Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4...

52
Change Management 2003/2008 Bedeutung, Strategien, Trends Veränderungen erfolgreich gestalten

Transcript of Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4...

Page 1: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Change Management 2003/2008Bedeutung, Strategien, Trends

Veränderungen erfolgreich gestalten

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 1

Page 2: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

„Der Erfolg oder Misserfolg eines Veränderungsprozesses hängt vom Verhalten und

der Einstellung der Beteiligten ab. Deshalb ist den weichen Faktoren mindestens

ebenso viel Bedeutung beizumessen wie den Fakten. Wenn die betroffenen Unter-

nehmenseinheiten über das Projekt und seine Akteure den Kopf schütteln oder

sogar lachen, dann sollte die beabsichtigte Veränderung grundsätzlich renoviert

werden“ (Teilnehmer der Studie).

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 2

Page 3: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

1. Change Management hat Konjunktur Seite 4

2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7

3. Stellenwert von Change Management Seite 12

4. Was ist Change Management? Seite 14

5. Anlässe und Einsatz von Change Management Seite 18

6. Stakeholder bei Change Prozessen Seite 26

7. Instrumente des Change Management Seite 30

8. Umsetzungsbarrieren und Erfolgsfaktoren Seite 38

9. Akteure, Organisation und Controlling Seite 42

10. Es geht immer weiter und weiter und weiter ... Seite 48

Literatur Seite 50

3

Inhalte

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 3

Page 4: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

4

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 4

Page 5: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

5

Change Management ist Dynamik

Veränderungen sind zum permanenten Begleiter

und oft sogar zum aktiven Treiber im Wirtschafts-

leben geworden: Veränderungen als Ergebnis von

Strategiewechseln, Veränderungen in Folge von

Restrukturierungen, Veränderungen als Resultat

von Unternehmenszusammenschlüssen und

schließlich auch Veränderungen durch externe

Einflüsse wie jüngst der Euro, gegenwärtig die

International Accounting Standards bzw. Kredit-

anforderungen aus Basel II oder permanent als

Konsequenz technologischer Innovationen. Die

beiden Bonmots „nichts ist beständiger als der

Wandel“ bzw. „die einzige Konstante ist die

Veränderung“ drücken deshalb auch plastisch

aus, dass Change Management im Grunde kon-

junkturresistent ist. In Unternehmen gibt es

immer etwas zu „changen“, unabhängig davon,

ob es gerade auf-, ab- oder seitwärts geht. Die

Phasen der Ruhe – nach denen sich viele Men-

schen sehnen – scheinen endgültig der Vergangen-

heit anzugehören. Als erfolgreich gilt heutzutage

jener, der sich reibungslos an neue Situationen

und Konstellationen anpassen kann und will.

Dieser wird dann mit Adjektiven wie flexibel,

adaptiv und dynamisch gefeiert.

Change Management ist Mode

Nicht an der Spitze von Bestsellerlisten zur Wirt-

schaftsliteratur aber auch nicht weit davon

entfernt tummeln sich die Bücher rund um die

multiplen Dimensionen des Change Manage-

ments: Gestern mit einem Schuss Vision, heute

oft mit einer Prise Esoterik und morgen vielleicht

mit einer Portion Struktur. Change Management

boomt. Kaum eine Ausgabe des Harvard Business

Review oder deutschsprachiger Wirtschafts-

journale und Unternehmensmagazine vergeht,

ohne dass die aktive Gestaltung von großfor-

matigen Veränderungen thematisiert wird. Kon-

gressveranstalter, Weiterbildungskonzerne und

Trainingsinstitute bewerben über sämtliche

Kanäle Tagungen, Workshops und Seminare zum

Thema. Selbst noch die renommierteste Ma-

nagementberatung – bislang kaum interessiert

an der Umsetzung ihrer Konzepte – ergänzt die

Mannschaft inzwischen um Spezialisten „für die

Implementierung“. Verlage und Autoren, Trainer

und Berater hatten schon immer ein feines Ge-

spür für die aktuellen Trends im Management.

1. Change Management hat Konjunktur

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 5

Page 6: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

6

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Change Management ist Business

Die professionelle Gestaltung von Veränderungs-

prozessen ist inzwischen zu einem signifikanten

Markt mit attraktiven Wachstumsraten geworden.

Von senioren Einzelberatern über systemische

Beratungsboutiquen bis hin zu multinationalen

Beratungskonzernen drängeln sich die Akteure

auf einem kaum transparenten und wenig ana-

lysierten Markt. Hinzu kommen die Myriaden

von Spezialisten im Coaching, im Training, in

Kommunikation. Sie alle bedienen die verschie-

denen Geschmäcker ihrer nicht immer sicheren

Kunden. Im Grundsatz ist jede Veränderung,

die in einem Unternehmen oder von einem

Externen initialisiert wird ein Change. Bei zu-

nehmendem Zeit- und Ergebnisdruck für die

Umsetzung („on time & in budget“) verringern

sich die Spielräume, in denen Widerstände

zugelassen oder hingenommen werden können.

Professionelles „Wegmanagen“ von Barrieren und

Zauderern ist gefragt – eben Change Management.

Grenzen der Belastbarkeit?

Unbestritten ist aber auch, dass viele Mitarbeiter

eigentlich weniger Dynamik und mehr Konstanz

in ihrem Unternehmen wollen. Eine bekannte

Overheadfolie aus den Managerseminaren der

neunziger Jahre („the only person who likes

change is a wet baby“) lag gar nicht so falsch.

Bei gleichzeitiger Beschleunigung und Verdich-

tung des beruflichen Alltags sind wesentliche

Gruppen an der Grenze ihrer soziopsychologi-

schen Belastbarkeit angekommen oder haben

diese bereits überschritten. Im permanenten

Wechsel zwischen den großen Paradigmen der

Wirtschaft wie etwa Zentralisierung/Dezentrali-

sierung, Fokussierung/Diversifikation, Insourcing/

Outsourcing weiß der Einzelne häufig gar nicht

mehr, was gerade en vogue ist und was dies für

ihn konkret bedeutet. Diese Verwirrung wird

verstärkt durch den fehlenden Abschluss von

Veränderungsprozessen. Wen kümmert noch

die Veränderung von gestern, wo doch heute

eine viel wichtigere Veränderung alle Kräfte

bindet und die Veränderung von morgen sich

bereits am Horizont abzeichnet? Lediglich ein

Anhänger von zyklischen Weltbildern kann dies

noch gelassen sehen, da alles irgendwann

wiederkehrt. Zumal dies um so eher geschieht,

wenn sich die Entwicklungen beschleunigen:

Gestern noch zentral, heute gerade dezentral

und morgen schon wieder zentral. Gestern noch

fokussiert, heute mal wieder diversifiziert und

morgen bereits wieder fokussiert. Gestern noch

selbst gemacht, heute gerade von außen zuge-

kauft und morgen schon wieder selbst gemacht.

Dies hat auch jeweils seine bekannten Vor- und

Nachteile. Change hat zumindest den Zweck,

die Bewegung und Anstrengung im Unterneh-

men nicht erlahmen zu lassen. Für die Moment-

aufnahme ist eine derartige Gelassenheit aller-

dings zu wenig. Es ist Veränderung und damit

Anpassung auf das gegenwärtig Dominante er-

forderlich. Dies kann ganz schön fordernd sein.

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 6

Page 7: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

7

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 7

Page 8: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

8

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Zielsetzung

Beim Blick auf die Relevanz des Themas ist es

erstaunlich, im deutschsprachigen Raum kaum

umfassende Change Management Studien zu

finden. Die Analysen aus Theorie und Praxis

beschränken sich entweder auf bestimmte

Change-Anlässe (z.B. Post Merger Integration),

bestimmte Change-Bereiche (z.B. Analyse ein-

zelner Branchen), bestimmte Change-Wirkungen

(z.B. sozio-emotionale Effekte auf den Mitar-

beiter) oder bestimmte Change-Instrumente

(z.B. Wirksamkeit einzelner Methoden).

Mit der gemeinsam von Handelsblatt (Deutsch-

land), Standard (Österreich), Handelszeitung

(Schweiz) und Cap Gemini Ernst & Young

durchgeführten Studie „Change Management

2003/2008 – Bedeutung, Strategien, Trends“

wurde die Ist-Situation großer deutscher, öster-

reichischer und schweizerischer Unternehmen

erhoben. Im Blickpunkt standen:

• Verständnis und Einstellungen zum

Change Management

• Anlässe, Instrumente und Akteure im

Change Management

• Organisation von Change Management

• Kosten-/Nutzenmessung von

Change Management

• Typische Umsetzungsbarrieren und

zentrale Erfolgsfaktoren

Eckdaten der Studie

Die Studie basiert auf einer schriftlichen Befra-

gung von Führungskräften aus großen deutschen,

österreichischen und schweizerischen Unter-

nehmen im Juli/August/September 2003. Mit

insgesamt 91 Fragebögen – darunter neun

DAX30-Unternehmen – betrug der Rücklauf

über 20 Prozent; dies ist mit Blick auf den an-

spruchsvollen und zeitaufwändigen Fragebogen

ein beachtlicher Wert. Konzeption der Studie,

Analyse der Daten und Illustration der Ergebnisse

wurde durch Managementberater von Cap

Gemini Ernst & Young in Abstimmung mit den

drei Medienpartnern realisiert.

Change Management und die damit verbundenen

Themenstellungen sind weder in der Theorie

noch in der Praxis eindeutig definiert. Bereits

die Definition des Gegenstands führt zu diver-

gierenden Assoziationen und Perzeptionen. Aus

diesem Grund wurde der Fragebogen in mehre-

ren Durchläufen durch ausführliche Pretests mit

Führungskräften seziert und optimiert. Ergebnis

war ein für eine schriftliche Befragung sicherlich

anspruchsvoller und zeitaufwändiger, durch

die Anregungen aus den Pretests allerdings ver-

ständlicher Fragebogen mit insgesamt 15 Frage-

komplexen (bis zu fünf Unterfragen; geschlossene

und offene Antwortkategorien). Die Quote der

„missing answers“ konnte damit auch bei den

schwierigen Fragestellungen sehr gering gehal-

ten werden.

2. Rahmenbedingungen der Studie

Abb. 1: Vier Fünftel der teilnehmendenUnternehmen haben ihren Stammsitzin Deutschland oder Österreich

ROW 1

20%

Österreich25%

Deutschland55%

Stammsitz der teilnehmenden Unternehmen

Cap Gemini Ernst & Young 2003

1Rest of World (50% davon mit Stammsitz in der Schweiz)

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 8

Page 9: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

Struktur der befragten Unternehmen

Die Unternehmen entstammen aus der gesamten

Bandbreite der deutschen, österreichischen

und schweizerischen Wirtschaft; lediglich

der öffentliche Sektor mit seiner erst allmählich

auflebenden Change-Orientierung ist nicht

analysiert worden. Mehr als die Hälfte der Be-

fragten kommt aus Unternehmen mit deutscher

Muttergesellschaft. Ein Viertel arbeitet in Unter-

nehmen mit österreichischem Headquarter. Die

verbleibenden Teilnehmer sind für Unterneh-

men mit anderweitiger Muttergesellschaft tätig,

die Hälfte hiervon aus der Schweiz (Abbildung 1,

siehe Seite 8).

Leider sind die schweizerischen Ergebnisse an

den meisten Stellen statistisch nicht signifikant,

weshalb sich diese Studie auf Unterschiede

zwischen deutschen und österreichischen Un-

ternehmen konzentriert.

Im Fokus stehen große mittelständische bis

sehr große Unternehmen (Abbildungen 2

und 3); kleinere mittelständische Unternehmen

sind nicht untersucht worden. Für weitere Analy-

sen wurden die Unternehmen in drei Größen-

cluster (L – XL – XXL) unterschieden; Banken/

Versicherer sind ausschließlich anhand des

Kriteriums Mitarbeiterzahl kategorisiert ent-

sprechend den nationalen Wirtschaftsstrukturen

überwiegend in Deutschland die XXL-Unterneh-

men und in Österreich die L-Unternehmen

(Abbildung 4).

• L: Umsatz < € 1 Mrd. und

Anzahl Mitarbeiter < 5.000

• XL: Umsatz > € 1 Mrd. oder

Anzahl Mitarbeiter > 5.000.

• XXL: Umsatz > € 5 Mrd. oder

Anzahl Mitarbeiter > 30.000

Abb. 2: Zwei Drittel der teilnehmenden Unternehmen machen einen Umsatz von über einer Milliarde Euro ...

>10.000

5.000 – 10.000

1.000 – 5.000

500 – 1.000

250 – 500

< 250

5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%0%

Klassifizierung der Teilnehmer nach Umsatz (in Mio. €)

Cap Gemini Ernst & Young 2003

32%

9%

26%

10%

13%

11%

Abb. 3: ... und die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen beschäftigt mehr als 5.000 Mitarbeiter

> 50.000

30.000 – 50.000

15.000 – 30.000

5.000 – 15.000

1.000 – 5.000

< 1.000

5% 10% 15% 20% 25% 30%0%

Klassifizierung der Teilnehmer nach Mitarbeiterzahl

Cap Gemini Ernst & Young 2003

16%

4%

8%

22%

27%

22%

Abb. 4: In Abhängigkeit von ihrer Größe wurden die Unternehmen in die dreiCluster „L“, „XL“ und „XXL“ unterteilt

Cap Gemini Ernst & Young 2003

XL29%

Clusterung der Teilnehmer nach Größe1

Verteilung über alle Teilnehmer Verteilung in Deutschland

XXL32%

L39%

43% 20%

37%

Verteilung in Österreich

9%14%

77%

1Clusterlogik:L: Umsatz < 1 Mrd. EUR und Anzahl Mitarbeiter < 5.000.XL: Umsatz > 1 Mrd. EUR oder Anzahl Mitarbeiter > 5.000.XXL: Umsatz > 5 Mrd. EUR oder Anzahl Mitarbeiter > 30.000.Banken wurden ausschließlich anhand des Kriteriums Mitarbeiterzahlkategorisiert.

9

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 9

Page 10: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Die Verteilung der Unternehmen nach Branchen

zeigt sowohl in der Gesamtschau (Abbildung 5)

als auch bei der nationalen Differenzierung

(Abbildung 6) die bekannten Strukturen. Leider

sind die Ergebnisse einiger Branchen (Chemie/

Pharma/Life Sciences, Elektronik/High Tech/

IT/Software/Telekommunikation und Energie/

Versorger) statistisch nicht signifikant, weshalb

sich diese Studie auf prägnante Unterschiede

zwischen Wirtschaftssektoren konzentriert.

Die Börsennotierung des Unternehmens wurde

zwar ebenfalls erhoben (38%); eine Differen-

zierung der Ergebnisse nach diesem Parameter

ergab allerdings keine signifikanten Resultate.

Mit Blick auf die Strukturen der Unternehmen

ist die Analyse repräsentativ.

Struktur der befragten Ansprechpartner

Bei Studien mit klarem Themenfokus sind An-

sprechpartner in Unternehmen meist schnell zu

identifizieren. Es ist hingegen nicht einfach, den

jeweils „richtigen“ Ansprechpartner für Change

Management zu finden. Im Grunde ist heute

allerdings jeder verantwortliche Manager in

permanenter Art und Weise sowohl Akteur als

auch Konsument von Veränderungsprozessen.

Wichtig für die Qualität der Ergebnisse ist deshalb

die Beantwortung durch erfahrene Entscheidungs-

träger im Unternehmen. Dies wurde durch eine

sorgfältige Adressselektion in Abstimmung mit

den Medienpartnern Handelsblatt (Deutschland),

Standard (Österreich) und Handelszeitung

(Schweiz) sowie mit persönlichen Anschreiben

erreicht.

Die meisten Antworten stammen von Managern

in Linienfunktionen, viele davon in der HR-

Funktion (Abbildung 7). Von den Teilnehmern

agieren 16 Prozent auf der Vorstandsebene,

29 Prozent auf der zweiten Führungsebene und

33 Prozent auf der dritten Führungsebene.

Nur ein kleiner Teil der Befragten (7%) ist gegen-

wärtig als Projektmanager/Projektleiter tätig

und jeder siebte Befragte (15%) arbeitet in

sonstigen Funktionen, meist in einer Stabsrolle.

Geringfügige Unterschiede zwischen den Teil-

nehmern aus Deutschland und Österreich dürften

keine Effekte auf die Ergebnisse besitzen. Die

ebenfalls erhobene Dauer der Tätigkeit im Un-

ternehmen weist nur wenige Teilnehmer mit

kurzer Verweildauer aus, die meisten Antworten

basieren auf einer langjährigen Kenntnis der

eigenen Organisation (fast die Hälfte mit einer

Unternehmenserfahrung von zehn Jahren und

mehr) (ohne Abbildung).

10

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Abb. 5: Die Studie deckt ein breites Spektrum an Branchen aus der Wirtschaft ab

Andere14%

Banken/Versicherungen22%

Automotive/Metallindustrie/ Maschinenbau

19%

Chemie/Pharma/ Life Sciences

8%

Elektronik/HighTech/

IT/Software/Telekom-

munikation8%

Energie/Versorger8%

Handel/Konsumgüter

10%

Transport/Logistik11%

Verteilung der Teilnehmer nach Branchen

Cap Gemini Ernst & Young 2003

Abb. 6: Die nationale Differenzierung zeigt die bekannten Strukturen in den beiden Ländern

Branchenverteilung in Deutschland und Österreich

Verteilung in Deutschland

Andere10%

Banken/Versicherungen

28%

Automotive/Metallindustrie/Maschinenbau

16%

Chemie/Pharma/

Life Sciences6%

Elektronik/HighTech/

IT/Software/Telekom-

munikation6%

Energie/Versorger

6%

Handel/Konsumgüter

10%

Transport/Logistik

18%

Verteilung in Österreich

Andere18%

Banken/Versicherungen

18%

Automotive/Metallindustrie/Maschinenbau

23%

Elektronik/HighTech/

IT/Software/Telekom-

munikation9%

Handel/Konsumgüter

18%

Energie/Versorger

14%

Cap Gemini Ernst & Young 2003

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 10

Page 11: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Damit kann die Studie auch mit Blick auf die

Strukturen der Teilnehmer als repräsentativ

charakterisiert werden. Mit ihr werden nicht die

Einstellungen und Bewertungen von internen

Change-Experten oder externen Change-Beratern

analysiert, sondern die Einschätzungen von

erfahrenen Entscheidungsträgern „an der Front“

von Veränderungsprozessen.

11

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

Abb. 7: Der Fragebogen wurde unmittelbar von den mit Change ManagementThemen betrauten Funktionsträgern bearbeitet

Cap Gemini Ernst & Young 2003

Verteilung der Teilnehmer nach Funktion

Verteilung über alle Teilnehmer Verteilung in Deutschland

Projektmanager/Projektleiter

7%

Sonstige 15%

Vorstand/Geschäftsführer

16%

17% 13%

38%

21%

Abteilungsleiter 33%

Direktor/Haupt-abteilungsleiter

29%

11%

Verteilung in Österreich

23% 18%

31%

23%5%

ProjektbeteiligteCap Gemini Ernst & Young

Martin Claßen

(Leiter People Practice)

Tel.: +49 (0)170/912 66 20

[email protected]

Dr. Björn Alex

(Leiter Change Team)

Tel.: +49 (0)1 60/5 83 42 86

[email protected]

Stefanie Arnold

Tel.: +49 (0)1 70/912 65 85

[email protected]

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 11

Page 12: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

12

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 12

Page 13: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Bereits in der HR-Strategiestudie von Wirtschafts-

woche und Cap Gemini Ernst & Young aus dem

Jahr 2002 hat Change Management in der

Rangliste von bedeutenden Personalthemen

der Gegenwart und Zukunft einen Spitzenplatz

belegt. Auch in dieser Studie wird der hohe

Stellenwert des Themas deutlich. Bereits für 2003

sprechen 89 Prozent der Befragten Change

Management eine „wichtige“ oder sogar „sehr

wichtige“ Rolle zu. Nur wenige Manager schätzen

das Thema als „weniger wichtig“ ein; kein ein-

ziger hat das Thema als „unbedeutend“ eingestuft

(Abbildung 8). Viele Teilnehmer der Studie er-

höhen beim Blick in die Zukunft ihre Einschät-

zung um eine Stufe; kaum einer sieht einen

Bedeutungsrückgang. Im Jahr 2008 erwarten

beeindruckende 97 Prozent der Befragten eine

bedeutsame Rolle von Change Management im

Kanon der betrieblichen Aufgabenstellungen.

Damit wird deutlich: Change Management ist

eine der zentralen Managementaufgaben.

Die Einschätzungen zwischen Deutschland und

Österreich differieren in der Gegenwart (2003)

noch geringfügig – in Österreich wird die

Bedeutung etwas weniger stark gesehen. Für

die Zukunft (2008) gleichen sich die Einschät-

zungen an (ohne Abbildung). Ebenso ist gegen-

wärtig eine größere Bedeutung von Change

Management in XXL-Unternehmen zu konsta-

tieren. Zukünftig werden aber auch in den beiden

anderen Größenclustern Veränderungsthemen

eine sehr hohe Bedeutung besitzen (ohne Abbil-

dung). Beim Blick auf die Branchen (Abbildung 9)

wird Change Management auf breiter Front

als „wichtig“ bzw. „sehr wichtig“ eingestuft. In

einigen Sektoren (z.B. Handel/Konsumgüter

und Banken/Versicherungen) sieht allerdings

noch jeder fünfte Manager eine „weniger wichtige“

Rolle. Auch diese verhaltenen Einschätzungen

verschwinden allerdings beim Blick auf das Jahr

2008 (ohne Abbildung).

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

13

3. Stellenwert von Change Management

Cap Gemini Ernst & Young 2003

Abb. 9: In sämtlichen Branchen sprechen 80% und mehr der Manager Change Management eine große bzw. sehr große Bedeutung zu

20% 40% 60% 80%0%

Energie/Versorger

Banken/Versicherungen

Transport/Logistik

Handel/Konsumgüter

Automotive/Metallindustrie/Maschinenbau

Elektronik/HighTech / IT/Software/Telekommunikation

Chemie/Pharma/Life Sciences

Andere

100%

■ = „weniger Wichtig” ■ = „Wichtig“ ■ = „Sehr wichtig”

Abb. 8: Change Management wird bereits heute eine hohe Bedeutung zugemes-sen – Tendenz steigend

0%

Die Bedeutung von Change Management in 2003 und 2008

Die Bedeutung von Change Management in 2003 nach Branche

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

40%

60%

„Sehr wichtig“

49%

37%

„Wichtig“

11%

„Weniger wichtig“

3%

■ = 2003 ■ = 2008

Cap Gemini Ernst & Young 2003

Die Ergebnisse der Branchen Chemie/Pharma/Life Sciences, Elektronik/High Tech/IT/Software/Telekommunikation, Energie/Versorger sind nicht signifikant.

Change Management_Studie 05.11.2003 16:35 Uhr Seite 13

Page 14: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

14

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 14

Page 15: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Definition Change Management

Change Management ist ein bereits klassischer

Begriff aus der Managementtheorie, der sich

auch Jahre nach seinem Auftauchen und wohl

noch auf absehbare Zeit ungebrochener Aktua-

lität und Relevanz erfreut. Auf den ersten Blick

scheint es klar zu sein: Change Management ist

„ein zentrales Element der Implementierung“

und meint die „Steuerung von Veränderungen“

sowie die „Gestaltung von Wandel“. So in etwa

wenigstens! Bei einer näheren Betrachtung

werden allerdings die zahlreichen Facetten des

Begriffes deutlich. Auf der Suche nach „abfrag-

baren“ Definitionen für diese Studie wurden

schnell die Unschärfen deutlich. Viele Standard-

werke zum Thema winden sich regelrecht um

eine Begriffsbestimmung. Der tiefere Blick in die

umfassende Literatur oder auch die inzwischen

nicht unbedeutende Behandlung im Internet

bestätigen die Absenz einer allgemein akzeptierten

Definition. Statt dessen werden singuläre Aspekte

betont und spezifische Dimensionen fokussiert.

Unter Change Management werden die unter-

schiedlichsten Theorien und Ansätze, Prozesse

und Methoden verstanden. Sie alle vermögen

nur einen Teil der Problemlandschaft komplexer

Veränderungsprozesse in der Praxis abzubilden.

Dies führt dazu, dass auch Experten – solche

wurden in dieser Studie befragt – sehr Unter-

schiedliches unter dem Begriff Change Manage-

ment verstehen. Die betriebliche Praxis macht

es sich hingegen oft sehr einfach und definiert

Change Management als das, was unter dem

Label Change Management veranstaltet wird:

Mobilisierung & Kommunikation, Stakeholder-

Management, Training & Coaching und anderes

mehr (vgl. Kapitel VII).

Ein erstes Ziel dieser Studie ist es deshalb gewe-

sen, das Verständnis von Change Management

zu analysieren. Die Befragten wurden gebeten,

Change Management in einem Satz prägnant

zu definieren. Dabei wurden bewusst nicht aus-

schließlich vorgegebene Antwortkategorien

(= Definitionen „aus der Literatur“) formuliert.

Zudem war eine offene Antwortkategorie vorge-

sehen, damit die Befragten die persönlich rele-

vanten Aspekte (= Perspektiven „aus der Praxis“)

formulieren konnten. Die vorgegebenen Defini-

tionen weisen bestimmte Ähnlichkeiten auf wie

zum Beispiel den Prozesscharakter und die

Zielgerichtetheit von Change Management. Sie

lassen sich aber hinsichtlich ihres Grundtenors

unterscheiden, wobei die insgesamt sechs Varia-

tionen nicht den Anspruch auf klare Trennungs-

schärfe besitzen:

• Prozessorientierte Definition:

Change Management ist ein kontinuierlicher

Prozess zur Sicherstellung von Veränderungs-

ergebnissen (Planung – Realisierung – Stabi-

lisierung – Controlling) und mehr als eine

einmalige Aktivität.

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

4. Was ist Change Management?

15

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 15

Page 16: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

16

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

• Ergebnisorientierte Definition:

Change Management ist die aktive und gesteu-

erte Begleitung von Veränderungsprozessen

mit dem Ziel, Geschäftsziele und -ergebnisse

zu erreichen.

• Ursachenorientierte Definition:

Change Management beseitigt die Ursachen

von Widerständen gegenüber Veränderungen

und geht damit über die bloße Beseitigung

von Symptomen hinaus.

• Systemorientierte Definition:

Change Management ist die Zusammenfassung

von Prozessen, Instrumenten und Techniken

mit der Absicht, intendierte Veränderungs-

ergebnisse sicherzustellen.

• Stakeholderorientierte Definition:

Change Management ist der organisierte und

systematische Ansatz zum Umgang mit Verän-

derungen sowohl aus Sicht des Unternehmens

wie auch aus Sicht des Mitarbeiters.

• Planungsorientierte Definition:

Change Management ist ein geplanter Prozess

zur Veränderung von Kultur, Systemen und

Verhalten einer Organisation mit dem Ziel, die

Effizienz dieser Organisation bei Problemlösung

und Zielerreichung zu verbessern.

Aus unserer Erfahrung ist in der Praxis ein sehr

heterogenes Begriffsverständnis zu beobachten.

Change Management wird von Entscheidungs-

trägern auf die unterschiedlichste Weise ver-

standen. Bei den Antworten ist deshalb auch

eine breite Streuung zu konstatieren (vgl. Abbil-

dung 10). Die meisten Befragten schlossen

sich der planungsorientierten Definition (31%),

stakeholderorientierten Definition (24%) oder

der ergebnisorientierten Definition (20%) an.

Die Unterschiede bei den Change-Definitionen

zwischen Deutschland und Österreich sind

recht gering.

Neben den sechs vorgegebenen Definitionsmög-

lichkeiten war eine offene Antwortkategorie

vorgesehen. Mit ihr konnten individuelle Begriffs-

bestimmungen („Change Management ist für

mich ...“) vorgenommen werden. Dies wurde von

sieben Prozent der Befragten genutzt, wobei

die teilweise sehr ausführlichen Definitionen

meist auf die zentralen Elemente der vorgegebe-

nen Definitionsmöglichkeiten zurückgriffen.

Wesentliche Ergänzungen waren zum einen

klassische Konzepte wie „systemische Interven-

tion“, „effiziente Implementierung“ und „lernende

Organisation“. Demgegenüber standen konzep-

tionelle Neuschöpfungen wie „intendierte Ganz-

heitlichkeit“ oder prägnante Vereinfachungen

wie „Berücksichtigung weicher Faktoren“ bzw.

„Sensibilisierung des Managements für nicht-

fachliche Aspekte“. In keinem einzigen Fall

wurde eine Definition „aus der Literatur“ ange-

führt. Als Fazit lässt sich damit festhalten: Es

gibt keine allgemein anerkannte Definition von

Change Management. Das Verständnis von Ver-

änderungsbegriffen ist von situativen, personellen

und theoretischen Aspekten bestimmt und

muss bei jedem konkreten Change wieder neu

definiert und fixiert werden.

Theorien, Ansätze und Konzepte zum Change Management

Das Thema Change Management wird in der

wissenschaftlichen Literatur seit Jahrzehnten

in vielfältiger Weise und mit unterschiedlichen

Ansätzen behandelt. Daraus ließe sich die Ver-

mutung ableiten, man könne in der Literatur

passende Blaupausen für betriebliche Verände-

rungsprozesse finden und diese dann Eins zu

Eins anwenden. Die Ergebnisse der Studie zeigen

eindrucksvoll, dass dem nicht so ist (Abbildung

11). Zwei Drittel der Befragten bevorzugen für

ihre Praxis keinen spezifischen Change Manage-

ment Ansatz; in Österreich meinen dies sogar

77 Prozent der Manager. Jeweils weniger als 20

Prozent bevorzugen einen spezifischen Change

Management Ansatz bzw. eine Kombination

mehrerer Change Management Ansätze.

Selbst bei jenem Drittel der befragten Manager,

die sich an bestehenden Theorien, Ansätzen

und Konzepten zum Change Management

orientieren, erscheint keinem Einzigen eine eins

zu eins Umsetzung für das jeweilige Unterneh-

men möglich (Abbildung 12). „Leichte Modifi-

kationen“ führen 38 Prozent und „erhebliche

Modifikationen“ 24 Prozent durch. Für die

restlichen Befragten (38%) ist der bevorzugte

Ansatz bestenfalls ein „gedankliches Grundge-

rüst“. Die allermeisten Verantwortlichen lassen

sich im Veränderungsmanagement durch Theo-

rien allenfalls anregen, die Orchestrierung der

konkreten Maßnahmen ist dann aber das Resultat

von Erfahrungen und Kenntnissen, Vorlieben

und Abneigungen, Ressourcen und Konstella-

tionen.

In gleicher Weise wie bereits bei der Begriffs-

bestimmung zeigt sich bei den bevorzugten

Theorien, Ansätzen und Konzepten zum Change

Management eine erhebliche Streuung und

große Bandbreite. Als „Favoriten“ werden insge-

samt 32 verschiedene Autoren bzw. Anbieter

angeführt. Einige der Befragten besitzen offenbar

eine umfassende Bibliothek zum Thema und

haben die Seminare der einschlägigen Institute

bzw. Referenten besucht. Als literarische Best-

Abb. 10: Die breite Streuung bei denChange Management Definitionenwirft ein Licht auf die Komplexitätdes Themas

10% 7% 7% 1%

20% 24%

31%

Definition Change Management

Cap Gemini Ernst & Young 2003

■ = Planungsorientierte Definition

■ = Stakeholderorientierte Definition

■ = Ergebnisorientierte Definition

■ = Prozessorientierte Definition

■ = Systemorientierte Definition

■ = Ursachenorientierte Definition

■ = Andere Definition

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 16

Page 17: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

17

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

seller im deutschsprachigen Raum zeigt sich –

kaum überraschend – das Duo Doppler/Lauter-

burg. Aus der angloamerikanischen Hemisphäre

sind Altmeister Lewin sowie Senge und Kotter

mit ihren durchaus unterschiedlichen Change-

Konzepten am populärsten. Vereinzelt wurden

auch die renommierten Strategieberatungen

genannt. Allerdings dürften gerade bei diesen

Anspruch und Wirklichkeit erheblich ausein-

ander klaffen, punkten doch einzige unter ihnen

in der Praxis nicht gerade im Kompetenzbereich

Change Management.

Ein nicht unerheblicher Teil der Befragten be-

zeichnet sich als Anhänger „systemischer“ bzw.

„kybernetischer“, „ganzheitlicher“ bzw. „nach-

haltiger“ Ansätze. Hier lassen sich im deutsch-

sprachigen Raum deutlich die Spuren des

Bielefelder Soziologen Luhmann im Change Ma-

nagement nachzeichnen. Auch die bereits

inflationäre Verwendung von Schlagworten wie

„systemisch“ kann den Eindruck nicht von

der Hand weisen, dass mancher Manager zwar

verstanden hat, in einer komplexen Welt zu

agieren, nicht aber, diese Komplexität dann auch

zu meistern.

Gleichwohl unterscheiden sich die Ansätze in

einer zentralen Frage grundsätzlich: Lassen sich

Veränderungsprozesse vorab planen und gezielt

steuern oder geht gerade dies eben nicht? Zahl-

reiche Kommentare der Befragten bestätigen

den aus Theorie und Praxis bekannten Disput,

bei dem es zwei fundamental gegensätzliche

Positionen gibt. Das eine Lager postuliert – teil-

weise noch basierend auf den „unfreezing/moving/

refreezing“ Überlegungen von Lewin – die

Machbarkeit von großformatigen Veränderungen.

Das andere Lager verneint dies – sich nach-

denklicher gebend – mit Argumenten zur Un-

planbarkeit sozialer Systeme und verlangt vom

Change Management ein situatives, flexibles,

adaptives Reagieren auf die Zeitläufe und damit

einen reaktiven Wandel aus sich selbst heraus.

In jüngster Zeit haben diese Auffassungen

(„emergent change“) eine klare Dominanz er-

halten, ohne aber für jedes praktische Problem

im Change Management eine konkrete Lösung

anbieten zu können (vgl. Weick bzw. Mintzberg).

Abb. 11: Zwei Drittel der Befragten verfolgen keinen spezifischen Change Management Ansatz

Cap Gemini Ernst & Young 2003

L

Rezeption von Change Management Ansätzen

Verteilung über alle Teilnehmer Verteilung in Deutschland

18%16%

22%

62%

66%

16%

Verteilung in Österreich

5%

77%

18%

Ich bevorzuge eine Kombinationmehrerer Change ManagementAnsätze!

Ich bevorzuge keinen spezifischen Change Management Ansatz!

Ich bevorzuge einenChange Management Ansatz!

Abb. 12: Sofern ein bestimmter Change Management Ansatz verfolgt wird,bedarf dieser zur Umsetzung meist erheblicher Modifikationen

Cap Gemini Ernst & Young 2003

Praxistauglichkeit von Change Management Ansätzen

Keinem der Befragten erscheint eine 1:1 Umsetzung des bevorzugten Change Management Ansatzes möglich.

38% 38%

24%

Ansatz ist nicht mehr als ein gedankliches Grundgerüst Ansatz bedarf leichter Modifikationen

Ansatz bedarf erheblicher Adaptionen

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 17

Page 18: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

18

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 18

Page 19: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Ursachen von Veränderungen in Unternehmen

Change Management gehört inzwischen zur

permanenten Aufgabe von Unternehmen. In

kurzen, kürzeren, kürzesten Abständen, teil-

weise sogar parallel und nur ab und an synchro-

nisiert finden Veränderungen statt. Immer öfter

werden sie bereits begonnen, bevor die vorherige

Veränderung noch richtig abgeschlossen ist.

Dabei den Durchblick zu behalten fällt schwer.

Die Anlässe für Change können die unter-

schiedlichsten Ursachen – strategisch/operativ,

monetär/technisch, endogen/exogen, intendiert/

kasuell, global/partiell – besitzen. Die Befragten

wurden aufgefordert, aus einem Set von elf

unterschiedlichen Anlässen die drei häufigsten

Ursachen für Veränderungen in ihrem Unterneh-

men seit dem Jahr 2000 anzugeben.

Anlässe für Change im Wirtschaftsleben sind

beim Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte

im Grunde immer die gleichen. Die gegenwärtige

Rangliste von Gründen für Veränderungen ist

ein Spiegelbild für die Situation von Unterneh-

men in den ersten Jahren dieses Jahrzehnts mit

ihrer umfassenden und anhaltenden Rezession

(Abbildung 13). Der bedeutendste Anlass ist –

mit weitem Abstand – die Restrukturierung/

Reorganisation des Unternehmens (69%), gefolgt

von einer veränderten Unternehmensstrategie

(54%) und Kostensenkungsprogrammen/

„Rightsizing“ (33%). Mergers & Acquisitions

(31%) wären vor wenigen Jahren sicherlich

deutlich häufiger genannt worden. Externe

Veränderungen (30%) wie etwa Y2K, Euro, IAS,

Basel II oder andere gesetzliche/regulatorische

Bestimmungen sind eine ebenfalls nicht un-

bedeutende Ursache für Veränderungen von Un-

ternehmen. Hingegen sind die eher wachstums-

bzw. technikorientierten Change Anlässe wie

IT-Innovationen (20%), veränderte Marktstrategie

(20%), Internationalisierung (13%), veränderte

Personalkonzepte (12%), Technik-Innovationen

(7%) und veränderte Kundensegmentierung

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

5. Anlässe und Einsatz von Change Management

19

Abb. 13: In den meisten Fällen geben derzeit Restrukturierungs- und Reorganisationsprozesse Anlass für Change Management

20% 40% 60% 80%0%

Restrukturierung/Reorganisation

Veränderte Unternehmensstrategie

Kostensenkungsprogramme/„Rightsizing“

Mergers & Acquisitions

Externe Veränderungen

IT-Innovationen

Veränderte Marktstrategie

Internationalisierung

Veränderte Personalkonzepte

Technik-Innovationen

Veränderte Kundensegmentierung

69%

54%

33%

31%

30%

20%

20%

13%

12%

Die häufigsten Anlässe für Change Management1

1Mehrfachnennung (3 Items) war möglich.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

7%

7%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 19

Page 20: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

20

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

(7%) in den vergangenen Jahren eher selten der

Grund für Wandel im Unternehmen gewesen.

Dies wird sich mittelfristig sicherlich wieder

drehen. Mögen sich die Ursachen des Wandels

auch ändern, geht es im Change Management

doch darum, diesen Veränderungsprozess aktiv

zu gestalten; die Instrumente hierfür sind in

vielen Fällen recht ähnlich.

Beim Blick auf die Unterschiede zwischen

Deutschland und Österreich (Abbildung 14)

fallen einige signifikante Unterschiede auf. In

beiden Ländern ist zwar Restrukturierung/Reor-

ganisation der bedeutendste Anlass für Change

Management. Wandel in Folge der veränderten

Unternehmensstrategie (57% vs. 32%), Kosten-

senkungsprogrammen/„Rightsizing“ (39% vs.

23%), Internationalisierung (16% vs. 5%) und

Technik-Innovationen (10% vs. 0%) ist wesent-

lich häufiger in Deutschland als in Österreich.

Hingegen werden Unternehmen in Österreich

deutlich öfter von einer veränderten Marktstra-

tegie (32% vs. 16%), veränderten Personalkon-

zepten (23% vs. 8%), Mergers & Acquisitions

(41% vs. 27%) und IT-Innovationen (27% vs.

16%) zum Wandel gebracht.

Die Differenzierung der Ergebnisse entlang der

drei Größencluster (Abbildung 15) zeigt eben-

falls ein heterogenes Bild. Vier von fünf XXL-

Unternehmen durchliefen in den vergangenen

drei Jahren eine umfassende Restrukturierung/

Reorganisation. Beinahe die Hälfte von ihnen

war mit Kostensenkungsprogrammen/„Right-

sizing“ konfrontiert. Über zwei Drittel der

XL-Unternehmen entwickelten eine veränderte

Unternehmensstrategie. Sie waren zudem weit-

aus häufiger als XXL-Unternehmen externen Ver-

änderungen ausgesetzt. L-Unternehmen ent-

wickelten schließlich in deutlich mehr Fällen als

die Konzerne eine veränderte Marktstrategie.

Die Anlässe für Change Management spiegeln

zudem die aktuellen Herausforderungen der

Branchen wider (Abbildung 16, siehe Seite 22).

Ergänzend zur Frage nach den drei häufigsten

Ursachen für Veränderungen seit dem Jahr 2000

wurden die Befragten nach der gegenwärtig –

im Sommer 2003 – jeweils wichtigsten Verän-

derung in ihrem Unternehmen befragt. Die

Kommentare auf diese offene Fragestellung

wurden in sieben Antwortkategorien geclustert

(Abbildung 17, siehe Seite 22). Restrukturierung/

Reorganisation ist heute nach wie vor die domi-

nierende Aufgabe des Managements. Die Ursa-

chen für diese Restrukturierung/Reorganisation

sind hingegen breit gestreut. Eine Neudefinition

der Unternehmensstrategie bestimmt bei mehr

als einem Viertel der Unternehmen das aktuelle

Geschehen. In jeweils etwa einem Siebtel der

Unternehmen ist die Restrukturierung/Reorga-

nisation das Ergebnis von Mergers & Acquisi-

tions (14%), Kostensenkungsprogrammen/

„Rightsizing“ (13%), Marktveränderungen (13%)

Abb. 14: Die Anlässe für Change Management unterscheiden sich zwischenDeutschland und Österreich an einigen Stellen signifikant

20% 40% 60% 80%0%

Restrukturierung/Reorganisation

Veränderte Unternehmensstrategie

Kostensenkungsprogramme/„Rightsizing“

Mergers & Acquisitions

Externe Veränderungen

IT-Innovationen

Veränderte Marktstrategie

Internationalisierung

Veränderte Personalkonzepte

Technik-Innovationen

Veränderte Kundensegmentierung

63%69%

32%57%

23%39%

41%27%

32%31%

27%16%

32%16%

16%

23%8%

10%

14%

Die häufigsten Anlässe für Change Management nach Ländern1

Cap Gemini Ernst & Young 2003

5%

4%

■ = Österreich ■ = Deutschland 1Mehrfachnennung (3 Items) war möglich.

0%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 20

Page 21: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

21

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

bzw. der Implementierung neuer IT-Systeme

(13%). Die unternehmensweite Vereinheitlichung

von Strukturen, Prozessen und Methoden ist

bei jedem zehnten Unternehmen das derzeit

wichtigste Thema.

Abb. 15: Auch die Differenzierung der Ergebnisse nach Unternehmensgröße zeigt markante Unterschiede

20% 40% 60% 80%

Restrukturierung/Reorganisation

Veränderte Unternehmensstrategie

Kostensenkungsprogramme/„Rightsizing“

Mergers & Acquisitions

Externe Veränderungen

IT-Innovationen

Veränderte Marktstrategie

Internationalisierung

Veränderte Personalkonzepte

Technik-Innovationen

Veränderte Kundensegmentierung

79%62%

67%

48%69%

47%

45%35%

22%

31%27%

33%

46%33%

21%12%

25%

14%12%

31%

14%15%

17%

Die häufigsten Anlässe für Change Management nach Größe1

Cap Gemini Ernst & Young 2003

10%

11%

11%

10%4%

6%

3%

8%8%

8%

■ = XXL ■ = XL ■ = L1Mehrfachnennung (3 Items) war möglich.

0%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 21

Page 22: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

22

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Einsatz von Change Management in Unternehmen

Veränderungen in Unternehmen geschehen

auch von selbst – ohne aktiv gesteuertes Change

Management. Häufig wird es vernachlässigt und

versäumt, vergessen und verdrängt, verschoben

und verzögert. Es gibt jedoch viele gute Gründe,

bei Veränderungen bewusst Change Management

durchzuführen. Die Befragten wurden aufgefor-

dert, aus einem Set von acht unterschiedlichen

Argumenten die beiden häufigsten Gründe für

den Einsatz von Change Management bei Pro-

jekt- und Linienaufgabenstellungen anzugeben.

Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig (Ab-

bildung 18). Change Management wird ins-

besondere dann eingesetzt, wenn bereits in der

Vergangenheit positive Erfahrungen mit der

aktiven Gestaltung des Wandels gemacht worden

sind. Wer einmal durch Ergebnisse überzeugt

worden ist, wird auch bei zukünftigen Verän-

derungen nur noch selten abspringen. „Hard-

liner“ sind hingegen allenfalls durch ökonomische

bzw. politische Fakten zu überzeugen. Beinahe

60 Prozent der Befragten setzen Change Ma-

nagement auf Grund der Erfahrung bei früheren

Veränderungen und mehr als fünfzig Prozent

aus Überzeugung der Entscheider ein. Drei von

zehn Unternehmen haben ein entsprechendes

Wertesystem und jede vierte Veränderung setzt

bei hohem Zeitdruck für die Sicherstellung der

Umsetzung auf Change Management. Rein

ökonomische Motive (Business Case) spielen

selten eine Rolle (8-11%), noch weniger die laut

vorgebrachten Forderungen der Mitarbeiter

bzw. des Betriebsrates (2-5%). Die Unterschiede

zwischen den Ländern sind eher gering (ohne

Abbildung). Österreichische Manager sind

deutlich stärker von Change Management über-

zeugt als Entscheidungsträger in deutschen

Führungsetagen (57% vs. 44%). Diese nutzen

demgegenüber Change Management besonders

bei hohem Zeitdruck für die Sicherstellung der

Umsetzung (33% vs. 14%). Eine Differenzierung

der Ergebnisse entlang der drei Größencluster

zeigt allenfalls geringe Diskrepanzen (ohne

Abbildung).

Abb. 16: Anlässe für Change Management spiegeln die aktuellenHerausforderungen der Branchen wider

Automotive/Metallindustrie/Maschinenbau

1. Restrukturierung/Reorganisation (59%)

● Veränderte Unterneh-mensstrategie (59%)

3. Mergers & Acquisitions(47%)

Chemie/Pharma/Life Sciences

1. Restrukturierung/Reorganisation (86%)

2. Veränderte Unterneh-mensstrategie (43%)

● Kostensenkungs-programme/Rightsizing(43%)

Banken/Versicherungen

1. Restrukturierung/Reorganisation (70%)

2. Veränderte Unterneh-mensstrategie (50%)

3. Externe Veränderungen(45%)

Elektronik/HighTech/IT/Software/Telekom-

munikation

1. Restrukturierung/Reorganisation (100%)

2. Veränderte Unterneh-mensstrategie (57%)

3. Mergers & Acquisitions(43%)

Handel/Konsumgüter

1. Veränderte Unterneh-mensstrategie (44%)

2. Fünf weitere Anlässe(jeweils 33 %)

Transport/Logistik

1. Restrukturierung/Reorganisation (80%)

2. Veränderte Unterneh-mensstrategie (60%)

3. Kostensenkungs-pro-gramme/Rightsizing(40%)

Energie/Versorger

1. Restrukturierung/Reorganisation (57%)

● Veränderte Unterneh-mensstrategie (57%)

● VeränderteMarktstrategie (57%)

Andere

1. Restrukturierung/Reorganisation (77%)

2. Veränderte Unterneh-mensstrategie (54%)

● Kostensenkungs-programme/Rightsizing(54%)

1Mehrfachnennung (3 Items) war möglich.

Die Ergebnisse der Branchen Chemie/Pharma/LifeSciences, Elektronik/High Tech/IT/Software/Telekommunikation, Energie/Versorger sind nicht signifikant.

Die 3 häufigsten Anlässe für Change Management nach Branchen1

Abb. 17: Restrukturierungen infolge neuer Unternehmensstrategien sind in 2003 die wichtigsten unternehmensinternen Veränderungen

5% 10% 15% 20% 25% 30%0%

Restrukturierungsprozesse infolgeNeudefinition der Unternehmensstrategie

Restrukturierungsprozesse infolge von Mergers & Acquisitions

Restrukturierungsprozesse im Rahmen vonKostensenkungs-/Rightsizingprogrammen

Restrukturierungsprozesse als Reaktionauf Veränderungen des Marktes

Restrukturierungsprozesse als Folge bzw. im Zug der Implementierung neuer IT-Systeme

Unternehmensweite Vereinheitlichung vonStrukturen, Prozessen und Methoden

Restrukturierungsprozesse zur Steigerungder Profitabilität/Wettbewerbsfähigkeit

Keine Angabe

27%

14%

13%

13%

13%

10%

4%

4%

Die derzeit wichtigste Veränderung1

1Offene Frage. Antworten wurden zu Clustern zusammengefasst.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 22

Page 23: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

23

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

Einstellungswandel bei Veränderungsprozessen

Beim Blick in die Medienlandschaft werden re-

gelmäßig zwei unterschiedliche Typen von

Managern präsentiert. Da gibt es zum einen die

„toughen Sanierer“ und „harten Hunde“, bei

denen die Mitarbeiter-Dimension in der Rang-

liste ihrer Prioritäten bestimmt keinen Spitzen-

platz einnimmt. Demgegenüber stehen mitar-

beiterorientierte Manager, die gar nicht genug

für ihre Belegschaft wirbeln können und bei

denen es der Assistentin bereits schwerfällt, noch

genügend interessierte Mitarbeiter für die regel-

mäßigen „Face2Face-Meetings“ zu identifizieren.

Wie der Wandel aktiv gestaltet werden kann wird

offenkundig maßgeblich von den bisherigen

Erfahrungen und persönlichen Einstellungen

der handelnden Akteure geprägt. In den Dis-

kussionen rund um Change Management sind

in Theorie und Praxis immer wieder zwei –

im Grundtenor diametrale – Glaubenssätze zu

hören:

• „Wenn der Leidensdruck für die Mitarbeiter

nur groß genug ist, werden sie sich schon an

die erforderlichen Veränderungen anpassen!“

• „Wir müssen die Betroffenen zu Beteiligten

machen und den Veränderungsprozess aktiv

unterstützen!“

In der Studie wurden die Befragten um Ein-

schätzung (= „Fremdbild“) der ersten und zwei-

ten Führungsebene ihres Unternehmens gebeten:

„Wieviel Prozent der Manager würden im Grund-

satz diesen beiden Auffassungen aus Ihrer Er-

fahrung zustimmen?“. Als Antwortkategorien

wurden jeweils fünf Intervalle (20-Prozentstufen)

vorgegeben:

• 0-20% - Kaum eine Führungskraft vertritt

diesen Grundsatz

• 20-40% - Eine Minderheit der Führungskräfte

vertritt diesen Grundsatz

• 40-60% - Die Positionen der Führungskräfte

sind ausgeglichen

• 60-80% - Eine Mehrheit der Führungskräfte

vertritt diesen Grundsatz

• 80-100% - Fast alle Führungskräfte vertreten

diesen Grundsatz

Für weitere Berechnungen wurde das arithmeti-

sche Mittel der Intervalle herangezogen (z.B.

für die Stufe 20-40% der Wert 30%). Der Mittel-

wert gibt damit die Tendenz in den Auffassungen

(„Leidensdruck erhöhen“ vs. „Betroffene zu

Beteiligten machen“) wider. Die Gegensätzlich-

keit der beiden Glaubenssätze drückt sich auch

dadurch aus, indem sich die indexierten Mittel-

werte bei den diversen Auswertungen immer

auf nahezu 100 Prozent ergänzen. Damit zeigt

sich, dass es zwei Gruppen von Führungskräften

gibt: „Harte Hunde“ und mitarbeiterorientierte

Manager. Keiner von beiden ist per se für jedwede

Situation geeignet. Manche Konstellationen

verlangen nach klarem und mitunter auch „igno-

rantem“ Leadership, andere erfordern einen

partizipativen, ja vielleicht sogar demokratischen

Ansatz (vgl. Weinert).

Bei der These „Leidensdruck erhöhen“ unter-

scheiden sich erste und zweite Führungsebene

auf den ersten Blick im Mittel nicht (beide durch-

schnittlich 45%) (Abbildung 19).

Abb. 18: Erfahrung und persönliche Überzeugung sind weit häufiger Gründe für den Einsatz von Change Management als „harte Zahlen“

20% 40% 60%0%

Erfahrungen bei früheren Veränderungen

Überzeugung der Entscheider

Wertesystem des Unternehmens

Hoher Zeitdruck für die Sicherstellung der Umsetzung

Überzeugender Business Case für gesamte Aufgaben-stellung (wobei Change Management ein Bestandteil ist)

Überzeugender (eigenständiger)Business Case für Change Management

Forderungen aus dem Kreis der betroffenen Mitarbeiter

Forderungen des Betriebsrats/Sozialpartners

58%

52%

30%

26%

11%

Die häufigsten Gründe für den Einsatz von Change Management1

1Mehrfachnennung (2 Items) war möglich.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

8%

5%

2%

Abb. 19: Es gibt zwei Lager bei den Führungskräften „Harte Hunde” und mitarbeiterorientierte Manager

Einstellungstendenzen gegenüber Veränderungsprozessen1

1Der Tendenzwert wurde als arithmetisches Mittel aus den relativen Häufigkeiten der einzelnen Antwortkategorien errechnet.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

„Leidensdruckerhöhen”

0%

1. Führungsebene

50% 100%

45%

0%

2. Führungsebene

50% 100%

45%

„Betroffene zu Beteiligtenmachen“

0%

1. Führungsebene

50% 100%

56%

0%

2. Führungsebene

50% 100%

57%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 23

Page 24: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

24

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Neben dem Mittelwert wurde allerdings auch die

Streuung der Sichtweisen ausgewertet. Diese ist

bei der ersten Führungsebene wesentlich höher;

sie bezieht klarere Positionen (Abbildung 20).

In vielen Unternehmen ist der Vorstand entwe-

der ein klarer Befürworter dieser Einstellung

(16%) oder ein entschiedener Gegner (26%). In

der zweiten Führungsebene gibt es „sowohl

solche als auch solche Auffassungen“.

Bei der gegenläufigen These „Betroffene zu Be-

teiligten machen“ sind die Unterschiede der

beiden Führungsebenen im Mittel ebenfalls

marginal (durchschnittlich 56% vs. 57%) (Ab-

bildung 19). Auch hier neigen „Board Members“

jedoch stärker zu den beiden extremen Positio-

nen, im Gegensatz zu ihren „Direct Reports“,

die eher unscharfe Sichtweisen mit Tendenz zur

mitarbeiterorientierten Perspektive bevorzugen

(Abbildung 21).

In der betrieblichen Praxis ist in den vergange-

nen Jahren allerdings auch das Phänomen einer

eleganten Verlagerung der „bad guy“-Rolle von

der Spitze zur Mitte zu konstatieren. Oft wirken

die ersten beiden Führungsebenen im persön-

lichen Kontakt mit ihrer Belegschaft und in den

unternehmensinternen wie -externen Medien

durchaus smart und oft sogar umgänglich. Sie

haben – gestützt auf „Management by Objectives“

und „Key Performance Indicators“ – die Kom-

munikation von schwierigen Botschaften sowie

die Implementierung von unangenehmen Ent-

scheidungen auf mittlere Führungsebenen ver-

lagert. Durch unzureichende Erfahrung und

ungenügende Ausbildung ist das Middle Ma-

nagement in vielen Fällen zu dieser Krisenkom-

munikation jedoch kaum in der Lage, geht

dann in Deckung oder zieht über die Strenge.

Abb. 20: Vertreter der 1. Führungsebene vertreten extremere Einstellungen zu Veränderungsprozessen als ihre Mitarbeiter auf der 2. Ebene

0%

Leidensdruck als Triebkraft von Veränderungsprozessen

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

Kaum eine Führungskraft

Minderheit derFührungskräfte

Positionenausgeglichen

Mehrheit derFührungskräfte

Fast alleFührungskräfte

„Wenn der Leidensdruck für die Mitarbeiter nur groß genug ist, werden sie sich schon an die erforderlichen Veränderungen anpassen!“

26%

23%

16%

19%

16%14%

31%

24%

26%

5%

Abb. 21: „Board Members“ neigen zu markanteren Positionen als ihre „Direct Reports“

0%

Einbezug von Mitarbeitern in Veränderungsprozesse

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

Kaum eine Führungskraft

Minderheit derFührungskräfte

Positionenausgeglichen

Mehrheit derFührungskräfte

Fast alleFührungskräfte

■ = 1. Führungsebene ■ = 2. Führungsebene

Cap Gemini Ernst & Young 2003

„Wir müssen die Betroffenen zu Beteiligten machen und den Veränderungsprozess aktiv unterstützen!“

7%

18%

30% 31%

16%

14%

28%

9%

42%

5%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 24

Page 25: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

25

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

Die Einstellungen der oberen Führungsebenen

zu den beiden Thesen entlang der drei Größen-

cluster zeigen ein eher homogenes Bild. Wesent-

lich markanter sind die Unterschiede zwischen

Deutschland und Österreich (Abbildung 22).

Deutsche Manager auf der obersten Führungs-

ebene werden als deutlich konfliktorientierter

wahrgenommen („Leidensdruck erhöhen“:

54% vs. 35%). Österreichische Manager auf der

obersten Führungsebene werden als deutlich

harmonieorientierter empfunden („Betroffene

zu Beteiligten machen“: 69% vs. 49%). Bei der

Interpretation dieser Diskrepanz können die

bekannten kulturellen (Vor-)Urteile zwischen

beiden Ländern bemüht werden. Im Grundsatz

scheint in Österreich ein tendenziell konsens-

geprägter und konfliktscheuer Managementstil

zu dominieren, der sich auch in der Einstellung

zum Change Management manifestiert.

Auch zwischen den analysierten Branchen gibt

es prägnante Unterschiede (Abbildung 23).

Bei den Banken/Versicherern als auch im Sektor

Transport/Logistik reiben sich die beiden Posi-

tionen auf den Vorstandsetagen, wohingegen im

Handel/Konsumgüter eine stärkere Mitarbeiter-

orientierung vorzuherrschen scheint. Die Ergeb-

nisse dieser Studie geben allerdings nicht mehr

als Hinweise auf branchenbedingte Einstellungs-

unterschiede, zumal zum einen die Ergebnisse

der Branchengruppen Chemie/Pharma/Life

Sciences, Elektronik/High Tech/IT/Software/

Telekommunikation und Energie/Versorger nicht

signifikant sind und zum zweiten die Einstel-

lungen innerhalb einer Branche durchaus breit

streuen.

Abb. 22: In der Change-„Denke“ gibt es sowohl zwischen Ländern …

Einstellungstendenzen gegenüber Veränderungsprozessen nach Ländern1

1Der Tendenzwert wurde als arithmetisches Mittel aus den relativen Häufigkeiten der einzelnen Antwortkategorien errechnet.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

„Leidensdruckerhöhen”

0% 50% 100%

54%1. Führungsebene in Deutschland

0% 50% 100%

35%1. Führungsebene in Österreich

„Betroffene zu Beteiligtenmachen“

0% 50% 100%

49%1. Führungsebene in Deutschland

0% 50% 100%

69%1. Führungsebene in Österreich

Abb. 23: … als auch zwischen Branchen deutliche Unterschiede

Einstellungstendenzen der 1. Führungsebene nach Branchen1

1Der Tendenzwert wurde als arithmetisches Mittel aus den relativen Häufigkeiten der einzelnen Antwortkategorien errechnet.

Die Ergebnisse der Branchen Chemie/Pharma/Life Sciences, Elektronik/High Tech/IT/Software/Telekommunikation, Energie/Versorger sind nicht signifikant.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

0% 50% 100%

41% 50%

0% 50% 100%

27% 61%

0% 50% 100%

53%54%

0% 50% 100%

44% 56%

0% 50% 100%

34% 66%

0% 50% 100%

52% 54%

0% 50% 100%

47% 64%

0% 50% 100%

45% 59%

Automotive/Metallindustrie/Maschinenbau

Chemie/Pharma/Life Sciences

Banken/Versicherungen

Handel/Konsumgüter

Elektronik/HighTech / IT/ Software/Telekommunikation

Transport/Logistik

Energie/Versorger

Andere

■ = „Leidensdruck erhöhen!“ ■ = „Betroffene zu Beteiligten machen!“

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 25

Page 26: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

26

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 26

Page 27: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Betroffenheit von Veränderungen

Bei jedem Change im Unternehmen geht es pri-

mär um die betroffenen und beteiligten Akteure,

die so genannten „Stakeholder“. Als Stakeholder

können in Anlehnung an die „Machtschule“

(z.B. Sandner und Mintzberg) all diejenigen Per-

sonen bzw. Gruppen bezeichnet werden, welche

bei Zielkonflikten eine spezifische und konkrete

Interessenlage aufweisen. Bekanntester Stake-

holder des Unternehmens ist der Aktionär

(„Shareholder“), der seinen Ertrag aus einer Ka-

pitalanlage optimieren möchte. Das soziologische

Konzept des Stakeholders kann auch auf die

Mikropolitik des Unternehmens bei Change Pro-

zessen übertragen werden. In der Stakeholder-

Theorie werden die drei Dimensionen (1) Be-

troffenheit von der Veränderung („salience“), (2)

Bedeutung bei der Veränderung („relevance“)

und (3) Einstellung zu der Veränderung („posi-

tion“) unterschieden.

Mit Blick auf die erste Dimension konnten die

Befragten die drei von Veränderungen in ihrem

Unternehmen am meisten betroffenen Stakehol-

der identifizieren (Abbildung 24). Es zeigt sich

sowohl eine „bottom up“ als auch eine „inside

out“ Betroffenheit. In nahezu jedem Unterneh-

men sind die Mitarbeiter von Veränderungen

betroffen (93%), in den allermeisten Unterneh-

men auch das Middle Management (80%).

Das Senior Management ist nur in jedem zwei-

ten (47%) und das Vorstandsgremium lediglich

in jedem siebten (15%) Unternehmen regelmä-

ßig vom Wandel tangiert; einzelne Vorstands-

mitglieder wie der Personalvorstand (11%) und

der Vorstandsvorsitzende (7%) sogar noch

weitaus weniger. Der Betriebsrat ist lediglich in

jedem dritten Unternehmen regelmäßig betroffen.

Externe Stakeholder wie Investoren, Aufsichts-

rat und Gewerkschaften werden kaum vom

unternehmensinternen Wandel berührt. Die

Unterschiede zwischen den beiden Ländern

und den drei Größenclustern sind gering.

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

6. Stakeholder bei Change Prozessen

27

Abb. 24: Mitarbeiter und Middle Management sind die mit Abstand am stärksten betroffenen Stakeholder in Change Prozessen

20% 40% 60% 80%0%

Mitarbeiter

Middle Management

Senior Management

Betriebsrat

Vorstandsgremium

Personalvorstand

CEO/VV

Investoren

Gewerkschaften

Aufsichtsrat

93%

80%

47%

31%

15%

11%

Von Veränderungsprozessen am meisten betroffene Stakeholder1

1Mehrfachnennung (3 Items) war möglich.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

100%

7%

3%

3%

3%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 27

Page 28: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

28

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Bedeutung bei Veränderungen

Das Bild dreht sich schnell beim Blick auf die

zweite Dimension, bei der die Befragten die drei

für Veränderungen in ihrem Unternehmen

wichtigsten Stakeholder kennzeichnen konnten

(Abbildung 25). Während die externen Stake-

holder wie Gewerkschaften (6%), Investoren

(7%) oder Aufsichtsrat (9%) eine geringe oder

allenfalls indirekte Bedeutung besitzen ist im

Unternehmen selbst eine hierarchische Umkeh-

rung auf „top down“ zu konstatieren. Am

wichtigsten sind Senior Management (61%) noch

vor dem Vorstandsgremium (54%). Erst dann

folgen die betroffenen Mitarbeiter (44%), das

mittlere Management (39%) und die betriebliche

Interessenvertretung (24%). Einzelne Vorstands-

mitglieder wie der Vorstandsvorsitzende (36%)

und der Personalvorstand (18%) spielen eine

eher geringe Rolle. Insbesondere der schwache

Einfluss des HR-Ressorts zeigt die gegenwärtig

periphäre Bedeutung von Personalthemen bei

betrieblichen Entscheidungsprozessen, die auch

bereits in der HR-Strategiestudie von Wirtschafts-

woche und Cap Gemini Ernst & Young aus dem

Jahr 2002 beobachtet wurde.

Bei der vergleichenden Betrachtung zwischen

Deutschland und Österreich springen lediglich

wenige Unterschiede ins Auge (ohne Abbildung).

So besitzt in Deutschland das Vorstandsgremium

eine noch höhere Bedeutung (60% vs. 46%)

und ist der Personalvorstand noch weniger re-

levant (17% vs. 23%). In Österreich kommen

dem Aufsichtsrat signifikant größere Einfluss

möglichkeiten zu (18% vs. 6%).

Eine Analyse der drei Größencluster offenbart

hingegen wenig erstaunliche Diskrepanzen

(ohne Abbildung). Die Gewichte der Mitarbei-

tervertretung liegen bei XXL-Unternehmen

auch außerhalb des Unternehmens (Gewerk-

schaften: 17%; Betriebsrat: 17%), während in

den beiden anderen Unternehmensgrößen

(XL/L) eine reine Binnenorientierung vorherrscht

(Gewerkschaften: 0%; Betriebsrat: 28%). Für

die beiden betrieblichen Gremien Vorstand und

Aufsichtsrat zeigt sich ebenfalls ein Gefälle bei

Differenzierung nach Unternehmensgröße:

XXL-Unternehmen (Vorstandsgremium: 45%;

Aufsichtsrat: 0%); XL-Unternehmen (56% / 8%);

L-Unternehmen (61% / 17%). Auch die Be-

deutung des Senior Managements nimmt in den

Konzernen ab, die des mittleren Managements

und der Mitarbeiter hingegen tendenziell zu.

Schließlich besitzen auch Personalvorstände in

den Konzernen ein deutlich höheres Gewicht

als ihre Kollegen in XL/L-Unternehmen (31% vs.

11%), wahrscheinlich in vielen Fällen gestützt

durch die Gewerkschaften.

Grundeinstellung bei Veränderungen

Nicht jeder Stakeholder goutiert die Veränderung-

en im Unternehmen. Mit dieser Ausgangsthese

wurden die Sichtweisen der zehn Stakeholder

betrachtet. Die Befragten konnten die wahrge-

nommene Grundeinstellung (= „Fremdbild“)

mittels dreier Kategorien charakterisieren:

• „meist positiv gegenüber Veränderungen“

(= 1.0)

• „meist neutral gegenüber Veränderungen“

(= 0)

• „meist kritisch gegenüber Veränderungen“

(= minus 1.0)

Die Ergebnisse zeigen den erwarteten Verlauf

(Abbildung 26). Je höher die Betroffenheit ist,

desto stärker ist eine skeptische Grundeinstellung

gegenüber den betrieblichen Veränderungen.

Während der Vorstandsvorsitzende (0.86), der

Personalvorstand (0.69) und das gesamte Vor-

standsgremium (0.69) im Change etwas grund-

sätzlich Positives sehen, sind bereits das Senior

Management (0.31) und noch deutlich stärker

das Middle Management (-0.31) wesentlich

skeptischer, ob dies denn auch alles gut und

richtig sei. Mit der eindeutig negativen Grund-

einstellung der Mitarbeiter (-0.53) wird eine der

zentralen Aufgaben von Change Management

offenkundig: Die Belegschaft für jeden Wandel

immer wieder aufs Neue zu gewinnen. Die po-

sitiven Positionen von Aufsichtsrat (0.42) und

Investoren (0.39) sowie die markant kritischen

Auffassungen von Betriebsrat (-0.73) und Ge-

werkschaften (-0.74) entsprechen den erwarte-

ten Perspektiven.

Die Grundeinstellungen der Stakeholder gegen-

über Veränderungen unterscheiden sich zwischen

Deutschland und Österreich nur geringfügig

(ohne Abbildung). Lediglich Investoren (0.30

vs. 0.57) und Senior Management (0.13 vs.

0.59) weisen in Deutschland gegenüber der

Österreich deutlich kritischere Grundeinstel-

Abb. 25: Maßgebliche Bedeutung für die Gestaltung von Change Prozessen haben hingegen Senior Management und Vorstandsgremium

10% 20% 30% 40% 50% 60%0%

Senior Management

Vorstandsgremium

Mitarbeiter

Middle Management

CEO/VV

Betriebsrat

Personalvorstand

Aufsichtsrat

Investoren

Gewerkschaften

61%

54%

44%

39%

36%

24%

18%

9%

Für Veränderungsprozesse wichtigste Stakeholder1

1Mehrfachnennung (3 Items) war möglich.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

7%

6%

70%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 28

Page 29: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

29

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

lungen auf. Auch beim Blick auf die drei Grö-

ßencluster sind die Unterschiede eher ge-ring

(ohne Abbildung). Die ohnehin nicht ausge-

prägt change-freundliche Disposition ist in

Konzernen (XXL-Unternehmen) bei Senior Ma-

nagement (0.21), Middle Management (-0.52)

und Mitarbeitern (-0.64) noch erheblich geringer.

Sichtweisen der Mitarbeiter

Wenn Mitarbeiter die von Veränderungen am

stärksten betroffene Zielgruppe darstellen, deren

prinzipielle Grundeinstellung aber signifikant

veränderungsresistent ist, müssen die Sichtwei-

sen der Belegschaft näher betrachtet werden.

Hierzu wurden den Befragten fünf in Verände-

rungsprojekten regelmäßig zu beobachtende

Einstellungsmuster vorgelegt, deren prozentuale

Verteilung im eigenen Unternehmen einzu-

schätzen gewesen ist (in der Summe der fünf

Einstellungsmuster 100 Prozent). Auch wenn

diese fünf Attitüden nicht absolut trennscharf

sind, stellen sie doch die klassischen Reaktions-

weisen der Mitarbeiter – von stark positiv über

neutral bis stark negativ – dar:

• Begeisterung: Persönliche Identifikation mit

dem veränderten Weg in die Zukunft; Erkennen

der positiven Entwicklungschancen; Wille zur

eigenen und unternehmerischen Existenzsi-

cherung.

• Zustimmung: Bereitschaft zum Mitgehen;

Übernahme von Verantwortung; konstruktive

Optimierungsvorschläge.

• Neutralität: Verharren in alten Strukturen

und Verhaltensweisen; keine Handlungsorien-

tierung; Ignoranz gegenüber Change-Erforder-

nissen.

• Skepsis: Unsicherheit und Ängste gegenüber

Neuem; ständiges Hinterfragen der Ziele und

Vorgehensweisen; Entwicklung einer „Ge-

rüchteküche“.

• Ablehnung: Bewusstes Verhindern von Ent-

scheidungen; Fokussierung auf Probleme;

endlose Diskussionen; häufige Konfliktsitu-

ationen.

Bei sehr geringer Streuung zeigt sich die erwar-

tete – leicht rechtslastige – Normalverteilung

in der Belegschaft (Abbildung 27): Wenige Mit-

arbeiter in Extrempositionen („Begeisterung“:

10%; „Ablehnung“: 12%) und dazwischen die

große Masse der etwas Positiven („Zustimmung“:

23%), Abwartenden („Neutralität“: 29%) und

leicht Negativen („Skepsis“: 26%). Die Verteilun-

gen der Länder, Größencluster und Branchen-

gruppen unterscheiden sich kaum. Aus diesem

Ergebnis wird eine weitere erfolgskritische

Aufgabe von Change Management deutlich: Die

zögerlichen Mitarbeiter gewinnen, dabei die

begeisterten Mitarbeiter aktiv einsetzen und

schließlich die ablehnenden Mitarbeiter nach

Möglichkeit in ihrer Bremswirkung reduzieren.

Change Management bedeutet immer die Über-

zeugung von großen Teilen der Belegschaft.

Dabei können, so schön dies auch in manchem

Lehrbuch als Zielzustand beschrieben steht,

nicht sämtliche „Dauernörgler“ – insbesondere-

wenn diese ihren Widerstand systematisch und

politisch vorbringen – ins gemeinsame Boot auf

der Fahrt in eine verbesserte Zukunft genom-

men werden (vgl. Sandner).

Abb. 26: Die Grundeinstellungen der verschiedenen Stakeholder gegenüberVeränderungsprozessen reichen von extrem positiv bis extrem negativ

Grundeinstellung der Stakeholder gegenüber Veränderungsprozessen

1,0 = Positiv gegenüber Veränderungen 0 = Neutral gegenüber Veränderungen

-1,0 = Negativ gegenüber Veränderungen

0,86

0,69 0,69

0,42 0,390,31

-0,31

-0,53

-0,73 -0,74

-1,0

-0,8

-0,6

-0,4

-0,2

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

Mid

dle

Man

agem

ent

Mita

rbei

ter

Bet

rieb

srat

Gew

erks

chaf

ten

CE

O/V

V

Vors

tand

sgre

miu

m

Per

sona

lvor

stan

d

Auf

sich

tsra

t

Inve

stor

en

Sen

ior

Man

agem

ent

Abb. 27: Die Sichtweisen der Mitarbeiter sind normalverteilt:Wenige Extrempositionen und viele Unentschlossene

Sichtweise der Mitarbeiter auf Veränderungen (Summe = 100%)

5,0

10,0

15,0

20,0

25,0

30,0

35,0%

Begeisterung Zustimmung Neutralität Skepsis

Cap Gemini Ernst & Young 2003

Ablehnung

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 29

Page 30: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

30

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 30

Page 31: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Change Management = Change Instrumente

Bei sämtlichen Veränderungen im Unternehmen

geht es stets um Menschen, die Bisheriges nicht

immer leichten Herzens aufgeben und für Neu-

es gewonnen werden wollen. Für Linien- und

Projektarbeit heißt dies aktives Investieren in die

begleitende Prozessdimension und zwar nicht

nur in Schönwetterzeiten. Change Management

bedeutet daher (1) die „Komposition“ einer

stimmigen Melodie, (2) die „Orchestrierung“ mit

passenden Instrumenten und (3) das „Dirigieren“

der geeigneten Musiker. Da es – diese Studie hat

es erneut gezeigt – keine allgemein anerkannte

Definition von Change Management gibt, muss

die Gestaltung des Wandels bei jeder konkreten

Veränderung wieder neu definiert und fixiert

werden. In der unternehmerischen Praxis ist

Change Management deshalb meistens das, was

unter dem Label „Change Management“ tatsäch-

lich gemacht wird. Die Aktivitäten drehen sich

um zwei miteinander verbundene Dimensionen

(Abbildung 28):

• „Wissen“ (= Information) - „Wollen“

(= Motivation) - „Können“ (= Qualifikation)

• Rationale Aspekte - Politische Aspekte -

Emotionale Aspekte

Im Rahmen des Veränderungsmanagements

sind heute aus Theorie und Praxis eine Vielzahl

von Instrumenten bekannt. Die Aufzählung

sämtlicher „Tools“ mit ihren zahlreichen Facetten

in unterschiedlicher Terminologie würde ins

Unendliche schweifen. Immer wieder werden

neue Instrumente bekannt – nicht immer alter

Wein in neuen Schläuchen, aber meistens dann

doch. Aus der uns geläufigen Unternehmens-

und Beratungspraxis haben wir insgesamt 33

Instrumente mit ihrer gängigen Bezeichnung

identifiziert. Anglizismen wurden nur dort ver-

wendet, wo sie schon fast nicht mehr auffallen

(z.B. „Workshop“). Exotische oder von speziali-

sierten Anbietern „gebrandete“ Instrumente

wurden nicht berücksichtigt. Spezifische Instru-

mente wie etwa Business Theater oder Open

Space wurden ebenfalls ausgeblendet.

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

7. Instrumente des Change Management

31

Abb. 28: Zwei Dimensionen des Change Managements

Basisstruktur der Change-Instrumente

Cap Gemini Ernst & Young 2003

PolitischeAspekte

„Wollen“(Motivation)

RationaleAspekte

„Können“(Qualifikation)

„Wissen“ (Information)

Emotionale Aspekte

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 31

Page 32: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

32

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Zwei weitere Aspekte müssen erwähnt werden:

(1) Natürlich können unter wenig prägnanten

Begriffen wie etwa „Projektmanagement“ durch-

aus unterschiedliche Aktivitäten verstanden

werden. Der eine denkt dabei an MS Project mit

Ampelsystemen und die andere an kontroverse

Diskussionen in Lenkungsausschüssen. (2) Die

Aktivitäten bewegen sich durchaus auf unter-

schiedlichen Ebenen, so etwa Kulturmanage-

ment einerseits versus Balanced Scorecard ande-

rerseits. Damit reichen sie teilweise weit über ein

eng verstandenes Change Management hinaus.

Die Befragten sollten insgesamt fünf Fragen

beantworten:

• „Ist Ihnen dieses Instrument bekannt?“

• „Setzen Sie dieses Instrument ein?“

• „Wäre für Sie dieses Instrument

wünschenswert?“

• „Verzichten Sie bei diesem Instrument auf

externe Unterstützung?“

• „Ist externe Unterstützung bei diesem

Instrument hilfreich?“

Bekanntheitsgrad von Change Instrumenten

Nur wenige Change Management Instrumente

sind in vielen Unternehmen unbekannt (Abbil-

dung 29). Die Hälfte der Befragten konnte mit

„Retention Management“ wenig anfangen. Dies

wird aber nicht nur an der englischen Begriff-

lichkeit, sondern auch an der Verdrängung des

Themas liegen. Mit Retention Management ist

die Lösung des Problems bezeichnet, dass in

Krisenzeiten die Besten als Erste das Unterneh-

men verlassen und aus diesem Grunde eine

systematische Identifikation und Absicherung

dieser Schlüsselressourcen erfolgskritisch wer-

den kann. Dabei geht es nicht nur um Geld,

sondern auch um subjektive und individuelle

Bindungsparameter wie „Wärme“, „Status“,

„Perspektive“ oder „Freiräume“, also um das,

was der Leistungs- bzw. Potenzialträger im

Unternehmen anstrebt. Es ist im Grunde das

Gleiche wie wenn Bayern München versucht,

den Fußballer Michael Ballack von einem Trans-

fer zu Real Madrid abzuhalten, oder was das

Schauspielhaus Zürich versäumt hat, um die

Voraussetzungen für einen Verbleib des Inten-

danten Christoph Marthaler zu schaffen.

Die bei jeweils einem knappen Drittel der Be-

fragten nicht geläufigen Instrumente „Transfor-

mations-Fahrplan“ (32% unbekannt) und

„Stakeholder-Management“ (29%) sowie das bei

einem Fünftel der Befragten unbekannte Instru-

ment „Umfeld/Status-Analyse“ (20%) können

ebenfalls durch ihre Begrifflichkeit bei diesen

Werten gelandet sein. Bei allen drei Themen

handelt es sich jedoch um elementare Hausauf-

gaben jedes Veränderungsprozesses: Mit dem

Transformations-Fahrplan (oft auch „Roadmap“

genannt) wird zum Beginn der Veränderung

eine verbindliche Zeitplanung der Aktivitäten,

Meilensteine und Ergebnisse aufgestellt. Mit

dem Stakeholder-Management wird ebenfalls

beim Start des Changes die Stimmungsland-

schaft evaluiert und anschließend permanent

analysiert (vgl. das vorherige Kapitel). Mit

der Umfeld/Status-Analyse ist die grundlegende

Abb. 29: Nur wenige Change Management Instrumente sind in den Unternehmen nicht bekannt

10% 20% 30% 40% 50%0%

Retention Management

Transformations-Fahrplan

Stakeholder-Management

Umfeld-/Statusanalyse

Konsequenzmanage-ment/Sanktionen

Kulturanalyse

Change Controlling

Kulturmanagement

Mitarbeiter-Mobilisierung

Visionsentwicklung

49%

32%

29%

20%

17%

17%

12%

10%

Unbekannte Change Management Instrumente1

1Mehrfachnennung (5 Items) war möglich. Insgesamt 33 Instrumente zur Auswahl.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

5%

5%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 32

Page 33: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

33

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

Bestandsaufnahme externer und interner Ein-

flussfaktoren gemeint. Bei diesen hohen Un-

bekanntheitswerten kann auch eine andere

Vermutung zutreffen: In vielen Veränderungs-

prozessen stürzen sich die Akteure gleich ins

Geschehen, ohne die Ausgangssituation einzu-

schätzen und sich einen realistischen Zeitplan

zurechtzulegen.

Schließlich sind zwei weitere Instrumente nicht

breitflächig bekannt. Konsequenzmanagement

(17%) meint die Bereitschaft der Verantwort-

lichen, Widerstände von Führungskräften und

Mitarbeitern gegebenenfalls auch zu sanktionieren

und sei es als symbolische Handlung. Kultur-

analyse (17%) wird insbesondere bei heterogenen

Kulturen und Werten in Post-Merger-Situationen

eingesetzt und bezeichnet das Aufzeigen von

Unterschieden (zwischen Ländern, Unterneh-

men, Bereichen) und die Ableitung verbinden-

der Maßnahmen.

Einsatz und Wunsch von Change Instrumenten

Die beiden am häufigsten eingesetzten Instru-

mente im Veränderungsmanagement sind Projekt-

management (50%) und Workshops (49%),

gefolgt von persönlicher Kommunikation (33%)

und den diversen Qualifizierungsmaßnahmen

wie Führungskräfteentwicklung (30%). Training/

Schulung (27%) und Personalentwicklung

(27%). Daneben gibt es eine lange Liste von

weiteren Change Instrumenten, die ihren Platz

im Rahmen von Veränderungsprojekten ein-

nehmen (Abbildung 30). Ins Auge springt der

Fakt, dass Instrumente der Mobilisierung &

Kommunikation – als zentrale Basis erfolgrei-

cher Veränderungen – keine weite Verbreitung

besitzen: Am ehesten das schnelle aber unper-

sönliche Internet (24%) und formelle Veranstal-

tungen/Events (21%). Weitere kommunikative

Instrumente wie Printmedien (13%) und Infor-

mation Fair/Roadshow (11%) besitzen zwar ein

hohes kommunikatives Potenzial, spielen in der

betrieblichen Praxis allerdings eine Nebenrolle.

Handwerkliche Grundlagen bei der Steuerung

von Veränderungsprozessen wie Umfeld-/

Statusanalyse (23%), Visionsentwicklung (19%),

Rollen-/Auftragsklärung (10%) und Stakeholder-

Management (2%) fallen in die Kategorie „unter

ferner liefen“. Steuernde Instrumente wie Balan-

ced Scorecard (16%) und Change-Controlling

(4%) spielen ebenfalls eine Nebenrolle.

Abb. 30: Mit deutlichem Abstand finden Projektmanagement und WorkshopsAnwendung in Veränderungsprozessen

10% 20% 30% 40% 50%0%

Projektmanagement

Workshops

Kommunikationpersönlich

Führungskräfte-entwick-lung

Training/Schulung

Personalentwicklung

Kommunikation Intranet

Interviews

Umfeld-/Statusanalyse

Veranstaltungen/Events

Visionsentwicklung

Balanced Scorecard

Team Building Aktivitäten

Organisations-entwick-lung

Mitarbeiter-Mobilisierung

Anreizsysteme/Motivation

Kommunikation Print-Medien

AssessmentCenter/Audits

Coaching

Information Fair/Roadshow

Rollen-/Auftragsklärung

50%

49%

33%

30%

27%

27%

24%

24%

Eingesetzte Change Management Instrumente1

1Mehrfachnennung (5 Items) war möglich. Insgesamt 33 Instrumente zur Auswahl.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

23%

21%

19%

16%

16%

14%

14%

13%

13%

11%

11%

11%

10%

60%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 33

Page 34: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

34

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Ehemals populäre Argumentationsgebäude wie

Lernende Organisation und Knowledge Ma-

nagement bringen es sogar auf jeweils nur eine

Nennung. Die Unterschiede zwischen den beiden

Ländern und den drei Größenclustern sind eher

gering (Abbildung 31). Ins Auge springt bei-

spielsweise die Bereitschaft deutscher Manager,

sich zu „meeten“ – Deutschland einig Work-

shop-Land.

Dass es bei Change kaum jemals genügend Kom-

munikation geben kann, zeigen die Antworten

auf die Frage nach den wünschenswerten In-

strumenten (Abbildung 32). An der Spitze steht

der Wunsch nach persönlicher Kommunikation

(29%). Am besten geeignet wären hierfür die

Vorgesetzten und Verantwortlichen, doch diese

haben bei Veränderungen sowohl inhaltlich als

auch politisch genügend andere „Baustellen“.

Zudem gibt es noch deren persönliche Work/

Life-Balance und Arbeitszufriedenheit. Deshalb

verzichten viele potenzielle Kommunikatoren

lieber auf den nicht immer erfreulichen Dialog,

die manchmal bohrenden Fragen und die häufig

barschen Kommentare.

Das regelmäßig empfundene Kommunikations-

defizit lässt sich vielleicht niemals eliminieren.

In vielen Fällen stehen jedoch tatsächlich weit

mehr Informationen zur Verfügung als nachge-

fragt oder abgerufen werden. Doch dies tangiert

den mancherorts wohl unlösbaren Disput

zwischen Bring- und Holschuld bei Kommuni-

kation: Die Vorgesetzten gewinnen den Eindruck,

dass Informationen in offener Weise bereitste-

hen. Die Mitarbeiter hingegen wissen nicht, was

Sache ist.

Was nicht ist kann ja noch werden. Dies ist der

Eindruck beim Blick auf die weiteren wünschens-

werten Instrumente. Die befragten Change-

Experten haben elementare Instrumente wie

Visionsentwicklung (28%) und Umfeld-/Status-

analyse (19%) oder steuernde Methoden wie

Change-Controlling (26%) und Balanced Score-

card (21%) weit oben auf ihrem Wunschzettel.

Bewegung in die Köpfe und Herzen der Akteure

könnten Team Building (24%), Organisations-

entwicklung (23%), Mitarbeitermobilisierung

(23%), Coaching (22%) und Führungskräf-

teentwicklung (20%) bringen. Schließlich wur-

den auch die umfassenden Visionen der Lernen-

den Organisation (20%) und des Knowledge

Management (17%) noch nicht ganz aufgege-

ben. Nach zusätzlichen Workshops verlangen

übrigens lediglich neun Prozent der Befragten.

Unterschiede zwischen den beiden Ländern

und den drei Größenclustern bleiben gering

(Abbildung 33).

Abb. 31: Unterschiede Deutschland/Österreich bzw. Größenclustermit Blick auf die Change Realität

... in Deutschland

1. Workshops (54%)

2. Projektmanagement (50%)

3. Führungskräfte-entwicklung (31%)

4. Kommunikation persönlich (27%)

● Umfeld-/Statusanalyse (27%)

... in Österreich

1. Kommunikation persönlich(55%)

2. Projektmanagement (46%)● Training/Schulung (46%)

4. Führungskräfteentwicklung(36%)

● Personalentwicklung (36%)

Insgesamt 33 Instrumente zur Auswahl.

Die Top 5 der eingesetzten Change Management Instrumente

Cap Gemini Ernst & Young 2003

nach

Län

der

n

... in „L“ Unternehmen

1. Workshops (53%)

2. Projektmanagement (47%)

3. Kommunikation persönlich(42%)

4. Training/Schulung (33%)

5. Führungskräfteentwicklung(31%)

... in „XL“ Unternehmen

1. Projektmanagement (56%)

2. Workshops (44%)

3. Personalentwicklung (32%)● Umfeld-/Statusanalyse (32%)

5. Kommunikation persönlich(28%)

... in „XXL“ Unternehmen

1. Workshops (48%)● Projektmanagement (48%)

2. Führungskräfteentwicklung(31%)

3. Kommunikation persönlich(28%)

4. Kommunikation Intranet (24%)

nach

Grö

ße

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 34

Page 35: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

35

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

Abb. 33: Unterschiede Deutschland/Österreich bzw. Größenclustermit Blick auf den Change Wunschzettel

... in Deutschland

1. Visionsentwicklung (33%)

2. Change Controlling (30%)

3. Kulturanalyse (26%)● Kommunikation persönlich

(26%)● Organisationsentwicklung

(26%)

... in Österreich

1. Team Building Aktivitäten(33%)

● Balanced Scorecard (33%)● Kommunikation persönlich

(33%)

4. Wissensmanagement (29%)

5. Mitarbeiter-Mobilisierung (24%)

Insgesamt 33 Instrumente zur Auswahl.

Die Top 5 der eingesetzten Change Management Instrumente

Cap Gemini Ernst & Young 2003

nach

Län

der

n

... in „L“ Unternehmen

1. Team Building Aktivitäten (33%)

2. Kommunikation persönlich(31%)

● Balanced Scorecard (31%)

4. Visionsentwicklung (29%)● Change Controlling (29%)

... in „XL“ Unternehmen

1. Kommunikation persönlich(33%)

2. Umfeld-/Statusanalyse (29%)● Führungskräfteentwicklung

(29%)● Visionsentwicklung (29%)● Team Building Aktivitäten (29%)

... in „XXL“ Unternehmen

1. Kulturanalyse (31%)● Coaching (31%)

3. Change Controlling (27%)● Mitarbeiter-Mobilisierung

(27%)● Visionsentwicklung (27%)

nach

Grö

ße

Abb. 32: Die Wunschliste für Change Management verteilt sich weitgehend homogen über eine Vielzahl von Change Instrumenten

5% 10% 15% 20% 25%0%

Kommunikationpersönlich

Visionsentwicklung

Change Controlling

Team Building Aktivitäten

Organisations-entwicklung

Mitarbeiter-Mobilisierung

Coaching

Balanced Scorecard

Konfliktmanagement

Kulturanalyse

Führungskräfte-entwicklung

Lernende Organisation

Umfeld-/Statusanalyse

Wissensmanagement

Personalentwicklung

Projektmanagement

Anreizsysteme/Motivation

Transformations-Fahrplan

Kulturmanagement

Stakeholder-Management

29%

28%

26%

24%

23%

23%

22%

21%

21%

21%

20%

20%

19%

17%

17%

17%

14%

13%

12%

11%

Wünschenswerte Change Management Instrumente1

1Mehrfachnennung (5 Items) war möglich. Insgesamt 33 Instrumente zur Auswahl.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

30%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 35

Page 36: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

36

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Was Unternehmen lieber selbst machen ...

Immerhin zwei Drittel der Befragten sehen die

persönliche Kommunikation (68%) und ein

Drittel die Mitarbeiter-Mobilisierung (33%) als

ureigenste Aufgaben des Unternehmens. Diese

Werte sind dennoch erstaunlich gering. Glaubt

damit etwa einer von drei Managern, die per-

sönliche Kommunikation ließe sich auch von

Externen erledigen, und zwei von drei Managern,

die Mobilisierung der Belegschaft sei durchaus

an Dritte zu delegieren? In vielen unserer Bera-

tungsprojekte wird dieser Eindruck keineswegs

widerlegt. Auch Verhaltensverstärker wie Kon-

sequenzmanagement/Sanktionen (22%) bzw.

Anreizsysteme/Motivation (21%) bleiben in der

Tendenz ohne externe Unterstützung, ebenso

wie die Kommunikation via Internet (23%).

Des Weiteren verbleiben von der Grundidee her

unternehmensspezifische Instrumente wie Per-

sonalentwicklung (18%) und Visionsentwicklung

(18%) ebenfalls eher „in house“. Weitere Change

Tools weisen beim Blick auf die interne Durch-

führung eine hohe Streuung auf (Abbildung 34).

Die Differenzierungen nach Ländern und

Größenclustern ähneln sich weitgehend (Abbil-

dung 35).

... wo Unternehmen externe Hilfe benötigen

Der Bedarf an Unterstützung von außen zeigt

sich insbesondere bei Change Instrumenten mit

dem Erfordernis spezialisierter Kompetenzen

und dem Vorteil einer externen Perspektive

(Abbildung 36): Kulturanalyse (41%), Coaching

(37%), Visionsentwicklung (29%), Assessment

Center/Audits (26%), Umfeld-/Statusanalyse

(26%) weisen aus diesen beiden Gründen Spitzen-

werte auf. Aber auch bei Maßnahmen wie Füh-

rungskräfteentwicklung (23%), Balanced

Scorecard (22%), Team Building Aktivitäten

(21%), Projektmanagement (21%), Konfliktma-

nagement (20%) und Veranstaltungen/Events

(20%) wird das Experten Know-how und der

neutrale Blick in vielen Unternehmen als echter

Mehrwert empfunden. Hingegen werden Ma-

nagement- und Kommunikationsaufgaben wie

Abb. 34: Besonders die persönliche Kommunikation ist Aufgabe der Unternehmen selbst

10% 20% 30% 40% 50% 60%0%

Kommunikationpersönlich

Mitarbeiter-Mobilisierung

Kommunikation Intranet

Konsequenz-manage-ment/SanktionenAnreizsysteme/

Motivation

Personalentwicklung

Visionsentwicklung

Stakeholder-Management

Workshops

Konfliktmanagement

Veranstaltungen/Events

Organisations-entwick-lung

Team Building Aktivitäten

Rollen-/Auftragsklärung

Projektmanagement

68%

33%

23%

22%

21%

18%

18%

13%

13%

12%

12%

Change Management Instrumente ohne Bedarf für externe Unterstützung1

10%

10%

10%

10%

Abb. 35: Unterschiede Deutschland/Österreich bzw. Größenclustermit Blick auf die interne Durchführung

... in Deutschland

1. Kommunikation persönlich (60%)

2. Mitarbeiter-Mobilisierung (30%)

3. Konsequenzmanagement/Sanktionen (28%)

4. Anreizsysteme/Motivation (25%)

5. Visionsentwicklung (23%)

... in Österreich

1. Kommunikation persönlich (70%)

2. Konsequenzmanagement/Sanktionen (30%)

● Mitarbeiter-Mobilisierung (30%)

4. Kommunikation Intranet (25%)

5. Veranstaltungen/Events (20%)

Insgesamt 33 Instrumente zur Auswahl.

Die Top 5 der ohne externe Unterstützung eingesetzten Instrumente

Cap Gemini Ernst & Young 2003

nach

Län

der

n

... in „L“ Unternehmen

1. Kommunikation persönlich(74%)

2. Mitarbeiter-Mobilisierung (42%)

3. Kommunikation Intranet (29%)

4. Konsequenzmanagement/Sanktionen (23%)

5. Visionsentwicklung (19%)

... in „XL“ Unternehmen

1. Kommunikation persönlich(63%)

2. Mitarbeiter-Mobilisierung (29%)

3. Anreizsysteme/Motivation (21%)

● Personalentwicklung (21%)● Kommunikation Intranet (21%)

... in „XXL“ Unternehmen

1. Kommunikation persönlich (64%)

2. Konsequenzmanagement/Sanktionen (36%)

3. Anreizsysteme/Motivation (27%)

4. Mitarbeiter-Mobilisierung (23%)● Visionsentwicklung (23%)

nach

Grö

ße

70%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 36

Page 37: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

37

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

Rollen-/Auftragsklärung, Stakeholder-Manage-

ment und Retention-Management sowie Kom-

munikation (persönlich, via Print, via Internet)

nur in wenigen Fällen in fremde Hände gelegt

(alle kleiner fünf Prozent). Dies ist zumindest

der von den Befragten formulierte Sollzustand.

In der uns bekannten Realität von Veränderungs-

prozessen sind hingegen gerade auch bei diesen

Instrumenten regelmäßig Anfragen nach exter-

ner Unterstützung festzustellen. Gründe hierfür

mögen in der zeitlichen Belastung der Verant-

wortlichen und in der erheblichen Brisanz der

Aufgaben liegen. Die Unterschiede zwischen den

beiden Ländern und den drei Größenclustern

sind weiterhin eher gering (Abbildung 37).

Abb. 36: Externe Unterstützung ist in vielen Bereichen des Change Managements gefragt

5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45%0%

Kulturanalyse

Coaching

Visionsentwicklung

Assessment Center/Audits

Umfeld-/Statusanalyse

Führungskräfte-entwick-lung

Balanced Scorecard

Team Building Aktivitäten

Projektmanagement

Konfliktmanagement

Veranstaltungen/Events

Workshops

Change Controlling

Organisations-entwick-lung

Training/Schulung

Transformations-Fahrplan

Interviews

41%

37%

29%

26%

26%

23%

22%

21%

21%

20%

Change Management Instrumente mit Bedarf für externe Unterstützung1

1Mehrfachnennung (5 Items) war möglich. Insgesamt 33 Instrumente zur Auswahl.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

20%

17%

16%

16%

15%

14%

12%

Abb. 37: Unterschiede Deutschland/Österreich bzw. Größenclustermit Blick auf die externe Unterstützung

... in Deutschland

1. Coaching (42%)

2. Kulturanalyse (40%)

3. Visionsentwicklung (36%)

4. Assessment Center/Audits(29%)

5. Balanced Scorecard (27%)

... in Österreich

1. Führungskräfteentwicklung(41%)

● Kulturanalyse (41%)

3. Coaching (32%)

4. Workshops (27%)● Visionsentwicklung (27%)

Insgesamt 33 Instrumente zur Auswahl.

Die Top 5 der Instrumente mit Bedarf für externe Unterstützung

Cap Gemini Ernst & Young 2003

nach

Län

der

n

... in „L“ Unternehmen

1. Kulturanalyse (44%)● Coaching (44%)

3. Assessment Center/Audits(31%)

4. Workshops (29%)● Balanced Scorecard (29%)

... in „XL“ Unternehmen

1. Umfeld-/Statusanalyse (33%)● Visionsentwicklung (33%)

3. Veranstaltungen/Events (29%)● Kulturanalyse (29%)● Coaching (29%)

... in „XXL“ Unternehmen

1. Kulturanalyse (46%)

2. Coaching (35%)

3. Visionsentwicklung (31%)

4. Assessment Center/Audits(27%)

● Team Building Aktivitäten(27%)

nach

Grö

ße

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 37

Page 38: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

38

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 38

Page 39: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Umsetzungsbarrieren bei Veränderungsprozessen

Bereits in der HR-Strategiestudie von Wirtschafts-

woche und Cap Gemini Ernst & Young aus

dem Herbst 2002 wurde die Frage nach Hinder-

nissen bei der Realisierung von Unternehmens-

strategien gestellt. Damals wurden – mit einem

sehr ähnlichen Set von Antwortmöglichkeiten –

konjunkturbedingte Verwirrungen und hand-

werkliche Fehler zur Begründung von Umset-

zungsschwierigkeiten angeführt. An erster Stelle

lag das Problem, dass langfristige Maßnahmen

für eine kurzfristige Ergebnisverbesserung geopfert

werden. Politische Konflikte, also unterschied-

liche Auffassungen zwischen den Beteiligten,

behinderten ebenfalls ganz erheblich den einge-

schlagenen Weg. Handwerkliche Defizite wie

etwa fehlende Priorisierung oder vernachlässig-

tes Monitoring sahen die Befragten zudem als

erhebliches Manko. Schließlich gestalteten auch

abstrakte Strategien und permanente Neuorga-

nisationen die Umsetzung schwierig. An man-

gelndem Selbstbewusstsein fehlte es vor einem

Jahr allerdings nicht. Die wichtigsten Problem-

felder hatten „systemischen“ Charakter und

waren – bis auf die handwerklichen Defizite –

nicht hausgemacht. Geringe Verantwortungsbe-

reitschaft, fehlende Internationalität oder man-

gelnde Qualifikationen wurden nur in geringem

Umfang als Umsetzungsschwierigkeiten genannt.

Mit einer etwas verlängerten Liste von Antwort-

kategorien (16 statt 11) und der erweiterten

Möglichkeit zur Problemnennung (5 statt 3)

wurde die Frage nach den Hindernissen ein Jahr

später repliziert. An den Ergebnissen hat sich in

diesem Zeitraum allerdings wenig geändert

(Abbildung 38).

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

39

8. Umsetzungsbarrieren und Erfolgsfaktoren

Abb. 38: Es gibt mannigfaltige Stolpersteine:Change Prozesse können aus vielen Gründen scheitern

10% 20% 30% 40% 50% 60%0%

Zu viele Aktivitäten, die nicht priorisiert wurden

Langfristige Maßnahmen werden für kurzfristige Ergebnisverbesserung geopfert

Kein echtes und nachhaltiges Monitoring/Erfolgskontrolle der Aktivitäten

Keine klare Zielsetzung

Interessens-/Zielkonflikte der Beteiligten

Fehlende Verknüpfung „top down“ und „bottom up“

Andauernde Reorganisationen „lähmen“ die Organisation

Kein Commitment des Vorstands

Keine Verknüpfung des Veränderungs-themas mit der Unternehmensstrategie

Schwaches Projektmanagement

Verzicht auf Change Management

Fehlende/mangelnde Unterstützung aus dem Linienmanagement

Mangelnde Fähigkeiten/Qualifikationen/Know-how

Zu geringe Verantwortungsbereitschaft

52%

48%

47%

44%

42%

40%

35%

32%

Die häufigsten Umsetzungsbarrieren bei Veränderungsprozessen1

1Mehrfachnennung (5 Items) war möglich.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

31%

29%

24%

24%

17%

13%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 39

Page 40: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

40

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Nach wie vor verhindert die Hektik des be-

trieblichen Alltags –„zu viele Aktivitäten, die

nicht priorisiert werden“ (52%), „langfristige

Maßnahmen werden für kurzfristige Ergebnis-

verbesserung geopfert“ (48%) bzw. „andau-

ernde Reorganisationen lähmen die Organisa-

tion“ (35%) – den Erfolg von Umsetzungs-

prozessen.

Weitere Schwierigkeiten entstehen aus Defiziten

in der Projektsteuerung wie vernachlässigtem

Monitoring (47%), unklarer Zielsetzung (44%)

und fehlendem Strategiebezug (31%). Politische

Querelen wie bestehende Interessenskonflikte

der Beteiligten (42%), fehlende Verbindung

zwischen den Führungsebenen (40%) und man-

gelndes Commitment des Vorstands (32%)

spielen ebenfalls eine nicht zu unterschätzende

Rolle als Erklärungsfaktor für Umsetzungs-

schwierigkeiten. Wie bereits im Jahr 2002 werden

die von den Change-Verantwortlichen direkt

beeinflussbaren Aspekte wie Projektmanagement

(29%), Kompetenzen (17%), Verantwortungs-

bereitschaft (13%) und Business Case (9%) eher

selten als Ursache für das Scheitern von Verän-

derungsprozessen angeführt. Der Verzicht auf

Change Management selbst stellt bei jedem

vierten Veränderungsprozess ein grundsätzliches

Problem dar.

Beim Blick auf die Diskrepanzen zwischen den

beiden Ländern und den drei Größenclustern

werden deutliche Unterschiede sichtbar (Ab-

bildung 39); dies gilt auch für die Analyse der

Branchen (Abbildung 40). An dieser Stelle

sollen lediglich einige markante Ergebnisse be-

tont werden. In deutschen Unternehmen ist die

Umsetzungsbarriere Nummer Eins das Problem,

dass langfristige Maßnahmen für eine kurzfris-

tige Ergebnisverbesserung geopfert werden.

Hingegen wollen österreichische Manager zu

vieles auf einmal und scheitern häufig an der

fehlenden Priorisierung. In den Konzernen (XXL-

Unternehmen) scheint ein überdurchschnittlicher

Optimierungsbedarf beim Projektmanagement

zu bestehen. Bei Unternehmen aus der Branche

Automotive/Metallindustrie/Maschinenbau

würde den Ergebnissen zufolge eine Priorisierung

von Aktivitäten nicht schaden. Schließlich müssen

die Banken und Versicherer wohl noch eine bes-

sere Balance zwischen langfristigen Maßnahmen

und kurzfristiger Ergebnisverbesserung finden.

Abb. 39: Unterschiede Deutschland/Österreich bzw. Größencluster beim Blick auf typische Stolpersteine

... in Deutschland

1. Langfristige Maßnahmen werden für kurzfristigeErgebnisverbesserung geo-pfert (53%)

2. Kein echtes und nachhaltigesMonitoring/Erfolgskontrolleder Aktivitäten (47%)

... in Österreich

1. Zu viele Aktivitäten, die nicht priorisiert wurden(68%)

2. Keine klare Zielsetzung (50%)

Die Top 2 Umsetzungsbarrieren

Cap Gemini Ernst & Young 2003

nach

Län

der

n

... in „L“ Unternehmen

1. Zu viele Aktivitäten, die nichtpriorisiert wurden (57%)

2. Kein echtes und nachhaltigesMonitoring/Erfolgskontrolle derAktivitäten (53%)

... in „XL“ Unternehmen

1. Langfristige Maßnahmen werden für kurzfristigeErgebnisverbesserung geo-pfert (62%)

2. Zu viele Aktivitäten, die nicht priorisiert wurden(58%)

... in „XXL“ Unternehmen

1. Keine klare Zielsetzung (48%)

2. SchwachesProjektmanagement (45%)

nach

Grö

ße

Abb. 40: Unterschiede Branchengruppen beim Blick auf typische Stolpersteine

Automotive/Metallindustrie/Maschinenbau

1. Zu viele Aktivitäten, die nicht priorisiert wur-den (82%)

2. Kein echtes/nach-haltiges Monitoring/Erfolgskontrolle derAktivitäten (59%)

Chemie/Pharma/Life Sciences

1. Kein echtes/nach-haltiges Monitoring/Erfolgskontrolle derAktivitäten (86%)

2. Langfristige Maßnah-men werden für kurzfristige Ergebnis-verbesserung geopfert(57%)

● Andauernde Reorgani-sationen „lähmen“ dieOrganisation (57%)

Banken/Versicherungen

1. Langfristige Maßnah-men werden für kurzfristige Ergebnis-verbesserung geopfert(60%)

2. Kein echtes/nach-haltiges Monitoring/Erfolgskontrolle derAktivitäten (50%)

Elektronik/HighTech/IT/Software/Telekom-

munikation

1. Kein echtes/nach-haltiges Monitoring/Erfolgskontrolle derAktivitäten (86%)

2. Langfristige Maßnah-men werden für kurzfristige Ergebnis-verbesserung geopfert(71%)

● Keine klare Zielsetzung(71%)

Handel/Konsumgüter

1. Keine klare Zielsetzung(67%)

● Fehlende Verknüpfung„top down“ und „bot-tom up“ (67%)

Transport/Logistik

1. Langfristige Maßnah-men werden für kurzfristige Ergebnis-verbesserung geopfert(50%)

● Schwaches Projekt-management (50%)

● Andauernde Reorga-nisationen „lähmen“ die Organisation (50%)

Energie/Versorger

1. Kein Commitment desVorstands (71%)

● Keine klare Zielsetzung(71%)

● Interessens-/Zielkonflikte derBeteiligten (71%)

Andere

1. Interessens-/Zielkonflikte derBeteiligten (69%)

● Zu viele Aktivitäten, die nicht priorisiert wur-den (69%)

Die Ergebnisse der Branchen Chemie/Pharma/LifeSciences, Elektronik/High Tech/IT/Software/Telekommunikation, Energie/Versorger sind nicht signifikant.

Die Top 2 Umsetzungsbarrieren

Cap Gemini Ernst & Young 2003

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 40

Page 41: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

41

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

Erfolgsfaktoren bei Veränderungsprozessen

Neben der „negativen“ Analyse – der Frage nach

den Umsetzungsbarrieren – wurden die Befrag-

ten ebenfalls um eine „positive“ Betrachtung –

der Frage nach den Erfolgsfaktoren – gebeten.

Erstens konnten sie dabei diejenigen Erfolgsfak-

toren angeben, nach denen ein Veränderungs-

prozess zum Erfolg geworden ist. Zweitens sollten

sie weitere Erfolgsfaktoren nennen, mit denen

der Change ein noch größerer Erfolg hätte werden

können. Die vielfältigen Kommentare auf diese

beiden offen gestellten Fragen wurden in acht

bzw. zehn Antwortkategorien geclustert.

Die Liste der existierenden Erfolgsfaktoren de-

monstriert die hohe Bedeutung weicher Faktoren

im Change Management (Abbildung 41). Wenn

die Zielsetzung realistisch, verständlich und

bekannt ist, steigt die Wahrscheinlichkeit für den

Erfolg von Veränderungsprozessen (45%).

Das Engagement und die Authentizität der Un-

ternehmensführung (38%) sind der zweite

wesentliche Erfolgsfaktor gefolgt vom effektiven

Stakeholder-Management (36%) sowie der

Qualität in der projektinternen und -externen

Kommunikation (34%). Die Professionalität im

Projektmanagement hat sich in jedem vierten

Veränderungsprozess als erfolgskritisch erwiesen.

Weitere Erfolgsfaktoren sind Teamgeist und

Motivation im Projektteam (15%), Monitoring

und Controlling (13%) sowie die Dringlichkeit

der Aufgabenstellung (12%).

Auf dem Wunschzettel der in dieser Studie be-

fragten Change-Experten (Abbildung 42) steht

an erster Stelle „mehr Ressourcen“ (22%). Dies

entspricht auch der Beobachtung zahlreicher

Veränderungsprojekte, bei denen erst spät der

tatsächliche Bedarf an Unterstützung erkannt

und oft zu einem noch späteren Zeitpunkt die

entsprechende Hilfe dann auch bewilligt wurde

(wenn überhaupt). Das Engagement und die

Authentizität der Unternehmensführung (16%)

sowie die Professionalität im Projektmanagement

(15%) sind weitere Erfolgsfaktoren, die in vielen

Change Konstellationen als verbesserungsfähig

erachtet werden. Die weiteren kommunikativen

und prozessualen Wünsche der Befragten –

vom Alignment der Organisationseinheiten (14%)

bis zur realistischen, verständlichen und be-

kannten Zielsetzung (12%) – lesen sich wie

die Checkliste aus einem Handbuch für erfolg-

reiche Veränderungsprozesse. Die breite Streuung

dieser Wünsche zeigt auch, dass es nicht ein,

zwei oder drei kritische Erfolgsfaktoren gibt,

sondern erst die Kombination dieser Aspekte

das Resultat von Veränderungsprozessen positiv

beeinflusst.

Abb. 41: Die Erfolgsfaktoren für Veränderungsprozesse sind vielfältiger Art und müssen situativ evaluiert werden

10% 20% 30% 40% 50%0%

Realistische und klare Vision/Zielsetzung und ihre Kommunikation

Commitment und Glaubwürdigkeit des Managements

Effektives Stakeholder Management

Offene und klare Kommunikation innerhalb des Projektesund gegenüber anderen Projekten/Programmen

Professionelles Projektmanagement

Teamgeist und Motivation („Winning Spirit“)

Konsequentes Monitoring und Controlling des Prozesses

Dringlichkeit („Sense of Urgency“)

45%

38%

36%

34%

24%

15%

13%

12%

Faktoren, die Change Prozesse zu einem Erfolg werden ließen1

1Offene Frage. Antworten wurden zu Clustern zusammengefasst. Mehrfachnennung (3 Items) war möglich.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

Abb. 42: Viele Veränderungsprozesse scheitern an den „einfachen Dingen des Lebens“

5% 10% 15% 20%0%

Mehr Ressourcen

Commitment und Glaubwürdigkeit des Managements

Professionelles Projektmanagement

Alignment aller Organisationseinheiten auf Veränderungsprozess und Unternehmensstrategie

Konsequentes Monitoring und Controlling des Prozesses

Offene und klare Kommunikation über Veränderungs-vorhaben und -auswirkungen

Gewährleistung einer nachhaltigen/globalen Ausrichtung der Prozesse

Effektives Stakeholder Management

Teamgeist und Motivation („Winning Spirit“)

Realistische und klare Vision/Zielsetzung und ihre Kommunikation

22%

16%

15%

15%

14%

13%

13%

13%

12%

12%

Faktoren, die für den Erfolg von Change Prozessen erforderlich gewesen wären1

1Offene Frage. Antworten wurden zu Clustern zusammengefasst. Mehrfachnennung (3 Items) war möglich.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

25%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 41

Page 42: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

42

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 42

Page 43: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Akteure im Change Management

Natürlich existieren bei Change Prozessen seitens

der diversen Stakeholder multiple und teilweise

divergierende Erwartungen. Finales Ziel von

Veränderungsprojekten sollte es allerdings sein,

die Anforderungen der Auftraggeber (= „Kunden“)

sowohl hinsichtlich der zeitlichen Finalisierung

als auch der Ergebnisse inklusive der Berück-

sichtigung auferlegter Budgetbeschränkungen

bestmöglich zu erfüllen (OTACE – „on time and

above customer´s expectations“). Nun besitzt

nahezu jeder Manager im Unternehmen eine

Rolle bei Veränderungsprozessen und über-

nimmt dabei in der ein der anderen Weise Ver-

antwortung für das Gelingen des Wandels. Bei

einigen Akteuren gewinnt man aus ihrem Han-

deln jedoch den Eindruck, sie übernehmen viel

lieber Verantwortung für ein erfolgreiches Miss-

lingen.

Analog zur zwischenzeitlich bereits klassischen

und etablierten Zielvereinbarungslogik müssen

insbesondere diejenigen Akteure Verantwortung

übernehmen, deren individuelle Ziele mit denen

des Projektes in Einklang stehen und die des-

halb ein unmittelbares Interesse am Erfolg der

Veränderung aufweisen. Die Befragten in der

Studie konnten aus einem Set von insgesamt neun

Akteuren bis zu drei nennen, die eine wesent-

liche Rolle bei den bisherigen Veränderungs-

prozessen im Unternehmen besaßen.

Die Antworten zeigen, wie sich auch bei Change

Prozessen die Aufgaben nur bedingt delegieren

lassen (Abbildung 43). In drei von vier Unter-

nehmen sind das verantwortliche Projektteam

(75%) und bei drei von fünf Veränderungen der

verantwortliche Linienmanager (58%) zentrale

Akteure. Dem Vorstand kommt eine insgesamt

erstaunlich geringe Rolle zu (43%). Lediglich in

jedem dritten Unternehmen besitzt die Perso-

nalabteilung (31%) eine maßgebliche Bedeutung

bei der Gestaltung von Veränderungsprozessen.

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

43

9. Akteure, Organisation und Controlling

Abb. 43: Das Projektteam selbst trägt die größte Verantwortung fürden Erfolg des Veränderungsprozesses

Verantwortliches Projektteam

Verantwortliche Linienmanager

Vorstand

Personalabteilung

Unternehmensinterne Change Management Spezialisten

Unternehmensexterne Change Management Berater

Unternehmensinterne Change Multiplikatoren

Betriebsrat

Die wichtigsten Akteure bei Veränderungsprozessen1

1Mehrfachnennung (3 Items) war möglich.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

20% 40% 60% 80%

75%

58%

43%

31%

26%

24%

11%

3%

0%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 43

Page 44: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

44

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Diese schwache Rolle – weit entfernt vom selbst

auferlegten Anspruch „Business Partner“ zu sein

– war auch bereits Ergebnis der HR-Strategie-

studie von Wirtschaftswoche und Cap Gemini

Ernst & Young aus dem Jahr 2002. An der Peri-

pherie des Geschehens stehen die beiden Gre-

mien Betriebsrat (3%) und Aufsichtsrat (0%).

Unternehmensinterne Change Management

Spezialisten (26%) bzw. unternehmensexterne

Change Management Berater (24%) sind bei

jedem vierten Veränderungsprojekt in einer tra-

genden Funktion. Beide Spezialisten besitzen

sowohl in Deutschland als auch in sehr großen

Unternehmen (XL/XXL) eine signifikant größere

Bedeutung von um die dreißig Prozent.

Ob es nun gut oder schlecht ist, dass bei jedem

vierten Veränderungsprozess (in bestimmten

Konstellationen sogar häufiger) interne oder

sogar externe Change-Profis an entscheidender

Stelle mitwirken ist sicherlich Ermessenssache

und Glaubensfrage, die von Unternehmen und

Führungskräften unterschiedlich beantwortet

werden. Unternehmensinterne Change Multi-

plikatoren – Linienmanager, die als zusätzliche

Aufgabe den Veränderungsprozess in die Orga-

nisation hineintragen sollen – spielen lediglich

in jedem neunten Unternehmen (11%) eine Rolle.

Auch sie werden in Deutschland und in sehr

großen Unternehmen (XL/XXL) überproportio-

nal genutzt.

In österreichischen Unternehmen besitzen zwar

das verantwortliche Projektteam (63%) und der

verantwortlichen Linienmanager (46%) eben-

falls wichtige Rollen. Die weiteren betrieblichen

Akteure wie Vorstand (59% in Österreich vs.

37% in Deutschland), Personalabteilung (46%

vs. 20%) und Betriebsrat (9% vs. 0%) mischen

sich jedoch signifikant stärker in Veränderungs-

prozesse ein als ihre Pendants in deutschen

Unternehmen (ohne Abbildung). Die Unter-

schiede zwischen den drei Größenclustern sind

gering bis auf den offenkundigen Fakt, dass sich

im Vergleich zwischen L- und XXL-Unternehmen

bei ersteren die betrieblichen Akteure Vorstand

(50% vs. 28%) und Personalabteilung (50% vs.

24%) wesentlich aktiver einbringen als das ver-

antwortliche Projektteam (69% vs. 83%). Change

Management bei mittelgroßen Unternehmen

wird vielerorts „nebenher“ erledigt, wohingegen

in den Konzernen hierfür quasi als automatisierter

Reflex eigene Projektteams gebildet werden

(ohne Abbildung).

Organisation des Change Management

Wie bei vielen anderen Aufgabenstellungen in

Unternehmen gibt es auch im Change Manage-

ment kein grundsätzliches Richtig oder Falsch,

selbst wenn einige Theoretiker und Praktiker

sich in dieser Frage festlegen und dogmatisch

pro Linie oder pro Projekt plädieren. An dieser

Stelle werden deshalb auch weniger Bewertun-

gen vorgenommen, sondern vielmehr die Diver-

sität in der Organisation von Change Management

beschrieben. Aus einem Set von sieben uns

bekannten Organisationsrealitäten konnten die

Befragten mehrere – auch widersprüchliche –

Antworten auswählen (Abbildung 44).

Am häufigsten sind Projekte, bei denen Change

Management von der jeweiligen Projektleitung

(57%) oder von anderen Mitarbeitern in Ergän-

zung/Erweiterung ihrer fachlichen Aufgaben

(47%) „mitgemacht“ wird. Neben den zahlreichen

weiteren, ebenfalls erfolgskritischen und meis-

tens inhaltlich vertrauteren „ToDo“ kann Change

Management dann allerdings leicht zur Neben-

sächlichkeit werden. Die prozessuale Gestaltung

des Wandels wird zum ungeliebten Nebenamt.

Die meisten Projektleiter oder mit Change be-

auftragten Projektmitarbeiter sind ja nicht

Abb. 44: Die Organisation von Change Prozessen zeigt:Es gibt kein organisatorisches „Erfolgsrezept“

Change Management wird von der jeweiligen Projektleitung „mitgemacht“

Bei Change Management wird auf externe Experten zurückgegriffen

Projektmitarbeiter erweitern ihre fachlichen Aufgaben um Change Management

Für Change Management gibt es interne Spezialisten,die permanent Projekte unterstützen

Change Management ist primär Aufgabe des Personalbereichs

Für Change Management gibt es bei Projekten definierte Ressourcen

Die mit Change Management Aufgaben betrautenMitarbeiter werden dafür (teilweise) freigestellt

Für Change Management gibt eseine eigenständige Abteilung

Spezialisierte Mitarbeiter sind in einem „Change Agent Network“ miteinander verbunden

Organisation von Veränderungsprozessen1

1Mehrfachnennung war möglich.

Cap Gemini Ernst & Young 2003

0% 20% 40% 60%

57%

51%

47%

41%

36%

34%

25%

22%

11%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 44

Page 45: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

45

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

deshalb in ihre Funktionen gekommen, weil sie

exzellente „Changees“ sind, sondern da sie die

inhaltliche oder politische Dimension der pro-

jektbezogenen Aufgabenstellung beherrschen.

Auf der Prioritätenliste von Aktivitäten rutscht

dann Change Management schnell auf eine

nachrangige Position, die am späten Abend, auf

die Schnelle oder gar nicht erledigt wird. Ent-

schuldigungen für diese Vernachlässigung sind

mittels hohem Engagement bei den sonstigen

Projektaufgaben leicht zu finden. Immerhin bei

jedem dritten Veränderungsprojekt gibt es

definierte Ressourcen für Change Management

(34%) und bei jeder vierten Change Aufgabe

werden die mit ihr betrauten Mitarbeiter dafür

sogar (zumindest teilweise) freigestellt (25%).

Die Alternative zum „Job Enrichment“ der

Projektleitung bzw. anderer Projektmitarbeiter

ist der additive Einsatz von externen Experten

(51%) bzw. internen Spezialisten (41%). Letztere

werden in Unternehmen auch als „Change

Agents“ oder ähnlich bezeichnet. Bei immerhin

jedem zweiten Veränderungsprozess wird damit

auf externe Unterstützung zurückgegriffen; nicht

immer in einer tragenden Rolle (siehe „Akteure

im Change Management“), aber doch in einem

erheblichem Ausmaß. Die internen Spezialisten

sind überraschender Weise kein Gegenmodell

zu den externen Experten. In vielen Fällen

wurden beide Akteure parallel – interne Change-

Spezialisten plus externe Change-Berater –

eingesetzt. In der Umsetzungspraxis können

dadurch zum einen erhebliche Synergien realisiert

werden, zum anderen aber auch dogmatische

Grundsatzdiskussionen zwischen Experten das

Handeln lähmen. Zudem ist lediglich in jedem

neunten Unternehmen eine systematische Ko-

ordination und Synchronisation mittels eines

Change Agent Network zu konstatieren (11%).

Erneut ist die Bedeutung des Personalbereichs

eher gering (36%). Interne Konkurrenz erwach-

sen ihm in Form von eigenständigen Abteilun-

gen für Change Management, die in immerhin

22 Prozent der Unternehmen anzutreffen sind,

wobei die Bezeichnung Abteilung oft übertrieben

scheint, handelt es sich doch meist um wenige

Einzelkämpfer in Gruppen von fünf oder weni-

ger Mitarbeitern. Lediglich zwei Unternehmen

haben eine Change-Abteilung mit sechs bis zehn

Mitarbeitern und ein Unternehmen (DAX30 mit

gegenwärtig „gutem Lauf“) beschäftigt momentan

sogar dreißig Spezialisten für Veränderungs-

management.

Beim Ländervergleich ist die in Deutschland

stärkere Delegation an externe Berater (60% vs.

46%), interne Spezialisten (43% vs. 27%) bzw.

an eine Change Abteilung (32% vs. 9%) augen-

fällig (Abbildung 45). Hingegen bleibt Change

Management in Österreich wesentlich häufiger

eine Nebenaufgabe der Projektleitung (59%

vs. 49%) oder der Personalabteilung (46% vs.

38%). Die Aussagen zur Freistellung von

Ressourcen für die Gestaltung des Wandels

(„Aufgaben erweitern“, „definierte Ressourcen“,

„teilweise freigestellt“) sind hingegen wider-

sprüchlich. Wahrscheinlich liegt dies daran,

dass in den Unternehmen für die jeweilige

Projektsituation individuelle Lösungen zur

Organisation gefunden werden und kaum Nor-

mierungen bzw. Standards vorliegen. Diese

Vermutung wird bei Betrachtung der Ergebnisse

für die drei Größencluster (ohne Abbildung)

bestätigt, die eine erhebliche Varianz aufweisen.

Abb. 45: Die Organisation von Veränderungsthemen orientiert sich an den jeweiligen Erfordernissen

20% 40% 60% 80%0%

Change Management wird von der jeweiligenProjektleitung „mitgemacht“

Bei Change Management wird auf externe Experten zurückgegriffen

Projektmitarbeiter erweitern ihre fachlichenAufgaben um Change Management

Für Change Management gibt es interne Spezialisten, die permanent Projekte unterstützen

Change Management ist primär Aufgabe des Personalbereichs

Für Change Management gibt es bei Projekten definierte Ressourcen

Die mit Change Management Aufgaben betrauten Mitarbeiter

werden dafür (teilweise) freigestellt

Für Change Management gibt es eine eigenständige Abteilung

Spezialisierte Mitarbeiter sind in einem „Change Agent Network“

miteinander verbunden

59%49%

46%60%

36%53%

27%43%

46%38%

41%32%

9%32%

9%32%

14%

Aussagen zur Organisation von Veränderungsprozessen nach Ländern1

Cap Gemini Ernst & Young 2003

6%

■ = Österreich ■ = Deutschland 1Mehrfachnennung war möglich.

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 45

Page 46: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

46

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Zum Thema Organisation von Veränderungs-

prozessen konnten die Studienteilnehmer im

Fragebogen ihre eigenen Erfahrungen und

Einstellungen formulieren. Von dieser Möglich-

keit haben weit über die Hälfte der Befragten

intensiv Gebrauch gemacht. Organisatorische

Themenstellungen sind in mitteleuropäischen

Unternehmen eben von hohem Interesse. Im

wesentlichen wurden die Umsetzungsbarrieren

und Erfolgsfaktoren von Veränderungsprozes-

sen sowie deren Situationsbezogenheit („es

kommt darauf an“) artikuliert. Zudem wird der

normative Disput zwischen Autonomie („der

Kompetenz von Change Managern vertrauen“)

und Controlling („die Aktionen von Change

Management steuern“) deutlich. Schließlich

wurde mehrfach das Erfordernis von überzeug-

ten Entscheidern auf den oberen Ebenen an-

gemahnt („sonst dümpelt Change als Luxusgut

dahin“).

Einstellungen zum Change Management Controlling

Bereits in der HR-Strategiestudie von Wirtschafts-

woche und Cap Gemini Ernst & Young aus

dem Jahr 2002 ist beim Blick auf HR-Controlling

die große Lücke zwischen Anspruch und Wirk-

lichkeit deutlich geworden. Lediglich sechs von

hundert Unternehmen verfügten über mehr als

basale Kennzahlensysteme im Personalbereich.

Beim sicherlich noch schwieriger zu greifenden

Thema Change Controlling fallen Vision und

Realität ebenfalls weit auseinander. Denn einer

ökonomischen Legitimierung von Change Akti-

vitäten wird zwar eine hohe Bedeutung beige-

messen. Mit deren Umsetzung hapert es aller-

dings noch erheblich.

Aus einem Set von vier Formulierungen sollten

die Befragten die für ihr Unternehmen zutref-

fende Anforderung an die Begründung von

Change Management auswählen. Dabei unter-

scheiden sich die vier Statements in der „Schärfe“

ihrer quantifizierten Business Case Orientierung:

• „Auch Change Management muss sich an

ökonomischen Kriterien messen lassen, selbst

wenn die Nutzenseite nur teilweise quantifiziert

werden kann. Sämtliche Maßnahmen sind ein

Investment, dass sich am Ende des Tages rech-

nen muss“.

• „Eine messerscharfe Nutzenmessung ist bei

Change Management nur bedingt möglich.

Dennoch ist die Bestimmung von Nutzen und

Kosten ein wichtiger Aspekt bei der Begrün-

dung von Change Management Maßnahmen“.

• „Weiche Themen wie Change Management sind

einer validen Nutzenmessung nicht zugänglich,

da zu viele Aspekte dabei vage bleiben. Ein

Benefit Case für Change Management macht

deshalb wenig Sinn“.

• „In unserem Unternehmen sind die Entscheider

durch ihre Erfahrungen und Überzeugungen

vom Nutzen des Change Managements über-

zeugt. Eine quantitative Bestimmung ist

deshalb als Begründung nicht erforderlich“.

Die Messlatte für Change Management liegt sehr

hoch (Abbildung 46). Ein harter Business Case

(40%) oder zumindest eine ungefähre Bestimmung

von Kosten und Nutzen (39%) sind in den meis-

ten Unternehmen die Basis zur Begründung von

Change Management. Lediglich in zwölf Prozent

der Unternehmen wird die Möglichkeit eines

Business Case angezweifelt und in acht Prozent

der Unternehmen auf eine ökonomische Begrün-

dung für Change Management sogar verzichtet.

Besonders stark sind die Forderungen nach

einem harten Business Case in Österreich (55%)

und in L-Unternehmen (53%). Change Manage-

ment alleine begründet durch die Erfahrungen

und Überzeugungen der Entscheider scheint in

Österreich (0%) überhaupt nicht möglich (ohne

Abbildung).

Wie bereits zum Thema Organisation konnten

die Studienteilnehmer im Fragebogen ihre

Erfahrungen und Einstellungen zum Control-

ling von Veränderungsprozessen formulieren

und nutzten diese Möglichkeit ebenfalls rege.

Deutlich wurden aus diesen Statements sieben

Aspekte:

• Die Kosten von Change Management sind

um ein Vielfaches leichter zu messen als dessen

Nutzen und fallen zudem auf der Zeitachse

wesentlich früher an.

• Die Resultate beim Einsatz von und Verzicht

auf Change Management lassen sich ex ante

nicht vergleichen („welches Risiko wird einge-

gangen, wenn wir Change Management unter-

lassen?“).

• Change Management sollte bereits in frühen

Projektphasen nachvollziehbaren Nutzen

(„quick wins“) stiften und sich damit seine

Legitimation peu á peu erarbeiten.

• Die vorgeschlagenen Erfolgsparameter orien-

tieren sich am grundsätzlichen Projektergebnis

oder basieren auf subjektiven Einschätzungen

(OTACE – „on time and above customer´s

expectations“).

• Die Kosten der Nutzenmessung selbst (z.B.

durch Befragungen und Interviews) dürfen im

Change Management nicht unterschätzt wer-

den; manchem Manager scheint der Aufwand

hierfür sogar prinzipiell zu hoch.

• Eine direkte Wirkung von weichen Dimensio-

nen wie Mobilisierung und Kommunikation

sowie Motivation und Akzeptanz der Mitar-

beiter auf die im Unternehmen gewohnten Er-

gebnisgrößen wie ROI oder EBITA („bottom

line results“) wird auf breiter Front skeptisch

beurteilt.

• Ein Teil der Change-Experten sieht bereits in

der Frage nach Kosten und Nutzen von Change

Management eine Zumutung für ihre Arbeit.

Damit wird deutlich, dass Change vielerorts

Glaubenssache der handelnden Akteure bleibt.

Die bereits Überzeugten sehen im aktiven Ver-

änderungsmanagement einen entscheidenden

Erfolgsfaktor. Demgegenüber stehen die Skepti-

ker, die den Wandel auch ohne prozessuale Be-

gleitung durchziehen.

Methoden beim Change Management Controlling

Die „Denke“ ist im Controlling wichtig – ent-

scheidend sind die eingesetzten Methoden.

Wenn von der individuellen Auffassung abstra-

hiert wird und die Frage nach den tatsächlich

eingesetzten Verfahren der Kosten/Nutzen-

Messung im Change Management gestellt wird,

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 46

Page 47: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

47

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

zeigen sich viele zuvor artikulierte Glaubenssät-

ze rasch als Wunschdenken (Abbildung 47).

Ein eigenständiger Business Case (13%) wird

lediglich bei jedem achten Veränderungsprojekt

entwickelt. Die Berücksichtigung von Change

Management bei der Gesamtinvestition (48%)

findet zumindest bei jedem zweiten Anlass statt.

Zwei von fünf Veränderungen legitimieren Change

Management allerdings nicht durch einen Busi-

ness Case (39%).

Bei der vergleichenden Länderbetrachtung zeigt

sich ein besonders großer Widerspruch in Öster-

reich mit der Forderung nach einem Business

Case für Change Management einerseits bei

gleichzeitigem Verzicht darauf in der unterneh-

merischen Realität auf der anderen Seite (ohne

Abbildung). Auch in den XXL-Unternehmen ist

ein eigenständiger Business Case für Change

Management wesentlich seltener als in L-Unter-

nehmen (7% vs. 19%) (ohne Abbildung).

Nun ist der Business Case eine sicherlich nicht

immer und nicht überall gleichartig verstandene

Methode. Controlling bedeutet zudem mehr, in

diesem Falle den regelmäßigen Check der Zieler-

reichung inklusive möglichem Gegensteuern bei

Abweichungen. Aus diesem Grunde sollten die

Befragten ihre eingesetzten Verfahren des Change

Controllings in einer offenen Antwortkategorie

beschreiben. Die Anzahl der Antworten auf

dieses konkrete Nachfragen war deutlich spär-

licher oder sie beschränkten sich auf Einge-

ständnisse wie etwa „wir haben leider noch kein

systematisches Change Management Controlling“

oder „unser Change Management Controlling

ist gegenwärtig gerade in der Entwicklung“.

Zudem lassen einige der schlagwortartigen

Antworten („permanentes Projektcontrolling“,

„Return-of-Change Konzept“ bzw. „Balanced

Scorecard Ansatz“) die unterschiedlichsten Inter-

pretationen zum Reifegrad zu. Die noch am

häufigsten genannten Methoden des Change

Management Controlling sind Vorher/Nachher-

Befragungen von Zielgruppen sowie Feedback-

Interviews mit dem Auftraggeber für den

Veränderungsprozess. Insgesamt ist Veränderungs-

management derzeit weit davon entfernt, eine

überzeugende Argumentation zur eigenen Recht-

fertigung vorzulegen, die selbst einen anspruchs-

vollen CEO/CFO mittels monetärer Fakten

überzeugt. Wahrscheinlich ist Change Manage-

ment damit aber auch im Grundsatz hoffnungs-

los überfordert.

Abb. 46: Einer quantifizierten Bewertung von Change Aktivitäten wird eine hohe Bedeutung beigemessen

10% 20% 30% 40%0%

„Auch Change Management muss sich an ökonomischen Kriterien messen lassen, selbst

wenn die Nutzenseite nur teilweise quantifiziert werdenkann. Sämtliche Maßnahmen sind ein Investment,

dass sich am Ende des Tages rechnen muss“

„Eine messerscharfe Nutzenmessung ist bei Change Management nur bedingt möglich.

Dennoch ist die Bestimmung von Nutzen und Kosten ein wichtiger Aspekt bei der Begründung

von Change Management Maßnahmen“

„Weiche Themen wie Change Management sind einervaliden Nutzenmessung nicht zugänglich, da zu viele

Aspekte dabei vage bleiben. Ein Benefit Case fürChange Management macht deshalb wenig Sinn“

„In unserem Unternehmen sind die Entscheider durch ihre Erfahrungen und Überzeugungen

vom Nutzen des Change Managements überzeugt. Eine quantitative Bestimmung ist deshalb als Begrün-

dung nicht erforderlich“

40%

39%

12%

8%

Einstellung zu Kosten-/Nutzenmessung bei Change Management

Cap Gemini Ernst & Young 2003

50%

Abb. 47: Lediglich jedes achte Unternehmen bestimmt einen eigenständigenBusiness Case für Change Management

10% 20% 30% 40%0%

Eigenständiger Business Case für Change Management

Kosten-/Nutzenmessung für Change Management ist ein Element der Gesamtinvestition

Kein Business Case für Change Management

13%

48%

39%

Methoden der Kosten-/Nutzenmessung bei Change Management

Cap Gemini Ernst & Young 2003

50%

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 47

Page 48: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

48

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 48

Page 49: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Illusion der Bewegung?

Zwei von drei M&A-Projekten werden als

Misserfolg betrachtet. Es gibt immer häufiger

IT-Transformationen, die mit Blick auf den

ursprünglichen Zeitrahmen und das vereinbarte

Budgetlimit ausufern. Die Einführung neuer

Strategien, Organisationen und Prozesse wird

durch Verzögerungstaktiken der von Verlust-

ängsten irritierten Stakeholder aufgehalten oder

sogar gestoppt. Probleme bei Veränderungs-

prozessen begegnen uns auf Schritt und Tritt.

Zudem sind sie in wissenschaftlichen Untersu-

chungen manifestiert und in journalistischen

Enthüllungen dokumentiert. Manchmal sind

wir selbst dabei die Ursache, manchmal auch

die Leidtragenden und manchmal lediglich die

Beobachter von außen. Muss dies so sein?

Change ist nicht Warten, sondern Bewegung, ob

man dies nun will oder nicht. In der betrieb-

lichen Gegenwart reiht sich eine Veränderung

an die nächste. Es geht immer weiter und weiter

und weiter! Veränderungen in Unternehmen

besitzen typische Verlaufsmuster: Die Fahrzeuge

sind meist nicht bequem und sicher, ihre Fahrer

manchmal viel zu rasant und ohne Blick nach

links oder rechts, die Strecken oft mit Schlag-

löchern gespickt und einer Kurve nach der an-

deren, die Destinationen nur manchmal bereits

auf den ersten Blick verlockend. Zudem ist vom

Ticket für die Rückreise bereits bei der Abfahrt

keine Rede mehr. Veränderungen im Unterneh-

men werden niemals wie eine Hochzeitsreise in

die Südsee sein. Change Prozesse nerven und

hakeln, sie sind sperrig und träge, vergeuden Zeit

und Geld. Reformen können ganz schön weh

tun. Dies ist so. Wer anderes behauptet, ist ent-

weder grenzenloser Optimist oder esoterischer

Scharlatan.

Von Köchen und Dirigenten

Was aber möglich ist, sind Veränderungsprozesse

zu vermenschlichen. Sie werden dadurch nicht

teurer oder langsamer – im Gegenteil. Patent-

rezepte hierfür gibt es viele, hilfreiche Kochbücher

tatsächlich einige und Meisterköche sind auch

zu finden. Die meisten von ihnen sind Verfechter

von situativen Ansätzen: „Es kommt darauf an!“

Auf die Zutaten, auf die Gewürze, aber auch auf

den Koch selbst und seine Gäste. Ihnen soll es

schmecken!

Professionelles Change Management ist daher

wie die Zubereitung eines guten Abendessens.

Der Wandel schmeckt einfach besser, stößt nicht

auf und liegt leichter verdaulich im Magen.

Zudem gilt auch bei Change Management: Es

muss nicht immer gleich der drei Sterne Koch

sein. Lediglich in zwei entscheidenden Punkten

unterscheidet sich das Ergebnis nicht vom

einfachem Fastfood an der Ecke. Mit Change

Management dauert eine Veränderung – gemes-

sen am Zeitpunkt des Mitgehens und Mitziehens

bei den von der neuen Realität Betroffenen –

nicht länger, eher kürzer.

Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008

49

10. Es geht immer weiter und weiter und weiter ...

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 49

Page 50: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

50

Change Management 2003/2008 Veränderungen erfolgreich gestalten

Wenn man ehrlich ist und die nachträglichen

Friktionen von Veränderungsprozessen einrech-

net, was aber allzu oft auf anderen Kostenstellen

landet, ist die Schlussrechnung ebenfalls nicht

teurer. Gerade dieser zweite Aspekt („total costs

of change processes“) wird bei Entscheidungs-

prozessen gerne übersehen. Manchmal mag dies

aber auch gut sein, würden ansonsten durchaus

sinnvolle Veränderungen bereits wegen der im

Vorfeld quantifizierten Kosten abgeblasen.

Wie aus dieser Studie mehr als deutlich wird, ist

Change Management das, was daraus gemacht

wird. Das Thema wird auf die unterschiedlichste

Weise definiert. Die Designs dienen weniger als

Blaupause und Vorlage und viel mehr als Stein-

bruch und Anregung. Die Methoden erfordern

keine technische Perfektion, sondern engagierte

und motivierte Akteure. Change Management

bedeutet die „Komposition“ einer stimmigen

Melodie, die „Orchestrierung“ mit passenden In-

strumenten und das „Dirigieren“ der geeigneten

Musiker.

Positive Bilder der Zukunft entwickeln

Zugegeben: Jeder sehnt sich nach Phasen der

Ruhe, Augenblicken des Festhaltens, Zeiten

ohne Veränderung. Dagegen ist gar nichts ein-

zuwenden. An der grundsätzlichen Bewegung

sozialer Systeme wird dieser verständliche

Wunsch jedoch kaum etwas ändern. Beim ehr-

lichen Blick zurück in die Vergangenheit der

eigenen Biographie, der seines Unternehmens

und seiner Gesellschaft kommen aber auch die

dunklen Stellen in Erinnerung, weshalb die

Veränderung damals gewollt war oder erzwun-

gen wurde. Sie war richtig und bleibt richtig.

Dies wird in der Hektik des Geschehens, der

Widersprüchlichkeit von Argumenten und der

Vielfalt der Stimmungen allzu rasch vernachläs-

sigt. Zur vielleicht wichtigsten Aufgabe bei

Veränderungsprozessen wird es deswegen, ein

positives Bild einer besseren Zukunft zu ent-

wickeln und am Leben zu erhalten. Auch dies

wird allzu schnell vergessen, wenn „das Ge-

wohnte doch nicht so schlecht“, der „Change

unendlich mühsam erscheint“ und „das Tal der

Tränen erreicht ist“. Es gibt tausend Gründe,

etwas nicht zu tun oder das Begonnene ab-

zubrechen. Angenehme Bilder einer besseren

Zukunft sind ein starkes Mittel dagegen.

Literatur

• Cap Gemini Ernst & Young /

Wirtschaftswoche, Human Resources

Management 2002/2005 (Broschüre),

Berlin, 2002

• Doppler, K. / Lauterburg, C.,

Change Management, Frankfurt, 2002 (10)

• Lewin, K., Field Theory in Social Science,

New York (1951)

• Luhmann, N., Soziale Systeme,

Frankfurt, 1984

• Kotter, J.P., Leading Change:

Why Transformation Efforts Fail, Harvard

Business Review (1995/2: 59-67)

• Mintzberg, H., Strategy Safari, Wien, 1999

• Sandner, K. (Hrsg.), Politische Prozesse in

Unternehmen, Heidelberg 1992 (2)

• Senge, P., The Fifth Discipline,

New York (1990)

• Weick, K.E., Sensemaking in Organizations,

Thousand Oaks, 1995

• Weinert, A.B., Organisationspsychologie,

Weinheim, 1998 (4)

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 50

Page 51: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 51

Page 52: Change Management Studie - fbi.h-da.de · PDF file1. Change Management hat Konjunktur Seite 4 2. Rahmenbedingungen der Studie Seite 7 3. Stellenwert von Change Management Seite 12

© C

ap G

emin

i Ern

st &

You

ng 0

3-00

XX

DeutschlandBerlinTel. +49-(0)30/88 70 30

DresdenTel. +49-(0)3 51/47 8130

DüsseldorfTel. +49-(0)2 11/47 06 80

EssenTel. +49-(0)2 01/81 62-0

Frankfurt/SulzbachTel. +49-(0)6196/99 90

HamburgTel. +49-(0)40/25 31 80

HannoverTel. +49-(0)511/678 20

KölnTel. +49-(0)2 21/912 64 40

MünchenTel. +49-(0)89/940 00

RüsselsheimTel. +49-(0)6142/603 40

Stuttgart Tel. +49-(0)7 11/50 50 50

WalldorfTel. +49-(0)62 27/73 39 00

www.de.cgey.com

ÖsterreichWienTel. +43-(0)1/2116 30

www.at.cgey.com

SchweizLausanneTel. +41-(0)21/620 71 00

ZürichTel. +41-(0)1/560 24 00

www.ch.cgey.com

PolenWarschauTel. +48-(0)22/528 75 00

www.pl.cgey.com

SlowakeiBratislawaTel. +421-(0)2/444 556 78

TschechienPragTel. +420-(2)/24 50 52 70

Cap Gemini Ernst & YoungRegion: Central Europe

Neues Kranzler EckKurfürstendamm 21D-10719 BerlinTel. +49-(0) 30/8 87 03-0Fax +49-(0) 30/8 87 03-111

Cap Gemini Ernst & Young Österreich

Aspernbrückengasse 2 A -1020 WienTel. +43-(0)1/2116 30Fax +43-(0)1/2 11 63-50 00

Cap Gemini Ernst & Young Schweiz

World Trade CenterLeutschenbachstrasse 95CH-8050 ZürichTel. +41-(0)1/5 60 24 00Fax +41-(0)1/5 60 25 00

www.cgey.com

Change Management_Studie 05.11.2003 16:36 Uhr Seite 52