarische Dilettanten – und darum handelt es sich bei den meisten Komponisten – zur Feder greifen, darf bezweifelt werden.

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Oratorien, die mehr themen- als handlungsorientiert vorgehen und deren Text aus

zahlreichen literarischen Quellen zusammengestellt ist, geht die Textauswahl und

-erstellung sicherlich mit der kompositorischen Konzeption Hand in Hand. Oft steht am

Anfang die Faszination für einen bestimmten Text, der zur Vertonung anregt, die Aus-

einandersetzung mit dem „Buch der Bücher“ bzw. die kompositorische Verarbeitung

einer individuellen Bibellektüre. Die drei Oratorien von Oskar Gottlieb Blarr (JESUS-

PASSION, JESUS-GEBURT sowie WENN DU AUFERSTEHST - WENN ICH AUFERSTEH’ )70 beispielsweise sind

Resultat eines längeren Israel-Aufenthalts und der dadurch ausgelösten Auseinander-

setzung mit den theologischen und geschichtlichen Wurzeln der christlichen Botschaft

und dem christlich-jüdischen Dialog.71 Viele Weihnachtsoratorien, z. B. von Giselher

Klebe oder Otfried Büsing (DAS LICHT DER ENGEL), entstehen aus der Beschäftigung mit der

Weihnachtsgeschichte oder mit älteren Vorbildern wie J. S. Bachs Weihnachtsoratorium

und stellen der Tradition eigene Lesarten und Konzepte gegenüber.

Insgesamt steht die Auseinandersetzung mit literarischen Traditionen im Oratorien-

libretto deutlich hinter der mit kompositorischen Vorbildern und theologischen

Diskursen zurück. Sie ist eine Angelegenheit der individuellen Verarbeitung des Autors.

Zwar finden literarische Entwicklungen (mit Verzögerung) Eingang ins Oratorium, indem

beispielsweise moderne Texte zitiert oder vollständig übernommen werden. Jedoch

herrscht überwiegend ein Kanon vor, der nahezu ausnahmslos der etablierten Literatur

zugerechnet werden kann: Gedichte von Rainer Maria Rilke, Paul Celan, Nelly Sachs,

Peter Härtling und anderen. Beliebt sind auch Texte dichtender Theologen, allen voran

von Kurt Marti und Dietrich Bonhoeffer. Wenn Dieter Borchmeyer das Opernlibretto als

„die große Brücke, die über den Kontinuitätsbruch im 18. Jh., welcher die Moderne

einleitet, hinwegführt und manches an verdrängten Traditionen fortsetzt“72 bezeichnet,

so kann man das zweifellos auch auf das Oratorienlibretto übertragen. Insgesamt ist also

festhalten, dass das Oratorienlibretto eher textkonservativ ist und in der Regel die

Verkündigung, nicht das künstlerische Experiment, im Vordergrund steht.Forschung

zum Oratorienlibretto

70 Da Oskar Gottlieb Blarr Bibeltexte grundsätzlich hebräisch bzw. aramäisch wiedergibt, ist der Text von allen drei Oratorien zu weiten Teilen nicht deutschsprachig. Jesus-Geburt und Jesus-Passion konnten deshalb in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt werden. Einzig in Wenn du auferstehst - wenn ich aufersteh’ wiegen die deutschen Textanteile die fremdsprachlichen in etwa auf.

71 vgl. Programmheft zur Uraufführung von Wenn du auferstehst - wenn ich aufersteh’ am 3.3.1996 in der Christuskirche Mannheim

72 vgl. Dieter Borchmeyer: „Textform“, in Artikel „Libretto“, MGG(neu), Bd. 4 (1996), Sp. 1118

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1.3 FORSCHUNG ZUM ORATORIENLIBRETTO

1.3.1 Musikwissenschaftliche Forschung

Aus musikwissenschaftlicher Sicht scheint das Oratorium in jüngerer Zeit relativ gut

erforscht zu sein. Nachdem es über ein Jahrhundert lang keine aktuelle Monographie

gab, die mit Arnold Scherings Geschichte des Oratoriums von den Anfängen bis zur

Gegenwart (1882) vergleichbar gewesen wäre, liegen aus den letzten zehn Jahren gleich

zwei umfangreiche Neuveröffentlichungen vor: Günther Massenkeils zweibändiges Werk

Oratorium und Passion73 und Howard Smithers vierbändige History of the Oratorio, deren

erste Bände 1977 erschienen und die im Jahr 2000 mit einem Band über das 19. und

20. Jahrhundert abgeschlossen wurde.74

Beide Monographien bieten jedoch nur wenige Ansatzpunkte für die vorliegende Arbeit.

Zum einen umfasst ihre Darstellung die gesamte Geschichte der Gattung von den

Anfängen bis heute und ist natürlich nicht auf den deutschen Sprachraum beschränkt.

Massenkeil setzt zwar den Schwerpunkt seiner Darstellung der Zeit nach 1945 auf

Deutschland und die Schweiz; bei Smither hingegen liegt das Hauptaugenmerk auf dem

englischsprachigen Raum. Zum anderen spielen für beide Autoren die Libretti nur eine

untergeordnete Rolle. Massenkeil misst dem Libretto kaum eigenständige Bedeutung bei;

vielmehr sieht er die Entwicklung des Oratoriums im 20. Jahrhundert als „Umgang mit

dem oratorischen Erbe, den man wohl am besten als dessen textliche und inhaltliche

Entgrenzung bezeichnen kann“75, so dass die vertonten Texte „heute kaum jemand mehr

als Libretti bezeichnet“76.

Smither scheint den Libretti mehr Gewicht beizumessen; immerhin widmet er den

Libretti der Oratorien nach 1914 ein eigenes Kapitel, bevor er sich der Musik zuwendet.77

Doch beim näheren Hinsehen stellt man fest, dass sich die Untersuchung der Libretti

auf eine Übersicht der zugrundeliegenden Stoffe beschränkt.

Für diese Arbeit sind die beiden Publikationen allerdings schon deshalb wenig ergiebig,

weil sie keine eindeutigen Kriterien liefern, was sie als Oratorium klassifizieren und was

73 Massenkeil 1998 und 1999

74 Smither 1977a, 1977b, 1987 und 2000

75 Massenkeil 1999, S. 284

76 Massenkeil 1999, S. 296

77 Smither 2000, S. 632ff.

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nicht.78 Smither beschränkt sich auf die Minimalforderung „long concert pieces with

narrative or dramatic texts set to music for soloists, chorus, and orchestra“79, gleich-

gültig ob geistlich oder weltlich und gleichgültig, welche Gattungsbezeichnung sie selbst

tragen. Massenkeil konstatiert für das 20. Jahrhundert eine grundsätzliche „Infrage-

stellung des Oratoriums im Kontext der gleichzeitigen Krise des musikalischen

Gattungsgefüges“80 und spricht fortan nur noch vom „oratorischen Erbe“, in das er auch

die meisten Passionsvertonungen mit einbezieht. Zudem räumt er ein, dass die

Darstellung für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg lückenhaft ist:

Hier muss es genügen, durch Listen von oratorischen Werken bedeutender Komponisten einen chronologischen Aufriss zu skizzieren und einzelne bemerkenswerte Werke beider Gattungen näher zu betrachten...81

Ähnlichen Einschränkungen unterliegt auch der Artikel Oratorium in der neuen Ausgabe

von MGG82; hier zwingt schon die Kürze zu starker Reduzierung des Stoffes. Der Artikel

Libretto wiederum bietet keinerlei Ansatzpunkte für die Beschäftigung mit dem Orato-

rium. Zwar führt er noch – ganz in Übereinstimmung mit der alten Ausgabe von MGG83 –

das Libretto als „Textvorlage einer Oper, eines Oratoriums und überhaupt eines größeren

Vokalwerkes in Dialogform“, beschränkt sich jedoch – ebenfalls wie sein Vorgänger – im

weiteren ganz auf das Opernlibretto.

Neben diesen fachwissenschaftlichen Übersichtspublikationen gibt es zahlreiche Hand-

bücher, die sich an Wissenschaftler und mehr noch an Musikpraktiker richten. Die vier

wichtigsten sind Kurt Pahlens Oratorien der Welt 84, der unlängst überarbeitete Chor-

musik- und Oratorienführer aus dem Hause Reclam85, der Harenberg Chormusikführer86

aus dem selben Jahr sowie der 2000 erschienene Oratorienführer von Silke Leopold und

Ullrich Scheideler87. All diesen Handbüchern ist gemeinsam, dass sie den Begriff

ORATORIUM sehr weit fassen.88 Dies ist im Hinblick auf die Hauptzielgruppe und die

78 zur Gattungsproblematik vgl. auch Abschnitt 1.1.2, S. 14ff.

79 Smither 2000, S. 613

80 Massenkeil 1999, S. 259

81 Massenkeil 1999, S. 14

82 vgl. Lucinde Lauer, Christian Thorau: „Das Oratorium im 20. Jahrhundert“, in Artikel „Oratorium“, MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 798ff.

83 vgl. Artikel „Oratorium“, in MGG, Bd. 10 (1962), Sp. 120

84 Pahlen 1985

85 Oehlmann/Wagner 1999

86 Gebhard 1999

87 Leopold/Scheideler 2000

88 siehe auch Abschnitt 1.1.1, S. 26

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Zielsetzung dieser Handbücher vollkommen gerechtfertigt, wollen sie doch „nicht nur

rückwärtsgewandte Gattungsgeschichte, sondern auch Anregung für die musikalische

Praxis“89 sein und „Dirigenten, Sänger und Sängerinnen sowie die Freunde der Chor-

musik mit viel Anregung für Planung, Singen und Hören ins neue Jahrtausend

geleiten.“90 Für gattungsgeschichtliche Untersuchungen ist dieses Vorgehen jedoch zu

ungenau. Hinzu kommt, dass sich Werke des 20. Jahrhunderts eher vereinzelt finden;

selbst bei Leopold/Scheideler, die sich um eine größtmögliche „Ausgewogenheit ... der

Jahrhunderte“91 bemühen, sind sie schnell aufgezählt.

Insgesamt lässt sich also festhalten, dass die Geschichte des Oratoriums aus musika-

lischer bzw. musikwissenschaftlicher Sicht zwar durchaus gut erschlossen ist, für das

20. Jahrhundert jedoch deutliche Lücken und Unzulänglichkeiten aufweist. Erst recht

liefert die musikwissenschaftliche Forschung für eine systematische literaturwissen-

schaftliche Untersuchung der Oratorientexte allenfalls vage Hinweise.

1.3.2 Literaturwissenschaftliche Librettologie

So eifrig sich die Literaturwissenschaft die Zuständigkeit für das Libretto erstritten hat,

so merkwürdig ist es, dass sie unter „Libretto“ meistens nur das Opernlibretto versteht.

Dieter Borchmeyer spricht in seinem MGG-Artikel explizit aus, dass sich „die Bezeich-

nung seit dem Ende des 19. Jh. im deutschen Sprachraum vor allem für den Operntext

durchgesetzt“ habe92. Albert Gier, dessen Monographie93 zwar nicht Vollständigkeit, aber

exemplarischen Charakter beansprucht, betrachtet von der ersten Seite an ausschließ-

lich „den Text als Bedeutungsträger innerhalb der Kunstform Oper“94 und zieht andere

Libretti gar nicht in Erwägung. Entsprechend definiert er Libretti schlicht als „Texte von

Opern, Operetten, Musicals“95.

Nun bietet die Oper, im Gegensatz zum Oratorium und anderen Gattungen der Vokal-

musik, durch ihre offenkundige Nähe zum Drama viele Anknüpfungspunkte und einen

leichten methodischen Einstieg über den Vergleich der beiden Gattungen. Auch sonst

lassen sich in der Forschung zum Opernlibretto deutliche Schwerpunkte dort ausma-

89 Leopold/Scheideler 2000, S. IX

90 Gebhard 1999, S. 22

91 Leopold/Scheideler, S. IX

92 Dieter Borchmeyer: „Textform“, in Artikel „Libretto“, MGG(neu), Bd. 4 (1996), Sp. 1116

93 Gier 2000

94 Gier 2000, S. 9

95 Gier 2000, S. 5

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chen, wo die Nähe zum traditionellen Gegenstandsbereich der Literaturwissenschaft

besonders groß ist: zum einen bei der Literaturoper, zum anderen beim librettistischen

Schaffen bereits anerkannter Dichter.96 Je weiter sich ein literarisch-musikalisches Werk

oder eine Gattung von diesem librettologischen Kernbereich entfernt, desto dünner wird

die Forschungslage. Wo das neue Musiktheater sich der Grenze zur Lautkomposition

nähert, wird die Forschung nahezu vollständig den Musikwissenschaftlern überlassen,

obwohl doch die experimentelle Lyrik sicherlich zahlreiche Anknüpfungspunkte böte.

Ohnehin finden sich literaturwissenschaftliche Untersuchungen von musiko-

literarischen Gattungen jenseits der Oper nur sehr vereinzelt. Zu nennen wären hier

meines Wissens nur Hans-Joachim Kreutzer mit seinen Studien zu den Texten Bach-

scher Kantaten und der Übersetzung des Händelschen MESSIAS 97 und A. Forcherts Arbeit

zu Mendelssohns ELIAS 98, Martin Albrecht-Hohmaiers Dissertation zu Mendelssohns

PAULUS99 und Irmgard Scheitlers Monographie über deutschsprachige Oratorienlibretti bis

1730; wobei die beiden letzteren Werke erst kurz vor Fertigstellung dieser Arbeit

erschienen und deshalb nicht mehr angemessen berücksichtigt werden konnten.

Erstaunlicherweise wird es offensichtlich nicht einmal als Mangel angesehen, dass

weitergehende literaturwissenschaftliche Versuche fast vollständig fehlen. Einzig das

Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft grenzt im Artikel „Libretto“ andere

musikalische Gattungen als die Oper nicht aus – eine Neuerung gegenüber der alten

Ausgabe des Vorgängerwerkes, des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte, in

dem es unter dem Stichwort „Libretto“ lapidar heißt „s. Oper“100.

Jedoch hat die literaturwissenschaftliche Librettologie einige grundsätzliche Erkennt-

nisse hervorgebracht, wie sich die plurimediale Werkkonzeption der Oper und die

musikalische Bearbeitung auf den Text auswirken. Inwieweit diese Merkmale auf andere

musiko-literarische Gattungen, in diesem Fall das Oratorium, übertragen werden

können, wird im Verlauf dieser Arbeit noch manches Mal zur Sprache kommen.101

96 So gibt es beispielsweise zahlreiche Untersuchungen zum librettistischen Schaffen Ingeborg Bachmanns (z. B. Grell 1995) und zur Literaturoper (z. B. Ullrich 1991, Wiesmann 1982, Achberger 1980).

97 vgl. Kreutzer 1994

98 Forchert 1974

99 vgl. Albrecht-Hohmeier o. J.

100 vgl. RDLG

101 vgl. insbesondere Kapitel 3.1 und 3.4

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1.3.3 Forschung zur literarischen Bibelrezeption

Trotz der Tendenz zur „Verweltlichung“, die so viele Autoren konstatieren, nimmt die

Bibel für das Oratorium auch im 20. Jahrhundert eine zentrale Stellung ein. Bezüglich

der Verarbeitung biblischer Geschichten und Motive und ihrer Interpretation könnte

man deshalb Anstöße aus der theologischen Forschung erwarten. Doch es zeigt sich,

dass das interdisziplinäre Themenfeld „Bibel und Literatur“ noch stärker als das Feld

„Literatur und Musik“ ein Nischendasein führt, und nur wenige Veröffentlichungen von

einem relativ begrenzten Autorenkreis zugänglich sind. In der Literaturwissenschaft

spielt offensichtlich nur die Bewertung von Bibelzitaten und -referenzen im Kontext des

literarischen Werks eine Rolle, nicht aber die Formen des Transfers von Bibelstoffen in

andere Gattungen. Und in der Theologie gilt das wesentliche Augenmerk der Auslegung

der Bibel im Rahmen der theologischen Hermeneutik und der Homiletik.

Das Wenige, was an Arbeiten zu finden ist – zu erwähnen sind hier vor allem die

Publikationen von Heinrich Schmidinger und Magda Motté102 – handelt sehr viel von

modernen Texten, aber nahezu ausschließlich von nicht-funktionaler Literatur, und hier

vor allem von Lyrik und Roman. Von Stefan Bodo Würfel findet sich ein Aufsatz, in dem

auch das Oratorium eine Rolle spielt,103 jedoch beschäftigt er sich mit der Aneignung

sakraler Formen durch totalitäre Politik.

Ferner gibt es theologische Beiträge zu einzelnen Oratorien104 und Oratorienkompo-

nisten, wie Johann Sebastian Bach105 und Willy Burkhard106. Sie untersuchen die

Libretti jedoch ausschließlich unter theologisch-hermeneutischen Gesichtspunkten.

Insofern bietet die theologische Forschung zum Oratorium und zur Bibelrezeption zwar

einige Anregungen, jedoch nur wenige direkte Anknüpfungspunkte. In Abschnitt 2.5.2107

wird darauf näher eingegangen werden.

102 vgl. Schmidinger 1999, Motté 1997

103 Stefan Bodo Würfel: „Verkündigung als literarische Form“, in Schmidinger 1999, Bd. 1, S. 205-226

104 z. B. Nohl 2001

105 z. B. Axmacher o. J.

106 Kohli 1952

107 siehe unten, S. 94ff.

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1.4 DER MATERIALBESTAND

1.4.1 Erscheinungsformen des Librettos

Die scherzhafte Definition von Peter Hacks, das Opernlibretto sei „eine Menge von

Worten und geht gelegentlich bei Reclam zu kaufen“108, lässt sich auf das Oratorien-

libretto leider nicht übertragen: letztere werden selten verlegt und vermutlich noch

seltener gekauft. Oratorientexte begegnen uns überwiegend in Partituren, Klavier-

auszügen und anderem Aufführungsmaterial oder auch in Programmheften. Die von

Albert Gier postulierte „Autonomie des Librettos als eines Bedeutungsträgers“, der der

Vertonung in der Regel vorausgeht,109 ist ein Konstrukt, das sicherlich die Beschäftigung

eines Literaturwissenschaftlers mit dieser Gattung rechtfertigen hilft, jedoch keinesfalls

der Praxis entspricht. Häufig wird das Libretto noch während der Komposition auf

Wunsch des Komponisten vom Librettisten umgearbeitet, gekürzt oder modifiziert, oder

sogar vom Komponisten selbst Hand in Hand mit der Komposition erstellt. Da das Orato-

rium weniger auf eine stringente Handlung angewiesen ist als die Oper und noch viel

mehr einzelne, nahezu unabhängige Episoden darstellen kann, gibt es sogar Fälle, in

denen ältere Kompositionen mit neuen zu einem Oratorium zusammengestellt werden –

ein bekanntes Beispiel aus der Romantik ist das Oratorium Christus von Franz Liszt, das

die schon zehn Jahre zuvor komponierten SELIGPREISUNGEN und ein ebenfalls zuvor separat

publiziertes PATER NOSTER enthält.110 Aufgrund der vielen Bearbeitungsstufen, die

zwischen dem ursprünglichen Libretto, das oftmals gar nicht bekannt ist, und der

letztendlich vertonten Fassung liegen, geht Albert Gier von einer Ko-Autorschaft des

Komponisten aus: Demzufolge ist der Werkstatus, also nicht die vom Librettisten

angebotene, sondern die in der Vertonung vorliegende Fassung als maßgeblich

anzusehen.111

In dieser Arbeit folge ich Giers Ansatz nur bedingt. Wie weiter oben ausgeführt112, ist die

Gattung Oratorium ein Referenzsystem, auf das sich sowohl der Komponist als auch

bereits der Librettist bei der Anlage des Werkes beziehen können. In denjenigen Fällen,

in denen der Komponist bereits vorhandene Texte, die nicht für diesen Zweck geschrie-

ben wurden, zu einem Oratorium zusammenstellt, ist tatsächlich die vertonte Fassung

108 Peter Hacks: Versuch über das Libretto, in Hacks 1976, S. 209; zit. nach Gier 1986, S. 9

109 vgl. Gier 2000, S. 16

110 vgl. den entsprechenden Artikel von Matthias Schäfers in Leopold/Scheideler 2000, S. 419

111 Gier 2000, S. 16

112 vgl. Abschnitt 1.1.1, S. 13ff.

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die einzig maßgebliche. In vielen Fällen schreibt jedoch schon der Librettist ein Libretto

für ein Oratorium (oft, aber nicht immer, als Auftragswerk), bezieht sich also selbst schon

auf die Gattung.113 Wenn der dem Komponisten vorgelegte Text starke Veränderungen

erfährt, haben wir es am Ende mit zwei gleichberechtigten Fassungen zu tun. Bekannt

wird jedoch üblicherweise nur die spätere, die vertonte Fassung; insofern ist Giers

Ansatz durchaus pragmatisch.

Selbst von der vertonten Librettofassung liegen nur in Ausnahmefällen edierte Ausgaben

vor. Deshalb muss man auf Aufführungsmaterialien und andere Quellen zurückgreifen,

die in textkritischer Hinsicht als relativ unzuverlässig gelten dürfen:

Bis heute machen Textbücher und Klavierauszüge oft keine Angaben zur Quellen-basis. Dabei können zwischen handschriftlicher und gedruckter Partitur, origi-nalem Klavierauszug, Autograph des Librettisten und erstem Libretto-Druck beträchtliche Differenzen bestehen – ganz abgesehen von jenen komplexen Fällen, in denen außerdem noch der Zensurbehörde eingereichte Libretto-Manuskripte und Ähnliches zu berücksichtigen sind.114

Gier nennt als zu bevorzugende Quellen 1. Partiturautograph, 2. Textbuch der Urauf-

führung, 3. ältester Klavierauszug – in dieser Rangfolge.115 Wo es möglich war, nutzte ich

Texthefte und vorangestellte Textauszüge in Partituren, die als relativ zuverlässig gelten

können, weil sie zumindest in Zusammenhang mit der gesamten Herausgabe des Werks

redigiert sein sollten. Jedoch wurden die wenigsten Oratorien des relevanten Zeitraums

überhaupt in einem Verlag publiziert. Häufig lag mir der Text einzig als Kopie des

Manuskripts oder in einer im Internet veröffentlichten Form vor. In diesem Fällen kann

man davon ausgehen, dass sie die ursprüngliche oder zumindest eine autorisierte

Fassung des Librettisten darstellen. Dies zweifelsfrei für jedes der ausgewerteten Libretti

zu klären, war angesichts des hohen Rechercheaufwands nicht möglich. Als unzuver-

lässige Quellen müssen hingegen Programmhefte gelten; es sei denn, es handelt sich um

Programmhefte von Uraufführungen, an denen in der Regel zumindest der Komponist

stärker beteiligt ist. Da vielfach die Libretti nur als Abdruck in Programmheften

erhältlich waren, wurden auch sie für die vorliegende Untersuchung hinzugezogen,

zumal es sich in der Mehrzahl tatsächlich um Programmhefte der Uraufführungen

handelt.

113 Ein Beispiel ist das von János Tamás vertonte Libretto Noahs Tochter, das als eigenständige Buchveröffentlichung unter dem Namen der Librettistin Claudia Storz erschienen ist. Der Untertitel lautet dort „Libretto zu einem Oratorium“. Vgl. die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2

114 Gier 2000, S. 56

115 vgl. Gier 2000, S. 57

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1.4.2 Untersuchte Oratorienlibretti 1945-2000

Auf der Suche nach Oratorien des 20. Jahrhunderts wertete ich zunächst die verfügbare

Fachliteratur aus, angefangen von den einschlägigen Artikeln in MGG über die großen

Oratorienführer bis hin zu diversen Monographien zur geistlichen Musik, zum Oratorium

und zur Musik des 20. Jahrhunderts. Dem folgten ausführliche Recherchen in musik-

wissenschaftlichen Datenbanken (v. a. Music Search), überregionalen Bibliotheks-

katalogen und Buchhandelsverzeichnissen sowie die Auswertung von Katalogen größerer

oder auf geistliche Musik spezialisierter Musikverlage, z. B. Peters, Bärenreiter, Carus,

Strube. Des Weiteren zog ich Rezensionen und Ankündigungen von Uraufführungen in

den Zeitschriften MUSIK UND KIRCHE und MUSICA SACRA hinzu sowie Berichte von Kirchen-

tagen. Und schließlich lieferten mir Suchmaschinen im Internet weitere Hinweise,

besonders auf Internetseiten von oder über zeitgenössische Komponisten. Diese Internet-

Recherchen erwiesen sich besonders für die letzten zwanzig Jahre des Jahrhunderts als

sehr ergiebig. Zahlreiche Komponisten und Librettisten sind inzwischen mit eigenen

Homepages im Internet vertreten und bieten dort Werkverzeichnisse oder sogar Texte

ihrer Oratorien zum Herunterladen an (z. B. Hans Georg Bertram116, Stefan Heucke117).

Auch über verstorbene Komponisten wird zunehmend Material im Internet veröffentlicht,

beispielsweise wenn eine Stiftung die Betreuung des Nachlasses übernimmt (Bertold

Hummel118, Johann Nepomuk David119 u. a.). Im Internet finden sich Informationen auch

zu Werken, die das Nadelöhr Musikbetrieb (noch) nicht durchlaufen haben – anders als

bei Werken früherer Jahrzehnte, bei denen man auf Veröffentlichung oder Erwähnung in

Zeitschriften, Sekundärliteratur u. ä. angewiesen ist.

Aufgrund der sehr vagen und gegebenenfalls sogar abweichenden Verwendung des

Terminus „Oratorium“ bei vielen Autoren habe ich in dieser Arbeit jedoch nur solche

Werke berücksichtigt, für die sich nachweisen ließ, dass die Bezeichnung vom Kompo-

nisten und/oder Librettisten gewählt oder zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit

autorisiert ist. Dies sah ich als gegeben an, wenn vollständige bibliographische Angaben

anhand einer Originalpublikation erhoben oder Verlagsverzeichnissen und Katalogen

wissenschaftlicher Bibliotheken entnommen werden konnten. Auch Originalzitate des

Komponisten oder Librettisten, in denen das jeweilige Werk als Oratorium bezeichnet

wurde (z. B. in Aufsätzen, Pressetexten, auf persönlichen Internet-Seiten), und Werk-

116 www.hans-georg-bertram.de

117 www.heucke-stefan.de

118 www.bertoldhummel.de

119 www.johann-nepomuk-david.org

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verzeichnisse sah ich als hinreichend zuverlässig an.

Nicht in die Untersuchung einbezogen werden konnten

jedoch zahlreiche in der musikwissenschaftlichen

Forschungsliteratur erwähnte Werke (z. B. bei Massen-

keil120 oder Smither121), für die Publikations- oder Auf-

führungshinweise fehlten und sich auch keine weiteren

Quellen oder Nachweise finden ließen. Ebenfalls nicht

berücksichtigt wurden Bearbeitungen des Passions-

textes, deren Titel zwar Nähe zum Passionsoratorium

suggeriert, die jedoch keine Gattungsbezeichnung

tragen, die explizit auf das Oratorium verweist. So wurde beispielsweise Waldemar

Blochs „Passio Domini. Oratorium für Soli, gemischten Chor und Orchester” einbezogen,

nicht jedoch Hans Georg Bertrams „Passio Domini. Passion für Solostimmen, Chor und

Orchester“.

Insgesamt erbrachte die Recherche 165 deutschsprachige (bzw. überwiegend deutsch-

sprachige) Oratorien für die Zeit von 1945 bis 2000, sowie 17 weitere für die Jahre von

2001 bis 2003. Ein vollständiges Verzeichnis einschließlich bibliographischer Angaben

(sofern Ausgaben bekannt sind) findet sich im Anhang dieser Arbeit.

Daneben fand ich vier ausschließlich literarische Werke, die nie vertont wurden und

auch nicht für eine Vertonung konzipiert sind, jedoch das Wort „Oratorium“ im Titel oder

Untertitel tragen: Peter Weiss’ Drama Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen (1965),

Franz Fassbinds Roman Atom Bombe. Ein gesprochenes Oratorium (1945) sowie zwei

Hörspiele, die erst nach 2000 entstanden, nämlich Romuald Karmakars Warheads-

Oratorium und Martin Speichers Fragmente einer Eroberung. Ein halbdokumentarisches

Oratorium. Diese vier Werke werden im Folgenden nicht weiter untersucht, da es sich

nicht um funktionale, für die Vertonung bestimmte Texte handelt; sie sollen aber der

Vollständigkeit halber hier erwähnt werden.

120 v.a. Massenkeil 1999

121 Smither 2000

Zeitraum nachgewi

esen Libretto lag vor

o. J. 1 0

1945-1950 3 2

1951-1960 30 10

1961-1970 16 5

1971-1980 32 16

1981-1990 32 16

1991-2000 51 25

gesamt 165 74

Tabelle 1: Oratorien nach 1945

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Von 74 Oratorien aus der Zeit von 1945 bis 2000 lagen mir die Texte vor. Nur in zehn

Fällen war dies eine separat edierte und publizierte Textausgabe des Oratoriums. Von 19

Oratorien standen mir Partitur oder Klavierauszug zur Verfügung, von 18 ein Programm-

heft. Acht Libretti erhielt ich als Kopie, Ausdruck oder Datei von den Komponisten oder

Librettisten, fünf konnte ich von Homepages zeitgenössischer Komponisten herunter-

laden. Sieben Texte wurden mir von Verlagen zugeschickt, jedoch meistens in einer

Form, der die ursprüngliche Quelle nicht mehr zu entnehmen war. Vermutlich handelt

es sich um Abschriften aus Partituren oder Klavierauszügen. Und schließlich lagen

sieben Texte in CD-Booklets vor.

Die Thesen und Ergebnisse dieser Arbeit beruhen

überwiegend auf der Untersuchung dieser 74

Libretti. Bei inhaltlichen Untersuchungen, z. B.

zur Stoffauswahl oder zu Textquellen, wurden

auch Oratorien berücksichtigt, deren Libretto

zwar nicht vorlag, über die aber entsprechende

Informationen aus Rezensionen o.ä. zur

Verfügung standen. Bei der Auswertung der Titel

wurden hingegen selbstverständlich alle

bekannten Oratorien hinzugezogen.

Klavierauszug/Partitur 19

Programmheft 18

Textausgabe 10

Datei/Ms. Komponisten 8

Verlagsinfos div. 7

CD-Booklets 7

Text Internet 5

gesamt 74

Tabelle 2: Erscheinungsformen der untersuchten Oratorienlibretti

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2 INHALTLICHE AUSGESTALTUNG

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2.1 ELEMENTE UND FUNKTIONEN DES TITELS

Den ersten Eindruck von einem musikalischen Werk vermittelt sein Titel – er steht auf

Ankündigungsplakaten, Programmheften, auf der Hülle einer Aufnahme, in CD-Booklets

und im Aufführungsmaterial. Der Titel hat dadurch starken Einfluss auf die weitere

Rezeption des Werks.

Bei Instrumentalstücken früherer Jahrhunderte sind vor allem Kombinationen aus

Gattungs- und Besetzungsangaben titelgebend, beispielsweise „Streichquartett“, „Konzert

für Violine und Orchester“. Dazu tretende freie Titel haben bis zur Entstehung der

Programmmusik eher ausschmückenden Charakter und werden oft erst nachträglich

verliehen – man denke beispielsweise an die Streichquartette Joseph Haydns, die

Bezeichnungen wie „Sonnenquartette“, „Lerchenquartett“ tragen.

Ähnlich steht es bei Vokalwerken mit kanonischem Text. In der Regel galt die Gattungs-

angabe vollkommen ausreichend; manchmal werden Hinweise auf den Kompositions-

anlass oder die Herkunft des verwendeten musikalischen Materials ergänzt. Zum

Beispiel ist die MISSA PAPAE MARCELLI von Palestrina dem Papst Marcellus in memoriam

gewidmet; der MISSA ASSUMPTA EST MARIA von Monteverdi liegt die Melodie der gleichnamigen

Motette zugrunde.

Vokalwerke mit freiem Text, wie z. B. Psalmvertonungen oder Madrigale, werden häufig

mit einem Hinweis auf den vertonten Text betitelt und durch Gattungs- und/oder

Besetzungsangaben ergänzt.

Im Laufe der Romantik und der Entwicklung der Programmmusik gewinnen die freien

Titel nicht nur in der Vokal-, sondern auch in der Instrumentalmusik gegenüber den

Gattungsbezeichnungen an Gewicht. Die Titel moderner Kompositionen sind nicht

„willkürliche Benennung“ 122, sondern

als Chiffre für jene Impulse zu verstehen, die zur künstlerischen Auseinander-setzung mit bestimmten Ideen - etwa solchen aus Bildender Kunst oder Literatur - führten, das musikalische Denken in bestimmte Kanäle lenkten und schließlich durch verstandesmäßige Reflexion die Grundlage zur Hervorbringung wahrnehmbarer Werkgestalten führten.123

Zusätzlich zu freien Titeln sind bis heute Ergänzungen oder Untertitel weit verbreitet, die

eine Gattungsbezeichnung enthalten. Dabei mag auch die editorische Praxis eine Rolle

122 Drees o. J.

123 a. a. O.

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spielen, die spätestens bei der Publikation eine Gattungszuweisung vorzunehmen

wünscht, der aber vermutlich die Komponisten meist schon von sich aus nachkommen.

Heute enthalten Titel musikalischer Werke üblicherweise mindestens zwei der folgenden

drei Elemente: einen frei gewählten Text, der Hinweise auf Inhalt oder Machart des

Stücks gibt, eine Gattungsbezeichnung sowie Angaben zur Besetzung. Diese Elemente

lenken die Rezeption des Lesers/Hörers in unterschiedlicher Weise.

Die Gattungsbezeichnung „Oratorium“ bildet den „Horizont, der die Lektüre um-

spannt“124; sie weckt die Erwartung, einem Werk mit moralisch-weltanschaulichem

Anspruch zu begegnen. Besetzungsangaben spielen eine geringe Rolle für die Rezep-

tionserwartung. Von der Standardbesetzung (Soli, Orchester und Chor) abweichende

Besetzungen, seien es nun Erweiterungen (z. B. um einen Sprecher-Solisten) oder

Reduzierungen (Soli fehlen, Instrumentalensemble statt großem Orchester o. ä.) werden

nur als Varianten empfunden. Bei sehr reduzierten Besetzungen, wie bei Hans-Georg

Bertrams ICH SAGE: JETZT! für 2 Sprechstimmen und Orgel, weist bisweilen die Verwendung

der Orgel darauf hin, dass es sich um ein Stück zur Aufführung im Kirchenraum

handelt.

Starken Einfluss auf die Rezeptionserwartung hat hingegen der eigentliche, frei gewählte

Titel. Meistens gibt er einen Hinweis auf den Stoff oder das Thema des Oratoriums. Wie

sich im Folgenden herausstellen wird, enthält er in der Regel weitere, oft sehr starke

Signale dahingehend, dass es sich um ein Werk mit geistlichem bzw. biblischem

Hintergrund handelt.

Den folgenden Abschnitte liegt eine Auswertung der Titel aller 165 Oratorien, die für

diese Arbeit berücksichtigt wurden, zugrunde.

2.1.1 Nennung der Hauptperson

Über 40 % aller bekannten Titel, nämlich 68, nennen eine Person, in der Regel die

zentrale Figur des Werks. Meistens sind biblische Personen titelgebend, wie zum Beispiel

in HIOB (gleichnamige Oratorien von Jürgen Blume/Eugen Eckert, Henning Frederichs,

Hermann Haller, Hubert Stuppner, Wolfram Wagner), PAULUS (Siegfried Fietz/Johannes

Jourdan), DANIEL (Thomas Gabriel/Eugen Eckert), PETRUS (Henning Frederichs) sowie JEFTA

UND SEINE TOCHTER und JONA (beide von Wolfgang Stockmeier). Nicht immer stehen die

Namen alleine; oft sind sie durch geläufige Beinamen oder typische Attribute ergänzt:

124 Corbineau-Hoffmann 2000, S. 138; vgl. auch oben, S. 14ff.

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JOHANNES DER TÄUFER (Fritz Büchtger), ERZENGEL MICHAEL (Robert Blum), THOMAS DER ZWEIFLER

(Peter Bubmann/Wolfgang Töllner).

Fünf Oratorien tragen Gott, Christus oder den Heiligen Geist im Titel: MARANATHA – UNSER

HERR KOMMT (Heinz Wunderlich), SPIRITUS INTELLIGENTIAE, SANCTUS (Ernst Krenek), SAPIENTIA IN

CHRISTO (Matthias Kern), HERR, DA BIN ICH (Diether Noll/Michel Quoist), VON DER WEISHEIT

GOTTES (Harald Heilmann/Wolfgang Lipp). Dazu kommt mit UNIO MYSTICA (Walter Gieseler)

ein Titel, der auf die Dreieinigkeit Gottes anspielt. Bisweilen, vor allem für Christus, wird

auf eine direkte Namensnennung verzichtet und statt dessen auf Epitheta und Ehren-

bezeichnungen zurückgegriffen, z. B. DER LEBENDIGE (Johannes Driessler), DER GOTTESKNECHT

(Felicitas Kukuck), DER SEHER VON PATMOS (Rainer Kunad).

Außer biblischen Figuren werden im Titel auch Personen des geistlichen Lebens genannt:

Mönche, Nonnen, Heilige und ‚Märtyrer‘ der neueren Zeit. Beispiele sind hier SR. MARIA

EUTHYMIA (Jutta Bitsch/Gisbert Wellerdiek), DIE VISIONEN DES MÜNCH VON SALZBURG (César

Bresgen), LEGENDE DER HL. WALBURGA (Hans Kraus-Hübner/Reinhard Knodt), VERENA DIE

QUELLE (Carl Rütti/Silja Walter). Zu den titelgebenden Figuren aus der christlichen

Legende gehört zudem AHASVER (Volker David Kirchner), der „ewige Jude“. Auch Walter

Hollenwegers MARIA VON WEDEMEYER, das auf dem Briefwechsel Dietrich Bonhoeffers mit

seiner Verlobten beruht, lässt sich in diese Gruppe einordnen.

Daneben sind auch Kombinationen von Namen mit der Gattungsbezeichnung

„Oratorium“ geläufig, wie BONHOEFFER ORATORIUM (Tom Johnson), CARL-VON-OSSIETZKY-

ORATORIUM (Gustavo Becerra-Schmidt), PETRUS-ORATORIUM und MARTIN-LUTHER-ORATORIUM

(beide von Siegfried Fietz/Johannes Jourdan).

Zu den mit dem Namen einer Hauptperson betitelten Oratorium gehören auch diejeni-

gen, in deren Mittelpunkt eine nicht namentlich genannte Person steht. Sie kann im Titel

durch ihre Funktion (Rainer Kunad: DER SEHER VON PATMOS, Gerhard Schedl: DER GROß-

INQUISITOR) oder durch ihre Beziehung zu einer anderen Figur bezeichnet werden (János

Tamás/Claudia Storz: NOAHS TOCHTER).

Nur wenige titelgebende Namen gehören nicht in den Kontext christlicher Lehre und

Überlieferung. Zum einen sind dies Oratorien zu historischen Personen wie STELE FÜR

GEORG BÜCHNER (Hans Ulrich Engelmann) und FRANCOIS VILLON (Anton Heiller). Zum anderen

handelt es sich um die Oratorien, die auf Überlieferungen anderer Religionen und

Kulturen, insbesondere der klassischen Mythologie, basieren. Zu nennen sind hier vor

allem DER TOD DES AGAMEMNON (Robert Blum), VIRATA (Horst Ebenhöh), DAS FEUER DES

PROMETHEUS (Alfred Koerppen), GILGAMESCH (Alfred Uhl/ Andreas Liess) sowie MEDEA IN

KORINTH (Georg Katzer/Christa Wolf).

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2.1.2 Referenzen auf Bibelepisoden und Nennung des Aufführungsanlasses

Über die Hälfte der Oratorien enthalten im Titel einen direkten Verweis auf einen

Bibeltext. Häufig erfolgt dies durch die Nennung einer biblischen Figur, wie im vorigen

Abschnitt bereits ausgeführt. Wiederum in fast 40% der Fälle, nämlich 63 Mal, findet

sich ein Hinweis auf eine bestimmte Bibelgeschichte.

Auf Geschichten aus dem Alten Testament deuten Titel wie REISE NACH NINIVEH (René

Clemencic), DER SÜNDENFALL (Harald Heilmann), DER TURMBAU ZU BABEL (Ernst Helmut

Flammer, Heinrich Gattermeyer), SCHÖPFUNG (Krzysztof Meier/Gerhard Engelsberger) oder

DIE FLUT (Rudolf Kelterborn) hin.

Fünf Oratorientitel spielen auf die Passionsgeschichte an, beispielsweise Waldemar

Blochs PASSIO DOMINI und Anton Vögeles PASSION. Andere gerne verwendete Episoden aus

dem Neuen Testament sind AUFERSTEHUNG (Marcel Rubin, Max Georg Baumann, Fritz

Büchtger), sowie VERKLÄRUNG und HIMMELFAHRT (beide von Fritz Büchtger). Auch finden sich

Hinweise auf das Wirken Jesu (Hans Georg Bertram: DER REICHE MANN UND DER ARME LAZARUS )

und des Apostels Paulus (Rupert Gottfried Frieberger: DIE BEKEHRUNG DES HL. PAULUS ).

Der entscheidende Hinweis auf eine Bibelgeschichte kann durch die Nennung des

Schauplatzes erfolgen. Babel wird immer in Zusammenhang mit dem Turmbau genannt:

Oratorien mit dem Titel DER TURMBAU ZU BABEL komponierten Alfred Koerppen, Heinrich

Gattermeyer und Ernst Helmut Flammer. LICHT ÜBER DAMASKUS von Marcel Rubin spielt auf

die Bekehrung des Saulus/Paulus an, der auf dem Weg nach Damaskus durch Gott

geblendet wurde. Hingegen hat Jerusalem in JERUSALEM SCHALOM (Klaus Heizmann/

Johannes Jourdan) eher symbolische Bedeutung; bei Rainer Kunad (DAS NEUE JERUSALEM )

steht es als eindeutiger Hinweis auf die Offenbarung des Johannes125.

Eine weitere Möglichkeit, im Titel auf eine Bibelepisode zu verweisen, sind Zitate bibli-

scher Sentenzen oder die Verwendung typischer Motive. Auf die Schöpfungsgeschichte

spielen DIES UNUS von Rudolf Kelterborn und DIES SEPTIMUS von Frederik Schwenk an.126

Johannes Driesslers DE PROFUNDIS zitiert den Beginn eines Klagepsalms;127 Thomas

125 Offenbarung 21, 2: „Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann.“ (Die deutschen Bibelzitate folgen dem Wortlaut der revidierten Luther-Übersetzung von 1975, vgl. EKD 1978.)

126 vgl. den Text von 1. Mose 1, 5 in der Vulgata: „Factumque est vespere et mane, dies unus.“ – „Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.“ (Die Zitate aus der Vulgata sind der „Volksbibel 2000.2“ entnommen, vgl. Wollek 2000.)

127 Psalm 130, 1: „De profundis clamavi ad te, Domine.“ – „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir.“

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Krämers KINDER DES LICHTS einen Brief des Apostel Paulus.128 DAS KOMMENDE REICH (DIE

SELIGPREISUNGEN) von Felicitas Kukuck verweist auf die Bergpredigt, ebenso wie Joseph

Haas’ DIE SELIGEN.129

Nur noch selten weist ein Oratorientitel auf einen Festtag im Kirchenjahr als Kompo-

sitions- oder Aufführungsanlass hin; die traditionellen Titel Weihnachtsoratorium,

Osteroratorium, Pfingstoratorium finden sich bei gerade einmal einem knappen Dutzend

Werke. Dies bedeutet nun keineswegs, dass es kaum noch solche Oratorien gibt:

vielmehr ist die Zahl der Passions-, Oster- und Weihnachtsoratorien gegenüber dem

19. Jahrhundert etwa konstant geblieben.130 Doch begnügen sich die Autoren und

Komponisten nicht mehr mit dem nahe liegenden Titel. Nur zwei Komponisten, nämlich

Helmut Barbe und Walter Schindler, nennen ein Werk OSTERORATORIUM. Statt dessen wird

häufiger der Titel AUFERSTEHUNG verwendet, beispielsweise von Max Georg Baumann, Fritz

Büchtger und Marcel Rubin. Von Oskar Gottlieb Blarr findet sich ein Osteroratorium (so

immerhin der Untertitel) WENN DU AUFERSTEHST – WENN ICH AUFERSTEH’, und Günter Becker gibt

seinem Oratorium MAGNUM MYSTERIUM den Untertitel „Zeugenaussagen zur Auferstehung“.

Bei den Weihnachtsoratorien gibt es immerhin fünf, die auch so heißen (Fritz Büchtger,

Matthias Drude/Dietrich Mendt, Giselher Klebe, Heinrich Gattermeyer, Walter

Schindler); dazu kommt Paul Eberhard Kreisels WEIHNACHTSGESCHICHTE. Oskar Gottlieb

Blarr verlagert die Nennung des Aufführungsanlasses wieder in den Untertitel: JESUS

GEBURT. WEIHNACHTSORATORIUM IN 10 TEILEN ÜBER LUKAS I UND II nennt er sein Werk. Otfried

Büsing lässt DAS LICHT DER ENGEL als Anspielung auf die Erscheinung der Engel bei den

Hirten nicht alleine stehen, sondern fügt mit dem Untertitel „Oratorische Weihnachts-

szenen“ eine eigene Variante der Gattungsbezeichnung hinzu. Ingmar Zemzaris’ deutsch-

lateinisches Liedoratorium O VIRGA AC DIADEMA ist hingegen, wie der Untertitel „Oratorium

in adventum redemptoris“ ausdrückt, eher ein Advents- als ein Weihnachtsoratorium.

2.1.3 Christliche Symbolik

Diejenigen Oratorien, die keinen direkten Verweis auf die Bibel im Titel tragen, signali-

sieren dennoch häufig ihre Nähe zur biblisch-christlichen Tradition, indem sie bestimmte

Schlüsselwörter, christliche Symbole oder geläufige Redewendungen verwenden. Das

Wort Licht wird gerne benutzt, beispielsweise im Titel von Otfried Büsings Weihnachts-

128 vgl. Epheser 5, 8: „Einst wart ihr Finsternis. Jetzt aber seid ihr Licht im Herrn. Wandelt nun als Kinder des Lichtes.“

129 Matthäus 5

130 vgl. auch Abschnitt 2.3.1, S. 63ff.

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oratorium DAS LICHT DER ENGEL, Marcel Rubins LICHT ÜBER DAMASKUS sowie KUGEL IM LICHT von

Jutta Bitsch und Silja Walter, dessen Untertitel „Oratorium zu Ehren des Heiligen

Benedikt“ den christlichen Kontext ganz unmissverständlich herstellt. Auch der bereits

genannte Titel KINDER DES LICHTS von Thomas Krämer131 evoziert Sinnhaftigkeit,

Erleuchtung und Gnade, wie in der Apostrophierung Christi als das „Licht der Welt“.

Starke Assoziationen zu christlich-biblischem Gedankengut wecken auch Titel, die

Wörter aus dem Begriffsfeld Zeit und Ewigkeit verwenden: Der endlichen menschlichen

Zeit wird die Ewigkeit als Zeit Gottes gegenübergestellt. Zu nennen wäre hier zunächst

das „Pop-Oratorium zur Christusgeschichte“ (so der Untertitel) EWIGKEIT FÄLLT IN DIE ZEIT

von Helmut Jost und Johannes Nitsch. Bei Heino Schuberts „Gryphius-Oratorium“ DER

MENSCH, DAS SPIEL DER ZEIT wiederum, dessen Libretto mir leider nicht vorlag, kann mit

gutem Grund vermutet werden, dass es Leben und Sterben im Spannungsfeld des

barocken „Carpe diem“ und „Memento mori“ thematisiert, ebenso bei ZEITENWENDEN von

bei Hans Kraus-Hübner und Reinhard Knodt.

Die Wege des Menschen und der Lauf der Welt klingen in etlichen Titeln an: zu nennen

sind UNTERWEGS ( Helmut Hoeft/Wolfgang Fietkau), ... NOCH SIND DIE WEGE OFFEN (Siegrid

Ernst/Klaus Meyer-Bernitz) und DIE SPUR VON MORGEN (Gregor Linßen). Andere betonen

weniger das Unterwegs-Sein als die einzelnen Stationen des menschlichen Lebens, zum

Beispiel VOR LANGER ZEIT. STATIONEN EINER STADT von Jens Josef und STATIONEN (MEMENTO HOMO)

von Augustin Kubizek und Herbert Vogg.

Begriffe, die mit Heiligkeit oder (göttlicher) Weisheit konnotiert sind, verwenden Harald

Heilmann (VON DER WEISHEIT GOTTES) und Otto Jochum (CANTICA SACRA). Auch der Begriff

Frieden spielt, der christlichen Botschaft gemäß, eine Rolle: Jochen A. Modeß und

Wilhelm Biermann nennen ihr Oratorium schlicht und einfach FRIEDEN ; von Siegfried

Matthus gibt es ein fünfteiliges Werk LAUDATE PACEM.

2.1.4 Verwendung von Fremdsprachen

24 Oratorientitel, d.h. 16 % der ausgewerteten Titel, sind in den alten Sprachen der Bibel

und der Kirche gehalten, auch wenn der eigentliche Text (zumindest überwiegend) auf

deutsch verfasst ist. Führend ist das Lateinische, das in 22 Titeln vorkommt. Zwei Titel

verwenden das Hebräische bzw. Aramäische, nämlich Klaus Heizmanns JERUSALEM SCHALOM

131 siehe oben, S. 51

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und Heinz Wunderlichs MARANATHA – UNSER HERR KOMMT. Andere Fremdsprachen kommen

nicht vor.

Ebenso wie bei den deutschen handelt es sich bei den lateinischen Titeln häufig um

Bibelzitate oder Anspielungen auf den Vulgatatext – beispielsweise die oben bereits

erwähnte Schöpfungsgeschichte DIES UNUS von Rudolf Kelterborn, Felicitas Kukucks

Passionsoratorium ECCE HOMO132 oder das den Heiligen Geist akklamierende Pfingst-

oratorium SPIRITUS INTELLIGENTIAE, SANCTUS von Ernst Krenek. Andere übernehmen Zeilen

aus mittelalterlichen Hymnen, Liedern oder Gebetstexten, wie Ingmars Zemzaris’ O VIRGA

AC DIADEMA, das eine Zeile aus einem im Oratorium verwendeten Lied von Hildegard von

Bingen zitiert, oder Axel Ruoffs programmatischer Titel CREDO.

Oft sind die lateinischen Titel Zusammenstellungen mit den alten Gattungsbezeichnun-

gen „Oratorium“ und „Passio“. Hierher gehören Matthias Bonitz’ ORATORIUM EVANGELIUM und

ORATORIUM BENEDICTINUM, Kurt Rapfs PASSIO AETERNA, Waldemar Blochs PASSIO DOMINI ; ferner

auch Otto Jochums CANTICA SACRA. Ganz freie lateinische Titel tragen Walter Gieselers UNIO

MYSTICA, Günter Beckers MAGNUM MYSTERIUM sowie César Bresgens LUMEN (DER BLINDE) und DE

TEMPORE. Bei diesen Titeln gilt auch, was oben zur Verwendung christlicher Symbolik

gesagt wurde: Gieseler und Becker gemahnen an das „Geheimnis des Glaubens“, das

„Mysterium Dei“ bzw. „Mysterium Christi“; César Bresgen greift auf die Lichtsymbolik

zurück bzw. spielt auf das „Omnia tempus habent“ des Prediger-Textes133 an.

Nur drei lateinische Oratorientitel verwenden keine christlichen Texte und Motive. Zwei

davon greifen auf klassische lateinische Autoren zurück: Daniel Glaus’ SUNT LACRIMAE

RERUM zitiert Vergils AENEIS134, Helmut Eder/Herbert Vogg verwenden in NON SUM QUALIS ERAM

eine Zeile aus den Oden des Horaz135. Johannes Driesslers GAUDIA MUNDANA ist, wie der

Titel nahe legt, eines der wenigen gänzlich unreligiösen, so genannten weltlichen136

Oratorien: es schildert eine mittelalterlich-bacchantisch anmutende Suche nach dem

Sinn des Lebens in Wein, Weib und Gesang.

Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Sprache des Titels und der des Oratorien-

textes besteht übrigens nicht. Ebenso wie die eben genannten Werke zwar einen latei-

132 vgl. Johannes 19, 5: „Exiit ergo Iesus foras, portans spineam coronam et purpureum vestimentum. Et dicit eis: ‘Ecce homo!‘.“ – „Und Jesus kam heraus und trug die Dornenkrone und das Purpurgewand. Da sagte Pilatus zu ihnen: Seht, welch ein Mensch!“

133 Prediger 3, 1: „Omnia tempus habent, et momentum suum cuique negotio sub caelo.“ – „Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.“

134„Sunt lacrimae rerum et mentem mortalia tangunt.“ – „Tränen rinnen dem Leid, ans Herz rührt sterbliches Dasein“. Vergilius, Aeneas, I. 462; vgl. Vergil 1980

135 „Ich bin nicht, der ich einst war.“ Horaz, Carmina 4,1,3; vgl. Horaz 1981

136 zur Problematik des Begriffs vgl. Abschnitt 2.3.4, S. 74ff

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nischen Titel, jedoch einen überwiegend deutschsprachigen Text haben, so gibt es auch

Oratorien mit deutschem Titel, aber lateinischem Text. Als Beispiel sei die „Oratorische

Szene nach dem Text der Vulgata“ ISAAKS OPFERUNG von Wolfgang Fortner genannt.

2.1.5 Fazit: christlich-biblische Bezüge im Titel

Nicht einmal ein Viertel der Titel lässt keinerlei Bezüge auf biblische Überlieferung und

christliches Gedankengut erkennen. In den meisten von ihnen schwingt dennoch ein

hoher moralisch-philosophischer Anspruch mit. Einige spielen auf existenzielle Fragen

und Erfahrungen oder Grenzsituationen an (z. B. Rainer Kunad: STIMMEN DER VÖLKER , Heinz

Martin Lonquich/Klaus Lüchtefeld: AUF DEM RAND DER MAUER, Roland Löbner: TITANIC, Daniel

Glaus: HÜLLEN DES ABGRUNDS ). Nur wenige der betrachteten Oratorien (nicht einmal 10 %),

wie DIE KITSCHPOSTILLE von Rainer Kunad oder DIE STADT HINTER DEM STROM von Hermann

Kasack, haben völlig neutrale beschreibende Titel, in denen sich keine weltanschaulich-

religiöse Botschaft andeutet.

Durch die zahlreiche Anspielungen auf die Bibel und christliches Gedankengut oder den

Hinweis auf existenzielle Fragestellungen wird die durch die Gattungsbezeichnung

hergestellte Rezeptionserwartung, es mit einem geistlichen Werk mit hohem moralischen

Anspruch zu tun zu haben, noch verstärkt.

Umgekehrt aber bedeutet ein Titel mit starken

biblischen Bezügen nicht, dass es sich bei dem

so bezeichneten Werk um ein Oratorium han-

delt. Literarische Werke, die bei Oratorien wie

Gerhard Schedls DER GROßINQUISITOR (nach

Dostoevskij) oder Rainer Kunads STIMMEN DER

VÖLKER (nach Herder) titelgebend sind, könnten

ebenso in einer Oper, einer Kantate oder einer

anderen Vokalgattung adaptiert werden. Auch

können alttestamentliche Namen genauso gut

eine geistliche Oper betiteln wie ein Oratorium -

man denke beispielsweise an Arnold Schönbergs

geistliche Oper MOSES UND ARON. Zudem lassen

sich zahlreiche Werke anführen, hinter deren

Titel sich ohne weiteres ein Oratorium verbergen könnte, die jedoch anderen Gattungen

angehören. Die OSTERGESCHICHTE von Helmut Barbe beispielsweise ist als Kantate veröffent-

licht. Von Hans Georg Bertram liegt sogar eine Sinfonie mit dem Titel DIE SELIGPREISUNGEN

Anzahl

Namensnennung 70

Biblische Namen 44

Nicht-biblische Namen aus religiösem Kontext 13

Sonstige Namen 13

Bibelepisoden allgemein 74

Direkte Nennung und

Aufführungsanlass 49

Motive, Zitate, Orte 25

Christlich konnotierte Symbolik 50

Fremdsprachen 24

Titel ohne christlichen Bezug 40

gesamt 165

Tabelle 3: Titelgebung

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vor. Richard Rudolf Klein bezeichnet seine Weihnachtsgeschichte DAS ERFUHR ICH UNTER

MENSCHEN als „Sinfonia sacra“. Von Kurt Hessenberg, Karl-Michael Komma und Ernst

Pepping gibt es jeweils eine WEIHNACHTSGESCHICHTE ohne Gattungsangabe, die auf Vorbilder

Hugo Distlers und Kurt Thomas’ zurückzuführen sind, die sich wiederum an alte

Vokalgattungen des 17. und 18. Jahrhunderts anlehnen.

Schließlich gibt es noch zahlreiche Werke, die dem Oratorium sicherlich nahe stehen,

deren Komponisten sich jedoch in ihrer Titelwahl bewusst einer traditionellen Gattungs-

zuweisung verweigern. Wilfried Hiller bezeichnet seinen IJOB als „Monodram“, Helmut

Zapf seine LILITH als „Kammermusik in Bildern“, und Gerhard Wimberger schreibt mit

MEMENTO VIVERE „Gesänge vom Tod“.

Dass solche Werke in der musikwissenschaftlichen Forschungsliteratur gerne auch als

Oratorien angesehen und behandelt werden, zeigt, dass ein entsprechend gewählter Titel

eine ähnliche Rezeptionshaltung erzeugt wie die Gattungsbezeichnung „Oratorium“,

auch wenn dies streng genommen für eine Gattungszuordnung nicht ausreicht. Im

Idealfall verstärken Titel und Gattungszuweisung gegenseitig die Rezeptionserwartung

des Hörers bzw. Lesers.

Es lässt sich also festhalten, dass ein christlich-biblisch konnotierter Titel allein keine

Gattungszuordnung ermöglicht. Die Bestandsaufnahme der Titel zeigt jedoch, dass das

Oratorium im 20. Jahrhundert als überwiegend geistliche Gattung begriffen wird, und

die Kombination aus Gattungszuweisung und Titel dementsprechend die Erwartung des

Rezipienten lenkt.

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2.2 VARIATIONEN DER GATTUNGSBEZEICHNUNG

Dass die meisten untersuchten Oratorien einen Untertitel tragen, der in etwa „Oratorium

für Soli, Chor und Orchester“ lautet, oder aber die Bezeichnung „Oratorium“ bereits im

Titel verwenden, ist nicht verwunderlich; schließlich war genau das mein Auswahl-

kriterium. Häufig jedoch variieren die Komponisten die Gattungsbezeichnung und setzen

dadurch eigene, neue Akzente.

2.2.1 Kammeroratorium

Die häufigste Variante stellt die Gattungsbezeichnung „Kammeroratorium“ dar. Sie

kommt vierzehn Mal vor: z. B. Helmut Barbe 1648, Augustinus Franz Kropfreiter

ALTDORFER-PASSION, Wolfgang Nening EIN ANDERES HOHELIED, Horst Ebenhöh VON DER HOFFNUNG,

Heinz Kratochwil DIE ERSCHAFFUNG DER WELT. Wenn man die fünf separat erschienen Teile

von Fritz Büchtgers WEIHNACHTSORATORIUM

137 einzeln zählt, werden sogar 18 Werke als

Kammeroratorium bezeichnet.

Diese Gattungsvariante weist in der Regel auf eine verkleinerte Besetzung hin. Statt

eines vollen Orchesters kommt stets nur ein Instrumentalensemble zum Einsatz. Dieses

kann sehr unterschiedlich aussehen: Es reicht von sieben solistisch besetzten Einzel-

instrumenten bei Wolfgang Nening über 11 bzw. 12 Instrumente bei Augustinus Franz

Kropfreiter und Frederik Schwenk bis hin zu einem kleinen Orchester mit Streichern,

Oboen und Flöten bei Fritz Büchtger und der sicherlich lautstarken Besetzung mit Flöte,

Saxophon, Klarinette, Fagott, Streichern, Akkordeon, Pauken und Schlagwerk bei

Helmut Barbe.

Bei den Texten lassen sich jedoch keine nennenswerte Unterschiede zu den nicht als

Kammeroratorien bezeichneten Oratorien ausmachen.

2.2.2 Rock-, Pop-, NGL-Oratorium

Ebenfalls primär auf Unterschiede in der musikalischen Gestaltung verweisen Bezeich-

nungen wie Rock-, Pop- oder NGL-Oratorium. „Rockoratorium“ nennen sich DANIEL und

EMMAUS von Thomas Gabriel und Eugen Eckert, GOLGATHA von Friedel Berlipp sowie CHRIST

UND ANTICHRIST von Hans Posegga, Chrysostomus Giner und Walter Schneider. Zu den

137 Die Verkündigung, Maria und Elisabeth, Die Geburt, Drei Könige, Simeon

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„Pop-Oratorien“ gehören THOMAS DER ZWEIFLER von Peter Bubmann und Wolfgang Töllner,

UNTERWEGS von Helmut Hoeft und Wolfgang Fietkau sowie EWIGKEIT FÄLLT IN DIE ZEIT von

Helmut Jost und Johannes Nitsch. Die Bezeichnung „NGL-Oratorium“ findet sich bei

Gregor Linßens DIE SPUR VON MORGEN.

Die Rock-, Pop- und NGL-Oratorien unterscheiden sich jedoch nicht nur durch die

verwendeten musikalischen Formen und die Besetzung (meist mit Band) von anderen

Oratorien. Auch die kulturellen, soziologischen und kommerziellen Rahmenbedingungen,

die in Abschnitt 1.2.3 ausgeführt wurden, kommen zum Tragen. Auf den Text wirkt sich

dabei vor allem die deutlichere missionarische Funktion aus, die auf ein kollektives

Glaubenserlebnis abzielt. Songs, die sich durch gereimte Strophen und eine leicht

verständliche, eingängige, zeitgemäße Sprache auszeichnen, laden zum Mit- und

Nachsingen ein. Oft gibt es einen Refrain, der nach jeder Strophe wiederholt wird.

Rezitative und Arien kommen nicht vor, sondern werden durch solistisch vorgetragene

Songs ersetzt, die sich mit gemeinsamen Liedern abwechseln. Bisweilen sind die Songs

in eine Bibelerzählung eingebettet oder werden durch biblische und andere Texte

verbunden, die von einem Sprecher vorgetragen werden.

2.2.3 Szenisches Oratorium und Oratorische Szenen

Die nach Kammeroratorium häufigsten Gattungsvarianten sind die Bezeichnungen

„Szenisches Oratorium“ (neun Werke) und „Oratorische Szenen“ (sieben Werke).

Die szenischen Oratorien, wie Heinz Wunderlichs MARANATHA und Horst Ebenhöhs VIRATA,

zeichnen sich erwartungsgemäß durch eine stark dramatisierte Handlung aus. Einige

enthalten auch Regieanweisungen für eine mögliche szenische Aufführung. Das Gleiche

trifft auf diejenigen Werke zu, deren Gattungsbezeichnungen auf die Oper oder das

Drama anspielen, wie z. B. Henning Frederichs „biblische Sensopera“ PETRUS oder das

„Oratorisches Musikdrama“ GILGAMESCH von Alfred Uhl und Andreas Liess, so dass diese

auch zum szenischen Oratorium gerechnet werden können.

Anders als bei diesen szenischen Oratorien ist bei den Oratorischen Szenen eine

szenische Inszenierung keineswegs vorgesehen und im Text nicht mit angelegt. Diese

Gattungsvariante – zu finden u. a. bei Günther Beckers MAGNUM MYSTERIUM, Wolfgang

Stockmeiers JEFTA UND SEINE TOCHTER sowie Georg Katzers und Christa Wolfs MEDEA IN

KORINTH – betont vielmehr die Diskontinuität der meist nur noch fragmentarisch

vorhandenen Handlung. Bei Stockmeier ist die Handlung reduziert auf die wesentlichen

Schlüsselszenen; der Handlungszusammenhang erschließt sich dem Leser bzw. Hörer

jedoch problemlos, auch wenn er die zugrunde liegende alttestamentliche Geschichte

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nicht kennt. Otfried Büsings LICHT DER ENGEL und Günther Beckers MAGNUM MYSTERIUM

stellen dagegen Extremformen dar: Die Handlung bzw. das zugrunde liegende Ereignis –

Weihnachten bzw. Ostern – werden als bekannt vorausgesetzt und werden nur noch

indirekt referiert; sie dienen als Folie, vor der sich die Botschaft des Librettos entwickelt.

2.2.4 Individuelle Bezeichnungen

Neben den bereits genannten Gattungsbezeichnungen gibt es vereinzelt weitere Varian-

ten, die nicht als Untergattung, sondern ausschließlich als Ausdruck eines individuellen

Werkkonzepts anzusehen sind. Zu nennen sind hier das „epische Oratorium“ DER TOD DES

AGAMEMNON von Robert Blum, das keineswegs Fragment gebliebene „fragmentarische

Oratorium“ DIES UNUS von Rudolf Kelterborn, das „Oratorium Rituale“ AUF DEM RAND DER

MAUER von Heinz Martin Lonquich und Klaus Lüchtefeld, und die ironisch-persiflierende

Gattungsbezeichnung „Oratorio vulgare e militare“ von Hans Werner Henze und Ernst

Schnabel für DAS FLOß DER MEDUSA .

Etliche Komponisten variieren die Gattungsbezeichnung durch Kombinationen mit

anderen musikalischen Gattungsbezeichnungen, wie „Sinfonisches Oratorium“ (Armin

Schibler: MEDIA IN VITA), „Oratorische Gesänge“ (Walter Gieseler: UNIO MYSTICA) oder „Canto

sinfonico (Oratorium)“ (Hans Ulrich Engelmann: STELE FÜR GEORG BÜCHNER). Solche hybriden

Gattungsbezeichnungen signalisieren, dass einerseits der Kontext der traditionellen

Gattung nicht vollständig verworfen wird, andererseits bestimmte Aspekte stärker als

üblich hervortreten oder neu hinzukommen, und so der Rahmen der Gattung Oratorium

erweitert oder gesprengt wird.

Nahezu ungebräuchlich ist die Gattungsbezeichnung „weltliches Oratorium“.

Zuverlässige Nachweise gibt es nur für Johannes Driesslers und Bettina Brix’ GAUDIA

MUNDANA, das als „weltlich-heiteres Oratorium“ untertitelt ist, Roland Löbners TITANIC

sowie Hans Kraus-Hübners und Reinhard Knodts ZEITENWENDEN.

2.2.5 Fazit: Untergattungen des zeitgenössischen Oratoriums

Im kollektiven Sprachgebrauch der Komponisten finden sich folglich vier Bezeichnungen,

die als Untergattungen angesehen werden könnten: Kammeroratorium, Rock-/Pop-/

NGL-Oratorium, szenisches Oratorium und oratorische Szenen. Im Fall des Kammer-

oratoriums ist das einzige Unterscheidungsmerkmal ein musikalisches (Besetzung). Beim

NGL-/Rock-/Pop-Oratorium spielen musikalische und soziologische Kriterien eine Rolle,

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die sich jedoch auch im Text niederschlagen. Das szenische Oratorium hat einen in

hohem Maße dramatischen Text, der – im

Unterschied zum ‚normalen‘ Oratorium –

Regieanweisungen etc. enthält. Hingegen

sind Oratorische Szenen keineswegs zur

Aufführung bestimmt, sondern die Gat-

tungsvariante ist Ausdruck eines be-

stimmten Form- und Gestaltungsideals.

Die meisten Komponisten verzichten je-

doch auf eine weitere Spezifizierung und

geben sich mit der allgemeinen Gattungsbezeichnung „Oratorium“ zufrieden.

Anzahl %

Oratorium ohne Zusatz 114 69 %

Kammeroratorium 14 8 %

NGL, Rock, Pop 6 4 %

Szenisches Oratorium 8 5 %

Oratorische Szenen 7 4 %

Individuelle Bezeichnungen 13 8 %

weltliches Oratorium 3 2 %

Tabelle 4: Gattungsvarianten

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2.3 SUJETS DES ORATORIUMS FRÜHER UND HEUTE

Traditionell stammt der überwiegende Teil der Stoffe für Oratorien aus der Bibel und den

Heiligenlegenden. Selbst als im 19. Jahrhundert die gottesdienstliche und konfessionelle

Prägung des Oratoriums immer mehr schwindet und sich das Oratorium vollständig als

Gattung des bürgerlichen Konzertwesens, als geistliches Gegenstück zur Sinfonie,

etabliert, bleibt die Vorherrschaft biblischer Stoffe erhalten.138 Jedoch ergeben sich in

dieser Zeit einige stoffliche Erweiterungen und Verschiebungen, die wiederum für die

Oratorienlibrettistik des 20. Jahrhunderts vielfach als wegbereitend anzusehen sind.

Die meisten Oratorien schöpfen im 19. Jahrhundert aus dem Stoffkreis der Bibel und

den Heiligenlegenden. Das Neue Testament spielt dabei eine größere Rolle als das Alte.

Eine erhebliche Anzahl neutestamentlicher Oratorien bezieht sich auf die wichtigen Feste

des Kirchenjahres: Weihnachten, Passionszeit, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten;139

auffällig ist jedoch die Abnahme von Oratorien zur Passion Jesu im 19. Jahrhundert

gegenüber früheren Jahrhunderten.

Als eigenständiger Typus entwickelt sich im 19. Jahrhundert unter dem Einfluss von

Händels MESSIAS und der gleichnamigen Dichtung Klopstocks das sogenannte „Christus-

Oratorium“140, das „die Person und das Wirken Christi unabhängig von einem kirchen-

zeitlichen Denken konzeptionell und dichterisch reflektiert“141. Oft verbinden Christus-

Oratorien die wichtigsten Lebensstationen Jesu und beziehen sich nicht mehr auf ein

einzelnes Kirchenfest. Die Wahl der Schwerpunkte und die Ausarbeitung ist jedoch im

Einzelfall sehr unterschiedlich.142

Die übrigen Stoffe aus dem Neuen Testament schöpfen aus einem kleinen Kreis von

Figuren: in erster Linie sind dies Johannes der Täufer, Judas, Maria, Paulus und

Petrus.143 Oratorien zur Apokalypse finden sich überwiegend aus den ersten Jahrzehnten

des 19. Jahrhunderts; einen erneuten Aufschwung erfährt dieses Sujet an der Schwelle

zum 20. Jahrhundert.144

138 vgl. Massenkeil 1999, S. 111

139 vgl. Smither 2000, S. 90, Massenkeil 1999, S. 123

140 vgl. Massenkeil 1999, S. 123f, Smither 2000, S. 94

141 Massenkeil 1999, S. 124

142 vgl. Massenkeil 1999, S. 124

143 vgl. die Aufstellung bei Smither 2000, S. 95f., sowie Massenkeil 1999, S. 124

144 vgl. Massenkeil 1999, S. 125; Smither 2000, S. 97

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Größer ist im 19. Jahrhundert die Bandbreite der auf alttestamentlichen Stoffen

beruhenden Oratorien. Auffällig häufig steht die Figur des Moses im Mittelpunkt; auch

die Erzählungen von Saul und David, Abraham und Isaak sowie von Noah und der

Sintflut sind beliebte Stoffe.

Mit dem Schwinden der konfessionellen Prägung des Oratoriums verlieren im Laufe des

19. Jahrhunderts hagiographische Stoffe an Bedeutung. Dieser Rückgang wird jedoch

ausgeglichen durch die Entwicklung des so genannten „weltlichen“ Oratoriums145. Neben

Personen der Religionsgeschichte wie Martin Luther werden zunehmend historisch

wichtige Persönlichkeiten und nationale Helden in den Mittelpunkt gerückt.146 Diese

Entwicklung mündet im 20. Jahrhunderts vereinzelt in eine neue konfessionelle Akzen-

tuierung, indem schließlich auch bedeutendere Persönlichkeiten aus der neueren Reli-

gionsgeschichte wie Dietrich Bonhoeffer zu Hauptpersonen eines Oratoriums gemacht

werden.147 Die Ausgestaltung des biographischen Stoffes und die musikalische und

textliche Behandlung der Hauptfigur unterscheiden sich bei diesen Oratorien nicht

prinzipiell von denjenigen, die Heilige in den Mittelpunkt rücken. Man kann also sagen,

dass das hagiographische Oratorium nicht schwindet, sondern eine stoffliche Verschie-

bung und Ausweitung erfährt von katholisch-christlichen Heiligen hin zu (in der Regel

ähnlich wie Heilige moralisch legitimierten) Vorbildern.

Bei Günter Massenkeil findet sich eine tabellarische Aufstellung der wichtigsten Orato-

riensujets im18. und 19. Jahrhundert.148 Der direkte Vergleich mit dem 20. Jahrhundert

ist zwar nur bedingt möglich, weil Massenkeil keine klaren Kriterien für die Klassifizie-

rung eines Werkes als Oratorium angibt.149 In erster Annäherung zeigt sich dennoch,

dass sich vom 19. zum 20. Jahrhundert nur geringfügige stoffliche Verschiebungen

ergeben; sie sind allemal weniger auffällig als vom 18. zum 19. Jahrhundert.

145 Zum Begriff des weltlichen Oratoriums und seiner Problematik siehe auch Abschnitt 2.3.4, S. 74ff.

146 z. B. Max Bruch Gutenberg, Achilleus, Odysseus, Arminius u. a.

147 vgl. Massenkeil 1999, S. 125f.; Smither 2000, S. 103ff.

148 Massenkeil 1999, S. 122

149 vgl. Kapitel 1, insbesondere S. 22

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Dabei fällt vor allem die Zunahme religionsgeschichtlicher und hagiographischer Sujets

sowie die von Weihnachts-, Auferstehungs-, Himmelfahrts- und Pfingstoratorien im

20. Jahrhundert ins Auge. Die Zahl der Christusoratorien und derer zu anderen Stoffen

des Neuen Testaments bleibt weitgehend stabil. Einbußen finden sich bei den Passions-

oratorien151, den alttestamentlichen Stoffen, bei den nicht näher einzuordnenden

religiösen Themen und bei den weltlichen Sujets. Der geringere Anteil weltlicher Orato-

rien ist allerdings sicherlich zumindest zum Teil auf die verschiedenen Auswahlkriterien

für die untersuchten Werke zurückzuführen.

Dieser Befund steht in deutlichem Widerspruch zu dem Smithers, der zwar auch

feststellt, dass wie im 19. Jahrhundert sich Stoffe aus dem Neuen Testament größerer

Beliebtheit erfreuen als aus dem Alten Testament und die Heiligenlegenden weiter

nachlassen, dann jedoch einschränkt:

Most oratorios of the twentieth century, however, have librettos on subjects of a type rarely encountered earlier. These include non-religious political, patriotic, and nationalistic themes, and subjects based on literary works, mythology or legend (exclusive legends of saints), historical events, and texts expressing philosophical or

150 Die Zahlen für das 18. und 19. Jahrhundert sind der tabellarischen Aufstellung in Massenkeil 1999, S. 125 entnommen. Für das 20. Jahrhundert wurden neben den 74 Oratorien, deren Libretti vorlagen, 46 weitere Werke berücksichtigt, für die Informationen über den Inhalt – z. B. aus Rezensionen oder Verlagskatalogen – verfügbar waren.

151 Wenn man oratorische Passionen berücksichtigt, die die Bezeichnung „Passion“, nicht aber „Oratorium“ tragen, sieht das Bild natürlich ein wenig anders aus. Dazu zählen Stücke wie Wolfgang Rihms Lukas-Passion Deus Passus. Passions-Stücke für Soli, Chor und Orchester, Johannes Matthäus Michels „Passionsszene“ Kreuzigung oder Volker David Kirchners „Passionsmusik“ Aus den 53 Tagen. Anders als in den Publikationen Massenkeils wurden sie in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt. Dennoch ist der direkte Vergleich mit Massenkeils Ergebnissen an dieser Stelle möglich, denn in seiner tabellarischen Aufstellung nimmt er die oratorischen Passionen explizit aus.

Sujet-Anteil in % 1945-2000 19. Jh. 18. Jh.

Neues Testament 46,3 % 41,6 % 62,6 %

Christi Passion (ohne oratorische Passionen) 9,0 % 11,3 % 32,5 %

Christi Geburt 7,5 % 5,0 % 11,4 %

Christi Auferstehung, Himmelfahrt, Kommen des Heiligen Geistes

8,2 % 4,5 % 8,9 %

Messianische u. a. Christusdarstellungen 7,5 % 7,4 % 1,6 %

Andere Sujets aus dem Neuen Testament, Endzeit und Jüngstes Gericht

14,2 % 13,4 % 8,2 %

Altes Testament 19,4 % 23,2 % 20,4 %

Religionsgeschichte, Hagiographie 14,9 % 8,7 % 3,2 %

Andere religiöse Themen 6,0 % 9,0 % 11,4 %

Weltliche Sujets 13,4 % 17,6 % 1,6 %

Tabelle 5: Sujets des Oratoriums im Vergleich150

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religious ideas that are not exclusively Jewish or Christian but broadly humanistic.152

Zu einer nicht ganz so extremen Einschätzung kommt Massenkeil. Er sieht nach dem

Zweiten Weltkrieg zunächst einen Rückgang, im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts

dann wieder einen Anstieg geistlicher Stoffe. Dies leuchtet ein, wenn man – wie

Massenkeil es explizit tut – nur die sehr wenigen Oratorien der „auch in anderen

Schaffensbereichen prominenten Komponisten berücksichtigt“153: Diese neigen tat-

sächlich dazu, sich stofflich-thematisch von der Tradition zu distanzieren und neue

Stoffe für das Oratorium nutzbar zu machen. Andererseits muss natürlich berücksichtigt

werden, dass zumindest Smither nicht nur den deutschsprachigen Raum im Blick hat

und insbesondere auch das Oratorium in sozialistischen Staaten in seine Untersuchun-

gen einbezieht. Wenn man aber von den sozialistischen Oratorien der DDR absieht, die

in dieser Arbeit nicht berücksichtigt wurden, sind im deutschen Sprachraum nach 1945

rein weltliche Stoffe sogar eher seltener als im von starkem Nationalbewusstsein

geprägten 19. Jahrhundert.

2.3.1 Stoffe des Neuen Testaments

Nichts zeigt besser, wie sehr das Oratorium seiner Herkunft aus der geistlichen Musik

treu geblieben ist, als der überhaus hohe Anteil an Stoffen aus dem Neuen Testament: er

umfasst beinahe die Hälfte aller Oratorien.

PASSION

Das führende Einzelthema ist nach wie vor die Passionsgeschichte, wenn auch nicht

mehr so stark wie im 18. Jahrhundert: Insgesamt konnten für das 20. Jahrhundert zwölf

Oratorien nachgewiesen werden, die die Leidensgeschichte Jesu behandeln. Von acht

Werken lagen die Libretti vor. Der größte Teil von ihnen ist textlich überwiegend traditio-

nell gestaltet. Waldemar Blochs PASSIO DOMINI und Rupert Gottfried Friebergers MYSTERIUM

CRUCIS beispielsweise verbinden die synoptisch aus den Evangelien zusammengestellte

Passionserzählung mit Choralpassagen und Gedichten. Auch Henning Frederichs folgt in

seiner PASSIONSERZÄHLUNG DER MARIA MAGDALENA der traditionellen Abfolge von Rezitativ, Arie

und Choral, wobei er sich der Spiegelfigur Maria Magdalena für die Schilderung des

152 Smither 2000, S. 632f.

153 Massenkeil 1999, S. 287

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Geschehens bedient. Eigenständigere Werkkonzeptionen lassen Matthias und Hartwig

Drudes STATIONEN DER PASSION JESU und Anton Vögeles PASSION erkennen.

Bemerkenswert ist die häufige Verknüpfung der Passionserzählung mit dem Holocaust.

Fünf Oratorien zur Passion begreifen die Leidensgeschichte Jesu als exemplarisch für

Leidensgeschichten ihres Jahrhunderts. Die Passion Jesu wird dazu bisweilen mit der

Leidensgeschichte einzelner Personen gleichgesetzt, die wiederum Stellvertreter der

Verfolgten und Unterdrückten des Nationalsozialismus sind. Margret Johannsen und

Felicitas Kukuck ziehen in ECCE HOMO eine Parallele zwischen der Passionsgeschichte und

der des polnischen Waisenhausarztes Janusz Korczak, der sich mit seinen jüdischen

Schützlingen nach Auschwitz deportieren ließ. Kurt Rapf montiert in PASSIO AETERNA die

Passionsgeschichte mit dem Leidensbericht des in Dachau inhaftierten luxemburgischen

Pfarrers Jean Bernard.

Andere stellen direkt den leidenden Juden Jesus in den Mittelpunkt und ziehen eine

Verbindung zum Leiden des jüdischen Volkes allgemein, wie Anton Vögele in seiner

PASSION. Bei ihnen steht das Leiden und Sterben Jesu als Sinnbild dessen, was Menschen

anderen Menschen antun können.

WEIHNACHTEN

Das nach der Passionsgeschichte beliebteste Sujet ist die Weihnachtsgeschichte mit zehn

nachweisbaren Werken. Von der Hälfte lagen die Libretti vor.

Bei den Weihnachtsoratorien lässt sich eine Tendenz erkennen, die Beate Gritsch und

Heinrich Schmidinger auch für literarische Weihnachtserzählungen des 20. Jahrhun-

derts ausgemacht haben:

Die modernen Schriftsteller und Schriftstellerinnen empfinden die Notwendigkeit, die Geschichten neu zu erzählen, damit sie unter dem Druck der Kommerzialisie-rung und Idyllisierung nicht in Vergessenheit geraten, wir können auch sagen: damit das Kind nicht stirbt und damit der eigentliche Kern der biblischen Geschichten wieder zu Realität wird.155

Giselher Klebe bewerkstelligt dies in seinem WEIHNACHTSORATORIUM, indem er nicht mehr

die Lukassche Weihnachtsgeschichte in den Mittelpunkt stellt, sondern eine Weih-

nachtserzählung von Heinrich Böll, DIE KUNDE VON BETHLEHEM. Diese Erzählung wird

„spiralförmig ... umgeben mit den erregend aktuellen Prophezeiungen des Propheten

Jesaja und Gedichten unserer Zeitgenossen Rudolf Alexander Schröder, Peter Härtling

155 Beate Gritsch, Heinrich Schmidinger: „Geboren in Bethlehem“, in Schmidinger 1999 Bd. 1, S. 435f.

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und Ernst Wiechert“156, die wiederum als „Interpretationen der Liebe“157 aufgefasst

werden.

Otfried Büsing entzaubert die Weihnachtsgeschichte auf seine Weise, indem er dem

Bibelbericht aus Lukas 2, 1-14 eine Schilderung menschlichen Elends folgen lässt, die

aus verschiedenen biblischen und volkstümlichen Quellen montiert ist. Dadurch tritt die

eigentliche Verheißung, die in Büsings Auffassung ja gerade den Armen und Erniedrigten

gilt,158 stärker hervor. Die Engelserscheinung wird vom Kitsch befreit, indem mit dem

eingeschobene Rilke-Zitat „Alle Engel sind schrecklich...“ auch ihre bedrohliche Seite

gezeigt wird.159

OSTERN

Bei den Osteroratorien konnten acht Werke nachgewiesen werden; auch hier lag von der

Hälfte das Libretto vor. Dabei fällt auf, dass nicht nur der traditionelle Titel „Oster-

oratorium“ selten geworden ist,160 sondern dass auch die dazugehörige Bibelgeschichte

nur noch ein einziges Mal erzählt wird (Marcel Rubin: AUFERSTEHUNG ). Bei zwei Oster-

oratorien, nämlich Günther Beckers MAGNUM MYSTERIUM und Oskar Gottlieb Blarrs WENN DU

AUFERSTEHST – WENN ICH AUFERSTEH’, geht es weniger um den eigentlichen Bericht von der

Auferstehung Jesu als vielmehr um das damit verbundene christliche Heilsversprechen,

das in individueller Weise aufgearbeitet wird. Bei Rubin nimmt überdies die Entsendung

der Jünger161 einen fast gleichwertigen Stellenwert ein wie der Bericht von der Auferste-

hung, so dass auch hier eine thematische Erweiterung gegenüber dem Osteroratorium

früherer Jahrhunderte festzustellen ist.

HIMMELFAHRT UND PFINGSTEN

Gegenüber den Osteroratorien deutlich geringer vertreten sind Pfingst- und

Himmelfahrtsoratorien. Das einzige mir bekannte Himmelfahrtsoratorium stammt von

Fritz Büchtger (DIE HIMMELFAHRT CHRISTI ); das Libretto lag leider nicht vor. Pfingstoratorien

gibt es ebenfalls von Fritz Büchtger (PFINGSTEN ) sowie von Violeta Dinescu

(PFINGSTORATORIUM ). Der erste Teil von Ernst Kreneks „Pfingstoratorium“ SPIRITUS

156 Giselher Klebe: „Mein Weihnachtsoratorium“, im Booklet der CD-Veröffentlichung einer Aufnahme des WDR vom 7.12.1989 (s. auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)

157 Klebe, a. a. O.

158 vgl. Otfried Büsing: „Das Licht der Engel – Zur Einführung”, im Programmheft zur Uraufführung, Freiburg 9.12.2000 (s. auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)

159 vgl. Büsing, a. a. O.

160 vgl. auch Abschnitt 2.1.2

161 vgl. z. B. Johannes 20, 19ff.

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INTELLIGENTIAE, SANCTUS, der als einziger Teil des mehrteilig konzipierten Werks verwirklicht

wurde, behandelt nicht die Pfingstgeschichte, sondern den Turmbau zu Babel.162 Damit

folgt Krenek, wie auch Dinescu und viele andere Autoren des 20. Jahrhunderts, der

Auffassung, Babel und Pfingsten als einander sich komplementär ergänzende Ereignisse

anzusehen.163

CHRISTUS-ORATORIEN

Einige Oratorien, wie Wolfgang Stockmeiers JESUS, schildern Stationen des Lebens Jesu,

die Schlüsselelemente des christlichen Glaubens enthalten. Solche Oratorien lassen sich

zurückführen auf die „messianischen Christusdarstellungen“164, in denen nicht das

Leben Jesu, sondern die christliche Heilslehre im Vordergrund steht. Sie gehen auf das

Vorbild von Händels MESSIAS und des seit der Wende zum 19. Jahrhundert immer belieb-

teren kontemplativen Oratoriums zurück.

Zehn solcher Christus-Oratorien aus dem 20. Jahrhundert waren nachweisbar; von

sieben lagen die Libretti vor. Jedoch lässt sich auch hier eine inhaltliche Verschiebung

und Ausweitung feststellen. Mehr Oratorien als im 19. Jahrhundert lassen das Leben

Jesu vollständig in den Hintergrund treten und stellen die Kirchenfeste und die mit

ihnen verbundenen Aspekte des christlichen Glaubens in den Vordergrund, wie bei-

spielsweise AUF DEM RAND DER MAUER von Heinz-Martin Lonquich und Klaus Lüchtefeld.

Immer häufiger wird auch eine einzelne Geschichte oder ein Gleichnis aus den Evange-

lien herausgegriffen, um die herum eine Deutung der christlichen Botschaft entwickelt

wird. Zu diesen Oratorien gehören z. B. die Oratorien zur Bergpredigt (Axel Ruoff:

BERGPREDIGT, Joseph Haas: DIE SELIGEN, Felicitas Kukuck: DAS KOMMENDE REICH ) oder zu

einzelnen Gleichnissen (H.G. Bertram: DER REICHE MANN UND DER ARME LAZARUS ).

Andere stellen den messianischen Gedanken und die christliche Heilsbotschaft in einen

größeren Bezugsrahmen, der auch die Überlieferungen des Alten Testaments umfasst. So

beginnt EWIGKEIT FÄLLT IN DIE ZEIT von Helmut Jost, Johannes Nitsch u. a., das im Untertitel

als „Pop-Oratorium zur Christusgeschichte“ bezeichnet ist, mit der Schöpfung, berichtet

von Abraham, vom Auszug aus Ägypten und der babylonischen Gefangenschaft, bis „in

der Mitte der Zeit“165 Jesus erscheint. Der Schilderung von Jesu Geburt, Passion und

162 vgl. Leopold/Scheideler 2000, S. 397

163 Zur Verknüpfung von Babel und Pfingsten vgl. auch Georg Langenhorst: „Babel und Sodom allüberall“, in Schmidinger 1999 Bd. 1, S. 265-292, insbesondere Punkt 6 „Verbindung von babylonischer Sprachverwirrung und Pfingstsehnsucht“ (S. 285ff.). Im Pfingstgottesdienst der katholischen Kirche ist der Bericht vom Turmbau zu Babel übrigens ein gängiger Text für die Lesung aus dem Alten Testament.

164 Massenkeil 1999, S. 122, vgl. auch oben, S. 66f.

165 So lautet eine Zwischenüberschrift, vgl. Jost/Nitsch, Ewigkeit fällt in die Zeit

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Pfingstwunder folgt abschließend eine Reflexion über das Verhältnis von Mensch und

Gott in der heutigen Welt.

ANDERE PERSONEN UND STOFFE DES NEUEN TESTAMENTS

Es ist nicht verwunderlich, dass der weitaus größte Teil der auf neutestamentlichen

Stoffen beruhenden Oratorien sich um Leben und Lehren Jesu dreht. Doch spielen in

etlichen Oratorien auch andere Figuren des Neuen Testaments eine zentrale Rolle.

Henning Frederichs’ PETRUS, das zunächst vom Komponisten als „Biblische Sensopera“

bezeichnet, später dann in einer Textbuchausgabe als Oratorium veröffentlicht wurde,166

befindet sich in einer Zwischenstellung zwischen einem Christus- und einem Apostel-

oratorium. Zwar stehen der Lebensweg des Petrus, seine Gedanken und Reflexionen im

Mittelpunkt; die Schilderung des Wirkens Jesu nimmt aber einen fast ebenso großen

Raum und Stellenwert ein.

Oratorien zu einzelnen Aposteln oder zu anderen Themen aus der Apostelgeschichte sind

vor allem bei den Autoren von NGL- und Pop-Oratorien sehr beliebt: Von den insgesamt

14 Oratorien, die diesem Themenkreis zuzuordnen sind, stammen sechs aus dem

Sacropop- und NGL-Umfeld. Führend ist die Geschichte von der Bekehrung des Paulus

und Rückgriffe auf die Briefe des Apostels (fünf Oratorien). Aber auch die Geschichte von

Thomas dem Zweifler wird gerne verwendet, um die Nachfolge Jesu zu thematisieren.

Die Offenbarung des Johannes spielt – anders als in der autonomen Literatur des

20. Jahrhunderts167 – kaum eine Rolle. Smither nennt zwei Oratorien von Fritz Büchtger,

die vermutlich auf der Apokalypse beruhen (DER WEIßE REITER und DAS GLÄSERNE MEER). Da

jedoch keine Ausgaben ausfindig gemacht werden konnten, war auch die Gattungs-

zuordnung nicht nachprüfbar. Insofern konnten diese beiden Werke im Rahmen der

vorliegenden Arbeit nicht weiter berücksichtigt werden. Über zwei weitere Oratorien, die

sich im Untertitel auf die Offenbarung des Johannes beziehen, Daniel Glaus’ HÜLLEN DES

ABGRUNDS. ORATORIUM ÜBER DIE OFFENBARUNG DES JOHANNES und Rainer Kunads DAS NEUE

JERUSALEM, können ebenfalls keine weiteren Aussagen getroffen werden, da weder die

Libretti noch andere weiterführende Informationen aufzufinden waren.

166 vgl. die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2

167 vgl. dazu Karl-Josef Kuschel: „Apokalypse“, in Schmidinger 1999 Bd. 1, S. 543-568

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2.3.2 Stoffe des Alten Testaments

Gegenüber den neutestamentlichen Stoffen sind Sujets aus dem Alten Testament

deutlich seltener vertreten. Am häufigsten kommt dabei noch die Schöpfungsgeschichte

(sechs Oratorien) sowie der Turmbau zu Babel und das Buch Hiob (jeweils fünf Orato-

rien) vor; andere Stoffe, wie die Sintflut oder das Buch Jona, werden nur vereinzelt

verwendet.

SCHÖPFUNG

Die deutliche Vorherrschaft der Schöpfungsgeschichte (wie auch der Hiob-Erzählung) ist

sicherlich darauf zurückzuführen, dass sie besonders geeignet ist, den Zustand des

heutigen Menschen in der Welt und sein Verhältnis zu Gott zu reflektieren. Dement-

sprechend halten sich nur zwei Oratorien zu Schöpfung und Südenfall wörtlich an den

Bibeltext, nämlich Rudolf Kelterborns DIES UNUS und Harald Heilmanns DER SÜNDENFALL. Die

anderen hingegen nähern sich der Schöpfungsgeschichte aus der Perspektive eines von

naturwissenschaftlich-technischem Fortschritt und von ökologischen Katastrophen

gebeutelten Zeitalters, untersuchen ihre symbolische Aussagekraft und fragen, was

heute aus dieser Schöpfung geworden ist und wie der Mensch seiner Verantwortung für

diese Schöpfung wieder gerecht werden kann.168

Das „Schöpfungs-Oratorium“ DIE ERSCHAFFUNG DER WELT von Heinz Kratochwil und Sigrid

Schweiger fasst die Schöpfungsgeschichte dementsprechend nicht als „lächerliches

Ammenmärchen, längst von der Wissenschaft überholt“ auf, sondern als „genial-intuitive

Schau des Milliarden von Jahren beanspruchenden Schöpfungsvorgangs, zusammen-

gedrängt auf wenige Tage – nach göttlicher Zeitrechnung – und gesehen aus dem Blick-

winkel des irdischen Menschen“.169 So wird der Schilderung jedes Schöpfungstages eine

kurze Deutung aus heutiger Sicht mitgegeben.

Fredrik Schwenk hingegen erzählt in seinem – nur teilweise auf deutsch, zu weiten Teilen

in lateinischer Sprache abgefassten – DIES SEPTIMUS ausgehend vom siebten Tag des

Schöpfungsberichts eine Parabel, wie der Mensch die Schöpfung fortzusetzen versucht

und dabei scheitert.

SCHÖPFUNG von Krysztof Meyer und Gerhard Engelsberger nimmt ebenfalls nur für die

ersten beiden Abschnitte die biblische Schöpfungsgeschichte zur Grundlage. Davon

ausgehend beschäftigt es sich mit dem Schöpfungsgedanken in den verschiedenen

168 vgl. auch Abschnitt 2.4.3, S. 81ff.

169 Heinz Kratochwil: „Persönliche Gedanken zum Schöpfungs-Oratorium“, in Kratochwil/Schweiger, Die Erschaffung der Welt (siehe auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)

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Weltreligionen und dem Verhältnis zwischen Mensch und Schöpfung heute vor dem

Hintergrund dieser Religionen.

HIOB

Im Vergleich zu den sehr unterschiedlichen Schöpfungsoratorien sind die Oratorien zum

Buch Hiob einander ähnlicher. Eine augenfällige Gemeinsamkeit ist, dass alle schlicht

HIOB betitelt sind. Zwar verwenden Hermann Haller und Wolfram Wagner in ihren Orato-

rien ausschließlich Bibelzitate, wohingegen Henning Frederichs teilweise und Eugen

Eckert (Komponist: Jürgen Blume) nahezu vollständig paraphrasieren. Doch folgen sie

alle der biblischen Erzählung so weit, dass Hiobs Klage als auch die Reden seiner

Freunde zur Rechtfertigung Gottes im Mittelpunkt stehen. Der Kern des Disputs ist die

Frage, warum das Leid trotz Gottes Allmacht in der Welt ist, bzw. welchen Sinn es hat,

wenn es denn gottgewollt ist. Im 20. Jahrhundert erhält diese Frage neue Brisanz, und

darin liegt der Grund für die Beliebtheit des Hiob-Stoffs.170

BABEL

Drei Oratorien mit dem Titel DER TURMBAU ZU BABEL konnten nachgewiesen werden: von

Ernst H. Flammer, von Heinrich Gattermeyer und von Alfred Koerppen. Die Libretti

waren leider von keinem der drei aufzufinden. Der Turmbau zu Babel bildet auch die

Vorlage für Ernst Kreneks SPIRITUS INTELLIGENTIAE, SANCTUS und für Johannes Driesslers DE

PROFUNDIS. Letzteres schildert die Abwendung eines Volkes von Gott hin zu sündigem und

überheblichem Lebenswandel und die sich nach der Katastrophe einstellende Reue und

Bekehrung.

SONSTIGE

Andere Stoffe des Alten Testaments kommen nur vereinzelt vor. Die Geschichte von der

Sendung und Flucht Jonas ist Grundlage für Wolfgang Stockmeiers JONA und René

Clemencics REISE NACH NINIVEH. Stoffe aus den Prophetenbüchern verwenden auch Thomas

Gabriel und Eugen Eckert in DANIEL sowie Friedhelm Aufenanger und Peter Langen in

ELIAS, HOMO PSYCHOTICUS. Die Geschichte von Noah und der Sintflut schildern Rudolf

Kelterborn in DIE FLUT sowie János Tamás und Claudia Storz in NOAHS TOCHTER. Schließlich

sind bei den Stoffen des Alten Testaments noch zu nennen Wolfgang Stockmeiers JEFTA

UND SEINE TOCHTER, das die gleichnamige Erzählung von Lion Feuchtwanger vertont, sowie

Teile der HISTORIEN des selben Komponisten.

170 vgl. dazu auch Abschnitt 2.4.1, S. 77ff.

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Eine interessante Verbindung eines alttestamentlichen Stoffes mit aktuellen Zeitbezügen

schaffen Matthias Drude und Dietrich Mendt in ihrem auf dem Buch Esra beruhenden

Oratorium VON DEN MÜHEN DER HEIMKEHR, das am Beispiel des aus der babylonischen

Gefangenschaft zurückkehrenden Volkes Israel gesellschaftliche und kulturelle Probleme

thematisiert, die sich auch angesichts der deutschen Wiedervereinigung stellten.

2.3.3 Nicht-biblische Stoffe

HEILIGENLEGENDEN

Es erstaunt zunächst, dass ausgerechnet im säkularisierten 20. Jahrhundert der Anteil

der Oratorien, die auf Heiligen- und andere christliche Legenden zurückgreifen, gegen-

über früheren Jahrhunderten deutlich gestiegen ist. Dabei spielt sicherlich eine Rolle,

wie eng der Begriff der Legende gefasst ist, auf dem die Zuordnung der Oratorien beruht.

Doch selbst wenn man nur die im engeren Sinne hagiographischen Oratorien

berücksichtigt, also diejenigen, die tatsächlich auf einer Heiligenlegende beruhen, kommt

man auf mindestens sechs Werke, die zwischen 1945 und 2000 entstanden.

Die im engeren Sinne hagiographischen Oratorien entstehen häufig als Kompositions-

auftrag anlässlich eines Jubiläums oder eines besonderen Kirchenfestes. Zu diesen

gehört von Jutta Bitsch KUGEL IM LICHT (Text: Silja Walter) ebenso wie das nicht mehr in

den Untersuchungszeitraum fallende SR. MARIA EUTHYMIA der selben Komponistin (Text:

Gisbert Wellerdiek). Ersteres entstand auf einen Kompositionsauftrag des rheinland-

pfälzischen Kulturministeriums hin und beleuchtet verschiedene Stationen aus dem

Leben des Heiligen Benedikt.171 Das zweite wurde im Jahr 2002 anlässlich der Selig-

sprechung der Ordensschwester Euthymia in Münster uraufgeführt.172

Hagiographisch ist auch das Oratorium DER SCHREIN DER MÄRTYRER von Bertold Hummel und

Paul-Werner Scheele, das das Leben und Wirken des Heiligen Kilian beschreibt. Auch

VERENA DIE QUELLE von Carl Rütti und Silja Walter, JOVIAN DER SEHER von Rainer Kunad,

MARTIN VON TOURS – TEILEN STATT TÖTEN von Wolfram Graf und Dieter Hülle sowie DAS

SCHWEIGEN DES JOHANN VON NEPOMUK von Heinz Martin Lonquich und Cordelia Spaemann

erzählen das Leben und Wirken von Heiligen nach.

Auf einer nicht personenbezogenen christlichen Legende, nämlich der Legende vom

Kreuzesstamm, basiert DER BAUM DES HEILS von Thomas Daniel Schlee und Reinhard

171 vgl. Krombach 2002

172 vgl. dazu http://www.bistum-muenster.de

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Deutsch. Ebenfalls zu den auf einer christlichen Legende basierenden Oratorien zähle

ich Gerhard Schedls DER GROßINQUISITOR. Die Vorlage stammt aus Fёdor Dostoevskijs

Roman DIE BRÜDER KARAMAZOV. Einer der drei Brüder, Ivan Karamazov, erzählt dort die

(fiktive) Legende vom Großinquisitor, in der Christus das Spanien der Inquisition auf-

sucht.173 Die Gegenüberstellung des hasserfüllten, verbohrten Großinquisitors mit einem

sanftmütigen, liebenden Christus ist also eigentlich keine echte Legende, sondern ein

Stück Weltliteratur des 19. Jahrhunderts. Sie hat jedoch unabhängig vom Roman weite

Bekanntheit erlangt und wird, aus dem Kontext gerissen, häufig als die Legende

rezipiert, die sie im Roman zu sein nur vorgibt.

Zu den genannten zehn Oratorien kommen zehn weitere, deren Hauptpersonen keine

Heiligen sind, sondern als vorbildlich angesehene historische und zeitgenössische

Persönlichkeiten. Damit wird die im 19. Jahrhundert beginnende Ausweitung des

hagiographischen Oratoriums fortgesetzt.174 Während im 19. Jahrhundert zahlreiche

weltliche „Helden“ in Oratorien verewigt wurden,175 handelt es sich im 20. Jahrhundert

in der Regel um Personen mit heiligenähnlichen oder märtyrerhaften Zügen, wie den

Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer (Tom Johnson: BONHOEFFER

ORATORIUM ) oder den Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky (Gustavo Becerra-

Schmidt: CARL-VON-OSSIETZKY-ORATORIUM). Allein die Tatsache, dass sie nicht von der

katholischen Kirche heilig gesprochen sind (bzw. als Nicht-Katholiken gar nicht sein

können), schmälert nicht die Vorbildfunktion, die diese Personen haben.176 Selbst

Francois Villon bekommt in dem gleichnamigen Oratorium von Anton Heiller und Franz

Krieg verklärende Züge, indem er als der Prototyp eines Menschen, der „auf dunklen

Wegen ... das Licht“177 sucht, gezeichnet wird. In diesem Sinne geht das ursprünglich

hagiographische Oratorium im 20. Jahrhundert auf die Suche nach zeitgemäßen

Heiligen, wo die Vorbilder der katholischen Kirche nicht mehr genügen.

ANTIKE MYTHEN

Stoffe aus der antiken Mythologie verarbeiten DER TOD DES AGAMEMNON von Robert Blum

und DAS FEUER DES PROMETHEUS von Alfred Koerppen. Ebenso wie diese beiden stammt auch

Alfred Uhls GILGAMESCH, das eine Übersetzung des sumerischen Epos von Franzis Jordan

173 vgl. Dostoevskij 1999, S. 401ff

174 vgl. Massenkeil 1999, S. 126

175 vgl. oben, S. 62f.

176 vgl. hierzu auch Tom Johnson : „Man kann Bonhoeffer als eine Art moderner Prophet sehen und auch als eine Art Märtyrer…“, in Johnson, Bonhoeffer Oratorium, Programmheft der Uraufführung (siehe auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)

177 Heiller/Krieg: François Villon, I. Chor

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verwendet, aus den 1950/60er Jahren. Danach gab es jahrzehntelang kein neues

Oratorium zu antiken Mythen, bis zu Georg Katzers MEDEA IN KORINTH, dessen Libretto von

Christa und Gerhard Wolf in den Jahren 2000 und 2001 entstand. Im Jahr 2001 wurde

auch Stefan Heuckes DIE ORDNUNG DER ERDE uraufgeführt, das wie Alfred Uhls Oratorium

auf dem Gilgamesch-Epos beruht.

Ebenso wie den Oratorienlibretti zu Bibelstoffen häufig eine moderne literarische

Bearbeitung statt des originalen Bibeltextes zugrunde liegt, werden auch Legenden und

Mythen aus anderen Kulturkreisen meistens in einer modernen Form oder

Neuübersetzung rezipiert. So vertont beispielsweise Horst Ebenhöh in VIRATA, das Ende

der 1950er Jahre entstand, eine Erzählung von Stefan Zweig, die auf einer alten

indischen Legende beruht.

LITERARISCHE VORLAGEN

LEBEND'GES LAND von Shih und Charles Chiu rezipiert einen literarischen Text auf seine

eigene Weise: Einzelne Zeilen aus Gedichten von Annette von Droste-Hülshoff werden

aus dem Zusammenhang gerissen und neu zusammengestellt. Zwar findet keine Hand-

lung statt, ein literarisch vorgeformter Stoff ist also nicht gegeben, doch sind Thema und

Zusammenstellung durch das verwendete Gedicht vorgegeben: Depression, Todessehn-

sucht und die Hoffnung auf Erlösung.

Auch César Bresgens DE TEMPORE und Karl Schiskes VOM TODE wählen einen literarischen

Text zum Zentrum ihres Werkes, nämlich Bresgen einen Text von Michelangelo („Alles

Entstandene muss vergehn/in der Zeit Flucht“178) und Schiske einen Rilke-Vers („O Herr,

gib jedem seinen eignen Tod“179). Doch kann man dabei kaum von einem „Stoff“

sprechen; die kurzen Textausschnitte dienen nur als Ausgangspunkt für ausgedehnte

Meditationen und Reflexionen zur Vergänglichkeit des Menschen. Bresgen stellt dazu

verschiedene Ausschnitte aus der Bibel und Zitate überwiegend christlicher Dichter, vor

allem von Augustinus, zusammen. Schiske verwendet keine Bibelzitate, sondern greift

auf Gedichte überwiegend aus dem 19. und 20. Jahrhundert zurück.

Ein ähnliches Verfahren wenden Joseph Haas und Ludwig Andersen in DAS JAHR IM LIED

an. Volkslieder aus verschiedenen Jahrhunderten, die den Jahresablauf beschreiben,

machen den größten Teil des Textes aus; ein Sprecher leitet mit kurzen Texten durch den

Zyklus.

178 Diese Textquelle ist vom Komponisten im Textbuch vermerkt. Genaue Quellenangaben konnten nicht ermittelt werden.

179 vgl. Rilke 2000, S. 100

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Ähnlich verfährt Helmut Barbe in 1648. Er stellt Worten von Andreas Gryphius zusam-

men, um die Schrecknisse Krieges zu veranschaulichen. Dessen Gedichte werden dabei

teilweise als Arien vertont, teilweise Rezitative und dabei wie Prosa behandelt.

Hier zeigt sich, dass literarische Texte für Oratorienkomponisten seltener eine Quelle für

Stoffe als vielmehr ein umfangreicher Zitatfundus sind. Auch bei der Bearbeitung von

Bibelstoffen werden gerne durch die Ergänzung und Kontrastierung mit anderen

literarischen Zeugnissen einzelne Handlungsstränge oder Deutungen stärker hervor-

gehoben. Dass dies geradezu typisch für das Oratorienlibretto ist, wird weiter unten180

genauer ausgeführt werden.

SONSTIGE

Als weitere Quelle für Stoffe dient die Geschichte. Hier ist DAS FLOß DER MEDUSA von Hans

Werner Henze und Ernst Schnabel zu nennen, das durch die seine Uraufführung beglei-

tenden (und verhindernden) Skandale berühmt wurde. Es greift einen Vorfall von 1816

auf, als der Schiffbruch der Fregatte „Medusa“ und das Schicksal der Schiffbrüchigen die

Welt bewegten.

Neben den bisher genannten Oratorien, die einen mehr oder weniger bekannten, schon

zuvor fest umrissenen Stoff zur Textgrundlage nehmen, gibt es solche, die in relativ

freier, individueller Form Aspekte des Verhältnisses zwischen Mensch, Gott und Welt

thematisieren.

In ALLEZEIT von Ernst Vogel und Herbert Vogg geht es um die Vergänglichkeit, die „Eitel-

keit“ aller irdischen Macht und Statussymbole. Die Eitelkeit der Welt ist auch Ausgangs-

punkt in GAUDIA MUNDANA von Johannes Driessler und Bettina Brix, in dem sich der Prota-

gonist (ein sangesfreudiger Tenor) auf der Suche nach dem Sinn des Lebens erst in ein

Trinkgelage, dann in Liebschaften stürzt, um schließlich bei „Frau Musica“ fündig zu

werden.

Die Entfremdung des Menschen von Gott und die Suche nach ihm thematisieren zwei

Libretti von Herbert Vogg: NON SUM QUALIS ERAM (vertont von Helmut Eder) und STATIONEN

(vertont von Augustin Kubizek). So wie Karl Schiske und César Bresgen ihre Oratorien

um eine literarische Textzeile herum entwerfen, so entspinnt sich NON SUM QUALIS ERAM aus

dem Nachdenken über die im Alten Testament aufgeworfene Frage von Gott: „Woher

kommst du, und wohin gehst du?“181. STATIONEN dagegen stellt in freien Assoziationen das

180 Abschnitt 2.5.3, S. 98ff.

181 1. Mose 16, 8

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moderne Leben und den Zustand der Welt dem Willen Gottes gegenüber. In beiden

Oratorien werden keine vorgegebenen Stoffe verarbeitet, sondern Grundfragen des

menschlichen Daseins in individueller Form reflektiert.

Andere Oratorien, denen kein bestimmter Stoff zugrunde liegt, führen eine Art Zwie-

gespräch zwischen Mensch und Gott vor. Das Libretto zu Thomas Christian Davids LIED

DES MENSCHEN beispielsweise ist eine Zusammenstellung von Bibeltexten – überwiegend

Psalmen –, in denen Gott angerufen oder gelobt wird. Der Lobpreis Gottes steht dabei im

Vordergrund.

2.3.4 Das „weltliche“ Oratorium: Zur Problematik eines Begriffs

Die wenigen Oratorien, denen weder ein biblischer Stoff noch ein christlicher

Grundgedanke zugrunde liegt, entsprechen denjenigen, die Massenkeil und Smither im

Einklang mit der Musikgeschichtsschreibung als „weltlich“ bezeichnen. Neben volks-

tümlich anmutenden Werken wie Johannes Driesslers GAUDIA MUNDANA und Joseph Haas’

DAS JAHR IM LIED wären dazu vor allem Werke zu zählen, die einen Vorfall aus der

klassischen Mythologie oder aus der Geschichte bzw. Zeitgeschichte aufgreifen.

Dass im Oratorium nicht nur biblische, sondern auch historische Ereignisse zum Aus-

gangspunkt einer weltanschaulich-moralischen Botschaft genommen werden, setzt eine

Entwicklung aus dem 19. Jahrhundert fort, die gemeinhin als die Entstehung und

Ausprägung des so genannten „weltlichen“ Oratoriums angesehen wird. Als weltlich

werden dabei alle Oratorien bezeichnet, die nicht biblisch oder hagiographisch sind.

Doch unabhängig davon, welchen Stoff die Oratorienlibretti als Vorlage wählen, ist ihnen

eines gemeinsam, das das Attribut „weltlich“ fragwürdig erscheinen lässt: Sie werfen

existenzielle Fragen nach dem Sinn des Daseins auf, nach dem – oft als problematisch

empfundenen – Verhältnis zwischen Gott, Mensch und (moderner) Welt, und versuchen

eine Antwort zu geben. Charakteristisch für alle Oratorien ist, dass diese Antwort zu

einer Botschaft wird, sie verkünden, wie Smither es ausdrückt, „a message of universal

significance“182.

Dazu kommt, dass auch bei Oratorien, die auf weltlichen Stoffen beruhen, Bezüge zur

Bibel oder zu sonstigem christlichen Gedankengut keineswegs fehlen. Dies reicht von

einem erhabenen Sprachstil, der an den Duktus der Bibel erinnert, über Bibelzitate bis

hin zu parodistischen Elementen. Als Beispiel sei Giselher Klebes zeitgeschichtliches

182 Smither 2000, S. 639

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Oratorium WARUM HAT DIE SONNE EINEN ASCHENRAND genannt, das durch die Arbeit von

Amnesty International angeregt wurde. Den Hauptteil des Textes machen Gedichte von

Peter Härtling aus, die sich mit Diktatur und Folter beschäftigen; daneben verwendet der

Text Zitate aus den Sprüchen Salomos und den Psalmen. Dass dieses Vorgehen keines-

wegs singulär ist, wird in Abschnitt 2.5.3 ausführlich dargelegt.

Insofern erweist sich die Einteilung in „geistliche“ und „weltliche“ Oratorien als künstlich

und überflüssig. Zudem ist auffällig, dass sie sich in der Forschungsliteratur vor allem

bei denjenigen Autoren findet, die großformatige Werke für Chor, Soli und Orchester

gleich welchen Inhalts und Titels als Oratorien ansehen. Wenn Günther Massenkeil zu

dem Schluss kommt:

Das grundsätzlich Neue in der deutschen Oratoriengeschichte des 19. Jahr-hunderts ist die Einbeziehung weltlicher Sujets, wie sie sich seit 1840 stark durchzusetzen beginnt. Wenn hier wie meist in den einschlägigen Darstellungen kurzerhand von dem weltlichen Oratorium die Rede ist, muss man allerdings in Rechnung stellen, dass wir damit ein Gebiet betreten, das im Gesamt der Vokalgattungen seitdem nicht immer eindeutig lokalisiert werden kann.183

so ist dies eine unmittelbare Folge dessen, dass er auf eine klare Eingrenzung des

Gattungsbegriffs verzichtet. Eine Begründung für die These, dass das weltliche

Oratorium eine eigene Entwicklung in der Geschichte des Oratoriums darstellt, liefert er

jedenfalls nicht.184

Die in dieser Arbeit untersuchten Werke legen eine Kategorisierung in „geistliche“ und

„weltliche“ Oratorien jedenfalls nicht nahe. Vielmehr haben nahezu alle einen beträcht-

lichen religiösen oder mythologischen Gehalt, der für das Gesamtkunstwerk ebenso eine

Rolle spielt wie der Bezug auf „weltliche“ Themen und Ereignisse. Exemplarisch wurde

dies bereits bei den hagiographischen Oratorien deutlich.185 In den nächsten Kapiteln

werden wir sehen, dass nicht die Auswahl des Stoffes, wohl aber der Umgang mit ihm ein

brauchbares Differenzierungsmerkmal darstellt.186

183 Massenkeil 1999, S. 126

184 vgl. dazu auch S. 22f. und Abschnitt 1.1.1, S. 13ff.

185 siehe oben, Abschnitt 2.3.3, insbesondere S. 70ff.

186 mehr dazu vgl. insbesondere Abschnitt 2.5.1, S. 93f.

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2.4 DIE FRAGE NACH DEM WARUM ODER: SINNSUCHE ALS THEMATISCHE KONSTANTE

Zweifel an Gott und neue Hoffnung im Glauben, Fragen nach gerechter und gottesfürch-

tiger Lebensführung, nach Sünde und Vergebung gehören zum traditionellen Themen-

repertoire des Oratoriums. Das im 20. Jahrhundert zentrale Thema des Oratoriums ist

jedoch eine Frage, die durch Holocaust und Zweiten Weltkrieg eine besondere

Zuspitzung erfuhr: welchen Sinn das Leid in der Welt hat und warum Gott es zulässt.

Welche Antworten das Oratorium darauf gibt, variiert stark, abhängig von der welt-

anschaulichen Haltung der Autoren und Komponisten, aber auch von Kompositions-

anlass und Aufführungsbedingungen. So weisen Oratorien, denen ein kirchlicher

Kompositionsauftrag zugrunde liegt – Jubiläen, Gedenktage oder auch Kirchentage –

einen in der Regel stärker verkündenden, ja missionarischen Charakter auf als solche,

die überwiegend aus einem inneren Impuls heraus entstehen und die persönliche

Auseinandersetzung der Autoren mit religiösen und anderen existenziellen Fragen

spiegeln.

Manche Autoren, für die der Aspekt der Verkündigung im Vordergrund steht –

stellvertretend sei hier Johannes Driessler genannt –, haben die Antwort schnell zur

Hand: Sie liegt in der Hinwendung zu Gott und zum christlichen Glauben. Solche

Oratorien sind in der Regel einfach aufgebaut, wenig vielschichtig und wirken stark

belehrend.

Andere versuchen, die alten Glaubensbotschaften neu zu lesen, von allen Seiten auszu-

leuchten und darin Antworten zu finden, die auch dem heutigen Menschen weiterhelfen.

Inwieweit diese Antworten dann als Wahrheiten verkündet werden oder nur als vage

Verheißungen im Raum stehen bleiben, ist Sache der jeweiligen Werkkonzeption.

Der Intention des Werkes entspricht in der Regel die Qualität des Librettos: die Texte von

missionarisch ambitionierten Oratorien bewegen sich meist auf dem Niveau erbaulich-

belehrender Gebrauchsliteratur und benutzen literarische und biblische Traditionen vor

allem als „Steinbruch“. Literarisch ergiebigere Ansätze finden sich eher dort, wo die

Auseinandersetzung mit eben diesen Traditionen, nicht die reine Affirmation den Kern

des Werkes bildet.

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2.4.1 „Schweig nicht, wenn ich nach dir frage“: Theodizee

Das zentrale Thema des Oratoriums im 20. Jahrhundert ist die Suche nach Zeichen

Gottes in der modernen Welt, in einer Welt, die zwei Weltkriege erlebt hat, die mit der

Schuld des Holocausts leben muss, mit zahlreichen Konflikten, Diktaturen und

Ungerechtigkeiten konfrontiert ist und unzählige unschuldige Opfer von Kriegen, Folter

und Armut kennt. Eugen Eckerts HIOB formuliert die Frage, die das 20. Jahrhundert

bewegt, folgendermaßen:

Angesichts des Leids auf Erden frag ich mich: Was soll noch werden? Und: Warum lässt du das zu?187

Herbert Vogg wiederum fragt schlicht: „Dies alles: Um Gottes Willen?“188

Die meisten Oratorien, die das Theodizee-Thema behandeln, wählen dafür die biblische

Geschichte von Hiob. Hier ist es zunächst das individuelle menschliche Leid, das den

Glaubenszweifel auslöst, doch steht es stellvertretend für das Leid in der Welt. In den

meisten Fällen wird der Zusammenhang zwischen den Klagen Hiobs und dem Gefühl der

Gottesferne in der modernen Welt explizit hergestellt. Bei Jürgen Blume und Eugen

Eckert189 benennt der Eingangschor die Varianten unschuldigen Leidens, von verfolgten

Gerechten bis zu hungernden Kindern, und fordert eine Antwort: „Schweig nicht, wenn

ich nach dir frage/und nach Glauben heutzutage“190. So ist gleich zu Beginn der Kontext

zum Heute hergestellt, in dem die biblische Geschichte neu erzählt wird. Die Aktuali-

sierung schlägt sich jedoch vor allem in der Wortwahl nieder und wirkt bisweilen etwas

bemüht; die schlichten Verse, in denen der Großteil des Textes abgefasst ist, lassen

jegliches Konfliktpotenzial unter einer Decke religiöser Betulichkeit verschwinden.

Wolfram Wagner geht in seinem Hiob-Oratorium umgekehrt vor. In den ersten beiden

Teilen, „Hiobs Klage“ und „Elihureden“ bleibt er ganz bei der biblischen Geschichte, die

er in großen Ausschnitten wörtlich übernimmt. Erst in Teil 3, „Gesänge des Leids“, wird

ein vorsichtiger Bezug zur Gegenwart hergestellt, indem Ausschnitte aus dem

Klagepsalm 101 mit einem Gedicht von Karl Wolfskehl verwoben werden.

187 Blume/Eckert: Hiob, Nr. 2

188 Kubizek/Vogg: Stationen, Nr. 4

189 Blume/Eckert: Hiob, Nr. 2

190 Blume/Eckert: Hiob, Nr. 2

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Der Teil setzt ein mit den Versen

Weh, Hiob, weh! noch bist du nicht am letzten, am einsamst letzten Fels, noch grünt ein Rand von Heim und Gestern Doch sie, die dich treten, jagen dich weiter an die schwarze Wand.191

Mit der Ankündigung, dass sich das Leid später noch fortsetzen und steigern wird, wird

Hiob zum Stellvertreter aller menschlichen Opfer auch des 20. Jahrhunderts. Dieser

Bezug in die neuere Zeit zielt jedoch nicht auf eine Aktualisierung der Hiobsgeschichte,

sondern nur auf eine Verstärkung ihrer Botschaft: die Erlösung von dem menschlichen

Leiden liegt in der Hinwendung zu Gott. Ähnliches findet sich bei Henning Frederichs,

der das Buch Hiob als einen „‚Steinbruch‘ für unüberbietbar formulierte Menschheits-

erfahrungen..., deren Tendenz aber ins Abendländische und Neuzeitliche umgeleitet

werden musste“,192 ansieht.

Eine weitere wichtige Gruppe von Oratorien, in denen das Theodizee-Motiv anklingt,

schildert den Zustand einer zerrissenen Welt, die sich von Gott entfremdet hat, und in

der Mensch und Schöpfung unter die Räder zu geraten drohen. Diese Oratorien sind

weiter unten in einem eigenen Abschnitt behandelt.193

Die dritte verbreitete Verarbeitungsweise des Theodizee-Motivs stellt Bibeltexte dem

Zeitgeschehen bzw. der Geschichte des 20. Jahrhunderts gegenüber. Als wichtigste

Vertreter sind hier Axel Ruoffs BERGPREDIGT zu nennen, das den Bibeltext mit den

Ereignissen des Dritten Reichs und des Holocausts konfrontiert, und WARUM HAT DIE SONNE

EINEN ASCHENRAND von Giselher Klebe und Peter Härtling. Der Librettist Härtling greift darin

den Prediger-Spruch „Tue deinen Mund auf für die Stummen“ auf und verwandelt ihn in

eine leidenschaftliche Anklage gegen Folter, politische Willkür und das kollektive

Wegsehen. Die Komponisten und Librettisten dieser Oratorien verwenden – wie viele

andere auch – die literarischen und biblischen Traditionen als „Steinbruch“. Die Neu-

zusammenstellung von Texten verschiedener Quellen dient jedoch nicht der einfachen

Verstärkung biblischer Botschaften; vielmehr soll in dem entstehenden Spannungsfeld

verschiedener Lesarten ein verborgener, tieferer Sinn zum Leuchten gebracht werden.

Wenn beispielsweise bei Axel Ruoff die Bergpredigt ergänzt wird durch die Zeilen aus

Matthäus 24: „Seht zu, dass euch niemand verwirrt, und lasst euch nicht täuschen!

Denn viele werden kommen und meinen Namen annehmen: ‚Ich bin der Messias‘ werden

sie sagen und die Menschen verführen. Seid wachsam, und habt keine Furcht, wenn ihr

191 Wagner: Hiob, Teil III: Gesänge des Leids

192 Frederichs 1996, S. 73

193 siehe Abschnitt 2.4.3, S. 81ff.

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den Krieg kommen hört, mit seinem Lärm und seinen Gerüchten“, 194 im weiteren Verlauf

die NS-Diktatur und die durchaus unrühmliche Rolle der Kirche in dieser Zeit zur

Sprache kommen, so bekommt der Bibeltext eine ganz neue Schärfe und Brisanz für das

Handeln auch in heutiger Zeit.

2.4.2 „Ecce: homo homini lupus“: Das Leid des Menschen durch den Menschen

Eng an die Theodizee-Frage geknüpft ist die Schilderung menschlichen Leidens – vor

allem des Leids, das Menschen einander zufügen. Der Chor in Anton Vögeles PASSION

drückt dies in einer Variation über ein Plautus-Zitats aus:

Ecce: homo homini lupus Totus brutus lupus talis. Homo malus homini palus. Homo talis nulla salus“195

Besonders Passionsoratorien verknüpfen häufig die Leidensgeschichte Jesu mit dem

Holocaust und machen sie dadurch zu einer universellen Erzählung des durch den

Menschen erlittenen menschlichen, vor allem jüdischen Leids. Auch hier finden sich auf

der einen Seite Werke, die in relativ schlichter literarischer Verarbeitung vor allem auf

eine Verstärkung von Emotionen und Effekt zielen; und auf der anderen Seite

vielschichtige, auch literarisch komplexe Oratorien.

Bei den Werken der ersten Sorte ist Felicitas Kukucks und Margret Johannsens

Passionsoratorium ECCE HOMO zu nennen. Die Librettistin lässt auf die Passionsgeschichte

einen Epilog folgen, der den Abtransport des polnischen Waisenhausarztes Janusz

Korczak und seiner jüdischen Kinder in die Vernichtungslager schildert:

Der Epilog von ‚Ecce Homo‘ ... deutet die Liebe des Janusz Korczak zu den Kindern des jüdischen Waisenhauses von Warschau als moderne Passionsgeschichte. Der polnische Arzt und Erzieher geht mit seinen Kindern bis in die Gaskammern von Treblinka. Doch der Platzkommandant im Warschauer Ghetto führte nur eine Befehl aus: „Ich bin unschuldig an seinem Blut.“ War wieder niemand, ist denn nie ein Mensch verantwortlich?196

194 Ruoff: Bergpredigt, 1. Die Seligpreisungen

195 „Seht: Zum Wolf wird dem Menschen der Mensch, bar jeder Vernunft, böse und den andern ein Marterpfahl, ein heilloses Wesen. Seht: Zum Geier wird dem Menschen der Pöbel, gefräßig, unkultiviert, entstellt das menschliche Antlitz zu einem eiternden Geschwür.“ vgl. Vögele: Passion, Bild 12 Unter den Soldaten, nach Plautus: Epigrammata 3.23

196 Margret Johannsen: Vorwort zu ‚Ecce Homo‘, in Felicitas Kukuck: Ecce homo – Die letzten Tage des Jesus aus Galiläa.

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Kurt Rapfs PASSIO AETERNA folgt einem ähnlichen Muster, indem die einzelnen Stationen

der Passionsgeschichte mit Berichten eines KZ-Häftlings verschränkt werden. Jedoch ist

der Ich-Erzähler, die Parallelfigur zu Jesus, kein Jude, sondern ein katholischer Priester.

Ganz besonders stark ist der Bezug zum Holocaust in Axel Ruoffs BERGPREDIGT, das ein

groß angelegter Versuch ist, „das Gebet zu Gott mit der deutschen Geschichte zu

verknüpfen“ zu einer „Predigt gegen das Vergessen“.197 Er kombiniert Bibelausschnitte

mit Texten aus dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus und mit literarischen

Verarbeitungen des Holocausts wie z. B. Gedichten von Nelly Sachs und Erich Fried.

Einen Vorfall aus dem 19. Jahrhundert legen Hans Werner Henze und Ernst Schnabel

dem FLOß DER MEDUSA zugrunde. Nach dem Schiffbruch der Fregatte „Medusa“ vor der

afrikanischen Küste wurden 1816 über 150 Menschen auf einem Floß ihrem Schicksal

überlassen, während die besser gestellten Passagiere sich in den Rettungsbooten davon

machten. Als das Floß nach zwei Wochen geborgen wurde, waren nur noch 15 Menschen

auf ihm am Leben; fünf von ihnen starben kurz nach der Bergung.

Der Vorfall erregte damals internationale Aufmerksamkeit. Henze und Schnabel greifen

ihn 150 Jahre später wieder auf und entwerfen daraus eine Parabel über menschlichen

Konkurrenzkampf und Spuren von Solidarität in einer lebensbedrohlichen Extrem-

situation. Als Mulatte steht die Hauptfigur des Jean Charles sinnbildlich für eine gering

geschätzte Unterschicht. Jean Charles tritt als solidarisch handelnde Lichtgestalt auf, im

Kontrast zu denen, die zugunsten des eigenen Vorteils andere dem sicheren Tod

überlassen. Die Verlockungen der allegorischen Figur La Mort, das Leiden der (noch)

Lebenden und die Gesänge der Toten, die Dantes GÖTTLICHER KOMÖDIE entnommen sind,

werden zu einem literarisch und emotional dichten Sinngeflecht verwoben, das ebenso

sehr elegische Klage für die unbenannten Toten wie philosophische Reflexion über Leben

und Sterben ist. Anders als viele christliche Komponisten überlassen Henze und

Schnabel die Wendung der Welt zum Besseren und die Erlösung des Menschen nicht

Gott, sondern dem Engagement der Menschen: „Die Überlebenden aber kehrten in die

Welt zurück: belehrt von Wirklichkeit, fiebernd, sie umzustürzen.“198

197 Programmheftbeitrag von Anne Ressel, in Ruoff: Bergpredigt, Programmheft Christuskirche Mannheim, 10. März 2002 (siehe auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2); vgl. auch oben, S. 79

198 Henze/Schnabel: Das Floß der Medusa, 16. Finale

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2.4.3 „Schöpfung hinter Gittern“: Entfremdung zwischen Gott, Welt und

Mensch

Eine weitere Gruppe von Oratorien beschäftigt sich weniger mit der Entfremdung der

Menschen untereinander als mit der allgemeinen, umfassenden Entfremdung des

Menschen von Gott und der Schöpfung. Der Mensch wird als orientierungslos geschil-

dert; ihm ist der Kompass der inneren Werte abhanden gekommen. Oskar Gottlieb Blarr

verwendet in seinem Auferstehungsoratorium Verse des flämischen Dichters Lugo

Laagland, um dies auszudrücken:

Nun liegt meine letzte Flagge im Feuer, die letzte Mauer meiner stolzen Burg fällt. Zwischen dieser Glut und Gott stehe ich, wartend auf neues Gebot.199

Schöpfungsoratorien wie das von Krysztof Meyer und Gerhard Engelsberger (SCHÖPFUNG)

beschreiben eine Schöpfung, die sich der Mensch so sehr untertan gemacht hat, dass sie

und er selbst mit ihr vom Untergang bedroht sind. Die Wissbegierde hat sich ins

Zerstörerische gewandelt:

Unter unserm Wissen weicht der Stein, frisst sich Fragenflut durch jeden Rest von Scham. Wüsten tragen schwarz und die Wolken leiden Pein, Schöpfung hinter Gittern, stumm und lahm.200

Und doch steht hinter all dem Gott, er ist selbst in der geschundenen Schöpfung noch

präsent:

Wenn alles bricht, die Dämme bersten die Stützen wanken und die Hilfen fliehn du stößt uns nicht, und lasten auch die schwersten Gewichte, die kaltfremd uns nach unten ziehn.

Die Welt ist aus dem Lot und bebt in ihren Graden die Menschen säen Tod, sie ernten Krieg du richtest auf, die wir zertreten haben und weinst mit ihnen über unsern Sieg.201

199 Blarr: Wenn du auferstehst - wenn ich aufersteh’, Nr. II

200 Meyer/Engelsberger: Schöpfung, Nr. VIII

201 Meyer/Engelsberger: Schöpfung, Nr. X

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Die Rettung liegt bei Engelberger und Meyer in der erneuten Einheit der Schöpfung und

des Menschen mit Gott. Der entscheidende Schritt dorthin ist die Selbst- und

Gotteserkenntnis des Menschen:

Welt ist Wunder ist stetig ist arglos ist licht

Mensch ist Antwort ist mächtig ist wehrlos ist frei

Gott ist alles ist heilig ist offen ist eins202

Pessimistischer ist Frederik Schwenks Schöpfungsgeschichte DIES SEPTIMUS, die eine

Fortsetzung der Schöpfung durch den Menschen schildert. Die vom Menschen

verursachte Zerstörung der Erde mündet in seine eigene Vernichtung:

Am Abend des siebten Tages ruht Gott in der wärmenden Sonne. Eine Träne rollt über seine Wange und tropft auf die Erde. Und eine Sintflut rafft alle Menschen hinweg. Aber ein listiger Rabe, den der Mensch erschaffen hat, spiegelt sich in der Träne. Sieben Tage und Nächte wacht der Rabe neben dem schlafenden Gott. Und kehrt erst dann zu seinesgleichen zurück.203

Beide Oratorien sehen den eigentlichen Grund zur Klage in der Entfremdung zwischen

Mensch und Schöpfung und die Besinnung auf die Botschaften des Christentums als

möglichen Weg zur Besserung. Dafür verwenden sie eine Sprache, die zwar bei beiden, so

sehr sich doch die Prosa bei Schwenk von dem eher von lyrischen Formen geprägten

Libretto Engelsbergers unterscheidet, stark von eingängiger pastoraler Metaphorik lebt,

aber wirkungsvoll ist und an vielen Stellen aufhorchen lässt.

Deutlich simpler in ihrer textlichen Machart sind die Oratorien, in denen sich die

Entfremdung des Menschen von Gott als das eigentliche Kernübel darstellt, als Ursache

und nicht einfach nur Teilaspekt der Probleme der Welt. So reimen Helmut Jost und

Johannes Nitsch in ihrem „Oratorium zur Christusgeschichte“ EWIGKEIT FÄLLT IN DIE ZEIT:

202 Meyer/Engelsberger: Schöpfung, Nr. XI

203 Schwenk: Dies septimus, VII. Corvus

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Wir haben nichts verstanden die Gnade nicht erkannt. Die Macht gewann unsre Herzen und raubte uns den Verstand. ... Und wir bauen große Tempel, zur Ehre unsrer Macht. Denn wir haben Gottes Weltreich durch eigne Hand vollbracht.204

Für Johannes Driessler zieht die Entfremdung der Menschen von Gott die Schrecknisse

der Welt erst nach sich. In gut alttestamentarischer Weise wettert beispielsweise in DEIN

REICH KOMME der Prophet: „Das Land ist entheiligt von seinen Einwohnern, darum frisst

der Fluch das Land“205. Der Ausweg aus dieser Situation kann folglich nicht durch

Tätigkeit in der Welt gefunden werden, sondern ist rein geistlicher Natur. Er wird nur

wenige Zeilen später von demselben Propheten verkündet: „Es ist dir gesagt, Mensch,

was gut ist und was der Herr von dir fordert: nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben

und demütig sein vor deinem Gott.“206 Ähnlich klingt es auch in DE PROFUNDIS, das die

Geschichte vom Turmbau zu Babel erzählt. Die Menschen erliegen den Einflüsterungen

der Dämonen und streben nach Ruhm und Macht, dessen Symbol der Turm werden soll.

Sie ernten jedoch Armut und Krieg, und setzen schließlich ihre Hoffnung doch nicht

mehr auf den weltlichen Herrscher, sondern auf Gott, der Erlösung verheißt.

Einen anderen Schöpfungsmythos, allerdings aus einem vorchristlichen Kulturkreis,

behandelt Alfred Koerppen in DAS FEUER DES PROMETHEUS. Hier ist die Entfremdung der

Menschen von den Göttern – ganz im Einklang mit der antiken Vorlage – ein notwendiger

Schritt der Bewusstwerdung des Menschen und für die Herausbildung eines eigenen

Willen und Handelns. Gleichzeitig wendet Koerppen das Archetypische, Allgemeingültige

des Mythos ins Ironische:

Prometheus: Ja, ich, Prometheus, geschlagener, geschundener Gott, gefesselt einst am kaukasischen Fels, gequält, gehöhnt, hab ich gelitten unsagbar, steh ich doch immer und warte.

Sopran, Alt, Bass II: Was bedeutet uns die Fessel des Prometheus? Sagen wir: Poesie?

204 Jost u.a.: Ewigkeit fällt in die Zeit, Nr. 13 Liebe und Macht

205 Driessler: Dein Reich komme

206 Driessler: Dein Reich komme

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Eine Metapher? Eine archetypische Allegorie?

Prometheus: Der Adler des Zeus, grausam, furchtbar, täglich Geschick, zernagt mir die Leber. Unsterblich wie mein Wille ist meine Qual.

Sopran, Alt, Bass II: Sagen wir: Primitiver Symbolismus? Ein klinischer Befund? Ein Leberleiden?207

Obwohl sich die thematischen Grundkonstellationen der genannten Oratorium gleichen –

Entfremdung von Mensch und Gott bzw. Mensch und Schöpfung –, fällt ihre Botschaft

doch höchst unterschiedlich aus. Während die einen Oratorien die Hinwendung zu Gott

mit einer Abkehr von der (verderbten) Welt verbinden, sehen die anderen gerade in der

Bewusstwerdung des Göttlichen die Grundlage für eine erneute Hinwendung zur

Schöpfung und einen respektvollen Umgang mit ihr, oder sogar – wie Koerppen – eine

notwendige Voraussetzung für zivilisatorische Leistungen des Menschen. Anders als bei

den in den vorherigen Abschnitten behandelten Oratorien, bei denen Konfrontation der

Glaubenslieferungen mit modernen Lebenswelten vor allem dazu dient, Antworten für

das Leben in der Welt zu geben, ist hier erstmals der alttestamentlich-orthodoxe Ansatz

ebenso stark vertreten wie der eher weltzugewandte.

2.4.4 „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“: Mensch, Welt und Ewigkeit

Neben den eben behandelten Oratorien, die die Trennung der Welt von Gott beklagen,

gibt es solche, die dem Weltlich-Vergänglichen das Ewig-Göttliche nicht als Handlungs-

anweisung, sondern als Verheißung gegenüberstellen. Sie beschäftigen sich mit Tod und

Vergänglichkeit, dem Lauf der Welt und der Zeit, und auf der anderen Seite mit dem

„Danach“, das den Tod Überdauernde, und mit ewigen religiöse Wahrheiten. Zu den

Oratorien, die sich zentral mit diesen Themen beschäftigen, gehören VOM TODE von Karl

Schiske, DE TEMPORE von César Bresgen sowie ALLEZEIT von Ernst Vogel und Herbert Vogg.

Schiske vermittelt dabei seine Erlösungsbotschaft eher indirekt und verlässt sich ganz

auf die ästhetische Wirkung der literarischen Quellen, aus denen er sein Libretto

zusammenstellt. Er enthält sich jeglichen Verweises auf die Bibel; dennoch hat sein Text

207 Koerppen: Prometheus, 2. Die Parusie des Prometheus

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von Anfang an starke Anklänge an ein Gebet. Der Prolog setzt ein mit einer Akklamation

Gottes: „O Herr, gib jedem seinen eignen Tod“, eine Zeile aus Rainer Maria Rilkes

STUNDENBUCH. Die Zeilen des Prologs werden nach jedem der insgesamt sechs Abschnitte

wiederholt, was den rituellen Gebetscharakter verstärkt. Zwar bleiben die verwendeten

Gedichte überwiegend in einer allgemeinen Symbolik von Jahreszeitenrhythmus, von

Leben und Vergehen, von irdischem Dasein und himmlischer Ewigkeit. Nur selten

kommt Gott so explizit zur Sprache wie im fünften Abschnitt, „Winter“. Diesem liegt ein

Gedicht von Friedrich Klopstock zugrunde, in dem das lyrische Ich die Erhabenheit

Gottes und die eigene Niedrigkeit preist:

Wie erhaben bist du, Gott Schöpfer! Wie freut sich des Emporschauns zum Sternenheer, wer empfindet, wie gering er, und wer Gott, welch ein Staub er, und wer Gott, sein Gott ist!208

Im Schlusschor werden Zeilen aus Goethes Faust „Wer immer strebend sich bemüht,

den können wir erlösen“209 mit den Eingangszeilen verwoben. Dies verleiht Schiskes

Erlösungsbotschaft eine puritanische Note (werden etwa nur die Tüchtigen erlöst?).

Gleichzeitig verstärkt Schiske durch die Autorität des Dichters nochmals seinen hohen

moralischen, quasi-religiöse Anspruch.

Während Schiskes Werk an ein Requiem erinnert, das der Trauer, aber auch der

Hoffnung auf einen angemessenen, „eignen“ Tod Ausdruck verleiht, steht in ALLEZEIT

mehr der „Vanitas“-Gedanke im Vordergrund:

Es knüpft ein atemloser Reigen Vergänglichkeiten an Vergänglichkeiten. Armsel’ge Nacktheit einzig ist uns eigen. Geliehn, das unsre Blöße deckt, das Kleid; geliehn die Flicken bunter Eitelkeiten; und allerorten so und alle Zeit.210

Die Verheißung, im Glauben an Jesus Christus, in seiner Nachfolge durch Liebe die Welt

ein wenig besser machen zu können, wird nur angedeutet:

Ermutigst endlich du zu besserm Denken, dass besserm Glauben wir uns anvertrauen und, Kindern gleich, in Liebe uns verschenken?211

208 Schiske: Vom Tode, Nr. 17

209 Johann Wolfgang v. Goethe: Faust, Der Tragödie 2. Teil, Vers 11936f

210 Vogel/Vogg: Allezeit, Eingangschor

211 Vogel/Vogg: Allezeit, Eingangschor

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Einen ähnlichen Schwerpunkt legt César Bresgen in DE TEMPORE: In Analogie zu den

Tageszeiten beschreibt er die Lebensalter des Menschen und dessen Vergänglichkeit:

„Sehet den Menschen: Er hat e in Ziel, den Tod“212. Das Werk beschließt mit einer

Aufforderung, sich bereit zu machen für Gott, unter der Überschrift „Gottes Zeit ist die

allerbeste Zeit“213. Wie Schiske verlässt sich auch Bresgen auf die Wirkung der literari-

schen Texte, derer er sich in seinem Libretto bedient.

Neben diesen drei Oratorien spielen die Themen Tod, Vergänglichkeit und Ewigkeit auch

in etlichen anderen Werken eine Rolle, deren eigentliches Hauptthema die Gottessuche

oder die Entfremdung des Menschen von der Schöpfung ist. Individuelle Versuche, alle

drei Themenbereiche zu verbinden, bieten Augustin Kubizek und Herbert Vogg in

STATIONEN und Heinz Martin Lonquich und Klaus Lüchtefeld in AUF DEM RAND DER MAUER.

Wie die bereits behandelten Oratorien beginnt auch STATIONEN mit einer Betrachtung über

die Vergänglichkeit des Menschen:

In jedes Menschen schwache Händ legt Gott den Anfang und das End. ... Es bleibt dir nur noch kurze Frist. Nimm an, was dir beschieden ist.214

Dann verwandelt sich das Oratorium in eine große Klage über die Gleichgültigkeit, mit

der sich Menschen durchs Leben treiben lassen, über die Gedankenlosigkeit, das Sich-

Abschotten und über die Verletzung und Zerstörung der Schöpfung. Ausgangspunkt ist

der Befund, dass Gleichgültigkeit die Welt beherrscht:

Gedankenlos denkst du: Die Schönheit der Welt. Gedankenlos bist du zufrieden215

Als Folge dieser Gedankenlosigkeit wird der Mensch seinem Schöpfungsauftrag nicht

gerecht; die Welt verfällt:

Im Rauch versunken, im Staub zerfallen, in Tränen erstickt sind der Freude schöne Götterfunken.

212 Bresgen: De tempore, II. Von der Ordnung der Zeit/ Der Mittag

213 Bresgen: De tempore, Epilog, nach Augustinus. Textherkunft lt. Angabe des Komponisten; genaue Quellenangaben konnten nicht ermittelt werden.

214 Kubizek/Vogg: Stationen, Nr. 1

215 Kubizek/Vogg: Stationen, Nr. 3

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Dein Wille, o Gott? Dies alles: um Gottes Willen?216

Doch anstatt der Vergänglichkeit des Menschen die Verheißungen der Ewigkeit gegen-

überzustellen, oder eine Hinwendung zu Gott als Vorbereitung auf das Jenseits zu

fordern, rufen Kubizek und Vogg zur Tätigkeit in der Welt auf: „Geliehen wird dir ein

Pfund. Vergrab es nicht“217 heißt es in Anlehnung an das Gleichnis von den anvertrauten

Pfunden218. Gemessen wird man am Ende seines Lebens an dem, was man im Leben

gewirkt hat, und darin sehen die Autoren die Christenpflicht:

Du bist gerufen bei deinem Namen. Sag nicht zu frühe ein sattes ‚Amen‘. Leb nicht alleine dein kleines Leben. Brauch’ deine Hände. Leben ist: Nehmen und Geben.

Du bist gerufen mit deinen Händen. Läst’re kein Schicksal! Du musst es wenden! Schrei nicht zum Himmel! Was soll dein Fluchen? Denk an dein Sterben. Leben ist: Immer den Anfang versuchen.219

Während STATIONEN die Stationen des menschlichen Lebens spiegelt und dieses

menschliche Leben auf die Präsenz christlichen Glaubens hinterfragt, gehen Heinz

Martin Lonquich und Klaus Lüchtefeld umgekehrt vor. Sie stellen nicht etwa den

Unzulänglichkeiten der Welt eine göttliche Verheißung gegenüber, sondern sie prüfen,

welche Bedeutung die christlichen Botschaften in der heutigen Welt noch haben und

welche sie – angesichts der sich ergebenden Spannungen aus Botschaft und Realität –

haben könnten und sollten. Anders als in Helmut Voggs Libretto zu STATIONEN, in dem viel

Intention und Inhalt in die konventionelle Reimform gezwängt sind, gehen in Klaus

Lüchtefelds Libretto Inhalt und Form eine gelungene Verbindung ein. Atemlose

Kurzverse, stammelnde Wiederholungen von Satzteilen, elliptische Formulierungen, die

einander wie Gedankenfetzen in rascher Folge ablösen, teilen die Zerrissenheit und

Orientierungslosigkeit des Menschen sprachlich eindringlich mit. In sieben Abschnitten

‚Advent‘, ‚Weihnachten‘, ‚Passion‘, ‚Ostern, ‚Pfingsten‘, ‚Die Zeit danach‘, ‚Wie in einem

Spiegel‘ werden menschliche Grenzerfahrungen zwischen Glauben, Hoffen und

216 Kubizek/Vogg: Stationen, Nr. 4

217 Kubizek/Vogg: Stationen, Nr. 7

218 vgl. Lukas 19, 11-24 und Matthäus 25, 14-30

219 Kubizek/Vogg: Stationen, Nr. 8

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Verzweifeln geschildert, „räumliche und zeitliche Situationen, in denen die Empfindung

endlicher Begrenztheit Fragen nach Begrenztheiten durch ein Absolutes veranlassen.“220

Entsprechend dem Ablauf des Kirchenjahres ist der erste der insgesamt sieben Teile des

Oratoriums mit „Advent“ überschrieben. Er beginnt mit einer Klage, die den Worten der

Klagepsalmen angelehnt ist:

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Warum hörst du nicht, wie ich schreie, warum bist du so fern?“221

Nach der Beschreibung eines Welt- und Seelenzustands der Gottesferne und Gottes-

sehnsucht wird im zweiten Abschnitt, „Weihnachten“, erst der Verheißung Worte

gegeben, die schließlich in der Ankunft Gottes münden – nicht nur vor 2000 Jahren,

sondern immer wieder. „Ein Stern zum Glück kommt auf uns zu, der bleibt nicht

irgendwo,/er fällt in unsre Zeit herein, wird uns das A und O.“222 Im dritten Abschnitt

wird mit der Passion „das versprochene Wort ... auf die Probe gestellt“223, indem es mit

der Realität einerseits und mit sinnentleerten Floskeln andererseits konfrontiert wird.

fall ins grab deiner eigenen wege versenke frucht und saat und schlage ein kreuz darüber auf224

Doch das Grab ist nicht die letzte Station. Der folgende vierte Abschnitt, „Ostern“, steht

ganz im Zeichen der traditionellen Osterbotschaft. Im Zentrum steht der alte Oster-

hymnus „Christ ist erstanden“, der durch Texte aus dem Neuen Testament und eine

Prophezeiung Jesajas ergänzt wird:

Sagt den Verzagten: “Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott! ...“225

220 Reiner Volp: „Grenzgänge: auf dem Rand der Mauer‘, im Programmheft zur Uraufführung, Köln 1993 (siehe auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)

221 Lonquich/Lüchtefeld, Auf dem Rand der Mauer, Nr. 1 Ex tempore, nach Psalm 22

222 Lonquich/Lüchtefeld, Auf dem Rand der Mauer, Nr. 5 Canzone di Natale

223 Lonquich/Lüchtefeld, Auf dem Rand der Mauer, Einleitung zu III Passion

224 Lonquich/Lüchtefeld, Auf dem Rand der Mauer, Nr. 7 „Es ist genug“

225 Lonquich/Lüchtefeld, Auf dem Rand der Mauer, Nr. 12, nach Jesaja 35,4-6

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Im Pfingstwunder dann wird „die Erfahrung [von Ostern] noch einmal erinnert – und

übersteigert“226. Das Pfingstwunder wird zu einer Vision für das Ende der Zeit; ein

‚Danse macabre‘ veranschaulicht das Pfingstwunder in zahlreichen Wortspielen:

wir atmen auf wir schauen aus wir schauen aus dem grab das grüne

wir schauen aus wir stehen auf wir stehen auf dem rand der mauer

wir stehen auf wir brechen aus wir brechen aus dem stein die trauer227

Gleichzeitig markiert Pfingsten den Bruch, das Erwachen aus der österlichen

Hochstimmung:

wir fallen ein wir fallen ein ins längst gewohnte

...

wir wachen auf es fällt uns ein wir leben auf dem rand der mauer228

Der nun folgenden vorletzten und längsten Abschnitt des Oratoriums überlegt, wie die

„Zeit danach“ aussehen kann, die Zeit nach den biblischen Wundern im Warten auf ein

neues Ostern und Pfingsten. Der Textverlauf oszilliert zwischen Hoffen und Verzweiflung,

zwischen „komm/wir gehen/rosigen zeiten entgegen“229 und Ohnmacht angesichts der

Welt und des eigenen Unvermögens,

ohnmächtig unerhört sprachlos versuchen wir schreiende hände vor dir unserem Fragegott ... warum hörst du

226 Lonquich/Lüchtefeld, Auf dem Rand der Mauer, Einleitung zu V Pfingsten

227 Lonquich/Lüchtefeld, AUF DEM RAND DER MAUER, Nr. 13 „danse macabre“

228 Lonquich/Lüchtefeld, AUF DEM RAND DER MAUER, Nr. 13 „danse macabre“

229 Lonquich/Lüchtefeld, AUF DEM RAND DER MAUER, Nr. 16 „Duett“

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warum erhörst du uns nicht Warumgott230

Der Abschnitt mündet in einem gebetsartigen Kanon, in Bitten aus dem Vaterunser.

Der siebte und letzte Abschnitt ist als „Reflexion des gesamten Werkes“231 gedacht, lässt

sich aber auch als direkte Antwort und Resultat der vorherigen Bitten lesen: Zwei

Nummern sprechen die Tröstung durch das Abendmahl und die in ihm symbolisierte

Vergebung der Sünden und Einheit mit Gott aus und laden zur Teilnahme ein. Der

Schlusschoral zum Lobpreis Gottes, ‚Choral sine exitus‘, verwendet einzelne, aus dem

Choral ‚Allein Gott in der Höh sei Ehr’ herausgerissene Wörter, die zusammen trotz ihres

augenfälligen Fragmentarischen einen neuen Sinn ergeben – ein bewusst eingesetztes

Kunstmittel: „[Es gibt] keinen wirklichen Ausgang .... Das Leben, der Lobpreis Gottes, die

Hinwendung zu ihm, aber auch die Zweifel, das Klagen und Zerrissensein der Menschen

enden nicht.“232

2.4.5 „Geh und lege seine Spur von morgen“: Christliche Nachfolge heute

Ein weiteres wichtiges Thema im zeitgenössischen Oratorium ist die Frage nach dem

richtigen Leben: Wenn das Verhältnis zwischen Gott, Welt und Mensch aus den Fugen

ist, was kann man als einzelner noch tun, wie soll man sich verhalten, wie sein Leben

gestalten? Für die überwiegende Mehrheit der Oratorienkomponisten und -librettisten

liegt die Antwort im christlichen Glauben und in der Nachfolge Jesu Christi. Für sie

lautet die eigentliche Frage, wie diese Nachfolge heute aussehen kann, in einer Welt, die

sich von der Welt der Bibel und der Zeit Jesu doch erheblich unterscheidet.

Oratorienlibrettisten und -komponisten versuchen eine Antwort, indem sie Zeugen und

Beispiele einer geglückten Nachfolge antreten lassen: Figuren aus der Bibel oder

historische Persönlichkeiten. Die beliebtesten sind Paulus sowie die Apostel Petrus und

Thomas. Paulus wird wegen seines Bekehrungserlebnisses gerne ausgewählt. Petrus

stellt den Archetypus eines Menschen dar, der glauben und konsequent leben will, aber

in entscheidenden Augenblicken die nötige Zivilcourage nicht aufbringt. Thomas

schließlich ist das Beispiel eines Menschen, dem es – ganz wie den Menschen des

rationalistischen 20. Jahrhunderts – schwer fällt, etwas zu glauben, das nicht beweisbar

ist.

230 Lonquich/Lüchtefeld, AUF DEM RAND DER MAUER, Nr. 19 „Lamento“

231 Lonquich/Lüchtefeld, AUF DEM RAND DER MAUER, Einleitung zu Teil VII „Wie in einem Spiegel“

232 Heinz Martin Lonquich, im Programmheft zur Aufführung am ‚Aschermittwoch der Künstler‘, Köln 1994

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Die Art und Weise, in der die Zeugen dargestellt werden, ist sehr unterschiedlich. In

Gregor Linßens DIE SPUR VON MORGEN tritt Paulus nach seinem Bekehrungserlebnis aus der

biblischen Apostelgeschichte heraus und ruft, in einer Mischung aus biblischen

Wendungen und zeitgenössischen Sprechweisen, andere zur Nachfolge Jesu auf: „Du

Mensch, steh auf und geh. Die Hoffnung hat nicht getrogen. Im Namen Jesu Christi: geh

und lege seine Spur von morgen.“ 233

Auch in den beiden PAULUS-Oratorien von Siegfried Fietz und Johannes Jourdan tritt ein

Paulus in modernem Gewand auf, der in der Sprache des zeitgenössischen Schlagers

sein Leben und seinen Glauben präsentiert. Die Funktion des Chores als Stellvertreter

der heutigen Gläubigen beschränkt sich darauf, besinnliche Bibelzitate beizusteuern und

religiöse Begeisterung zu verbreiten.

PETRUS des selben Künstler-Duos ist – ähnlich wie das sechs Jahre später erschienene

MARTIN-LUTHER-ORATORIUM – misst dem persönlichen Zweifel mehr Raum zu und erscheint

dadurch differenzierter. Petrus wird als ein zerrissener Mensch dargestellt, der wenig

Selbstvertrauen hat, jedoch durch das Vertrauen Jesu eine Chance zu wachsen

bekommt. Diesem Konzept entsprechend nehmen die Berufung am See Genezareth, das

„Du bist Petrus“, einen großen Raum ein. Die Verleugnungsszene hingegen ist stark

reduziert und wird in einer Arie als nur einmalige Verfehlung dargestellt, die Jesus

verzeiht.

Henning Frederichs gestaltet seinen PETRUS konventioneller in der Charakterzeichnung,

aber in einer eindringlichen Textkonstruktion. Am Ende seines Lebens legt Petrus vor

sich seine Lebensbeichte ab. Seine innere Stimme „Memoria“ erinnert ihn an die

Schlüsselszenen seines Lebens, vor allem an diejenigen, in denen er sich nicht

mustergültig verhalten hat; Petrus versucht, sein Verhalten zu begründen und zu

rechtfertigen. Das Oratorium ist ein großer Dialog zwischen diesen beiden inneren

Stimmen Petrus’, dem Vorwurf und der Rechtfertigung, und lotet so die charakterliche

Vielschichtigkeit der Figur aus.

Der drittwichtigste biblische Zeuge schließlich, der Apostel Thomas, steht in Peter

Bubmanns THOMAS DER ZWEIFLER im Mittelpunkt. Der Komponist schreibt selbst dazu:

Der Text des Oratoriums bezieht sich auf die Thomasgeschichte in Johannes 20. Dort wird die produktive Qualität des Zweifelns wie sonst nirgends in den Evan-gelien aufgegriffen. Der zweifelnde Thomas gehört zu den Auferstehungserzählun-gen. Somit wird der Zweifel Teil einer Lebens-Geschichte mit Perspektiven.234

233 Linßen: Die Spur von morgen, Du Mensch steh auf

234 Bubmann: Thomas der Zweifler, S. 3

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Der erste Teil des Oratoriums erzählt die biblische Geschichte in moderner Sprache

nach. Der zweite meditiert über die Motive der Einsamkeit und der Wundmale. Der dritte

Teil schließlich schlägt die Brücke von alten Zusagen Gottes in die heutige Welt getreu

der Schlagworte des ökumenischen Prozesses, „Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der

Schöpfung“.

Neben biblischen Zeugen können auch als vorbildhaft empfundene Personen Wege der

Nachfolge vorstellen. Das MARTIN-LUTHER-ORATORIUM von Siegfried Fietz und Johannes

Jourdan wurde bereits erwähnt. Tom Johnsons BONHOEFFER ORATORIUM stellt den deutschen

Theologen Dietrich Bonhoeffer, der 1944 im KZ Flossenbürg hingerichtet wurde, anhand

dessen eigener Schriften – überwiegend Predigten und Briefe – vor. Hier wird die Aktuali-

sierung gewissermaßen von Bonhoeffer selbst vorgenommen, der in seinen Schriften vor

dem Hintergrund der Geschehnisse der Nazi-Zeit der Frage nachgeht, wie sich ein Christ

in einer solchen Situation verhalten kann und muss:

Die Grundfrage jedes Christen ist offenbar die Frage nach der Ewigkeit. Willst du Unvergängliches, so halte dich an Vergängliches. Willst du Ewiges, so halte dich an Zeitliches. Willst du Gott, so halte dich an die Welt. ... Der Christ ist weder modern noch unmodern, sondern er dienet der Zeit. Er stellt sich mitten in sie hinein, in ihre Aufgaben, in ihre Schwierigkeiten, in ihren Ernst, und in ihre Not.235

Aus diesem Grundgedanken heraus zeichnet Johnson Bonhoeffers Stellungnahmen zum

Stand der Kirche, den Aufgaben des Christen und zur Nachfolge nach, die schließlich in

den aktiven Widerstand gegen das Nazi-Regime und schlussendlich in den Tod führten.

235 Dietrich Bonhoeffer: Predigt zu Römer 12:11, Barcelona 23.9.1928, zitiert nach Johnson, Bonhoeffer Oratorium, Nr. 3 Dienet der Zeit

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2.5 BIBELREZEPTION IM ORATORIUM: ZWISCHEN SPURENSUCHE UND VERKÜNDIGUNG

2.5.1 Funktionen des Oratoriums

Seit seiner Entstehung diente das Oratorium nicht nur der religiösen Erbauung, sondern

auch der Belehrung und Verkündigung. Dadurch unterscheidet sich das Oratorium

deutlich von der Oper. Die Oper will primär unterhalten, im Sinne der Katharsis den

Zuschauer allenfalls durch ein ästhetisch aufbereitetes Beispiel erziehen. Das Oratorium

dagegen verlässt sich nicht auf die Vorbild- und Unterhaltungsfunktion, sondern es

argumentiert, belehrt und predigt:

Tendenziell stärker als in der Oper ist die Musik im Oratorium ... Vehikel der Textvermittlung, an erster Stelle dort, wo sie als effizientes, doch aus kirchlicher Sicht problematisches Mittel zum pastoralen Zweck der Weitergabe einer geistlichen Botschaft eingesetzt ... wird.236

Dieser „missionarische Dienst der Verkündigung“237 in der Öffentlichkeit spielt auch

heute noch eine Rolle. Das zeigt sich an den Libretti selbst, von denen viele eine Bot-

schaft zu vermitteln suchen – nicht nur die biblisch-christlich Libretti, sondern gerade

auch diejenigen, die auf nicht-christlichen Stoffen beruhen. Hans Werner Henzes Aufruf,

die Welt nicht hinzunehmen, sondern revolutionär zu verändern, steht christlichen

Mahnungen zur Nachfolge Jesu in nichts nach, ebenso wenig wie die Botschaften, die die

Sinnsucher Gilgamesch und Virata bei Alfred Uhl bzw. Horst Ebenhöh verkünden.

Wie wir in den vorherigen Abschnitten gesehen haben, nehmen die meisten Oratorien

dabei sowohl Diesseitiges als auch Jenseitiges in Blick. In diesem Spannungsfeld wählen

die Autoren individuell ihren Gestaltungsschwerpunkt. Auf der einen Seite stehen die-

jenigen Oratorien, die vornehmlich vom gewählten Stoff bzw. seiner Textgrundlage

ausgehen, und deren Hauptaugenmerk auf der Verkündigung seiner Botschaft liegt.

Auf der anderen Seite stehen die gerade in den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts zu-

nehmenden Oratorienlibretti, deren künstlerische Gestaltung des gewählten Stoffs sich

nicht auf die Affirmation seiner Aussage beschränkt. Vielmehr nähern sich diese Libretti

dem Stoff diskursiv in kritischer Auseinandersetzung; sie gehen in seinem Kontext auf

Spurensuche nach verwertbaren Erfahrungen und nach Antworten gehen. Hierzu zählen

viele Oratorien nach biblischen Stoffen: Altbekannte und vielfach missbrauchte oder

abgenutzte Texte werden neu gelesen und auf ihr Sinnpotenzial und ihre Aussagekraft in

236 Juliane Riepe: „Das italienische Oratorium“, im Artikel „Oratorium” in MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 748

237 Adam Adrio: „Erneuerung und Wiederbelebung“, in Blume u. a. 1965, S. 328

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der heutigen Zeit überprüft. Auch die Werke, die primär allgemein menschliche oder

sogar aktuelle zeitgeschichtliche Probleme im Blick haben, verfolgen in der Regel einen

kritisch-diskursiven Ansatz.

Somit sind Verkündigung und Spurensuche als die beiden grundlegenden Gestaltungs-

züge des Oratoriums im 20. Jahrhundert anzusehen. Die Unterscheidung von affirmativ-

missionarischen Ansätzen einerseits und kritisch-diskursiven andererseits ergibt für die

Oratorienproduktion des vergangenen Jahrhunderts mehr Sinn als die viel bemühte

Dichotomie geistlich – weltlich.238 Nicht der gewählte Stoff dient als distinktives Merkmal,

sondern der Umgang mit ihm: die Intention und die Wahl der Perspektive, die das Orato-

rium in seiner Mittlerstellung zwischen Stoff bzw. Bibel, Mythos und Ideologie auf der

einen Seite und dem Rezipienten auf der anderen Seite einnimmt.

Dass diese Unterscheidung nur allzu häufig mit der literarischen Qualität des Librettos

korreliert, soll hier nur festgestellt werden. Die Gründe zu suchen und zu untersuchen,

würde eine ausgiebigere ästhetische Diskussion erfordern, als in dieser Arbeit, die sich ja

einer zunächst vorurteilsfreien Bestandsaufnahme verschrieben hat,239 möglich ist. Dass

bei vielen affirmativ-missionarischen Oratorien die künstlerische Qualität ins Hinter-

treffen gerät, mag zur Missachtung des Oratoriums als literarische Gattung seinen Teil

beigetragen haben. Dieses im Einzelfall durchaus zutreffende negative Qualitätsurteil

deshalb über die ganze Gattung in ihrer modernen Ausprägung zu sprechen, hieße

jedoch, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Denn gerade bei den kritisch-diskursiven

Oratorienlibretti finden sich Beispiele, wie Ernst Schnabels FLOß DER MEDUSA oder Klaus

Lüchtefelds AUF DEM RANDE DER MAUER, die zeigen, dass das Oratorium nicht nur

weltanschauliches, sondern auch literarisches Potenzial bietet.

2.5.2 Das Oratorium als spezielle Form der Bibelrezeption

Nahezu jedes Oratorium setzt sich mit der Bibel und christlichem Gedankengut ausein-

ander, gleichgültig, ob es einen kritisch-diskursiv oder einen affirmativ-missionarisch

Ansatz verfolgt. Tatsächlich finden sich in nahezu 90 % aller ausgewerteten Libretti Ent-

lehnungen und Übernahmen aus der Bibel und anderen Texten christlicher Tradition;

238 zum Begriff „weltliches Oratorium“ siehe auch Abschnitt 2.3.4, S. 74ff.

239 vgl. oben, Abschnitt 1.1.1, S. 14

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nur zehn Oratorien weisen keinerlei christliche Bezüge auf.240 Damit stellt das Oratorium

eine prominente Form literarischer Bibelrezeption und -verarbeitung dar.

In der theologischen Rezeptionsfor-

schung werden gemeinhin vier Haupt-

formen der literarischen Bibelrezeption

unterschieden.241 Zum ersten die Para-

phrasierung als freie, nur sinngemäße

Übertragung eines Textes, die Erweite-

rungen und Erläuterungen enthalten

kann. Zum zweiten die Aktualisierung,

„die Umsetzung der Vorlage in die Rea-

litätserfahrung der Autoren, die Über-

tragung des biblischen Zeugnisses in die Sprache und Vorstellungswelt unserer Zeit“242.

Sie hat zum Ziel, in konstruktiver sprachlicher Auseinandersetzung den alten Stoff neu

zu beleben und seine Relevanz für die heutige Zeit aufzudecken. Zum dritten die

Umdeutung, die eine Vorlage nicht einfach adaptiert, sondern mittels Verfremdung und

Textentstellungen kritisiert, oft parodiert. Und viertens die Transfiguration, die einer (oft

zeitgenössischen) Figur Züge einer biblischen Gestalt verleiht oder sogar eine Gegenfigur

entwirft. Was sich keinem dieser vier Verfahren zuordnen lässt, wird unter dem breiten

Begriff „freie dichterische Gestaltung zusammengefasst:

Viele Autoren deuten das biblische Wort in souveräner Freiheit, so dass die Vorlage oft nichts anderes ist als die Initialzündung, die ihre dichterische Kraft auslöst. Diese Dichter bleiben zwar häufig dem Text der Bibel nahe, aber die Schriftstelle wird dann zum Sprungbrett eigener, die biblische Aussage mehr oder weniger umdeutender Gedanken.243

Nun lässt sich der Umgang mit der Vorlage in den meisten Oratorien weder eindeutig als

Paraphrasierung noch als Aktualisierung einstufen: Zu einem wörtlichen oder paraphra-

sierten (Bibel-) Bericht treten häufig nicht nur Kommentare aus der zeitlichen Perspek-

240 Neben denjenigen, die auf mythologischen und literarischen Vorlagen beruhen (vgl. Abschnitt 2.3.3, insbesondere S. 71ff.), sind dies zwei historisch motivierte Oratorien, nämlich Anton Heiller Francois Villon und Hans Werner Henze/Ernst Schnabel Das Floß der Medusa.

241 Hierzu und zum folgenden vgl. v. a. Birgit Lermen: „‚Ich begann die Geschichten der Bibel zu lesen: Ein Riss; und der Abgrund Mensch klaffte auf‘. Rezeptionsformen der Bibel.“ in Schmidinger 1999, Bd. 1, S. 48-88

242 Lermen, a. a. O., S. 56

243 Lermen, a. a. O., S. 80f. Dass an gleicher Stelle die freie dichterische Gestaltung mit künstlerischer Qualität gleichgesetzt wird („Voraussetzung dafür, dass poetische Texte zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Schrift führen, ist sowohl die Ernsthaftigkeit, mit der sich der Autor den Problemen stellt, als auch die künstlerische Qualität, das geistige und ästhetische Niveau.“), ist angesichts der Dehnbarkeit des Begriffs und der verwendeten unscharfen Definitionen allerdings ziemlich fragwürdig.

Anzahl %

Bibel 58 78 %

Literarische Quellen 28 38 %

davon Lyrik des 20. Jh. 11 15 %

Choräle und Kirchenlieder 16 22 %

Liturgische Texte, Gebete 12 16 %

Religiöse Schriften und Predigten 9 12 %

Tabelle 6: Textquellen im Oratorienlibretto

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tive des Geschilderten hinzu, sondern auch solche aus heutiger Perspektive, die einen

aktuellen Bezug herstellen.244 In anderen Oratorien wechseln sich größere paraphrasie-

rende Abschnitte mit Aktualisierungen oder auch verfremdenden Passagen ab.245 In

Rupert Gottlieb Friebergers MYSTERIUM CRUCIS beispielsweise sind Ausschnitte aus den

Evangelien (Passionsgeschichte) und alte Hymnen mit Gedichten von Kurt Marti kom-

biniert. Eine Paraphrase ist dies nicht, denn der Bibeltext ist wörtlich anwesend. Martis

Texte lassen sich als Aktualisierung klassifizieren; aber reicht das aus, um das gesamte

Libretto, als Texteinheit begriffen, entsprechend einzuordnen? In jedem Fall ergäbe sich

ein verzerrtes Gesamtbild.

Natürlich gibt es Oratorien, die tatsächlich eine biblische Geschichte vollständig para-

phrasieren und nur in einzelnen Formulierungen vorsichtige Aktualisierungen erkennen

lassen. Matthias Drude und Dietrich Mendt schildern in Von den Mühen der Heimkehr

die Heimkehr des Volkes Israel aus der babylonischen Gefangenschaft, die als Gleichnis

für die deutschen Wiedervereinigung dient.246 Dabei hält sich der Text bei der Schilde-

rung des Geschehens ganz an die Bibelvorlage. Nur Formulierungen wie in eine Arie des

Mezzosopran lassen den Bezug zu den neuen Ereignissen anklingen: „Vierzig Jahre sind

eine lange Zeit, Herr. Vierzig Jahre Fremde schaffen Fremdheit, Herr. Sind wir hier und

die dort noch ein Volk, Herr, sind wir dein Volk, Herr?“247 Auch wenn der Chor singt

„Das wiedervereinigte Land ist kein einig Volk, noch nicht. Die Grenzen sind offen ge-

worden, aber die Herzen noch nicht.“ 248, wird ein zeitgenössischer Leser bzw. Hörer der

1990er Jahre unweigerlich an die Situation im wiedervereinten Deutschland denken.

Eine weitgehende Paraphrase ist auch das NGL-Oratorium David von Siegfried Fietz und

Johannes Jourdan. Die Schilderung des Geschehens hält sich eng an die biblische

Vorlage. Der Figur des David werden Psalm- und andere Bibelworte in den Mund gelegt,

so dass er nahezu vollständig in der Sprache der Bibel spricht. Auch die Chöre der

Reflexionsebene, die den Kommentar einer gläubigen Gemeinde darstellen, lassen keine

aktualisierenden Züge erkennen, sondern verharren im Unverbindlich-Zeitlosen.

Eher als Aktualisierung einzustufen ist Johannes von den gleichen Autoren. Stärker als

bei David verwenden die dargestellten Figuren der Bibel ein zeitgenössisches Vokabular.

Die Figur des Johannes lässt kaum noch den biblischen Johannes erkennen; er ist

244 Zu diesem Oratorientyp mehr in Abschnitt 3.3.2, S. 120ff.

245 vgl. auch Abschnitt 3.3.4, S. 124ff.

246 vgl. die Werkeinführung von Matthias Drude, in Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr (siehe auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)

247 Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 13

248 Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 17

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vielmehr als Prototyp des gläubig Nachfolgenden gezeichnet. Er schlägt zudem einen

eindeutigen Bogen zum heute: „Du lädst mich ein. Ich komme, und habe teil an deinem

Tisch. Du wirkst auch heute Wunder...“249 Der Chor hingegen stellt zwar in moderner

Sprache Fragen der Gläubigen von heute, jedoch ohne konkrete Hinweise auf Ort und

Zeit, so dass er im Prinzip auch in der Zeit der Handlung angesiedelt sein könnte.

Bei diesen Beispielen funktioniert die Zuordnung zu einer der vier Adaptionsformen also

zumindest einigermaßen. In allen dreien steht jedoch nicht die kritische Auseinander-

setzung mit dem gewählten Stoff im Mittelpunkt, sondern die Affirmation der biblischen

Botschaft. Matthias Drude und Dietrich Mendt ist in VON DEN MÄHEN DER HEIMKEHR zwar an

aktuellen Bezügen gelegen; sie jedoch lassen dabei die biblische Geschichte, in der sich

„erstaunliche Parallelen zu den Problemen der Gegenwart“250 finden, für sich sprechen.

In anderen Oratorien hingegen finden sich – ganz wie in dem eingangs erwähnten

Oratorium von Rupert Gottlieb Frieberger – paraphrasierende oder sogar zitierende

Abschnitte gleichberechtigt neben eindeutig aktualisierenden. In Jürgen Blumes und

Eugen Eckerts HIOB beispielsweise wird die Hiob-Geschichte strikt nacherzählt; die

Reflexionsebene des Chores jedoch zieht aus dem biblischen Geschehen Bezüge zum

Heute:

Wo bist du, Gott, gewesen in jener schlimmen Zeit als – ohne Federlesen – die Juden quälte Leid, als Gotteshäuser brannten, der Mord kein Ende fand und selbst, die ‚Christ‘ sich nannten, erhoben ihre Hand?“251

In Henning Frederichs’ PASSIONSERZÄHLUNG DER MARIA MAGDALENA erzählt die Hauptfigur Maria

Magdalena die Passionsgeschichte aus ihrer Perspektive nach. Die Erzählzeit der Ebene

des Geschehens liegt dadurch in etwa in der Zeit der Bibelgeschichte. Der zweite, nicht

näher spezifizierte Erzähler dagegen, der sich von Zeit zu Zeit einschaltet, nimmt eine

vermittelnde Stellung zwischen dem geschilderten Geschehen und dem Zuhörer ein und

ist insofern eher im Heute anzusiedeln. Auch hier findet sich also eine Vermengung von

paraphrasierenden und aktualisierenden Bestandteilen.

249 Jourdan/Fietz: Johannes, Nr. 23 Ich bin das Brot des Lebens

250 vgl. Dietrich Mendt: „Zum Text“ in Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr (siehe auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)

251 Blume/Eckert: Hiob

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Dann gibt es themenorientierte Oratorien, die nicht auf einer einzelnen Bibelepisode

beruhen, so dass der Begriff Paraphrasierung gar nicht greifen kann. Sie entwickeln sich

um ein einzelnes Motiv und beleuchten es von verschiedenen Seiten. Ein Beispiel ist

Günther Beckers MAGNUM MYSTERIUM, das verschiedene Texte zur Auferstehung zusammen-

stellt, ohne die Bibelgeschichte selbst zu erzählen; diese wird vielmehr als bekannt

vorausgesetzt. Die Textzusammenstellung zielt darauf ab, die Vielschichtigkeit und die

Bedeutungstiefe des biblischen Auferstehungsereignisses auszuloten.

Die Unterscheidung Paraphrase vs. Aktualisierung ergibt zwar allein auf die Ebene des

Geschehens bezogen durchaus Sinn; für das Oratorienlibretto als Ganzes jedoch greift

sie in verschiedener Hinsicht zu kurz. Denn in zahlreichen Oratorien wechseln para-

phrasierende Abschnitte mit aktualisierenden ab. Der gedankliche Ansatz von Peter

Bubmann und Wolfgang Töllner in THOMAS DER ZWEIFLER darf als durchaus typisch

angesehen werden, auch wenn in der Regel die drei Bereiche nicht strikt voneinander

getrennt aufeinander folgen, sondern miteinander verwoben sind:

Der erste Hauptteil dient der Wiedergabe des Bibeltextes. ... Im Hauptteil II werden Bilder, die im Bibeltext sichtbar sind oder von ihm abgeleitet werden, entfaltet und meditiert. Dabei wird die Brücke zu den gegenwärtigen Erfahrungen zerrissener und negativer Weltwirklichkeit geschlagen. ... Der dritte Hauptteil enthält Zusagen Gottes und darauf bauende Zukunftsträume.252

Hier handelt es sich nicht um eine Aktualisierung, aber auch nicht um eine Umdeutung:

Anders als die Umdeutung zielt die Textvermittlung im Oratorium nicht auf Distanzie-

rung vom Geschilderten, sondern auf Intensivierung und Vermittlung einer Botschaft,

die über die Einzelbegebenheit hinaus geht.

Es bleibt also festzuhalten, dass die übliche Klassifizierung der Bibelrezeption beim

Oratorium nur bedingt funktioniert. Charakteristisch ist vielmehr das Nebeneinander

und die Verflechtung verschiedener Rezeptionsformen innerhalb eines Werks.

2.5.3 Intertextuelle Verfahren im Oratorienlibretto

Wie bereits erwähnt, spielen Bibelzitate und -referenzen im Oratorium eine wichtige

Rolle253 – nicht nur für die Produktion, sondern auch bei der Rezeption. Die Gattungs-

bezeichnung ‚Oratorium‘ ruft nämlich bereits eine Erwartungshaltung hervor, es mit

einem christlich-religiös geprägten Werk zu tun zu haben. Dadurch erkennt selbst ein

252 Bubmann/Töllner: Thomas der Zweifler, S. 4

253 vgl. Tabelle 6: Textquellen im Oratorienlibretto, S. 95

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nur mäßig christlich vorgebildetes Publikum Bibel- und Choraltexte sowie Anspielungen

auf die biblische und außerbiblische christliche Überlieferung problemlos. Auch werden

bestimmte Schlüsselwörter (wie z. B. „Licht“, „den Weg wiesen“) stärker symbolisch in

Anspielung auf christliche Erlösungsgedanken verstanden. Damit ist Intertextualität im

Oratorienlibretto nicht nur als intellektueller Chiffre des Autors vorhanden, sondern Teil

eines spezifischen Kommunikationsprozesses zwischen Autor und Rezipient,

bei der nicht nur Autor und Leser sich der Intertextualität eines Textes bewusst sind, sondern bei dem jeder der beiden Partner des Kommunikationsvorgangs darüber hinaus auch das Intertextualitätsbewusstsein seines Partners miteinkalkuliert.254

Dies kann von einigen wenigen Anspielungen, die den allgemeinen kulturellen Hinter-

grund markieren, bis hin zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Bibeltext

reichen. Die Bibel bildet damit für Oratorien des 20. Jahrhunderts einen stets präsenten

Subtext, präsent allerdings in unterschiedlicher Intensität. In jedem Fall ergibt das

intertextuelle Verweisspiel einen semantischen Mehrwert: es fügt dem Sinngeflecht der

Handlungs- und Kommentarebenen weitere Bedeutungsebenen hinzu, die sich durch

den ursprünglichen Kontext der Zitate ergeben.

Tatsächlich finden sich in nahezu allen ausgewerteten Libretti wörtliche Textüber-

nahmen aus der Bibel und anderen traditionellen christlichen Texten wie Liturgie und

Kirchenlied. Der Nachweis war nur bei zwei Oratorien schwierig: einerseits Alfred

Koerppens PROMETHEUS und andererseits Georg Katzers und Christa Wolfs MEDEA IN KORINTH.

Die Verwendung intertextueller Verfahren quantitativ zu fassen, ist an dieser Stelle

allerdings nicht möglich. Dazu müsste jeder einzelne Text eingehend untersucht und auf

mögliche Prätexte überprüft werden – ein selbst bei einer relativ überschaubaren Zahl

von 74 Libretti nahezu aussichtsloses Unterfangen. Eine kurze Zusammenschau zeigt

jedoch bereits, wie unterschiedlich die Menge und die Gestaltung der verwendeten

Prätexte ausfällt.

Einige Oratorien enthalten zwar zahlreiche Anspielungen auf die Bibel, echte Zitate

beschränken sich jedoch auf kleine, Allgemeingut gewordene Formulierungen. Zu diesen

Libretti zählen vor allem diejenigen, die die Bibelgeschichte in heutige Sprache über-

tragen, vor allem die Rock-, Pop- und NGL-Oratorien wie Peter Bubmanns THOMAS DER

ZWEIFLER oder Markus Wolfs LEBEN UND LEIDEN JESU. In Horst Ebenhöhs Oratorium VON DER

HOFFNUNG, das nicht auf einer biblischen Geschichte beruht, findet sich nur ein einziges

254 So die Definition von Intertextualität im pragmatischen Sinne, in Abgrenzung zur poststrukturalistischen Auffassung. Siehe Ulrich Broich: „Formen der Markierung von Intertextualität“, in Broich/Pfister 1985, S. 31

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Bibelzitat, in einer Nummer, die gebetsartigen Charakter hat: „Herr, lass mich glauben,

das Du uns liebst“, singt der Mezzosopran, und verwendet dann die Formulierung des

Vaterunser: „Dein Wille geschehe“. Hier dienen die Zitate überwiegend dem stilistischen

Kolorit, um dem Text eine größere Authentizität oder ethisch-moralische Tiefe zu

verleihen. Aus einem ähnlichen Grund sind auch in Bibelparaphrasen wie den HIOB-

Oratorien von Jürgen Blume und Eugen Eckert sowie von Henning Frederichs der

zugrunde liegende Bibeltext nicht nur in der vertonten Paraphrase gegenwärtig, sondern

auch in zahlreichen wörtlich übernommenen Formulierungen.

Einen Extremfall eigener Art stellen die Oratorien Johannes Driesslers dar (DEIN REICH

KOMME, DE PROFUNDIS, DER LEBENDIGE). In der Manier der Mendelssohnschen Oratorien sind

hier alle Formulierungen der Bibel entnommen, jedoch ihrem ursprünglichen Zusam-

menhang entrissen und vollkommen neu zusammengestellt.255 Ziel ist vor allem, einen

hohen Stil, der dem Sprachduktus der Bibel möglichst ähnlich ist, zu erreichen. Ein

Mehrwert an Sinn durch den „mitgelesenen“ Prätext wird nicht angestrebt.

Weit verbreitet ist das Verfahren, einen fortlaufenden Bibeltext oder auch einen selbst

formulierten Text durch Einschübe aus anderen Quellen – häufig moderne Lyrik, andere

Bibelstellen, oder auch eigene Dichtungen – zu ergänzen. Die Länge der Zitate kann von

kurzen Satzfragmenten bis zu vollständigen Absätzen oder Gedichten reichen. Der Fall,

dass die Gewichtung eher umgekehrt ist, also Texte aus verschiedenen Primärquellen

durch eigene Worte nur verbunden werden, ist hingegen sehr selten und scheint eine

Spezialität Joseph Haas’ zu sein. Seine beiden volkstümlichen Oratorien DAS JAHR IM LIED

und das schon 1932 entstandene CHRISTNACHT sind die einzigen mir bekannten, die so

verfahren.

Des weiteren sind die Libretti zu nennen, die ausschließlich aus Zitaten verschiedenster

Textquellen zusammengestellt sind, ohne dass sich eine bevorzugte oder besonders

wichtige Quelle ausmachen ließe. Diese Oratorien haben in der Regel keine Handlung,

sondern ein Thema, zu dem sie verschiedene Prätexte zu Wort kommen lassen, teilweise

stellvertretend für die eigene Auffassung, teilweise diese kontrastierend. Die zitierten

Passagen sind häufig relativ lang; nicht selten wird der Prätext vollständig übernommen

– vor allem wenn es sich, wie in den meisten Fällen, um Lyrik handelt.

Nur fünf Oratorien sind wortwörtliche Übernahmen eines einzigen, schon vorhandenen

literarischen oder biblischen Textes, der durch keinerlei weitere Zitate ergänzt wird.256

255 vgl. auch Fußnote 295, S. 122

256 nämlich Haller Hiob, Stockmeier Jefta und seine Tochter, Schedl Der Großinquisitor, Ebenhöh Virata, Uhl Gilgamesch

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Diese könnte man also als „zitatfrei“ im intertextuellen Sinne werten. Die intertextuellen

Beziehungen dieser Libretti entsprechen denen des Ursprungstextes und sind an dieser

Stelle nicht weiter von Belang.

Die Verwendung von Zitaten hat verschiedene Funktionen. Zum einen dienen Zitate – vor

allem Bibelzitate – dazu, einen hohen, der Bedeutung des gewählten Themas bzw. Sujets

angemessenen Stil zu erzielen. Zum zweiten werden die Bibel bzw. die Autoren der Prä-

texte als Zeugen aufgerufen, die einen wichtigen Beitrag zum Thema zu leisten haben.

Damit soll dem Text insgesamt eine größere Autorität und größeres moralisches Gewicht

verliehen werden. Zum dritten dient die Gegenüberstellung verschiedener Prätexte der

Kontrastierung und assoziativen Ausarbeitung bestimmter Aspekte, die sonst im Hinter-

grund bleiben müssten. Oder umgekehrt, die Bibelstellen werden zum Ausgangspunkt

eigener Reflexionen über den christlichen Glauben (so zum Beispiel AUF DEM RAND DER

MAUER von Heinz Martin Lonquich und Klaus Lüchtefeld).

Neben diesen textinternen, poetischen Funktionen ist auch die kulturelle Funktion257

von Intertextualität im Oratorium nicht zu vernachlässigen: Der Bezug auf einen bib-

lischen Prätext trägt dazu bei, ihn im kulturellen Gedächtnis der Gegenwart präsent zu

halten. Dabei spielt sicherlich auch die Hoffnung eine Rolle, dass über das Vehikel der

musikalischen Gattung auch Menschen angesprochen werden können, die sich der

Kirche entfremdet haben und nur noch eine blasse Vorstellung von den religiösen

Grundlagen der christlich-abendländischen Kultur haben.

257 zu den Funktionen von Intertextualität vgl. Stocker 1998, S. 76ff.

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3 STRUKTUREN DES ORATORIENLIBRETTOS

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3.1 ZEITBEHANDLUNG IM ORATORIUM

3.1.1 Textlänge und Aufführungsdauer

Als plurimediale Gattung, in der sich Text und Musik verbinden, weist das Oratorium

ähnlich wie die Oper eine spezielle Zeitstruktur auf, die sich von der anderer literarischer

Formen unterscheidet. Dabei kommen zwei einander entgegengesetzte Prinzipien zum

Tragen, nämlich Zeitdehnung und Zeitraffung.

Das Prinzip der Zeitdehnung ist eine Folge der Vertonung: Singen braucht in der Regel

mehr Zeit als Sprechen, wenn auch in Arien und musikalisch geschlossenen Formen

mehr als in Vertonungsweisen, die eine große Textverständlichkeit und natürlichen

Sprachrhythmus anstreben (beispielsweise Rezitative). Zu weiteren Dehnungen führen

Textwiederholungen im Kleinen (Wiederholung von Phrasen) wie im Großen (Da-Capo-

Struktur von Arien).

Die Dehnung der erzählten Zeit ist kein originäres Merkmal des Librettos, sondern erst

des vertonten Werkes, und insofern an dieser Stelle von geringem Interesse – auch wenn

diesem Merkmal in der literaturwissenschaftlichen Forschung zum Opernlibretto viel

Aufmerksamkeit zukommt.258 Genauere Betrachtung verdient jedoch die Frage, wie sich

bereits die zu erwartende Zeitdehnung auf die Zeitstruktur des Librettos auswirkt.

Hier ist zunächst ein ganz augenfälliges Merkmal des Oratorienlibrettos festzuhalten: es

ist kurz. Für das Opernlibretto setzt Albert Gier - in Anlehnung an Ferruccio Busonis

Äußerung, vertonter Text brauche etwa dreimal so viel Zeit wie nicht vertonter – als

Faustmaß für den Umfang etwa ein Drittel der Länge eines Schauspieltextes an; für das

Opernlibretto des 18. und 19. Jahrhunderts sind das etwa 1.000 Verse.259 Das

Oratorienlibretto ist sogar noch kürzer; allerdings ist auch die Aufführungsdauer eines

Oratoriums in der Regel deutlich kürzer als die einer Oper. Während für eine Oper eine

Dauer von zwei bis drei Stunden als normal angesehen werden kann, liegt das Orato-

rium eher bei ein bis anderthalb Stunden; der Durchschnitt beträgt etwa 70 Minuten.260

Allerdings kann die Aufführungsdauer im Einzelnen sehr unterschiedlich ausfallen: Die

Extreme reichen von einer knappen Viertelstunde (Fritz Büchtger: DIE HIMMELFAHRT CHRISTI,

Rudolf Kelterborn: DIES UNUS, René Clemencic: REISE NACH NINIVEH, Rainer Kunad: DIE KITSCH-

258 vgl. z. B. Gier 2000

259 vgl. Gier 2000, S. 20

260 Von 135 der 165 berücksichtigten Oratorien lagen Informationen zur Aufführungsdauer vor, basierend auf Angaben von Verlagen, Komponisten und der Repertoire-Datenbank der GEMA (www.gema.de/repertoiresuche)

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POSTILLE) bis hin zu zweieinhalb Stunden (Oskar Gottlieb Blarr: JESUS-GEBURT, Berthold

Hummel/Paul-Werner Scheele: DER SCHREIN DER MÄRTYRER, Stefan Heucke: DIE ORDNUNG DER

ERDE u. a.).

Ebenso stark schwankt die Textlänge der Oratorienlibretti; sie liegt zwischen 8.000 und

32.000 Zeichen.261 Der Großteil der Libretti hat einen Umfang von etwa 15.000 bis über

20.000 Zeichen. Wenn man von einer durchschnittlichen Verslänge von 30 bis 50 Zei-

chen ausgeht, bedeutet dies, dass die Länge eines Oratorienlibretto im Durchschnitt nur

etwa ein bis zwei Drittel der Länge eines Opernlibrettos beträgt. Selbst das umfangreich-

ste Libretto, Alfred Koerppens FEUER DES PROMETHEUS, erreicht die von Gier genannte Länge

nur gerade eben.

Eine direkte Korrelation zwischen der Länge des Librettos und der Aufführungsdauer

lässt sich jedoch nicht feststellen. Allein schon der Textumfang der beiden Oratorien mit

der längsten Aufführungsdauer, von denen die Libretti zur Auswertung vorlagen,

differiert erheblich. DAS FEUER DES PROMETHEUS von Alfred Koerppen ist mit über 33.000

Zeichen bei einer Dauer von 140 Minuten in beiden Kriterien führend. DER SCHREIN DER

MÄRTYRER vom Bertold Hummel und Paul-Werner Scheele hat eine um fünf Minuten

längere Aufführungsdauer, jedoch mit 20.000 Zeichen einen nur knapp überdurch-

schnittlich langen Text. Umgekehrt haben die beiden anderen Oratorien mit einer

extremen Textlänge von über 30.000 Zeichen eine nur durchschnittliche Aufführungs-

dauer: DIE SPUR VON MORGEN von Gregor Linßen dauert 90 Minuten, DAS FLOß DER MEDUSA von

Hans Werner Henze und Erich Schnabel sogar nur 75 Minuten. Dies bestätigt erneut,

dass die Aufführungsdauer in hohem Maße von der musikalischen Ausgestaltung des

Textes durch den Komponisten abhängt.

3.1.2 Zeit- und Handlungsstruktur

Der Zeitdehnung durch die Vertonung wirkt in der Oper die „diskontinuierliche Zeit-

struktur“ 262 entgegen. Die Verkürzung der Handlung zu in sprunghafter Folge anein-

andergereihten „statische[n] Einzelbilder[n]“ 263 ist bereits im Text angelegt. Allerdings ist

261 Eine Angabe in Versen, wie Albert Gier sie vornimmt, ist angesichts der oft hohen epischen Anteile des Oratorientextes nicht sinnvoll. Zwar ist der Umfang des Librettos durchaus abhängig von der Detailliertheit der Erfassung, beispielsweise wie Textwiederholungen oder –überschneidungen angezeigt werden. Für die hier getroffenen Aussagen bietet der so ermittelte Umfang jedoch eine ausreichende Basis.

262 Gier 2000, S. 20

263 Gier 2000, S. 22

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sie weniger der Notwendigkeit zur Vertonbarkeit geschuldet als dem „Primat des Wahr-

nehmbaren“264. Durch die eingeschränkte Textverständlichkeit entfällt nicht nur die „für

das Drama charakteristische Spannung zwischen sichtbarer und unsichtbarer Ereignis-

ebene“265, sondern auch literarische Techniken wie eine analytische Exposition der Vor-

geschichte, erzählerische Überleitungen oder ausführliche Argumentationen:

... was nicht zur sichtbaren Bühnenhandlung gehört, kommt in der Oper anders als im Drama in der Regel nicht oder nur sehr bedingt über die Rampe. Das betrifft erstens die Vorgeschichte, zweitens die verdeckte Handlung ... und drittens das Geschehen hinter der Bühne, das durch Augenzeugen auf der Bühne geschildert wird (die Technik der Teichoskopie).266

So kommt das „besonderes Verhältnis von Statik und Dynamik“267 in der Oper zustande,

indem sich die einzelnen Szenen, deren Erzählzeit gegenüber der erzählten Zeit stark

gedehnt ist, schlagartig abwechseln.

Die Situation stellt sich im Oratorium durchaus anders dar. Im Gegensatz zur Oper

enthält das Oratorium epische Abschnitte nicht nur in Ausnahmefällen; vielmehr wurde

ein epischer Textanteil in allen Epochen als gattungstypisch angesehen. Die epischen

Textabschnitte bilden das Gerüst für den Fortgang der Handlung oder den thematischen

Rahmen. Sie werden in der Regel rezitativisch oder homophon vertont, wodurch eine

große Textverständlichkeit erreicht wird. Häufig ist sogar ein Sprecher vorgesehen, der

die nicht auskomponierte Handlung erzählt.

Die Autoren des Oratoriums können also davon ausgehen, dass das Erzählte auch

tatsächlich beim Zuhörer ankommt, auch wenn es nur vorgetragen und nicht szenisch

vorgeführt wird. Auf diese Weise lassen sich Zusammenhänge und Handlungsabschnitte

in zusammenfassender Form darstellen, Handlungssprünge erzählerisch überbrücken

bzw. vermeiden. Die sprunghafte Zeitstruktur der Oper wird dadurch im Oratorium

aufgehoben.

So gibt es zahlreiche Oratorien, die eine in der Bibel geschilderte Begebenheit vollständig,

ohne Einschübe, aber auch ohne Kürzungen berichten: Wolfgang Stockmeier vertont in

den HISTORIEN vier längere Bibelerzählungen, davon drei mit dem vollständigen originalen

Bibeltext (KAIN UND ABEL nach 1. Mose 4, DIE SÖHNE nach dem Gleichnis vom verlorenen

264 Gier 2000, S. 33. Harald Fricke spricht in diesem Zusammenhang auch von „sinnfälliger Verdeutlichung“ (Fricke 1985, S. 96), Borchmeyer von „augen- und ohrenfällige[r] Unmittelbarkeit“ (Artikel „Libretto“, in MGG(neu), Sp. 1121)

265 Borchmeyer: Artikel „Libretto“, in MGG(neu), Sp. 1121

266 Borchmeyer: Artikel „Libretto“, in MGG(neu), Sp. 1121

267 Gier 2000, S. 20

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Sohn aus Lukas 15, JONA nach dem Buch Jona), und eine, JEFTA UND SEINE TOCHTER, im

Wortlaut der literarischen Bibeladaption von Lion Feuchtwanger.

Auch das WEIHNACHTSORATORIUM von Matthias Drude und Hartwig Drude weist keine

Handlungslücken auf: es enthält die vollständige Weihnachtsgeschichte aus Lukas 2,1-

20, einschließlich Herbergssuche, Geburt und der Begegnung der Hirten auf dem Feld

mit den Engeln, dazu die Geschichte der drei Weisen aus dem Morgenland aus Matthäus

2,1-12. Die im biblischen Wortlaut vorgetragene Geschichte wird zwar, typisch für das

Oratorium, durch Arien und Choräle unterbrochen, aber stets zu einem späteren Zeit-

punkt wieder aufgenommen, ohne dass eine Handlungslücke entsteht.

Die Weihnachtsgeschichte beginnt nach einer längeren Einleitung mit den bekannten

Worten des Lukasevangeliums, vorgetragen von einem Sprecher: „Es begab sich aber zu

der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, ...“268 Dieser erste Evange-

liumsabschnitt endet nach den Worten „Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte

ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der

Herberge.“ An dieser Stelle wird die Handlung für längere Zeit angehalten; das Oratorium

und mit ihm die Zuhörer verharren in der Betrachtung der Krippenszene. Diese beginnt

mit einem Wiegenlied Marias, in dem das Kindlich-Menschliche gegenüber dem Göttli-

chen in der Person Jesu herausgestellt wird. Darauf folgt ein Choral auf die Melodie von

„Es ist ein Ros entsprungen“, der dem Heilsversprechen der Weihnachtsgeschichte

Ausdruck verleiht, dann ein „Monodram“ (Sprecher-Solo), das das Weihnachtsgeschehen

aus heutiger Sicht interpretiert; schließlich ein Solo für Sopran mit Streichquartett, das

einen direkten Appell an den heutigen Menschen enthält. Damit ist der erste Teil des

Oratoriums, überschrieben „Die Geburt“, zu Ende. Teil 2, „Die Hirten“, wird von einer

instrumentalen Sinfonia eingeleitet. Erst jetzt, nachdem fünf Nummern lang die Zeit

angehalten wurde, fährt die Handlung der Weihnachtsgeschichte fort. Dabei nimmt der

Sprecher den Erzählfaden genau dort wieder auf, wo er zuvor geendet hatte: bei

Lukas 2, 8.

In dieser Weise verfährt das ganze Oratorium. Dabei zeigt sich, dass zwar ständig Zeit-

sprünge vorkommen – von der Zeit der biblischen Erzählung ins Heute und zurück –,

jede Zeitschicht in sich aber weitgehend kontinuierlich abläuft. Das Oratorium spielt

sich also auf mehreren in sich geschlossenen Zeitebenen gleichzeitig ab. Anders als in

der Oper ist der Zeitverlauf ist nicht linear, sondern springt zwischen den Zeitebenen hin

und her.

268 Drude/Drude: Weihnachtsoratorium, Nr. 7, vgl. Lukas 2, 1-7

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Ein derartiger Wechsel zwischen verschiedenen Zeitebenen und Perspektiven findet sich

schon in den Oratorien früherer Jahrhunderte. So stellt Emil Platen für die Matthäus-

passion von Johann Sebastian Bach, die auch für unsere Zeit aufgrund ihrer starken

Präsenz und ihres Vorbildcharakters durchaus als paradigmatisch gelten darf, fest:

Setzt man die einzelnen Textformen des Gesamtlibrettos in Beziehung zum Passi-onsgeschehen, so scheinen sie verschiedenen Zeitebenen anzugehören. Das aktu-alisierende Element des Bibeltextes, die direkte Rede, bildet durch die Verteilung auf verschiedene Darsteller ... die dramatische Textschicht. ... Auf dieser Ebene wird das seinerzeit ‚Geschehene‘ zum ‚Geschehen‘, hier vollzieht sich die aktuelle Handlung, in die sich der Hörer, wie bei einem Drama, miterlebend hineinversetzt. Dieser fiktiven Gegenwart, die Historisches erzählend aktualisiert, steht die reale Gegenwart des Betrachtenden gegenüber. Sie erscheint im Textgefüge in den Gedichtformen und Liedstrophen, in denen das vergegenwärtigte Geschehen der Passion aus unmittelbarer Einfühlung heraus erwogen, bedacht und in der Sprache des Dichters und seiner Zeit ausgelegt wird.269

Bei der Untersuchung der Oratorienlibretti des 20. Jahrhunderts zeigt sich, dass nahezu

alle Oratorien, in denen sich eine Handlung findet, eine solche „mehrlagige“ Zeitstruktur

aufweisen.270 Die Handlung wird dabei fortlaufend erzählt, aber von anderen, zeitlich in

sich abgeschlossenen Erzählebenen durchkreuzt.

Dazu tritt in zahlreichen Oratorien eine Exposition des Themas, die ein rezitativischer

Erzähler oder Sprecher vornimmt. Diese Exposition kann sehr kurz und in die Hand-

lungserzählung eingebettet sein, wie etwa in HIOB von Jürgen Blume und Eugen Eckert,

das mit den Worten „Es war ein Mensch im Lande Uz“ beginnt und dann die biblische

Hiob-Geschichte nacherzählt. Sie kann aber auch eine umfassendere thematische Ein-

führung beinhalten, Ausführungen zur künstlerischen oder theologischen Konzeption

des Oratoriums, und damit eine eigene Perspektive einnehmen, die außerhalb der

eigentlichen Handlung steht.

Ein Beispiel für eine solche Expositionstechnik ist das Passionsoratorium FÜR DEINE EHRE

HABE ICH GEKÄMPFT, GELITTEN von Matthias Drude und Hartwig Drude, das mit den Worten

eines Sprechers beginnt:

Dieser Passionsmusik liegen Berichte und Gebete der Bibel zugrunde. Sie folgt aber den Darstellungen der Evangelisten nicht vorbehaltlos. Die ersten Erzähler berichten ja nicht nur, was geschah. Sie wollen auch erklären. Im Blick auf den Tod Jesu wollen sie die römische Macht entlasten. So stellen sie Pontius Pilatus

269 Platen 1991, S. 45

270 siehe dazu weiter unten Kapitel 3.2, S. 110ff.

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als bloß ausführendes Organ hin, als Zweifler oder gar als feinsinnigen Philosophen. Er war alles andere als das. Dennoch lassen christliche Erzähler „die Juden“ oder gar „das ganze jüdische Volk“ als eigentlich treibende Kraft erscheinen, Jesus umzubringen - gegen alle Wahrheit und Wahrscheinlichkeit.271

Auch in Hans Werner Henzes und Ernst Schnabels FLOß DER MEDUSA tritt zu Beginn als

auktorialer Erzähler, Charon272, vor und erläutert Thema und Quellen des Folgenden:

Sie erfahren jetzt einen Bericht von der Fregatte „Medusa“, die Schiffbruch litt auf einer Reise nach Afrika, und hören die wahre Beschreibung der Schicksale, die den Gescheiterten widerfahren sind. Unsere Erzählung folgt den Mitteilungen, welche die Herren Alexandre Corréard, Wundarzt im Seedienst, und der Landvermesser Henri Savigny, beide Teilnehmer der Expedition und Zeugen ihres Endes, an die Öffentlichkeit gegeben haben, und der Vorstellung von diesen Ereignissen, die Théodore Géricault festhielt in einem Gemälde „Le Radeau de la Méduse“.273

Danach stellt Charon die wichtigsten Personen vor, den Augenzeugen Jean-Charles und

Madame La Mort, und erläutert seine eigene Funktion als Fährmann zwischen dem

„Chor der Lebenden“ und dem „Chor der Toten“. Damit hat er nicht nur in die Handlung

eingeführt, sondern auch die verschiedenen Perspektiven und Handlungsebenen, die

dem Zuschauer/Zuhörer im Lauf des Stücks begegnen, identifiziert und vorgestellt.

Natürlich gibt es auch im 20. Jahrhundert Oratorien, die überwiegend dramatisch,

nahezu opernhaft gestaltet sind – dazu gehören beispielsweise die Oratorien Johannes

Driesslers. Diese Oratorien weisen stärker als Oratorien mit hohen epischen Anteilen

eine Dramaturgie auf, die der Oper ähnelt: sie bestehen aus abgeschlossenen Einzel-

episoden, die ohne Überleitung, sprunghaft, aufeinander folgen. Doch auch in diesen

Oratorien finden sich Abschnitte außerhalb der Zeitebene des Geschehens, wie bei-

spielsweise Eingangs- und Schlusschöre.

In der Oper gar nicht denkbar ist ein Gestaltungstypus, der durch den völligen Verzicht

auf sichtbare Handlung überhaupt erst möglich wird: das themenorientierte Oratorium,

in dem die Handlung auf ihren thematischen Kern reduziert oder gar nicht mehr vor-

handen ist. In der Oper würden Themenoppositionen in Handlungskonflikte umgesetzt;

im Oratorium kann tatsächlich das Gute gegen das Böse antreten anstatt stellvertretend

Held gegen Bösewicht. Ein Beispiel hierfür ist Joseph Haas’ DIE SELIGEN, das anhand der

271 Drude/Drude: Für deine Ehre habe ich gekämpft, gelitten. Stationen der Passion Jesu. Nr. 1b

272 zur Rolle des Charon vgl. auch Abschnitt 3.2.2, S. 111ff.

273 Henze/Schnabel: Das Floß der Medusa., Prolog des Charon

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Kernaussagen der Bergpredigt zweifelnde und gläubige Stimmen einander gegenüber-

stellt.274 Ohne Handlung kommt auch das Adventsoratorium O VIRGA AC DIADEMA von

Ingmars Zemzaris aus, das Bibeltexte, Choräle, Volkslieder, Hymnen von Hildegard von

Bingen und Gedichte aus verschiedenen Epochen (vor allem aus der Romantik sowie

moderne Neufassungen) kombiniert, die sich mit der Ankunft Christi in der Welt und der

Rolle der Gottesmutter befassen.

Ebenso wie in den handlungsorientierten Oratorien finden sich in themenorientierten

Oratorien mehrere synchrone Zeitebenen und gleichberechtigte Perspektiven. Die

Zäsuren im Ablauf des Textes sind demnach nicht als Kontinuitätssprünge anzusehen,

sondern als Wechsel zwischen den verschiedenen Ebenen. Durch das Fehlen des durch

die Handlung erzeugten diachronen Zusammenhangs bestimmen mehr noch als im

Opernlibretto paradigmatische Sinnbezüge275 die Struktur des Textes.

In allen Fällen unterscheidet sich die Zeitstruktur von der der Oper, in der sich die

Handlung vollständig vor den Augen des Zuschauers abspielt, also einer einzigen,

gegenwärtigen Zeitebene zuzuordnen ist. In dieser spezifischen Zeitstruktur, in der

mehrere Ebenen parallel nebeneinander herlaufen und sich durchkreuzen, liegt der

Schlüssel zur Beschreibung des Oratoriums als eigenständige Gattung.

274 siehe dazu auch weiter unten, Abschnitt 3.3.5, S. 127f

275 thematische Bezüge, Begriffsähnlichkeiten und -oppositionen, zentrale Grundkonflikte etc. Vgl. Gier 2000, S. 22f.

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3.2 DIE EBENENSTRUKTUR DES ORATORIENLIBRETTOS

3.2.1 Vielschichtigkeit als Gattungsmerkmal

In allen musikwissenschaftlichen Definitionen des Oratoriums spielt eine Eigenschaft

eine wichtige Rolle, die gemeinhin „Dialogizität“ genannt wird. Dabei handelt es sich – im

Sinne der vor allem im 18. Jahrhundert als gattungsverbindlich angesehenen „dramati-

schen Grundhaltung“ 276 – um die Aufteilung des Textes auf „mehrere Personen oder

Personengruppen“277.

In diesem Sinne muss ein musikoliterarisches Werk bereits als dialogisch gelten, wenn

es Passagen für verschiedene Besetzungen, beispielsweise Chor, Soli oder Ensembles

unterschiedlicher Zusammensetzung aufweist. Dieses Verständnis von Dialogizität

beruht allein auf dem Eindruck der Vertonung; aus librettologischer Sicht ist es unzu-

reichend. Besetzungswechsel müssen keinesfalls mit einem Wechsel zwischen verschie-

denen Personen oder Perspektiven zusammenfallen: In Rudolf Kelterborns DIE FLUT (1964)

oder auch Wolfgang Wagners HIOB (1989) enthalten lange, zusammenhängende Reden

Gottes mehrere Besetzungswechsel, um musikalische Monotonie zu vermeiden. Anderer-

seits werden Besetzungswechsel durchaus dazu eingesetzt, einen Perspektivenwechsel

deutlich zu machen. Somit ist der oberflächliche Eindruck – Aufteilung des Textes auf

verschiedene Besetzungen – zwar für sich nicht aussagekräftig, aber häufig Ausdruck

der speziellen Zeit- und Ebenenstruktur des Oratoriums, wie sie im vorherigen Abschnitt

skizziert wurde.

Dialogizität im Oratorienlibretto hängt vielmehr eng mit der im vorherigen Abschnitt

erläuterten spezifische Zeitstruktur zusammen. Folglich ist sie primär eine Eigenschaft

des Textes, die eine – unterschiedlich stark ausgeprägte – Entsprechung in der musikali-

schen Gestaltung findet. Dialogizität bedeutet demnach, dass mehrere parallele, in sich

abgeschlossene Ebenen, die sich in ihrer Erzählhaltung, in ihrer zeitlichen Positionie-

rung und in ihrer Perspektive unterscheiden, parallel ablaufen und sich gegebenenfalls

durchkreuzen. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels wird sich zeigen, dass Dialogizität in

diesem Sinne tatsächlich in nahezu allen Oratorienlibretti des betrachteten Zeitraums

vorhanden ist und somit als gattungsrelevant angesehen werden kann.

276 Ulrich Leisinger, Martin Geck: „Das deutsche Oratorium“, in Artikel „Oratorium“, MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 761

277 vgl. Artikel „Oratorium“ in Dahlhaus/Eggebrecht 1989, S. 239, ähnlich Günther Massenkeil: „Zur Terminologie und Vorgeschichte“, in Artikel „Oratorium“, MGG(neu), Bd. 7 (1997), Sp. 741 und in Massenkeil 1998, S. 5

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Im Folgenden sollen zum einen die gemeinsame Grundstruktur der Oratorienlibretti

herausgearbeitet werden, zum anderen Differenzierungsmerkmale zwischen den

verschiedenen Ausprägungen, die sich letzten Endes als unterschiedliche Gestaltungs-

typen von handlungs- und themenorientierten Oratorien interpretieren lassen.

3.2.2 Die Ebene des Geschehens

In handlungsorientierten Oratorien enthält die EBENE DES GESCHEHENS die Fabel des Textes.

Sie bildet das Stoff- und Handlungsgerüst. Wenn die Handlung nicht vollständig drama-

tisch umgesetzt ist – was nur bei den wenigen szenischen Oratorien der Fall ist –, ist ein

wesentlicher Bestandteil der Ebene des Geschehens der ERZÄHLERBERICHT. Im Erzähler-

bericht wird ein Geschehen von einer aus der Handlung heraustretenden, zu ihr in

zeitlicher oder emotionaler Distanz stehenden Erzählerfigur vorgetragen. Diese wird in

der Regel durch einen Solisten (Sänger oder Sprecher) realisiert, der häufig eindeutig im

Text explizit als Erzähler oder Evangelist bezeichnet ist.

So tritt in Marcel Rubins LICHT ÜBER DAMASKUS ein „Evangelist“ auf, der die Geschichte der

Bekehrung des Saulus zum Paulus278 erzählt. Jürgen Blume und Eugen Eckert HIOB

setzen einen als „Erzähler“ betitelten Solisten ein, der die Hiobsgeschichte in freier

Nacherzählung vorträgt. In Frederik Schwenks DIES SEPTIMUS stellt der „Historicus“ die

Erzählerfigur dar. In anderen Oratorien ist ein nicht näher gekennzeichneter Sprecher

der Erzähler: in NOAHS TOCHTER von János Tamás und Claudia Storz, GILGAMESCH von Alfred

Uhl und Andreas Liess, VON DEN MÜHEN DER HEIMKEHR von Matthias Drude und Dietrich

Mendt, DAS LICHT DER ENGEL von Otfried Büsing und andere mehr. In Marcel Rubins

AUFERSTEHUNG sowie Matthias Drudes und Dietrich Mendts WEIHNACHTSORATORIUM sind die

Passagen des Solisten bzw. Sprechers zusätzlich mit „Evangelium“ gekennzeichnet und

lassen sich dadurch eindeutig als Erzählerbericht identifizieren.

Bisweilen wird der Erzählerbericht in der Vertonung nicht einem einzigen Erzähler,

sondern wechselnden Solisten zugeordnet, z. B. in Wolfgang Stockmeiers JESUS, Henning

Frederichs’ HIOB und Helmut Eders und Herbert Voggs NON SUM QUALIS ERAM. Der Erzähler-

bericht kann auch von einem Chor oder Kammerchor vorgetragen werden: in Ernst

Kreneks OPUS SINE NOMINE beispielsweise tritt ein „Erzählerchor“ auf. In solchen Fällen ist

die Ebene des Geschehens anhand der neutralen Erzählhaltung, der auktorialen

Perspektive und der fortlaufenden Handlung zu erkennen.

278 Apostelgeschichte 6-9

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Ebenso wie der Erzähler ein unbeteiligter Dritter, ein außerhalb der Handlung stehender

Berichterstatter sein kann, wie in den genannten Beispielen, kann er auch ein Augen-

zeuge sein. Dieser ist nicht auktorial gestaltet, nimmt aber eine zeitliche und emotionale

Distanz zum Geschehen ein. Beispiele hierfür sind Prometheus in dem gleichnamigen

Oratorium von Alfred Koerppen sowie Maria Magdalena in Henning Frederichs’ PASSIONS-

ERZÄHLUNG DER MARIA MAGDALENA. Beide erzählen im Rückblick ihre Geschichte, wobei sie

sich direkt an den Zuhörer richten. Sie nehmen eine vermittelnde Stellung zwischen dem

Zuhörer/Leser und der Handlung ein; die Erzählzeit lässt sich nicht eindeutig zwischen

dem „heute“ des Verfassens bzw. Zuhörens/Lesens und dem „damals“ des Berichteten

lokalisieren.

In dramatisch angelegten Oratorien setzt sich die Ebene des Geschehens zu großen

Teilen aus den Handlungen und Äußerungen der beteiligten Personen zusammen. Solche

überwiegend dramatischen Oratorien, die in früheren Zeiten weit verbreitet waren279,

sind im 20. Jahrhundert selten. Zu nennen sind hier nur die wenigen szenischen

Oratorien280 sowie die Oratorien Johannes Driesslers.

Häufiger als die rein dramatische Gestaltung der Ebene des Geschehens ist eine

Mischform, in der der Erzählerbericht durch szenisch-dramatische Passagen ergänzt

wird: Einzelne Szenen werden aus dem Bericht herausgelöst und dramatisch gestaltet,

indem die beteiligten Personen selbst zu Wort kommen. Häufig gilt in der musikwissen-

schaftlichen Literatur dies bereits als ‚Dialogizität‘. In der Regel handelt es sich nur um

einen Besetzungswechsel (wenn z. B. wörtliche Rede Jesu von einem Solisten übernom-

men wird), wohingegen der zugrunde liegende Textabschnitt vollständig der Ebene des

Geschehens zuzuordnen wäre.

In Oratorien, in denen die Reden und Ansichten der handelnden Personen viel Raum

einnehmen, ist die Frage, ob es sich noch um einen Teil des Geschehens oder um Kom-

mentare dazu handelt, nicht immer eindeutig und nur im Rahmen einer Interpretation

zu beantworten. Beispielsweise nimmt in DAS FLOß DER MEDUSA von Hans Werner Henze und

Ernst Schnabel der persönliche Bericht des Mulatten Jean-Charles breiten Raum ein.

Gleichzeitig tritt in der Figur des Charon ein auktorialer Erzähler auf. Während Charon

über Vergangenheit und Zukunft blickt, von menschlichen Regungen unberührt, be-

findet sich Jean-Charles unmittelbar im Geschehen, das er schildert. Zwar ist er ein

Außenseiter, weniger durch seine symbolisch zu verstehende Hautfarbe als vielmehr

279 man denke beispielsweise an die alttestamentlichen Oratorien Georg Friedrich Händels und die Werke seiner Zeitgenossen

280 nämlich Horst Ebenhöhs Virata, Henning Frederichs’ Petrus, Alfred Uhls Gilgamesch sowie Heinz Wunderlichs Maranatha. Vgl. auch Abschnitt 2.2.3, S. 57f

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durch seine selbst in Todesgefahr nicht zu zerstörende Mitmenschlichkeit. Er kann

dadurch einiges reflektieren, wirklich lösen kann er sich jedoch aus der Situation nicht.

Insofern nehmen Jean-Charles’ Schilderungen eine Zwischenstellung zwischen Erzähler-

bericht und Kommentar ein.

Selbstverständlich kann es eine Ebene des Geschehens nur dort geben, wo überhaupt

eine Handlung zumindest in Ansätzen vorhanden ist; in themenorientierten Oratorien

fehlt sie meist ganz.

3.2.3 Reflexions- und Kommentarebenen

Zu dem Geschehen treten weitere Erzählebenen: Kommentare zum Geschehen, Medita-

tionen, Choräle und Ähnliches, die ich im Folgenden REFLEXIONS- oder KOMMENTAREBENEN

nennen werde. Die verschiedenen Reflexionsebenen unterscheiden sich untereinander,

aber auch von der Ebene des Geschehens durch Erzählhaltung und -perspektive,

Erzählzeit, häufig auch durch Stil und Versmaß. Oft markiert auch ein Sprachwechsel

den Übergang zwischen zwei Ebenen.

ERZÄHLHALTUNG, -PERSPEKTIVE UND -ZEIT

Entscheidend für die Zugehörigkeit zu einer Ebene ist die Erzählperspektive, die

Erzählhaltung sowie die Erzählzeit des jeweiligen Textabschnitts. Zum auktorialen

Erzählerbericht treten typischerweise verschiedene Reflexionsebenen: einerseits

kollektive Glaubensäußerungen wie Gemeindechoräle und Gebete, andererseits per-

sönlich-subjektive Stellungnahmen, die aus der Sicht der heutigen Zeit das Geschehen

kommentieren und aus denen sich häufig ein Dialog zwischen gläubigen und zweifelnden

Stimmen entwickelt.

Folglich zeichnen sich die Reflexionsebenen primär dadurch aus, dass neben dem

auktorialen Erzählerberichts ein „ich“ oder „wir“ auftritt, das exemplarisch seine

Anschauungen, Gedanken und Gefühlen Ausdruck artikuliert.

Beispielsweise wird in der ALTDORFER-PASSION von Augustinus Franz Kropfreiter der synop-

tische Passionsbericht von „Lamentationen“ unterbrochen, deren Text – den Klageliedern

Jesajas entnommen – der Hoffnung im Glauben Ausdruck verleiht: „Meinen Rücken bot

ich den Schlägen dar und meine Wangen den Raufern. Hab mein Angesicht von denen

nit abgewendet, die mich schmäheten und bespeieten. Gott der Herr ist mein Helfer,

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darum bin ich nit zuschanden worden.“281 Diese personale Sprechweise hebt sich

deutlich ab von dem überwiegend auktorial gehaltenen Passionsbericht.

Der Sprecher im PASSIONSBERICHT DER MARIA MAGDALENA von Henning Frederichs, der von

Maria Magdalena den Augenzeugenbericht fordert, steht ebenfalls eindeutig außerhalb

der biblischen Handlung. Durch die direkte Anrede Marias und seine Aufforderung „Rede

Du Maria, Maria aus Magdala, erzähle, was Du gehört und gesehen; sag’ uns, was

geschah – an dem Tage da unser Herr – Jesus Christus – gekreuzigt und gestorben“282

gibt er sich als Stellvertreter der heutigen Glaubensgemeinschaft oder auch des

Publikums/ Lesers zu erkennen.

Als typisch kann der Fall angesehen werden, wenn Choräle den Erzählerbericht

unterbrechen: der auktorialen Erzählhaltung der Ebene des Geschehens werden

kollektive Glaubensäußerungen gegenübergestellt. Statt der neutralen Erzählweise

kennen die Choraltexte ein personales Subjekt, ein „ich“ oder „wir“. Der Choral vertritt

damit die Gemeinde oder die Gemeinschaft aller Christen und nimmt eine grundsätzlich

kollektiv-subjektive Perspektive ein, die durch den Choraltext sprachlich überhöht wird.

Die Erzählzeit der Choräle ist nicht eindeutig auszumachen; sie liegt jedoch eher in der

Zeit des Zuhörers/Lesers als in der Zeit des berichteten Geschehens. Unter anderem

weisen die Oratorien Marcel Rubins (AUFERSTEHUNG, LICHT ÜBER DAMASKUS) eine solche

Gegenüberstellung von Bibelbericht und kollektiv-subjektivem Glaubensreflex auf.

Ebenso können einzelne Personen aus der Handlung heraustreten und dem auktorialen

Bericht ausführliche Reflexionen aus einer eigenen Perspektive hinzufügen. Dies ist

besonders bei den Hiob-Oratorien (Jürgen Blume/Eugen Eckert, Henning Frederichs,

Hermann Haller, Wolfram Wagner) der Fall, in denen die Klagen Hiobs und die „Trost-

reden“ der Freunde einen breiten Raum einnehmen und stellvertretend für den

menschlichen Zweifel an Gott und neue Hoffnung im Glauben stehen.

EXPLIZITE BENENNUNG

Bei einigen Oratorien sind Personen oder Personengruppen, deren Textpassagen eine

eigene Reflexionsebene bilden, explizit benannt – besonders bei themenorientierten

Werken, in denen eine Handlung nur eine untergeordnete Rolle spielt. So treten in

Joseph Haas’ DIE SELIGEN die „Gottsuchenden“, die „Betrachtenden“, die „Kinder der Welt“,

der „Rufer in der Wüste“, die „Seligen“ und die „Geläuterten“ auf. In János Tamás’ und

281 Jesaja 50, 6f; vgl. Kropfreiter, Altdorfer-Passion, Nr. 14 Meditation (Lamentation I)

282 Frederichs: Passionserzählung der Maria Magdalena, S. 50. Der zitierte Textabschnitt ist der Ostersequenz entnommen (das so genannte „Dic nobis“).

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Claudia Storz’ NOAHS TOCHTER beispielsweise werden – neben dem Sprecher, der den

Erzählerbericht vorträgt – ein „Spottchor“, der „Chor der Söhne“, der „Chor der

Angehörigen Noahs“ und der „Chor der Tochter“ eingeführt.

Nicht immer jedoch bedeutet eine explizite Benennung, dass es sich um eine eigene

Ebene handelt. Mehrere „handelnde“ Personen können beispielsweise zu einer Ebene

zusammengefasst werden (meistens gehören sie zur Ebene des Geschehens). Wo die

Benennung überwiegend auf Besetzungsangaben basiert, kann ein und dieselbe Be-

setzung durchaus verschiedene Funktionen und Perspektiven einnehmen, so dass sich

die Ebenengrenzen nicht anhand der Benennung bestimmen lassen. Üblicherweise

betrifft dies vor allem den Chor, der einerseits in der Handlung als Vertreter größerer

Menschenmengen auftritt, andererseits als menschliches Kollektiv der heutigen Zeit,

oder aber überzeitlichen Glaubensäußerungen – beispielsweise in Chorälen – Ausdruck

verleiht.

SPRACHE

Ein deutlicher Hinweis auf einen Ebenenwechsel ist ein Sprachwechsel. Zwar kann es

mehrere Ebenen in ein und derselben Sprache geben; Textpassagen verschiedener

Sprachen lassen sich jedoch immer verschiedenen Ebenen zuordnen.

In überwiegend deutschsprachigen Oratorien – andere wurden ja in dieser Arbeit nicht

berücksichtigt – wird besonders häufig das Lateinische verwendet. In der Regel handelt

es sich dabei um Ausschnitte aus der Vulgata oder um liturgische Texte. In DER SCHREIN

DER MÄRTYRER von Bertold Hummel und Paul-Werner Scheele ist es der Erzählerbericht, die

vom Evangelisten vorgetragene Passionsgeschichte, die im lateinischen Original steht. In

anderen Oratorien, wie der PASSION von Anton Vögele, bilden Texte aus der lateinischen

Liturgie eine eigene Reflexionsebene.

Ähnlich verhält es sich bei überwiegend hebräisch-aramäischen Oratorien Oskar Gottlieb

Blarrs (JESUS-GEBURT, JESUS-PASSION), die aufgrund der geringen deutschen Textanteile in

dieser Arbeit nicht berücksichtigt wurden: hier fallen die deutschen Passagen durch die

Sprachwahl deutlich aus der (aramäischen) Ebene des Geschehens heraus und bilden

eigene Kommentarebenen.

In DAS FLOß DER MEDUSA von Hans Werner Henze und Ernst Schnabel schließlich singt der

„Chor der Toten“ ausschließlich italienisch. Dadurch unterscheiden sich die Toten

eindeutig von den deutsch singenden Lebenden.

284 Blume/Eckert: Hiob, Nr. 2 Chor

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VERSMAß UND STIL

Das Versmaß gibt weitere Hinweise für die Zuordnung einzelner Textabschnitte zu einer

bestimmten Kommentarebene. Ein hinreichendes Kriterium für einen Ebenenwechsel ist

es allerdings nicht: Passagen in Prosa oder im gleichen Versmaß können durchaus

verschiedenen Ebenen angehören, wenn sie eine unterschiedliche Erzählhaltung

einnehmen.

Grundsätzlich kann jedoch davon ausgegangen werden, dass gebundene Rede innerhalb

eines überwiegend epischen Textes mindestens eine weitere Ebene konstituiert. Auch

Choräle bilden üblicherweise eine eigene Reflexionsebene. Sie sind ebenfalls anhand

ihrer Textform leicht zu erkennen: In der Regel bestehen sie aus kurzen Strophen mit

paar- oder kreuzweisem Endreim. Dies gilt nicht nur für alte Choraltexte, sondern auch

für choralartige Neudichtungen, wie sie sich beispielsweise in HIOB von Jürgen Blume

und Eugen Eckert finden:

Gott, mit Zittern und mit Zagen stelle ich dir meine Fragen, sag dir, was mich zweifeln lässt - nicht allein am Sinn des Lebens, auch an dir! Frag ich vergebens: Hältst du noch die Erde fest?284

Daneben finden sich im Oratorienlibretto auch ungereimte lyrische Formen, die separate

Reflexionsebenen konstituieren. Rupert Gottlieb Friebergers MYSTERIUM CRUCIS beispiels-

weise enthält mehrere Gedichte von Kurt Marti. Zwei davon (Nr. 1 und Nr. 13) sind in

einem neutralen, fast lakonischen Tonfall gehalten; ein lyrisches Ich kommt nicht vor.

Die Zeilen sind bei beiden Gedichten extrem kurz; sie bestehen aus maximal drei

Wörtern. Diese beiden Gedichte lassen sich zu einer Reflexionsebene zusammenfassen,

die versucht, das Geschehen (die Kreuzigung Jesu) in neuem Licht zu sehen. Zwei

wesentliche Botschaften formuliert Marti: „welcher mut“ doch diesem „messias/aber

ohne/ macht“ eigen ist,285 und das Paradox, das die Sprengkraft der Passionsgeschichte

ausmacht:

der für liebe stritt stirbt von hass durchbohrt286

285 Frieberger: Mysterium Crucis, Nr. 1: Introductio

286 Frieberger: Mysterium Crucis, Nr. 13

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Ein anderes Gedicht von Marti bildet eine eigene Reflexionsebene. Anders als in den

beiden anderen Gedichten tritt ein subjektives, lyrisches Ich auf, das in eindringlicher,

bildhafter Sprache den Verrat des Judas kommentiert:

schöner judas da schwerblütig nun und masslos die sonne ihren untergang feiert berührst du mein herz und ich denke dir nach287

An diesem Beispiel ist zu sehen, dass Versmaß und Form ein Aspekt für die Bestimmung

einer Reflexionsebene sein können; den Ausschlag geben jedoch die Perspektive und die

Erzählhaltung.

TEXTQUELLEN

Wie sich in den vorherigen Abschnitten schon andeutete, spielt auch die Herkunft des

Textes eine Rolle für die Zuordnung zu einer Reflexionsebene. Wie wir weiter oben bereits

gesehen haben,288 liegt die eigentliche Funktion solcher intertextueller Verfahren in der

Erzeugung eines bestimmten Sub- oder Kontextes. Dieser kann bei der Bestimmung

einzelner Ebenen durchaus eine Rolle spielen.

Choräle beispielsweise sind häufig den alten Gesangbuchtexten entnommen oder

zumindest entlehnt. Sie sind natürlich auch an den oben genannten Kriterien (Erzähl-

perspektive, Versmaß etc.) zu erkennen. Zudem sind Choräle mit Gemeindegesang

konnotiert, also einem kollektiven Subjekt zugeschrieben. Mehrere Choräle in einem

Oratorium werden vom Rezipienten dadurch bereitwillig zueinander in Bezug gesetzt und

als Einheit empfunden.

Ähnlich ist auch der oben bereits erwähnte „Chor der Toten“ in DAS FLOß DER MEDUSA von

Hans-Werner Henze und Ernst Schnabel nicht nur durch den italienischen Text ein-

deutig gekennzeichnet, sondern zusätzlich durch die Tatsache, dass dieser vollständig

aus Zitaten aus Dantes GÖTTLICHER KOMÖDIE besteht.

BEZÜGE

Textinterne Bezüge spielen ebenfalls eine Rolle bei der Distinktion der verschiedenen

Ebenen des Oratoriums. Einzig in der Ebene des Geschehens sind syntagmatische

287 Frieberger: Mysterium Crucis, Nr. 5

288 vgl. Abschnitt 2.5.3, S. 98ff

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Bezüge, nämlich die zeitliche Progression des Handlungsverlaufs, vorherrschend. Bezüge

zu anderen Ebenen weist die Ebene des Geschehens jedoch nicht auf; sie ist vollständig

in sich abgeschlossen.

Die Reflexionsebenen unterscheiden sich von der Ebene des Geschehens dadurch, dass

Bezüge innerhalb der einzelnen Ebenen hinter denen zu anderen Ebenen – vor allem zur

Ebene des Geschehens – deutlich zurücktreten. Ein Abschnitt einer Reflexionsebene

bezieht sich in der Regel auf das unmittelbar zuvor Geschilderte: er unterbricht das

Geschehen und kommentiert oder interpretiert den gerade erreichten Handlungspunkt.

Im Gegensatz zur Ebene des Geschehens, in der der Faden immer wieder aufgenommen

wird, sind jedoch in den Reflexionsebenen Bezugnahmen auf frühere Einschübe, die der

gleichen Reflexionsebene zuzurechnen sind, eher selten.

In themenorientierten Oratorien, in denen die Ebene des Geschehens fehlt, verändert

sich die Art der Bezüge zwischen den Ebenen: Anstelle der Bezüge auf die Ebene des

Geschehens entsteht ein Geflecht aus gegenseitigen Bezügen der Kommentarebenen

untereinander. Auf diese für die Struktur des Oratoriums entscheidenden paradigma-

tischen Bezügen werden wir in Abschnitt 3.4 ausführlich zu sprechen kommen.

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3.3 STRUKTURFORMEN DES ORATORIUMS

Für die weitere Untersuchung können wir die Oratorienlibretti nun einerseits quantitativ

anhand der Zahl der vorhandenen Ebenen klassifizieren, andererseits qualitativ. Die

qualitative Klassifikation berücksichtigt, wie die verschiedenen Ebenen zueinander

stehen, ob und in welchen Maße sie aufeinander Bezug nehmen, wie sie angeordnet sind

bzw. wie stark sie ineinander verschränkt sind, und wie dominant ihre jeweilige Stellung

innerhalb des Gesamttextes ist.

Die Ebenenstruktur eines Oratorienlibrettos kann man sich auf einer doppelten Skala

angeordnet vorstellen: Die quantitative Skala reicht vom eindimensionalen Oratorientext

bis zum vielstimmigen Gewebe, in dem sich kaum noch zusammengehörige Ebenen

ausmachen lassen. Die qualitative Skala reicht von einer starken Abgegrenztheit und

geringen Interaktion der verschiedenen Ebenen bis hin zu einer hohen Durchdringung

und einem dichten Geflecht von Bezügen und Bezugnahmen.

Im Folgenden ist erstes Unterscheidungskriterium, ob sich eine Ebene des Geschehens

nachweisen lässt. Ist dies der Fall, so wird überprüft, ob sich Kommentarebenen finden

und ob diese mit der Ebene des Geschehens eingewoben sind, indem sie den Handlungs-

verlauf unterbrechen, oder nicht. Die sich daraus ergebenden Strukturformen nenne ich

zusammengefasst BERICHTENDE FORMEN.

Die Strukturformen ohne Ebene des Geschehens sind die DIALOGISCHEN FORMEN. Hier ist die

Interaktion der vorhandenen Kommentarebenen entscheidend; die bloße Anzahl der

Ebenen wirkt sich in der Regel nicht strukturell aus.

3.3.1 Erzählen und zeigen: der Bericht

Der REINE BERICHT stellt die eindimensionale Form des Oratorientextes dar. In dramatisch

angelegten Texten kommen zwar möglicherweise mehrere Personen und somit mehrere

„Stimmen“ vor, das Geschehen spielt sich jedoch auf einer einzigen Ebene ab, die nicht

von Kommentaren oder anderen Einschüben durchbrochen wird. Liegt dem Bericht ein

epischer Text zugrunde, wird dieser in der Regel mit wechselnden Besetzungen

vorgetragen.

Ein Beispiel für einen episch angelegten Bericht ist Wolfgang Stockmeiers JEFTA UND SEINE

TOCHTER. Textgrundlage ist eine Erzählung von Lion Feuchtwanger, die wörtlich (wenn

auch gekürzt) im Wechsel von Chor und Solisten vorgetragen wird.

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Dramatisch angelegte Oratorien, in denen die auftretenden Personen keine kommen-

tierende Funktion außerhalb der Handlung erkennen lassen, zählen ebenfalls zu den

Reinen Berichten. Ein Beispiel ist Johannes Driesslers Oratorium GAUDIA MUNDANA.

Das Kriterium der Dialogizität ist bei diesem Strukturtypus vom Text her nicht gegeben.

Ein entsprechender oberflächlicher Eindruck ergibt sich nur aufgrund der wechselnden

Besetzungen in der Vertonung. Reine Berichte sind allerdings sehr selten; außer den

genannten beiden sind mir keine bekannt. Insofern darf das Fehlen dialogischer Struk-

turen im Oratorienlibretto als Ausnahme angesehen werden, bei der sich Einflüsse

benachbarter Gattungen wie der Oper oder älterer, im Zuge der kirchenmusikalischen

Erneuerungsbewegung wiederbelebter Vokalgattungen (z. B. der Historie) bemerkbar

machen.

3.3.2 Beschreiben und deuten: der Kommentierte Bericht

Im KOMMENTIERTEN BERICHT treten zur Ebene des Geschehens eine oder mehrere Kommen-

tarebenen. Dies ist die typische Struktur eines handlungsorientierten Oratoriums: 38

Oratorientexte, also gut die Hälfte der untersuchten Libretti, lassen sich ihm zuordnen.

Der Vorläufer dieses Strukturtypus findet sich in der Drei-Ebenen-Dramaturgie, die im

frühen 19. Jahrhundert als vorbildhaft für das Oratorium galt.289 Ihr zufolge vereint das

ideale Oratorium einen episch-dramatischen Bericht mit lyrischen Gefühlsäußerungen in

den Arien und kommentierenden Reflexionen in den Chören.290 Dieser Auffassung folgt

im übrigen auch die oben zitierte Interpretation der Matthäus-Passion von Emil Platen,

die am Anfang unserer Überlegungen zur Ebenenstruktur stand.291

Im Gegensatz zur herkömmlichen Einteilung Rezitativ – Arie – Choral variiert die Anzahl

und die Ausgestaltung der Reflexionsebenen im zeitgenössischen Oratorium stark. Die

althergebrachte Form mit zwei Reflexionsebenen (Arien als Kommentare eines subjek-

tiven, gläubigen Ichs sowie Choräle als Reflexion der Gemeinde) ist eher selten. Auch

Umfang und Stellenwert der Reflexionsebenen gegenüber der Ebene des Geschehens

variieren.

Dem Reinen Bericht sehr nahe steht Rudolf Kelterborns DIE FLUT. Dieses Oratorium weist

nur eine einzige, stark reduzierte Kommentarebene auf. Sie beschränkt sich auf wenige

289 vgl. Kirsch 1986, S. 224f.

290 Kirsch 1986, S. 226

291 vgl. Abschnitt 3.1.2, S. 107f.

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„Meditationen“, die an drei Stellen in den Genesis-Bericht der Sintflut eingestreut sind.

Ähnlich verfährt auch die ALTDORFER-PASSION von Augustinus Franz Kropfreiter und Hans-

Hubert Schönzeler. Sie unterbricht den synoptischen Passionsbericht nur dreimal für

eine längere Meditation, die aus Bibelworten zusammengestellt ist.

In vielen Oratorien mit einer einzigen Reflexionsebene tritt der Chor in Chorälen oder

choralartig gereimten Passagen als Stellvertreter der gläubigen oder auch zweifelnden,

verunsicherten Gemeinde dem Geschehen gegenüber. In Waldemar Blochs PASSIO DOMINI

beispielsweise wird der synoptische Passionsbericht von traditionellen Choraltexten

unterbrochen, die Gläubigkeit und Verehrung ausdrücken. In Jürgen Blumes und Eugen

Eckerts HIOB hingegen artikulieren die Choräle den Zweifel und die Sehnsüchte moderner

Gläubiger, für die sich das überlieferte Gottesbild nur schwer mit der Wirklichkeit

vereinbaren lässt.

Dem traditionellen Drei-Ebenen-Typus entsprechen VON DEN MÜHEN DER HEIMKEHR von

Matthias Drude und Dietrich Mendt sowie DAS FEUER DES PROMETHEUS von Alfred Koerppen.

Die Erzählerberichte – das biblische Buch Esra bzw. eine Paraphrasierung des antiken

Prometheus-Mythos – werden einerseits von kollektiven, andererseits von individuell-

subjektiven Kommentaren durchkreuzt. Während in beiden Oratorien der Chor eine

übergeordnete Perspektive einnimmt, sind die Soli sehr unterschiedlich gestaltet: bei

Koerppen vertreten sie das moderne Publikum, bei Drude sprechen sie aus der Zeit des

Geschehens heraus.

An den Drei-Ebenen-Typus eng angelehnt sind auch die NGL-Oratorien von Siegfried

Fietz und Johannes Jourdan (PETRUS, PAULUS, SIEHE ICH BIN DES HERRN MAGD u. a.) zu. Jedoch

verschwimmt bei ihnen streckenweise der Unterschied zwischen der individuellen

Reflexionsebene (Arien) und dem Gemeindekommentar (Chöre).

Ein modifiziertes Drei-Ebenen-Modell bietet NON SUM QUALIS ERAM von Helmut Eder und

Herbert Vogg, bei dem die Ebene des Chors den „unschuldig[en], von keiner Reflexion

gebrochenen Glauben“ darstellt und die andere (solistisch besetzte) Reflexionsebene die

„Brechung der Unschuld des ursprünglichen Glaubens“.292

Demgegenüber legt Marcel Rubin zwar in seinen beiden Oratorien (AUFERSTEHUNG, LICHT

ÜBER DAMASKUS) von der Besetzung her einen klassischen Drei-Ebenen-Typus an, im Text

jedoch zeigen die Arien und die Chöre keine signifikanten Unterschiede und müssen

deshalb einer einzigen Kommentarebene zugerechnet werden.

292 vgl. Matejka 1977

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Eine differenzierte Struktur der Kommentarebenen hat Anton Vögele in PASSION

geschaffen. Der in Sprechsoli artikulierte persönlich-individuelle Kommentar zum

Geschehen entspricht weitgehend den Arien des traditionellen Drei-Ebenen-Modells.

Dazu treten zwei weitere Ebenen: Der Sprechchor ist dem Chor der griechischen Tragödie

verwandt und begleitet „nach Art der alten griechischen Tragödie das Geschehen

warnend und klagend“293. Der Gesangschor ist dem Geschehen fast vollständig entrückt

und hat eine Funktion, die man am ehesten als liturgisch bezeichnen könnte.

In NOAHS TOCHTER von János Tamás und Claudia Storz findet sich eine ähnliche

Konstellation. Das vom Sprecher vorgetragene Geschehen wird von verschiedenen

Chorgruppen kommentiert. Der „Spottchor“ steht Noahs Tun mit vollkommenen

Unverständnis gegenüber; der „Chor der Söhne Noahs“ verteidigt es. In „lyrischen

Zwischengesängen“ formulieren die Angehörigen Noahs ihre Angst angesichts des

Bevorstehenden. Mit der Figur der Tochter schließlich, die sich am Ende der Arche

widersetzt, artikuliert sich die Stimme eines von modernen Erfahrungen geleiteten

Gewissens.

Eines der interessantesten – und dank der Umstände seiner (verhinderten) Uraufführung

vermutlich auch bekanntesten – Oratorien dieses Strukturtypus ist DAS FLOß DER MEDUSA

von Hans Werner Henze und Ernst Schnabel. Als Berichterstatter tritt Charon auf.

Zusammen mit den zu Wort kommenden, weitgehend anonym bleibenden Floßinsassen

und Kindern („Chor der Lebenden“ und Kinderchor) bildet sein Bericht die Ebene des

Geschehens. Dazu tritt als erste, nicht vollständig von der Ebene des Geschehens zu

separierende Reflexionsebene der Augenzeugenbericht des Jean-Charles. Den Floßin-

sassen, die dem Zuhörer als mal verzweifelte, mal grausame, mal hoffnungslose, immer

jedoch gesichtslose Masse gegenübertreten, setzt er den Willen zum Überleben, zum

Mitleid und zur Solidarität entgegen. Er reflektiert die Situation, anstatt sich ihr

auszuliefern.

Einen Kontrast zu dieser Haltung, aber auch einen Kontrapunkt zum Geschehen liefert

die zweite Reflexionsebene, die der „Chor der Toten“ einnimmt. In Worten aus Dantes

GÖTTLICHER KOMÖDIE entwerfen sie die – für die Sterbenden und Hoffnungslosen immer

verlockendere – Vision eines von irdischen Qualen erlösenden Jenseits, dem aber auch

das menschliche Mitfühlen verloren gegangen ist. Diese Reflexionsebene ist sprachlich

293 vgl. Vögele 2002

295 Schon an diesem kurzen Zitat zeigt sich das von Driessler verwendete Verfahren, den Text vollständig aus Bibelzitaten zusammenzustellen, die teilweise bis zur Unkenntlichkeit fragmentiert und aus dem Zusammenhang gerissen werden. „Es ist in keinem anderen Heil“ stammt aus Apostelgeschichte 4, 12, „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“ aus Hebräer 13, 8, „Von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge“ aus Römer 11, 36.

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von den anderen Ebenen deutlich abgesetzt: sie verwendet ausschließlich den italieni-

schen Originaltext Dantes.

Die allegorische Figur La Mort nimmt eine interessante Zwischenstellung ein. Ihre

Verlockungen und ihr Eingreifen sind entscheidender Bestandteil des Geschehens.

Gleichzeitig spricht sie jedoch aus einer Perspektive, die dem „Chor der Toten“ nahe

steht.

DAS FLOß DER MEDUSA ist ein Beispiel, wie trotz einer sehr überschaubaren Anzahl von

Reflexionsebenen ein vielschichtiger Text mit einem hochkomplexen Geflecht von

Sinnbezügen und einer hohen Durchdringung der Reflexionsebenen entstehen kann –

ohne die durch einen Erzählerbericht vorgegebene Grundstruktur völlig aufzugeben.

3.3.3 Ein Sonderfall: der Gerahmte Bericht

Aufgrund seines geringen Durchdringungsgrades von Kommentar und Bericht nimmt der

EINGERAHMTE BERICHT eine Sonderstellung ein. Hier ist die Kommentarebene auf ein

Minimum reduziert und besteht nur noch aus einer kurzen Einleitung und/oder einer

Schluss-Sentenz. Solche Kommentare bilden den Rahmen, in dem das geschilderte

Geschehen zu deuten ist.

In Wolfgang Stockmeiers JONA beispielsweise wird der wörtlich aus dem Buch Jona

übernommene epische Bericht umrahmt von Psalm 139 und einem Abschnitt aus dem

Buch Jesaja. Die einleitenden Psalmworte entwerfen den theologischen Hintergrund, vor

dem die Jona-Geschichte verstanden werden soll: „Erforsche mich, Gott, und erkenne

mein Herz; prüfe mich... Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf

ewigem Wege.“ Das Finale deutet die Geschichte nachträglich: „Meine Gedanken sind

nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr“. Als

Resümee zieht es Schlussfolgerungen für das eigene Handeln: „Suchet den Herrn,

solange er zu finden ist“.

Ähnlich verfahren die überwiegend dramatisch gestalteten Oratorien DE PROFUNDIS von

Johannes Driessler und VIRATA von Horst Ebenhöh. Bei Ebenhöh wird der Rahmen durch

den Chor mit Vorsänger gestaltet. Im Eingangschor formuliert der Chor die zentrale

Problemstellung, die im Verlauf des Oratoriums anhand des Lebens von Virata ver-

anschaulicht wird: Dass niemand frei von den Folgen seines Handelns ist, und auch

Nichtstun Handeln bedeutet. Während zu Beginn die Beschreibung des Grundproblems

im Vordergrund steht, erhält der weitgehend übereinstimmende Schlusschor durch die

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abschließenden Worte „Was ist denn Tat? Was ist Nichtstun? Der Tat Wesen ist

abgrundtief“ einen resümierenden und belehrenden Charakter.

Driessler verfährt in DE PROFUNDIS ähnlich wie Stockmeier: Das „Präludium“ umreißt die

Ausgangssituation. Der Chor als Stellvertreter der Gläubigen bittet um Rettung und

Schutz vor Frevel und Sünde. Der Schlusschor enthält – nach der Schilderung baby-

lonischer Zustände, dem Abfall von Gott und anschließender reuiger Rückkehr – ein

demütiges Schuldbekenntnis und die Bitte um Erlösung.

Ein anderes Oratorium Johannes Driesslers, DER LEBENDIGE, stellt eine Variation dieses

Strukturtypus dar. Nicht das Oratorium als ganzes, sondern jeder der vier Teile hat

einen Einleitungschor. Zusätzlich gibt es einen Schlusschor. Dieser enthält – wie bei den

schon genannten Oratorien – in zusammengefasster Form die eigentliche Botschaft: „Es

ist in keinem andern Heil: Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in

Ewigkeit. Von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge.“295 Auch Harald Heil-

manns DER SÜNDENFALL, der keine Eingangs-, sondern nur eine Abschlussbetrachtung hat,

lässt sich hier einordnen.

3.3.4 Von allen Seiten betrachtet: die Befragung

Was aber, wenn das Bezugsgeflecht nicht mehr durch eine Handlung vorgegeben ist,

sondern durch eine übergeordnetes Thema? Wenn es zwar mehr als eine Kommentar-

ebene gibt, sich die verschiedenen Ebenen jedoch nicht durchdringen? DER BAUM DES HEILS

von Thomas Daniel Schlee und Reinhard Deutsch ist solch ein Oratorium. Die Handlung,

nämlich die Legende vom Kreuzesstamm, ist der zweite von insgesamt vier Abschnitten

des Oratoriums. Der „Baum des Heils“, wie das Thema im Titel schon benannt wird,

stand der Legende nach schon im Paradies; Noah fertigte aus ihm die Arche, das Volk

Israel die Bundeslade, und schließlich wurde aus ihm auch das Kreuz Christi gefertigt.

Der in einem neutralen Erzähltonfall gehaltene epische Bericht wird ergänzt durch die

Abschnitte „Pietà“, der eine Klage Marias am Kreuz darstellt, „Offertium“, der distanziert-

überhöht die christliche Erlösungsbotschaft formuliert, und das abschließende „Laudes

Crucis“ des Chors als Anbetung der gläubigen Gemeinde. Anders als bei einem Kommen-

tierten Bericht unterbrechen die Kommentarebenen nicht den Bericht, um auf einen

Punkt der Handlung Bezug zu nehmen. Vielmehr kreisen sie um den Gedanken der

Schrifterfüllung und der schicksalhaften Verquickung verschiedener zentraler Ereignisse

der biblischen Heilsgeschichte. Es handelt sich also, obwohl auf ein Geschehen referiert

wird, eher um ein themen- als ein handlungsorientiertes Oratorium.

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Solche Oratorien, in denen der Text in einzelne, deutlich voneinander getrennte Ab-

schnitte gegliedert ist (oft in der Komposition durch Besetzungswechsel bzw. musika-

lische „Nummern“ ausdrücklich unterstützt), die das gewählte Thema aus verschiedenen

Perspektiven betrachten, nenne ich BEFRAGUNG. Die Befragung ist der am zweithäufigsten

verwendete Strukturtypus. Mit elf nachweisbaren Werken ist sie jedoch zahlenmäßig

schon erheblich seltener als der Kommentierte Bericht und macht nur etwa 15 % des

Bestandes aus.

In der Befragung setzen sich die einzelnen Abschnitte nach und nach zu einem komple-

xen, mehrschichtigen Bild zusammen. Die verschiedenen Ebenen sind dabei in Blöcken

angeordnet; der Durchdringungsgrad ist gering. Das Thema wird in der Regel im Titel

genannt und/oder im ersten Textblock vorgestellt. Die innere Dynamik des Textes folgt

bei Befragungen nur noch dort einer Handlung, wo sie als so bekannt vorausgesetzt

werden kann, dass wenige Hinweise im Text genügen, dass sie implizit mitgelesen bzw.

mitgehört wird.

Letzteres ist bei vielen Weihnachts- oder Passionsoratorien der Fall. So positioniert

Giselher Klebe im Zentrum seines WEIHNACHTSORATORIUMS eine Erzählung von Heinrich Böll,

die er mit Gedichten von Rudolf Alexander Schröder, Peter Härtling, Texten der Bibel und

anderen Texten ergänzt.296 Die Anordnung der Teile folgt der Handlung der biblischen

Weihnachtsgeschichte, die jedoch selbst im Text nicht anwesend ist (das einzige Zitat

aus dem Evangelium des Lukas ist der Friedensgruß der Engel: „Ehre sei Gott in der

Höhe“). Doch durch den Titel WEIHNACHTSORATORIUM ist der Kontext klar genannt, so dass

der Leser/Zuhörer das Oratorium vor dem Hintergrund der wichtigsten Stationen der

Weihnachtsgeschichte aufnimmt: von der Herbergssuche, der Verkündung der Hirten bis

hin zur Aufwartung der drei Könige. So wird die Einleitung „Lass schauen uns dein

Angesicht“ (ein Gedicht von Rudolf Alexander Schröder) leicht mit der Adventszeit

assoziiert, wie auch die Arie „Mache dich auf, werde Licht“ mit Zeilen aus Jesaja 59/60

die Ankunft des Herrn ankündigt, wobei das Lichtmotiv, das sich durch das ganze

Oratorium zieht, weiter ausgebaut wird. Das Duett „Flügel“ bringt die Engel ins Spiel,

und spätestens bei dem folgenden Choral „Vom Himmel hoch“ ist auch der

Leser/Zuhörer bei den Hirten auf dem Felde angekommen.

Doch wie in DER BAUM DES HEILS steht auch bei Klebe weniger die Handlung, die überlieferte

Bibelgeschichte oder Legende, als vielmehr die ihr innewohnende Botschaft im Mittel-

punkt. Insofern unterscheiden sich diese beiden Oratorien nicht grundsätzlich von

296 vgl. Maria Elisabeth Brockhoff: Giselher Klebes Weihnachtsoratorium op. 101 (1989), in Beer/Lüteken 1995, S. 581-595

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solchen, die sich überhaupt nicht mehr auf eine Handlung beziehen. Allerdings wird hier

der Verlauf des Textes noch durch die verborgene Handlung bestimmt. Oratorien, die

weder eine Handlung enthalten noch auf eine fortlaufende Geschichte referieren, ver-

wenden häufig Leitmotive oder ganze LEITTEXTE, um eine innere Geschlossenheit zu

erreichen und Spannungsbögen aufzubauen.

Ein typisches Beispiel ist VOM TODE von Karl Schiske, das Meditationen über den Kreislauf

von Leben und Sterben lose aneinander reiht. Den Zusammenhang und inhaltlichen

Fluchtpunkt stellt eine Gedichtstrophe von Rainer Maria Rilke dar, die leitmotivisch

immer wieder auftaucht und dadurch nicht nur die einzelnen Textteile verbindet,

sondern auch das Oratorium in größere Abschnitte gliedert:

O Herr, gib jedem seinen eignen Tod, das Sterben, das aus jenem Leben geht, darin er Liebe hatte, Sinn und Not.297

Dieser Leittext zum Beginn des Oratoriums stellt das Thema vor. In sechs Abschnitten

(Prolog, Frühling, Sommer, Herbst, Winter, Epilog) folgen Texte von Dichtern verschiede-

ner Epochen, die sich mit Leben, Vergänglichkeit und Tod befassen, wobei die Jahres-

zeiten für die Lebensalter des Menschen stehen. Jeder Abschnitt schließt mit einer

Wiederholung des Leittextes, der dadurch eine besondere Eindringlichkeit erhält und

gleichzeitig eine inhaltliche und formale Klammer um die anderen Abschnitte des

Oratoriums bildet.

Eine einmalige Mischform zwischen Bericht und Befragung stellt Kurt Rapfs PASSIO

AETERNA dar. Rapf stellt zwei gleichwertige Ebenen, nämlich den Passionsbericht der Bibel

und einen Leidensbericht eines KZ-inhaftierten Pfarrers, in großen Blöcken einander

gegenüber. Keiner der beiden Berichte hat Priorität vor dem andern. Damit lässt sich

nicht eine Berichtsebene gegenüber einer Kommentarebene abgrenzen; vielmehr sind

beide Ebenen Bericht und Kommentar gleichzeitig. Dazu kommt ein Rahmen: Zum

Beginn und zum Ende des Oratoriums singt der Chor das Lob Gottes.

3.3.5 Gegenseitige Ergänzung: der Dialog

In handlungsarmen, themenorientierten Oratorien müssen die Ebenen nicht in Blöcken

aufeinander folgen, wie in der Befragung. Die Ebenen können auch einen sehr hohen

Durchdringungsgrad aufweisen. Dieser Strukturtyp soll im Folgenden DIALOG heißen. Mit

elf Werken ist er genauso häufig wie der Strukturtyp Befragung.

297 Aus dem Stundenbuch, vgl. Rilke 2000, S. 100

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Im Dialog kommen mehrere kommentierende Stimmen, die unterschiedliche Perspek-

tiven einnehmen, zu Wort. Es lässt sich keine Ebene des Geschehens mehr bestimmen;

vielmehr nehmen alle Ebenen wechselseitig aufeinander Bezug. In der unmittelbaren

Bezugnahme, die sich auch in Unterbrechungen, kurzen Abschnitten und auch Gleich-

zeitigkeiten (in Ensembles) spiegelt, liegt der wesentliche Unterschied zur Befragung. In

ihrer Vielstimmigkeit, in der sich Perspektiven abwechseln, verändern und gegenseitig

durchkreuzen, spiegeln diese Libretti die Vielfalt der Assoziationen und Auslegungen, die

eine Auseinandersetzung mit der christlichen Botschaft und ihren Traditionen mit sich

bringen kann. Die Abgrenzung zu Oratorien mit dramatisch angelegter Berichtsebene ist

nicht immer eindeutig zu treffen. Denn oft sind die vorkommenden Stimmen auch direkt

an der Handlung Beteiligte. Entscheidend ist dabei, ob die Mehrzahl der Stimmen in der

Zeit und Perspektive der Handlung verharren – in diesem Fall wäre das Oratorium eher

als Kommentierter Bericht zu werten. Wenn die „handelnden“ Stimmen jedoch gleich-

zeitig reflektierend aus der Handlung heraustreten, ist von einem Dialog auszugehen.

Ebenfalls handelt sich um einen Dialog, wenn eine Handlung fehlt oder auf ein Minimum

reduziert ist.

DIE SELIGEN von Joseph Haas und Ludwig Schuster ist ein Beispiel für einen typischen

handlungslosen Dialog. Die am Dialog Beteiligten werden im Libretto explizit benannt

und auch in der Besetzungsliste aufgeführt: „das Gewissen“, „der Rufer in der Wüste“,

„die Betrachtenden“, „die Seligen“, „die Kinder der Welt“, „die Gottsuchenden“ und „die

Geläuterten“.

Die Textpassagen der Betrachtenden bilden das neutrale Grundgerüst des Dialogs. Sie

geben distanzierte, kurze Beschreibungen vom Zustand des Menschen und der Welt und

leiten so thematisch zu den nächsten Abschnitten über. Die Kinder der Welt sind die

Hauptakteure. Sie repräsentieren die Menschen, die mal schwankend im Glauben, mal

zweifelnd, zornig oder übermütig ihre irdischen Ziele verfolgen, jedoch immer wieder auf

Gott zurückkommen. Mit ihnen gleichzusetzen sind die Gottsuchenden und die Geläu-

terten, die nur jeweils einmal – nämlich im Prolog bzw. Epilog – auftreten. Im Laufe des

Oratoriums machen nämlich die Kinder der Welt einen Prozess der Läuterung hin zur

Erlösung durch: Sie werden von Gottsuchenden zu Geläuterten. Der Rufer in der Wüste

ist eine Prophetenfigur, die in Anlehnung an Johannes den Täufer gestaltet ist. Er mahnt

und droht, erinnert aber auch an die Verheißungen Gottes. Das Gewissen steuert

passende Sinnsprüche bei, die den Texten des Angelus Silesius, den Lehrbüchern des

Alten Testaments und anderen literarischen Quellen entnommen sind; es vertritt eine

allgemeine moralische Instanz. Die Seligen schließlich formulieren als Vertreter des

Wortes Gottes Aspekte der christlichen Erlösungsbotschaft.

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Diese fünf treten miteinander in einen intensiven Dialog, der beinahe schon dramatisch

genannt werden kann, wenn man davon absieht, dass so gut wie keine Handlung statt-

findet. Der Text kreist um verschiedene Aspekte der Bergpredigt. Der erste Abschnitt,

„Die Armen im Geiste“, beginnt mit einem Ausruf der Betrachtenden: „Seht die Toren!

Wie sie toben gegen Gott in wildem Wahn! Sie rotten sich zusammen zum Kampfe gegen

Gott.“298 Darauf hin treten die Kinder der Welt auf, voll rebellischem Hochmut: „Stürzen

wir doch alles Alte .../Es gibt keinen Gott!“. Das Gewissen schaltet sich ein, mahnt zur

Demut: „Mensch, dünke dich nur nicht vor Gott mit Werken viel,/denn aller Heilg’en Tun

ist gegen Gott ein Spiel“, kann aber noch nicht viel ausrichten. Auch der Rufer in der

Wüste erntet auf seinen Prophezeiungen und Drohungen nur neuen Spott der Kinder der

Welt: „Gott zu dienen ist Unsinn!“. Schließlich kommen die Seligen zu Wort, mit den

Worten der Bergpredigt: „Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmel-

reich.“ Diese Stelle markiert dien Wendepunkt. Die Kinder der Welt horchen auf: „Ist

Gnade das,/was aus den Himmeln bricht?“ Die Einwände des Gewissens finden nun

einen Widerhall. Der Rat „Besser ist, gering zu sein, als des Stolzen Beute zu teilen“ wird

von den Seligen bekräftigt mit den Worten „Was die Welt wertlos schilt,/was keinen Deut

ihr gilt,/was sie nicht schätzt und zahlt,/das hat Gott auserwählt.“. Die Kinder der Welt

nehmen die Botschaft auf: „Gott allein setzt die Werte;/es rühme sich kein Mensch vor

ihm.“ Und so können die Betrachtenden schließlich befriedigt feststellen: „Seht die Toren

haben sich gewandelt; ihre Ohnmacht haben sie erkannt, Toren sind sie nimmer. Heil

geht ihnen auf, es übermannt sie Ehrfurcht vor dem Herrn.“

Ähnlich sind auch die folgenden Abschnitte aufgebaut. Prolog und Epilog heben sich ein

wenig ab; in ihnen tritt nur das Gewissen mit den Gottsuchenden bzw. den Geläuterten

in Dialog, und es bleibt bei allgemeinen, sentenzhaften Aussagen. Der Prolog formuliert

die Aufgabenstellung an den Zuhörer, das „Lernziel“: „Mensch, werde wesentlich“. Den

Schlüssel dazu nennt der Epilog: Besinnung auf Gott und den christlichen Glauben.

DIE SELIGEN bietet ein Beispiel, wie Leittexte, die sonst vor allem in Oratorien des Struktur-

typs Befragung vorkommen, auch in anderen Formen Verwendung finden. In diesem Fall

ist der Leittext die Bergpredigt Jesu299. Der Oratorientext folgt der inhaltlichen Gliede-

rung der Bergpredigt, und behandelt in größeren Abschnitten nacheinander „Die Armen

im Geiste“, „Die Trauernden“, „Die Sanftmütigen“, „Die Hungernden und Dürstenden“,

„Die Barmherzigen“, „Die Reinen“, „Die Friedfertigen“ und „Die Verfolgten“. Fragmente

des Bibeltextes sind den sogenannten „Seligen“ in den Mund gelegt. Diese Fragmente

298 Diese und die folgenden Zitate aus Joseph Haas, Die Seligen, I. Die Armen im Geiste.

299 Matthäus 5

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lassen sich jedoch nicht zum vollständigen Prätext zusammensetzen, noch lässt sich eine

refrainartige Regelmäßigkeit erkennen, wie sie in Befragungen häufig vorkommt.

Bei Henning Frederichs’ PETRUS, zunächst als „Biblische Sensopera“ veröffentlicht, ist die

Ausgangskonstellation übersichtlicher. Dem Oratorium liegt – wie der Titel schon sagt –

die Geschichte des Petrus zugrunde, genauer: entscheidende Lebensstationen aus der

Passions- und Apostelgeschichte. Der Bericht der Handlung wird aus einem inneren

Zwiegespräch zwischen dem am Ende seines Lebens stehenden Petrus als zweifelnden,

sich rechtfertigenden Menschen einerseits und „Memoria“ andererseits, die Erinnerung

und Gewissen des Petrus darstellt, entwickelt. In den Partien Memorias findet sich die

Berichtsebene in transformierter Form wieder. Sie wird also nicht ausschließlich von

einem neutralen Standpunkt aus erzählt, sondern ergibt sich erst aus der Kombination

dieser beiden subjektiven, teilweise widerstreitenden Stimmen.

Neben Petrus und Memoria tritt der Chor auf, der größtenteils der kompositorisch-

musikalischen Ausschmückung des Textes dient und vor allem in der – von Memoria

oder Petrus zitierten – wörtlichen Rede Jesu oder größerer Menschenmengen zum

Einsatz kommt. Einleitungs- und Schlusschor bilden eine eigene, rahmengebende

Ebene, die durch einen Sprachwechsel zum Lateinischen gekennzeichnet ist. Zu dieser

Ebene, die wie bei den meisten Oratorien mit einem solchen Rahmen der thematischen

Einbettung des Oratoriums dient, lässt sich auch der Sprecher rechnen, der nur zu

Beginn des Oratoriums auftritt und mit der Schilderung der Ausgangssituation in das

Geschehen einführt.

Ein weiteres Beispiel für einen Dialog, in dem eine Kommentarebene einen Rahmen

bildet, bietet Horst Ebenhöh mit VON DER HOFFNUNG. Eingangs- und Schlusschor haben

dabei identische Texte. Während zu Beginn die Exposition der Grundsituation (die

Geburt eines Kindes wird erwartet) im Vordergrund steht, erhält bei der Wiederholung

am Ende des Oratoriums die Abschlusszeile besonderes Gewicht und liefert zusammen-

gefasst die eigentliche Botschaft des Oratoriums: „Hoffnung kommt in die Welt mit jedem

Kind“300. Gegenüber diesem Rahmen bilden den Hauptteil des Oratoriums die Betrach-

tungen der werdenden Eltern, abwechselnd Vater, Mutter und beide kollektiv im Duett

oder als Chor. Beide reden voneinander mit „ich“ und „du“; der Perspektivwechsel wird

nur durch die Besetzung durch unterschiedliche Solisten (Sopran und Bariton) eindeutig

kenntlich. Insofern könnte man dieses Oratorium auch als Eingerahmten Bericht auf-

fassen; es ist jedoch zu vermuten, dass der Besetzungswechsel schon bei der Textnieder-

schrift als Perspektivwechsel zwischen Mann und Frau angelegt wurde.

300 Ebenhöh: Von der Hoffnung, Nr. 10

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3.4 PARADIGMATISCHE STRUKTUREN

Die Erzählstruktur der Oper ist laut Albert Gier geprägt durch den „Vorrang des

Zuständlichen gegenüber dem Prozesshaften“301:

Als „Drama der absoluten Gegenwart“ besteht die Oper aus weitgehend statischen Einzelbildern, die zwar syntagmatisch zu einer Geschichte mit Ausgangs- und Zielpunkt verknüpft sind; als distinkte Einheiten sind sie aber zugleich eingebunden in ein System von paradigmatischen, d.h. den linearen Zeitverlauf transzendierenden bzw. von ihm abstrahierenden Bezügen; sinntragend sind überwiegend oder ausschließlich die paradigmatischen Strukturen.302

Die paradigmatischen Strukturen der Oper sind dabei weniger dem Zeitverlauf als

assoziativen Sinnbezügen geschuldet: „Das Libretto ... spiegelt die Wirklichkeit des

inneren Erlebens“303, nicht die Wirklichkeit einer Handlung. Wie in Gedanken oder

Träumen kann die Handlung Sprünge machen, verschiedene Erinnerungsfragmente und

gegensätzliche Empfindungen können gleichzeitig präsent sein. „Kausalzusammen-

hängen kommt dabei geringere Bedeutung zu als Oppositionen und Äquivalenzen.“304

Dies lässt sich für das Oratorium weitgehend bestätigen. Handlungsorientierte Oratorien

nutzen zwar primär die durch die Handlung vorgegebenen syntagmatischen Sinnbezüge.

Weitere Bezüge – kontrastive Oppositionen, Abschnittsüberschriften o.ä. – erweitern in

ihnen den Kontext und verdichten das Sinngefüge. Für die Reflexionsebenen spielen

syntagmatische Bezüge kaum eine Rolle. Wichtiger sind hier die paradigmatischen

Bezüge innerhalb der Ebene bzw. zwischen den Ebenen. Bei den themenorientierten

Oratorien schließlich sind mangels Handlung die paradigmatischen Bezüge vor-

herrschend. Im Folgenden sehen wir, wie diese paradigmatischen Bezüge funktionieren

und wie sie im Einzelnen aussehen können.

3.4.1 Antithetische Struktur

Ähnlich wie in der Oper begegnet uns im Oratorium häufig eine antithetische Grund-

konstellation. Dabei treffen nicht, wie in der Oper, einzelne Personen aufeinander,

sondern es werden verschiedene Sichtweisen in den Kommentarebenen einander

gegenüber gestellt. Die wichtigsten Grundoppositionen im Oratorium lassen sich durch

301 Gier 2000, S. 32

302 Gier 2000, S. 22f.

303 Gier 2000, S. 23

304 Gier 2000, S. 23

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die Begriffspaare gut/böse, Glaube/Zweifel, Gott/Welt, Seelenheil/weltlicher Erfolg

charakterisieren. Anders als in der Oper zielt die Textstrategie jedoch nicht auf „die

Aufhebung des Gegensatzes in einer Synthese“305, sondern auf die Bestätigung des

göttlichen Prinzips bzw. der darin verborgenen Botschaft der Wahrheit.

In den Hiob-Oratorien (Jürgen Blume und Eugen Eckert, Henning Frederichs, Hermann

Haller, Wolfram Wagner) liegt die zentrale Opposition auf der Hand: Zweifel an Gott und

neue Zuversicht im Glauben. Wolfgang Wagner gestaltet die Ebenen, die in seinem

Oratorium in Blöcken aufeinander folgen, entsprechend des Fortgangs der Hiob-

Erzählung: Der erste Block enthält Hiobs Klage und Zweifel an Gott, der zweite – in den

Worten von Hiobs Freund Elihu – Gottes Antwort auf Hiob. Der dritte Block spricht

neues Bangen aus, aus der Perspektive eines distanzierten Betrachters (vielleicht sogar

der heutigen Zeit): „Weh, Hiob, weh, noch bist du nicht am letzten, am einsamst letzten

Fels“306. Darauf antwortet Gott nicht; als Erwiderung bleibt (im vierten Block) einzig die

Bitte um die Nähe und den Beistand Gottes, in den Worten des 102. Psalm: „Verbirg

Dein Antlitz nicht vor mir! Neig her zu mir dein Ohr an meinem Trübsalstage! Erhöre

schnell mich, wenn ich rufe!“307. Der Bezug zwischen diesen vier Ebenen wird durch den

Kontext des Prätextes (Buch Hiob) hergestellt. Da die Hiobsgeschichte im Oratorium

nicht nacherzählt wird und somit keine Ebene des Geschehens existiert, ersetzen

intertextuelle Bezüge den syntagmatischen Handlungsbezug. Darüber hinaus ergibt sich

der Bezug zwischen den Ebenen aus dem ständigen Wechsel zwischen Klage und

Zuversicht, der die Dynamik des Textes bestimmt. Während der erste Bezug nur funktio-

niert, wenn dem Hörer/Leser der biblische Hiob bekannt ist, erschließt sich der zweite

auch einem Publikum ohne Vorkenntnisse.

Um die Opposition gut/gläubig – schlecht/gottlos ist DIE SELIGEN von Joseph Haas auf-

gebaut. Die „Kinder der Welt“, deren Passagen eine der zahlreichen Reflexionsebenen des

Werks bilden, nehmen nacheinander unterschiedliche Haltungen ein, die jeweils eine Art

der Gottesferne spiegeln: Aggressivität und Zerstörungswut, Hoffnungslosigkeit, Trauer,

Rachsucht, Verantwortungslosigkeit. Ihnen treten „das Gewissen“ und „der Rufer in der

Wüste“ entgegen, die jeweils als weitere Kommentarebenen anzusehen sind.308 Daneben

treten als weitere Vertreter der „guten“ Seite die Gottsuchenden sowie die Seligen auf, die

Vertreter des Wortes Gottes sind. Der Bezug zwischen den Ebenen wird wiederum durch

305 Gier 2000, S. 25

306 Wagner: Hiob, Teil III Gesang des Leids. Der Text dieses Abschnitts ist einem Gedicht von Karl Wolfskehl entlehnt

307 Wagner: Hiob, Teil III Gesang des Leids; vgl. Psalm 102, 2-3

308 zur Ebenenstruktur von Die Seligen vgl. auch Abschnitt 3.3.5, S. 126f.

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die Konfrontation dieser Prinzipien und den Dialog der Positionen hergestellt. Unnötig zu

erwähnen, dass sich im Lauf des Oratorium die Position der „Kinder der Welt“ immer

mehr an die der Seligen annähert. Dahingegen zeigen die anderen Ebenen keine

Entwicklung; sie sind statische Vertreter eines Prinzips.309

Eine ähnliche Grundkonstellation liegt in Johannes Driessler DER LEBENDIGE vor. Der Chor

vertritt eine verzagte, an der Nähe Gottes zweifelnde Gemeinschaft, aus der sich der Solo-

Tenor als Individuum herauslöst. Christus tritt als Vertreter der göttlichen Botschaft auf.

Eine vermittelnde Stellung nimmt die Ebene der Sopran-Soli ein: der Sopran greift die

Botschaft Christi stets als erste auf, formuliert neu gewonnene Hoffnung und Bekeh-

rungserlebnisse, von denen sich Tenor und Chor schließlich überzeugen lassen. Auch

hier findet eine Entwicklung vom (schlechten) Zweifel zum (guten) Glauben statt.

Solche dem Text zugrunde liegenden thematischen Oppositionen entsprechen dem, was

Gier als „Kontraststruktur“ bezeichnet. In der Oper werden die Oppositionspaare durch

die handelnden Personen vertreten; diese sind weniger komplexe Charaktere als Ver-

körperungen eines Prinzips.

Im Oratorium können ebenfalls einzelne Figuren Vertreter eines Prinzips sein. Häufig

treten Repräsentanten der Botschaft Gottes (Jesus, Propheten u. a.) in Opposition zu den

Unzulänglichkeiten der Welt und des Menschen. Anders als in der Oper werden im Ora-

torium jedoch nicht unbedingt Entscheidungssituationen herbeigeführt, in denen sich

die Opposition zuspitzt und schließlich auflöst. Der Grundkonflikt bleibt vielmehr inner-

halb der erzählten Geschichte bestehen, während dem Leser/Hörer eine außerhalb der

Geschichte liegende Erlösung in Aussicht gestellt wird, die in den meisten Fällen in der

christlichen Botschaft begründet liegt.

So wird in VON DEN MÜHEN DER HEIMKEHR von Matthias Drude und Dietrich Mendt der im

biblischen Buch Esra geschilderte Konflikt zwischen heimkehrenden Israeliten und den

zwischenzeitlich in Israel wohnhaft Gewordenen nicht gelöst und offen gelassen, ob er in

absehbarer Zeit gelöst werden kann. Immerhin besteht die Möglichkeit auf Besserung:

Die Menschen in Israel sind nicht besser geworden, noch nicht. Die Israeliten haben sich keinen Frieden gebracht, noch nicht. Das wiedervereinigte Land ist kein einig Volk, noch nicht. Die Grenzen sind offen geworden, aber die Herzen noch nicht.

309 siehe auch oben, Abschnitt 3.3.5, S. 127f.

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Die Sehnsucht findet Erfüllung auf dieser Erde noch nicht.310

Das Recht der Heimkehrenden, sich niederzulassen, wird schließlich per Gesetz

erzwungen:

Befehl des Königs Darius: Wenn irgendjemand diesen Erlass übertritt, der den Juden erlaubt, ihren Tempel zu bauen, so soll ihm ein Balken aus seinem Hause herausgerissen und er daran aufrecht angeschlagen werden. 311

Die Erwähnung des Todes am Balken wird an dieser Stelle genutzt, um einen Sprung in

eine ganz andere Ebene zu machen. Der Balken wird mit dem Kreuz gleichgesetzt, und

eine Verheißung formuliert, die erst aus der Perspektive christlichen Glaubens möglich

ist, der Hunderte von Jahren nach der zugrunde liegenden Bibelerzählung entstand:

Eines Tages wird Gott an den Balken geschlagen. Er stirbt am Kreuz, damit Menschen leben. Eines Tages wird Gott von dem Balken rufen: „Es ist vollbracht. Nun kann Friede werden.“ 312

3.4.2 Kontrastierende Gegenüberstellung

Eine zweite gern genutzte Opposition im Oratorium ist die Gegenüberstellung der

biblisch-christlichen Tradition mit anderen Überlieferungen und Denkweisen. Hier zielt

die Gegenüberstellung weniger auf eine Kontrastierung ab als auf das Aufspüren von

Parallelen und Ähnlichkeiten.

Oskar Gottlieb Blarr stellt in seinen Passions- und Osteroratorien der biblischen

Passionsgeschichte jüdische Überlieferungen gegenüber. Für ihn sind seine Werke ein

„klingender Beitrag zu dem, ... was hierzulande christlich-jüdischer Dialog genannt

wurde und ein Umdenken in Theologie und Kirche nach sich gezogen hat.“313 Die ver-

wendeten Bibeltexte stehen bei Blarr deswegen ausschließlich im hebräischen Original

bzw. in einer hebräisch-aramäischen Rekonstruktion, die er mit zahlreichen weiteren

310 Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 17

311 Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 18

312 Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 19

313 Oskar Gottlieb Blarr: „Wenn du auferstehst – wenn ich aufersteh’. Osteroratorium.“ Einführung im Programmheft der Uraufführung, Mannheim 3.3.1996 (siehe auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)

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Texten der jüdischen Überlieferung (wie beispielsweise das „Lied vom Lämmchen“ aus

der aschkenasischen Passah-Liturgie314) verbindet.

Das Konzept von Matthias und Hartwig Drude in den STATIONEN DER PASSION JESU ist

ähnlich. Der traditionellen biblischen Überlieferung, die – wie ein Sprecher zu Beginn

des Werkes erklärt315 – die römische Macht entlasten wollte und deshalb den Juden die

Schuld am Tod Jesu zuschrieb, stellen sie eine kritische Lesart entgegen, die die Ergeb-

nisse jüdischer Forschungen stärker berücksichtigt. Matthias Drude schreibt dazu:

Bei der Feier anlässlich der Weihe der Dresdner Synagoge sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland Paul Spiegel, dass der politische und rassistische Antisemitismus 1933-45 ohne den jahrhundertealten christlich moti-vierten Antisemitismus nicht möglich gewesen wäre.... Heute liegt der christlichen Gemeinde jeder Antisemitismus fern. Dennoch werden die Passionsberichte der Evangelien weiterhin unreflektiert gelesen und – in Motetten oder Oratorien – musiziert. Damit wird unbewusst und unabsichtlich ihre antisemitische Tendenz immer wieder erneuert.

Das Passionsoratorium ... basiert vor allem auf den Erkenntnissen des israelischen Verfassungsrichters Chaim Cohn. ... Wesentliche Prämissen der Arbeit von Cohn sind nach dem heutigen Kenntnisstand nicht anfechtbar.316

Auch in Wolfgang Klebers TEFILLA ist die Gegenüberstellung von Christen- und Judentum

von zentraler Bedeutung. Der Darmstädter Kantor und Organist wurde durch das

Stelen-Paar „Bindung und Kreuzigung“, das der israelische Künstler Igael Tumarkin

1993 für den Platz vor der Darmstädter Pauluskirche geschaffen hatte, zur Komposition

angeregt.

Die beiden Stelen symbolisieren Judentum und Christentum. Dicht nebeneinander stehend blicken sie nach der für beide Religionen heiligen Stadt Jerusalem und entsprechen in dieser Ausrichtung der für den jüdischen Gottesdienst vorgeschriebenen Gebetshaltung.

Dazu stellt Kleber Texte der christlichen und jüdischen Tradition einander gegenüber:

Biblische Szenen, deutende Passagen von Lessing, Goethe, Lasker-Schüler, Martin Buber, Elie Wiesel, Fritz Deppert, Gedichte aus Auschwitz und weitere Quellen sind zu einem breiten Gedankenstrom um die wechselvolle Geschichte und Gegenwart der Religionen zusammengeflossen. ... An zentraler Stelle wird über das Schicksal

314 vgl. Blarr: Wenn du auferstehst – wenn ich aufersteh’, Nr. 5 Das Lied vom Lämmchen – Chad gadja

315 siehe auch oben, S. 105

316 Drude: Gedanken zur Konzeption des Passionsoratoriums „Für deine Ehre habe ich mich abgemüht“, in Drude/Drude: Für deine Ehre habe ich gekämpft, gelitten (siehe auch die Angaben zur Ausgabe in Anhang 2)

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von Isaak und Jesus simultan berichtet, ein kühner Versuch, die Gemeinsamkeiten sinnfällig zu machen.317

Die kontrastierende Gegenüberstellung von christlichen und jüdischen Traditionen dient

also zwei Zielen. Zum einen soll die biblische Überlieferung in kritischem Licht gesehen

und so ein neuer, geschärfter Blick auf altbekannte Geschichten geworfen werden. Zum

anderen betont sie die gemeinsamen Wurzeln von Juden und Christen und stellt somit

einen Beitrag zur Versöhnung nach den schrecklichen Ereignissen der Nazizeit dar.

3.4.3 Motivische und thematische Bezüge

Paradigmatische Bezüge werden vor allem beim Wechsel zwischen den verschiedenen

Zeitebenen wichtig. In VON DEN MÜHEN DER HEIMKEHR von Matthias Drude und Dietrich Mendt

beispielsweise kreisen die Chöre, Choräle und Arien, die zu der Handlung hinzutreten,

um die Themen Heimat und Fremdheit, Vergangenheit und Zukunft. Fragen, ob eine

fremd gewordene Heimat noch oder wieder Heimat sein kann, und die Konflikte mit

denen, die zwischenzeitlich in der ehemaligen Heimat heimisch geworden sind, durch-

ziehen den Text wie ein roter Faden. Die verschiedenen Zeitebenen werden verknüpft,

indem bestimmte Schlagworte und Formulierungen aufgegriffen und in einen anderen

Kontext gestellt werden. Die vierte Nummer des Oratoriums beginnt mit einem Rezitativ:

Befehl des Königs Kyros: Israel soll heimkehren. Nach vierzig Jahren soll Israel heimkehren und seinen alten Tempel neu errichten und neu leben im alten Land.318

Die Zeitangabe „nach vierzig Jahren“, die in der Bibel häufig sinnbildlich für eine lange

Zeitdauer von mehr als einer Generation steht, bildet den Ausgangspunkt für den

folgenden Chor. Dieser ist in die Handlung eingebettet, befindet sich also in der Ebene

des Geschehens:

Wir möchten, dass alles wieder so wird, wie einst es war. Unsre Vergangenheit soll unsre Zukunft sein.319

317 Trapp 2001, S. 394

318 Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 4

319 Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 4

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Damit ist klar: der Wunsch heimzukehren ist eng verbunden mit dem Wunsch nach der

Wiederherstellung gewesener Verhältnisse. In der daran anschließenden Arie einer

Mutter, die sich ebenfalls noch in der Zeitebene der Handlung befindet, wird das Pro-

blematische dieser Position artikuliert. Dabei wird die Formulierung der vierzig Jahre

wieder aufgegriffen, und das zentrale Begriffspaar Heimat – Fremde problematisiert:

Ich habe Angst, Herr. Ich lebte mein Leben hier, Herr. Ich lebte hier vierzig Jahre. Die Fremde ist Heimat geworden, die Heimat ist Fremde.320

Später, nach der Ankunft der Israeliten in ihrer alten Heimat, als die ersten Konflikte

auftreten, kommt die Mutter wieder zu Wort. Ihre Arie schlägt den Bogen von der Zeit der

Handlung in die heutige Zeit, indem sie Worte wählt, die in der jüngsten deutschen

Geschichte eine feste Bedeutung erlangt haben:

Vierzig Jahre sind eine lange Zeit, Herr. Vierzig Jahre Fremde schaffen Fremdheit, Herr. Sind wir hier und die dort noch ein Volk, Herr, sind wir dein Volk, Herr?321

Spätestens hier zeigt sich, dass auch die vierzig Jahre kein beliebig gewählter Zeitraum

sind, sondern die Autoren des Oratoriums die biblische Geschichte aus dem Buch Esra

wegen ihrer zahlreichen Parallelen zur Situation im gerade wiedervereinten Deutschland

ausgewählt haben. „Sind wir hier und dort noch ein Volk“ greift die 1989 populäre

Losung „Wir sind ein Volk“, mit der die deutsche Wiedervereinigung gefordert wurde, auf

und misst sie an der Realität. Das Sinnparadigma, das VON DEN MÜHEN DER HEIMKEHR

zugrunde liegt, ist also die deutsche Befindlichkeit nach der Wiedervereinigung, die

anhand der bereits genannten Begriffpaare Fremdheit/ Heimat, Vergangenheit/Zukunft

gespiegelt wird.

Durch die Variation zentraler Motive lassen sich ganze Bezugsketten herstellen. Dies

lässt sich gut an Marcel Rubins AUFERSTEHUNG demonstrieren, das dem klassischen Drei-

Ebenen-Typus nachempfunden ist.322 Der Bericht aus Matthäus 28 wird in regelmäßigen

Abständen von einer Arie unterbrochen, die ein Motiv des Bibeltextes aufgreift und eine

subjektive Reflexion darauf gibt. In den meisten Fällen folgt auf die Arie ein Chor, der

wiederum die Aussage der Arie weiterspinnt. Beispielsweise fordert eine Arie auf die

320 Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 5

321 Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr, Nr. 13

322 Die Anlehnung an den Drei-Ebenen-Typus erfolgt vor allem über die Abfolge von Rezitativ, Arie und Choral, weniger anhand der Textgestaltung. Siehe hierzu auch Abschnitt 3.3.2, S. 121

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Nachricht des Engels am Grabe mit Worten des Angelus Silesius dazu auf, Christus

zuerst in sich selbst zu suchen, und schließt: „Gott wohnt in einem Licht, zu dem die

Bahn gebricht; wer es nicht selber wird, der sieht ihn ewig nicht.“323 An das Motiv des

Lichts knüpft der darauf folgende Chor an. Erst spricht er von der Klarheit des Wassers –

als Symbol für die Lehre Gottes –, und schließt dann direkt an die Formulierung der Arie

an mit „Dass dir im Sonnenschein vergehet das Gesicht,/sind deine Augen schuld und

nicht das große Licht.“324

Die nächste Unterbrechung der Handlung läuft ähnlich ab. Die Worte Jesu „Gehet hin

und verkündiget es meinen Brüdern, dass sie gehen in Galiläa, daselbst werden sie mich

sehen“325 empfindet das lyrische Ich der Arie als Angebot, sogar Geschenk: „Gott ist so

gut auf uns, dass ich's nicht sagen kann; begehr'n wir ihn gleich nicht, er biet't sich

selber an“.326 Mit der Aufforderung, ganz in Gott aufzugehen, fährt die Arie fort: „Wer

Gott recht finden will, muss sich zuvor verlier'n und bis in Ewigkeit nicht wieder sehn

noch spür'n. Wenn du nicht Mensch mehr bist und dich verleugnet hast, so ist Gott

selber Mensch und träget deine Last.“327 Der Chor wiederum greift diesen Gedanken des

In-Gott-Aufgehens mit den Worten „Das Reich Gottes ist in uns“ 328 auf.

Solche paradigmatischen Bezüge zwischen den einzelnen Ebenen sind wichtig für den

inneren Zusammenhalt des Textes. Sie bauen dem Leser/Zuhörer die Brücken für den

Wechsel von einer Ebene zur anderen und bewirken, dass auch Oratorien mit stark

voneinander abgehobenen Ebenen nicht als lose Sammlung von Texten, sondern als in

sich geschlossenes Werk rezipiert werden. Wo das Libretto aus Texten verschiedener

Quellen montiert ist, bewirkt die geschickte Kombination unter Ausnutzung des

motivischen Materials gar die Einheit des Textes.

3.4.4 Hinweise im Nebentext

Vielfach nutzt das Oratorium den Nebentext, um thematische Bezüge deutlich zu

machen. Während im Opernlibretto der Nebentext vor allem der Inszenierung dient,

bildet er im Oratorium einen Subtext, der sich nur dem Leser des Librettos, nicht aber

323 Rubin: Auferstehung, Nr. 7

324 Rubin: Auferstehung, Nr. 8

325 Rubin: Auferstehung, Nr. 9, nach Matthäus 28, 10

326 Rubin: Auferstehung, Nr. 10

327 Rubin: Auferstehung, Nr. 10

328 Rubin: Auferstehung, Nr. 11

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dem Hörer erschließt. Offensichtlich gehen Oratorienlibrettisten davon aus, dass der

Oratorientext zumindest ergänzend auch in seiner schriftlichen Form rezipiert, also zum

Beispiel im Programmheft oder CD-Booklet abgedruckt wird.

In Kapitel 2 hatten wir bereits etliche Werke behandelt, in denen eine Gliederung mit

Hilfe von Zwischenüberschriften vorgenommen wurde. In Karl Schiskes VOM TODE sind die

verschiedenen Nummern unter den vier Jahreszeiten gruppiert; Anton Vögele teilt seine

PASSION in verschiedene „Bilder“ wie Stationen eines Kreuzwegs ein; César Bresgen

gliedert DE TEMPORE in „Prolog“, „Von der Unruhe des Menschen“, „Von der Ordnung der

Zeit“, „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“ und „Epilog“.

Eine Durchsicht der vorliegenden Libretti zeigt, dass etwa die Hälfte eine solche explizit

im Text vorgenommene Gliederung aufweist. Diese macht sich dem Leser in der Regel

direkt durch textliche und typografische Mittel wie die Verwendung von Überschrifts-

formaten, Abständen und Trennzeichen kenntlich. Die im Text verborgenen paradig-

matischen Bezüge werden durch solche Gliederungen offen gelegt und verstärkt.

In berichtenden Oratorien dienen Zwischenüberschriften in der Regel dazu, den Beginn

einer neuen Episode zu markieren und dadurch den Text in Abschnitte zu unterteilen.

Dagegen haben Zwischenüberschriften in Oratorien der dialogischen Strukturtypen eher

die Funktion einer inhaltlichen Klammer, die den Zusammenhalt einzelner Abschnitte

bewirkt. Gleichzeitig entsteht durch die Zwischenüberschriften häufig eine innere

Systematik und Dynamik, die den Mangel an Handlung kompensiert.

Dieses Verfahren wendet beispielsweise Karl Schiske in VOM TODE an, das er nach den

Jahreszeiten, die mit den Lebensaltern gleichgesetzt werden, in die Abschnitte „Früh-

ling“, „Sommer“, „Herbst“ und „Winter“ gliedert sowie mit einem „Prolog“ und einem

„Epilog“ versieht. Als Oratorium des Strukturtyps Befragung weist es keinerlei Handlung

auf; das Voranschreiten im Leben bzw. im Jahr wird weitgehend durch diese Zwischen-

überschriften vermittelt. Zu diesem dynamischen Element bildet der Schlüsseltext,

Rilkes „O Herr, gib jedem seinen eignen Tod“, das am Ende jedes Abschnitts wiederholt

wird, ein statisches Gegenstück, eine Art Ostinato.

Auf ähnliche Weise bringt Joseph Haas Dynamik in sein Oratorium DIE SELIGEN, das sich

mit der Bergpredigt beschäftigt. Hier folgt die Handlung in den einzelnen Abschnitten

stets dem selben Muster. „Die Kinder der Welt“ beklagen den Zustand der Welt und

zweifeln an Gott; „der Rufer in der Wüste“ mahnt zur Umkehr; „das Gewissen“‘ und „die

Seligen“ bewirken schließlich die Erkenntnis der Gottesbotschaft und Hinwendung zum

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Glauben.329 Das Oratorium hat demzufolge eine weitgehend zirkuläre Struktur. Die ein-

zelnen Abschnitte jedoch sind benannt nach den in der Bergpredigt Angesprochenen. Sie

behandeln, in der Reihenfolge der Bergpredigt, „Die Armen im Geiste“, „Die Trauernden“,

„Die Sanftmütigen“, „Die Hungernden und Dürstenden“, „Die Barmherzigen“, „Die

Reinen“, „Die Friedfertigen“ und „Die Verfolgten“; wie bei Schiske umrahmt von Prolog

und Epilog, die Thema und moralische Lehre des Oratoriums verkünden. Das Libretto

folgt dabei dem Spannungsaufbau seines Prätextes, der sich von „Selig die Trauernden;

denn sie werden getröstet werden“330 bis zu „Selig, die Verfolgung leiden um der

Gerechtigkeit willen; denn ihrer ist das Himmelreich“331 stetig steigert.

Wo die Überschriften mit musikalischen Nummern (gekennzeichnet durch Pause und

Besetzungswechsel) zusammenfallen, bietet die Überschrift einen wichtigen – und oft den

einzigen – Hinweis zur Einordnung in den Kontext. So ist z. B. in Oskar Gottlieb Blarrs

WENN DU AUFERSTEHST - WENN ICH AUFERSTEH’ die Klage der Maria Magdalena, die sich aus

Ausschnitten von Gedichten von Giuseppe Ungaretti und Paul Celan, Psalm 104 und

dem Buch Jona zusammensetzt, ohne die Überschrift „Maria Magdalena am Grab“

(Nr. 7), kaum als solche zu identifizieren und einzuordnen, ebenso wenig wie die daran

anschließenden Bibelzitate als „Die Stimme Jesu“ (Nr. 8).

Zwischenüberschriften fügen folglich dem Libretto weitere paradigmatische Bezugs-

strukturen hinzu, die für das Verständnis des Textes eine wichtige Rolle spielen können.

Angesichts der Tatsache, dass eine simultane Rezeption von gesungenem Text in der

Aufführung und gedrucktem Text im Programmheft seitens der Komponisten332 offenbar

vorausgesetzt wird, zeigt sich erneut, dass der Textvermittlung im Oratorium eine

stärkere Bedeutung zukommt als in der Oper.

329 vgl. auch S. 131 und S. 127f.

330 Matthäus 5, 4

331 Matthäus 5, 10

332 Gespräche mit Komponisten ebenso wie mit Ausführenden bzw. für Aufführungen Verantwortliche (Dirigenten, Kantoren) bestätigen diese These. Bei einem Vortrag von Oskar Gottlieb Blarr zur seiner Jesus-Passion (am 16.3.2005 in Heidelberg) beispielsweise wurden Programmhefte von zwei verschiedenen Aufführungen der Jesus-Passion gezeigt (siehe Angaben im Anhang 2). Das Programmheft der Düsseldorfer Aufführung verzeichnet den hebräischen Text in Umschrift zum Mitlesen sowie die deutsche Übersetzung. Das Heidelberger Programmheft hingegen druckt den hebräischen Text im Original, in hebräischer Schrift, um, so die Aussage des Kantors Christoph A. Schäfer, zu vermeiden, dass die Besucher der Aufführung ständig den Text mitverfolgen und sich nicht mehr auf die Musik konzentrieren. Der deutsche Text ist jedoch auch enthalten; d.h. allein auf die Aussagekraft der Musik will man sich doch nicht verlassen.

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3.5 FAZIT: DIE STRUKTURELLE FORTSETZUNG DER GATTUNGSTRADITION

In den letzten Abschnitten wurde deutlich, dass die spezifische Ebenenstruktur des

Oratoriums seine besondere Erzählweise konstituiert, die durch die Dominanz para-

digmatischer gegenüber syntagmatischen Bezügen noch gestärkt wird. Anhand der

strukturprägenden Präsenz syntagmatischer Bezüge bzw. einer Handlungsebene lassen

sich zwei prototypische Strukturformen bestimmen: die berichtenden Oratorienformen

auf der einen, die dialogischen auf der anderen Seite. Die Übersichten in Tabelle 7 und 8

zeigen, dass dabei über die Hälfte der Oratorien dem Strukturtyp Kommentierter Bericht

zugeordnet werden kann; der Reine Bericht ist mit 3 % vernachlässigbar selten vertreten.

Oratorien der Strukturformen Dialog und Befragung sind gleich häufig und machen

zusammen einen Anteil von 30 % aus. Doch nicht nur die berichtenden Strukturformen,

auch die dialogischen sind keine Erfindung der Moderne, sondern haben ihre histori-

schen Vorbilder und stehen folglich in untrennbarem Zusammenhang mit der

Gattungstradition.

Wir hatten bereits weiter oben333 gesehen, dass sich der Kommentierte Bericht auf die so

genannte Drei-Ebenen-Dramaturgie zurückführen lässt, die sich als typische Form des

Oratoriums im Barock ausprägte und Anfang des 19. Jahrhunderts Vorbildcharakter

erlangte. Die Gattungstradition lebt also im Kommentierten Bericht des 20. Jahrhun-

derts fort. Allerdings begegnet sie uns meist in modifizierter Form. Die verschiedenen

Ebenen sind weniger eindeutig musikalischen Formen zugeordnet als in den Vorbildern

früherer Epochen; auch die Abfolge der Ebenen und der musikalischen Formen variiert

stärker.

Im Reinen Bericht und im Eingerahmten

Bericht machen sich Einflüsse anderer

älterer musikalischer Gattungen bemerk-

bar, die in der ersten Hälfte des 20. Jahr-

hunderts eine verstärkte Rezeption erfahren

hatten, wie beispielsweise die Historie nach

dem Vorbild Heinrich Schütz’ und seiner

Zeitgenossen. Bei zahlreichen Werken, die

nicht die Gattungsbezeichnung Oratorium

tragen, mögen Hugo Distler oder Kurt Thomas Pate gestanden haben. Sie erinnern oft an

333 vgl. Abschnitt 3.3.2, S. 120ff.

Strukturform Anzahl %

Reiner Bericht 2 3 %

Kommentierter Bericht 38 51 %

Eingerahmter Bericht 5 7 %

Dialog 11 15 %

Befragung 11 15 %

Mischformen 4 5 %

nicht zugeordnet 3 4 %

Summe 74 100 %

Tabelle 7: Häufigkeit der Strukturtypen

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noch ältere Gattungen: Richard Rudolf Kleins „Sinfoniae sacrae“ ACH ARGE WELT, DU TRÜGEST

MICH und DAS ERFUHR ICH UNTER MENSCHEN sowie DAS VOLK, DAS IM FINSTERN WANDELT, Karl Michael

Kommas MATTHÄUSPASSION, Ernst Peppings Evangelienmotette DAS WELTGERICHT sowie die A-

cappella-Vertonungen der WEIHNACHTSGESCHICHTE DES LUKAS und des PASSIONSBERICHT DES

MATTHÄUS, Günther Bialas’ Schöpfungsgeschichte IM ANFANG, Kurt Fiebigs „Chorpassion“

EIN LAMM GEHT HIN und viele andere. Die Grenzen zum Oratorium sind sicherlich in vielen

Fällen willkürlich und unscharf – hier unterscheidet sich die Gattungsgeschichte nicht

von der früherer Zeiten. Es scheint jedoch so, als beschränkten sich diese vom

Komponisten nicht als Oratorium bezeichneten Chorwerke häufiger auf den reinen

Bibeltext. Insofern ist der seltene Oratorientyp Reiner Bericht als Ausnahmeform zu

sehen, die dem Einfluss dieser benachbarten Gattungen geschuldet ist.

Während der Kommentierte Bericht auf das groß angelegte episch-dramatische

Oratorium des Barock zurückzuführen ist, macht sich in der Befragung der in der

Romantik maßgeblichere Einfluss des empfindsam-kontemplativen Oratoriums bemerk-

bar. Dieses entstand gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch die Rezeption Klopstocks

und erhielt mit Händels MESSIAS ein Musterbeispiel, auf das sich viele spätere Kompo-

nisten beriefen. In Oratorien wie Karl Schiskes VOM TODE oder auch Cesar Bresgens DE

TEMPORE, die eine Gliederung nach Jahres- bzw. Tageszeiten vornehmen, ist darüber

hinaus ein deutlicher Einfluss von Werken wie Telemanns TAGESZEITEN oder Haydns

JAHRESZEITEN zu erkennen.

Der Strukturtyp Dialog ist vor diesem Hintergrund als Variante der Befragung anzu-

sehen, in der die blockartige Abfolge der Perspektiven durchbrochen wird zugunsten

einer höheren gegenseitigen Durchdringung. Damit können der Kommentierte Bericht

und die Befragung als die zwei prototypischen Strukturvarianten des Oratorienlibrettos

gelten, in denen die beiden wichtigsten historischen Gattungsausprägungen ihre Fort-

setzung finden. Dieses Wieder-Anknüpfen an zeitlich diskontinuierliche Traditions-

stränge ist ein typisches Resultat der eingangs beschriebenen, musikgeschichtlich

neuartigen Situation des 20. Jahrhunderts.334

Die überproportionale Präsenz der „Klassiker“ in Konzertleben und akustischen Medien

führt dazu, dass das kompositorische Schaffen sich nicht nur innerhalb der zeit-

genössischen Produktion zu positionieren sucht, sondern auch die Auseinandersetzung

mit einer weit zurückreichenden Gattungsgeschichte aufnimmt. Gleichzeitig bestätigt

sich damit die Vermutung, dass die Wahl einer bestimmten Gattung, insbesondere die

334 vgl. Abschnitt 1.1.2

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Wahl der Gattung Oratorium, Zeichen einer erhöhte Bereitschaft ist, sich in kritisch-

produktiven Zusammenhang mit der Tradition zu stellen.

BERICHTENDE FORMEN Reiner Bericht Driessler/Brix: Gaudia mundana Stockmeier: Jefta

Gerahmter Bericht Driessler: De profundis Driessler: Dein Reich komme Driessler: Der Lebendige

Ebenhöh: Virata Stockmeier: Jona

Kommentierter Bericht Becker: Magnum Mysterium Bloch: Passio Domini Blume/Eckert: Hiob Büsing: Das Licht der Engel Dinescu: Pfingstoratorium Drude/Drude: Passion Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr Drude/Mendt: Weihnachtsoratorium Eder/Vogg: Non sum qualis eram Fietz/Jourdan: David Fietz/Jourdan: Paulus I Fietz/Jourdan: Paulus II Fietz/Jourdan: Petrus Frederichs: Hiob Frederichs: Maria Magdalena Frieberger: Mysterium Crucis Haller: Hiob Heiller/Krieg: Francois Villon

Heilmann: Sündenfall Heilmann/Lipp: Von der Weisheit Gottes Henze/Schnabel: Floß der Medusa Hummel/Scheele: Schrein der Märtyrer Jost/Nitsch: Ewigkeit fällt in die Zeit Kelterborn: Die Flut Koerppen: Feuer des Prometheus Kratochwil/Schweiger: Erschaffung der Welt Krenek: Opus sine nomine Linßen: Die Spur von morgen Rubin: Auferstehung Rubin: Licht über Damaskus Schedl/Böcs: Großinquisitor Schwenk: Dies septimus Stockmeier: Jesus Tamás/Storz: Noahs Tochter Uhl/Liess: Gilgamesch Vögele: Passion Wunderlich: Maranatha

DIALOGISCHE FORMEN Dialog David: Lied des Menschen Ebenhöh/Vogg: Von der Hoffnung Fietz/Jourdan: Johannes Frederichs: Petrus Haas/Schuster: Die Seligen Katzer/Wolf/Wolf: Medea in Korinth Kubizek/Vogg: Stationen

Lonquich/Spaemann: Johann von Nepomuk Lonquich/Lüchtefeld: Auf dem Rande der Mauer Ruoff: Bergpredigt Vogel/Vogg: Allezeit

Befragung Barbe: 1648 Blarr: Wenn du auferstehst - wenn ich aufersteh' Bresgen: De tempore Johnson: Bonhoeffer-Oratorium Klebe: Warum hat die Sonne...

Klebe: Weihnachtsoratorium Meyer/Engelsberger: Schöpfung Schiske: Vom Tode Schlee/Deutsch: Baum des Heils Wagner: Hiob Zemzaris: O virga ac diadema

MISCHFORMEN Bubmann/Töllner: Thomas der Zweifler Kukuck/Johannsen: Ecce homo

Rapf: Passio aeterna Stockmeier: Historien

Tabelle 8: Strukturformen

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ZUSAMMENFASSUNG: MERKMALE DES ORATORIUMS NACH 1945

Eingangs wurde das Ziel dieser Arbeit formuliert: das Oratorienlibretto als literarische

Gattung des 20. Jahrhunderts in seiner historischen Ausprägung zu erfassen und seine

Charakteristika zu beschreiben. Um dies zu erreichen, erfolgte eine Analyse der nach-

weisbaren Werke einerseits unter inhaltlich-stofflichen, andererseits unter formal-

strukturellen Gesichtspunkten. Dabei ließ sich folgendes feststellen:

1. Entgegen der vielbeschworenen Tendenz zur Verweltlichung, zum Allgemein-

Weltanschaulichen erweist sich das Oratorium auch im 20. Jahrhundert als eine

Gattung, die sich in überwiegend biblischen und religiösen Kontexten bewegt. Zwar

liegt nicht allen Oratorien ein Sujet der biblischen oder außerbiblischen christlich-

jüdischen Überlieferung zugrunde; Zitate oder Anspielungen auf die Bibel finden sich

jedoch in fast allen Werken.

2. Sein Umgang mit der Bibel und mit anderen Textquellen ist charakteristisch für das

Oratorienlibretto. Indem einzelne Sätze oder längere Abschnitte aus fremden Prä-

texten, häufig aus der Bibel, wörtlich übernommen und in neue Zusammenhänge

montiert werden, entwickelt sich die für das Oratorium typische Erzählweise, die

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zwischen paraphrasierenden und aktualisierenden Abschnitten, berichtenden und

kommentierenden Passagen in mehr oder weniger schneller Folge abwechselt.335

3. Die seit der Romantik übliche Dichotomie zwischen „weltlichem“ und „geistlichem“

Oratorium lässt sich für das 20. Jahrhundert nicht bestätigen. Ein geeigneteres

Differenzierungskriterium scheint weniger der gewählte Stoff als vielmehr der Umgang

mit diesem zu sein: Auf der einen Seite stehen Oratorien, die die Botschaft des

Prätextes in missionarischer Absicht bekräftigen; auf der andern Seite nähern sich

etliche Werke kritisch-diskursiv den verwendeten Quellen.

4. Allen Oratorien zu eigen ist ein gewisser appellativer Charakter. Themen wie die Sinn-

haftigkeit des menschlichen Lebens, richtige Lebensführung und die Suche nach dem

Guten ziehen sich wie ein roter Faden durch die zeitgenössische Oratorienproduktion.

Der Anspruch, moralische Richtlinien für das eigene Leben zu vermitteln, ist unüber-

sehbar. Damit ließe sich eine Abgrenzung zur Nachbargattung Oper vornehmen: die

Oper entwickelt sich um eine Geschichte, eine Handlung herum, das Oratorium um

eine Botschaft. Um diese These zu erhärten, wären allerdings weitere Untersuchun-

gen, insbesondere der Opernlibretti des betrachteten Zeitraums, vonnöten.

5. Auch die Zeitstruktur des Oratoriums unterscheidet sich von der der Oper. Epische

Textanteile ermöglichen es, Handlung zusammenfassend zu berichten und Zeit-

sprünge gar nicht erst entstehen zu lassen. Durch den Verzicht auf szenische

Darstellbarkeit erhalten handlungsarme Reflexionen und Kommentare größeren

Raum. Dies führt im Extremfall zum vollkommen handlungsfreien, vollständig

thematisch orientierten Oratorium.

6. Aus der Abfolge von berichtenden und kommentierenden Passagen konstituiert sich

die gattungstypische Ebenenstruktur. In dieser Ebenenstruktur liegt die eigentliche

„Dialogizität“ des Oratoriums, die sich in Besetzungswechseln zeigen kann, jedoch

nicht darin erschöpft. Die insgesamt fünf Strukturformen lassen sich auf zwei Proto-

typen zurückführen, in denen sich die Gattungstradition fortgesetzt sieht. Der Typus

des Kommentierten Berichts geht zurück auf das klassische Drei-Ebenen-Modell mit

episch-dramatischem Bericht in den Rezitativen, lyrischer Gefühlsäußerung in den

Arien, und kommentierender Reflexion in den Chorälen. Es entwickelt seine Botschaft

um eine zumindest fragmentarisch im Text präsente Handlung. Dem gegenüber steht

der Typus des Dialogs, der sich auf das lyrisch-empfindsame Oratorium der Klassik

335 vgl. Kapitel 2.5, S. 93ff.

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und Romantik zurückführen lässt. Im Dialog tritt die Handlung vollständig hinter die

Kommentarebenen zurück.

Auf Grundlage dieser Erkenntnisse lassen sich die eingangs zitierten Definitionen des

Oratoriums336 folgendermaßen präzisieren:

Das Oratorium als literarische Gattung nach 1945 ist ein mit Hinblick auf eine Vertonung

verfasster dialogischer Text, der eine weltanschaulich geprägte, in der Regel christlich-

religiöse Botschaft vermittelt. Zu einer episch-dramatisch gestalteten Handlung (die auch

stark reduziert sein oder sogar entfallen kann) treten mehrere zeitlich von einander

unabhängige Kommentarebenen, die unterschiedliche Perspektiven und Erzählhaltungen

einnehmen. Charakteristisch für das Oratorienlibretto ist ferner ein hohes Maß an inter-

textuellen Verfahren, die von einzelnen Anspielungen bis hin zur Übernahme vollständiger

Prätexte reichen können.

Inwieweit diese Definition eine bessere Trennschärfe zu benachbarten Gattungen, wie

insbesondere der Oper und der Kantate, bietet als frühere Definitionsversuche, kann hier

nicht vollständig geklärt werden. Notwendig wären dazu ausführliche Untersuchungen

dieser Nachbargattungen ähnlich der vorliegenden Arbeit. Als Ausblick sollen an dieser

Stelle lediglich einige Thesen formuliert werden.

Mögliche Abgrenzungen zur Oper anhand inhaltlicher und struktureller Merkmale deute-

ten sich bereits an. Zum einen stellt die Oper eine Handlung ins Zentrum, das Oratorium

dagegen eine Botschaft. Auch strukturell lassen sich Unterschiede finden. Vor allem ist

zu vermuten, dass die Ebenenstruktur in der Oper deutlich schwächer ausgeprägt ist.

Zwar entstanden insbesondere unter dem Einfluss des epischen Theaters im neuen

Musiktheater Werke mit aus der Handlung herausgelösten Chören oder Sprecherfiguren,

doch dürften solche Konstruktionen nach wie vor eher die Ausnahme darstellen. Und

schließlich schlägt sich die szenische Realisierbarkeit der Oper deutlich im Nebentext in

Form von Regieanweisungen etc. nieder, wohingegen der Nebentext im Oratorium eher

der Verstärkung paradigmatischer Strukturen dient.

Schwieriger dürfte sich die Abgrenzung zur Kantate gestalten. Zum einen ist die Kantate

in ihren Erscheinungsformen im 20. Jahrhundert sehr viel heterogener als das Ora-

torium. Wulf Konold beschränkt sich daher in seiner Arbeit über die weltlichen Kantaten

im 20. Jahrhundert337 darauf, eine „funktionale Typologie“ zu erstellen, die im Wesent-

lichen aus einer Einteilung anhand des Kompositionsanlasses besteht. Die Länge des

336 vgl. Abschnitt 1.1.3, S. 20ff.

337 Konold 1975

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Textes und die Aufführungsdauer helfen bei der Abgrenzung wenig: es gibt sowohl sehr

kurze Oratorien wie auch sehr lange Kantaten. Da die Kantate sich historisch aus einem

Sologesangsstück entwickelte, ist jedoch auch hier vermutlich die Ebenenstruktur

schwächer ausgeprägt oder reduziert. Hinzu kommt, dass die Kantate deutlich mehr von

einem bestimmten Choral geprägt ist, der sich als roter Faden durch das Werk zieht.

Auch dies kann Auswirkungen auf den Text haben: beispielsweise endet jede der über

200 Kantaten Johann Sebastian Bachs mit einer Choralstrophe.338 Inwiefern sich

vergleichbare und allgemein gültige Aussagen für das 20. Jahrhundert treffen lassen,

bleibt zu prüfen.

Abschließend bleibt zweierlei festzustellen. Zum einen hat sich gezeigt, dass die Annähe-

rung an die Gattung Oratorium über den Text nicht nur möglich, sondern sogar überaus

aufschlussreich ist. Insbesondere ließ sich – entgegen der gängigen musikwissenschaft-

lichen Meinung – die Gattungsdefinition zumindest für innerhalb der gewählten Epoche

unter Berücksichtigung textlicher Merkmale erheblich präzisieren. Zum anderen wurde

deutlich: Die alte Gattung Oratorium hat im 20. Jahrhundert keineswegs das Zeitliche

gesegnet. Sie erfreut sich zwar keiner modischen Beliebtheit, bietet jedoch offensichtlich

kontinuierlich eine konzeptionelle wie kompositorische Herausforderung für Autoren und

Komponisten verschiedenster Stilrichtungen. Vielleicht mag sich ja der eine oder andere

durch die Aufstellung im Anhang ermutigt fühlen, selbst eine Entdeckungsreise in die

Welt dieser nahezu unsichtbaren, aber überaus vitalen Gattung zu unternehmen.

338 vgl. Artikel „Kantate“ in Dahlhaus/Eggebrecht 1989, S. 274

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ANHÄNGE

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VERZEICHNIS DER ORATORIEN 1945 - 2003

Im Folgenden sind alle seit 1945 entstandenen Oratorien aufgeführt, die mir bis Ende

des Jahres 2003 bekannt waren. Dazu wurden Verlagsverzeichnisse, Bibliotheks-

kataloge, einschlägige Datenbanken sowie Datenbanken der GEMA339 sowie des

deutschen Musikinformationszentrums MIZ340 und seines österreichischen Pendants

MICA341 konsultiert. Auch Nennungen in den Uraufführungs-Ankündigungen der

Zeitschrift „Musik und Kirche“ und des Deutschen Komponistenverbands342 sowie in

Werkverzeichnissen und auf Internet-Seiten von Komponisten und Librettisten wurden

berücksichtigt. Nicht aufgenommen wurden jedoch so genannte „Oratorien“, bei denen

ich keine zuverlässige Quelle für die Gattungsbezeichnung nachweisen konnte, die also

nur in Rezensionen oder der Sekundärliteratur mit dieser Gattungsbezeichnung

erscheinen.

Die Aufstellung für die Jahre 1945 bis 2000 dürfte weitgehend erschöpfend sein, wenn

auch sicherlich dennoch nicht vollständig. Für die Zeit nach 2000 habe ich nicht mehr

systematisch gesucht. „Zufallsfunde“ späterer Jahre sind dennoch mit aufgeführt; sie

mögen als Anregung für weitere Recherchen dienen.

339 www.gema.de

340 www.miz.org

341 www.mica.at

342 vgl. Bruchhäuser 1995 sowie www.komponistenlexikon.de

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Alphabetisch nach Komponisten

Der erste Name nennt den Komponisten, die folgenden in der Regel den oder die

Librettisten. Einzig bei einigen Rock-/Pop-Oratorien war eine genauere Zuordnung nicht

möglich. Wenn nur ein Name genannt ist, stammt das Libretto vom Komponisten bzw. es

ist kein Librettist bekannt.

Bei den Ausgaben werden sowohl käuflich als auch als Leihmaterial erhältliche Noten-

ausgaben sowie Tonträger angeführt. Wenn keine Ausgaben zur Verfügung standen, wird

auf Standorte von Manuskripten oder Programmhefte von Aufführungen verwiesen. Die

für die vorliegende Arbeit jeweils hauptsächlich benutzte und zitierte Ausgabe ist mit

einem Asterisk gekennzeichnet.

Agnesens, Udo; Dischereit, Esther: Christof Dohm

Oratorium (Episches Lied) Uraufführung: 1994 Quelle: www.komponistenlexikon.de

Aufenanger, Friedhelm; Langen, Peter; Schmidt, Matthias: Elias - Homo Psychoticus

Oratorium in 3 Akten Uraufführung: 10.5.1998, Bonn Quelle: GEMA

Barbe, Helmut: 1648

Kammeroratorium Entstehung: 1997/98

Ausgaben:

* Barbe, Helmut: 1648. Kammeroratorium für Bariton, 2 gem. Chöre und Instrumente 1997/98. Partitur München (Strube) o. J. (= VS 1748)

Baumann, Max: Lucas-Cranach-Oratorium

Entstehung: 1972 Quelle: www.komponistenlexikon.de

Baumann, Max: Passion

Oratorium Uraufführung: 1980, Berlin Quelle: www.komponistenlexikon.de

Baumann, Max Georg: Auferstehung

Oratorium, op. 94 Uraufführung: 1980, Berlin (Dt. Katholikentag)

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Ausgaben:

Baumann, Max Georg: Auferstehung. Oratorium für Soli (Sopran, Bariton, Bass), Sprecher, Sprecherin, gem. Chor und großes Orchester op. 94, Libretto vom Komponisten nach Texten der Heiligen Schrift und der Liturgie. Ms: Berlin, Staatsbibliothek

Becerra-Schmidt, Gustavo: Carl von Ossietzky-Oratorium

Entstehung: 1983 Quelle: www.oldenburg.de/kulturdatenbank/data/kdb.75.html

Becker, Günther: Magnum Mysterium – Zeugenaussagen zur Auferstehung

Oratorische Szenen Uraufführung: 4.5.1980, Düsseldorf

Ausgaben:

Becker, Günther: Magnum Mysterium – Zeugenaussagen zur Auferstehung. Oratorische Szenen (1979/80). Aufführungsmaterial Wiesbaden (Breitkopf & Härtel) 1980

* Becker, Günther: Magnum Mysterium – Zeugenaussagen zur Auferstehung für Sprecher, Chor, Favoritchor, Orgel, Holz- und Blechbläser, Schlagzeug und Tonband. Programmheft der Uraufführung, 4. Mai 1980, Johanneskirche Düsseldorf, Leitung: Oskar Gottlieb Blarr

Berlipp, Friedel: Golgatha

Rock-Oratorium Uraufführung: 1974, Volmarstein Quelle: www.komponistenlexikon.de

Bertram, Hans Georg: Der reiche Mann und der arme Lazarus

Oratorium Uraufführung: 25.6.1971, Lich

Ausgaben:

Bertram, Hans Georg: Der reiche Mann und der arme Lazarus. Oratorium für Solostimmen, Soloinstrumente, Chor und Orchester. Partitur München (Strube) 2003 (= VS 1806)

Bertram, Hans Georg: Ich sage: jetzt!

Oratorium Entstehung: 2001 Uraufführung: 28.9.2002, Ellwangen

Ausgaben:

* Bertram, Hans Georg: „Ich sage: Jetzt“. Oratorium für Sprechstimmen und Orgel nach dem Brief des Paulus an die Römer in der Übersetzung von Walter Jens. Teilweise Wiedergabe eines Konzerts vom 23. November 2002 in der Evangelischen Stadtkirche Esslingen, gesendet am 28.6.2003 in SWR2

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Bieler, Helmut: Der Ackermann aus Böhmen

Oratorium nach J. v. Tepl Uraufführung: 1977, Bad Hersfeld Quelle: www.komponistenlexikon.de

Bitsch, Jutta; Walter, Silja: Kugel im Licht

Oratorium zu Ehren des Heiligen Benedikt Entstehung: 1998/1999 Uraufführung: 25.5.2002, Mainz

Ausgaben:

Bitsch, Jutta: Kugel im Licht. Oratorium zu Ehren des heiligen Benedikt (1998/99) für Sprecher, Chor, Kammerensemble und Schlagwerk; Auftragswerk des Kulturministeriums Rheinland-Pfalz. Partitur o. O. 1999

Bitsch, Jutta; Wellerdiek, Gisbert: Sr. Maria Euthymia

Ein Oratorium in 6 Teilen Uraufführung: 1.11.2001, Münster Quelle: www.bistum-muenster.de

Blarr, Oskar Gottlieb: Wenn du auferstehst – wenn ich aufersteh’

Osteroratorium Uraufführung: 3.3.1996, Mannheim

Ausgaben:

* Blarr, Oskar Gottlieb: „Wenn du auferstehst – wenn ich aufersteh’“. Oster-Oratorium. Kompositionsauftrag zum 50-jährigen Bestehen der Geistlichen Woche Mannheim. Für Soli (Sopran, Alt, Tenor, Bariton und Bass), gemischten Chor, Kinderchor und Orchestergruppen auf Texte der hebräischen Bibel und des Neuen Testaments sowie Texten von Ingeborg Bachmann, Rose Ausländer, Ludo Laagland, Giuseppe Ungaretti und Attila József. Programmheft der Uraufführung am 3. März 1996, Christuskirche Mannheim, Leitung: Hermann Schäffer

Blarr, Oskar Gottlieb: Wenn du auferstehst, wenn ich aufersteh’: Oster-Oratorium. CD-Aufnahme Hamburg (Polygram) 1998

Bloch, Waldemar: Passio Domini

Oratorium Entstehung: 1967 Uraufführung: 3.3.1968, Graz

Ausgaben:

Bloch, Waldemar: Passio Domini. Oratorium für Soli (Alt, Tenor, Bariton), gemischten Chor und Chor (Text vom Komponisten nach der Hl. Schrift). Klavierauszug Wien (Doblinger) o. J. (= Doblinger 46 012)

* Bloch, Waldemar: Passio Domini. Oratorium für Soli, Chor und Orchester. Programmheft der Uraufführung am 3. März 1968, Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Graz

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Blum, Robert: Erzengel Michael

Oratorium Entstehung: 1961

Ausgaben:

Blum, Robert: Erzengel Michael: Oratorium für Soli, Chor, Orchester und Orgel, komponiert von Robert Blum. Partitur Bellikon (Selbstverlag) 1962

Blum, Robert: Der Tod des Agamemnon

Episches Oratorium Entstehung: 1965

Ausgaben:

Blum, Robert: Der Tod des Agamemnon. Episches Oratorium für Soli, Männerchor und Orchester; Text und Musik von Robert Blum. Autographe Reinschrift der Partitur vom 3. Mai 1971, Zentralbibliothek Zürich

Blume, Jürgen; Eckert, Eugen: Hiob – Vom Leiden guter Menschen

Oratorium in drei Akten Uraufführung: 17.11.1993, Offenbach/Main

Ausgaben:

* Hiob – Vom Leiden guter Menschen. Oratorium in drei Akten, Text: Eugen Eckert nach dem Buch Hiob, Musik: Jürgen Blume. Ms. (zur Verfügung gestellt vom Komponisten)

Blume, Jürgen: Hiob (Vom Leiden guter Menschen). Oratorium in drei Akten für Solo, Chor und Streicher und Schlagwerk. Text: Eugen Eckert. Partitur München (Strube) 2000 (= VS 1359)

Bonitz, Matthias: Oratorium Evangelium

Quelle: Internet-Seite Matthias Bonitz, home.t-online.de/home/matthias.bonitz/

Bonitz, Matthias; Uhlenbrock, Martin Pater OSB: Oratorium Benedictinum

Uraufführung: 1995 Quelle: Internet-Seite Matthias Bonitz, http://home.t-online.de/home/matthias.bonitz/

Bresgen, César: De tempore

Oratorium nach Worten des Aurelius Augustinus Entstehung: 1973 Uraufführung: 1974, Salzburg

Ausgaben:

Bresgen, César: De Tempore. Oratorium nach Worten des Aurelius Augustinus für Soli (Sopran, Tenor, Bariton), gem. Chor, mehrere Sprecher und Orchester (1972/73). Aufführungsmaterial Wien (Doblinger) o. J.

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* Bresgen, César: De tempore. Oratorium nach Texten des Aurelius Augustinus. Kopie eines nicht näher bestimmbaren Programmhefts, zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien

Bresgen, César: Lumen (Der Blinde)

Oratorium Entstehung: 1985

Ausgaben:

Bresgen, Cesar: Lumen. Oratorium vom Blinden nach dem Leben von Jacques Lusseyrand für Sopran und Tenor solo, Sprecher, gem. Chor, Orgel und Kammerorchester (1984/85). Bad Schwalbach (Gravis) o. J. (= EG 157)

Brezger, Gottfried; Finke, Christian; Holm, Thomas: Paulus in Korinth

Oratorium Uraufführung: 6.11.1999, Dreifaltigkeitskirche Berlin-Lankwitz

Ausgaben:

* Paulus in Korinth. Ein Oratorium von Gottfried Brezger, Christian Finke, Thomas Holm. Programmheft der Uraufführung vom 6. November 1999, Dreifaltigkeitskirche Berlin-Lankwitz

Bubmann, Peter; Töllner, Wolfgang: Thomas der Zweifler

Pop-Oratorium Uraufführung: 1989, Berlin (Dt. Ev. Kirchentag)

Ausgaben:

* Bubmann, Peter: Thomas, der Zweifler. Pop-Oratorium für Solisten, Chor, Band und Gemeinde. Textheft München (Strube) o. J. (= VS 1144)

Büchtger, Fritz: Die Auferstehung

Oratorium nach Matthäus Entstehung: 1955

Ausgaben:

Büchtger, Fritz: Die Auferstehung nach Matthäus. Oratorium (1956). Aufführungsmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 2787)

Büchtger, Fritz: Die Himmelfahrt Christi

Oratorium für gemischten Chor und Orchester Entstehung: 1956

Ausgaben:

Büchtger, Fritz: Die Himmelfahrt Christi. Oratorium (deutsch/englisch), freie Übertragung von Apostelgeschichte 1. Aufführungsmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3699)

Büchtger, Fritz: Johannes der Täufer

Entstehung: 1962

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Ausgaben:

Büchtger, Fritz: Johannes der Täufer. Oratorium (1962). Aufführungsmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3512)

Büchtger, Fritz: Pfingsten

Oratorium; freie Übertragung von Apostelgeschichte 2 Entstehung: 1957

Ausgaben:

Büchtger, Fritz: Pfingsten (1957). Oratorium für Solostimme, Chor und Orchester. Aufführungsmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3650)

Büchtger, Fritz: Die Verklärung

Kammeroratorium nach Lukas und Matthäus Entstehung: 1956

Ausgaben:

Büchtger, Fritz: Die Verklärung. Oratorium (1956). Aufführungsmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3647)

Büchtger, Fritz: Weihnachtsoratorium

in fünf Teilen Entstehung: 1959

Ausgaben:

Büchtger, Fritz: Das Weihnachtsoratorium. Teil I: Die Verkündigung (1959). Kammeroratorium für Solostimmen, Frauenchor und Instrumente. Aufführungsmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3992)

Büchtger, Fritz: Das Weihnachtsoratorium. Teil II: Maria und Elisabeth (1959). Kammeroratorium. Leihmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3993)

Büchtger, Fritz: Das Weihnachtsoratorium. Teil III: Die Geburt (1959). Kammeroratorium. Leihmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3994)

Büchtger, Fritz: Das Weihnachtsoratorium. Teil IV: Drei Könige (1959). Kammeroratorium. Leihmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3995)

Büchtger, Fritz: Das Weihnachtsoratorium: Teil V: Simeon (1959). Kammeroratorium. Leihmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3996)

Büsing, Otfried: Das Licht der Engel

Oratorische Weihnachts-Szenen Uraufführung: 9.12.2000, Freiburg

Ausgaben:

Büsing, Otfried: Das Licht der Engel. Oratorische Weihnachts-Szenen für Vokalsolisten, Sprecher, gem. Chor, Kinderchor, Kammerorchester und gr. Orgel nach Texten von Walter Jens, Vergil, Rainer Maria Rilke, Paul Gerhard, Martin Luther und der Heiligen Schrift (2000). Bad Schwalbach (Gravis) o. J. (= EG 715)

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* Büsing, Otfried: Das Licht der Engel. Für Vokalsolisten, Instrumentalsolisten, Kinderchor, gem. Chor und Kammerorchester mit großer Orgel nach Texten von Walter Jens, Vergil, Rainer Maria Rilke, Paul Gerhardt, Martin Luther und der Heiligen Schrift. Programmheft der Uraufführung vom 9. Dezember 2000, Christuskirche Freiburg, Leitung: Jörg Endebrock

Callhoff, Herbert: La Danse macabre

Oratorische Szenen Entstehung: 1986/87 Quelle: www.komponistenlexikon.de

Ausgaben:

Callhoff, Herbert: La Danse macabre (1986/87). Oratorische Szenen für Vokalquartett, Sprecher, gem. Chor und gr. Orch. Nach Texten aus dem Baseler Totentanz u. Textzitaten verschiedener Dichter. Partitur Bad Schwalbach (Edition Gravis) o. J. (= EG 168)

Clemencic, Rene: Reise nach Niniveh

Oratorium für Vokalensemble Uraufführung: 1999, Wien Quelle: Homepage R. Clemencic, www.clemencic.at

David, Johann Nepomuk: Ezzo-Lied

Oratorium, Werk 51 Entstehung: 1957; erste Fassung (verschollen) schon 1932 Uraufführung: 17.5.1960, Berlin

Ausgaben:

David, Johann Nepomuk: Ezzolied. Oratorium für Soli, Chor, Orchester und Orgel, Werk 51. Wiesbaden (Breitkopf & Härtel) 1958

David, Thomas Christian: Lied des Menschen

Oratorium Entstehung: 1974/75 Uraufführung: 1978, Gummersbach

Ausgaben:

* David, Thomas Christian: Das Lied des Menschen. Oratorium für Soli (Sopran, Alt, Tenor, Bariton), gem. Chor, Knabenchor und Orchester (Texte: Altes Testament). Klavierauszug Wien (Doblinger) 1983 (= Doblinger 46 063)

Degen, Helmut: Oster-Oratorium

Entstehung: 1949

Ausgaben:

Degen, Helmut: Oster-Oratorium. Singpartitur Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 634)

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Denhoff, Michael: Traumbuch eines Gefangenen

Oratorische Szenen, op. 51 Entstehung: 1987 Quelle: www.komponistenlexikon.de

Ausgaben:

Denhoff, Michael: Traumbuch eines Gefangenen op. 51 (1987). Oratorische Szenen für Sprecher, Bariton, gem. Chor und Orchester nach Texten von Horst Bienek. Studienpartitur Bad Schwalbach (Edition Gravis) o. J. (= EG 160)

Dinescu, Violeta: Pfingstoratorium

Entstehung: 1993

Ausgaben:

* Dinescu, Violeta: Pfingstoratorium für Sprecher, Solisten, zwei Chöre, Bläser und Schlagzeug. Partitur Baden-Baden (Ms.) 1993, in Kopie zur Verfügung gestellt von der Komponistin

Doppelbauer, Josef Friedrich: Dein Reich komme

Oratorium Entstehung: 1976, revidiert 1987

Ausgaben:

Doppelbauer, Josef Friedrich (1918-1989): Dein Reich komme. Oratorium nach Texten aus der Heiligen Schrift für Soli (Alt, Bariton), gem. Chor und Orchester (1976/1987). Aufführungsmaterial Wien (Doblinger) o. J.

Driessler, Johannes: De Profundis

Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift, op. 22 Entstehung: 1952

Ausgaben:

* Driessler, Johannes: De profundis. Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen, Kammerchor, großen Chor und Orchester (1952). Partitur Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 2780)

Driessler, Johannes; Brix, Bettina: Gaudia mundana

Ein weltlich-heiteres Oratorium, op. 19 Entstehung: 1951 Uraufführung: 1952

Ausgaben:

* Driessler, Johannes: Gaudia mundana. Ein weltlich-heiteres Oratorium für Tenor- und Bass-Solo, Koloratursopran, 5-stimmigen Chor und großes Orchester, op. 19. Klavierauszug Kassel (Bärenreiter) 1952 (=BA 2548)

Driessler, Johannes: Der Lebendige

Oratorium, op. 40 Entstehung: 1954-56

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Ausgaben:

* Driessler, Johannes: Der Lebendige. Oratorium für Soli, Chor und Orchester nach Worten der Heiligen Schrift, op. 40. Klavierauszug Kassel (Bärenreiter) o. J.

Driessler, Johannes: Dein Reich komme

Oratorium nach Worten des Alten und Neuen Testaments, op. 11 Entstehung: 1948/49 Uraufführung: 1950

Ausgaben:

* Driessler, Johannes: Dein Reich komme. Oratorium für Sopran-, Tenor- und Baritonsolo, 5-stimmigen Chor, Holzbläser und Streichorchester nach Worten des alten und neuen Testaments, op. 11. Klavierauszug Kassel (Bärenreiter) 1951 (=BA 2531)

Drude, Matthias; Drude, Hartwig: „Für deine Ehre habe ich gekämpft, gelitten“. Stationen der Passion Jesu

Passionsoratorium Entstehung: 2000

Ausgaben:

* Für deine Ehre habe ich gekämpft, gelitten. Stationen der Passion Jesu. Libretto auf der Homepage des Komponisten: home.t-online.de/home/drude.dd/Passion.html

Drude, Matthias; Mendt, Dietrich: Von den Mühen der Heimkehr

Ein Oratorium nach Texten aus dem alttestamentlichen Buch Esra Entstehung: 1998/99 Uraufführung: 23.11.2000, Halle/Saale

Ausgaben:

* Von den Mühen der Heimkehr. Ein Oratorium nach Texten aus dem alttestament-lichen Buch Esra. Libretto auf der Homepage des Komponisten: home.t-online.de/home/drude.dd/Esra-Libretto.html

Drude, Matthias: Von den Mühen der Heimkehr. Oratorium nach Texten aus dem alttestamentlichen Buch Esra. Aurich (ADU-Verlag für zeitgenössische Musik) o. J.

Drude, Matthias; Mendt, Dietrich: Weihnachtsoratorium

Entstehung: 1995/96 Uraufführung: 13.12.1997, Dresden

Ausgaben:

* Weihnachtoratorium. Libretto auf der Homepage des Komponisten: home.t-online.de/home/drude.dd/Weihnachtsoratorium-Text.html

Drude, Matthias: Weihnachtsoratorium für Sprecher, Sopran, Bariton, Chor und Orchester nach einem Text von Dietrich Mendt. Aurich (ADU Verlag für zeitgenössische Musik) o. J. (= ADU-125)

Ebenhöh, Horst; Vogg, Herbert: Von der Hoffnung

Kammeroratorium Entstehung: 1982 Uraufführung: -

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Ausgaben:

* Ebenhöh, Horst: Von der Hoffnung. Kammeroratorium für Mezzosopran, Bariton, dreistimm. gem. Chor, Streicher, Flöte und Schlagzeug, Text: Herbert Vogg. Ms. zur Verfügung gestellt vom Komponisten

Ebenhöh, Horst: Von der Hoffnung. Kammeroratorium für Mezzosopran, Bariton, dreistimmigen gemischten Chor, Flöte, Schlagzeug und Streicher (Text: Herbert Vogg), op. 59 (1982). Chorpartitur Wien (Doblinger) o. J.

Ebenhöh, Horst: Virata

Szenisches Oratorium (konzertant-szenische Legende) Entstehung: Ende 1950er Jahre Uraufführung: -

Ausgaben:

* Virata. Szenisches Oratorium (konzertant-szenische Legende) nach der Legende „Die Augen des ewigen Bruders“ von Stefan Zweig. Musik von Horst Ebenhöh. Ms. zur Verfügung gestellt vom Komponisten

Eder, Helmut; Vogg, Herbert: Non sum qualis eram

Oratorium, op. 62 Entstehung: 1975 Uraufführung: 10.12.1976, Salzburg

Ausgaben:

Eder, Helmut: Non sum qualis eram. Oratorium für Sopran-, Bariton- und Bass- Solo, 4- bis 8-stimm. gem. Chor und Orchester (Text: Herbert Vogg), op. 62 (1975). Aufführungsmaterial Wien (Doblinger) o. J.

* Eder, Helmut: Non sum qualis eram. Oratorium für Soli, Chor und Orchester, op. 62. Text: Herbert Vogg. Programmheft der Voraufführung im Rahmen des Festakts „100 Jahre Musikverlag Doblinger“, 9. Dezember 1976

Engelmann, Hans Ulrich: Stele für Georg Büchner

Canto Sinfonico (Oratorium), op. 52 Entstehung: 1986/87 Uraufführung: 18.11.1987, Darmstadt

Ausgaben:

Engelmann, Hans Ulrich: Stele für Georg Büchner. Canto sinfonico (Oratorium) (1986/87). Aufführungsmaterial Wiesbaden (Breitkopf & Härtel) o. J.

Ernst, Siegrid; Meyer-Bernitz, Klaus: ... noch sind die Wege offen

Oratorium Uraufführung: 6.7.1997, Bremen Quelle: Arbeitskreis Bremer Komponisten und Komponistinnen e.V., http://kryptogame.com/abk/Seiten/Portraits/ernst2.html

Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes: Paulus I – Lass dir an meiner Gnade genügen

Tonproduktion: 1972

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160

Ausgaben:

* Fietz, Siegfried: Paulus-Oratorium: Lass Dir an meiner Gnade genügen. Text: Johannes Jourdan. Notenausgabe bearbeitet von Winfried Siegler und Siegfried Fietz. Greifenstein (Abakus) ²1994

Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes: Paulus II – Komm herüber und hilf

Tonproduktion: 1973

Ausgaben:

* Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes: Paulus II. Oratorium. Komm herüber und hilf uns. Musik: Siegfried Fietz, Texte: Johannes Jourdan. Bearbeitung der Noten-Ausgaben: Dirk Schmalenbach. Greifenstein (Abakus) ²1973

Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes: Johannes-Oratorium – Wir sahen seine Herrlichkeit

Tonproduktion: 1979

Ausgaben:

* Fietz, Siegfried: Johannes-Oratorium: Wir sahen seine Herrlichkeit. Notenausgabe zur Abakus LP 90023. Musik: Siegfried Fietz, Text: Johannes Jourdan, Schallplattenbearbeitung: Peter Bye, Bearbeitung der Noten-Ausgaben: David Plüss. Greifenstein (Abakus) 1979

Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes: David – Der Herr ist mein Hirte

Tonproduktion: 1977

Ausgaben:

* Fietz, Siegfried: David: Oratorium. Der Herr ist mein Hirte. Text: Johannes Jourdan, Schallplattenbearbeitung: Peter Bye, Bearbeitung der Noten-Ausgaben: Michael Weller. Greifenstein (Abakus) 1982

Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes: Petrus Oratorium

Tonproduktion: 1976

Ausgaben:

* Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes: Petrus-Oratorium, Textausgabe Ulmtal (Abakus Verlag) 1976

Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes: Martin Luther Oratorium

Ausgaben:

* Fietz, Siegfried; Jourdan, Johannes: Martin Luther Oratorium. Ulmtal (Abakus Verlag) 1982

Fischer, Theo: Über allem steht ein Licht

Oratorische Szenen Uraufführung: 1967 Quelle: www.komponistenlexikon.de

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Flammer, Ernst Helmuth: Der Turmbau zu Babel

Szenisches Oratorium in 8 Teilen Entstehung: 1981/82

Ausgaben:

Flammer, Ernst Helmuth: Der Turmbau zu Babel (1981/82). Szenisches Oratorium in 8 Teilen für Orchestergruppen, 3 Chöre, 2 Gesangssoli (Sopran und Bariton), Sprecher, quadrophones Zuspielband und Live-Elektronik nach Texten von Nietzsche, Schopenhauer, Schiller, R. Wagner, Machiavelli und Tucholsky. Bad Schwalbach (Gravis) o. J. (= EG 1457)

Frederichs, Henning: Hiob

Halbszenisches Kammeroratorium Entstehung: 1990 Uraufführung: 1.6.1991, Essen (Ev. Kirchentag)

Ausgaben:

* Frederichs, Henning: Drei Oratorien. Textbücher und Erläuterungen zu Petrus, Passionserzählung der Maria Magdalena, Hiob. Gelnhausen (TRIGA) 1996

Frederichs, Henning: Passionserzählung der Maria Magdalena

Entstehung: 1985 Uraufführung: 8.3.1986

Ausgaben:

* Frederichs, Henning: Drei Oratorien. Textbücher und Erläuterungen zu Petrus, Passionserzählung der Maria Magdalena, Hiob. Gelnhausen (TRIGA) 1996

Frederichs, Henning: Passionserzählung der Maria Magdalena (1985). Oratorium für Mezzosopran, Bariton, vier Soliloquenten, gem. Chor, Positiv, Orgelpedal, Streichquintett, Schlagzeug (1 Spieler). Partitur Köln (Edition Dohr) o. J.

Frederichs, Henning: Petrus

Biblische Sensopera nach dem Lese-Drama Petrus-Peccator-Peramans von Jedwiga Jagte (i.e.: H.F.) Entstehung: 1982 Uraufführung: 23.10.1982, Witten a. d. R.

Ausgaben:

* Frederichs, Henning: Drei Oratorien. Textbücher und Erläuterungen zu Petrus, Passionserzählung der Maria Magdalena, Hiob. Gelnhausen (TRIGA) 1996

Frederichs, Henning: Petrus. "Biblische Sensopera" für Sopran, Bariton, Sprecher, 1-10stg. Gem. Chor, Violine, Klarinette, Klavier, Cembalo, Orgel, Vibraphon und Schlagzeug (2 Spieler). Partitur/Chorpartitur Köln (Edition Dohr) o. J.

Frieberger, Rupert Gottfried: Die Bekehrung des Hl. Paulus

Kammeroratorium für Soli, Chor, 2 Orgeln und Instrumentalensemble Entstehung: 1994 Uraufführung: 26.10.1994 Quelle: Musik und Kirche 64 (1994), Heft 4, S. 244

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162

Frieberger, Rupert Gottfried: Mysterium Crucis

Kammeroratorium Entstehung: 1987 Uraufführung: 25.3.1988, Linz (ORF)

Ausgaben:

Frieberger, Rupert Gottfried: Mysterium Crucis (1951). Kammeroratorium nach Texten der Hl. Schrift, dem Lutherschen Gesangbuch und von Kurt Marti für Soli (Sopran, Tenor, Bariton, Bass), Sprecher, gemischten Chor, Instrumentalensemble und Orgelpositiv (1987). Aufführungsmaterial Wien (Doblinger) o. J.

* CD-Booklet: Mysterium Crucis. Kammeroratorium von Rupert Gottfried Frieberger. CD Christophorus 1993 (CHR 77134)

Gabriel, Thomas; Eckert, Eugen: Daniel

Rockoratorium Entstehung: 1996

Ausgaben:

Gabriel, Thomas: Daniel. Oratorium für 3-stg. gem. Chor und Instrumente. Text von Eugen Eckert. Partitur München (Strube) o. J. (= VS 1810)

Gabriel, Thomas; Eckert, Eugen: Emmaus

Rock-Oratorium in 6 Bildern Uraufführung: 1.4.2002, Seligenstadt

Ausgaben:

Gabriel, Thomas: Emmaus. Oratorium zu Lukas 24, 17-35 für Solisten, 4-stg. gem. Chor, Orchester und Band. Text von Eugen Eckert. Partitur München (Strube) o. J. (= VS 1921)

Gattermeyer, Heinrich: Der Turmbau zu Babel

Oratorium nach Texten der Heiligen Schrift Entstehung: 1960-83

Ausgaben:

Gattermeyer, Heinrich: Der Turmbau zu Babel. Oratorium nach Texten der Heiligen Schrift für Sprecher, gemischten Chor und großes Orchester. CD-Aufnahme o. O. u. o. J. (Preiserrecords, Österreich)

Gattermeyer, Heinrich: Weihnachtsoratorium

Entstehung: 1951 Quelle: www.mica.at

Gieseler, Walter: Unio mystica

Oratorische Gesänge Entstehung: 1989-91

Ausgaben:

Gieseler, Walter: Unio mystica. Oratorische Gesänge für drei Soli, gemischten Chor und Orchester. Partitur Bad Schwalbach (Gravis) 1991 (= EG 294)

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Glaus, Daniel: Hüllen des Abgrunds

Oratorium über die Offenbarung des Johannes Entstehung: 1986/87

Ausgaben:

Glaus, Daniel: Hüllen des Abgrunds. Oratorium über die Offenbarung des Johannes. Aufführungsmaterial Bern (Müller & Schade) o. J. (= Best-Nr. 1522)

Glaus, Daniel: Sunt lacrimae rerum

Oratorium für den Planeten des Lebens Entstehung: 1988/89

Ausgaben:

Glaus, Daniel: Sunt lacrimae rerum. Oratorium für den Planeten des Lebens über Texte von Kurt Marti, Adolf Muschg & Dorothee Sölle. Aufführungsmaterial Bern (Müller & Schade) o. J. (= Best-Nr. 1527)

Graf, Wolfram: Tage des Mondes

Oratorische Szenen zum 20. Jahrhundert Entstehung: 2003 Quelle: Homepage des Komponisten, www.wolframgraf.de

Graf, Wolfram: Martin von Tours – Teilen statt Töten

Oratorium für zwei Sprecher, Sopran solo, Chor, Kinderchor, Orchester und zwei Orgeln Entstehung: 1991 Quelle: Homepage des Komponisten, www.wolframgraf.de

Haas, Joseph; Schuster, Ludwig: Die Seligen. Variationen über die Bergpredigt

Oratorium, op. 106 Entstehung: 1956

Ausgaben:

* Haas, Joseph: Die Seligen. Variationen über die Bergpredigt. Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift und des Angelus Silesius, gestaltet und geformt von Joseph Haas und Ludwig Schuster für Sopran- und Bariton-Solo, gemischten Chor, Kinder-, Frauen- und Männerchor mit Orchester und Orgel, op. 106. Textbuch Mainz ( Schott) 1956

Haas, Joseph: Die Seligen. Variationen über die Bergpredigt. Oratorium. Klavierauszug Mainz (Schott) (= ED 4921)

Haas, Joseph; Andersen, Ludwig: Das Jahr im Lied

Volkslieder-Oratorium, op. 103 Entstehung: 1951 Uraufführung: 22.-28.4.1952, Kassel

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164

Ausgaben:

* Haas, Joseph: Das Jahr im Lied. Ein Volkslieder-Oratorium nach alten deutschen Weisen mit verbindenden Worten von Ludwig Andersen für Sopran-, Alt-, Tenor- und Bass-Solo, Sprecher, gemischten Chor und Orchester. Klavierauszug Mainz (Schott) 1980 (= Edition Schott ED 4340)

Haller, Hermann: Hiob

Oratorium Uraufführung: 1975, Wilhelmshaven

Ausgaben:

* Haller, Hermann: Hiob. Oratorium nach Texten der Heiligen Schrift für Sopran- und Baritonsolo, gemischten Chor, Orgel und Orchester. Klavierauszug Locarno, Wilhelmshaven (Heinrichhofens Musikverlag/Edizioni Pegasus) 1975

Heiller, Anton; Krieg, Franz: Francois Villon

Oratorium Entstehung: 1956 Uraufführung: 24.4.1970, Wien

Ausgaben:

Heiller, Anton: François Villon. Oratorium für Soli, gemischten Chor und Orchester (Text von Franz Krieg unter Verwendung Villonscher Balladen) (1956). Klavierauszug Wien (Doblinger) o. J. (= Doblinger 46 028)

* Kopie eines nicht näher bestimmbaren Programmhefts, zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien

Heilmann, Harald: Der Sündenfall

Szenisches Oratorium, op. 100 Uraufführung: 1969, Heidelberg

Ausgaben:

* Heilmann, Harald: Der Sündenfall. Ms. zur Verfügung gestellt vom Komponisten

Heilmann, Harald. Der Sündenfall: szenisches Oratorium nach der Bibel. Partitur Berlin (Astoria-Verlag) 1974

Heilmann, Harald; Lipp, Wolfgang: Von der Weisheit Gottes

Oratorium Uraufführung: 1977, Ulm

Ausgaben:

* Heilmann, Harald: Von der Weisheit Gottes. Ms. zur Verfügung gestellt vom Komponisten

Heilmann, Harald: Von der Weisheit Gottes: Oratorium für Sprecher, vier Soli, gemischten Chor und Orchester, nach Texten aus dem Chorgestühl des Ulmer Münster von Wolfgang Lipp. Partitur Berlin (Astoria-Verlag), o. J.

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Heizmann, Klaus; Jourdan, Johannes: Jerusalem Schalom

Oratorium Entstehung: 1993 Uraufführung: 1995, Basel

Ausgaben:

Heizmann, Klaus; Jourdan, Johannes: Jerusalem Schalom (Oratorium). CD-Produktion Asslar (Klaus Gerth Musikverlag) 1994

Heizmann, Klaus; Jourdan, Johannes: Das Licht leuchtet in der Finsternis

Jesus-Oratorium 1 (Weihnachtsoratorium) Tonproduktion: 1998 (CD) Uraufführung: 2002, Braunschweig

Ausgaben:

Heizmann, Klaus; Jourdan, Johannes: Jesus-Oratorium 1: Das Licht leuchtet in der Finsternis. CD-Produktion Asslar (Klaus Gerth Musikverlag) 1998

Henze, Hans Werner; Schnabel, Ernst: Das Floß der Medusa

Oratorio vulgare e militare Entstehung: 1967/68 Uraufführung: 9.12.1968, Hamburg

Ausgaben:

Schnabel, Ernst: Das Floß der Medusa. Text zum Oratorium von Hans Werner Henze. Zum Untergang einer Uraufführung. München (Piper) 1969

Henze, Hans Werner: Das Floß der Medusa: oratorio vulgare e militare in due parti; Text von Ernst Schnabel. Studien-Partitur Mainz (Schott) 1970

* Henze, Hans W.; Schnabel, Ernst: Das Floß der Medusa. Aufnahme des Norddeutschen Rundfunks, 1968; Leitung: Hans Werner Henze. CD-Produktion Hamburg (Deutsche Grammophon) 1996

Heucke, Stefan: Die Ordnung der Erde

Tanzoratorium nach dem Gilgamesch-Epos, op. 30 Uraufführung: 27.1.2001, Gelsenkirchen

Ausgaben:

Heucke, Stefan: Die Ordnung der Erde. Tanzoratorium nach dem Gilgamesch-Epos, op. 30. Aufführungsmaterial Mainz u.a. (Schott) o. J.

Hoeft, Helmut; Fietkau, Wolfgang: Unterwegs

Pop-Oratorium Entstehung: 2000

Ausgaben:

Hoeft, Helmut; Fietkau, Wolfgang: Unterwegs – Haltestelle Gegenwart. CD-Aufnahme o. O. (Kreuz) 2000 (Bestell-Nr. 3059070)

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Hollenweger, Walter; Korthaus, Estella F.: Maria von Wedemeyer – Eine unerhörte Frau

Oratorium Uraufführung: Juni 1997, Leipzig (Dt. Ev. Kirchentag) Quelle: Internet-Dokumentation des Ev. Kirchentags 1997 in Leipzig; http://church.han-solo.net/kirchentagold/leipzig/reportagen/r034.html

Hummel, Bertold; Scheele, Paul-Werner: Der Schrein der Märtyrer

Entstehung: 1989

Ausgaben:

* Hummel, Bertold: Der Schrein der Märtyrer. Textgestaltung von Paul-Werner Scheele. Ms. von der Homepage des Komponisten, www.bertoldhummel.de

Hummel, Bertold: Der Schrein der Märtyrer. Oratorium op. 90. J. Schubert Verlag 1990 (= JS 158)

Hummel, Bertold: Der Schrein der Märtyrer. Mitschnitt der Uraufführung im Würzburger Dom unter Leitung von Siegfried Koesler. CD-Produktion o. O. (Conventus Musicus) o. J. (= CM 100-1/2)

Jänke, Stefan; Richter, Frank: Dass ein neuer Anfang verbleibe

Oratorium nach der Passionsgeschichte des Johannes-Evangeliums Uraufführung: 29.3.2002, Großenhain Quelle: persönliche Mitteilung des Komponisten; vgl. auch Bartsch 2002

Jochum, Otto: Canctica sacra

Oratorium, op. 167 Entstehung: 1957

Ausgaben:

Jochum, Otto: Cantica sacra. Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift und der christlichen Liturgie für vier Solostimmen (Sopran, Alt, Tenor, Bariton), gem. Chor, Orchester und Orgel ad. lib. Op. 167. Klavierauszug. München (Leuckart) 1957

Johnson, Tom: Bonhoeffer Oratorium

Entstehung: 1988-92

Ausgaben:

Johnson, Tom: Bonhoeffer Oratorium (1988-1992). Paris (Editions 75) o. J.

* Johnson, Tom: Bonhoeffer Oratorium (1988-1992) in vier Teilen, für vier Solisten, zwei Chöre und Orchester. Programmheft der Uraufführung am 21. September [1996] in Maastricht, Leitung: Martin Wright

Josef, Jens: Vor langer Zeit. Stationen einer Stadt

Oratorium. Werk XL Uraufführung: 2000 Hann. Münden, Blasiuskirche Quelle: Werkverzeichnis des Komponisten, www.thiasos.de/Komp/josefd.html

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Jost, Helmut; Nitsch, Johannes: Ewigkeit fällt in die Zeit

Pop-Oratorium zur Christusgeschichte

Ausgaben:

* Jost, Helmut; Nitsch, Johannes: Ewigkeit fällt in die Zeit. Ein Pop-Oratorium zur Christusgeschichte. CD-Aufnahme (Felsenfest Verlag) 1999

Katzer, Georg; Wolf, Christa; Wolf, Gerhard: Medea in Korinth

Oratorische Szenen Entstehung: 2000/2001 Uraufführung: 6.9.2002, Berlin

Ausgaben:

Katzer, Georg: Medea in Korinth (2000/01). Oratorische Szenen für 5 Gesangssoli, gem. Chor und großes Orchester. Bad Schwalbach (Gravis) 2001 (= EG 764)

* Katzer, Georg: Medea in Korinth for 5 solo vocalists, mixed chorus and large orchestra. Oratoric Scenes after the libretto by Christa Wolf & Gerhard Wolf. Live-Mitschnitt vom 6. September 2002, Berliner Singakademie, Berliner Sinfonie-Orchester, Leitung: Achim Zimmermann. CD-Produktion München (Arte Nove Classics) 2003

Kaufmann, Otto: Botschaft aus Bethlehem

Weihnachtsoratorium Uraufführung: 15.12.2001, Uelzen

Ausgaben:

Kaufmann, Otto: Botschaft aus Bethlehem. Weihnachtsoratorium. CD-Produktion o. O. (Amphion) 2002

Kelterborn, Rudolf: Die Flut

Oratorium nach der Bibelübersetzung von Martin Buber Entstehung: 1963/64 Uraufführung: 14.5.1965, Basel

Ausgaben:

* Kelterborn, Rudolf: Die Flut. Oratorium auf Bibeltexte in der Verdeutschung von Martin Buber. Klavierauszug Kassel (Bärenreiter) 1964

Kelterborn, Rudolf: Die Flut (1963/64). Oratorium nach der Bibelübersetzung von Martin Buber. Aufführungsmaterial Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 4426)

Kelterborn, Rudolf: Dies unus

Fragmentarisches Oratorium über den Schöpfungsbericht Entstehung: 1972

Ausgaben:

Kelterborn, Rudolf: Dies unus. Fragmentarisches Oratorium (1971/72). Kassel (Bärenreiter) o. J. (=BA 6068)

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Kern, Matthias: Sapientia in Christo

Oratorium Uraufführung: 23.6.1967, Hannover

Ausgaben:

Kern, Matthias: Sapientia in Christo. Oratorium für Bariton solo, gemischten Chor und Orchester. Partitur Celle (Moeck) o. J. (= Ed.Nr. 5056)

Kirchner, Volker David: Ahasver

Szenisches Oratorium Entstehung: 1998-2000 Uraufführung: 5.5.2001, Bielefeld

Ausgaben:

Kirchner, Volker David: Ahasver. Szenisches Oratorium (1998-2000), Libretto vom Komponisten. Aufführungsmaterial Mainz u.a. (Schott) o. J.

Klebe, Giselher: Warum hat die Sonne einen Aschenrand?

Oratorium für Amnesty International, op. 104 Entstehung: 1991

Ausgaben:

Klebe, Giselher: Warum hat die Sonne einen Aschenrand. Oratorium op. 104 (1991). Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 7338)

* Giselher Klebe: Warum hat die Sonne einen Aschenrand (Oratorium für Amnesty International), op. 104. Für zwei Klaviere, Schlagzeug und 16-stimmigen Chor. CD-Produktion Hamburg (Edel) 1994.

Klebe, Giselher: Weihnachtsoratorium

Op. 101 Entstehung: 1989 Uraufführung: 7.12.1989, Bonn

Ausgaben:

Klebe, Giselher: Weihnachtsoratorium op. 101 (1989). Fassung für großes Orchester. Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 7322)

Klebe, Giselher: Weihnachtsoratorium op. 101 (1989). Fassung für kleines Orchester. Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 7339)

* Klebe, Giselher: Weihnachtsoratorium op. 101. Aufnahme des WDR vom 7.12.1989. CD-Produktion o. O. u. J.

Kleber, Wolfgang: Tefilla

Oratorium zur Doppelstele „Bindung und Kreuzigung“ Uraufführung: 19.9.2001, Darmstadt

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169

Ausgaben:

* Tefilla. Oratorium zur Doppelstele „Bindung und Kreuzigung“ von Igael Tumarkin für Solosopran, Solobass, Gemischter Chor, Bläserquintett (Flöte, Trompete, Englisch Horn, Fagott, Kontrafagott), Streicherquintett (2 Violinen, 2 Celli, Kontrabass), Schlagzeug, Orgel. Textzusammenstellung und Musik: Wolfgang Kleber. Textfassung zusammengestellt vom Komponisten auf www.darmstadt-online.de/paulusgemeinde/tefilla.htm

Koerppen, Alfred: Das Feuer des Prometheus

Oratorium Entstehung: 1956 Uraufführung: 28.10.1956, Hannover

Ausgaben:

Koerppen, Alfred: Das Feuer des Prometheus. Oratorium für 5 Soli, gemischten Chor und großes Orchester. Wiesbaden (Breitkopf & Härtel) o. J.

* Das Feuer des Prometheus. Oratorium in drei Teilen für Soli, gemischten Chor und Orchester von Alfred Koerppen. Programmheft der Uraufführung vom 28. Oktober 1956, Niedersachsenhalle Hannover, Leitung: Fritz von Bloh

Koerppen, Alfred: Der Turmbau zu Babel

Szenisches Oratorium für 4 Soli, Männerchor und großes Orchester Entstehung: 1951 Quelle: Werkverzeichnis auf der Homepage des Komponisten, http://alfred-koerppen.de

Kopf, Klaus-Dieter: Luther-Oratorium

Entstehung: 1981/82 Uraufführung: 1983, Magdeburg Quelle: Homepage des Komponisten, http://www.neuemusik.de/kopf.htm

Krämer, Thomas: Kinder des Lichts

Oratorium für Alt, Bariton und großes Orchester Entstehung: 1995 Uraufführung: 1996, Saarbrücken Quelle: Homepage des Komponisten, www.hfm-saarland.de/kraemer/

Kratochwil, Heinz; Schweiger, Sigrid: Die Erschaffung der Welt

Kammeroratorium, op. 150 Entstehung: 1985 Uraufführung: 1985

Ausgaben:

Kratochwil, Heinz: Die Erschaffung der Welt. Kammeroratorium für Bass-Solo, Sprecher, gemischten Chor, Flöte, Pauken und Streicher, op. 150 (1985). Wien (Doblinger) o. J.

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* Kratochwil, Heinz: Die Erschaffung der Welt, op. 150, für Bass-Solo, Sprecher, 4-stimmigen Chor, Flöte, Streicher und Pauken nach dem Buch Genesis, ergänzt durch Texte von Sigrid Schweiger. Programmheft einer nicht näher bestimmbaren Aufführung, Kopie zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien

Kraus-Hübner, Hans; Knodt, Reinhard: Zeitenwenden

Ein weltliches Oratorium in 12 Bildern Uraufführung: 14.7.2000, Altdorf Quelle: Homepage des Librettisten, www.reinhard-knodt.de

Kraus-Hübner, Hans; Knodt, Reinhard: Legende der Hl. Walburga

Uraufführung: 13.9.2002, Heidenheim am Hahnenkamm Quelle: Homepage des Librettisten, www.reinhard-knodt.de

Kreisel, Paul Eberhard: Jona

Kammeroratorium, op. 77 Uraufführung: 30.10.1977 Quelle: www.komponistenlexikon.de

Kreisel, Paul Eberhard: Requiem

Oratorium, op. 72 Uraufführung: 10.11.1974 Quelle: www.komponistenlexikon.de

Kreisel, Paul Eberhard: Die Weihnachtsgeschichte

Oratorium, op. 54 Uraufführung: 1961 Quelle: www.komponistenlexikon.de

Krenek, Ernst: Opus sine nomine

Oratorium, op. 238 Entstehung: beendet 12.3.1988 Uraufführung: 8.5.1990, Wien

Ausgaben:

* Krenek, Ernst: Opus sine nomine op. 238 (1988). Oratorium. Klavierauszug Kassel (Bärenreiter) 1990 (= BA 7317)

Krenek, Ernst: Spiritus Intelligentiae, Sanctus

Pfingstoratorium Entstehung: Okt. 1955 - 23.3.1956 Uraufführung: 30.5.1956, Köln

Ausgaben:

Krenek, Ernst: Spiritus Intelligentiae, Sanctus. Pfingstoratorium für Singstimmen und elektronische Klänge. Wien (Universal Edition) 1956

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Kropfreiter, Augustinus Franz; Schönzeler, Hans-Hubert: Altdorfer-Passion

Kammeroratorium Entstehung: 1965 Uraufführung: 17.10.1965 St. Florian/Oberösterreich

Ausgaben:

Kropfreiter, Augustinus Franz: Altdorfer-Passion. Kammer-Oratorium (nach Texten der Hl. Schrift) für Alt, Bariton und 11 Instrumente (1965). Klavierauszug Wien (Doblinger) o. J. (= Doblinger 08 822)

* Kropfreiter, Augustinus Franz: Altdorfer-Passion. Kammeroratorium nach Texten der Hl. Schrift. Erstaufnahme vom März 1988, Emmauskirche München. CD-Produktion Münster (FONO) 1991

Kubizek, Augustin; Vogg, Herbert: Stationen (Memento Homo)

Oratorium, op. 41 Entstehung: 1975

Ausgaben:

* Kubizek, Augustin (Musik); Vogg, Herbert (Text): Stationen. Oratorium. Ms. zur Verfügung gestellt vom Librettisten.

Kubizek Augustin: Stationen. Oratorium (Text von Herbert Vogg, engl. von Roberta Arwood) für Tenor- und Bass-Solo, gemischten Chor und Orchester, op. 41 (1975). Ausgabe für Chor und Klavier Wien (Doblinger) o. J. (= Doblinger 45 544)

Kukuck, Felicitas; Johannsen, Margret: Ecce homo: die letzten Tage des Jesus aus Galiläa

Oratorium

Ausgaben:

* Kukuck, Felicitas: Ecce homo: die letzten Tage des Jesus aus Galiläa. Oratorium nach einem Text von Margret Johannsen. Text- und Inhaltsübersicht Wolfenbüttel (Möseler) o. J.

Kukuck, Felicitas; Johannsen, Margret: Ecce homo: die letzten Tage des Jesus aus Galiläa. Oratorium für Soli, Chor und Instrumente. Partitur Wolfenbüttel (Möseler) 1991 (= M 68.836)

Kukuck, Felicitas: Der Gottesknecht

Passions-Oratorium in 6 Kantaten Entstehung: 1957

Ausgaben:

Kukuck, Felicitas: Der Gottesknecht. Passions-Oratorium in 6 Kantaten für 2 gem. Chöre (SATB SATB), Streicher und Gemeinde (Orgel, Blockflöten ad lib.). Wolfenbüttel (Möseler) 1957 (= Verlags-Nr. 68.810)

Kukuck, Felicitas: Das kommende Reich (Die Seligpreisungen)

Oratorium Entstehung: 1959

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172

Ausgaben:

Kukuck, Felicitas: Das kommende Reich (Die Seligpreisungen). Oratorium für Baritonsolo, Chor SSATTB, Gemeinde, Orchester und Orgel (1959). Leinfelden (Carus) o. J. (= CV 10.031)

Kunad, Rainer: Die Kitschpostille

Kleines Oratorium, conatum 60 Entstehung: 1974

Ausgaben:

Kunad, Rainer: Die Kitschpostille. Kleines Oratorium. Klavierauszug Wiesbaden Breitkopf & Härtel (= DV 6116)

Kunad, Rainer: Salomonische Stimmen

Oratorium, conatum 76 Uraufführung: 1984, Dresden

Ausgaben:

Kunad, Rainer: Salomonische Stimmen. Oratorium, conatum 76. Rimsting (Arends/Keturi) o. J.

Kunad, Rainer: Stimmen der Völker

Oratorium, conatum 72 Entstehung: 1980/81

Ausgaben:

Kunad, Rainer: Stimmen der Völker. Oratorium nach Herder für Soli, Chor, Orgel und Orchester, conatum 72. Klavierauszug Leipzig (Dt. Verlag für Musik) o. J. (= DV 6133)

Kunad, Rainer: Jovian, der Seher (Trilogie der Offenbarung Gottes, Teil 1)

Oratorium, conatum 80 Uraufführung: 1987, Mannheim

Ausgaben:

Kunad, Rainer: Jovian, der Seher. Oratorium in 2 Szenen nach der syro-aramäischen Original-Apokalypse, conatum 80. Rimsting (Arends/Keturi) o. J.

Kunad, Rainer: Der Seher von Patmos (Trilogie der Offenbarung Gottes, Teil 2)

Oratorium, conatum 81 Uraufführung: 1988, Karlsruhe

Ausgaben:

Kunad, Rainer: Der Seher von Patmos. Oratorium nach Worten der Offenbarung an Johannes und der Tübinger Gebete, conatum 81. Rimsting (Arends/Keturi) o. J.

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173

Kunad, Rainer: Das neue Jerusalem (Trilogie der Offenbarung Gottes, Teil 3)

Oratorium, conatum 82 Entstehung: 1986 Uraufführung: 1989, Sindelfingen

Ausgaben:

Kunad, Rainer: Das neue Jerusalem. Oratorium nach Worten der Offenbarung an Johannes und der Tübinger Texte, conatum 82. Rimsting (Arends/Keturi) o. J.

Kunad, Rainer: Das Thomas-Evangelium

Oratorium, conatum 79 Uraufführung: 1987, Kiel

Ausgaben:

Kunad, Rainer: Das Thomas-Evangelium. Oratorium in 3 Teilen nach Versen aus dem Thomas-Evangelium und aus den Thomas-Psalmen, conatum 79. Rimsting (Arends/Keturi) o. J.

Linßen, Gregor: Adam – auf der Suche nach dem Menschen

Ein NGL-Oratorium Uraufführung: 7.8.2002, Assisi

Ausgaben:

Linßen, Gregor: Adam - Auf der Suche nach dem Menschen. Ein NGL-Oratorium. Chorpartitur Neuss (Edition GL) 2002

Linßen, Gregor: Die Spur von morgen

NGL-Oratorium Uraufführung: 11.08.1998

Ausgaben:

* Linßen, Gregor: Die Spur von morgen. NGL-Oratorium. Chorpartitur Neuss (Edition GL) ²2001

Löbner, Roland: Titanic

Weltliches Oratorium

Ausgaben:

Löbner, Roland: Titanic. Weltliches Oratorium für Sprecher, Solisten, Chor und Orchester. o. O. (Hans Gerig Verlag) 1957

Lonquich, Heinz Martin; Lüchtefeld, Klaus; Brüning, Bärbel: Auf dem Rand der Mauer Oratorium Rituale

Uraufführung: 1993

Ausgaben:

* Auf dem Rand der Mauer. 7 Wortwechsel im Raum für 2 Soprane, Alt, Tenor, Bariton, Bass, Sprecherin, 4 Sprecher, 2 Chöre, Gesangsquartett, 18 Instrumental-solisten und Tonträger. Texte: Altes und Neues Testament, Choräle, Klaus Lüchte-feld. Konzept/Textbuch: Bärbel Brüning, Klaus Lüchtefeld. Musik: Heinz Martin

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Lonquich. Programmheft der Uraufführung vom 24. April 1993, Basilika St. Maria im Kapitol, Köln

Auf dem Rand der Mauer. 7 Wortwechsel im Raum – Oratorium Rituale – (Revidierte Fassung 1993) für 2 Soprane, Alt, Tenor, Bariton, Bass, Sprecherin, 4 Sprecher, 2 Chöre, Gesangsquartett, 18 Instrumentalsolisten und Tonträger. Texte: Altes und Neues Testament, Choräle, Klaus Lüchtefeld. Konzept/Textbuch: Bärbel Brüning, Klaus Lüchtefeld. Musik: Heinz Martin Lonquich. Programmheft der Uraufführung vom 16. Februar 1994, Basilika St. Maria im Kapitol, Köln

Lonquich, Heinz Martin; Spaemann, Cordelia: Das Schweigen des Johann von Nepomuk

Entstehung: 1991

Ausgaben:

* Lonquich, Heinz Martin: Das Schweigen des Johann von Nepomuk. Texte: Cordelia Spaemann mit Auszügen aus dem „Ackermann aus Böhmen“, dem Missale Romanum und dem Buch der Psalmen. Ms., Rekonstruktion nach dem Original zur Verfügung gestellt vom Komponisten

Matthus, Siegfried: Laudate pacem

Oratorium in 5 Teilen Entstehung: 1973/74 Uraufführung: 19.4.1976, Berlin

Ausgaben:

Matthus, Siegfried: Laudate pacem. Oratorium in 5 Teilen (1973/74). Aufführungs-material Wiesbaden (Breitkopf & Härtel) o. J.

Mertens, Oliver; Suberg, Jürgen: Passion in Form eines Oratoriums in 24 Teilen

Uraufführung: 29.3.2002, Moers-Meerbeck

Ausgaben:

Suberg, Jürgen: Passion. Vechta-Langförden (Geest-Verlag) 2002

Meyer, Krzysztof Aleksander; Engelsberger, Gerhard: Schöpfung

Oratorium Uraufführung: 10.9.2000, Hildesheim

Ausgaben:

* Meyer, Krzysztof: Schöpfung. Oratorium nach Worten von Gerhard Engelsberger. Textheft zur Uraufführung am 10. September 2000, St. Michaeliskirche Hildesheim, Leitung: Gunnar Kühl

Modeß, Jochen A.; Biermann, Wilhelm: Frieden

Oratorium für Soli, Chor und Orchester Uraufführung: 4.5.1995, Greifswald Quelle: Musik und Kirche 65 (1995), Heft 6, S. 370

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Müller von Kulm, Walter: Petrus

Biblisches Oratorium, op. 71 Entstehung: 1957-59

Ausgaben:

Müller von Kulm, Walter: Petrus. Biblisches Oratorium nach dem Text der Zürcher Bibel, op. 71. Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 3561)

Nening, Wolfgang; Busta, Christine: Ein anderes Hohelied

Kammeroratorium Entstehung: 1997/98 Uraufführung: 23.6.2000, Wien Quelle: Homepage des Komponisten, home.schule.at/member/gnagflow/

Noll, Diether; Quoist, Michel: Herr, da bin ich

Entstehung: 1967 Uraufführung: 29.10.1967 Quelle: Musik und Kirche 38 (1969), Heft 3, S. 132ff; vgl. r. l. 1969

Noll, Diether: Go down, Moses

Entstehung: 1969 Quelle: Musik und Kirche 40 (1970), Heft 1, S. 52; vgl. Oefner 1970

Pasquay, Wolfgang: Friedensoratorium

Ausgaben:

Pasquay, Wolfgang: Friedensoratorium. Oratorium gegen den Krieg von Wolfgang Pasquay nach Worten von Erasmus von Rotterdam und Bertolt Brecht. CD-Produktion Berlin (Kreuzberg Records) 2003

Posegga, Hans; Giner, Chrysostomus; Schneider, Walter: Christ und Antichrist

Ein dramatisches Rockoratorium Uraufführung: 1977, Kloster Neustift bei Brixen Quelle: Homepage des Komponisten, www.hans-posegga.de

Posegga, Hans: Te Deum benedictoburanum

Oratorium nach den Deckengemälden im alten Barocksaal des Klosters Benediktbeuren Uraufführung: 31.5.1981, Benediktbeuren

Ausgaben:

Posegga, Hans: Te Deum benedictoburanum. Ein Oratorium zum Lobpreis Gottes nach den Allegorien der Bilderzyklen im Barocksaal des Klosters Benediktbeuern unter der Thematik „Des Lebens Wagen“ in 20. Gesängen und einem barocken Vorspiel; für Soli (Sopran, Alt, Tenor, Bass), gemischten Chor, Kinderchor, Sprecher, Symphonie-Orchester, Orgel, Harfe, Rhythmusgruppe (E-Guitarre, E-Baß, Schlagzeug und Synthesizer) und Tonband; Musik und Textgestaltung Hans Posegga. Partitur Berg (Selbstverlag) 1989

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Rapf, Kurt: Passio Aeterna

Oratorium Entstehung: 1979 Uraufführung: 5.5.1980, Wien

Ausgaben:

* Rapf, Kurt: Passio Aeterna. Oratorium für Soli, Sprecher, gemischten Chor, Tonband, Cembalo, Orgel und Orchester nach Texten der Hl. Schrift und unter Verwendung des Buches „Pfarrerblock 25 487“ (1979). Klavierauszug Wien (Doblinger) o. J. (= Doblinger 46)

Rapf, Kurt: Passio aeterna: Oratorium für Soli, Sprecher, gemischten Chor, Cembalo, Orgel, Tonband und Orchester; nach Texten der Hl. Schrift und unter Verwendung des Buches „Pfarrerblock 25487“ von Jean Bernard; komponiert als Auftragswerk des ORF/1979; Mitschnitt der Uraufführung im Großen Saal des Wiener Musikvereins am 5. Mai 1980, Leitung: Kurt Rapf. CD-Produktion Wien (Amadeo Classic) 1992

Rubin, Marcel: Auferstehung

Oratorium Entstehung: 1985/86 Uraufführung: 28.1.1988, Wien

Ausgaben:

Rubin, Marcel: Auferstehung. Oratorium nach Texten aus den Evangelien, von Angelus Silesius und Matthias Claudius für 4 Solostimmen (Sopran, Alt, Tenor, Bass), gemischten Chor, Orgel und Orchester (1986). Klavierauszug Wien (Doblinger) o. J.(= Doblinger 46 076)

* Rubin, Marcel: Auferstehung. Kopie eines nicht näher bestimmbaren Programmhefts, zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien

Rubin, Marcel: Licht über Damaskus

Oratorium Entstehung: 1988 Uraufführung: 19.6.1995, Wien

Ausgaben:

Rubin, Marcel: Licht über Damaskus. Oratorium nach Texten aus der Bibel, von Paul Gerhardt, Christian F. D. Schubart und Rainer Maria Rilke für 4 Solo-Stimmen (Sopran, Alt, Tenor, Bass), gemischten Chor, Orgel und Orchester (1988). Aufführungsmaterial Wien (Doblinger) o. J.

* Rubin, Marcel: Licht über Damaskus. Oratorium nach Texten aus der Bibel, von Paul Gerhardt, Christian Friedrich Daniel Schubart und Rainer Maria Rilke. Kopie eines nicht näher bestimmbaren Programmhefts, zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien

Ruoff, Axel: Credo

Oratorium in 15 Bildern Uraufführung: 12.7.2002, Stuttgart

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Ausgaben:

Ruoff, Axel: Credo. Oratorium in 15 Bildern für Soli (Tenor, Bariton, Bass), 4-8stimmigen Chor und Orchester. Partitur München (Strube) 2003 (= VS 1937)

Ruoff, Axel: Bergpredigt

Oratorium Entstehung: 1998 Uraufführung: 1999 Stuttgart (Ev. Kirchentag)

Ausgaben:

Ruoff, Axel: Bergpredigt. Oratorium für Sprecher, Soli, Chor und Orchester (1998). Auftragskomposition des Verbandes Ev. Kirchenmusik in Württemberg zum Deutschen Evangelischen Kirchentag Stuttgart 1999. München (Strube) 1998 (= VS 1776)

* Ruoff, Axel: Bergpredigt. Oratorium. Programmheft einer Aufführung vom 10. März 2002, Christuskirche Mannheim, Leitung: Johannes Michel

Rütti, Carl; Walter, Silja: Verena die Quelle

Oratorium Entstehung: 1995

Ausgaben:

Rütti, Carl: Verena die Quelle: Oratorium nach Gedichten von Silja Walter für 16-stimmigen Chor und 6 Instrumentalisten. Partitur Ms. 1995, Schweizerische Landesbibliothek Zürich

Rütti, Carl: Verena, die Quelle: ein Oratorium mit Dichtung, Malerei und Musik. CD-Produktion o. O. (Herald AV Publikations) 1996 (= HAVPCD 1861-2)

Schedl, Gerhard; Böcs, Attila: Der Großinquisitor

Oratorium Entstehung: 1979/80 Uraufführung: 4.5.1981, Zell am See (A)

Ausgaben:

Schedl, Gerhard: Der Großinquisitor. Oratorium in drei Teilen nach Texten aus dem Roman ‚Die Brüder Karamasoff‘ von Fedor M. Dostojewskij, Texteinrichtung: Attila Böcs. Wien (Doblinger) 1980

* Schedl, Gerhard: Der Großinquisitor. Kopie einer nicht näher bestimmbaren Textausgabe, zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien

Schibler, Armin: Media in vita

Sinfonisches Oratorium Entstehung: 1956

Ausgaben:

Schibler, Armin: Media in Vita. Sinfonisches Oratorium nach 18 Gedichten von C. F. Meyer für gem. Chor, Männerchor, vier Gesangssolisten u. Orchester. Klavierauszug Zürich 1962

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Schindler, Walter: Osteroratorium

Entstehung: 1964 Uraufführung: 1965, Hannover Quelle: www.komponistenlexikon.de

Schindler, Walter: Osteroratorium

Entstehung: 1960/61 Uraufführung: 1961, Hannover Quelle: www.komponistenlexikon.de

Schiske, Karl: Vom Tode

Oratorium Entstehung: 1946

Ausgaben:

* Schiske, Karl: Vom Tode. Oratorium nach Worten großer Dichter für Soli, gemischten Chor, großes Orchester und Orgel, op. 25. Klavierauszug mit Gesang (eingerichtet von Steffi und Karl Schiske) Wien (Universal-Edition) 1948 (= UE 11 873)

Schlee, Thomas Daniel; Deutsch, Reinhard: Der Baum des Heils

Oratorium, op. 33 Entstehung: 1994 Uraufführung: 5.11.1994, Graz

Ausgaben:

Schlee, Thomas Daniel: Des Baum des Heils; Oratorium in vier Teilen für Soli (Alt), gem. Chor, Vl., Eh., Org., op. 33. Partitur Wien (Doblinger) o. J. (= Doblinger 45 458)

* Schlee, Thomas Daniel: Der Baum des Heils. Oratorium für Alt solo, Violine, Englischhorn, Claves, gemischten Chor und Orgel op. 33 (1993/94), Text von Reinhard Deutsch. Booklet einer nicht näher bestimmbaren CD-Produktion, in Kopie zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien

Schubert, Heino: Der Mensch, das Spiel der Zeit

Gryphius-Oratorium Entstehung: 1982

Ausgaben:

Schubert, Heino: Der Mensch, das Spiel der Zeit. Oratorium für 2 Solostimmen (Alt, Tenor), 2 Solostimmen ad lib. (Sopran, Bass), gem. Chor und Orchester nach Texten von Andreas Gryphius. Bad Schwalbach (Gravis) o. J. (= EG 139)

Schwenk, Fredrik: Dies Septimus

Kammeroratorium Entstehung: 1999/2000

Ausgaben:

* Schwenk, Fredrik: Dies Septimus. Kammeroratorium für Soli, Chor und zwölf Instrumente. Partitur Verlag vierunddreissig, 2000

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Shih; Chiu, Charles S.: Lebend'ges Land

Oratorium Entstehung: 1995 Uraufführung: 12.1.1997, Münster

Ausgaben:

Shih: Lebend'ges Land. Oratorium für Soli, zwei gem. Chöre, Kinderchor und Orchester (1995). Texteinrichtung: Charles S. Chiu nach Annette von Droste-Hülshoff. Wien (Doblinger) o. J.

* Shih: Lebend’ges Land. Text von Annette von Droste-Hülshoff (Einrichtung: Charles S. Chiu). Kopie einer nicht näher bestimmbaren Textausgabe, zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien

Steffen, Wolfgang; Drewitz, Ingeborg: Botschaft

Oratorium, op. 45 Entstehung: 1975-76 Uraufführung: 9.6.1976, Berlin

Ausgaben:

Steffen, Wolfgang: Botschaft op. 42. Oratorium für gem. Chor, Kinderchor, zwei Sprecher, Orchester und Orgel nach Texten von Ingeborg Drewitz. Berlin (Ries und Erler) 1994

Steiff, Gerhard; Mohr, Jürgen: Salz für die Erde

Oratorium Uraufführung: 1999, 28. Dt. Ev. Kirchentag Quelle: Jürgen Mohr, Gerhard Steiff: Salz für die Erde – Eine Einführung in das Oratorium über Christoph Blumhardt. Vortrag am 1. Juni 2002 auf der Tagung „Warten und Pressieren. Christoph Blumhardt in Bad Boll“: Tagung anlässlich des 150-jährigen Aufzugs von Johann Christoph Blumhardt und seiner Familie in Bad Boll (1852) und des 160. Geburtstags von Christoph Blumhardt (1842), 30. Mai bis 2. Juni 2002, Ev. Akademie Bad Boll. Vgl. auch www.ev-akademie-boll.de

Stockmeier, Wolfgang: Historien

Oratorium, op. 227 Entstehung: 1980

Ausgaben:

Stockmeier, Wolfgang: Historien, op. 227. Oratorium. Wolfenbüttel (Möseler) 1979

* Stockmeier, Wolfgang: Historien. Oratorium für Soli, Chor und Orchester. Programmheft einer Aufführung vom 2. November 1980, Matthäuskirche Essen-Borbeck, Leitung: Henning Frederichs

Stockmeier, Wolfgang: Jefta und seine Tochter

Oratorische Szenen, op. 296

Ausgaben:

* Stockmeier, Wolfgang: Jefta und seine Tochter. Text nach Lion Feuchtwanger. Ms. zur Verfügung gestellt vom Komponisten

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Stockmeier, Wolfgang: Jefta und seine Tochter, op. 296. Oratorische Szenen. Wolfenbüttel (Möseler) 1995

Stockmeier, Wolfgang: Jesus

Oratorium, op. 285

Ausgaben:

* Stockmeier, Wolfgang: Oratorium Jesus. Programmheft einer Aufführung vom 5. Juli 1992, Christuskirche Oberhausen, Leitung: Karl Heinz Mertens

Stockmeier, Wolfgang: Jesus. Oratorium für Soli, gemischten Chor und Orchester, op. 285. Partitur Wolfenbüttel (Möseler) 1991

Stockmeier, Wolfgang: Jona

Oratorium, op. 177

Ausgaben:

Stockmeier, Wolfgang: Jona. Oratorium, op. 177. Wolfenbüttel (Möseler) 1978

* Stockmeier, Wolfgang: Jona. Programmheft einer Aufführung vom 25. Oktober 1973, Johanneskirche Saarbrücken, Leitung: Gunther Hoffmann

Stuppner, Hubert: Hiob

Eine musikalische Aktion (szenisches Oratorium) Uraufführung: 2.10.1992, Brixen

Stuppner, Hubert: Hiob. Eine musikalische Aktion (szenisches Oratorium) für Bariton, gem. Chor und Ensemble, Text: Buch Hiob (Übers. Martin Luther). Partitur München (Ricordi) 1992

Tamás, János; Storz, Claudia: Noahs Tochter

Uraufführung: Januar 1988, Aargau

Ausgaben:

* Storz, Claudia: Noahs Tochter. Libretto zu einem Oratorium. Luzern/Stuttgart (Rex-Verlag) 1990

Tenhaef, Peter: Die Geburt des Lichts

Weihnachtsoratorium

Entstehung: 2001 Quelle: www.komponistenlexikon.de

Tenhaef, Peter: Die letzten Worte Jesu Christi am Kreuz

Kammeroratorium

Entstehung: 1975 Uraufführung: 29.4.2000, Greifswald Quelle: www.komponistenlexikon.de

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Tenhaef, Peter: Maria Magdalena

Kammeroratorium

Entstehung: 2001 Uraufführung: 23.6.2004 Quelle: www.komponistenlexikon.de

Tenhaef, Peter: Petrus

Kammeroratorium

Entstehung: 2000 Uraufführung: 29.8.2001, Olomouc Quelle: www.komponistenlexikon.de

Uhl, Alfred; Liess, Andreas: Gilgamesch

Oratorisches Musikdrama Entstehung: 1954/56, revidiert 1967/68 Uraufführung: 3.12.1957, Wien

Ausgaben:

Uhl, Alfred: Gilgamesch. Oratorisches Musikdrama für Sprecher, Soli, gem. Chor, Knabenchor, großes Orchester und Orgel. (Dichtung der Sumerer; nach der Textfassung von Franzis Jordan zur Vertonung eingerichtet von Andreas Liess und Alfred Uhl) (1967/68). Klavierauszug Wien (Doblinger) o. J. (= Doblinger 46 027)

* Uhl, Alfred: Gilgamesch. Programmheft einer nicht näher bestimmbaren Aufführung, in Kopie zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien

Vogel, Ernst; Vogg, Herbert: Allezeit

Oratorium Entstehung: 1989 Uraufführung: 2.3.1990, Wien

Ausgaben:

Vogel, Ernst: Allezeit. Oratorium für Alt- und Bariton-Solo, gem. Chor und Orchester (Text: Herbert Vogg) (1989). Wien (Doblinger) o. J.

* Vogel, Ernst: Allezeit. Oratorium für Alt-, Bariton-Solo, gemischten Chor und Orchester auf einen Text von Herbert Vogg (1989). Programmheft der Uraufführung am 2. März 1990, Leitung: Isaac Karabtchevsky

Vogel, Wladimir Rudolfowitsch: Flucht

Dramma-Oratorio, auch szenisch darzustellen Entstehung: 1962/64

Ausgaben:

Vogel, Wladimir: Flucht. Dramma-Oratorio (1962/1964) für 4 Sprech- und Gesangsstimmen, Sprechchor (mit Soli) und Orchester, auch szenisch darzustellen. Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 4466)

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Vögele, Anton: Passion

Oratorium in 17 Bildern Entstehung: ca. 1998-2001 Uraufführung: 15.3.2002 Heidelberg

Ausgaben:

Vögele, Anton: Passion. Oratorium in 17 Bildern. Sprecherpartitur (Ms.) zur Verfügung gestellt vom Komponisten.

* Vögele, Anton: Passion. Programm und Textheft zur Uraufführung am 15. März 2002, Christuskirche Heidelberg, Leitung: Markus Karch

Wagner, Wolfram: Hiob

Oratorium Entstehung: 1989 Uraufführung: 20.10.1991, Wien

Ausgaben:

Wagner, Wolfram: Hiob. Oratorium für Sopran, Tenor, Bariton, Sprecher, gem. Chor, Orchester und Orgel nach Auszügen aus dem Alten Testament sowie Gedichten von Werner Kraft und Karl Wolfskehl (1989). Wien (Doblinger) o. J.

* Wagner, Wolfram: Hiob. Oratorium für Sprecher, Sopran, Tenor, Bariton, Chor, Orchester und Orgel nach Worten aus dem Alten Testament, von Werner Kraft und Karl Wolfskehl. Nicht näher bestimmbare Textausgabe, zur Verfügung gestellt vom Verlag Doblinger, Wien

Wagner-Régeny, Rudolf; Holl, Karl: Prometheus

Szenisches Oratorium Entstehung: 1957/58 Uraufführung: 12.9.1959

Ausgaben:

Wagner-Régeny, Rudolf: Prometheus: nach Aischylos. Szenisches Oratorium in fünf Szenen für Solostimmen, großes Orchester. Particell (als Ms. gedruckt) Berlin (Bote & Bock) 1958

Wenzel, Eberhard: Die Berge des Heils

Entstehung: 1953

Ausgaben:

Wenzel, Eberhard: Die Berge des Heils. Oratorium für gemischten Chor a cappella. Partitur Berlin (Evang. Verlagsanstalt) 1953

Wohlfahrt, Frank: Die Passion des Prometheus

Dramatisches Oratorium Entstehung: 1955 Uraufführung: 15.4.1955, Bremen

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Ausgaben:

Wohlfahrt, Frank: Die Passion des Prometheus. Dramatisches Oratorium in 3 Szenen, 1 Prolog und Epilog für Sprechstimmen, Singchor und Orchester. Textbuch Berlin (Bote & Bock) 1955

Wolf, Markus: Leben und Leiden Jesu

Entstehung: 2001

Ausgaben:

Oratorium „Das Leben und Leiden Jesu“. Text und Musik: Markus Wolf. Libretto auf der Homepage des Komponisten, http://www.wolfproduction.de/

Wolos, Hans-Georg: Spuren nach Bethlehem

Kleines Weihnachtsoratorium Uraufführung: 1994 Quelle: www.komponistenlexikon.de

Wunderlich, Heinz: Maranatha - Unser Herr kommt

Szenisches Oratorium Entstehung: 1953

Ausgaben:

* Wunderlich, Heinz: Maranatha - Unser Herr kommt (1953). Szenisches Oratorium in 5 Bildern nach Worten der Heiligen Schrift für Solostimmen (auch Einzelstimmen aus dem Chor), Chor und Orchester. Kassel (Bärenreiter) o. J. (= BA 2111)

Zebinger, Franz: Bruder Sonne, Schwester Mond

Kammeroratorium über Franz von Assisi Uraufführung: 8.2.2003, Zschorlau Quelle: Vorankündigung der Uraufführung, http://www.kirche-zschorlau.de/musik.html

Zemzaris, Ingmars: O Virga ac Diadema

Oratorium in adventum redemptoris Entstehung: 2000 Uraufführung: 3.12.2000, Klosterkirche St. Marienstern, Sachsen

Ausgaben:

Zemzaris, Ingmars: O Virga ac Diadema. Oratorium in adventum redemptoris. Libretto auf der Homepage des Instituts für kulturelle Infrastruktur Sachsen, http://www.kultur.org/veranstaltungen/libretto.htm

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Jahresverzeichnis

Im Folgenden sind alle oben genannten Oratorien nach der Zeit ihrer Entstehung

geordnet aufgeführt. Damit soll eine Übersicht über die Entwicklung des Bestandes

gegeben werden. Zugrunde gelegt wurde dabei die früheste bekannte Jahreszahl –

Entstehung des Librettos oder der Komposition, Datum der Uraufführung oder

Erscheinungsjahr. Es werden nur die Nachnamen der Komponisten und Librettisten

sowie der Titel genannt, für vollständige Titelangaben und Ausgaben vgl. oben.

1946

Schiske: Vom Tode

1949 Degen: Oster-Oratorium

Driessler: Dein Reich komme

1951

Driessler/Brix: Gaudia mundana

Gattermeyer: Weihnachtsoratorium

Haas/Andersen: Das Jahr im Lied

Koerppen: Der Turmbau zu Babel

1952 Driessler: De Profundis

1953 Wenzel: Die Berge des Heils

Wunderlich: Maranatha - Unser Herr kommt

1955 Büchtger: Die Auferstehung

Wohlfahrt: Die Passion des Prometheus

1956 Büchtger: Die Himmelfahrt Christi

Büchtger: Die Verklärung

Driessler: Der Lebendige

Haas/Schuster: Die Seligen

Heiller/Krieg: François Villon

Koerppen: Das Feuer des Prometheus

Krenek: Spiritus Intelligentiae, Sanctus

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Schibler: Media in vita [morte sumus]

Uhl/Liess: Gilgamesch

1957

Büchtger: Pfingsten

David: Ezzo-Lied

Jochum: Canctica sacra

Kukuck: Der Gottesknecht

Löbner: Titanic

Müller von Kulm: Petrus

Wagner-Régeny/Holl: Prometheus

1959 Büchtger: Weihnachtsoratorium

Kukuck: Das kommende Reich

1960 Ebenhöh: Virata

Gattermeyer: Der Turmbau zu Babel

Schindler: Weihnachtsoratorium

1961 Blum: Erzengel Michael

Kreisel: Die Weihnachtsgeschichte

1962 Büchtger: Johannes der Täufer

1963 Kelterborn: Die Flut

1964 Schindler: Osteroratorium

Vogel: Flucht

1965 Blum: Der Tod des Agamemnon

Kropfreiter/Schönzeler: Altdorfer-Passion

1967 Bloch: Passio Domini

Fischer: Über allem steht ein Licht

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Kern: Sapientia in Christo

Noll/Quoist: Herr, da bin ich

1968 Henze/Schnabel: Das Floß der Medusa

1969 Heilmann: Der Sündenfall

Noll: Go down, Moses

1971 Bertram: Der reiche Mann und der arme Lazarus

1972 Baumann : Lucas-Cranach-Oratorium

Fietz/Jourdan: Paulus I

Kelterborn: Dies unus

1973 Bresgen: De tempore

Fietz/Jourdan: Paulus II

Stockmeier: Jona

1974 Berlipp: Golgatha

Kreisel: Requiem

Kunad: Die Kitschpostille

Matthus: Laudate pacem

1975 David: Lied des Menschen

Eder/Vogg: Non sum qualis eram

Haller: Hiob

Kubizek/Vogg: Stationen (Memento Homo)

Steffen/Drewitz: Botschaft

Tenhaef: Die letzten Worte Jesu Christi am Kreuz

1976 Doppelbauer: Dein Reich komme

Fietz/Jourdan: Petrus Oratorium

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187

1977 Bieler: Der Ackermann aus Böhmen

Fietz/Jourdan: David

Heilmann/Lipp: Von der Weisheit Gottes

Kreisel: Jona

Posegga/Giner: Christ und Antichrist

1979 Fietz/Jourdan: Johannes-Oratorium

Rapf: Passio Aeterna

Schedl/Böcs: Der Großinquisitor

1980 Baumann: Auferstehung

Baumann: Passion

Becker: Magnum mysterium - Zeugenaussagen zur

Kunad: Stimmen der Völker

Stockmeier: Historien

1981 Kopf: Luther-Oratorium

Posegga: Te Deum benedictoburanum

1982 Ebenhöh/Vogg: Von der Hoffnung

Fietz/Jourdan: Martin Luther Oratorium

Flammer: Der Turmbau zu Babel

Frederichs: Petrus

Schubert: Der Mensch, das Spiel der Zeit

1983 Becerra-Schmidt: Carl von Ossietzky-Oratorium

1984 Kunad: Salomonische Stimmen

1985 Bresgen: Lumen (Der Blinde)

Callhoff: La Danse macabre

Frederichs: Passionserzählung der Maria Magdalena

Kratochwil/Schweiger: Die Erschaffung der Welt

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188

1986 Engelmann: Stele für Georg Büchner

Glaus: Hüllen des Abgrunds

Kunad: Das neue Jerusalem (Trilogie der Offenbarung

Rubin: Auferstehung

1987 Denhoff: Traumbuch eines Gefangenen

Frieberger: Mysterium Crucis

Kunad: Das Thomas-Evangelium

Kunad: Jovian, der Seher

1988 Glaus: Sunt lacrimae rerum

Krenek: Opus sine nomine

Kunad: Der Seher von Patmos

Rubin: Licht über Damaskus

Tamás/Storz: Noahs Tochter

1989 Bubmann/Töllner: Thomas der Zweifler

Hummel/Scheele: Der Schrein der Märtyrer

Klebe: Weihnachtsoratorium

Vogel/Vogg: Allezeit

Wagner: Hiob

1990 Frederichs: Hiob

1991 Gieseler: Unio mystica

Graf: Martin von Tours - Teilen statt Töten

Klebe: Warum hat die Sonne einen Aschenrand

Kukuck/Johannsen: Ecce homo: die letzten Tage des Jesus aus

Lonquich/Spaemann: Das Schweigen des Johann von Nepomuk

Stockmeier: Jesus

1992 Johnson: Bonhoeffer Oratorium

Stuppner: Hiob

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189

1993 Blume/Eckert: Hiob - Vom Leiden guter Menschen

Dinescu: Pfingstoratorium

Heizmann/Jourdan: Jerusalem Schalom

Lonquich/Lüchtefeld/Brüning: Auf dem Rand der Mauer

1994 Agnesens: Christof Dohm

Frieberger: Die Bekehrung des Hl. Paulus

Schlee/Deutsch: Der Baum des Heils

Wolos: Spuren nach Bethlehem

1995 Bonitz/Uhlenbrock: Oratorium Benedictinum

Drude/Mendt: Weihnachtsoratorium

Krämer: Kinder des Lichts

Modeß/Biermann: Frieden

Rütti/Walter: Verena die Quelle

Shih/Chiu: Lebend'ges Land

Stockmeier: Jefta und seine Tochter

1996 Blarr: Wenn du auferstehst - wenn ich aufersteh’

Gabriel/Eckert: Daniel

1997 Aufenanger/Langen: Elias - Homo Psychoticus

Ernst/Meyer-Bernitz: ... noch sind die Wege offen

Hollenweger/Korthaus: Maria von Wedemeyer

Nening/Busta: Ein anderes Hohelied

1998 Barbe: 1648

Bitsch/Walter: Kugel im Licht

Heizmann/Jourdan: Das Licht leuchtet in der Finsternis

Linßen: Die Spur von morgen

Ruoff: Bergpredigt

Vögele: Passion

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190

1999 Brezger/Finke/Holm: Paulus in Korinth

Clemencic, Rene: Reise nach Niniveh

Drude/Mendt: Von den Mühen der Heimkehr

Jost/Nitsch: Ewigkeit fällt in die Zeit

Steiff/Mohr: Salz für die Erde

2000 Büsing: Das Licht der Engel

Drude/Drude: "Für deine Ehre habe ich gekämpft, gelitten"

Hoeft/Fietkau: Unterwegs

Josef: Vor langer Zeit. Stationen einer Stadt

Katzer/Wolf/Wolf: Medea in Korinth

Kirchner : Ahasver

Kraus-Hübner/Knodt: Zeitenwenden

Meyer/Engelsberger: Schöpfung

Schwenk: Dies Septimus

Tenhaef: Petrus

Zemzaris: O Virga ac Diadema

2001 Bertram: Ich sage: jetzt!

Bitsch/Wellerdiek: Sr. Maria Euthymia

Heucke: Die Ordnung der Erde

Kaufmann: Botschaft aus Bethlehem

Kleber: Tefilla

Tenhaef: Maria Magdalena

Tenhaef: Die Geburt des Lichts

Wolf: Leben und Leiden Jesu

2002 Gabriel/Eckert: Emmaus

Jänke/Richter: Dass ein neuer Anfang verbleibe

Kraus-Hübner/Knodt: Legende der Hl. Walburga

Linßen: Adam - auf der Suche nach dem Menschen

Mertens/Suberg: Passion in Form eines Oratoriums

Ruoff: Credo

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2003 Graf: Tage des Mondes

Pasquay: Friedensoratorium

Zebinger: Bruder Sonne, Schwester Mond

ohne Jahr Bonitz: Oratorium Evangelium

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VERZEICHNIS DER TABELLEN UND ABBILDUNGEN

Tabelle 1: Oratorien nach 1945 ............................................................................. 44 Tabelle 2: Erscheinungsformen der untersuchten Oratorienlibretti ....................... 45 Tabelle 3: Titelgebung ........................................................................................... 54 Tabelle 4: Gattungsvarianten ................................................................................ 59 Tabelle 5: Sujets des Oratoriums im Vergleich ...................................................... 62 Tabelle 6: Textquellen im Oratorienlibretto............................................................ 95 Tabelle 7: Häufigkeit der Strukturtypen .............................................................. 140 Tabelle 8: Strukturformen................................................................................... 142

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193

LITERATURVERZEICHNIS

ACHBERGER 1980

Achberger, Karen: Literatur als Libretto. Das deutsche Opernbuch seit 1945.

Heidelberg (Carl Winter) 1980.

ALBRECHT O. J.

Albrecht-Hohmaier, Martin: Philologisch-analytische Studien zu Mendelssohns

Paulus. Dissertation Technische Universität Berlin, Institut für Kommunikations-,

Medien und Musikwissenschaft, Betreuer: Christian Martin Schmidt. Berlin

(Mensch und Buch) 2004.

ALTMANN 1981

Altmann, Günther: Musikalische Formenlehre. München u.a. (UTB) 1981.

AMELN 1974

Ameln, Konrad (Hrsg.): Handbuch der deutschen evangelischen Kirchenmusik.

Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 1935ff.

ANDREOTTI 1990

Andreotti, Mario: Die Struktur der modernen Literatur. Bern, Stuttgart (Paul Haupt)

²1990.

ARLT U.A. 1973

Arlt, Wulf; Lichtenhahn, Ernst; Oesch, Hans (Hrsg.): Gattungen der Musik in

Einzeldarstellungen. Gedenkschrift für Leo Schrade. Bern, München (Francke) 1973.

AXMACHER O. J.

Axmacher, Elke: Bachs Kantatentexte in auslegungsgeschichtlicher Sicht.

Sonderdruck aus „"Bach als Ausleger der Bibel“. www.tkgm.uni-bielefeld.de

BALZ 1968

Balz, Hans Martin: „Sapientia in Christo“ von Matthias Kern. In: Musik und Kirche,

1/1968, S. 43.

BÄNZINGER 1992

Bänziger, Hans: Kirchen ohne Dichter? Zum Verhältnis von Literatur und

institutionalisierter Religion. Band 1: Deutschsprachige Literatur der Neuzeit. Bern

(Francke) 1992.

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194

BARTELMUS 1998

Bartelmus, Rüdiger: Theologische Klangrede. Studien zur musikalischen Gestaltung

und Vertiefung theologischer Gedanken durch J. S. Bach, G. F. Händel, F.

Mendelssohn, J. Brahms und E. Pepping. Zürich (Pano) 1998.

BARTSCH 2002

Bartsch, Michael: Passionsmusik im Crossover-Stil. Oratorium von Stefan Jänke in

Großenhain uraufgeführt. In: DNN, 02.04.2002.

BAYERDÖRFER 1999

Bayerdörfer, Hans-Peter (Hrsg.): Musiktheater als Herausforderung. Interdisziplinäre

Facetten von Theater- und Musikwissenschaft. Tübingen (Niemeyer) 1999.

BEER/LÜTTEKEN 1995

Beer, Axel; Lütteken, Laurenz (Hrsg.): Festschrift Klaus Hortschansky zum 60.

Geburtstag. Tutzing (Schneider) 1995.

BERNSDORFF-ENGELBRECHT 1980

Bernsdorff-Engelbrecht, Christiane (Hrsg.): Geschichte der evangelischen

Kirchenmusik. Wilhelmshaven (Noetzel) 1980.

BLARR 1984

Blarr, Oskar Gottlieb: Günther Beckers Ostermusik „Magnum Mysterium“. In: Musik

und Kirche, 4/1984, S. 179-184.

BLARR 1996

Blarr, Oskar Gottlieb: „Wenn du auferstehst - wenn ich aufersteh’“. Oster-Oratorium.

Uraufführung am 03. März 1996 in der Christuskirche Mannheim (Programmheft).

Mannheim 1996.

BLUME 1963

Blume, Friedrich: Syntagma musicologum: Gesammelte Reden und Schriften. Kassel

(Bärenreiter) 1963.

BLUME U.A. 1965

Blume, Friedrich (Hrsg.): Geschichte der evangelischen Kirchenmusik. Zweite,

neubearbeitete Auflage. Herausgegeben unter Mitarbeit von Ludwig Finscher, Georg

Feder, Adam Adrio und Walter Blankenburg. Kassel u.a. (Bärenreiter) 1965.

BOLIN 2000

Bolin, Norbert: Tönende Erinnerung. Zur Geschichte der Passionskomposition. Aus:

Eisert, Christian (Hrsg.): Passion 2000. Programmbuch zu den Uraufführungen im

Rahmen des Europäischen Musikfestes Stuttgart 2000. Kassel u.a. (Bärenreiter)

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2000 (= Schriftenreihe der Internationalen Bachakademie Stuttgart, hrsg. v. Ulrich

Prinz. 11), S. 52-63.

BORCHMEYER/ZMEGAC 1994

Borchmeyer, Dieter; Zmegac, Viktor (Hrsg.): Moderne Literatur in Grundbegriffen. 2.,

neu bearbeitete Auflage. Tübingen (Niemeyer) 1994.

BRACKERT/LÄMMERT 1977

Brackert, Helmut; Lämmert, Eberhard (Hrsg.): Funk-Kolleg Literatur.

Frankfurt/Main (Fischer) 1977.

BRIEGLEB/WEIGEL 1992

Briegleb, Klaus; Weigel, Siegrid (Hrsg.): Gegenwartsliteratur seit 1968. München

(dtv) 1992. (= Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16.

Jahrhundert bis zur Gegenwart, herausgegeben von Rolf Grimminger. 12)

BROICH/PFISTER 1985

Broich, Ulrich; Pfister, Manfred (Hrsg.): Intertextualität. Formen, Funktionen,

anglistische Fallstudien. Tübingen (Niemeyer) 1985. (= Konzepte der Sprach- und

Literaturwissenschaft. 35)

BRUCHHÄUSER 1995

Bruchhäuser, Wilfried W. (Hrsg.): Komponisten der Gegenwart im Deutschen

Komponisten-Verband: ein Handbuch. Berlin (Deutscher Komponistenverband)

(4)1995.

BUBMANN 1990

Bubmann, Peter (Hrsg.): Sound zwischen Himmel und Erde. Populäre christliche

Musik. Mit Beiträgen von Friedrich Röner, Wolfgang Schuhmacher und Wolfgang

Töllner. Stuttgart (Quell) 1990.

BUBMANN O. J.

Bubmann, Peter: Von Danke bis Christival. 30 Jahre populäre christliche Musik in

Deutschland. www.bubmann.com/publikationen/Sound.htm (Erstveröffentlichung

in Bubmann 1990).

BUDDE 1999

Budde, Elmar (Hrsg.): Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert. Laaber (Laaber)

199ff.

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CADENBACH/LOOS 1986

Cadenbach, Rainer; Loos, Helmut (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte des Oratoriums

seit Händel. Festschrift Günther Massenkeil zum 60. Geburtstag. Bonn (Voggenreiter)

1986.

CORBINEAU-HOFFMANN 2000

Corbineau-Hoffmann, Angelika: Einführung in die Komparatistik. Berlin (Erich

Schmidt) 2000.

DAHLHAUS 1978

Dahlhaus, Carl: Schönberg und andere. Gesammelte Aufsätze zur neuen Musik.

Mainz (Schott) 1978.

DAHLHAUS 1983

Dahlhaus, Carl (Hrsg.): Vom Musikdrama zur Literaturoper. Aufsätze zur neueren

Operngeschichte. München, Salzburg 1983.

DAHLHAUS/EGGEBRECHT 1989

Dahlhaus, Carl; Eggebrecht, Hans Heinrich (Hrsg.): Brockhaus Riemann

Musiklexikon. Mainz (Schott) 1989.

DANUSER 1984

Danuser, Hermann (Hrsg.): Die Musik des 20. Jahrhunderts. Laaber (Laaber) 1984.

(= Neues Handbuch der Musikwissenschaft. 7)

DIBELIUS 1998

Dibelius, Ulrich: Moderne Musik nach 1945. München (Piper) 1998.

DREES O. J.

Drees, Stefan: "torsion: transparent variation" von Olga Neuwirth.

http://www.olganeuwirth.com/text14.html

DOSTOEVSKIJ 1999

Dostojewski, Fjodor M. [=Dostoevskij, Fëdor M.]: Die Brüder Karamasoff. München,

Zürich (Piper) 1999.

DÜRR 1994

Dürr, Walter: Sprache und Musik. Geschichte – Gattungen – Analysemodelle. Kassel

u.a. (Bärenreiter) 1994. (= Bärenreiter-Studienbücher Musik. 7)

DÜRR 1998

Dürr, Walter (Hrsg.): Der Text im musikalischen Werk: Editionsprobleme aus

musikwissenschaftlicher und literaturwissenschaftlicher Sicht. Berlin (Erich

Schmidt) 1998. (= Beihefte zur Zeitschrift für deutsche Philologie. 8)

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ECO 1973

Eco, Umberto: Das offene Kunstwerk. Frankfurt/Main (Suhrkamp) 81998.

EKD 1978

Evangelische Kirche in Deutschland (Hrsg.): Die Bibel oder: Die ganze Heilige Schrift

des Alten und Neuen Testaments nach der Übersetzung Martin Luthers. Revidierter

Text 1975. Stuttgart (Deutsche Bibelstiftung) 1978.

FAS 1989

FAS [unbekanntes Kürzel]: Das Jahrhundert-Oratorium im Würzburger Dom. Bertold

Hummels "Der Schrein der Märtyrer" wurde mit großem Erfolg uraufgeführt. In:

Musica sacra Juli/August 1989.

FELLERER 1976

Fellerer, Karl Gustav (Hrsg.): Geschichte der katholischen Kirchenmusik. Band II:

Vom Tridentinum bis zur Gegenwart. Kassel u.a. (Bärenreiter) 1976.

FISCHER 1985

Fischer, Jens Malte (Hrsg.): Oper und Operntext. Heidelberg (Carl Winter) 1985.

FISCHER 1986

Fischer, Ludwig (Hrsg.): Literatur in der Bundesrepublik Deutschland bis 1967.

München (dtv) 1986. (= Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16.

Jahrhundert bis zur Gegenwart, herausgegeben von Rolf Grimminger. 10)

FISCHER 1997

Fischer, Kurt von: Die Passion. Musik zwischen Kunst und Kirche. Kassel u.a.

(Bärenreiter/Metzler) 1997.

FORCHERT 1974

Forchert, A.: Textanlage und Darstellungsprinzipien in Mendelssohns Elias. Aus:

Dahlhaus, Carl (Hrsg.): Das Problem Mendelssohn Regensburg 1974. (= Studien zur

Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts. 41), S. 63ff.

FREDERICHS 1996

Frederichs, Henning: Drei Oratorien. Textbücher und Erläuterungen zu „Petrus“,

„Passionserzählung der Maria Magdalena“, „Hiob“. Gelnhausen (TRIGA) 1996.

FRENZEL 1992

Frenzel, Elisabeth: Motive der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher

Längsschnitte. Stuttgart (Kröner) 1992.

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FRENZEL 1998

Frenzel, Elisabeth: Stoffe der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher

Längsschnitte. Stuttgart (Kröner) 1998.

GEBHARD 1999

Gebhard, Hans (Hrsg.): Harenberg Chormusikführer. Vom Kammerchor bis zum

Oratorium. Dortmund (Harenberg) 1999.

GEITEL 1969

Geitel, Klaus: Skandal im Konzertsaal. Hans Werner Henzes Oratorium ‚Das Floß der

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GIER 1986

Gier, Albert (Hrsg.): Oper als Text: Romanistische Beiträge zur Libretto-Forschung.

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GIER 2000

Gier, Albert: Das Libretto. Theorie und Geschichte einer musikoliterarischen Gattung.

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GIER/GRUBER 1997

Gier, Albert; Gruber, Gerold W. (Hrsg.): Musik und Literatur. Komparatistische

Studien zur Strukturverwandtschaft. Frankfurt (Peter Lang) 1997.

GLASER 1997

Glaser, Horst A. (Hrsg.): Deutsche Literatur zwischen 1945 und 1995. Eine

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GRELL 1995

Grell, P.: Ingeborg Bachmanns Libretti. Frankfurt u.a. 1995.

GRIMMINGER U.A. 1995

Grimminger, Rolf; Murasov, Jurij; Stückrath, Jörn (Hrsg.): Literarische Moderne.

Europäische Literatur im 19. und 20. Jahrhundert. Reinbek bei Hamburg (Rowohlt)

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GRUBE 1998

Grube, Cornelius (Hrsg.): Musik, das war der Versuch zu fliegen. Über den

Komponisten Heinz Martin Lonquich. Eine Festschrift zum 60. Geburtstag. Köln

(Tonger) 1998.

GRUHN 1978

Gruhn, Wilfried: Musiksprache – Sprachmusik – Textvertonung. Aspekte des

Verhältnisses von Musik, Sprache und Text. Frankfurt/Main u.a. (Diesterweg) 1978.

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HACKS 1976

Hacks, Peter (Hrsg.): Oper. Düsseldorf (Claassen) 1976.

HEISTER/SPARRER 1992

Heister, Hanns-Werner; Sparrer, Walter-Wolfgang (Hrsg.): Komponisten der

Gegenwart. München (text+kritik) 1992ff.

HELBIG 1998

Helbig, Jörg (Hrsg.): Intermedialität. Theorie und Praxis eines interdisziplinären

Forschungsgebiets. Berlin (Erich Schmidt) 1998.

HEMPFER 1973

Hempfer, Klaus W.: Gattungstheorie: Information und Synthese. München (Fink)

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HERCHENRÖDER 1991

Herchenröder, Martin: Ein Oratorium auf der Suche nach dem Urevangelium. Zu

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HEYDEBRAND/WINKO 1996

Heydebrand, Renate von; Winko, Simone (Hrsg.): Einführung in die Wertung von

Literatur. Paderborn u.a. (Schöningh/UTB) 1996.

HMT

Eggebrecht, Hans Heinrich; Riethmüller, Albrecht (Hrsg.): Handwörterbuch der

musikalischen Terminologie, nach Hans Heinrich Eggebrecht hrsg. von Albrecht

Riethmüller. Stuttgart (Franz Steiner) 1972ff.

HONOLKA 1979

Honolka, Kurt: Kulturgeschichte des Librettos. Oper – Dichter – Operndichter.

Wilhelmshaven (Heinrichshofen) 1979.

HOPF 1986

Hopf, Helmuth: Das ‚Floß der Medusa‘ von Hans Werner Henze: Eine Dokumentation

zur Uraufführung des Oratoriums. In: Zeitschrift für Musikpädagogik, 35/1986,

S. 44-54.

HORAZ 1981

Horatius Flaccus, Quintus: Oden und Epoden, lateinisch und deutsch. Übersetzt von

Christian Friedrich Karl Herzlieb und Johann Peter Zu, bearb. von Walther Killy und

Ernst A. Schmidt. Zürich (Artemis Verlag) 1981.

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HORTSCHANKSY 1996

Hortschansky, Klaus: Vom Chordrama zum Oratorium. Gattungsnormen -

Gattungstraditionen. In: Göttinger Händelbeiträge, 6/1996, S. 59-69.

KAGEL 1991

Kagel, Mauricio (Hrsg.): Worte über Musik: Gespräche, Ausätze, Reden, Hörspiele.

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KAYSER 1976

Kayser, Wolfgang: Das sprachliche Kunstwerk. Bern und München (Francke)

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KIRSCH 1986

Kirsch, Winfried: Oratorium und Oper. Zu einer gattungsästhetischen Kontroverse in

der Oratorientheorie des 19. Jahrhunderts. Aus: Cadenbach/Loos 1986, S. 221-268.

KNOBLOCH/KOOPMANN 1997

Knobloch, Hans-Jörg; Koopmann, Helmut (Hrsg.): Deutschsprachige

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KOHLI 1952

Kohli, Hans Joachim: Versuch einer theologischen Deutung von Burkhards Oratorium

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KOLLERITSCH 1987

Kolleritsch, Otto (Hrsg.): Entgrenzungen in der Musik. Wien, Graz (Universal Edition)

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KOLLERITSCH 1988

Kolleritsch, Otto (Hrsg.): Zum Verhältnis von zeitgenössischer Musik und

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Konold, Wulf: Weltliche Kantaten im 20. Jahrhundert. Wolfenbüttel, Zürich (Möseler)

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Kosch, Wilhelm; Feilchenfeldt, Konrad (Hrsg.): Deutsches Literaturlexikon:

Biographisch-bibliographisches Handbuch. Das 20. Jahrhundert. Begr. von Wilhelm

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KOWALD 2002

Kowald, Cäcilie: „Worte, die Neues pflanzen“. Anton Vögeles ‚Passion‛: eine alte

Gattung auf dem Weg ins 21. Jahrhundert. In: Programmheft der Uraufführung,

Heidelberg 2002.

KRENEK 1964

Krenek, Ernst: Verzeichnis sämtlicher Werke 1918-1964. Wien (Universal-Edition)

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KREUTZER 1994

Kreutzer, Hans Joachim: Obertöne: Literatur und Musik. Neun Abhandlungen über

das Zusammenspiel der Künste. Würzburg (Königshausen & Neumann) 1994.

KROMBACH 2002

Krombach, Gabriela: Konzerte der Mainzer Domchöre im ersten Halbjahr 2002. In:

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KURZKE/ÜHLEIN 1999

Kurzke, Hermann; Ühlein, Hermann (Hrsg.): Kirchenlied interdisziplinär.

Hymnologische Beiträge aus Germanistik, Theologie und Musikwissenschaft.

Frankfurt/Main (Peter Lang) 1999.

LA MOTTE-HABER 1995

La Motte-Haber, Helga de (Hrsg.): Musik und Religion. Laaber (Laaber) 1995.

LA MOTTE-HABER 2000

La Motte-Haber, Helga de (Hrsg.): Geschichte der Musik im 20. Jahrhundert: 1975-

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LÄMMERT 1993

Lämmert, Eberhard: Bauformen des Erzählens. Stuttgart (Metzler) (8)1993.

LEHMANN/MEIER 1995

Lehmann, Karl; Meier, Hans (Hrsg.): Autonomie und Verantwortung. Religion und

Künste am Ende des 20. Jahrhunderts. Regensburg (Schnell und Steiner) 1995.

LEONHARDT 1992

Leonhardt, Katja: Oskar Gottlieb Blarrs „Jesus-Geburt“. Ein Weihnachtsoratorium

aus orientalischer Sicht. In: Musik und Kirche, 2/1992, S. 113f.

LEOPOLD/SCHEIDELER 2000

Leopold, Silke; Scheideler, Ullrich (Hrsg.): Oratorienführer. Stuttgart, Weimar,

Kassel (Metzler/Bärenreiter) 2000.

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LOOS 2001

Loos, Helmut: Weihnachtsoratorien des 19. und 20. Jahrhundert. Die christliche

Tradition im Wettstreit mit dem bürgerlichen Festgedanken. In: Musica sacra,

6/2001, S. 5-9.

LÜCHTEFELD/LONQUICH 1994

Lüchtefeld, Klaus; Lonquich, Heinz Martin (Hrsg.): Auf dem Rand der Mauer:

7 Wortwechsel im Raum/Oratorium rituale. Programmheft der Aufführung am

„Aschermittwoch der Künstler“. Köln 1994.

LÜCK 1974

Lück, Rudolf: César Bresgen. Wien (Lafite) 1974. (= Österreichische Komponisten

des 20. Jahrhundert. 21)

MASSENKEIL 1970

Massenkeil, Günther: Das Oratorium. Köln (Hans Gerig) 1970. (= Das Musikwerk.

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208

INDEX DER KOMPONISTEN UND LIBRETTISTEN

A

Aischylos...........................................187

Andersen, Ludwig .......................76, 169

Aufenanger, Friedhelm........................73

Ausländer, Rose ................................157

B

Bach, Johann Sebastian16, 41, 111, 151

Bachmann, Ingeborg ...................40, 157

Barbe, Helmut............. 31, 53, 57, 59, 76

Baumann, Max Georg ...................52, 53

Becerra-Schmidt, Gustavo ............50, 75

Becker, Günther............ 61, 68, 102, 199

Berg, Alban .........................................28

Bertram, Hans Georg ........ 44, 45, 52, 57

Bialas, Günter.............................29, 146

Biermann, Wilhelm .............................55

Bitsch, Jutta ...........................50, 54, 73

Blarr, Oskar Gottlieb.... 9, 21, 35, 53, 68, 85, 108, 119, 138, 139, 144, 156

Bloch, Waldemar....... 45, 52, 55, 66, 125

Blum, Robert............. 50, 51, 61, 75, 158

Blume, Jürgen . 34, 49, 72, 81, 101, 104, 111, 115, 118, 120, 125, 136, 158

Böcs, Attila........................................182

Bonhoeffer, Dietrich ... 36, 50, 64, 74, 75, 96, 147, 171, 193

Bonitz, Matthias....................34, 55, 158

Borchmeyer, Dieter .......................36, 39

Brahms, Johannes......................22, 199

Bresgen, César..............................55, 76

Brezger, Gottfried..............................159

Brix, Bettina..................................61, 77

Bruch, Max ...................................24, 64

Brüning, Bärbel ........................178, 179

Bubmann, Peter 31, 50, 60, 95, 102, 104

Büchtger, Fritz ..... 50, 52, 53, 59, 68, 70, 107

Burkhard, Willy...................................41

Büsing, Otfried 9, 35, 53, 54, 61, 68, 115

C

Celan, Paul ................................. 36, 144

Chiu, Charles S. ................. 75, 184, 194

Claudius, Matthias ........................... 181

D

Dante Alighieri.......................... 122, 126

David, Johann Nepomuk .............. 14, 44

David, Thomas Christian .................... 77

Degen, Helmut.................................... 29

Deutsch, Reinhard.............. 74, 128, 183

Dinescu, Violeta.................................. 69

Distler, Hugo .................. 25, 29, 57, 145

Dostoevskij, Fёdor M. ......................... 74

Drewitz, Ingeborg.......................... 9, 184

Driessler, Johannes ... 14, 29, 50, 53, 56, 61, 72, 77, 78, 80, 87, 104, 113, 116, 124, 127, 128, 137

Droste-Hülshoff, Annette v.......... 75, 184

Drude, Hartwig ............67, 110, 112, 139

Drude, Matthias .....34, 53, 73, 100, 101, 110, 112, 115, 125, 137, 139, 140

E

Ebenhöh, Horst ..51, 59, 60, 75, 97, 104, 116, 127, 133, 164

Eckert, Eugen.34, 35, 49, 60, 72, 73, 81, 101, 104, 111, 115, 118, 120, 125, 136, 158, 167

Eder, Helmut .........56, 77, 115, 125, 207

Engelmann, Hans Ulrich........... 9, 51, 61

Engelsberger, Gerhard..... 34, 52, 72, 85, 179

Ernst, Siegrid...................................... 54

F

Fassbind, Franz.................................. 45

Feuchtwanger, Lion .....73, 110, 123, 185

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209

Fiebig, Kurt .................................29, 146

Fietkau, Wolfgang .........................54, 60

Fietz, Siegfried 9, 32, 49, 50, 95, 96, 100, 125, 165

Finke, Christian ................................159

Fortner, Wolfgang....................14, 29, 56

Frederichs, Henning... 21, 49, 60, 66, 70, 72, 82, 95, 101, 104, 115, 116, 118, 133, 136, 184

Frieberger, Rupert Gottfried ..52, 66, 167

Fried, Erich.........................................84

G

Gabriel, Thomas................ 34, 49, 60, 73

Gattermeyer, Heinrich.............52, 53, 72

Gerhardt, Paul ..........................161, 181

Géricault, Théodore...........................112

Gier, Albert ...... 33, 39, 42, 43, 107, 108, 135, 137

Gieseler, Walter.......................50, 55, 61

Giner, Chrysostomus ..........................60

Glaus, Daniel ................................56, 70

Goethe, Johann Wolfgang v.........89, 140

Graf, Wolfram .....................................74

Gryphius, Andreas ................54, 76, 183

H

Haas, Joseph25, 26, 53, 69, 76, 78, 104, 113, 119, 131, 132, 136, 143, 168

Hacks, Peter........................................42

Haller, Hermann ........... 49, 72, 118, 136

Händel, Georg Friedrich ..............16, 198

Härtling, Peter........... 36, 68, 78, 82, 129

Haydn, Joseph ............................48, 146

Heiller, Anton..........................51, 75, 99

Heilmann, Harald...... 50, 52, 55, 71, 128

Heizmann, Klaus.................9, 32, 52, 55

Henze, Hans Werner..... 9, 61, 77, 84, 97, 99, 108, 112, 116, 120, 126, 170

Heucke, Stefan................ 33, 44, 75, 108

Hildegard v. Bingen.....................55, 113

Hoeft, Helmut................................54, 60

Hollenweger, Walter ............................50

Holm,Thomas ................................... 159

Honegger, Arthur.................... 25, 26, 28

Huber, Klaus .......................... 14, 28, 34

Hülle, Dieter ....................................... 74

Hummel, Bertold .......9, 44, 74, 108, 119

J

Jänke, Stefan.............................. 33, 199

Janssen, Peter .............................. 31, 32

Jens, Walter ..................... 156, 160, 161

Jochum, Otto...................................... 55

Johannsen, Margret.............. 67, 83, 176

Johnson, Tom......................... 50, 75, 96

Josef, Jens.......................................... 54

Jost, Helmut............... 21, 54, 60, 69, 86

Jourdan, Johannes.... 49, 50, 52, 95, 96, 100, 125, 165

József, Attila ..................................... 157

K

Karmakar, Romuald ........................... 45

Kasack, Hermann ............................... 56

Katzer, Georg.................. 51, 61, 75, 103

Kelterborn, Rudolf ..... 52, 55, 61, 71, 73, 107, 114, 125

Kern, Matthias.................................... 50

Kirchner, Volker David ................. 50, 65

Klebe, Giselher......35, 53, 67, 68, 78, 82, 129, 173

Kleber, Wolfgang....................... 139, 174

Klopstock, Friedrich.............. 63, 89, 146

Knodt, Reinhard ..................... 50, 54, 62

Koerppen, Alfred .51, 52, 72, 75, 87, 103, 108, 116, 125, 174

Kraft, Werner.................................... 187

Krämer, Thomas ........................... 53, 54

Kratochwil, Heinz.......................... 59, 71

Kraus-Hübner, Hans .............. 50, 54, 62

Krenek, Ernst ......26, 50, 55, 69, 72, 115

Krieg, Franz ................................ 75, 169

Kropfreiter, Augustinus Franz ... 59, 117, 125

Kubizek, Augustin .................. 54, 77, 90

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210

Kuckuck, Felicitas. 50, 53, 55, 67, 69, 83

Kunad, Rainer50, 52, 56, 57, 70, 74, 108

L

Laagland, Ludo .................................157

Langen, Peter ......................................73

Lasker-Schüler, Else .........................140

Leopold, Silke..........................13, 22, 38

Liess, Andreas............... 51, 60, 115, 186

Linßen, Gregor ................ 54, 60, 95, 108

Lipp, Wolfgang ............................50, 169

Liszt, Franz .........................................42

Löbner, Roland..............................56, 62

Lonquich, Heinz Martin 9, 34, 56, 61, 69, 74, 90, 91, 94, 105, 178, 179

Lüchtefeld, Klaus . 34, 35, 56, 61, 69, 90, 91, 105, 178, 179

Luther, Martin ... 64, 160, 161, 165, 185, 192, 202

M

Mahler, Gustav ...................................25

Marti, Kurt .. 36, 100, 120, 121, 167, 168

Martin, Frank......................................26

Massenkeil, Günther.. 22, 37, 38, 45, 64, 65, 66, 78, 79

Matthus, Siegfried...............................55

Mauersberger, Rudolf..........................29

Mendt, Dietrich ...... 34, 53, 73, 100, 101, 115, 125, 137, 140, 163

Meyer, Conrad Ferdinand..................182

Meyer, Krzysztof Aleksander..........72, 85

Meyer-Bernitz, Klaus...........................54

Micheelsen, Hans................................29

Michelangelo .......................................76

Modeß, Jochen A.................................55

Mohr, Jürgen ....................................184

Monteverdi, Claudio ............................48

N

Nening, Wolfgang ................................59

Nitsch, Johannes .............. 54, 60, 69, 87

Noll, Diether........................................50

O

Orff, Carl ............................................ 29

P

Pahlen, Kurt ....................................... 38

Pasquay, Wolfgang............................ 180

Pepping, Ernst .............. 29, 57, 146, 199

Posegga, Hans ............................ 60, 180

Q

Quoist, Michel .................................... 50

R

Rapf, Kurt................55, 67, 84, 130, 181

Rilke, Rainer Maria...36, 68, 76, 89, 130, 143, 160, 161, 181

Rubin, Marcel ...52, 53, 54, 68, 115, 118, 126, 141

Ruoff, Axel ........................ 55, 69, 82, 84

Rütti, Carl..................................... 50, 74

S

Sachs, Nelly .................................. 36, 84

Schedl, Gerhard...................... 50, 57, 74

Scheele, Paul-Werner...74, 108, 119, 171

Scheideler, Ullrich ........................ 13, 38

Schering, Arnold................................. 37

Schibler, Armin................................... 61

Schiller, Friedrich v. ......................... 166

Schiske, Karl ....21, 76, 77, 88, 130, 143, 146, 183

Schlee, Thomas Daniel................ 74, 128

Schnabel, Ernst ....9, 61, 77, 84, 99, 112, 116, 120, 122, 126, 170

Schneider, Martin G. .......................... 31

Schneider, Walter ............................... 60

Schönberg, Arnold .................. 25, 26, 57

Schönzeler, Hans-Hubert.................. 125

Schröder, Rudolf Alexander ........ 68, 129

Schubart, Christian F. D. ................. 181

Schubert, Franz.....22, 54, 171, 183, 192

Schubert, Heino.................................. 54

Page 213: Cäcilie Kowald Das deutschsprachige Oratorienlibretto 1945 ... · Hans Werner Henze. Mit Oskar Gottlieb Blarr, Otfried Büsing, Heinz Martin Lonquich sind praxiserfahrene Kirchenmusiker

211

Schulhoff, Erwin .................................30

Schumann, Robert ..............................24

Schuster, Ludwig ......................131, 168

Schweiger, Sigrid.........................71, 175

Schwenk, Fredrik................................72

Shih .................................... 75, 184, 194

Silesius, Angelus....... 132, 142, 168, 181

Smither, Howard............... 13, 22, 37, 65

Spaemann, Cordelia....................74, 179

Speicher, Martin .................................45

Steiff, Gerhard ..................................184

Stockhausen, Karl-Heinz.....................28

Stockmeier, Wolfgang...... 50, 61, 69, 73, 110, 115, 123, 127

Storz, Claudia . 43, 51, 73, 115, 119, 126

Stravinskij, Igor.......................17, 25, 28

Stuppner, Hubert................................49

T

Tamás, János..........................................43, 51, 73, 115, 119, 126, 147, 185, 193

Tàmas, Jànos..............................51, 126

Thomas, Kurt .................. 25, 29, 57, 145

Töllner, Wolfgang ..................50, 60, 102

U

Uhl, Alfred. 51, 60, 75, 97, 115, 116, 186

Uhlenbrock, Martin Pater OSB...34, 158, 194

Ungaretti, Giuseppe ..................144, 157

V

Vogel, Ernst ..................................77, 88

Vögele, Anton .. 52, 67, 83, 119, 126, 143

Vogg, Herbert ...... 54, 56, 77, 81, 88, 90, 115, 125, 164, 176, 186, 207

W

Wagner, Wolfram..... 49, 72, 81, 118, 136

Walter, Silja .............. 50, 54, 73, 74, 182

Weiss, Peter ........................................45

Wellerdiek, Gisbert........................50, 73

Wenzel, Eberhard................................29

Wiechert, Ernst................................... 68

Wolf, Christa..............9, 51, 61, 103, 172

Wolf, Gerhard ............................. 75, 172

Wolf, Markus ............................ 104, 188

Wolfskehl, Karl ................... 81, 136, 187

Wunderlich, Heinz .......... 50, 55, 60, 116

Z

Zemzaris, Ingmars ...................... 55, 113

Zweig, Stefan .............................. 75, 164

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Anders als das Opernlibretto hat das Oratorienlibretto bisher in der litera-turwissenschaftlichen Forschung keine Beachtung gefunden. Dabei spielt der Text im Oratorium oft eine wichtigere Rolle als in der Oper. Die vor-liegende Arbeit unternimmt deshalb den Versuch, das Oratorium als (auch) literarische Gattung anhand des Textes genauer zu beschreiben. Da das Oratorium insgesamt eine recht offene Gattung ist, die zudem im Laufe der Zeit und regional sehr unterschiedliche Ausprägungen erfahren hat, wurde die Untersuchung auf zwischen 1945 und 2000 entstandene überwiegend deutschsprachige Libretti beschränkt.

Zunächst werden die kulturgeschichtlichen Voraussetzungen der zeit-genössischen Oratorienproduktion und die derzeitige Forschungslage be-leuchtet. Im zweiten Teil folgt die Untersuchung inhaltlicher Aspekte, wie die Wahl von Titeln und Sujets, sowie darauf aufbauend der Bedeutung der Bibel bei der Texterstellung und -gestaltung. Im dritten Teil wird schließlich die spezifische mehrlagige Erzählstruktur des Oratoriums herausgearbeitet, die sich aus verschiedenen, in Zeit und Perspektive voneinander unab-hängigen Ebenen konstituiert.

Ein ausführliches Oratorienverzeichnis rundet die Untersuchung ab und will als Ausgangspunkt für weitere, eigene Entdeckungsreisen in die Welt dieser unbekannten, aber äußerst vitalen Gattung dienen.