chilli – Freizeit & Festival Spezial

22
FLÜCHTLINGE „Keine Familie, kein Leben“ MÜLLWERKER Herdern ist das Psychodrom FESTIVALS Was da wieder los ist SC FREIBURG Streich und Schuster vor der neuen Saison Ausgabe Juli/August 12. Jahrgang / #111 Was da wieder los ist: Termine & Partys 18.07. – 31.08.15 Ausgabe 07-08/15 2,50 Euro »MADE IN SÜDBADEN« Viele heimische Streifen auf dem 12. Freiburger Filmfest mit WIRTSCHAFTS- MAGAZIN biB

description

Ausgabe Juli/August 2015

Transcript of chilli – Freizeit & Festival Spezial

Page 1: chilli – Freizeit & Festival Spezial

FLÜCHTLINGE„Keine Familie,

kein Leben“

MÜLLWERKERHerdern ist das

Psychodrom

FESTIVALS Was da wieder

los ist

SC FREIBURGStreich und Schuster vor der neuen Saison

Ausgabe Juli/August 12. Jahrgang / #111

Was da wieder los ist: Termine & Partys 18.07. – 31.08.15

Aus

gabe

07-0

8/15

2,50

Eu

ro

»MAdE IN SÜdBAdEN«Viele heimische Streifen auf dem 12. Freiburger Filmfest

mitWIRTSCHAFTS-

MAGAzINbiB

Page 2: chilli – Freizeit & Festival Spezial

SpeCIaL Festivalguide

75 CHILLI Juli/August 2015

5 A n z e i g e

Thank you for the musicIm Dreiländereck hat der Festivalsommer begonnen

W ir wollen es laut, wir wollen es heiß, wir wollen es draußen! Stickige Clubs kann man im Som-mer getrost vergessen, denn die Party verla-

gert sich in den lauen Nächten unter den freien Himmel. Die Bandbreite im Dreiländereck ist riesig: Mal nach Basel düsen, um Schweizer Bands auf dem Rhein spielen zu hören? In Col-mar Superstars wie David Guetta live erleben? Oder doch lie-ber in Emmendingen afrikanischen Klängen lauschen?Doch warum in die Ferne schweifen, wenn die guten Festi-vals liegen so nah? Der Freiburger Münstersommer ver-eint gleich 16 verschiedene Feste. Nicht nur musikalisch wird hier einiges geboten, auch in Sachen Literatur, Thea-ter, Zirkus und Film schöpft die südbadische Hauptstadt aus den Vollen.Filme unterm Sternenhimmel zeigt diesen Sommer nicht nur Freiburg, auch in der Ortenau, in Weil am Rhein und Rheinfelden sind aktuelle Kinohits und unvergessene Klas-siker zu sehen. Open-Air-Vergnügen vom Feinsten! Tanja BruckertFo

to: ©

Mat

hias

Ost

i

Page 3: chilli – Freizeit & Festival Spezial

SpeCIaL Festivalguide

Juli/August 2015 CHILLI 74

Zeltival

Was das ZMF in Freiburg, ist das Zeltival in Karlsruhe. Das Konzept ist ähnlich: große Zelte, tolle Konzerte und ein Musikmix, bei dem jeder etwas für seinen Ge-schmack findet – sei es Jazz, Blues, Elektronik oder doch lieber Ukulelenmusik.Eröffnet wird das Festival von Bläser Fred Wesley mit seinen geschmeidigen Funk-Grooves. Weitere bekannte Namen folgen wie Götz Alsmann (16. Juli), DJ Shantel mit seinem Bucovina Club (20. Juli), Willy Astor (30. Juli), Tocotronic (1. August) oder Leslie Clio (7. August). Und auch einiges abseits des Mainstreams ist zu finden, wie singende Vintage-Damen (The Puppini Sisters, 11.7.), ein Ukulelenorchester (The Ukulele Orchestra of Great Bri-tain, 13.7.) oder eine Dreiecksgeschichte zwischen Män-nern mit Schleuderbrettern (Cirque Inextremiste, 11.8.).

Wir verlosen 2x2 Tickets für Leslie Clio Schickt eine E-Mail an: [email protected]

Im Fluss

Auf dem Rhein schwimmt in der Abenddämmerung ein Floß, bunt angeleuchtet, Nebel wabert über seine Ränder hinweg. Auf ihm steht eine Band und heizt dem Publikum, das sich am Rheinufer versammelt hat, mächtig ein.Basels Floß-Festival begeistert mit einer beeindrucken-den Kulisse und ausgewählten Bands. Ganz große Na-men sind nicht zu finden, dafür einige Schweizer Bands, die zu entdecken sich lohnt: King Legba & The Loas (29. Juli), die mit rauem Rock’n’Roll überzeugen, oder Nicole Bernegger (15. August), die Frau mit der mächtigen Soul-Stimme. Ergänzt wird das Line-up mit einigen internationalen Künstlern wie Yasmine Hamdan (28. Juli), Ikone der arabischen Underground-Szene, der neuseeländischen Reggae-Band Katchafire (4. August) oder den leicht ver-rückt anmutenden dänischen Rhytm&Blues-Musikern von Jordans Drive (14. August).

Von David Guetta bis Asaf Avidan Rock, Pop und Elektro in der Region

In Frankreich oder der Schweiz, am See oder auf dem Fluss, vom Plattenteller oder mit Live-Bands – nie ist es so schön, im Dreiländereck zu woh-

nen, wie in der Festivalzeit. Während manche Festi-

vals mit großen Namen locken, stehen andere für intime Konzerte in lauschiger Atmosphäre oder ein-fach für eine tolle Partystimmung. Für welche Festi-vals es sich lohnt, in den Zug oder ins Auto zu steigen.

Wann? 9. Juli – 12. August

Wo? Tollhaus KarlsruheWann? 28. Juli – 15. August

Wo? Rheinufer, Basel

Foto

: © C

hris

dan

neffe

l, Roc

k am

see

Page 4: chilli – Freizeit & Festival Spezial

Wann? 31. Juli – 2. August

Wo? Festplatz Seebronn

73 CHILLI Juli/August 2015

SpeCIaL Festivalguide

Foto

: © Fo

ire a

ux v

ins

African Music Festival

Bereits zum 15. Mal ertönen auf dem Emmendinger Schloss-platz afrikanische Klänge. „Farbe bekennen“ ist das Motto der aktuellen Auflage – Farbe bekennen zur Hautfarbe, zur Musik, zu Traditionen und Lebensweisen, Farbe bekennen zum Andersdenken und Anderssein. Denn beim African Music Festival geht es nun mal um mehr als die Musik. Und so stehen nicht nur tolle Musiker, sondern auch besondere Menschen auf der Bühne. Künstler, die einfach ihr Programm abspulen – das gibt es hier nicht. „Viele Künstler, die bereits bei uns waren, empfehlen uns wegen der familiären Atmo-sphäre weiter“, weiß Festivalgründer Raphael Kofi Bentum. „Sie fühlen sich bei uns als Teil des Festivals und kommen nicht hierher, um zu spielen und gleich wieder zu gehen.“Wie immer steht jeder Festivalabend unter einem eigenen Thema: Am Freitag bringen Soul-Family, Wally Warning und Septeto Santiaguero Salsa- und Latinsounds auf die Bühne. Der Samstag steht im Zeichen des Raggae, mit Complet’ Mandingue, Macka B und Anthony B. Sonntag folgt Welt-musik von Forét Sacrée, Äl Jawala und den Mahotella Queens.

Wir verlosen je 2 x 2 Tickets für den Salsa- und den Weltmusik-Abend. Schickt eine E-Mail an: [email protected]

Rock of Ages

Familienfreundliches Rockkonzert: Das scheint ein Widerspruch in sich zu sein. Doch das Rock-of-Ages-Festival zeigt seit zehn Jahren, wie gut das funktioniert. Unter dem Motto „Das Beste vom Besten“ findet das Festival erstmals an drei Tagen statt. Jeder Tag steht unter einem eigenen Motto: Freitag ist Party-Tag, Samstag wird gerockt, Sonntag ist Legenden-Abend.Los geht’s Freitag mit der Crossover-Show „Rock meets Clas-sic“. Rocklegenden wie Ian Gillen von Deep Purple oder Rick Parfitt von Status Quo kombinieren, unterstützt von einem Orchester, Rock-Hits mit gefühlvoller Klassik. Headliner am Samstag ist der ehemalige Scorpions- und U.F.O.-Gitarrist Michael Shenker mit seinem Temple of Rock feat. Graham Bonnet. Der Sonntag startet mit einem kostenlosen Rah-menprogramm – auch für Kinder –, bevor Manfred Mann mit seiner Earth Band, Uriah Heep und The Hooters den Rock der 60er bis 80er Jahre wieder aufleben lassen.

Tension Festival

Lieber Open-Air-Festival oder doch Clubatmosphäre? Beim Tension Festival braucht sich niemand zu entscheiden. Von zwölf bis Mitternacht wird unter freiem Himmel gefei-ert, dann zieht das größte elektronische Musikfestival in der Nordschweiz in die Clubs Nordstern, Hinterhof und Garage um. Auf dem Programm steht drinnen und drau-ßen Deep House, House und Techno.Open Air sorgen Nina Kraviz, Dennis Ferrer, Claptone oder Karotte für Stimmung. Im Hinterhof werden die Berline-rin Anja Schneider und Rodriguez jr. an den Plattentellern stehen. Im Nordstern legen Martin Buttrich und Butch auf und in der Garage Monkey Safari sowie Kellerkind.

Wir verlosen je 2 x 2 Tickets für das Festival Schickt eine E-Mail an: [email protected]

Foire aux Vins

Fünf Gründe, warum man die Foire aux Vins nicht verpassen sollte: 1. Weil es kein anderes Weinfest gibt, bei dem Rock, Pop und HipHop auf dem Programm stehen. 2. David Guetta am 9. August. Love Don’t Let Me Go, Sexy Bitch, Little Bad Girl, Dangerous – hat der französische Superstar eigentlich einen einzigen Song, der einen nicht vom Stuhl reißt? 3. Weil Rap aus Frankreich einfach immer noch der Beste ist. Den Beweis lie-fert Black M am 16. August mit seinem Mix aus HipHop, R’n’B und perfekten Beats. 3. Schon mal einen 90-Jährigen getrof-fen, der von sich selbst sagt, er sei ja „erst 90“? Die Gelegenheit gibt’s am 7. August beim Chanson-Sänger Charles Aznavour. 4. Weil das Line-up direkt aus den Charts zu stammen scheint: Lilly Wood & The Prick, Asaf Avidan, Steve Aoki 5. Die Mi-schung macht’s. Die Konzerte sind für Jung und Alt gleichermaßen spannend. Da trifft etwa am 13. August Alt-Rocker Iggy Pop auf die amerikanisch-irische Band Dropkick Murphys oder am 11. August der 1961 geborene Sänger Florent Pagny auf den jungen elsässischen Flo.

Wir verlosen 2 x 2 Tickets für David Guetta Schickt eine E-Mail an: [email protected]

Wann? 31. Juli – 2. August

Wo? Schlossplatz EmmendingenWann? 1. August

Wo? St. Jakobareal Basel

Wann? 7. – 16. August

Wo? Parc Expo Colmar

Foto: © tension Festival

Foto

: © R

ock

of a

ges

Page 5: chilli – Freizeit & Festival Spezial

Open Air Basel

Das Open Air Basel macht es wie beim Kindergeburtstag: Für jedes Jahr darf ein Gast eingeladen werden. Sechs Jahre alt wird das beliebte Basler Stadtfest in diesem Jahr, und da-her werden auch sechs Bands die Bühne auf dem charman-ten Kasernenareal bespielen.In diesem Jahr sind bekannte, aber keine ganz großen Ge-burtstagsgäste dabei. Wichtiger ist den Festivalmachern die Mischung aus intimen Musikmomenten und tanzwütigen Stimmungskanonen. Und diese Mischung ist ihnen defini-tiv gelungen.Am Freitag rocken Little Dragon, The Notwist und die Mark Lanegan Band die Bühne. Die schwedische Synthpopband Little Dragon mischt gekonnt R&B, Electro und Dance-sounds. The Notwist weiß ebenfalls mit verschiedenen Ein-flüssen zu spielen: Komplexe Rhythmen, maschinelle Töne und handgemachte Melodien vermischt das bayerische Quintett zu einer spannenden Klangcollage.Samstag wird Basel dann zum Inselstaat: SOHN, Michael Ki-wanuka und Maribou State Live bringen den UK-Sound in die Schweiz. Der Londoner SOHN, der mittlerweile in Wien lebt, berührt mit seiner eindringlichen Stimme und seinen Synthsounds. Michael Kiwanuka bringt mit seinem Soul der Siebziger dann etwas Ruhe in den Abend, bevor Maribou State mit ihrem elektronischen Dancefloorsound nochmal richtig zum Tanzen einladen.

Rock am See

Das Warten hat ein Ende: Nach einer einjährigen Pause meldet sich das Open-Air-Festival „Rock am See“ wieder zurück. Und das mit einem Line-up, das sich sehen lassen kann: Die mehrfachen Grammy- und Brit-Awards-Gewin-ner Kings of Leon werden am Bodensee ihr einziges Deutschlandkonzert in diesem Jahr geben. Die Broilers rei-sen mit ihrem Nummer-Eins-Album „NOIR“ im Gepäck an. Mando Diao, die bereits als Schwedens beste Live-Band ausgezeichnet wurden, treten in neuer Besetzung auf. Der britische Singer-Songwriter Frank Turner macht mit seiner Band „The Sleeping Souls“ einen Stopp bei Rock am See. Und die Punkrockband Itchy Poopzkid wird – wie nicht an-ders von ihr gewohnt – die Bühne rocken.Zusammen mit dem britischen Sextett Skinny Lister und der deutschen Rockband Schmutzki werden die Bands ein zehnstündiges Musikprogramm für die erwarteten 20.000 Besucher hinlegen.

Wir verlosen 2 Fanpakete mit je zwei Tickets und DVDs der „Kings of Leon“ Schickt eine E-Mail an: [email protected]

Wann? 14. & 15. August

Wo? Kaserne Basel

Wann? 4. September

Wo? Bodenseestadion, Konstanz

Page 6: chilli – Freizeit & Festival Spezial

Wann? 13. – 25. Juli

Wo? Historisches Kaufhaus, Freiburg

71 CHILLI Juli/August 2015

Eine Stadt, ein Sommer, sechzehn FestivalsDer Freiburger Münstersommer 2015

D en Münsterorgeln lauschen, Filme unterm Sternenhimmel anschauen, mit Barockmusik in den Tag starten oder auf dem Kartoffel-

markt in Romanen schmökern – der Freiburger Müns-

tersommer vereint eine Vielzahl kultureller Aktionen. Bis zum 29. September zeigt die südbadische Haupt-stadt, was sie in Sachen Musik, Literatur, Film, Theater oder Zirkus so draufhat.

Sommernachts-Kino

Die erfolgreichste französische Komödie seit „ziemlich beste Freunde“: Monsieur Claude und seine Töchter (29. Juli, 11. August) // Bissige Sartire rund um einen frust-rierten Ex-Hollywoodstar: Birdman (1. August) // Wenn der Elternabend aus dem Ruder läuft: Frau Müller muss weg (4. August) // Nachdenkliche Culture-Clash-Komö-die über eine portugiesische Familie in Frankreich: Por-tugal, mon amour (9. August) // Deutsch-österreichi-scher Krimi mit viel schwarzem Humor: Das ewige Leben (16. August) // Klassiker aus dem Jahr 1959: Bett-geflüster (20. August) // Amerikanisches Geschichtsdra-ma über die Selma-nach-Montgomery-Märsche: Selma (24. August) // 18.000 Kilometer, 22 Länder, 365 Tage: Pe-dal the World (2. September) // Feinfühliges Künstler-porträt von William Turner: Mr. Turner – Meister des Lichts (4. September).

Foto

: © s

tädt

isch

e M

usee

n Fr

eibu

rg

SpeCIaL Festivalguide

Wann? 25. Juli, 18 – 1 Uhr

Wo? Städtische Museen, FreiburgWann? 1. – 31. August

Wo? Schwarzes Kloster, Freiburg

Museumsnacht

Nachts im Museum: Einmal im Jahr erwachen die Frei-burger Museen in der Dunkelheit zum Leben. Cartoo-nist Peter Gaymann wird im Museum für Neue Kunst zu Besuch sein, im Museum Natur und Mensch trifft Oper auf Rap, und im Archäologischen Museum Colom-bischlössle steht eine historische Fashion-Party auf dem Programm. Getanzt werden darf bis 2 Uhr nachts im Augustinermuseum.

Klavierfestival

Highlight für alle, die nicht selbst in die Tasten hauen wollen: das Pianofest mit Konzerten der Starpianisten Jura Margu-lis (13. Juli), Peter Donohoe (16. Juli) und Bernd Glemser (18. Juli).

Page 7: chilli – Freizeit & Festival Spezial

SpeCIaL Festivalguide

Juli/August 2015 CHILLI 70

Tamburi Mundi

Das Rahmentrommel-festival Tamburi Mundi startet am 1. August zum zehnten Mal. Leiter Murat Coskun (Bild) macht im Interview mit chilli-Re-dakteur Till Neumann eine Zeitreise: vom chaotischen Start vor zehn Jahren bis zum symbolträchtigen Eröffnungskonzert 2015.chilli: Murat Coskun, am 1. August geht’s los. Auf was freu-en Sie sich am meisten?Coskun: Ein Höhepunkt ist unser Eröffnungskonzert. Bei „Face to Face – Den Frieden trommeln“ spielen iranische und israelische Musiker gemeinsam. Auch sonst sind tolle Künstler dabei, zum Beispiel Glen Velis. Wir haben zwar keine Weltstars wie Sting, dafür aber deren Perkussionisten.chilli: Das Tamburi Mundi hat sich etabliert ...Coskun: Im ersten Jahr haben wir den Vorverkauf von zu Hause aus gemacht. Die vielen telefonischen Bestellun-gen konnten wir gar nicht abhören, da es dauernd klin-gelte. An den Kassen bildeten sich riesige Schlangen. Wir hatten nicht genug Karten gedruckt. Ich hätte damals nie gedacht, dass wir einmal Zehnjähriges feiern. chilli: Gibt’s einen Wunsch für die Zukunft?Coskun: Wachsen wollen wir nicht. Größe hat ja nichts mit Qualität zu tun. Der Kontakt zu den Leuten ist mir wichtig. Und ab einer gewissen Dimension hat man nicht mehr diesen Kontakt zu den Menschen. Wünschen würde ich mir spezielle Locations für ausgefallene Events. Das E-Werk passt gut, aber zum Beispiel für einen itali-enischen Festa-Abend wäre ein Klosterhof passender.

Wir verlosen 2x2 Tickets für Tamburi Mundi – Frame drum meets Flamenco Schickt eine E-Mail an: [email protected]

Wann? 1. – 9. August

Wo? E-Werk, FreiburgWann? 1. – 29. August, je 21.30 Uhr

Wo? Spechtpassage, Wilhelmstraße 15/1, Freiburg

Wann? 19. – 27. September

Wo? mehrere Orte, Freiburg

5 A n z e i g e n

Unter Sternen

Freiburgs Open-Air-Lesereihe hat mittlerweile Kultstatus erreicht. Warum auch nicht? Nach einem heißen Som-mertag in einem lauschigen Innenhof sitzen und spannen-den Geschichten lauschen – was für eine entspannte Art, den Tag ausklingen zu lassen. Einige Freiburger werden sich blicken lassen, wie Kai Weyand (1. August) und Peter W. Hermanns & Schroeder (15. August). An-dere kommen von weiter her, wie die Schweizer Poetry-Slammerin Hazel Brugger (14. August) oder Franz Dobler mit dem Krimi „Der Bulle im Zug“, für den es den Deutschen Krimipreis gab.

Wir verlosen je 2x2 Tickets für Hazel Brugger & Paul Bokowski Schickt eine E-Mail mit der Wunschlesung an: [email protected]

Jazzfestival

Für alle, die nicht an ei-nem Ort bleiben wollen: der traditionelle Minigip-fel (19. September, Gast-stätten im Stühlinger und Sedanviertel). Für alle, bei denen Jazz auch poppig sein darf: Le Bang Bang meets Martin Kälberer (23. September, Jazzhaus). Für alle, die keine Angst vor Cross Over haben: Bei Khalifé / Schumacher / Tristano (24. September, Jazzhaus) trifft arabische Musikkultur auf einen luxemburgischen Vibraphonisten und Techno am Pi-ano. Für alle, die südindischen Gesang mögen: Sarah Buechi (24. September, Gasthaus Schützen). Für alle, die sich freuen, wenn die ganz Großen nach Freiburg kommen: Brad Mehl-dau, Überflieger am Jazzpiano (26. September im E-Werk). Fo

tos:

© Yo

shi t

osca

ni, F

elix

gro

telo

h, Ja

n Ko

petz

ky, P

hoto

case

Page 8: chilli – Freizeit & Festival Spezial

69 CHILLI Juli/August 2015

T agelang im Matsch zelten, sich nur von Dosensup-pe und Bier ernähren und den Schlaf auf ein Mini-mum beschränken – was für viele junge Leute zu

einem gelungenen Festival dazugehört, ist für Familien ein Graus. Wie gut, dass die Region einige Events zu bieten hat, die vom Kleinkind über den Jugendlichen bis hin zu den Großeltern Spaß machen. Frei nach dem Motto: Der Kin-derwagen muss mit!

Konstanzer Seenachtsfest

65 Jahre ist ein beachtliches Alter für ein Fest. Dass es immer noch up to date ist, zeigen die ungebrochen hohen Besucherzahlen: Jahr für Jahr pilgern 40.000 Besucher an den Bodensee. Wo lässt es sich in heißen Sommernächten auch besser aushalten, als direkt am Ufer? Höhepunkt ist das Musikfeuerwerk über dem See, das in diesem Jahr mit Musik aus Agentenfilmen à la James Bond unter dem Motto „Top Secret“ steht.Doch schon am Mittag ist an der Uferpromenade ei-niges los: Livemusiker spielen, Gaukler und Artisten zeigen ihre Kunststücke, Wasserskifahrer sausen über die Wellen und auch Kindern wird mit Zauberstab-Werkstatt, Riesenseifenblasen oder Puppenbühne ei-niges geboten. Schön bummeln lässt es sich über den Seenachtsfest-Markt mit seinem Kunsthandwerk und den regionalen Waren.Natürlich darf auch das Tanzen nicht zu kurz kom-men: Das Partyvolk versammelt sich abends am ge-genüberliegenden Ufer bei der Party des Radiosender bigFM, wo sich die Plattenteller der DJs bis tief in die Nacht drehen.

Open Air im Park

„Zelt kann jeder, aber wir machen es mit vollem Risiko unter freiem Himmel“, zeigt sich Veranstalter Rolf Rubsa-men, Geschäftsführer der Kur und Bäder GmbH, zuver-sichtlich. Los geht’s am 18. und 19. Juli mit dem traditio-nellen Lichterfest und seinen 15.000 Lichtern sowie 1000 Bambuslaternen. Sonntag ist ab 15 Uhr Kinderparty, gegen 23 Uhr gibt es ein Feuerwerk.Musikalisch setzt Bad Krozingen auf den bewährten Mix aus Volksmusik, Klassik und Rock. Semino Rossi & Reiner Kirsten schlagern sich am 23. Juli in die Herzen der Zuhö-rer, Justus Frantz und die Philharmonie der Nationen le-gen am 29. Juli nach.Rock aus den 60er und 70er Jahren gibt es am 24. Juli von Barclay James Harvest feat. Les Holroyd und am 1. August von Manfred Mann’s Earth Band. Gespielt wird im lauschi-gen Kurpark unter Bäumen, die Zuschauer stehen bei den Konzerten höchstens zwölf Meter von der Bühne entfernt. Und ja, auch die Großeltern dürfen gerne mit: Das Rock-Publikum ist im Schnitt zwischen 40 und 70 Jahre alt.

Wir verlosen 2x2 Tickets für die Rockkonzerte Schickt eine E-Mail mit eurer Wunschband an: [email protected]

Mit Kind und KegelFestivals und Events für die ganze Familie

Wann? 8. August

Wo? Bodenseeufer, Konstanz

Wann? 18. Juli – 1. August

Wo? Kurpark, Bad Krozingen

Foto: © ursula leguin

Foto

: © M

Ps -

ges

ells

chaf

t für

Mar

ketin

g un

d Pr

esse

serv

ice

gm

bH,

Page 9: chilli – Freizeit & Festival Spezial

Wann? 29. & 30. August

Wo? Augusta Raurica

SpeCIaL Festivalguide

� Juli/August 2015 CHILLI 68

5 A n z e i g e

Römerfest

Bereits zum 20. Mal treffen sich Gladiatoren, Legionäre, Tänzer und Musikanten, Schmiede, Steinmetze und Korbflechter in den Ruinen von Augusta Raurica zum größten Römerfest der Schweiz. An mehr als 30 Statio-nen dürfen Kinder und Eltern selbst den Hammer schwingen, mit Ton experimentieren, Schilder bemalen

oder schmieden.

Sportlich geht’s beim Wagenrennen zu, wenn die Eltern als Zugpferde herhalten müssen und gegen andere Familien antreten. Auch die Workshops zur Archäolo-gie, zum antiken Tanz oder zum Musizieren gehören zu den Höhepunkten.Allerhand zu sehen gibt es natürlich ebenfalls, seien es die Marsch- und Kampfformationen der Legionäre, die Vorführungen der römischen Mode oder das Kampf-training in der Gladiatorenschule. Denn wer weiß schon, dass Murmillo, Secutor, Thraex oder Provacator

Kampfarten sind?Bei mehreren Konzerten kann man römi-

scher Musik und antiken Liedern lau-schen, die Instrumente wie die Wasserorgel oder das römische Horn wurden dafür genau rekons-

truiert. Zudem werden Homesto-ries aus dem Leben eines Haus-sklaven erzählt.

Wir verlosen 3x2 Karten Schickt eine E-Mail mit dem Betreff „Römerfest“ an: [email protected]

� 33

Foto: © susanne schenker, istockphoto.com

Page 10: chilli – Freizeit & Festival Spezial

67 CHILLI Juli/August 2015

SpeCIaL Festivalguide

5 A n z e i g e

Brauer-Silvester

Silvester im Oktober – das gibt es nur bei den Bierbrauern. Da wegen fehlender Kühlmöglichkeiten einst nur in den kal-ten Monaten gebraut werden durfte, en-det das Wirtschaftsjahr der Brauer im September, wenn das letzte Fass aus dem Keller geholt wurde. Los geht es dann wie-der im Oktober, wenn die Bauern Hopfen und Malz aus der neuen Ernte liefern.Die Brauerei Lasser besinnt sich auf diese alte Tradition und feiert ihr 165-jähriges Jubiläum dieses Jahr mit ei-nem Brauer-Silvesterfest. Höhepunkte des Partywo-chenendes sind die Oktoberfeste am Freitag- und Samstagabend. In der zünftig dekorierten Leerguthalle spielen „Die Wilderer“, sechs Vollblutmusiker aus dem Bayerischen Wald. Tolle Preise winken bei der Wahl zur Miss Dirndl oder zum Mister Tracht.Auch tagsüber wird bereits einiges geboten, und da sind Familien herzlich willkommen: Am Samstag tre-ten ab zehn Uhr mehrere Blasmusikkapellen auf – von

der badischen Guggemusik über bayerisch-bömische Blasmusik bis hin zur Marchingband. Auch eine Brass-band und voller Big Band Sound dürfen hier nicht feh-len. Während die kleinen Besucher von Clown Pat un-terhalten werden, können die Erwachsenen über den bayerischen Markt schlendern oder die Brauerei be-sichtigen.Ausklang ist dann am Sonntag von 11 bis 15 Uhr bei Frühschoppen und Mittagstisch. Auf der Karte stehen bayerische und badische Gerichte, für die musikalische Unterhaltung sorgen „Michael Maier und seine Blas-musikfreunde“.

Wann? 2. – 4. Oktober

Wo? Brauerei Lasser, Lörrach

Foto

: © B

raue

rei l

asse

r

Page 11: chilli – Freizeit & Festival Spezial

SpeCIaL Festivalguide

Juli/August 2015 CHILLI 66

12. Freiburger Filmfest

Zehn brandneue Filme werden hier unter Sternen vor-geführt: Und alle Filme sind hier vor ihrem Kinostart in der untertitelten Originalfassung zu sehen. Die Vorstel-lungen beginnen immer um 21.30 Uhr.Dabei sind die Gewinner des Goldenen und Silbernen Bären der Berlinale 2015: „Taxi Teheran“ (17.7.) und „45 Years“ (23.7.), ein meisterhafter Film über Sherlock Holmes, der im Alter auf sein Leben zurückblickt (21.7.) und der skandinavische Frauenpower-Film „HalloHallo“ (24.7.). Der Abschlussfilm (25.7.): „Boychoir“ mit Dustin Hofman. Infos: www.filmfest-freiburg.de

Sommerkinonächte Ortenau

An ausgesuchten Orten in Offenburg (Außengelände der Reithalle), Lahr (Urteilsplatz), Oberkirch (Stadtgar-ten) und Rheinau-Linx (World of Living) sind jeweils eine Woche lang nach Einbruch der Dämmerung die Kinohits der letzen 30 Monate zu sehen. Hier gibt es unter anderem ein Wiedersehen mit Frau Müller (13.8., Oberkirch), Monsieur Claude samt Töchtern und Schwiegersöhnen (26.7., Rheinau) und Madame Mallory (19.8., Lahr) sowie „Still Alice“ (30.7., Offenburg).Infos: http://projekte.bo.de/sommerkinonaechte/sommerkino2015

Kieswerk-Open-Air

Kinohits von 2014 und 2015 gibt es auf dem Gelände zwi-schen Dreiländergarten und Kieswerk in Weil am Rhein. Hier stehen auch Veranstaltungen mit Life-Musik und eine Kunstausstellung auf dem Programm. Die Filme beginnen um 21.30 Uhr.Das Festival startet mit dem bewegenden Demenz-Drama „Honig im Kopf“ (30.7.), hat mit „Selma“ (1.8.) einen der (lei-der hochaktuellen) großen Filme des Winters im Pro-gramm und eröffnet mit „Baden-Württemberg von oben“ (3.8.) neue Ländle-Perspektiven. Frau Müller und M. Claude sind auch mit von der Partie, ebenso wie die Beliers. Infos: www.kieswerk-open-air.de

Open Air Kino

In Rheinfelden/Schweiz ist bei der Feldschlösschen-Brauerei ein richtiges Freiluft-Kinodorf aufgebaut, in dem auch tagsüber etwas geboten ist. Die Filme beginnen um 21.30 Uhr, vorher gibt es Life-Musik – bei jedem Wetter außer Sturm. Besonderheit: Zur Aufführung von „Die Frau in Gold” (15.8.) wird ein ein Special (Überraschungs)-Guest er-wartet. Infos: www.openairkino-rheinfelden.ch

Warten auf den SonnenuntergangEin pralles Sommernachts-Kinoprogramm unter Sternen

Wann? 16. – 26. Juli

Wo? Mensagarten, Freiburg

Sommer ist immer auch Kino-Sommer – Open-Air-Kino-Sommer. Und es ist schon ein beson-deres Erlebnis, Lieblingsfilme, Klassiker oder

ganz neue Produktionen an Orten zu sehen, an denen sonst andere Dinge geschehen. Und wenn die erfor-

derliche Dunkelheit nicht einfach durch das Ausknip-sen des Lichts in einem fensterlosen Saal entsteht, son-dern durch das allmähliche Verschwinden der Sonne. Auch wenn es nach der Dämmerung kalt werden kann. Also: Jacken oder Decken mitnehmen!

Wann? 22. Juli – 23. August

Wo? verschiedene OrteWann? 11. – 15. August

Wo? Rheinfelden/Schweiz

Foto

: © M

arku

s Her

b, P

hoto

case

Wann? 30. Juli – 9. August

Wo? Kieswerk, Weil am Rhein

Page 12: chilli – Freizeit & Festival Spezial

16. 7. – 26. 7. 2015

65 CHILLI Juli/August 2015

F reiburg ist eine sensationelle Kinostadt“, sagt Ludwig Ammann. Er muss es wissen: Seit Jahren betreibt er zu-sammen mit Michael Wiedemann und Michael Isele die

Programmkinos Harmonie, Friedrichsbau und Kandelhof. Und ist begeistert vom Freiburger Publikum, das bezüglich der Häufigkeit der jährlichen Kinobesuche bundesweit Spitzenreiter ist.

Auch zum Freiburger Filmfest, dessen 12. Ausgabe soeben mit dem Film „Señor Kaplan“ eröffnet wurde, strömen die Leute seit Jahren in Scharen. Kein Wunder: Auf dem Programm stehen im-mer besondere und besonders ausgewählte Filme, die hier vor dem allgemeinen Kinostart in ihrer untertitelten Originalfassung zu sehen sind. Und der Mensagarten mit seinen oft ausverkauf-ten 800 Sitzplätzen ist zudem ein ganz besonderer Ort für die Premieren. Er ist die große Attraktion des Filmfests, obwohl nur ein Drittel der Filme hier vorgeführt wird. Ludwig Ammann, der das Fest nun zum vierten Mal mitorganisiert, ist immer froh, wenn das Programm fertig ist, die oft in letzter Minute eintreffenden Zusagen der geladenen Premierengäste vorliegen und der von der Stadt Freiburg und vom Stu-dierendenwerk kostenlos zur Verfügung gestellte Mensagarten für den erwarte-ten Andrang vorbereitet ist. Dann liegt der größte Stress des ganzen Jahres hinter ihm, und er kann sich auf den Eröffnungsfilm freuen, auf volle Sitzreihen und gutes Wet-ter hoffen. Und darauf, dass die getroffene Auswahl auch die Zuschauer überzeugt. Und gespannt sein, welcher Film am Ende des Festivals den Pub-likumspreis bekommt. Ob er mit seinem persönlichen Favoriten übereinstimmt, den er natürlich nicht verrät.Bis es allerdings so weit ist, gibt es viel zu tun: Da müssen die großen internationalen Filmfestivals in Berlin, Cannes und an-derswo besucht werden, muss bei der Sichtung der Filme auch auf die Reaktion des Publikums geachtet werden, müssen erste Verhandlungen mit deutschen Verleihern geführt werden, die die Festivalfilme später auf den deutschen Markt bringen. Da müssen Filme von Regisseuren, die sich direkt an das Freiburger

Programmkinotrio wenden, gesichtet werden. Da muss zu je-dem Film ein Text geschrieben werden, ein Festivalprogramm aufgestellt werden, das für alle Zielgruppen etwas bietet: Für eingefleischte Cineasten, die den besonderen Film suchen und für ein breit aufgestelltes Publikum, das intelligent unterhalten werden will. Einfach ist es nicht, sagt Ammann, aber es macht Spaß. Zumal er die Erfahrung gemacht hat, dass er mit seiner Auswahl jedes Mal genau richtig lag.Dieses Jahr gibt es zum ersten Mal eine richtige Kurzfilmnacht: am 20. 7., in der Harmonie. Hier wird regionalen Kurzfilmern eine Plattform geboten; mit dabei ist auch Mathieu Conards Film „Menschsy“, der im April beim Offenburger Shorts-Festival den Zuschauerpreis gewann. Es ist indessen nicht der einzige Film, in

dem alemannisch gesprochen wird: Auch ein Großteil der Protagonisten des in Schö-nau und Freiburg gedrehten Langfilms „Bube Stur“ von Moritz Krämer (23. und 24.7., Friedrichsbau) spricht diese Sprache. Conard und Krämer (am 24.7.) werden bei der Aufführung ihrer Filme natürlich an-wesend sein, ebenso wie Telemach Wiesin-ger aus Riegel, dessen „Kaleidoscope“ (25.7., Friedrichsbau) beim Freiburger Filmfest sogar Deutschlandpremiere feiert. Überhaupt gibt es dieses Mal ziemlich vie-le regionale Produktionen zu sehen, was Ludwig Ammann „ganz toll“ findet. Durch die Digitaltechnik seien Filmproduktionen nicht mehr so teuer, die Leute „wagen et-was“, zeigen echten Unternehmensgeist, freut er sich – zumal ihre Filme, die nun

beim Filmfest aufgeführt werden, „richtig gut“ seien. Und sie passten zu Freiburg ebenso gut wie die Filme zu ökologischen Themen, von denen natürlich auch einige zu sehen sind – als Dokumentar- oder Unterhaltungsfilm. Erika Weisser

Das ganze Programm gibt es unter: www.filmfest-freiburg.deGewinnspiel im Rahmen des Freiburger Filmfest: Wir verlosen 5x2 Kinokarten für den Film „Boychoir“ mit Dustin Hofman. Teilnahme über www.chilli-freiburg.de

Der größte Stress des Jahres liegt hinter ihm:

Ludwig Amman freut sich auf entspanntere Tage.

Fotos: © Privat

Made in SüdbadenViElE REgionalE lang- unD KuRzfilmpRoDuKtionEn

auf DEm fREibuRgER filmfESt

Page 13: chilli – Freizeit & Festival Spezial

KINO FILMTIPPS

CoConut Hero

Deutschland/Kanada 2015Regie: Florian CossenMit: Alex Osterov, Bea Santis u. a.Verleih: MajesticLaufzeit: 97 MinutenStart: 13.8.2015

bretter für den SargSo richtig Lust zu leben hat Mike ja nicht. Er ist gerade 16, heißt nicht nur mit Vorna-men so wie der amerikanische Boxer, den er nicht mag, lebt mit seiner ewig nörgeln-den Mutter in einem langweiligen Holz-fällerkaff in den Wäldern Kanadas. Seinen Vater kennt er nicht, er hat keine Freunde, keine Interessen, nicht einmal ein Lieb-lingsessen. Nichts, das ihn antreibt. Doch, eines: Er will nicht mehr da sein.Er gibt eine Todesanzeige auf, schießt sich in den Kopf – und kommt in der Klinik wieder zu sich. Um die froheste aller Botschaften zu erhalten: Bei der Untersuchung des Gehirns wurde dort ein Tumor entdeckt! Mike lehnt eine Operation ab, wartet voll Freude auf den sicheren Tod – und findet wieder Freude am Leben. Was nicht nur an der ziemlich ausgeflippten Miranda liegt, mit deren Pickup-Truck er zum Sägewerk fährt, um Bretter für seinen Sarg zu klauen.Eine großartige, gefühlvolle, sehr witzige und sehr tragische Coming of Age-Ge-schichte, an der alles stimmt. Und an deren Ende der Lebensüberdrüssige der Held seines eigenen Lebens ist. Erika Weisser

taxi teHeran

Iran 2015Regie: Jafar PanahiMit: Jafar Panahi und TaxigästenVerleih: WeltkinoLaufzeit:82 MinutenStart: 23.7.2015

ZuStand eineS LandeSEin Taxi fährt durch die lebhaften Stra-ßen Teherans. Am Steuer: Ein Fahrer, der aussieht wie der behördlich mit Berufs-verbot belegte Regisseur Jafar Panahi. Auf der Rückbank: Wechselnde Fahrgäste, die während ihrer Gespräche mit dem Fahrer von einer am Armaturenbrett befestigten statischen Kamera gefilmt werden.Die Gespräche drehen sich um größere oder kleinere Alltäglichkeiten. Da sind zu-nächst zwei alte Frauen, die einen Gold-fisch im Glas transportieren. Dann steigt ein Bursche ein, der sich als Raubkopierer outet und dem Fahrer sogleich seine Ver-sion von „The Walking Death“ andrehen will. Eine Menschenrechtsaktivistin ist auch irgendwann mit von der Partie, eben-so wie ein vorlautes Mädchen, das seinen Anspruch auf Frappucino geltend macht.Und allmählich wird klar, dass es sich nicht um Zufallsgäste handelt, die da über Kriminalität und Not reden, und dass der Fahrer Jafar Pahani ist. Ein gut durchdachter, herausragender Film über den Zustand eines Landes; er hat den Goldenen Bären der Berlinale 2015 gewonnen. Erika Weisser

anni feLiCi – barfuSS durCHS Leben

gLüCkLiCHe JaHre?Es ist der Sommer 1974. Und der ist noch heißer als in Rom ohnehin üblich – nicht nur in klimatischer Hinsicht. Dario, der äl-tere Sohn eines temperamentvollen Ehe-paars, wird diesen Sommer im Rückblick und wunderschönen Bildern als die für seine Familie glücklichste Zeit erinnern.Die schöne Serena liebt ihren Ehemann Guido über alles. Obwohl der zwar am-bitionierte doch erfolglose Avantgarde- Künstler mit seinen Models nicht nur ma-lerische, sondern auch sexuelle Momen-te teilt. Sie unterstützt ihn, hält zu ihm, obwohl er sie in der Öffentlichkeit eher abwertend behandelt. Die beiden Söhne werden zu unfreiwilligen Begleitern ihrer leidenschaftlichen, von Streitereien und Versöhnungen begleiteten Beziehung. Als die schöne und emanzipierte Galeristin Helke in ihr Leben tritt und sich besonders für Serena interessiert, fühlt sich diese auf neue und unbekannte Weise lebendig. Zu-sammen mit ihren Söhnen verbringt sie auf Helkes Einladung die Ferien in einem feministischen Strandressort.Schöne Sommergeschichte einer un-konventionellen Familie. Erika Weisser

Italien 2014Regie: Daniele LuchettiMit: Kim R. Sturt, Martina Gedeck u. a.Verleih: CaminoLaufzeit: 101 MinutenStart: 27.8.2015

Page 14: chilli – Freizeit & Festival Spezial

A ls das Freiburger Filmfest mit dieser sommerlich-heiteren Komödie er-öffnet wurde, schienen die beiden

mit Liegestühlen, Kühltasche und Fernglas bepackten Männer nicht nur durch die Dü-nen zu gehen, sondern direkt auf das Publi-kum zuzukommen. Ein wenig erinnerten sie an Don Quijote und Sancho Panza auf ih-rem Weg in den Kampf gegen Windmühlen, die sie für Riesen hielten: Hager, hochge-wachsen und vorneweg der Anführer, klein, korpulent und hintendrein sein Adjutant.

Jacob Kaplan und Wilson Contreras kämpfen freilich nicht gegen vermeint-liche Riesen. Sondern für Gerechtigkeit. Allerdings ist ihr Kampf, wie sich später herausstellen soll, einer ähnlich blühenden Fantasie geschuldet wie der des edlen Rit-ters und seines Knappen. Doch wir wollen das Ende dieser wunderbaren tragikomi-schen Geschichte mit Tiefgang nicht vor-wegnehmen, die in Uruguay im Jahr 1997 spielt – und sich nicht nur fiktiv, sondern höchst real ereignet haben könnte.Dorthin sind in den 1940er Jahren nämlich viele Menschen geflohen: In der ersten Hälf-te vornehmlich Juden, um sich vor den Nazis zu retten – und in der zweiten Hälfte eben diese Nazis, um sich davor zu retten, Verant-wortung für ihre Taten zu übernehmen.

Jacob Kaplan gehört zur ersten Gruppe: Kurz vor dem Ein-

marsch der Wehrmacht in Polen war der damals

18-Jährige von seinen Eltern auf die Flucht geschickt worden.

Allein, ohne Angehörige – damit wenigstens ein

Familienmitglied überlebte. So wie es heute noch viele

Menschen in Kriegsgebieten machen. So, wie es auch die Urgroßeltern von Regis-seur Alvaro Brechner machten, die seinen Großvater unbegleitet auf die Reise schick-ten. Im Film bleibt das Holocaust-Thema in seiner ganzen leidvollen Dimension indes-sen nur eine Randnotiz. Doch man muss es kennen, um ihn zu verstehen. Um zu verstehen, warum der inzwischen 76-jährige Señor Kaplan sich in den Kopf setzt, dass er, der Davongekommene, in der nicht mehr allzu langen Zeit bis zu seinem Tod unbedingt noch Großartiges vollbrin-gen muss. Und warum er sich zu diesem Zweck ausgerechnet als Nazijäger betätigt. Zunächst ist da eine Reportage über Simon Wiesenthal, die Erinnerungen weckt. Und dann ist da die Andeutung seiner Enkeltoch-ter, dass ein Deutscher, der von allen Kunden „El Nazi“ genannt wird, an einem Strand in der Nähe Montevideos eine Bar namens Estrella betreibt. Und als er auch noch her-ausfindet, dass das Wehrmachtschiff, das gegen Ende des 2. Weltkriegs heimlich in Buenos Aires vor Anker ging, ebenfalls Stern hieß, steht sein Entschluss fest: Er heuert den ehemaligen, wegen Unzuverlässigkeit und heimlicher Trunksucht gefeuerten Poli-zisten Contreras als Chauffeur an und begibt sich auf Beobachtungsposten in die Dünen. Mit dem Ziel, „El Nazi“ zu fangen und nach Israel auszuliefern. Ein wirklich geglückter Film, der ein ernsthaftes Anliegen mit einem sym-pathischen Augen- zwinkern angeht. Mit schönen Bildern, überzeugenden Schau- spielern und trefflichem Soundtrack. Erika Weisser

Mit deM Fernglas in den dünenEin hEitErEs sommErstück

um Ein ErnsthaftEs anliEgEn

KINO FIlMTIPP

SeÑor KaplanUruguay 2014Regie: alvaro BrechnerMit: Héctor noguera, néstor Guzzini, rolf Becker u. a.Verleih: neue Visionen laufzeit: 98 MinutenStart: 16.7.2015

Fotos: © Neue Visionen

63 CHILLI Juli/August 2015

Page 15: chilli – Freizeit & Festival Spezial

DVD NEUERSCHEINUNGEN

selMa

Großbritannien/USa 2014Regie: ava DuVernayMit: David oleyowo, oprah Winfrey u. a.Vertrieb: arthauslaufzeit: 125 MinutenPreis: ca. 14 euro

gott hat zuerst geweint„Selma“ war als bester Film für den Oscar 2015 nominiert. Und erhielt die Trophäe – für den besten Song: „Glory“. Und der geht zu Herzen. So wie der gan-ze Film, der ein kluges Porträt von Martin luther King zeichnet. Ohne falsche Sentimentalität beschreibt er die Gewalt, die im land der unbegrenz-ten Möglichkeiten noch vor 50 Jahren von einem Teil der Bevölkerung gegen den anderen ausgeübt wurde. Allein wegen einer Hautfarbe, die von weißen Überle-genheitsfanatikern als minderwertig an-gesehen wurde. Er zeigt, wie sich in dem vom Rassentrennungs-Hardliner George Wallace regierten Südstaat Alabama trotz allen rassistischen Hasses die Bür-gerrechtsbewegung der Afro-Amerika-ner formierte, wie sie niedergeknüppelt wurde – und sich schließlich doch durch-setzte: Der legendären Marsch von Selma nach Montgomery war der Anfang.Über dem ganzen Szenario weht die Kon-föderierten-Flagge. So wie heute noch in South Carolina, wo jüngst neun Schwarze in einer Kirche ermordet wurden. Von ei-nem weißen Überlegenheitsfanatiker. Erika Weisser

3 DVDs zu gewinnen! Teilnahme über www.chilli-freiburg.de – Stichwort: „Selma “

still alice – Mein leben ohne gestern

USa 2014Regie: r. Glatzer & W. WestmorelandMit: anke engelke, Ken Duken u. a.Vertrieb: polybandlaufzeit: 99 MinutenPreis: ca. 16 euro

nach innen gewandtDie Veränderung sieht man am Blick: Der kann das betrachtete Objekt nicht fest-halten, schweift ab, sucht einen Anhalts-punkt, richtet sich nach innen, wird leer. Allein für dieses Spiel der Augen, das die allmähliche Verwirrung, die zunehmende Orientierungslosigkeit einer an Alzheimer erkrankten Frau mit einer unglaublichen Intensität nacherlebbar macht, hätte Juli-anne Moore einen Oscar verdient. Und sie hat ihn bekommen – als beste Hauptdarstellerin, für die ganze Rolle der Alice, die sich zwar innerlich mehr und mehr von der Welt verabschiedet, äußer-lich jedoch genauso präsent bleibt wie bisher. Und die der Mensch bleibt, der sie immer war. Zumindest für ihre jüngere Tochter, deren Verhältnis zur Mutter oh-nehin nicht das beste war. Was sich im Verlauf der Krankheit aber ändert. In ei-nem gemeinsam verbrachten Sommer im Strandhaus der Familie kommen die beiden sich so nahe wie nie zuvor. Ein unerschrockener, erstaunlich unsen-timentaler und doch sehr bewegender Film zum Thema Demenz – ab 31. Juli als DVD erhältlich. Erika Weisser

3 DVDs zu gewinnen! Teilnahme über www.chilli-freiburg.de – Stichwort: „Still alice“

Frau Müller Muss weg

Deutschland 2014Regie: Sönke WortmannMit: anke engelke, Ken Duken u. a.Vertrieb: Constantin Filmlaufzeit: 87 MinutenPreis: ca. 15 euro

in der KaMpFarena

Der Film war ein Highlight des Kino- Frühjahrs; führte lange die Programmki-no-Charts an. Zu Recht: Sönke Wortmanns bissige Satire auf den leistungsdruck an Grundschulen zeigt, wie weit elterliche Eitelkeit gehen kann, wenn sie angesichts schulwegsentscheidender Abschlussno-ten einen neurotischen Touch bekommt. Nun gibt es den Film als treffliche Unter-haltung für die Ferien. Zur Rückschau auf überstandene Schlachten – oder zur Vor-bereitung für bevorstehende.Eine Versammlung engagierter Eltern hat beschlossen, dass Frau Müller, eine enga-gierte und bisher sehr beliebte lehrerin, ihren Kindern nicht länger zuzumuten sei, da sie „die Klasse und den lehrstoff nicht mehr im Griff“ habe, sprich: die zu erwar-tenden Noten möglicherweise zu schlecht für den Übergang aufs Gymnasium sind. Und der muss unbedingt erreicht werden, ob die Kinder das nun wollen oder nicht. Doch Frau Müller reagiert gelassen, stellt die Probleme der Schüler aus ihrer Sicht dar – und verschwindet. Den Eltern bleibt nichts übrig, als sich selbst zu zer-fleischen. Erika Weisser

3 DVDs zu gewinnen! Teilnahme über www.chilli-freiburg.de – Stichwort: „Frau Müller muss weg“

Page 16: chilli – Freizeit & Festival Spezial

S ie studierte in München, Avignon und Freiburg, arbeitete auch hier und veröffentlichte 1998 ihr erstes

Buch „Unbekanntes Freiburg“. Nun hat die mittlerweile weitgereiste Wahl-Stuttgar-terin Astrid Fritz ihren jüngsten Roman „Henkersmarie“ veröffentlicht. Und auch der spielt wieder szenenweise in Freiburg.

chilli: Henker ist ein seltsamer Beruf. Wa-rum interessieren Sie sich dafür?Fritz: Seit meinem Roman-Erstling „Die Hexe von Freiburg“ 2003 war die Figur des Henkers in meinen Romanen immer wie-der mal im Hintergrund präsent, weil sie zur damaligen Gesellschaft einfach dazu-gehörte. Mein Wissen wurde umfassen-der, und einige verblüffende Fakten haben zu der Idee geführt, den Menschen hinter diesem blutigen Handwerk zu zeigen, sei-nen Alltag, seine Familie. Und zwar aus der Sicht des Mädchens Maria.

chilli: Wie und wo haben Sie das Thema recherchiert?Fritz: Zum Berufsstand des Henkers gibt es sehr gute Bücher von Historikern, die das noch aus der Romantik stammende Bild des Henkers als blutrünstigen Mann mit schwarzer Kapuze und Beil in der Hand kritisch zurechtrücken. Darüber hinaus sollten die Schauplätze stimmen, und so habe ich die dortigen Gassen durchwan-dert, Museen besucht, in Stadtführern und Stadtgeschichten gestöbert, immer auch auf der Suche nach den Richtstätten und Scharfrichterhäusern.

chilli: Im Buch arbeitet Marias Vater auch als Abdecker. War das die Regel? Fritz: Ja. Selbst in der grausamen Frühen Neuzeit, die übrigens um einiges grausa-mer als das angeblich so finstere Mittel-alter war, waren Hinrichtungen nicht an der Tagesordnung, und so wurde das Amt des Scharfrichters fast immer mit dem des Abdeckers verbunden, eine Aufgabe, die seit jeher als anrüchig galt. Dazu kamen weitere schmutzige Aufgaben wie die Verwaltung des Hurenhauses, das Töten

herrenloser Hunde, die Kloakenreinigung oder das Verjagen fremder Bettler. Man könnte auch sagen: Den Henkern oblag die sittlich-moralische und hygienische Sauberkeit einer Stadt.

chilli: Wo lebte Freiburgs Henker? Fritz: Das Haus „zur schwarzen Katz“ in der Konviktstraße 39 diente erst im 18. Jahrhundert als Scharfrichterhaus. Zuvor wohnte der Henker in der eher ärmlichen Neuburgvorstadt, nahe des Hurenhauses „Zur kurzen Freud“. In der Freiburger Dienst- ordnung von 1577 wurde ihm verboten, auf dem Markt oder auf der Metzig etwas anzufassen, was er nicht kaufte. Zudem musste er sich mit einem Abzeichen, wahrscheinlich ein Totenkopf, kenntlich machen. Man weiß auch, dass er häufig an benachbarte Herrschaften „ausgeliehen“ wurde oder die Leichen von Selbstmör-dern beseitigen musste.

chilli: Im Roman hat Marias Vater einen Knecht und ihr Haus ist komfortabler als andere im Viertel, was verdienten Henker? Fritz: Das ist trotz einiger historischer Quel-len, die besagen, dass er fürs Henken einen und fürs Enthaupten zwei Gulden erhielt, nur vage einzuschätzen. Aber man weiß, dass er ein höheres Einkommen hatte als ein Schulmeister.

chilli: Im Prolog rettet der Henker eine Frau in letzter Minute vor ihrer Hinrich-tung. Ist so etwas schon mal passiert?Fritz: Ja, das ist tatsächlich eine histo-rische Begebenheit: Ein Rothenburger Scharfrichter wurde um 1525 nach Nürn-berg beordert, um dort den erkrankten Meister Gilg zu vertreten: Eine junge Kindsmörderin sollte in der Pegnitz er-tränkt werden. Den Rothenburger über-wältigte das Mitleid und so machte er unter Verzicht seines hohen Lohns vom alten Recht des Losheiratens Gebrauch.

chilli: Maria muss den Sohn einer ande-ren Henkerfamilie heiraten. Warum? Fritz: Bis zur Frühen Neuzeit konnten Henkerskinder noch in Bauern- und Handwerkerfamilien einheiraten. Mit der zunehmenden Stigmatisierung und Aus-grenzung war ihnen seitens der mäch-tigen Zünfte das sogenannte ehrliche Handwerk verwehrt: Die Söhne mussten das Amt des Vaters übernehmen oder verdingten sich bei anderen Abdeckern und Henkern als Knechte. Den Töchtern blieb nur die Einheirat in die eigenen Kreise oder ein Leben am Rande der Ge-sellschaft. So bildeten sich die berühmten Scharfrichterdynastien aus. Dass dieses Stigma erblich wurde, hat auch mit den seit der Reformation aufgekommenen Kirchenbüchern zu tun: Hatte man zuvor in der Fremde, wo einen niemand kann-te, ein neues Leben beginnen können, so musste man nun seine eheliche und ehr-liche Geburt nachweisen. Die Fragen stellte Laure Etienne

blutiges Handwerk AstriD Fritz übEr ihrEn nEuEn romAn »hEnkErsmAriE «

61 CHILLI Juli/August 2015

Astrid FritzHenkersmarie512 Seiten, gebundenKindler Verlag 201519,95 Euro

Verblüffende Fakten & Fiktion: Erfolgsautorin

Astrid Fritz erzählt vom Leben einer Henkersfamilie.

Foto

: © Jo

chen

Qua

st

LIteratur INTERVIEW

Page 17: chilli – Freizeit & Festival Spezial

BÜCHER REZENSIONEN

Seltene BlütenBeim Kapiteltitel „Einfache Späte“ wird man neugierig. Schlägt man es auf, wird man eineinhalb Seiten lang nicht fündig. Zwar gibt es da einen Mantel, in den Blütenstaub, Mond-knöpfe und ein Kragen aus Schnee ge-woben werden, doch was hat das mit einfacher Späte zu tun?Und was ist das überhaupt: Späte? Der oder die oder das? Alles würde passen – aber in Verbindung mit einfache? Ah, da – endlich: Es sind Tulpen! Nicht gefiederte oder marmorierte, sondern einfache, aus fünf gleichen glatten Blütenblättern bestehende, denkt man, und: Nicht früh blühende, son-dern spät blühende. Eine seltene Sorte also. Der züchtende Nachbar stellt sie einmal im Jahr zur Schau, zusammen mit Triumphtulpen, Rembrandttulpen, Lilienblütigen und der pechschwarzen Queen of Night. Wie diese Einfache Späte neben all den Exotinnen wohl wirkt?Marie T. Martin beantwortet diese Fra-ge nicht – sie stellt sie ja auch nicht. Sie schreibt nur, was sie wahrnimmt. Und verfremdet das Alltägliche in ei-nem „inneren Gärungsprozess“ ins Absurde. Die gebürtige Freiburgerin, die in Buchenbach aufwuchs, Stadt-schreiberin in Hausach war und jetzt in Köln lebt, liefert mit ihren Miniatu-ren zauberhafte Türöffner für andere Welten. ewei

Merkwürdige todeSfälleSwentja Tobler hat es schwer. Die verwöhnte Luxuslady, die über einen gewissen kriminalistischen Spürsinn verfügt und sich gern als Amateurer-mittlerin betätigt, scheint von allen Geistern verlassen: Zuerst will sich ihr reicher Ehemann scheiden lassen; er mag ihre modischen, zickigen und detektivischen Eskapaden nicht län-ger ertragen. Und dann will plötzlich auch der jahrelange, ebenfalls wohl-habende Liebhaber nichts mehr von ihr wissen. Notgedrungen nimmt sie eine Stelle in einem Seniorenstift in Pforzheim an: Als Gesellschaftsdame für die dort einsässigen Adelsgreise. Schließlich will sie auch auf dem Boden der Tat-sachen noch in gehobenen Kreisen bleiben. Doch die vornehmen Damen und Herren scheinen mehr in der Ver-gangenheit als in der Gegenwart zu leben, sprechen nicht und haben kei-ne Erinnerung. Und das, findet Tobler, ist nicht nur der Demenz geschuldet: Sie gerät schnurstracks in ihren vier-ten Fall. Denn bald kommt es zu ungeklärten Diebstählen und merkwürdigen Todes-fällen. Sie recherchiert – und stößt auf Geheimnisse mit großer Tragweite. Ein nur mittelmäßig spannendes Buch: Denn aus einer guten Idee ist eher ein Jahrmarkt der Eitelkeiten und Kolporta-gen geworden als ein Krimi. ewei

der freak in unSWer hat sie nicht: kleine Spleens, Marot-ten oder merkwürdige Angewohnheiten. Die gute Nachricht: Man ist damit nicht allein. Manche Spleens sind weiter ver-breitet, wie die Abneigung gegen unge-rade Zahlen, der Drang, auch als Beifahrer im Auto mitzubremsen oder die Angst, ein Bein aus dem Bett hängen zu lassen – es könnte ja ein Ungeheuer darunter lauern. Andere kann man schon eher in die Rubrik „Sprung in der Schüssel“ ein-ordnen. Sich aus Angst, dass unter dem Küchentisch ein Mörder sitzt, wie ein Be-hinderter zu benehmen, damit er einen dann aus Mitleid verschont, gehört si-cherlich dazu. Und manche Spleens sind wirklich nur für Fortgeschrittene, etwa die Angewohnheit, in den Garten zu ka-cken, damit potentielle Einbrecher den-ken, man habe einen großen Hund.Egal, ob groß oder klein, bizarr oder charmant, Christian Brandes sammelt seit 2010 Marotten in seinem Blog und hat mit mehr als 6000 Eigenarten das größte Macken-Archiv der Welt erstellt. Per Mausklick können die Nutzer ange-ben, ob sie den Spleen teilen. Die Marot-ten mitsamt Anhängerzahl hat er nun als Buch veröffentlicht.Wer sein seltsames Verhalten nicht ausweiten möchte, sollte die Lektüre an öffentlichen Orten vermeiden – sponta-nes, lautes Lachen ist unvermeidbar. Vor allem, weil man sich selbst, Freunde und Familie so oft wiederfindet. tbr

Eva KlinglerSchwarzwaldruh288 Seiten, TaschenbuchEmons, 201510,80 Euro

Schlecky Silberstein & Christian BrandesIch kann keine Wurstzipfel essen336 Seiten, TaschenbuchUllstein, 20159,99 Euro

Marie T. MartinWoher nehmen Sie die Frechheit, meine Hand- tasche zu öffnen?80 Seiten, gebundenPoetenladen, 201518,80 Euro

Page 18: chilli – Freizeit & Festival Spezial

66 CHILLI April 2012

Headline

YoussoupHangrtdBomaye musik

Die Freiburger Band El Flecha Negra hat im Mai das Internationale Straßenmusikfestival in Lud-wigsburg gewonnen. Ihre Album-Releaseparty in der Mensabar platzte aus allen Nähten. Jetzt sieht man die Musiker aus Chile, Mexiko und Bolivien immer häufiger in Freiburg. Der Perkus-sionist Tatán González (30/Bild Mitte) verrät chil-li-Redakteur Till Neumann, was sich hinter dem schwarzen Pfeil (El flecha negra) verbirgt.

Tatán, in Ludwigsburg habt ihr als Sieger vor 10.000 Leuten gespielt. Euer bisher größtes Konzert?Ja klar, es war Wahnsinn! Die Stimmung war super, alle haben mitgesungen und mitgetanzt. Mit dem Preisgeld haben wir unsere CD-Pro-duktion bezahlen können.

Euch gibt’s seit knapp einem Jahr. Euer erstes Album heißt Schwarzwald. Was steckt dahinter?Wir machen eine Mischung aus Cumbia, Reg-gae und Latin. Meistens spielen wir auf der Stra-ße. Jetzt aber auch immer mehr auf Bühnen. Alle Texte sind auf Spanisch. Das Album haben wir hier gemacht, deswegen wollten wir es Schwarzwald nennen. Freiburg ist einfach un-glaublich. Die Leute sind sehr offen und freund-lich. In einem sind wir aber nicht so deutsch: Wir sind oft unpünktlich (lacht).

Ihr lebt von der Musik. Hast du einen Traum?Das, was jetzt passiert, ist ein Traum. Wir spie-len immer mehr Konzerte, Mitte Juli sind wir in Barcelona. Wir können von unserer Musik leben, Luxus brauchen wir nicht. Wer weiß, vielleicht singen wir ja sogar mal ein Lied auf Deutsch?

scHwarzer pfeil scHwarze poesie

An Youssoupha kommt man derzeit im französischen HipHop nicht vorbei. Der gebürtige Kongolese ist seit sei-nem Album Noir D **** einer der Gro-ßen im französischen Musikgeschäft. Sein sozialkritisches Album holte 2012 Platin, seine Songs liefen flächende-ckend. Jetzt meldet er sich zurück: Das Album Ngrtd (Négritude) widmet sich Youssouphas Lieblingsthema: der Rolle der Schwarzen. Der Pariser Rapper versteht es wie kaum einer, geschliffene Rhetorik, schonungslose Gesellschaftskritik und eingängige Melodien in Lieder zu pa-cken. Im Gänsehautsong „Négritude“ schildert er seinen Werdegang vom Untergrundkünstler zum Star. „Ma-mam m’a dit“ ist eine Ode an seine ver-storbene Mutter. Und die Klavierballa-de „Smile“ mit der Sängerin „Madame Monsieur“ bietet federleichten Pop. Nur ein Song tanzt aus der Reihe: „Mannschaft“, der einzige Battle-Track der Platte, kommt mit dicken Bässen und dicken Eiern – verzichtbar.Reflektiertes steht Youssoupha deut-lich besser. Dass er ein wenig lispelt, ist mittlerweile sogar sein Markenzeichen. Kaum ein Rapper schafft es, so tiefsin-nig und zugleich kantig zu sein. You- ssoupha verbindet Straße mit Intellek-tuellem – vor der Rapkarriere studierte er an der Pariser Sorbonne. Jetzt ist er der Held der Banlieues. tln

MUSIK REZIS

59 CHILLI Juli/August 2015

3 FRAGEN AN

El FlEcha NEgra

Foto

: © Li

nn M

arie

Hah

n

wunderkYndwunderkyndJive Germany

Olli Banjo schreit: „Mit dem Kopf durch die Wand, mit dem Kopf durch die Wand“. Der bayerische Wahl-Kölner, der schon seit 15 Jahren deutsch rappt, hat mal erzählt, dass er vor Wunderkynd, seinem ersten Rockprojekt, schon drei gitarrenlastige Alben fertig hatte – und die wieder in die Tonne warf, weil er ein-fach seinen Stil nicht fand. Den hat er, nachdem er den Kopf durch die Wand gesteckt hat, nun gefunden. Es ist eine wilde Mischung aus Grunge, Alternati-ve Rock, Trash-Metal, Elektro und Avant-garde-Punk. Er sagt es so: Altbauwoh-nungs-Synhesizer-Gitarren-Wahnsinn für die Bühne. Für die Produktion hat er sich The Krauts (Peter Fox, Marteria) und Moses Schneider (Beatsteaks, Toco-tronic) in den Altbau geholt. Wer einmal wild quer mit Banjo durch die Wohnung will, hört das dadaistische „Damenrad“, ein echtes Brett, dann „Ge-gen die Wand“, die Metalcore-Hymne des Albums, kurvt an „Maschinenge-wehr“ vorbei (wo er dann doch stehen bleibt) und tippt mal „Heut‘ Nacht“ an – die Ode an die Unbeschwertheit. Und, was ist das denn? Killer? Der Klassiker von Adamski und Seal? Ja, der ist es. „Das ist der Song meiner Jugend“, sagt Banjo, „ich kann immer noch nicht glauben, dass wir den Track freibekommen ha-ben, das schafft sonst keiner.“ Er covert das Teil cool. Der Hip-Hopper hat ein viel-schichtiges Wunderkynd hingelegt.

bar

wilder mix

Page 19: chilli – Freizeit & Festival Spezial

Headline

tHe sHoo-sHooslive at swreiGenvertrieB

Titel: LehrerliedUrheber: El ZuchtJahr: 2013

Der Lehrerberuf steht seit jeher ganz oben auf unserer To-do-Liste. Das mag daran liegen, dass der Lehrerberuf jener Beruf ist, der am meisten Widerhall in der Populärmusik findet. Von Pink Floyd über Jürgen von der Lippe bis zu Cro, jeder hat etwas über seine persönlichen Erfahrungen mit Lehrern zu singen. In der Sache haben sie denn ja auch meistens recht.

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Lehrer gern ihren Beruf in den Vordergrund rücken, oft wegen der unerträglichen Arbeits-bedingungen. Der Beruf ist ja auch nicht leicht – sieht man von den Arbeitsbedingungen in nordchinesischen Bergwerken einmal ab – und daher zu respektieren.

In den letzten drei Jahren konnten wir uns nicht ausreichend um die SOKO „Lehrerlied“ kümmern. Arbeitsüberlastung. Jetzt haben wir den Salat. Der Berg der „Lehrerlieder“ ist unüberwindbar geworden. Den Gipfel müssen wir aber sofort ab-schlagen. Ein gewisser „El Zucht“, vermutlich ein Synonym, veröffentlichte sein Lehrerlied:

„Ich kanns normalerweis gar nicht erst ertragen,am Montagmorgen in den Unterricht zu gehn,da muss ich all die Müden plagen, gähnend vor mir rumsitzen sehn.“

Räusper! Aber es kommt noch schlimmer:

„Ich trinke Weißbier / Wenn ich korrigier,und dabei werde ich ganz schnell zum Tier.Ich mache alles ganz schön rot, und dann haben sie die Not.“

Nein, nein, nein. Jeder Rütli-Schule-Schüler reimt besser. Wir bitten um sachdienliche Hinweise. Für Ihre Geschmackspolizei, Benno Burgey

The Shoo-Shoos sind eine sechsköpfi-ge Swing-Comedy-Truppe aus Freiburg. Seit 2010 mischen sie auf der Bühne Witz, Theater und Musik. Jetzt kann man sich die Gruppe direkt ins Wohn-zimmer holen, zumindest akustisch. Einen Auftritt im Schlossbergsaal des SWR haben sie auf CD verewigt. Auf 17 Songs swingen sich die Shoo-Shoos mit fröhlich-nostalgischen Me-lodien durch die Welt des Jazz. Die be-zaubernden Stimmen der Sängerinnen treffen Ton und Nerv: Im Close-Harmo-ny-Gesang grooven die drei Damen char-mant zu Gitarre, Bass und Schlagzeug. Auf der Bühne spielen sie gerne mit optischen Reizen. Auf der CD rückt das Musikalische zwangsläufig in den Mittelpunkt: Und das funktioniert. Schwungvolle Nummern wie „Boogie Woogie Bugle Boy“ oder „Crazy People“ halten sich die Waage mit Verträum-tem wie „Dream A little Dream Of Me“ oder „Moon River“. Auch eine Mund- trompete mischt sich ein.Wer die Augen schließt, fühlt sich wie in einer rauchigen Kneipe der 40er Jah-re irgendwo in den Staaten. Singen und swingen – so das Konzept der Shoo-Shoos. Wer auf deren amüsante Show- einlagen nicht verzichten will, kann die Platte zum Eingrooven hören. Am 23. und 24. August gibt’s die Shoo-Shoos wieder live in Freiburg: Sie feiern CD-Release-Par-ty im Wallgraben Theater. tln

swing, BaBY, swing

der sounddreck zum leHrerBeruf

unprovokedzeiten ändern micHeiGenvertrieB

kluge gegensätze

Der Freiburger Rapper Lukas Henn alias Unprovoked ist derzeit auf vielen Bühnen der Stadt zu sehen. Mit seiner Band „Bios & TheRapist“, die neuerdings „Greenhouse“ heißt, rappt er zu Mund-harmonika, Cajón und Gitarren. Doch Unprovoked gibt’s auch solo. Sein erstes Release „Zeiten ändern mich“ ist seit Kurzem gratis auf Bandcamp.com erhältlich. Henn ist ein Mann der Ge-gensätze, das stellt er in „Zwangsambi-valenz“ klar: „Ich bin der Rapper, der kein Rapper ist, ich bin der Outdoormensch, der nicht weiß, was für ein Wetter ist, die Couchpotato-Sportskanone, der Computerzocker, ich bin der abenteuer-lustige Stubenhocker.“Flowtechnisch ist „Zurück in die Zukunft“ das Highlight. Da packt der gelernte Physiotherapeut auch mal Doubletime-Reime aus und variiert spielerisch das Tempo. Inhaltlich setzt er mit „Curriculum Vitae“ den Glanz-punkt, darin erzählt er seine Geschich-te, die eines „ganz normalen Kindes“ – nicht spektakulär, aber fesselnd.Für die sechs Songs hat er Bass, Gi-tarre und Piano live einspielen lassen. Unprovoked serviert dazu persönliche Texte mit Liebe zum Detail. Das klingt an der einen oder anderen Stelle noch etwas ungeschliffen, aber vielverspre-chend. Wer handgemachten, ehrlichen Rap mag, ist bei Unprovoked an der richtigen Adresse.

tln

Page 20: chilli – Freizeit & Festival Spezial

I m April hat das chilli von den sy-rischen Flüchtlingen Malek Kas-sem und Jan Mustafa berichtet. Die

beiden hatten in Freiburg Szenen ihrer Flucht nachgestellt. Ihr Dokumentarfilm bekam jetzt ein Sonderlob bei der Film-schau Baden-Württemberg. Ihre Inte- gration geht mit großen Schritten voran. Doch eins fehlt noch zum großen Glück.

Jan Mustafa schnappt sich einen Teig-ballen aus der silbernen Schüssel. Er legt ihn auf den Tisch und greift zum Nudelholz. „Die Pizza ist gleich fertig“, sagt er und grinst. Er hat einen Job. Das macht ihn glücklich. Seit Juni arbeitet der 22-jährige Kurde aus Syrien in der Pizzeria Da Giovanni in der Freiau. „Jan macht sein Ding, da muss man nicht viel erklären“, lobt Francesco Remmel, der mit in der Küche steht. Über ihn ist Mustafa an den Job ge-kommen. Remmel hat vor einigen Jah-ren mit der Freiburger Filmemacherin Barbara Davids ein Video gedreht. Ende 2014 lernte auch Mustafa Davids kennen. Sie half ihm bei seiner bewe-genden Flucht-Doku „Was machst du hier?“. Mittlerweile ist sie eine Art Er-satzmutter. Mustafa ist 2011 aus Syrien geflo-hen. Zwei Jahre brauchte er, um nach Deutschland zu kommen. „Mein Leben

war fertig“, sagt er. Jetzt Pizza zu backen macht ihm Spaß. Seine Leidenschaft ist aber die Kunst. Er tanzt und singt – und bekam dafür den ZMF-Preis. Am 12. Juli trat er bei der Gala des Zeltmusik-festivals auf. Erstmals sang er dabei auf Deutsch. Beim Text hat ihm Davids geholfen. „Vier Monate habe ich ge-übt“, sagt Mustafa stolz.Sogar eine Wohnung hat er jetzt. Vom Flüchtlingsheim in der Mooswaldallee ist er nach Günterstal gezogen. Trotz-

dem fehlt ihm etwas zum Glück: seine Familie. Ein Bruder und sein Vater sind in der Türkei, seine Mutter mit einem zwei-ten Bruder in Syrien. Eigentlich wollen sie nach Deutschland kommen, aber es klappte nicht. Vor kurzem hat Mustafa ein Foto seines Vaters bekommen. „Er sieht so müde aus, ich musste weinen“, sagt er: „Keine Familie, kein Leben.“So würde es auch Malek Kassem sagen. Der 22-Jährige hat sich bis zu Mustafas Umzug mit ihm ein Zimmer im Flücht-lingswohnheim geteilt. Die Fluchtdoku machten die einst besten Freunde ge-meinsam. Mittlerweile sehen sie sich

seltener. Noch im April stand Kassems Zukunft auf der Kippe. Sein Asylver-fahren läuft in Italien, da er sich dort auf der Flucht die Fingerabdrücke ab-nehmen ließ. In Deutschland ist er nur geduldet. Um hierbleiben zu können, braucht er einen Ausbildungsplatz. Den hat er gefunden, wie er mit leuchtenden Augen berichtet. Ab August besucht er das Berufskolleg der Walther-Rathe-nau-Gewerbeschule, dort lernt er Che-misch-Technischer Assistent. Die ver-gangenen Wochen hat er genutzt, um intensiv Deutsch zu pauken.Seine Familie hat mittlerweile die Flucht nach Deutschland geschafft. El-tern, Bruder und Schwester sind in ei-ner dreimonatigen Odyssee nach Frei-burg gekommen. Dafür haben sie ihren Bauernhof verkauft. Die rund 35.000 Euro, die es dafür gab, sind durch die Flucht fast völlig aufgebraucht. „Hauptsache sie sind in Deutschland“, sagt Kassem, der fast fließend Deutsch spricht. Die Freude, sie Ende Mai in Frei-burg zu sehen, war riesig. Derzeit sind seine Eltern in Heidelberg. Wenn alles klappt, kommen sie demnächst nach Freiburg. Das wäre Maleks größter Wunsch. Und dann gibt es noch einen: Seine Verlobte ist ebenfalls in Freiburg. Er will sie heiraten. Till Neumann

»Keine Familie, Kein leben«Die FlüchTliNge JaN MusTaFa uND Malek kasseM

zwischeN hoFFeN uND BaNgeN

»Er siEht so müdE aus«

Kultur FLüCHTLINGE

57 CHIllI Juli/August 2015

ziemlich happy: Jan Mustafa backt mittlerweile Pizza, Malek Kassem kann bald am Berufskolleg lernen. Doch ihre Familien fehlen ihnen.

Fotos: © tln

Page 21: chilli – Freizeit & Festival Spezial

E r ist Physiotherapeut, Rapper und Weltenbummler. Der Freiburger Lukas Henn alias Unprovoked ist

von März bis Juni durch Südamerika ge-reist. Im Gepäck sein neues Album und eine Behandlungsliege. Sein Plan: Phy-siotherapie gegen Schlafplatz. Die Hip-Hop-Klangbehandlung gab’s obendrauf.

Auswandern wollte der 26-Jährige schon länger. Vor einigen Jahren nach Norwegen. Der Traum platzte. Dann arbeitete er „wie ein Blöder“ in einem Freiburger Fitnesscenter. Und wollte kurz darauf wieder weg. Nach Südame-rika, alleine, für fünf Jahre. Doch: „Vor der Abreise hatte ich die geilste Zeit meines Lebens“, erinnert sich Henn. Er nahm ein Album auf, spielte mit seiner Band „Bios & TheRapist“ immer mehr Konzerte und verliebte sich neu. Statt fünf Jahren blieb er nur drei Monate in Südamerika.Bart, Hornbrille, Kappe. Entspannt er-zählt Lukas Henn kurz nach seiner Rück-kehr aus Kolumbien von seinem Aben-teuer. „Am Anfang hatte ich Zweifel, ob das, was ich mache, richtig ist. Im Nach-

hinein bin ich aber voll zufrieden. Ich habe wahnsinnig viel erlebt.“ Für seinen Trip hat sich der Physiotherapeut einen Wanderanhänger für seine Behand-lungsliege bauen lassen. Kurz vor dem Flug nach Buenos Aires war zudem sein Album fertig. Die Reise wurde damit auch zur „Promo-Welttournee“, wie er mit einem Augenzwinkern berichtet.Stationen waren Argentinien, Chile, Bolivien, Peru und Kolumbien. „Ich habe viel mit Straßenmusikern gejammt. Vor allem mit einem Gitarristen, der Jor-dan heißt“, berichtet Henn. Die beiden traten in Peru in Restaurants auf. „Das ist dort das Normalste der Welt“, sagt Henn. „Man kommt rein, fragt, ob man spielen kann. Die drehen ihre Musik run-ter und machen Platz.“Mit einem Brasilianer, der in Buenos Ai-res Film studiert, hat er ein Musikvideo zu seinem Song „Zwangsambivalenz“ gedreht. Verständigen mussten sie sich mit Händen und Füßen. Geklappt hat es trotzdem, das Video wird derzeit ge-schnitten. Deutscher Rap in Südame-rika? Henn sagt, es funktioniert. „Ich dachte immer, mein Rap basiert vor al-lem auf dem Text. Die Leute haben aber zugehört. Ich habe mich getäuscht.“ Mittlerweile ist er wieder in Freiburg und froh, zurück zu sein. Mit seiner Band hat er bei „Freiburg stimmt ein“ und auf dem ZMF gespielt. Doch schon bald steht die nächste Reise an. In einigen Wochen will er mit seiner Freundin nach Neuseeland. Ein Jahr möchte er bleiben. Ob das so kommt, weiß er nicht: „Die Pla-nungen ändern sich täglich.“

Till Neumann

„Zeiten ändern mich“ von Unprovoked gibt es zum Gratis- Download auf bandcamp.com. Eine CD-Rezi steht auf Seite 58.

Reisen, massieRen, Rappen

FreiBurger hiphopper uNprovokeD MachT Trip Durch süDaMerika

Juli/August 2015 CHIllI 56

EInE MIllIon FÜr PAn.oPtIKuM

Das Freiburger Aktionstheater Pan.Optikum hat sich wie 123 andere Institutionen beim EU-Förderpro-gramm „Creative Europe“ mit dem eigenen Projekt „Power of diversity“ angemeldet und als eines von 17 den Zuschlag erhalten. Das Gesamtvolu-men des Projekts liegt bei 2,1 Millio-nen Euro. 1,05 Millionen zahlt die EU. „Wir freuen uns total, dass wir die Jury von unserem Projekt überzeu-gen konnten“, kommentierte Pan.Optikum-Geschäftsführer Matthias Rettner. Den Antrag hatten die Frei-burger gemeinsam mit neun Part-nern aus acht europäischen Ländern gestellt. Bei den Aufführungen geht es um Inszenierungen im öffent-lichen Raum. In Freiburg wird die Premiere sein, hernach wandert das Stück durch die Projektpartnerstäd-te und weitere Städte Europas.

tHEAtErHAuS EröFFnEt

B.A.u – Blau am ufer, Freiwerk oder blueLab waren die Alternativen, die diskutiert wurden, nun steht der Name für das neue Tanz- und Thea-terhaus der Freien Szene fest: Südufer – Tanz/Theater/Performance. Am 10. Oktober wird Eröffnung gefeiert, mit „großem Spektakel“, wie E-Werk-Ge-schäftsführer Jürgen Eick verspricht.

CArP nEuEr IntEnDAnt Peter Carp wird neuer Intendant des Freiburger Theaters. Der gebürtige Stuttgarter leitet seit 2008 das The-ater in Oberhausen und wird das in Freiburg zur Spielzeit 2017/18 über-nehmen. „Carp steht für ein lebendi-ges, innovatives Theater, das internati-onal ausgerichtet ist, aber auch in die Stadtgesellschaft hinein wirkt und auch jüngere Zuschauer erreichen möchte“, so Kulturbürgermeister Ulrich von Kirchbach. tbr/bar

Kultur INTERNATIONAL

Kultur NotizEN

alles easy: Lukas Henn strahlt bei Puerto Wil-

liams in Chile, dem südlichsten Dorf der Welt.

Foto: © privat

Page 22: chilli – Freizeit & Festival Spezial

Wir erzählen keine Märchen… sondern wissen, was hinter

der Maskerade steckt!

investigative geschichtenJeden Monat neu aM kiosk!

Werde chilli-Fan auFWWW.Facebook.coM/chilli-Freiburg

WWW.chilli-Freiburg.de Jahresabo chilli: 10 ausgaben Für nur 16 euro*

* nur innerhalb von deutschland