Chaostheorie

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Chaos

"Chaos: Irreguläre Bewegungsabläufe, die aus vorher bestimmenden Differentialgleichungen abgeleitetwerden. Im Gegensatz zum strengvorhersagbaren Bewegungsablauf wird dieses Verhalten durch nichtlineare Terme in den Bewegungsgleichungen verursacht." (Duden)

Das streng mechanistisch denkende Newtonsche Weltbild geht davon aus, daß allephysikalischenPhänomene in mathematischen Relationen erfaßt werden können, d.h. daß alle Prozesse mit derHilfe von Formeln beschreib-, erklär- und voraussagbar sind.Es gibt aber Prozesse, die diesem Weltbild nicht entsprechen und eine Eigendynamikentwickeln, welche scheinbar ohne jegliche Ordnung konstituiert zu sein scheint. DieChaostheorie versucht zu beschreiben, wann ein System chaotisch wird, das zuvordeterministisch gewesen ist. Es ist wichtig zu erwähnen, daß die Chaostheorie sich mit demsogenannten deterministisches Chaos beschäftigt. Es wird später noch auf diesen Begriffeinzugehen sein.

I. Das Pendel

Die Gleichungen, die die Bewegungen eines Pendels beschreiben, sind einfach und lassen sich inder Praxis nachweisbar als richtig bestätigen. Entscheidend bei der Pendelbewegung ist dieGravitation. Wenn man nun andere Kräfte einführt, wie etwa durch zwei Magnete, die unter dieAusschwenkpunkte der Pendelbewegung gesetzt werden ( beide ziehen das Pendel zu sich), soist ein interessante Sache zu beobachten:Läßt man das Pendel ab einem bestimmten Punkt ausschwenken, so vollzieht es zahlreicheund scheinbar zufällige Bewegungen, bis es schließlich bei einen der Magneten zum Stillstandkommt. Wiederholt man diesen Prozeß, so ist festzustellen, daß der Bewegungsablauf sich völliganders gestaltet und daß das Pendel unter Umständen beim anderen Magneten zu Ruhe kommt.Selbst wenn man dieses Experiment in einem Rechner simuliert, wo nur die Formeln für dieGravitation und die Magnetfelder der zwei Magnete (und natürlich das Pendel) berücksichtigtwerden, und nicht mögliche Störgrößen wie etwa Luftturbulenzen, kommt man zum gleichenerstaunlichen Ergebnis. Analysiert man die verschiedenen Bewegungsabläufe, indem man z.B.die Laufbahnen je nach Magneten eine andere Farbe zuweist, so ist festzustellen, daß imAnfangspunkt geringste Abweichungen zu einem ganz anderen Bewegungsablauf führen.Vergrößert man den Ausschnitt des Anfangspunktes, so differenzieren sich immer weiter diepotentiellen Laufbahnen. Das kann man auf einer Art Matrix graphisch darstellen. Dieverschiedenfarbigen Felder können wiederum vergrößert und ausdifferenziert werden. Startetdas Pendel von einem Feld mit einer bestimmten Farbe, so hält es beim entsprechendenMagneten an. Wird das Pendel jedoch um ein minimales Maß von der Ausgangspositionverschoben, so kann nicht mit hundertprozentiger Sicherheit vorausgesagt werden, wo dasPendel halten wird. Mit Hilfe der Stochastik läßt sich die Wahrscheinlichkeit berechnen.In diesem Zusammenhang muß der Zusatz des deterministischen Chaos erklärt werden. Aus demBeispiel mit dem Pendel wird ersichtlich, daß alle Faktoren in Form von mathematischenRelationen berücksichtigt waren, d.h. daß die Naturgesetze ihre Gültigkeit in dieser Situationnicht verloren haben. Das chaotische ist in einer Dynamik enthalten, die ansatzweise obenbeschrieben worden ist und die anhand eines weiteren Beispiels genauer betrachtet werden

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wird.Eine weitere interessante Beobachtung ist, daß ein System nicht notwendig komplex sein muß,um chaotisch zu sein bzw. zu werden. Erstaunlich ist, daß die Formeln, die für das obigeExperiment in den Rechner eingegeben worden sind, relativ einfach sind (vor allem handelt essich um wenige Variablen, die in Interdependenz stehen.), also ganz anders, als etwa im Fall dermeteorologischen Prozesse (Wetter), die sehr komplex sind. Das Wetter ist höchstwahrscheinlichdas bekannteste chaotische Phänomen, und die hypothetische Qualität der Wettervorhersageverdeutlicht dies in besonderer Weise. Sprichwörtlich ist schon der Schmetterling, der mitseinem Flügelschlag einen Hurrikan am anderen Ende der Welt verursacht, ein deutliches Bildfür die Tatsache, daß innerhalb eines chaotischen Systems die kleinsten Abweichungen in denAnfangsbedingungen große und unvorhersehbare Wirkungen zeitigen.

II. Turbulente Strömungen

Es existieren auch Prozesse in der Natur, die von einem geordneten in einen chaotischenZustand fallen. Dazu zählen auch turbulente Strömungen. Zentrale Fragestellung hierbei ist denBereich aufzudecken, in dem die Prozesse von Ordnung in chaotische Zustände kippen und diemöglichen Ursachen dafür. Einfaches Beispiel ist der aufsteigende Rauch einer Zigarette.Zunächst ist die Bewegung linear, dann, urplötzlich, wird die Strömung turbulent und es istnicht mehr an eine Berechnung einer Flugbahn eines Rauchteilchens zu denken.In der Luftfahrt zum Beispiel spielen Luftturbulenzen eine entscheidende Rolle bei Abstürzen,und auch heute ist nicht völlig geklärt, wann die Luftmassen in ein chaotischen Zustand geraten.

III. Logistische Gleichung: das Chaos in der Populationsentwicklung

Wie schon bereits gesagt worden ist, ist für die Entstehung eines chaotischen Zustands keineKomplexität der betroffenen Systemen notwendig. Die verdeutlicht insbesondere diesogenannte logistische Gleichung, die die Entwicklung einer Population in einem eingrenzbarenTerritorium berechnen kann.Die Gleichung lautet: yn+1=a x yn(1-yn)Es wird jeweils die nächste Generation einer Population in Bezug auf die vorige (Folge)errechnet, wobei a den Vergrößerungsfaktor bezeichnet. Der Term in der Klammer trägt derTatsache Rechnung, daß das Siedlungsgebiet begrenzt ist, so daß der Wachstum zurückgeht,sobald die Kapazitäten überschritten worden sind, die das Territorium fassen kann.Geht man von einem Anfangswert 0.3 und a= 1.5 aus, so tendiert das Ergebnis zu einemkonstanten Wert, der auch gehalten wird. Erhöht man den Wert für a auf 2.9, so zeigt sich nachanfänglichen Schwankungen gleichfalls die Entwicklung zu einer Konstante hin. Wählt manhingegen a=3, so zeigt die Verlaufskurve eine Periodizität zwischen zwei Werten, um dann, beia>3.79, schließlich chaotisch zu werden.Verändert man nun a um eine sehr kleinen Wert, so hat dies gewaltige Auswirkungen auf denVerlauf der Kurve.Wenn ein System schon von der geordneten in die chaotische Bewegung umschlagen kann unddamit unkontrollierbar und unvorhersehbar wird, dann stellt sich die Frage, ob es wenigstenseine Art von Vorwarnung gibt, die diesen Sprung ins Chaos anzeigt.Eine Augenfälligkeit, die auch schon bei den bereits beschriebenen Phänomenen anzutreffenwar, ist die Tatsache, das einige Systeme zunächst periodisch werden, ihre Frequenz dannsteigern, bis sie schließlich ins Chaos gleiten. Wenn man die Tropfen eines lecken Wasserhahnesbeschreibt, so fällt zunächst die Periodizität auf, d.h. die Tropfen fallen mit einer bestimmten

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Frequenz herunter. Öffnet man den Wasserhahn weiter, so wird bald die Tropfenabfolgechaotisch, wobei aber zunächst eine Frequenzverdoppelung eintritt, also ein Hinweis auf daskommende Umkippen in einen chaotischen Zustand.Dies ist auch in einem anderen Experiment zu beobachten. Hierbei schwingt ein Metallstreifenzwischen zwei Elektromagneten hin und her. Dies wird durch das Ein- und Ausschalten derMagneten verursacht. Verstärkt man die Magnetfelder, so wird die Bewegung ab einen gewissenWert chaotisch, aber genau wie im vorigen Beispiel gibt es einen Bereich, in dem sich dieFrequenz verdoppelt, bevor das System chaotisch wird.Ein weiteres Augenmerk eines Umkippens ist im anfänglichen Wechsel zwischen geordnetenund chaotischen Zustände innerhalb eines Systems. Dieses Phänomen ist etwa aus der Medizinbekannt, wie etwa das Herzflimmern, das manchmal ein Herzversagen vorankündigt.Viele Prozesse in der Natur zeigen chaotische Zustände auf. Neurophysiologen etwa versuchendie Arbeitsweise des Gehirnes auch dadurch zu entschlüsseln, daß sie die Erkenntnisse aus derChaosforschung heranziehen. Sicher ist, daß das Phänomen Chaos zu einem neuen Verständnisder Naturwissenschaft und allgemein zu einem neuen Weltbild beigetragen hat.

Ibrahim Mazari